Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK

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Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
Juni 2019

         02
 Erscheint vierteljährlich
            Jahrgang 39
    SCHWEIZER
 KREBSBULLETIN
BULLETIN SUISSE
     DU CANCER

 Centre de recherche translationelle en
 onco-hématologie (CRTOH), University of Geneva
 P. 140-146
                                                  © Rechclin. Synthesis image of UNIGE CMU new buildings

 Schwerpunkt:
 Sarkome (Weichteil- und
 Knochentumoren)
Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
BAND 39, JUNI 2019, AUFLAGE 2950, ISSN 2297-0703                                 INHALTSVERZEICHNIS
Editorial                                                           KFS       Krebsforschung Schweiz
99-101	Qualitätssicherung in der Behandlung von Sarkomen:          152-156	Überblick über das Förderprogramm onkologische
        Eine interdisziplinäre und interinstitutionelle                      Versorgungsforschung
        Herausforderung                                                      A. Uster and P. Janich
        B. Fuchs
                                                                    157	Call for Applications: Health Services Research in
Pressespiegel                                                            Oncology and Cancer Care
104-112 Cancer in the media
                                                                    KLS       Krebsliga Schweiz
Vienna Lifetime Achievement Award 2019                              156       Weiterbildungsangebot in Psychoonkologie
115	Lifetime Achievement Award presented in Vienna to              158       Eingabe von Forschungs- und Stipendiengesuchen
     Dr. med. Alberto Costa, founder of the Ticino Breast Unit                Dépôt des demandes de subsides et de bourses

Krebs-Politik beleuchtet                                            159       Fort- und Weiterbildungen der Krebsliga Schweiz
116-117 Parlament verwirft unfaire Erhöhung der Franchise                     Formation continue de la Ligue suisse contre le cancer
        F. Lenz
                                                                    NICER	National Institute for Cancer
Nationale Strategie gegen Krebs                                            Epidemiology and Registration
118-119 Update der Nationalen Strategie gegen Krebs (NKS)           160-164	The rising incidence of oesophageal adenocarcinoma in
        M. Röthlisberger                                                     Switzerland
                                                                    	A. Feller, F. Galli, S. Rohrmann, and the NICER Working
Schwerpunktthema: Sarkome                                                    Group
(Weichteil- und Knochentumoren)
121-124	Work-up und präoperative Radiotherapie bei
                                                                    OPS       Onkologiepflege Schweiz
         Weichteilsarkomen des Erwachsenen                          165	2019: Bildungsangebote + Netzwerke
         G. Studer, T. Treumann, S. Hofer, B. Bode, B. Fuchs                    Formation continues

125-128 Moderne histopathologische Diagnostik der Sarkome           SGPO	Schweizerische Gesellschaft
        B. Bode-Lesniewska
                                                                          für Psychoonkologie
129-133 Targeted therapies for rhabdomyosarcoma                     167-169	Vom Graben zwischen psychosozialer Belastung und
        M. Bernasconi, D. Dzhumashev, A. Timpanaro and J. Rössler            Inanspruchnahme von Unterstützung: Resultate einer
                                                                             psychoonkologischen Studie zum Belastungsscreening
134-139 Perioperative Chemotherapie bei Weichteilsarkomen                    D. Zwahlen
        C. Rothermundt, S. Hofer und C. Britschgi
                                                                    Cooperative Groups
Swiss Cancer Research Center:                                       171-172 European Thoracic Oncology Platform (ETOP)
Centre de recherche translationelle en                                      H. Roschitzki-Voser
onco-hématologie (CRTOH)
                                                                    173-174 IBCSG Annual Meeting
140-146	The Translational Research Centre in Oncohaematology –             H. Roschitzki-Voser
         united from all horizons against cancer
         P. Meraldi, C. Turk, P.-Y. Dietrich                        175-179 22nd IELSG Annual Meeting, April 12th-13th, 2019
                                                                            M.C. Pirosa and A. Polino
SAKK	Schweizerische Arbeitsgemeinschaft
      für Klinische Krebsforschung                                  Der seltene Fall
149	PD Dr. Martin Reist wird neuer CEO der Schweizerischen         180-182	Central nervous system relapse after long-term remission
     Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK)                 under lenalidomid and ibrutinib therapy in a patient with
                                                                             leg-type diffuse large B-cell lymphoma
149       Race for Life – 8. September 2019, Bundesplatz Bern                B. Pedrazzini and M. Schmid

150       SAKK/Astellas GU-Oncology Award 2019                      183       Autorenhinweise
150	SAKK/Amgen Forschungsstipendium für innovative
     translationale Krebsforschung                                  184       Agenda
                                  Schwerpunktthema Ausgabe Nr. 3/2019: Cancer Survivors
        Eingabetermine 2019/2020  Nr. 3/2019: 8. Juli – Nr. 4/2019: 9. September – Nr. 1/2020: 13. Januar – Nr. 2/2020: 8. April
 Erscheinungsdaten 2019/2020 Nr. 3/2019: Ende September – Nr. 4/2019: Ende November – Nr. 1/2020: Ende März – Nr. 2/2020: Ende Juni
 Schweizer Krebsbulletin Nr. 2/2019
Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
EDITORIAL

Qualitätssicherung                   Seit jüngerer Zeit rückt die Behandlungsqualität richtigerweise immer mehr in
                                     den Fokus des öffentlichen Interesses, obwohl sie für jeden Mediziner spätestens
in der Behandlung                    nach der Ausbildung eigentlich die grösste Selbstverständlichkeit darstellt. Eine
von Sarkomen:                        mögliche Erklärung für diese erhöhte Aufmerksamkeit liegt unter anderem auch
Eine                                 darin, dass wir uns der Qualität zwar verpflichtet fühlen, uns aber schwer tun, die-
interdisziplinäre                    se zu definieren und strukturiert zu erfassen. Dies wird besonders offensichtlich
und                                  bei selteneren Krankheiten wie den Sarkomen, deren Behandlung den Einbezug
                                     diverser Disziplinen und Spezialisten oft auch inter-institutionell erfordert, bzw.
interinstitutionelle                 bei deren Behandlung Expertenwissen und infrastrukturelle Gegebenheiten eine
Herausforderung                      zentrale Rolle spielen.

                                     In den letzten Jahren widmete sich eine Vielzahl von Publikationen den Fragen,
                                     welche rund um das Thema Behandlungsqualität und Spezialisierung auftraten
                                     (www.sarcoma.surgery       wie finde ich den richtigen Spezialisten?). Insbesondere
                                     wird die Definition der Qualität in den Vordergrund gestellt. Basierend auf diver-
                                     sen Studien ist bei Sarkompatienten, die an einem Hochvolumenzentrum/-Netz-
                                     werk behandelt wurden, ein besseres Outcome nachgewiesen, auch wenn Letzteres
                                     lediglich mit 20 Patienten pro Jahr als Cutoff definiert wird [1-4]. Eine detaillierte
                                     Analyse mit grösserem Volumen und demzufolge aussagekräftigen Aussagen exis-
                                     tiert in der Sarkomliteratur aber nicht. Zumal das Volumen nur einen von vie-
                                     len Parametern darstellt. Mindestens so wichtig erscheint die Entwicklung weg
                                     vom Disziplinendenken hin zum problemzentrierten Denken. Da die Chirurgie
                                     als Hauptpfeiler in der Sarkom-Behandlung für das Outcome zentral ist, steht der
                                     Sarkomchirurge im Fokus. In Amerika führen 83% der Sarkomchirurgen 10-30
                                     Operationen für Knochensarkome und 69% 10-50 Operationen für Weichteilsar-
                                     kome pro Jahr durch [5]. Bezeichnenderweise definieren die Editoren des Annals of
                                     Surgical Oncology den Surgical Oncologist nicht über Operationszahlen, sondern
                                     über dessen – nebst natürlich technischem – onkologisches Verständnis, dargelegt
                                     durch entsprechende Aus- und Weiterbildungen [6]. Es wurde auch gezeigt, dass
                                     nicht die Anzahl Operationen für die Qualität entscheidend ist, sondern vielmehr,
                                     ob nach den Richtlinien der Sarkomchirurgie operiert wird, was wiederum mit ent-
                                     sprechender Aus- und Weiterbildungen einhergeht [7].

                                     Die Schweiz mit zurzeit zirka 8.4 Millionen Einwohnern würde nach internationa-
                                     len Massstäben das Volumen für ein einziges, landesweites Sarkomzentrum bieten.
                                     Da dies aus diversen Gründen schwierig umzusetzen ist, stehen wir vor der Frage,
                                     ob es zielführend ist, mehrere solche Zentren zu unterhalten, die unabhängig vonei-
                                     nander mit entsprechend kleinen Volumina agieren oder ob eine gemeinsame Basis
                                     im Sinne eines überregionalen Netzwerkes auf nationaler Ebene angestrebt werden
                                     soll, in dem alle relevanten Informationen zentralisiert erfasst werden. Auch dies-
                                     bezüglich gibt es interessante Hinweise aus der Literatur: traditionellerweise wurde
                                     empfohlen, seltene Erkrankungen in dedizierten Referenzzentren zu zentralisieren,
                                     um die Multidisziplinarität, Expertise und den Zugang zu Innovation sicherzu-
                                     stellen [8]. Umgekehrt erfordert aber die Zentralisierung sogenannte «Health Mig-
                                     ration» seitens der Patienten, Ressourcen-Aufbau und potentielle Qualitätseinbus-
                                     sen bei Routine-Arbeiten. Für diese Autoren ist die Netzwerkbildung die logische
                                     Antwort [9]. Gerade bei Sarkomen, bei denen ungeplante Resektionen vorgängig
                                     nicht histopathologisch diagnostizierter Tumore (sogenannte «Whoops!-Operatio-
                                     nen») in der Schweiz 2018 noch immer inakzeptable 20% und mehr beträgt, wird
                                     es absolut entscheidend sein, dass Patienten möglichst rasch bei Sarkomverdacht
                                     in ein wohnortnah zugängliches Netzwerk eingebunden werden, damit durch die
                                     potentielle Health Migration an ein geografisches Zentrum keine Verzögerung auf-
                                     tritt, respektive die ungünstigen Folgen für Qualität und Outcome einer falschen
                                     Behandlung minimiert werden können. Deswegen sollte idealerweise ein ­Netzwerk

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Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
EDITORIAL

            mit einem Qualitäts-Management-System (QMS) etabliert werden, das eine zeit-
            nahe Abklärung ermöglicht, das entsprechende Volumen verzeichnet, das die
            Komplexität von Diagnostik, Therapie und Nachbehandlung berücksichtigt und
            die Multidisziplinarität gewährleistet [10]. Ein solches QMS sollte zwingend die
            Transparenz aller Aktivitäten seitens der Behandelnden beinhalten, mit Onlinezu-
            gang zu Fallzahlen, Behandlungen und Qualitätsindikatoren.

            Das Swiss Sarcoma Network (www.swiss-sarcoma.net; SSN) entspricht einem solchen
            überregionalen Netzwerkkonzept wie oben beschrieben. Das SSN wurde 2018 ge-
            gründet, wird von einem Trägerverein gebildet und von nationalen Institutionen
            geführt. Diese Institutionen haben sich vertraglich verpflichtet, die Daten aller kon-
            sekutiven Sarkompatienten gemäss festgelegten Qualitätsindikatoren zu erfassen
            und transparent darzustellen. Der Verein steht grundsätzlich für alle Institutionen
            offen, die sich diesen Prinzipien ebenfalls verpflichten möchten. Den Hauptpfeiler
            des SSN bildet das Datenregister der etablierten Firma Adjumed (www.adjumed.ch).
            Adjumed stellt sicher, dass jegliche Daten in Echtzeit analysiert und dargestellt
            werden. Eine Besonderheit der Datenbank stellt die Kopplung des Registers an das
            Management des wöchentlich stattfindenden überregionalen Sarkomboardes dar.
            So müssen zum einen die sowohl für das Register wie für das wöchentliche über-
            regionale Sarkomboard erforderlichen Informationen nicht zusätzlich im Register
            eingegeben werden, zum andern kann bereits eine Prüfung der Datenqualität am
            Sarkomboard stattfinden, drittens ist dadurch sichergestellt, dass jegliche Verände-
            rung im Krankheitsverlauf eines Sarkompatienten, die im Rahmen des Tumorbo-
            ardes diskutiert werden muss, und jede Followup-Information ebenfalls im Regis-
            ter enthalten sind. Am Sarkomboard, das telemedizinisch stattfindet, können sich
            Experten aus verschiedenen Institutionen direkt miteinander austauschen, so dass
            eine Diskussion sach- und weniger institutionszentriert oder hierarchiebasiert statt-
            finden kann. Das SSN definiert SOP’s and GCP’s nach international gültigen Richt-
            linien, organisiert Aus- und Weiterbildungs-Curricula inkl. entsprechende Weiter-
            bildungssymposien. Ein weiterer Pfeiler des SSN stellt das «International Advisory
            Board» dar. Es wird von international anerkannten Sarkom-Experten gebildet, die
            die Multidisziplinarität abbilden und sich der Qualität und Transparenz verpflich-
            ten. Diese internationalen Fachexperten stehen dem SSN für Zweitmeinungen zur
            Verfügung, was die maximal mögliche Qualität der Therapieentscheidungen für
            unsere Patienten garantiert. Zusätzlich werden sie für Instructional Course Lectu-
            res, der Etablierung eines E-Learning Tools sowie zur Über- und Ausarbeitung der
            Therapie- und Abklärungsguidelines zur Verfügung stehen. Durch diese Massnah-
            men wird gewährleistet, dass Qualität nicht nur in Echtzeit erfasst und dargestellt,
            sondern auch auf internationaler Basis weiterentwickelt wird.

            Qualität beinhaltet, unsere Behandlungen und deren Erfolg a) zu definieren, b)
            zu erfassen und c) auszuwerten, speziell bei seltenen Krankheiten. Unsere aktu-
            elle Realität ist, dass wir noch nicht einmal wissen, wie viele Sarkompatienten in
            der Schweiz pro Jahr diagnostiziert werden. Dies ist vom medizinisch-ethischen
            Gesichtspunkt her inakzeptabel. Bezieht man die Tatsache ein, dass Unsummen
            für die personalisierte Medizin aufgebracht werden, so ist das fast schon skur-
            ril. Bislang haben wir kein System, dass es uns erlauben würde, die nach WHO
            definierten Sarkomentitäten zu erfassen (die ICD10-Codierung erlaubt das nicht)
            oder deren Behandlungen zu evaluieren und zu vergleichen. Solange wir nicht be-
            reit sind, unsere herkömmlichen Verhaltensweisen zu ändern und einen nächsten
            Schritt zu tun, wird es konsequenterweise weiterhin nicht möglich sein, die Quali-
            tät im wie beschriebenen erforderlichen Sinne zu definieren, und Diskussionen be-
            treffend Sarkommanagement können weiterhin nicht sachbasiert erfolgen. Es wäre
            selbstverständlich für alle, vor allem aber für unsere Patienten sehr wünschenswert,

100                                                                    Schweizer Krebsbulletin Nr. 2/2019
Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
EDITORIAL

                                     vorteilhaft und vor allem einfacher, wenn das HSM-Fachorgan die Entscheide be-
                                     treffend Organisation und Management der Sarkome in Zukunft auf sachbasierten,
                                     transparenten und einheitlich erfassten Qualitätsindikatoren treffen könnte.

                                     Literatur
                                     1.  Abarca T, Gao Y, Monga V, et al. Improved survival for extremity soft tissue sarcoma treated in
                                         high-volume facilities. J Surg Oncol 117: 1479-1486, 2018.
                                     2. Andritsch E, Beishon M, Bielack S, et al. ECCO Essential Requirements for Quality Cancer Care:
                                         Soft Tissue Sarcoma in Adults and Bone Sarcoma. A critical review. Crit Rev Oncol Hematol 110:
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                                     3. Lazarides AL, Kerr DL, Nussbaum DP, et al. Soft Tissue Sarcoma of the Extremities. Clin Orthop
                                         Relat Res 477: 718–727, 2019.
                                     4. Sandrucci S, Trama A, Quagliuolo V, Gronchi A. Accreditation for centers of sarcoma surgery.
                                         Updates Surg 69: 1-7, 2017.
                                     5. White J, Toy P, Gibbs P, Enneking W, Scarborough M. The current practice of orthopaedic oncol-
                                         ogy in North America. Clin Orthop Relat Res 468: 2840–2853, 2010.
                                     6. Balch C. What is a Surgical Oncologist?: By the Editors of the Annals of Surgical Oncology. Ann
                                         Surg Oncol 25: 7–9, 2018.
                                     7. Bagaria SP, Chang Y-H, Gray RJ, et al. Improving Long-Term Outcomes for Patients with Extra-
                                         Abdominal Soft Tissue Sarcoma Regionalization to High-Volume Centers, Improved Compliance
                                         with Guidelines or Both? Sarcoma 2018: 8141056, 2018. doi: 10.1155/2018/8141056. eCollec-
                                         tion 2018.
                                     8. Frezza AM, Trama A, Blay J-Y, Casali PG. Networking in rare cancers: What was done, what‘s
                                         next. Europ J Surg Oncol 45: 16-18, 2019.
                                     9. Pasquali S, Bonvalot S, Tzanis D, Casali PG, Trama A, Gronchi A, Group RW. Europ J Surg
                                         Oncol 45: 31-39, 2019.
                                     10. Sandrucci S, Naredi P, Bonvalot S. Centers of excellence or excellence networks: The surgical
                                         challenge and quality issues in rare cancers. Europ J Surg Oncol 45: 19-21, 2019.

                                                                                                      Prof. Bruno Fuchs, MD PhD
                                                                                                     Chair, Swiss Sarcoma Network
                                                                                                          Chefarzt Sarkomchirurgie
                                                                                                          Kantonsspital Winterthur
                                                                                                               Kantonsspital Luzern
                                                                                                     UniversitätsSpital Zürich USZ
                                                                                                     Universitätskinderspital Zürich
                                                                                                              fuchs@sarcoma.surgery
                                                                                                               www.sarcoma.surgery
                                                                                                             www.swiss-sarcoma.net

Schweizer Krebsbulletin Nr. 2/2019                                                                                                101
Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
BULLETIN
                                                                                           SUISSE DU CANCER

HERAUSGEBER                                                                                SCHWEIZER KREBS-
                                                                                              BULLETIN
                                                                                           SUISSE DU CANCER

REDAKTION                                                                                       SCHWEIZER KREBS-
Prof. Dr. Franco Cavalli, Koordination: Sabina Briner                                             BULLETIN
                                                                                               SUISSE
Istituto Oncologico della Svizzera Italiana (IOSI), Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli, 6501       DU CANCER
                                                                                                   Bellinzona
Tel. 091 811 82 30, Fax 091 811 80 56, Email: sabina.briner@sakk.ch
SAKK                                                                                    SCHWEIZER KREBS-
                                                                                           BULLETIN
Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung / Groupe Suisse de Recherche Clinique sur le Cancer
Verantwortlich: Flurina Hoffmann, SAKK, Effingerstrasse 33, 3008 Bern
Tel. 031 508 41 80, Fax 031 508 41 42, Email: flurina.hoffmann@sakk.ch
                                                                                        SUISSE DU CANCER
NICER
Nationales Institut für Krebsepidemiologie und -registrierung / Institut National pour l’Épidémiologie et l’Enregistrement du Cancer
Direktor: Dr. Ulrich Wagner, Foundation National Institute for Cancer Epidemiology and Registration (NICER)
c/o Universität Zürich, Hirschengraben 82, 8001 Zürich, Tel. 044 634 53 74, Fax 044 634 54 44, Email: contact@nicer.org
SPOG
Schweizerische Pädiatrische Onkologie Gruppe / Groupe d’Oncologie Pédiatrique Suisse
Präsident: Prof. Dr. Roland Ammann, Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Inselspital, Freiburgstrasse 4, 3010 Bern
Tel. 031 632 21 11, Fax 031 632 95 07, Email: roland.ammann@insel.ch
KLS
Krebsliga Schweiz / Ligue suisse contre le cancer
Verantwortlich: Flavia Nicolai, KLS, Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern
Tel. 031 389 94 13, Fax 031 389 91 62, Email: flavia.nicolai@krebsliga.ch
KFS
Stiftung Krebsforschung Schweiz / Fondation Recherche suisse contre le cancer
Verantwortlich: Dr. Ori Schipper, KFS, Effingerstrasse 40, Postfach 7021, 3001 Bern
Tel. 031 389 93 31, Fax 031 389 91 62, Email: ori.schipper@krebsforschung.ch
ISREC
Institut Suisse de Recherche Expérimentale sur le Cancer / Schweizerisches Institut für experimentelle Krebsforschung
Responsible at interim: Prof. Dr. Douglas Hanahan, ISREC-EPFL, Bâtiment SV, Station 19, 1015 Lausanne
Tel. 021 693 06 57, Fax 021 693 06 60, Email: dh@epfl.ch
SASRO
Scientific Association of Swiss Radiation Oncology
Responsible: Prof. Dr. med. Daniel Zwahlen, Radio-Onkologie, Kantonsspital Graubünden, Loëstrasse 170, 7000 Chur
Tel. 081 256 64 95, Fax 081 256 66 86, Email: daniel.zwahlen@ksgr.ch
OPS
Onkologiepflege Schweiz / Soins en Oncologie Suisse
Verantwortlich: Irène Bachmann-Mettler, Geschäftsstelle Onkologiepflege Schweiz, Hirstigstrasse 13, 8451 Kleinandelfingen
Tel. 052 301 21 89, Fax 052 317 39 80, Email: info@onkologiepflege.ch, www.onkologiepflege.ch
SGPO
Schweizerische Gesellschaft für Psychoonkologie / Société Suisse de Psycho-Oncologie
Sekretariat SGPO, c/o Krebsliga Schweiz, Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern
Tel. 031 389 91 30, Fax 031 389 91 60, Email: kontakt@psycho-onkologie.ch
SGMO
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie / Société Suisse d’Oncologie Médicale
Verantwortlich: Prof. Dr. med Markus Borner, SGMO, c/o Pro Medicus GmbH, Bahnhofplatz 4, 8001 Zürich
Tel. 043 266 99 17, Fax 043 266 99 18, Email: sgmo@promedicus.ch
SGPath
Schweizerische Gesellschaft für Pathologie / Société Suisse de Pathologie
Verantwortlich: Prof. Dr. Rupert Langer, Institut für Pathologie, Universität Bern, Murtenstrasse 31, 3010 Bern
Tel. 031 632 32 47, Email: rupert.langer@pathology.unibe.ch

 Folgende Firmen unterstützen den SAKK Industriepool:

 AbbVie AG                                         Eli Lilly (Suisse) SA                            PharmaMar S.A.
 Amgen Switzerland AG                              Genomic Health Intl Sàrl                         Pierre Fabre Pharma AG
 Astellas Pharma AG                                Gilead Sciences Switzerland Sàrl                 Roche Pharma (Schweiz) AG
 AstraZeneca AG                                    Incyte Inc.                                      Sandoz Pharmaceuticals AG
 Bayer (Schweiz) AG                                Janssen-Cilag AG                                 Servier (Suisse) S.A.
 Boehringer Ingelheim (Schweiz) GmbH               Merck (Schweiz) AG                               Takeda Pharma AG
 Bristol-Myers Squibb SA                           MSD Merck-Sharp&Dhome-Chibert AG                 TESARO Bio GmbH
 Celgene GmbH                                      Novartis Pharma (Schweiz) AG                     Teva Pharma AG
 Daiichi Sankyo (Schweiz) AG                       Pfizer AG                                        Vifor AG

102                                                                                                               Schweizer Krebsbulletin Nr. 2/2019
Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE

Amerikaner sterben immer                           haben hingegen einen Plafond auf hohem Ni-
                                                   veau erreicht. Erste Anzeichen, dass sich auch
                                                                                                        einer wesentlichen Verbesserung der Lage bei-
                                                                                                        trägt. Wie bei den meisten Problemen gibt es
früher                                             bei den Fentanyl-Überdosen die Kurve abfla-          kein einzelnes Erfolgsrezept, sondern nur lang-
                                                   chen könnte, müssen sich erst noch bestätigen.       fristige, konzertierte Aktionen von öffentlichen
In den USA steigt die Zahl der Drogentoten und     Todesfälle durch Methadon-Überdosen gehen            und privaten Akteuren.
der Suizide.                                       seit Jahren langsam, aber stetig zurück.
                                                                                                          Neue Zürcher Zeitung, 30. November 2018
Die Lebenserwartung ist in den USA im vergan-      Wie die «New York Times» nachgerechnet hat,
genen Jahr zum dritten Mal in Folge gesunken.      stellen die 70 000 Todesopfer durch Über-
Die Entwicklung ist einzigartig für ein hochent-   dosen die «Rekordwerte» anderer Todesarten
wickeltes Land.                                    längst in den Schatten. So starben 1995 mehr
                                                   als 40 000 Personen in den USA an einer
                                                                                                        Diese Spitäler haben ein
Die Centers for Disease Control and Prevention     Aids-Erkrankung. 2015 kamen über 38 000              Qualitätsproblem
(CDC) haben am Donnerstag zwei neue Berichte       Personen durch Schusswaffen ums Leben, die
publiziert, und gut waren die Nachrichten nicht.   meisten von ihnen bei Suiziden. Und Ende der         Christina Bachmann, 70, hatte Respekt vor
Überdosen vor allem mit synthetischen Opioiden     sechziger Jahre kamen in den USA mehr als            der Rückenoperation, und zwar nicht nur we-
haben im letzten Jahr mehr als 70 000 Ameri-       50 000 Menschen pro Jahr bei Autounfällen            gen des Eingriffs, sondern auch wegen der
kanerinnen und Amerikaner das Leben gekostet.      ums Leben. Doch diese Zahl ist dank sichere-         Heilung danach. Bei einer guten Freundin war
Zusammen mit einer um 3,7 Prozent höheren          ren Autos und besseren Regeln gesunken, bis          eine ähnliche Operation nicht zufriedenstellend
Suizidrate hat dies erneut ein Sinken der durch-   sie 2015 plötzlich wieder zu steigen begann –        verlaufen. Sie musste danach über Wochen im-
schnittlichen Lebenserwartung zur Folge.           auf gut 40 000 letztes Jahr.                         mer wieder ins Spital. Zuerst hatte sie grosse
                                                                                                        Schmerzen, dann kam ein hartnäckiger Infekt
Keine Atempause                                    Das Ausmass der Opioid-Epidemie ist geogra-          hinzu, der erneut im Spital behandelt werden
Damit ist die Lebenserwartung in den Vereinig-     fisch uneinheitlich. Im «Auge des Hurrikans»         musste.
ten Staaten in den letzten drei Jahren um fast     befinden sich der Rust Belt, die Atlantikküste
vier Monate zurückgegangen. Japan und die          sowie die südlichen Staaten Florida, Louisiana       Patienten hoffen, dass nach einer Behandlung
Schweiz belegen mit 84,1 und 83,7 Jahren die       und New Mexico. Da viele dieser Gegenden             im Spital alles rasch besser wird. Das ist meis-
Spitzenplätze. Die USA schaffen es mit 78,6        auch mit dem Niedergang althergebrachter             tens der Fall, aber nicht immer. Diese Woche
Jahren nur auf den 29. Platz. Entsprechend         Industrien und deshalb mit einer wirtschaftli-       veröffentlichte ANQ, der nationale Verein für
konsterniert reagierte der Direktor der CDC,       chen und sozialen Restrukturierung zu kämpfen        Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken,
Robert Redfield. Die Lebenserwartung bilde
­                                                  haben, werden die Überdosen – wie auch die           die Ergebnisse einer Untersuchung über die
den allgemeinen Gesundheitszustand einer Na-       Suizide – oft als «Tod durch Verzweiflung» darge-    Wiedereintritte von Patienten.
tion ab, erklärte er in einer Medienmitteilung.    stellt, etwa von den Princeton-Ökonomen Anne
Die neuesten, ernüchternden Zahlen seien ein       Case und Angus Deaton.                               Ein wichtiger Aspekt für die Patienten
Weckruf, sie zeigten, «dass wir zu viele Ameri-                                                         Das Resultat ist besorgniserregend: 47 von
kaner zu früh und zu oft aus Gründen verlieren,    Tod durch Hoffnungslosigkeit                         195 untersuchten Spitälern und Spitalstandor-
die zu verhindern wären».                          In ihren Augen geht der Griff nach den Opioi-        ten in der Schweiz hatten 2016 deutlich mehr
                                                   den, nach Alkohol oder nach der Schusswaffe          Wiedereintritte, als man erwarten konnte. Das
Wie schon in den Jahren zuvor sind nicht bei-      für den Suizid auf den sozialen Abstieg der wei-     sind mehr als doppelt so viele wie im Jahr zu-
de Geschlechter und alle Ethnien gleich stark      ssen Amerikaner mit Highschool-Abschluss seit        vor. Die Daten erheben die Spitäler im Auftrag
betroffen. Die altersbereinigte Todesrate pro      den siebziger Jahren zurück. Ihnen schien früher     der Kantone. Diese leiten sie an das Bundes-
100 000 Einwohner ist besonders bei weissen        ein gutes Leben in bescheidenem Wohlstand            amt für Statistik weiter, welche sie überprüft
Männern und weissen Frauen (+5,6) gestie-          garantiert zu sein. Dass sie nun früh sterben, ist   und aufbereitet. Das braucht seine Zeit, wes-
gen, etwas weniger bei schwarzen Männern           gar nicht immer auf akute Armut zurückzufüh-         halb die Daten rund zwei Jahre alt sind, wenn
(+2,1). Bei schwarzen Frauen (–6,1) und Latin-     ren. Es ist eher ein «Tod durch Hoffnungslosig-      die Resultate veröffentlicht werden.
as (–2,2) ging sie dagegen zurück. Bei Latinos     keit». Dazu passt, dass die Zahl der Suizidtoten
blieb sie stabil.                                  pro 100 000 Personen am stärksten zwischen           Die Anzahl Wiedereintritte zeigt zwar nur einen
                                                   15 und 74 Jahren zunahm, während sie bei den         Teilaspekt der Behandlungsqualität in einem
Immer wieder Fentanyl                              über 75 Jahre alten Menschen abnahm.                 Spital. Es ist aber einer, der für die Patienten
Die starke Zunahme der Opioid-Überdosen ist                                                             entscheidend ist: Nämlich wann und wie sie
auf die Beliebtheit extrem starker und damit       In diesem Meer von schlechten Nachrichten            nach Hause entlassen werden, und ob sie
auch gefährlicher synthetischer Substanzen         gibt es aber Inseln der Hoffnung. Das Beispiel       plötzlich wieder ins Spital müssen. Die Anzahl
wie Fentanyl zurückzuführen. Die Kurve der         von Dayton (Ohio) zeigt, dass die Gesellschaft       der Wiedereintritte sei deshalb ein «valider In-
Todesfälle wegen Überdosen mit Fentanyl und        der Opioid-Geissel nicht völlig machtlos gegen-      dikator für die Qualitätsmessung», heisst es in
anderen synthetischen Opioiden stieg 2017          übersteht. Wie die «New York Times» berichtete,      der Studie.
um schwindelerregende 45 Prozent. Und ein          musste der lokale Leichenbeschauer in den
Vielfaches der Opfer von Überdosen konnte          letzten Jahren Kühlanhänger dazumieten, weil         Nicht nur kleine, sondern auch ganz grosse
durch den Einsatz von Notfallmedikamenten          im Leichenschauhaus der Platz ausging. 2017          Spitäler sind betroffen
wie Narcan und dank dem grösseren Problem-         verzeichnete das umliegende County bis Ende          Die Untersuchung geht bei der Auswertung
bewusstsein bei Polizei und Rettungsdiensten       November 548 Todesopfer durch Überdosen.             sorgfältig vor: Zuerst wird für jedes einzelne
gerettet werden – aber oft griffen sie erneut zu   Dieses Jahr waren es weniger als halb so viele.      Spital berechnet, wie viele Wiedereintritte je
den gefährlichen synthetischen Drogen.                                                                  nach Patientenmix, Komplexität der Fälle oder
                                                   Verantwortlich dafür ist ein ganzer Strauss von      dem Angebot an Disziplinen zu erwarten sind.
Die Todesfälle durch «natürliche» Opiate wie       Massnahmen. Klar ist, dass eine funktionieren-       Nur wenn die Zahl der tatsächlichen Wieder-
Heroin oder halbsynthetische Schmerzmittel         de Krankenversicherung auch für Bedürftige zu        eintritte diesen Wert und ein weiteres darüber

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Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
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liegendes Signifikanz-Niveau überschreitet, hat      ähnlich grosse Spital Thun liegt unter dem Wert.     also sich teilen muss. In Pflanzen, in Tieren, in
ein Spital zu viele vermeidbare Wiedereintritte.     Während das Regionalspital Burgdorf zu viele         Menschen. Aber TOR bewirkt auch, dass Krebs­
                                                     Wiedereintritte verzeichnete, liegt das ungefähr     zellen wachsen. Krebs ist nichts anderes als
Betroffen sind gemäss der neusten Studie nicht       gleich grosse Spital Münsingen deutlich unter        das Wachstum von Zellen, die eigentlich nicht
nur kleine Spitäler, sondern auch ganz grosse,       der Norm.                                            wachsen dürften.
etwa das Inselspital Bern oder das Universi-
tätsspital Lausanne. Im grünen Bereich arbeitet      Gundekar Giebel, Sprecher der Berner Gesund-         Und wie bringt uns Ihre Forschung der
das Universitätsspital Genf. Der Wert des Uni-       heitsdirektion, wiegelt ab. Die Daten hätten         Heilung von Krebs näher?
versitätsspitals Zürich wurde zwar berechnet,        nur eine beschränkte Aussagekraft, ein Teil der      Dank der Entdeckung von TOR wissen wir nun,
aber schon zum zweiten Mal hintereinander we-        Wiederaufnahmen entstehe durch interne Ver-          das ein zentraler Mechanismus das Wachs-
gen eines Problems mit den Daten nicht veröf-        legungen zwischen Spitälern innerhalb einer          tum von Zellen kontrolliert. Das klingt lächer-
fentlicht. Auch auf Anfrage der Sonntags­Zeitung     Gruppe. Dies trifft allerdings nicht zu. Die Stu-    lich. Doch diese Erkenntnis ist zentral für die
wollte sich das Unternehmen nicht in die Kar-        die rechnet diese Wiedereintritte heraus, wie        Biologie. Denn vorher dachte man, dass ein
ten blicken lassen. Aus demselben Grund feh-         Regula Heller bestätigt. Immerhin verspricht         Organismus wächst, weil er sich ernährt, und
len in der Statistik zehn weitere Resultate aus      Giebel, dass der Kanton sich der Sache anneh-        wenn er sich nicht ernährt, dann wächst er
dem Kanton Zürich. Im nächsten Jahr soll dies        me. Man werde prüfen, ob er bei den betroffe-        nicht. Diese Annahme war falsch. Heute ist klar:
allerdings behoben sein.                             nen Spitälern Stellungnahmen einfordern solle.       TOR ist der Schlüssel. Denn nur wenn wir das
                                                     Das Inselspital Bern liess eine Anfrage zu den       Zellwachstum beeinflussen können, lässt sich
Auch regionale Zentrumsspitäler haben ein            möglichen Ursachen und allfälligen Massnah-          Krebs bekämpfen.
Problem mit vermeidbaren Wiedereintritten.           men unbeantwortet.
In St. Gallen oder in Baden AG ist der Wert zu                                                            Wie lange geht es, bis aus diesem Wissen
hoch. Das Universitätsspital in Basel sowie die                                                           ein Medikament entsteht?
                                                     Vor der Operation nachschauen
Kantonsspitäler in Luzern, Aarau und Winterthur                                                           Wir entdeckten TOR 1991. Daraufhin starteten
                                                     Auffällig ist neben der Region Bern auch die
hatten 2016 hingegen weniger Wiedereintritte                                                              namhafte Pharmakonzerne ein Entwicklungs-
                                                     Region Basel. Dort wird im Februar über die Fu-
zu verzeichnen als erwartet.                                                                              programm für ein Medikament. Mittlerweile wer-
                                                     sion der Spitäler der beiden Halbkantone abge-
                                                                                                          den einige davon in klinischen Studien getestet.
                                                     stimmt. Die beiden grossen Standorte im Basel-
«Es braucht offenbar etwas Druck»                                                                         Aber auch 28 Jahre nach der Entdeckung ist
                                                     biet in Liestal und im Bruderholz haben deutlich
Regula Heller, die Leiterin der Studie bei ANQ,                                                           noch kein Medikament auf dem Markt...
                                                     zu viele vermeidbare Wiedereintritte. In der Stadt
ist über die Verdoppelung der betroffenen Spi-       hat man die Lage offenbar im Griff: Kein einziges    Wann werden wir Krebs heilen können?
täler überrascht. «In früheren Jahren war die        Spital taucht in der Statistik mit einem zu ho-      Darauf gibt es eine optimistische und eine pes-
Anzahl der Spitäler mit auffälligen Werten un-       hen Wert auf. Das Kantonsspital Baselland sagt,      simistische Antwort.
gefähr stabil, ja sogar leicht rückläufig», sagt     man sei bereits daran, die Empfehlungen frühe-
sie. Heller überprüfte zuerst die Richtigkeit der    rer Studien umzusetzen und die Qualität bei den      Die optimistische zuerst, bitte.
Daten. Als sich aber am Ergebnis nichts änder-       Austritten zu verbessern.                            Schon heute gibt es Therapien, die gewisse
te, wurden Zusatzabklärungen durchgeführt, um
                                                                                                          Krebsarten heilen können. Der letzte Nobel-
herauszufinden, woran die Zunahme der Wie-           Christina Bachmann hat ihren Eingriff übrigens       preis für Medizin ging an Forscher, welche eine
dereintritte liegen könnte. Sie ergaben, dass die    gut überstanden. Ein erneuter Aufenthalt im          Immuntherapie entwickelten, die bei Hautkrebs
sinkende durchschnittliche Aufenthaltsdauer im       Spital war nicht nötig. Und auch ihrer Freundin      in 20 Prozent aller Fälle Wirkung zeigt. Das ist
Spital das Resultat zwar beeinflusst, allerdings     geht es mittlerweile besser. In Zukunft können       ein tolles Resultat. Aber generell bin ich be-
lässt sich die Zunahme der Wiedereintritte da-       sie vor dem Eingriff bei ANQ nachschauen, ob         züglich der absoluten Heilung von Krebs eher
durch nicht vollständig erklären. Es gelte, die      es im Spital, wo sie operiert werden, zu über-       pessimistisch.
weitere Entwicklung abzuwarten, sagt Heller.         mässig vielen Wiedereintritten kommt.
                                                                                                          Wieso?
Die Studie empfiehlt den Spitälern mit einer                SonntagsZeitung, 16. Dezember 2018            Krebs ist eine intelligente Krankheit. Wird sie
zu hohen Wiedereintrittsrate, selber Untersu-                                                             bekämpft, verändert sie sich. Und dann funkti-
chungen durchzuführen. Sie sollten die Daten                                                              oniert das Medikament nicht mehr.
nach ihren Fachbereichen aufschlüsseln oder
Gruppen von gleichen Diagnosen unter die                                                                  Das klingt nun wirklich pessimistisch!
Lupe nehmen. Selbst eine Analyse, ob es an           «Ich wäre stolz, ein                                 Die gute Nachricht ist: Ich denke, wir werden
bestimmten Wochentagen zu mehr Austritten
von Patienten kommt, die dann später wieder
                                                     Schweizer Nobelpreis-Träger                          Krebs irgendwann behandeln können wie an-
                                                                                                          dere chronische Krankheiten. Nehmen Sie Aids.
eintreten müssen, könne sinnvoll sein, sagt Hel-     zu sein»                                             Es gibt heute Menschen, die ihr ganzes Leben
ler. Doch offenbar sehen das nicht alle Instituti-                                                        lang Aids-Medikamente nehmen und trotzdem
onen so. «Nicht alle Spitäler haben bis jetzt et-    Der Krebsforscher Michael N. Hall hat fast alle      ein mehr oder weniger normales Leben führen.
was aus den Ergebnissen der Studie gemacht»,         Preise gewonnen, die man in seiner Branche           Das wird bei Krebs hoffentlich auch möglich…
sagt sie. «Es braucht offenbar etwas Druck.»         gewinnen kann – ausser dem Nobelpreis. Der
                                                     Basler Biochemiker über den Traum vom ewi-           Es gibt aber auch komplexere Fragen:
Die Kantone Bern und Baselland sind                  gen Leben, die Zahlen 0046 und die Heilbar-          Krebsbehandlung ist teuer. Krebsforschung
besonders betroffen                                  keit von Krebs.                                      noch teurer. Doch von Krebs sind vor allem
Kein Kanton hat derart viele Spitäler mit zu                                                              alte Menschen betroffen. Lohnt es sich, so
hohen Werten wie der Kanton Bern, wo ins-            …                                                    viel Geld auszugeben für Menschen, die so
gesamt neun Standorte über dem erwarteten            Sie selbst haben die Zentrale, die das               oder so bald sterben?
Wert liegen. Ein Muster, wen es trifft, ist dabei    Wachstum koordiniert, entdeckt: das Enzym            Ich kann Ihnen darauf eine Antwort geben,
nicht erkennbar: Neben dem Inselspital ist           TOR.                                                 aber sobald ich Krebs habe, gebe ich Ihnen
auch das Spitalzentrum Biel betroffen; das           Richtig. TOR sagt einer Zelle, wann sie wachsen,     wohl eine andere. Aber da ist noch ein ande-

  Schweizer Krebsbulletin Nr. 2/2019                                                                                                                105
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res Problem: Medikamente verlängern zwar das           in der Schweiz. Wie wichtig ist Horizon für         entsprechende Mittel bezahlt werden. Der zwei-
Leben. Manchmal ein paar Monate, manchmal              Sie?                                                te Faktor ist der therapeutische Quervergleich,
ein halbes Jahr, selten mehr als fünf Jahre. Hei-      Extrem wichtig. Gerade bevor Sie reinkamen,         also was die Behandlung mit vergleichbaren
len tun sie die Krankheit aber nicht. Die Überle-      bearbeitete ich einen Finanzierungsantrag. Wir      Mitteln kostet und wie hoch der Zusatznutzen
benschancen von Krebspatienten haben sich in           bekommen viel Geld von den EU-Millionen. Die        des neuen Mittels ist.
den letzten Jahrzehnten nicht gross verändert.         Schweiz profitiert mehr davon, als wir finanziell
Aber jeder, der ein Krebsmedikament nimmt,             reinstecken.                                        Das Amt ist ohne Kenntnis
hofft, dass er die Ausnahme ist. Wir müssen                                                                Das Problem: Das BAG hat keine Ahnung da-
Krebstherapien verbessern.                             Wissenschaft ist politisiert. Nicht nur in den      von, wie viel zum Beispiel ein Krankenversiche-
                                                       USA werden heute wissenschaftliche Fakten           rer in Deutschland für ein neues Medikament
Das Wachstumskontroll-Enzym TOR spielt                 wie der Klimawandel bestritten. Spüren Sie          tatsächlich bezahlt. Zwar gibt es offizielle Lis-
auch beim Alterungsprozess eine wichtige               das?                                                tenpreise, die publik sind. Aber die zahlt nie-
Rolle. Wie alt möchten Sie werden?                     Hier nicht, nein. Aber in den USA ist es ein        mand, die Branche vereinbart Rabatte. «Keiner
100. Aber nur, wenn ich gesund bleibe. Es geht         komplettes Desaster. Ich weiss nicht einmal,        weiss die Nettopreise des anderen», bestätigt
nicht darum, die Lebenserwartung zu verlän-            ob Trump einen wissenschaftlichen Berater hat.      das BAG. «Gerade bei hochpreisigen Arzneimit-
gern, sondern darum, länger gesund zu bleiben.         Nie hatte ein Präsident einen solchen nötiger       teln ist es Tatsache, dass die international pub-
                                                       als Trump, nie war einer weniger daran interes-     lizierten Preise nicht vergütet werden.»
Aber ist das möglich?                                  siert. Aber ganz ehrlich: Welcher Forscher mit
Es ist das Ziel. Der Schlüssel dazu liegt bei TOR.                                                         Daher sagt Helsana-Experte Klaus: «Der Aus-
                                                       Selbstachtung würde diesen Job annehmen?
Nur, wenn wir alle noch länger gesund bleiben                                                              landpreisvergleich läuft wegen der gewährten
und länger leben, dann tauchen ganz neue Fra-          Letzte Frage: Wenn Sie den Nobelpreis               Rabatte ins Leere, er ist ein Auslaufmodell.»
gen auf.                                               gewinnen würden, wäre das dann                      Da kein Land die wahren Preise des anderen
                                                       ein Schweizer Nobelpreis oder ein                   kennt, könne die Pharmabranche die Länder
Überbevölkerung zum Beispiel.
                                                       amerikanischer?                                     gegeneinander ausspielen. Die Folge: Die offizi-
Ja, oder die Altersvorsorge. Es gibt sogenann-
                                                       Nach so vielen Jahren fühle ich mich als            ellen Listenpreise sind nur noch Schaufenster-
te Wissenschaftler, für mich sind sie keine, die
                                                       Schweizer. Um also auf Ihre Frage zurückzu-         preise. Das räumt auch das BAG ein.
behaupten, dass wir irgendwann 1000 Jahre le-
                                                       kommen: Ich wäre stolz darauf, ein Schweizer
ben. Das ist Unsinn. Wir sind ein physikalisches                                                           Das Problem: Das Amt selbst macht bei dem
                                                       Nobelpreisträger zu sein.
Wesen, und dazu gehört, dass wir irgendwann                                                                Rabattspiel mit. Jüngst hat die «Rundschau»
nicht mehr funktionieren. Das ist wie bei einem                                                            in einem Beitrag gezeigt, wie das BAG und
                                                           SonntagsBlick Magazin, 20. Januar 2019
Gebäude oder bei einem Auto…                                                                               der Roche-Konzern sich jahrelang um den
                                                                                                           Preis für das Krebsmittel Perjeta gezankt hat-
Sie kamen 1987 nach Basel. Wie war das
                                                                                                           ten. Die «Rundschau» hat dieser Zeitung dazu
damals?
                                                                                                           Dokumente zukommen lassen. Eigentlich sind
Es war wie eine Zeitreise. Ich kam aus San
Francisco, dem Zentrum der Technologie. Wenn
                                                       Ungleicher Preispoker bei                           Rabatte im Schweizer Preissystem für Medika-
ich aus Basel in die Vereinigten Staaten telefo-       Arzneien                                            mente nicht vorgesehen. Laut den Dokumenten
                                                                                                           gibt es mittlerweile bereits 21 solcher Modelle
nieren wollte, musste mich ein Operateur ver-
                                                       Zur Festlegung der Vergütung neuer Mittel           mit einer sogenannten Rückvergütung.
binden. Es gab keine Direktwahl.
                                                       greift das Bundesamt für Gesundheit auf den         Dennoch spricht das BAG davon, solche Mo-
Ich nehme an, die Uni Basel hat sich verän-            Vergleich der Auslandpreise zurück. Doch de-        delle «nur in Ausnahmefällen» umzusetzen. So
dert, sonst wären Sie nicht mehr hier.                 ren wahre Höhe hält die Branche geheim.             etwa für Kombinationstherapien, bei denen zwei
Das Biozentrum, an dem ich arbeite, war schon
                                                       Steigende Medikamentenpreise sind ein Politi-       oder mehr teure Krebsmittel eingesetzt werden,
damals ein Leuchtturm in der Finsternis. Aber
                                                       kum. Allein die Ausgaben für neuartige Krebs-       beispielsweise Roches Bestseller Herceptin
ja, die Uni hat sich verändert. Heute bin ich
                                                       mittel und Immunsuppressiva wuchsen letztes         und Perjeta. «Die gewährten Rabatte sind reine
überzeugt, dass ich an einem anderen Ort nicht
                                                       Jahr laut dem Helsana-Arzneimittelreport um         Hinterzimmerdeals, bei denen das BAG auf das
denselben Erfolg gehabt hätte wie hier.
                                                       mehr als 14 Prozent. Ihr Anteil an den gesam-       Entgegenkommen der Branche angewiesen ist»,
Die Schweiz hat gute Universitäten, aber               ten Medikamentenausgaben hat die Schwelle           urteilt dagegen Guido Klaus von Helsana. Das
trotzdem schaut man neidisch in die USA. In            von 25 Prozent überschritten.                       BAG habe keine rechtliche Handhabe, solche
den Rankings sind die ersten Plätze immer                                                                  Rabatte zu verlangen oder durchzusetzen.
von amerikanischen Unis besetzt.                       In der Schweiz setzt das Bundesamt für Ge-
                                                       sundheit (BAG) die Medikamentenpreise fest.         Man sei «für die Umsetzung von Preismodellen
Die Schweiz hat acht Millionen Einwohner und
                                                       Der Preismechanismus gerät nun zunehmend            in der Spezialitätenliste von einvernehmlichen
wird in denselben Kategorien diskutiert wie die
                                                       in die Kritik. Gesundheitsökonomen wie Guido        Lösungen mit den Pharmaunternehmen abhän-
USA, obwohl sie da eigentlich von der Grösse
                                                       Klaus von der Helsana, die Nichtregierungs-         gig», sagt das BAG selbst. Allerdings würde sich
her nichts zu suchen hat. Das verdanken wir der
                                                       organisation Public Eye oder Preisüberwacher        die Branche an die vereinbarten Rabatte hal-
Schweizer Politik, welche Bildung, Forschung und
Innovation auf äusserst intelligente Art und Weise     Stefan Meierhans fordern Reformen, weil das         ten, die Modelle würden funktionieren.
finanziert. Und die Finanzierung ist sehr stabil. In   BAG gegenüber der Pharmabranche in einer
den USA gibt es das nicht. Dort sind derzeit viele     schwächeren Position sei. «Pharmafirmen soll-       Einfallstor für Preiserhöhung
Forschungsarbeiten wegen des Shutdowns auf             ten weniger Macht haben bei der Bestimmung          Kein Wunder: Denn von hohen Schweizer Lis-
unbestimmte Zeit unterbrochen. Ich fühle mich          der Preise», sagt zum Beispiel Preisüberwacher      tenpreisen profitiert die Branche, wie Preis-
hier wie ein Lotto-Gewinner.                           Stefan Meierhans.                                   überwacher Meierhans moniert: «Die Phar-
                                                                                                           mabranche wünscht einen hohen Schweizer
In der Schweiz diskutieren wir derzeit                 Auf dem Papier tönt der Preismechanismus            Schaufensterpreis, da auch im Ausland Aus-
intensiv über unsere Beziehungen zur EU.               einfach: Der Preis für Mittel, welche die Kran-     landpreisvergleiche durchgeführt werden und
Teil dieser Beziehung ist das Horizon, ein             kenkassen erstatten müssen, hängt zum einen         ein hoher Schweizer Preis deshalb für sie vor-
Programm, das Forschungen finanziert. Auch             von den Preisen ab, welche im Ausland für das       teilhaft ist.»

106                                                                                                                       Schweizer Krebsbulletin Nr. 2/2019
Sarkome (Weichteil- und Knochentumoren) - Schwerpunkt: SAKK
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE

Das BAG verweist in diesem Punkt darauf, dass        Der Bundesrat hat die Initiative zwar im letzten      allem um die Dimensionen. Wir wollen darauf
das Amt seine Rabatte öffentlich mache. Den-         November ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung            hinweisen, dass es sehr schnell sehr teuer wer-
noch kritisiert die Nichtregierungsorganisati-       empfohlen. Doch die Gesundheitspolitiker im           den kann, wenn die Initianten erfolgreich sind.»
on Public Eye die Rabattmodelle wegen ihrer          Nationalrat räumen der Initiative gute Chancen        Falls die Berechnungen des Krankenkassenver-
Intransparenz. Diese seien ein Einfallstor für       an der Urne ein. Die Kommission für soziale Si-       bands auch nur annähernd stimmen, könnte
versteckte Preiserhöhungen. So sei der aktuel-       cherheit und Gesundheit (SGK) hat deshalb im          die so harmlos erscheinende Pflegeinitiative zu
le Nettopreis von Perjeta mit 2851.77 Franken        Januar einen indirekten Gegenvorschlag auf Ge-        einem der kostspieligsten Volksbegehren aller
rund 30 Prozent höher als im Jahr 2013, und          setzesstufe aufgegleist, der die wichtigsten Anlie-   Zeiten werden. Die gut 5 Milliarden Franken
dies, obwohl der offizielle Listenpreis um über      gen der Initianten aufnimmt: Die Politik soll dafür   entsprächen dem gesamten Armeebudget. Sie
12 Prozent gefallen sei. Der Grund sei «ein          sorgen, dass genügend Pflegepersonal ausgebil-        würden rund 5 Prozent der Gesundheitsausga-
substanzieller Rückgang des Rückzahlungsbe-          det wird und im Beruf bleibt, dies auch mittels       ben ausmachen.
trags», hat Public Eye ermittelt.                    einer «angemessenen» Vergütung. Ein weiteres
                                                     Element ist, dass Pflegefachleute direkt über die     Die Schweiz komme gar nicht um attraktivere
Die Debatte um die Reform des Systems läuft:         Krankenkasse abrechnen dürfen.                        Bedingungen für den Pflegeberuf herum, argu-
Preisüberwacher Meierhans fordert, dass das                                                                mentieren die Promotoren der Initiative. Doch
BAG «vermehrt mit ausländischen Behörden zu-         Wie das konkret aussehen soll, will die SGK an        Santésuisse zieht dies in Zweifel. «Die Bedin-
sammenarbeitet, um seine Verhandlungsmacht           diesem Donnerstag beraten. In der Krankenkas-         gungen für die Pflege sind in der Schweiz ver-
zu stärken». Zudem sollten Krankenversicherer        senbranche ist bereits Nervosität spürbar. «Wir       gleichsweise gut. Deshalb drängt sich kein Aus-
bei Medikamentenpreisen ein Antrags- und Re-         fürchten, dass das Parlament unter dem Druck          bau auf», sagt Direktorin Nold. Sie stützt sich
kursrecht bekommen. Doch solange die gesetz-         der Initiative ein reines Wunschkonzert abhält,       dabei auf internationale Umfragen ab. Dem-
lichen Preisregeln im Kern unverändert bleiben,      ohne die finanziellen Folgen im Blick zu haben»,      nach ist die Arbeitszufriedenheit der Pflegefach-
würde laut Helsana-Experte Klaus solch ein Kla-      sagt Verena Nold, Direktorin von Santésuisse.         leute nur in norwegischen Spitälern höher als in
gerecht allein wenig bringen. Er will das gesam-     Der Krankenkassenverband hat deshalb eige-            der Schweiz. Die hiesigen Pflegenden müssen
te System ändern. «Unter anderem müsste der          ne Berechnungen angestellt – und kommt auf            sich um deutlich weniger Patienten pro Schicht
Preis auch mit Rücksicht auf die Bezahlbarkeit       alarmierende Zahlen. Auf die Schweiz kämen in         kümmern als ihre Kolleginnen in Deutschland
für das System festgelegt werden», schlägt er vor.   absehbarer Zeit Mehrkosten von über 5 Milliar-        oder Spanien. In den Heimen sind 88 Prozent
Einen entsprechenden Vorstoss in diese Rich-         den Franken pro Jahr zu, behauptet Santésuis-         des Pflegepersonals insgesamt zufrieden. Auch
tung hat der Ständerat aber jüngst abgelehnt.        se. Und dies unabhängig davon, ob die Initiati-       die Patienten bewerten die Qualität der Pflege
                                                     ve umgesetzt würde oder der Gegenvorschlag in         regelmässig als sehr hoch – das wäre kaum der
Die Pharmaindustrie spricht dagegen von ei-          der aktuell diskutierten Form.
nem «bewährten Preissystem». Dass Rabattlö-                                                                Fall, wenn das Personal permanent überstrapa-
sungen das aktuelle System aushöhlen würden,         In den nächsten Jahren kommen die Baby-               ziert oder demotiviert wäre.
davon «kann nicht die Rede sein», erklärt der        boomer ins Pflegeheim oder benötigen Spi-             Yvonne Ribi ist Geschäftsführerin des Verban-
Verband Interpharma. Bei Medikamenten, die           texleistungen daheim. Um diesen Andrang zu            des der Pflegefachleute (SBK), der die Initiative
bei mehreren Krankheiten eingesetzt werden           bewältigen, braucht die Schweiz bis ins Jahr
könnten, sowie bei Kombinationstherapien                                                                   lanciert hat. Sie sagt, dass die demografische
                                                     2030 rund 30 000 zusätzliche Pflegende, auf
stosse das System zwar «an seine Grenzen».                                                                 Entwicklung mehr Pflegeleistungen notwendig
                                                     Vollzeitpensen gerechnet. Das erhöht die Lohn-
Daher sei eine «Flexibilisierung des Preissys-                                                             mache, was zu Mehrkosten führe. Die vom
                                                     kosten laut Santésuisse um rund 2,7 Milliarden
tems nötig, wozu im Einzelfall Preis- und Erstat-                                                          Krankenkassenverband genannten Zahlen be-
                                                     Franken pro Jahr – völlig unabhängig von der
tungsmodelle gehören», so Interpharma.                                                                     ruhten jedoch auf «populistischen, unseriösen
                                                     Pflegeinitiative. Doch diese dürfte dazu führen,
                                                                                                           Schätzungen». Anstatt konstruktive Vorschläge
                                                     dass die Einkommen sowohl der bisherigen
             Tages Anzeiger, 12. Februar 2019                                                              gegen den Fachkräftemangel auszuarbeiten,
                                                     rund 144 000 wie auch der zusätzlichen Pfle-
                                                                                                           würden die Versicherer reine Polemik verbrei-
                                                     genden steigen. Denn die einfachste Methode,
                                                                                                           ten, betont Ribi. «Santésuisse scheint einzig
                                                     die Attraktivität eines Berufs zu erhöhen, läuft
                                                     über das Portemonnaie.                                das Ziel zu haben, die Pflegeinitiative zu dis-
                                                                                                           kreditieren. Zum Glück sind die Zahlen so hoch,
Santésuisse warnt vor hohen                          Santésuisse geht davon aus, dass Gehaltserhö-         dass jeder Laie merkt, dass sie aus der Luft
Mehrkosten                                           hungen sowie Massnahmen zur besseren Ver-             gegriffen und falsch sind.»
                                                     einbarkeit von Familie und Beruf zu 20 Prozent
Laut dem Krankenkassenverband könnte die             höheren Lohnkosten pro Kopf führen würden.            Mit einer eigenen Kostenschätzung S   ­ antésuisse­
Pflegeinitiative zum teuersten Volksbegehren         Das ergäbe ein Plus von 3,5 Milliarden Franken        kontern will der SBK nicht. «Denn jede Schät-
aller Zeiten werden.                                 im Jahr. Der Krankenkassenverband befürch-            zung, die nicht auf verschiedenen Szenarien
                                                     tet zudem eine Mengenausweitung, die bis zu           beruht, ist unseriös.» Ribi würde es begrüssen,
Kaum ein Berufsstand hat ein derart glänzen-         1,6 Milliarden Franken kosten würde. Denn             wenn das Bundesamt für Gesundheit eine un-
des Image: Laut einer Umfrage vertrauen 95           die Pflegefachleute dürften künftig ohne Plazet       abhängige Untersuchung in Auftrag gäbe. Sie
Prozent der Bevölkerung dem Pflegepersonal           eines Arztes Leistungen abrechnen. Die gefor-         weist darauf hin, dass Studien belegen wür-
– ein Wert, von dem Journalisten oder Politi-        derte Ausbildungsoffensive könnte darüber hi-         den, dass gut ausgebildetes Personal nicht nur
ker nur träumen können. Problemlos kamen             naus mit rund 300 Millionen Franken zu Buche          koste, sondern auch Geld spare. Dies müsse
angesichts dieser weit verbreiteten Sympathie        schlagen. Dies unter der Annahme, dass sich           zwingend in die Berechnung einbezogen wer-
genügend Unterschriften für ein Volksbegehren        ein beträchtlicher Teil des Personals zur nächst­     den. «Wenn wir in die Pflege investieren, wird
zusammen, das eine «starke Pflege» fordert.          höheren Stufe ausbilden lässt, etwa von der           es weniger Komplikationen, tiefere Infektionsra-
Wer hat schon etwas dagegen, die Frauen und          Fachfrau Gesundheit zur Pflegefachfrau – mit          ten und dadurch kürzere Spitalaufenthalte und
Männer besserzustellen, die sich so aufopfe-         entsprechend höheren Einkommen.                       weniger Spitalwiedereintritte geben.» Und das
rungsvoll um die Patienten in Spitälern und                                                                menschliche Leid bei schlechter und fehlender
Heimen kümmern? Doch ein zentraler Aspekt            Verena Nold sagt, das Berechnungsmodell               Pflege sei ein zentraler Faktor, der nicht «mone-
wurde bis anhin kaum diskutiert: die Kosten.         könne noch verfeinert werden. «Es geht uns vor        tarisierbar» sei.

  Schweizer Krebsbulletin Nr. 2/2019                                                                                                                  107
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE

Die Behauptung, die Rahmenbedingungen für
den Pflegeberuf seien heute schon attraktiv ge-
                                                   Franken zur Entlastung der Prämienzahler steht
                                                   sinnbildlich für das Scheitern. Die Minireform
                                                                                                      Comment la Chine veut
nug, hält Ribi für falsch. Sie verweist auf die    veranlasste SVP- und CVP-Politiker zu spekta-      s’affirmer dans la pharmacie
tiefen Ausbildungszahlen und die «viel zu tiefe»   kulären Pirouetten: Auf einmal wollten sie die
Verweildauer im Beruf von durchschnittlich 15      bereits besiegelte Reform den Bürgern nicht        D’ici à 2030, le pays pourrait devenir le pre-
Jahren. Die Lücken mit ausländischem Personal      mehr zumuten. Sechs Monate vor den Wahlen          mier marché de la planète, devant les Etats-
zu füllen, sei nicht nachhaltig. «Unsere Nach-     wollten sie nicht hinstehen und erklären, wieso    Unis.
barländer investieren viel Geld, um ihre Leute     die Patienten mehr aus dem eigenen Sack be-
wieder zurückzuholen.» Die Gefahr einer Men-       zahlen sollen.                                     Elles sont presque toutes là. Les Big Pharma
genausweitung, die laut Santésuisse enorm                                                             internationales ont répondu à l’appel du gou-
teuer werden könnte, sieht sie ebenfalls nicht.    Fehlanreize im System                              vernement chinois pour participer, entre les 5
«Wenn die Krankenkassen ihrer Kontrollpflicht      Über das Scheitern dieser Änderung braucht         et 10 novembre, à Shanghaï, à l’Exposition in-
nachkommen, können Pflegefachpersonen gar          sich heute niemand mehr zu ärgern: Sie hätte       ternationale d’importation de la Chine. Derrière
keinen zu hohen Bedarf verrechnen.»                das Gesundheitswesen nicht wesentlich voran-       le stand d’AstraZeneca, de Roche ou de Bayer,
                                                   gebracht, sie gehört zur Kategorie Pflästerlipo-   celui de Merck veut éclipser ceux de Novartis
         Neue Zürcher Zeitung, 4. April 2019       litik.                                             ou de Sanofi, ayant convié une poignée de jour-
                                                                                                      nalistes français sur place.
                                                   Doch mit der einheitlichen Finanzierung von
                                                   Gesundheitsleistungen steht eine Reform vor        Pour la fine fleur du secteur, pas question de
                                                   dem Absturz, an der die Gesundheitskommissi-       rater un tel événement, car l’empire du Milieu,
  Kommentar der Redaktion                          on seit zehn Jahren gearbeitet hat. Die Motiva-    1,4 milliard d’habitants, est devenu, en moins
                                                   tion? Fehlanreize tilgen. Heute ist es für Kran-   de dix ans, le second marché de la planète,
  Santésuisse hat in der Vergangenheit
                                                   kenversicherer attraktiver, einen Leistenbruch     à près de 110 milliards d’euros. D’ici à 2030,
  schon einmal bewirkt, dass die parlamen-
                                                   stationär behandeln zu lassen, obwohl das un-      il pourrait devenir le premier, devant les Etats-
  tarische Initiative Joder nicht durchkam:
  Diese Initiative wollte die Lage der Pflege-     ter dem Strich teurer und medizinisch gar nicht    Unis. Pas question pour les sociétés étrangères,
  fachfrauen verbessern.                           nötig ist. Der Grund, wieso es trotzdem noch       dont la présence est «tolérée», selon un patron
  Jetzt, im Anschluss an die Einreichung           passiert: die Finanzierung. Der Eingriff kos-      du secteur, de renoncer aux 25% de part de ce
  einer sehr erfolgreichen Volksinitiative,        tet mit Spitalaufenthalt 4760 Franken. Davon       gigantesque marché qu’ils ont réussi à gagner
  welche die gleichen Ziele der damaligen          zahlt die Krankenkasse 45 Prozent, also 2142       ces dernières années.
  Initiative Joder vertritt, wartet Santésuisse    Franken. Wäre die Leiste ambulant behandelt
  sofort wieder mit Fantasiezahlen auf, um         worden, hätte die Krankenkasse für den Eingriff    Mais la Chine a bien l’intention de créer ses
  die Bevölkerung schon jetzt gegen die Ini-       hundert Prozent, also 3032 Franken, bezahlt.       propres géants. Dans le cadre du plan «Made in
  tiative zu sensibilisieren.                                                                         China 2025», Pékin souhaite qu’au moins cent
  Wir werden in den nächsten Monaten               Da freut sich der Dritte                           sociétés pharmaceutiques chinoises puissent
  diesbezüglich noch einiges erleben…!             Dieser Fehlanreiz ist ein unnötiger Treiber der    exporter des médicaments dans les grands
                                                   Gesundheitskosten. Die Kommission arbeite-         marchés de la planète, en atteignant une pro-
                                                   te daran, ihn auszumerzen, führte Gespräche        duction au standard international d’ici à 2020.
                                                   und überzeugte Verbände. Im sonst so streit­       Car, pour l’instant, la majorité des 4 100 sites
                                                   anfälligen Gesundheitswesen stellt sich kein       chinois n'atteignent pas ces niveaux.
                                                   einziger Akteur gegen das Projekt. Ärzte, Spitä-
Gesundheitsreform steht auf                        ler, Apotheker, Versicherungen, Patienten- und     Toujours selon les directives du gouvernement,
der Kippe                                          Konsumentenschützer ziehen alle am gleichen
                                                   Strick. Nur die Kantone haben die Vorlage mit
                                                                                                      les entreprises chinoises devront enregistrer
                                                                                                      entre cinq et dix traitements de dernière géné-
Nach der erfolglosen Forderung nach einer          zusätzlichen Wünschen aufgeladen: Sie wollen       ration auprès des autorités de certification
Franchisenerhöhung steht die nächste Gesund-       sämtliche medizinische Leistungen einer ein-       américaines et européennes. «C’est une sacrée
heitsreform vor dem Absturz. Die bürgerliche       heitlichen Finanzierung unterstellen – nebst       gageure, juge le consultant indépendant Olivier
Koalition bröckelt.                                stationären und ambulanten auch Pflegeleis-        Milcamps. On part de très loin, car les acteurs
                                                   tungen. Die Forderung ist zwar konsequent,         locaux investissent bien moins en recherche et
Der lange Arm der Wahlen? Noch bis vor kurzem      würde das Projekt aber um Jahre zurückwerfen:      développement que les acteurs internationaux.»
war die Gesundheitsreform für eine einheitliche    Jeder Kanton führt ein eigenes System der Pfle-
Finanzierung von ambulanten und stationären        gefinanzierung. Es fehlen schlicht Daten, um       «[En 2017], le taux de croissance du secteur
Leistungen auf gutem Weg. Eine solide Mehr-        einen sinnvollen Verteilschlüssel zu berechnen.    se situait entre 3 % et 4 %, mais, pour les
heit der Gesundheitskommission unterstützte                                                           multinationales, la croissance se comptait à
das Projekt, kein grosser Player wehrt sich bis-   Doch das ist nicht der einzige Grund, wieso die    deux chiffres», constate Jean-Christophe Poin-
lang dagegen. Doch wenn sich die Kommission        Unterstützung schwindet. Die SVP zeigt sich        teau, le patron de Sanofi en Chine. Offrant
heute und morgen über die Vorlage beugt – und      wankelmütig, obwohl sie das Projekt jahrelang      des traitements plus récents, sans équivalents
über die Weiterführung entscheidet, ist der Aus-   unterstützt hat. Fraktionschef Thomas Aeschi       génériques chinois, les Big Pharma profitent
gang ungewiss.                                     beantragt, auf die Vorlage gar nicht erst einzu-   de l’immense marché chinois. «Les besoins
                                                   treten. Das Motiv lässt sich aber nicht ergrün-    dans le pays sont aujourd’hui énormes, avec
Seit der Session im März wackeln die Gewiss-       den. Ob ihm die Parteikollegen folgen, entschei-   le vieillissement de la population et l’irruption
heiten. Die Zusammenarbeit im bürgerlichen         det sich heute. Klar ist: Ohne die Unterstützung   de multiples maladies chroniques, comme le
Block bröckelt. Die Skepsis, ob Gesundheits-       der SVP reicht es für eine Mehrheit nicht.         diabète ou le cancer, dus à la sédentarisation
reformen derzeit möglich sind, wächst. Die                                                            et au brusque changement des habitudes ali-
Debatte um eine Franchisenerhöhung um 50                         Aargauer Zeitung, 4. April 2019      mentaires», ajoute-t-il.

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