Sonderauswertung Handel - DIHK
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Handel: Verhaltener Re-Start für die ganze Branche Durch Betriebsschließungen war und ist der Einzelhandel von den Auswirkungen der Krise direkt betroffen. Zwei Drittel der Betriebe mussten ihr Geschäft schließen. Der Großhandel konnte in der Regel weiterarbeiten: 75 % der Betriebe hatten dort ohne Unterbrechung geöffnet. Inzwischen ist die Öffnung aller Geschäfte unter Auflagen zur Hygiene möglich. Einige wenige Betriebe benötigen zur Umsetzung der Vorschriften etwas Vorlauf, aber in der Regel ist eine Öffnung sehr schnell realisierbar. Einzelhandel Großhandel 15% 17% 33% 9% 75% 50% Geöffnet Geöffnet Wieder geöffnet Wieder geöffnet Geschlossen Geschlossen Die Konsumlaune ist momentan sehr gebremst. Die komplette Rückkehr zu Geschäften wie in der Zeit vor Corona wird daher auf sich warten lassen. Ungefähr die Hälfte der Betriebe rechnet mit einer Normalisierung noch in diesem Jahr – im Großhandel etwas früher, da dort der Anteil der Betriebe, die bereits (wieder) in oder über Vorkrisenauslastung arbeiten, höher ist. Ein Drittel rechnet allerdings erst im nächsten Jahr oder noch später wieder mit normalen Geschäften. Es gibt aber nach wie vor auch viel Unsicherheit und für einen kleinen Anteil der Unternehmen wird es voraussichtlich kein „neues“ Normal geben. Rückkehr zur normalen Geschäftstätigkeit in Prozent 35% 30% 29% 30% 28% 25% 20% 17% 16% 15%16% 15%15%15% 14%14%14% 15% 12% 11% 10% 6% 5% 4% 5% 5% 5% 4% 4% 3% 3% 0% Wir arbeiten Q2 Q3 Q4 2021 Nach 2021 Wir rechnen Derzeit keine (bereits wieder) nicht mit Einschätzung in oder über der einer Rückkehr möglich Vorkrisenauslastung zur Normalität Gesamtwirtschaft Einzelhandel Großhandel
Krisenmodus beim Großteil der Handelsunternehmen Perspektivisch befürchten deswegen die meisten Händler für das Gesamtjahr 2020 einen Umsatz- rückgang. Allerdings hat sich die Situation gegenüber der Blitzumfrage im März leicht verbessert. Damals befürchteten noch 82 Prozent der Einzelhändler und 80 Prozent der Großhändler einen Umsatzrückgang. In der aktuellen Umfrage sind es 78 bzw. 74 Prozent. Trotz der ersten Lockerun- gen sieht sich jeder zehnte Einzelhändler und sechs Prozent der Großhändler aktuell von einer Insolvenz bedroht. Anteil der Unternehmen, die mit einem Umsatzrückgang für das Gesamtjahr 2020 durch COVID-19 rechnen nach Sektor, in Prozent 78% Gesamtwirtschaft 81% 78% Einzelhandel 82% 74% Großhandel 80% Stand Mai Stand Ende März
Weniger Umsatz, hohe Kosten Die Einschätzung der Umsatzentwicklung für 2020 ist vor allem auf die wochenlange Schließung der Läden zurückzuführen: Mehr als drei Viertel der Einzelhändler hatten in dieser Zeit merkliche Umsatzeinbußen bzw. überhaupt keine Umsätze mehr. Auch nach den, in den letzten Wochen, erfolgten Öffnungen der meisten Einzelhandelsgeschäfte, bleibt die Bilanz sehr verhalten. Die Konsumneigung und die Kundenfrequenz in den Innenstädten liegen weit unter Vorjahresniveau. In 65 Prozent der Läden ist die Anzahl der Kunden gesunken, 14 Prozent haben sogar fast gar keine Kunden mehr. Maskenpflicht und viele neue Hygieneregeln, die in den Geschäften zu beachten sind, verunsichern die Konsumenten. Bei den Anbietern von Mode (Bekleidung, Schuhe) etwa sind die Lager voll mit Frühjahrsware, die Rechnungen der Lieferanten da, aber die Kunden bleiben aus. Durch Online-Aktivitäten konnten einige dieser Händler während der Schließzeit einen Teil der Ware absetzen, aber bei weitem nicht im gewohnten Umfang. Nun drohen außerdem Rabattschlachten, die die Modebranche weiter schwächen werden. Allerdings gibt es auch Teile des Handels, die in der Krise höhere oder gleichbleibende Kunden- zahlen und Umsätze haben. Dazu gehören vor allem der Lebensmittelhandel, Drogeriemärkte, Apotheken und teilweise auch der E-Commerce, je nachdem welche Produkte online verkauft werden. Aber auch Bau- und Gartenmärkte werden aktuell stark frequentiert. Insgesamt haben sieben Prozent der Händler mehr Kunden und 14 Prozent verzeichnen ein gleichbleibendes Niveau. Bei 11 Prozent ist der Umsatz gestiegen, bei 13 Prozent mehr oder weniger gleich geblieben. Tägliche Kundenzahl im Einzelhandel Täglicher Umsatz im Einzelhandel Wir haben nahezu keine Kunden 12% 14% Kunden Umsätze 16% Um bis zu 75% gesunken 16% 25% Um bis zu 50% gesunken 25% 24% Um bis zu 25% gesunken 23% 14% Nicht/kaum gesunken 13% 7% Die Kundenzahl Umsätze 11% sind gestiegen Problematisch für viele Einzelhändler: Obwohl Durchschnittliche Kosten des Geschäfts die Umsätze deutlich eingebrochen sind, blei- Nicht / kaum gesunken 69% ben die Kosten hoch. Nur 18 Prozent der Unternehmer konnten die Kosten senken. Nach Um bis zu 25 % gesunken 14% wie vor sind die Fixkosten in Form von Gewer- Um bis zu 50 % gesunken 3% bemieten oder fälligen Zahlungen für einge- Um bis zu 75 % gesunken 0% kaufte Waren, die nun aber nicht abgesetzt werden können, eine große Herausforderung. Über 75 % gesunken 1% Der Dialog mit Vermietern und Lieferanten Die Kosten sind gestiegen 13% bleibt daher wichtig, um die Folgen der Krise zu dämpfen und Liquidität zu sichern.
Auch der Großhandel ist von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Zwar gab es hier kaum Betriebsschließungen. Aber vor allem Anbieter im konsumnahen Bereich, also z.B. Lieferanten von Gastronomie oder Großmärkte, haben mit Kunden- und Umsatzrückgängen zu kämpfen. Auch im Bereich Büromaterial ist die Nachfrage rückläufig. Es gibt aber auch einige Branchen, die deutlich mehr zu tun haben. Das ist unter anderem der Chemikalien-Großhandel, der ein wichtiger Zuliefe- rer für die Hersteller von Desinfektionsmittel ist. Auch die Nachfrage nach Versand- und Ver- packungsmaterial ist gestiegen, da der Warenversand zugenommen hat. DHL etwa befördert aktuell fast doppelt so viele Pakete wie normalerweise. Insgesamt sind die Auswirkungen der Krise auf Kundenzahl und Umsätze nicht so stark wie im Einzelhandel. Die Kostensituation stellt sich ähnlich dar wie im Einzelhandel: Der Großteil hat trotz gesunkener Einnahmen gleichbleibende oder sogar gestiegene Kosten. Täglicher Umsatz im Großhandel Tägliche Kundenzahl im Großhandel Wir haben nahezu keine Kunden 16% Kunden Umsätze 8% 12% Um bis zu 75% gesunken 16% 15% Um bis zu 50% gesunken 22% 22% Um bis zu 25% gesunken 25% 30% Nicht/kaum gesunken 19% 6% Finanzierung: Die Kundenzahl Umsätze sind gestiegen 11% Durchschnittliche Kosten des Geschäfts im Großhandel Die Kosten sind gestiegen 13% Nicht / kaum gesunken 68% Um bis zu 25 % gesunken 15% Um bis zu 50 % gesunken 3% Um bis zu 75% gesunken 1% Über 75 % gesunken 0%
Eigenkapital schrumpft Die Umsatz- und Kostensituation wirkt sich vor allem auf das Eigenkapital der Betriebe aus. Der Einzelhandel ist dabei stärker betroffen als der Großhandel. Bei jedem fünften Handelsunter- nehmen kommt es zu Liquiditätsengpässen. Das sind aber weniger Betriebe als in der Gesamt- wirtschaft. Die Finanzierungssituation ist insgesamt angespannt. Unternehmen berichten, dass sie auf Schwierigkeiten, wie langwierige Prüfungen und unattraktive Konditionen stoßen. Für viele Handelsunternehmen ist eine Verschuldung nur schwer zu verkraften, da damit in den nächsten Jahren keinerlei Geld für Investitionen zur Verfügung steht. Auswirkungen auf die Finanzierungssituation in Prozent, Mehrfachantworten möglich 38% Keine negativen Auswirkungen 29% 28% Großhandel 22% Liquiditätsengpässe 22% Einzelhandel 27% Gesamtwirtschaft Einschränkungen bei laufenden Krediten und freien 9% 10% Liquiditäts-Kreditlinien 10% Eigenkapitalrückgang (Wertberichtigungsbedarf, 49% 58% Umsatzeinbruch etc.) 57% 10% Verschlechterung des Branchenratings 17% 15% 6% Bekommen keinen Kredit 7% 7% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Nachfrage und Lieferketten bereiten Probleme Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf Geschäfte der Handelsunternehmen in Prozent, Mehrfachantworten möglich 65% Weniger Nachfrage 63% 60% 36% Stornierung von Aufträgen durch Kunden 22% 43% 39% Kürzung der Investitionsplanungen 2020 37% 36% 16% Stillstand der geschäftlichen Tätigkeit 28% 35% 17% Ausfallende / fehlende Mitarbeiter 16% 16% 31% Fehlende Waren und Dienstleistungen 29% 16% 33% Logistische Engpässe 23% 14% Großhandel 6% Drohende Insolvenz 10% Einzelhandel 13% 9% Gesamtwirtschaft Keine negativen Auswirkungen 5% 7% 4% Derzeit keine Einschätzung möglich 5% 3% 7% Steigende Nachfrage nach Waren 7% 3% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Die geringere Nachfrage bzw. die Weniger Nachfrage Stornierung von Kundenaufträgen sind die größten Sorgen des Han- 29% aus dem Nicht-EU-Ausland 11% dels. Dem Großhandel fehlen dabei 26% zwar hauptsächlich die deutschen Abnehmer, aber auch bei den Kun- 47% aus der EU 17% den aus der EU- und aus Dritt- 38% staaten sind deutliche Rückgänge zu verzeichnen. Im Einzelhandel 95% aus dem Inland 97% sind die ausländischen Märkte 96% weniger relevant, in Grenzregionen zu den Nachbarländern, vor allem Großhandel Einzelhandel Gesamtwirtschaft zur Schweiz und zu Frankreich, brechen aber ebenfalls erhebliche Umsätze weg. Vor allem für den Großhandel, aber auch teilweise im Einzelhandel, sind fehlende Waren und logistische Engpässe ein Problem. So ist z.B. die Nachfrage nach PC-Zubehör und nach Artikeln für den Outdoor-Bereich sehr hoch. Dort gibt es teilweise bereits lange Lieferfristen und Lücken in den Sortimenten. Auch im Automobilhandel gibt es Probleme bei den Lieferketten: Durch Werks- schließungen fehlt der Nachschub an Neuwagen. Außerdem können aktuell viele Ersatzteile, die oft aus Italien und Spanien kommen, nicht geliefert werden. Das gilt teilweise auch für andere Pro- dukte, die aus diesen Ländern stammen, z.B. werden Weine aus den südlichen Ländern aktuell kaum nachgeliefert.
Zudem kommt es zu logistischen Engpässen und Verteuerungen im internationalen Geschäft, da ungefähr die Hälfte der Kapazität im Luftfrachtbereich durch die fehlenden Passagiermaschinen weggebrochen ist. Bei der Seefracht sind die Schiffe und Container wieder unterwegs. Noch ist offen, ob es in Kürze zu einem Container-Stau in den deutschen Häfen kommen wird, wenn bestellte Ware eintrifft, aber nicht sofort abgeholt wird, da die Lager teilweise noch voll sind. Reaktionen auf die Krise: Prozesse digitalisieren und straffen Die Handelsunternehmen setzen bei ihrer Reaktion auf die Krise nicht nur auf Einsparungen. Zwar stehen für 37 Prozent Rationalisierungsmaßnahmen im Vordergrund, allerdings ist durch die Krise auch die Digitalisierung in den Fokus gerückt. Viele Einzelhändler haben die Zeit während der Betriebsschließung eingesetzt und ihre Aktivitäten in der Online-Kommunikation und im Online- Verkauf verstärkt oder sogar neue Instrumente aufgebaut. Das geht teilweise mit Veränderungen im Geschäftskonzept einher – so werden zum Beispiel Instagram-Storys zum neuen Vertriebskanal für Modehändler oder lokale Lieferservices sichern zumindest einen Teil des Verkaufs vor Ort. Aller- dings sind Investitionen in nächster Zeit bei vielen Händlern erst einmal zurückgestellt. Knapp 40 Prozent kürzen angesichts der momentanen wirtschaftlichen Situation ihre Investitionspläne für 2020. Betriebliche Maßnahmen zur Begegnung der Krise in Prozent, Mehrfachnennung möglich 39% Verstärkte Digitalisierung im Unternehmen 32% 35% 37% Rationalisierung 37% 34% 28% Umstellung der Geschäfte/des Geschäftskonzepts 26% 28% Suche nach neuen Lieferanten für Vorprodukte / 17% 8% Dienstleistungen 9% Großhandel Rückverlagerung von zuvor ausgelagerten 2% Einzelhandel 1% Wertschöpfungsaktivitäten 3% Gesamtwirtschaft 13% Sonstige 18% 19% 17% Keine 20% 18% 0% 10% 20% 30% 40% 50%
Die Rationalisierungspläne treffen auch die Mitarbeiter. Ein knappes Drittel der Einzelhändler und 27 Prozent der Großhändler sind so stark von der Krise betroffen, dass sie planen Personal abzu- bauen. Nur sehr wenige Unternehmen im Handel planen dagegen mehr Mitarbeiter zu beschäfti- gen. Beschäftigungspläne im Beschäftigungspläne im Einzelhandel Großhandel 2% in Prozent 3% in Prozent 27% 32% 65% 71% Wir müssen Personal abbauen Wir müssen Personal abbauen Gleichbleibend Gleichbleibend Wir stellen zusätzliches Personal ein Wir stellen zusätzliches Personal ein
Methodik Die Umfrage hat vom 4. bis 6. Mai 2020 stattgefunden. Rund 10.000 Unternehmen haben an der Umfrage teilgenommen, davon waren 12% aus dem Einzelhandel (12%) und 6% aus dem Großhandel (6%). Impressum Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Bereich Internationale Wirtschaftspolitik, Außenwirtschaftsrecht Bereich Digitale Wirtschaft, Infrastruktur, Regionalpolitik Herausgeber und Copyright © Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Postanschrift: 11052 Berlin | Hausanschrift: Breite Straße 29 | Berlin-Mitte Telefon 030 20308-0 | Fax 030 20308-1000 DIHK Brüssel Vertretung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages bei der Europäischen Union 19 A-D, Avenue des Arts | B-1000 Bruxelles Telefon : +32 2 286-1611 | Fax +32 2 286-1605 Internet www.dihk.de Facebook www.facebook.com/DIHKBerlin Twitter http://twitter.com/DIHK_News Redaktion Katharina Huhn, Dr. Ulrike Regele, Daphne Grathwohl Grafik Katharina Huhn, Dr. Ulrike Regele Bildnachweis https://www.gettyimages.de/ Stand Mai 2020
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