SPITALBAUTEN UND IHRE ZUKUNFT - BEI PWC SCHWEIZ

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www.pwc.ch/gesundheitswesen

                                Spitalbauten und
                                ihre Zukunft

Gesundheitsinstitutionen
der Zukunft sind attraktiv,
effizient und individuell.
Dafür setzen sie den Menschen
in den Mittelpunkt.

                                                              Kantonsspital Olten, Eingangshalle, Itten+Brechbühl AG
                                                              ©Hanspeter Bärtschi, Spiegel bei Bern
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2 Spitalbauten und ihre Zukunft

                                                      Einleitung
                                                      Liebe Leserin, lieber Leser
1. Geschichte der Spitalbauten4                      Spitäler sind das Herzstück unseres Gesundheits-
                                                      wesens. Sie stehen am Anfang und häufig auch am
2. Geschichte der Typologien 5
                                                      Ende des Lebens. Und sie stellen die Patientenbe-
3. Das aktuelle Verständnis der Spitalimmobilie6     handlung ins Zentrum ihrer Bemühungen. Dabei
                                                      bilden die Spitalimmobilien die Hülle ums Kernge-
4. Angebot und Infrastruktur8                        schäft. Dieses entwickelt sich im Einklang mit dem
5. Arealentwicklung9
                                                      technologischen Fortschritt rasant weiter. Und die
                                                      Spitalimmobilie? Welche Hülle braucht das Spital
6. Bedarfsplanung für 2020 – mit Bauten für 205010   der Zukunft? Wie viel Spitalbau braucht es über-
                                                      haupt? Wie wird das Spital im digitalen Zeitalter
7.   Paradigmen und Schwerpunkte der Planung11
                                                      aussehen? Und welches Spital will der Patient?
8. Standardisierung vs. Personalisierung11           Mit dem vorliegenden Thesenpapier gehen wir
                                                      diesen und ähnlichen Fragen auf den Grund. Dazu
9. Von den Besten lernen11
                                                      werfen wir einen Blick zurück in die Geschichte
10. Patient ist König12                              der Spitalbauten – und in die Zukunft. Aus diesen
                                                      beiden Perspektiven fassen wir zusammen, was
11. Digital denken, eine neue Mentalität13           das Spital der Zukunft ausmacht und wie es seine
12. Das digitale Spital14                            Investitionen darauf ausrichtet.

13. BIM (Building Information Modeling)15
                                                      Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.
14. Das Spital als Shop-in-Shop-Konzept16
                                                      Christian Elsener
15. Beschaffungsformen16                             elsener+partner ag
16. Patientenzimmertypologien17                      Beat Gafner
                                                      IttenBrechbühl, Mitglied der Geschäftsleitung
17. Wettbewerbsvorteile18
                                                      Kurt Ritz
18. Projektplan als Basis für die Gesamtsicht18      Partner, PwC Schweiz, Leiter Deals

19. Wie sieht das Spital im Jahr 2050 aus?21         Jost Kutter
                                                      IttenBrechbühl, Mitglied Standortleitung Bern
20. Die Autoren22

21. Kontakte bei PwC22
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«Core-Hospital» Krankenhauskonzept für die Zukunft
Ideen-Wettbewerb 1. Preis 2004
Architekten Generalplaner: Itten+Brechbühl AG; Venhoeven CS; BM Baumanagers
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4 Spitalbauten und ihre Zukunft

1. Geschichte der Spitalbauten

«Im 18. Jahrhundert vollzog sich endgültig           entwickelt. Dessen Anlagesystem aus          Gedanken der Effizienz und orientierten
der Bruch zwischen dem noch aus dem                  mehreren isolierten Baukörpern ermöglichte   sich an der Industrie. In diesen Komplexen
Mittelalter stammenden Verständnis von               eine Differenzierung der verschiedenen       wurden Krankheiten mit neuesten
Fürsorge als Barmherzigkeit und der                  Funktionen sowie die hygienische Verbesse-   Technologien behandelt. So entstand die
modernen Idee von Fürsorge und Wohlfahrt.            rung durch erhöhte Belüftung.»               Krankenhaustypologie im Zeitgeist der
Dies geschah durch die Einführung des                                                             Moderne.
                                                     Roberto Masiero, Professor für
Fürsorgeanspruchs: Die Wohlfahrt verlor
                                                     Architekturgeschichte                        Heute nimmt sich der Staat zurück und
ihren religiösen Wert und wurde zu einer
                                                                                                  gibt nur noch die Rahmenbedingungen
sozialen Staatspflicht.                              In den folgenden Jahrzehnten erstellte der
                                                                                                  vor. Krankenkassen sind zu Gesundheits-
                                                     Staat bezahlte, effiziente, sozialistische
Gerade in dieser Zeit wurde das Krankenhaus                                                       kassen geworden. Spitäler werden in
                                                     Gesundheitskomplexe auf abgeschlossenen
institutionalisiert und die spezifische                                                           meist alten, über Generationen gewachsenen
                                                     Arealen. Sie waren geprägt vom
Bauwerktypologie des Pavillonsystems                                                              Bauten betrieben.

Privatklinik Linde, Biel Nordanbau, Itten+Brechbühl AG
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Spitalbauten und ihre Zukunft 5

2. Geschichte der Typologien

Die ersten Spitäler standen in mittel-        Bauboom der 70er- und zu Beginn der             geführt werden. Diese Zusammenlegung
alterlichen Städten, häufig an Klöster        80er-Jahre breiteten sich die meisten           entspricht dem Anspruch des Patienten,
angeschlossen. Mit der Schleifung der         Spitäler an ihren Standorten aus, sodass die    schnell, effizient und so nah wie möglich
Befestigungsanlagen und der Entwicklung       Flächenreserven massiv schrumpften.             von einem Spezialisten behandelt zu
des Pavillontypus wurden sie ausserhalb der                                                   werden. Anlaufstellen für Notfälle werden
                                              An dieser Stelle ein kurzer Exkurs in weitere
Kernstadt errichtet. Ab der Belle Époque                                                      heute tendenziell an Verkehrsknoten
                                              Teile der Gesundheitsinfrastruktur: Bis ins
(1884 bis zum Ausbruch des Ersten Welt-                                                       verlegt. Damit findet eine Zentralisierung
                                              19. Jahrhundert kam der Hausarzt mit der
krieges) wurden die Pavillons oft durch                                                       bei gleichzeitiger Dezentralisierung statt.
                                              Kutsche ins Haus. Mit der wachsenden
prunkvolle klassizistische Anlagen am
                                              Mobilität der Bevölkerung und der Speziali-     In der Schweiz realisieren die Spitäler ihre
selben Standort oder am Stadtrand ersetzt.
                                              sierung der Ärzte änderte sich das. Die         geplanten Investitionen auf ihrem ange-
Noch heute stehen Spitäler auf solchen
                                              Patienten gingen immer öfter zum Arzt mit       stammten Spitalareal. Standortkonzentra-
Arealen. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts
                                              Praxis, der einen Teil der Untersuchungen       tionen von mehreren Spitälern an einem
wurden Neuanlagen auf Basis von Master-
                                              in seinen eigenen Räumlichkeiten vornahm.       neuen Standort oder der Umzug eines
plänen an den Stadträndern entwickelt. Auf
                                                                                              Spitals an einen anderen Ort sind hier
den oft grosszügigen Territorien erschienen   In jüngster Zeit sind zahlreiche Praxisge-
                                                                                              –Riviera Chablais ausgenommen – für die
effiziente Breitfusstypen mit markanten       meinschaften, Gesundheitshäuser und
                                                                                              nächsten Jahre nicht vorgesehen: Die alten
Hochpunkten als Symbol für den Wandel         Kompetenzzentren entstanden, die oft von
                                                                                              Standorte bleiben die neuen.
von Technik und Medizin. Seit dem grossen     Ärzten oder spitalnahen Organisationen
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6 Spitalbauten und ihre Zukunft

3. Das aktuelle Verständnis der
Spitalimmobilie
In einem Spital wird gewohnt, gearbeitet,      Eine Gesundheitsinstitution integriert       selbstbestimmter Konsument und darf
gelitten, bewirtet, empfangen, geliebt,        also verschiedene Strukturen und bedient     seine Dienstleistungen frei aussuchen.
geboren, operiert, relaxt, gestorben,          sich dazu architektonischer Mittel. Zum      Entsprechend sollten Planer darüber
gebetet und eingekauft.                        Beispiel wird die Eingangshalle zur Lobby,   nachdenken, wie sie Umfelder schaffen,
                                               der Wartebereich zur Lounge, das Betten-     die solchen persönlichen Ansprüchen
Ein Spital setzt sich heute aus verschiede-
                                               zimmer zum Hotelzimmer, der Gebärsaal        gerecht werden. Die Gesellschaft weiss
nen Gebäudetypologien zusammen – ist
                                               zum Wohnzimmer oder der Behandlungs-         Dienstleistungen zu differenzieren; sie ist
also ein Hybrid. Damit lässt es sich mit
                                               raum zum Sitzungszimmer. Und die Büros       es gewohnt, dass unterschiedliche
einem Stadtteil vergleichen, der aus
                                               sind als Kommunikationsplattformen           Dienstleistungen unterschiedlich viel
Marktplatz, Kirche, Arbeitsstätten, Hotels
                                               gestaltet. Auf diese Weise erhalten sowohl   kosten. Mit ihren detaillierten Angebots-
und Wohnorten besteht. Wenn wir eine
                                               Patienten als auch Mitarbeiter eine neue     katalogen fördern die Krankenkassen
Gesundheitsinstitution zu einem alltäglichen
                                               Form der Wertschätzung.                      dieses Denken. Das Spital wiederum muss
und vertrauten Ort machen wollen,
                                                                                            angemessen darauf reagieren – auch
müssen wir auch die Haupt- und Neben-          Durch die Integration alltäglicher Umge-
                                                                                            infrastrukturell.
bedeutungen dieser Orte übernehmen.            bungen in die Spitallandschaft entstehen
Vertrauen und Wohlbehagen fördern die          poetische, individuell gestaltbare Orte.
Genesung und Rehabilitation des                Die Identifikation der Nutzer fördert
Menschen.                                      deren Vertrauen. Der Patient gilt als

Ortho Clinic Hirslanden
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Spitalbauten und ihre Zukunft 7

Klinik Linde Biel, Neues Bettenzimmer, Empfang Radiologie,
Itten+Brechbühl AG
© Alexander Jaquemet, Erlach BE
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8 Spitalbauten und ihre Zukunft

4. Angebot und Infrastruktur

Da der Wandel unaufhaltsam voranschreitet,            (Stichwort Verdichtung), den zahllosen            Raumdisposition mehr Potenzial.
klaffen die Ansprüche an das Angebot                  partizipativen Prozessen und den Rechten
                                                                                                        Vor diesem Hintergrund und im Hinblick
und die Möglichkeiten der Infrastruktur               der Nachbarn.
                                                                                                        auf die moderne Technik müssen Planer
oft auseinander. Wo sich neue Angebots-
                                                      Planen und bauen dauert immer länger.             und Architekten neue, atmosphärisch
felder eröffnen, werden diese meist in
                                                      Denn es braucht Fingerspitzengefühl und           wertige Raumstrukturen schaffen, die
bestehende Infrastrukturen eingepasst,
                                                      Ausdauer, diese Kräfte zu steuern. Daher          sich flexibel ausfüllen lassen. Die Erkenntnis
überlagern bestehende Prozesse und
                                                      empfehlen sich flexible, langfristig              der «Trennung der Systeme» setzt sich nun
entwickeln sich damit von Anfang an um
                                                      ausgelegte Strukturen mit einem hohen             auch im Spitalbau durch. Neue Gebäude
das Bestehende herum. Allzu oft fehlt der
                                                      Gebrauchswert. Auch hier lohnt sich ein           sollen die hoch komplexen Raumsequenzen
Mut für einen Befreiungsschlag. Alles
                                                      Blick zurück. Optimierte Bauten im                eines Spitals abbilden. Das eröffnet die
wächst – und die Infrastruktur sperrt.
                                                      Denken der 70er-Jahre mit Schottenstruk-          Möglichkeit, ältere Häuser funktional
In einem urbanen Umfeld kann das Spital               turen, geringen Raumhöhen und grauem              «abzuwerten» und dadurch länger zu
nur noch gegen innen verdichten oder                  Inneren sind heute Sanierungs- oder               nutzen. So lässt sich zum Beispiel ein
sich durch Ersatzneubauten Raum                       Abbruchobjekte. Die Anfang des 20.                Operationssaal zu einem ambulanten
verschaffen. So wird die Entwicklung der              Jahrhunderts bis in die 50er-Jahre                Zentrum oder eine Bettenstation zu
Infrastruktur zu einem zähen, langatmigen             entstandenen Bauten aus dem sogenannten           einem Arztdienstzimmer umfunktionieren.
Prozess, zusätzlich gebremst von den                  Historismus hingegen bieten dank ihrer
Ansprüchen des Raumkonzepts Schweiz                   breiten Akzeptanz und der grosszügigen

Intensiv-, Notfall- und Operationszentrum (INO) Inselspital, Bern, Doppelkorridor, Itten+Brechbühl AG
© Sandra Stampfli, Bern
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Spitalbauten und ihre Zukunft 9

5. Arealentwicklung

Traditionelle Spitalareale leben oft mit              Kantone war, müssen nun die Spitäler         Dienstleistungen den notwendigen
Hypotheken aus den 70er-Jahren und mit                übernehmen. Doch Immobilien sind nicht       Spielraum verschaffen. In den letzten
unflexiblen Strukturen. Durch das neue                deren Kerngeschäft und binden viel           Jahren haben diverse Spitäler separate
Spitalgesetz und den nachfolgenden                    Kapital. Zudem erfordert die Bewirtschaf-    Standorte eröffnet und betreiben diese als
Eigentümerwechsel wird auch bei den                   tung eigenes Wissen. Hier treten mehr        Anlaufstelle für Notfälle. Der City-Notfall
Spitalinfrastrukturen ein Wandel deutlich.            Anbieter auf, die das Feld der Errichtung    in Bern hat diese Entwicklung schon früh
Viele Objekte weisen einen tiefen Restwert            und Bewirtschaftung besetzen.                angestossen.
und einen entsprechend hohen Investitions-            Spitalareale sind gewachsene Konglomerate,
bedarf auf, den die neuen Eigentümer                  in denen neben Kernprozessen auch viele
abbauen müssen. In der Schweiz steht im               Zusatzdienstleistungen angeboten
Bereich der Gesundheitsbauten ein                     werden. Ein Spital kann sich oft nur durch
Investitionsvolumen von über 20 Mrd.                  die Loslösung von diesen nicht zwingend
Franken an. Was früher Aufgabe der                    auf dem Areal zu verordnenden

Intensiv-, Notfall- und Operationszentrum (INO) Inselspital, Bern, Itten+Brechbühl AG
© Sandra Stampfli, Bern
SPITALBAUTEN UND IHRE ZUKUNFT - BEI PWC SCHWEIZ
10 Spitalbauten und ihre Zukunft

6. Bedarfsplanung für 2020 – mit
Bauten für 2050
Die nachfragegesteuerten Anpassungen         lichkeit wird zum Schlüsselparameter.          bereits umgesetzt. Die Konzentration auf
der Spitalinfrastrukturen wurden in den                                                     das Kerngeschäft und die Optimierung
                                             Trotz der vielen Unmutsbekundungen zur
letzten 40 Jahren weitgehend durch                                                          betrieblicher Abläufe standen ganz oben
                                             Ökonomisierung des Gesundheitswesens
räumliche Rahmenbedingungen                  ist diese Entwicklung nicht neu. Sie trifft    auf der Massnahmenliste von Unterneh-
beschränkt. Spitäler haben Rochadeflächen    die Branche aufgrund des stark regulierten     mensstrategien. Bei den gewachsenen
auf ihrem Areal verbaut oder die dritte      Umfelds lediglich mit einer gewissen           Strukturen der meisten Spitalareale sind
Dimension ausgereizt. Durch das neue         Verzögerung. Als sich die Gesundheits-         solche Ansätze objektiv betrachtet nur
Krankenversicherungsgesetz (KVG),            branche zu Beginn des letzten Jahrzehnts       durch strukturelle Anpassungen möglich,
wachsende Defizite, die nachfolgenden        noch gegen die anstehenden Reformen zu         sprich durch Neubauten.
Budgetrestriktionen und Ausgabenbremsen      wehren versuchte oder diese schlichtweg
werden finanzielle Rahmenbedingungen         ignorierte, haben unzählige Konzerne in
bei der Planung grösserer Investitions-      der Privatwirtschaft bereits strukturelle
projekte immer wichtiger: Die Wirtschaft-    Veränderungen angepackt oder diese

Bis Anfang 20. Jahrhundert ist        Im 20. Jahrhundert wird das                          Im 20. Jahrhundert wird das
das Spital Teil der Kernstadt.        neue Spital auf das Areal einer                      Core Hospital/Health Campus an
                                      Stadtweiterung verlegt, und                          den Stadtrand oder an einen gut
                                      das bestehende Areal anders                          erschlossenen Ort verlagert, und
                                      genutzt.                                             gleichzeitig entstehen Portale an
                                                                                           Verkehrsknotenpunkten und in
                                                                                           dicht besiedelten Agglomerationen.
Spitalbauten und ihre Zukunft 11

7. Paradigmen und Schwerpunkte
der Planung
Analog zu den (privat-)wirtschaftlichen       Entflechtung und Bereinigung der               Dabei reicht das Spektrum von einer
Entwicklungen gibt es in der strategischen    Funktionalitäten ist meist unumgänglich.       Externalisierung des Unterhalts über die
Spitalplanung zwei Grundparadigmen:                                                          Zusammenarbeit mit anderen Anbietern
                                              Diese Tatsache gibt einen idealen Anstoss,
Betrieb und Infrastruktur auf das Kernge-     sich mit der Konzentration auf das             bis hin zu einem Rückbau der Funktions-
schäft reduzieren und die nötigen Flächen     Kerngeschäft auseinanderzusetzen.              flächen. Allen Strategien gemeinsam sind
effizient und wirtschaftlich nutzen. Das      Letzteres resultiert aus der strategischen     die Entflechtung der Funktionsflächen
historisch gewachsene Konglomerat             (Neu-)Ausrichtung des Leistungsangebots.       und die Effizienzgewinne durch eine
unterschiedlicher Funktionen und              Alle für das Kerngeschäft nicht notwendigen    Konzentration auf die für die Kernprozesse
Flächen beeinflusst die wirtschaftliche       und kritischen Angebote eignen sich für        notwendigen betriebskritischen Flächen
Führung des Betriebs stark. Eine              örtliche und funktionale Auslagerungen.        und Nutzungsarten.

8. Standardisierung vs. Personalisierung
Eine Standardisierung kann die Effizienz      heissen, dass keine ansprechende Architektur   Gesundheitsexperten Verbesserungen für
steigern. Sie betrifft alle Phasen des        mehr möglich ist; sie ist nicht mit Platten-   die Patienten. Standardisierung geschieht
Lebenszyklus von Spitalimmobilien: von        bauten gleichzusetzen. Im medizinischen        also bei unterstützenden Leistungen,
den Betriebsprozessen über die Beschaffung    Kerngeschäft hingegen zeigt sich ein           Personalisierung in der Medizin.
bis zur Realisierung und zum Betrieb.         starker Trend zur Personalisierung. Von
Standardisierung muss dabei nicht             der personalisierten Medizin erwarten

9. Von den Besten lernen
Die Funktionsflächen eines Spitals haben,     Energieversorgung, Wäscherei, Logistik         und Konzepte mit vielseitigen Angeboten,
bis auf den engeren Kreis der betriebsnot-    und andere Dienstleistungen finden sich        die auf dem Markt etabliert sind und
wendigen Flächen, viele Ähnlichkeiten         zahlreiche Akteure, die diese Funktionen       folglich auch für die Gesundheitsbranche
mit bewährten Nutzungstypen von               laufend optimieren und gegenüber reinen        passen. Diese Anbieter warten nur darauf,
Solitärbauten. Als Beispiel lässt sich hier   Supportfunktionen entsprechende                ihr Wissen in die Investitionsvorhaben
das Patientenhotel aufführen, das sich am     Effizienzvorteile vorweisen.                   von Spitälern einzubringen. Dabei kann
Sternesystem anlehnt und so die Abgren-                                                      es sich lohnen, herkömmliche Beschaf-
                                              Für diverse Leistungsangebote bestehen
zung von (Halb-)Privat- und Allgemein-                                                       fungsmodelle zu überdenken.
                                              bereits heute hoch spezialisierte Anbieter
versicherten vollzieht. Auch für Catering,
12 Spitalbauten und ihre Zukunft

10. Patient ist König

Natürlich bauen Planer und Architekten                           Werte. Zukünftige Patienten erwarten,          medizinischen Leistungen im Wettbe-
Spitäler für die Patienten. Diese sollen so                      dass sich auch der Spitalbau daran             werb, sondern auch bei der Attraktivität
rasch wie möglich behandelt werden und                           orientiert. Darum soll die Hülle des           der Infrastrukturanlagen, die den Aufent-
genesen. Die Frage bleibt, was der Patient                       Spitals dessen Kerngeschäft bestmöglich        halt des Patienten so angenehm wie
vom Spital erwartet – heute und übermor-                         unterstützen.                                  möglich gestalten sollen.
gen. Die Gesellschaft individualisiert sich
                                                                 Patienten erwarten kurze Wege, unkom-          Neue Spitalanlagen sollten konsequent
zunehmend in allen Lebenslagen. Das gilt
                                                                 plizierte Prozesse, die Wahrung ihrer          aus der Sicht des (liegenden, sitzenden,
auch für den Spitalaufenthalt. Der Patient
                                                                 Intimsphäre, mehr Mitbestimmung bei            stehenden, wachen und schlafenden)
der Zukunft erwartet, dass sein Spitalauf-
                                                                 der Entscheidungsfindung, Transparenz          Patienten geplant und realisiert werden.
enthalt so weit als möglich dem Umfeld
                                                                 und vorbehaltlosen Zugang zu den               Aus der liegenden Perspektive rücken
seines Alltags entspricht. Er will auch im
                                                                 eigenen Daten. Der Patient im Spital der       andere Elemente in den Fokus als aus
Spital selbstbestimmt bleiben.
                                                                 Zukunft ist besser informiert und will         Sicht des stehenden Besuchers. Ein
So liegt also sicherlich nicht falsch, wer                       mitentscheiden. Schon heute suchen 41 %        weitsichtiger Planer nimmt mit seinem
bereits in der Planung eines Spitals die                         der Patienten im Internet nach Informa-        Beitrag vorweg, was der Patient im Spital
Haupteinflussfaktoren identifiziert und in                       tionen als Grundlage für ihre Meinungs-        der Zukunft sieht und erlebt. Mit dem
seine Überlegungen einbezieht. Viele                             bildung bei der Spital- und Ärztewahl .        Investitionsentscheid legen die Spitalver-
Faktoren sind vom Patienten geprägt.                             Dieser Trend wird sich verstärken und ist      antwortlichen auch die zukünftigen
Dazu gehört die demografisch bedingte                            gerade für die jüngere Generation selbst-      Erfolgsrechnungen im Bereich Infrastruk-
Entwicklung der Spitalkunden (Sprache,                           verständlich. Demnach müssen auch die          tur und Betrieb weitgehend fest.
Kultur, Religion, Alter) genauso wie die                         Spitäler Rankings stellen («Tripadvisor» für
Veränderung der gesellschaftlichen                               Spitäler). So stehen sie nicht nur bei den

9   «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2013.», PwC, 2014
Spitalbauten und ihre Zukunft 13

11. Digital denken, eine neue Mentalität

Die Digitalisierung macht auch vor den           Ebenso steuert die digitale Welt die          bedeutet nicht nur iPad statt PC, und nicht
Spitaltüren nicht halt, sie betrifft jeden       Flächennachfrage oder die Raumanforde-        die modernen medizinischen Instrumente
denkbaren Aspekt. Die digitale Transfor-         rungen in Menge und Ausprägung.               treiben sie voran. Und vor allem beschränkt
mation beschreibt die Veränderungen auf          Getrieben wird der digitale Wandel von        sie sich nicht auf die IT-Abteilung. Sie
dem Weg zum digitalen Spital. Die                der Unternehmensentwicklung. Noch ist         betrifft die Denkweise und ist damit eine
digitale Welt wirkt sich auf sämtliche           sein Einfluss auf den Alltag weit geringer,   strategische Aufgabe der Spitalleitung.
Bereiche des Spitals aus, sei es in der          als er in Zukunft sein wird. Spitäler         Leider kennt die heutige Spitalwelt den
Bereitstellung und im Betrieb der Infra-         beschäftigen heute kaum Fachleute, die        Chief Digital Officer (CDO) noch kaum
struktur mit Hilfe von Building Information      sich mit der strategischen Vorbereitung       als Funktion.
Modeling (BIM) oder in der Abwicklung            auf das digitale Spital auf Unternehmen-
des Kerngeschäfts.                               sebene befassen. Die Digitalisierung

1   H+ Spital- und Klinik-Barometer, Juli 2015
14 Spitalbauten und ihre Zukunft

12. Das digitale Spital

Das digitale Spital kann ein deutlich               -steuerung ausgehen. Für die Planung        zusammengefasst oder – im Extremfall
kleineres Patienten- und Besucherauf-               wird es entscheidend sein, das digitale     – ins Ausland verlagert werden.
kommen auf dem Areal aufweisen. Denn                Spital akribisch durchzudenken und
                                                                                                Die Digitalisierung kann in den nächsten
gewisse Patienten müssen nicht mehr ins             genügend Flexibilität dafür in der Gebäu-   Jahren durchaus dazu beitragen, dass die
Spital kommen, zum Beispiel für Überwa-             destruktur vorzusehen. Denn das digitale    Spitäler unterschiedlich schnell unter-
chungsaufgaben (remote monitoring).                 Spital wird andere Raumbedürfnisse          wegs sind. Entscheidend wird sein, wer
Man spricht von Off-site-Patienten. Die             haben als das analoge. Ein Teil des         wie schnell reagiert, wer am schnellsten
Digitalisierung kann so das Geschäftsmodell         medizinischen Personals wird mit            agiert, wer sich auf die digitale Welt
eines Spitals komplett umkrempeln, wie              Patienten keinen physischen Kontakt         einlässt und sich auf dem digitalen
das unzählige Beispiele aus anderen                 mehr haben. Die Arbeitsplätze dafür         Spitalmarkt behauptet. Verantwortungs-
Branchen zeigen.
                                                    müssen also nicht zwingend auf dem          und Entscheidungsträger von Spitälern
Die digitale Mentalität muss von der                Spitalareal bereitstehen, sondern können    sollten sich fragen, ob ihr Geschäftsmodell
Unternehmensentwicklung und                         in Shared Services Centers                  diese Fragen beantwortet.

10 Quelle: BFS: Kennzahlen der Schweizer Spitäler
Spitalbauten und ihre Zukunft 15

13. BIM (Building Information Modeling)

Wenn Architekten und Fachplaner ihre           Im Weiteren steigt mit BIM der mögliche           Dritten. Damit lässt sich garantieren, dass
digitalen Möglichkeiten im Planungspro-        Vorfertigungsgrad – die Typisierung und           die Daten auch mit der tatsächlichen
zess konsequent nutzen, können sie dem         Standardisierung von Bauteilen – für die          Situation übereinstimmen und keine
Spital dessen Bedürfnisse von Anfang an        bauliche Realisierung. BIM ist die Voraus-        Folgefehler entstehen.
verständlich und umfassend aufzeigen.          setzung für eine verstärkte Automatisierung
                                                                                                 Die Digitalisierung hat mit BIM einen
                                               auf der Baustelle und für den Einsatz von
BIM (Building Information Modeling)                                                              grossen Einfluss auf die Art und Weise,
                                               Robotiksystemen. Gebaut wird erst, wenn
basiert auf einer dreidimensionalen                                                              wie das Spital der Zukunft geplant wird.
                                               das Gebäude vollständig durchgeplant ist.
Planung, die den gezeichneten Bauele-                                                            Neue Prozesse legen das Tempo vor und
                                               Dadurch reduziert sich der Bedarf an
menten alle notwendigen Informationen                                                            erfordern eine Gebäudeentwicklung von
                                               Anpassungen erneut. Die genaue Ausmes-
stufengerecht mitgibt. Daneben sind auch                                                         innen nach aussen. Umfangreiche Infor-
                                               sung aller Bauten in der digitalen Planung
sämtlichen Flächen und Volumen entspre-                                                          mationen werden rasch für nächste
                                               erhöht die Scherheit in der Kostenschätzung.
chende Informationen zugeordnet. Diese                                                           Entscheidungsschritte zur Verfügung
                                               Der Eigentümer weiss, welche Materialien
Daten werden in einem zentralen,                                                                 gestellt. Der Bauherr sieht, wie sein Spital
                                               in seinem Bauwerk verbaut wurden, was
digitalen Modell zusammengetragen.                                                               von den involvierten Fachleuten entwickelt
                                               ihm den Unterhalt deutlich erleichtert.
Daraus lassen sich je nach Bedürfnis                                                             wird. Ansichten und Auswertungen
                                               Denn für die Planung der Betriebsphase
sämtliche Informationen darstellen oder                                                          stehen auf Knopfdruck zur Verfügung.
                                               stehen transparente und exakte Daten aus
herausziehen. BIM erfordert eine konse-                                                          Die Spitalvertreter werden viel enger in
                                               der Ausführung zur Verfügung. Sogar die
quente 3-D-Planung. Diese ermöglicht es,                                                         den Planungsprozess einbezogen. Auch
                                               Vermarktung der Flächen profitiert von
aus klassischen 2-D-Plänen dreidimensionale                                                      der Fertigungsprozess wird immer stärker
                                               BIM, weil auch da keine Missverständ-
Darstellungen zu generieren, die für den                                                         digitalisiert. Aus einer entsprechenden
                                               nisse über Flächen und Volumina
Laien gut verständlich sind.                                                                     Datenbank geht hervor, welche Bauteile
                                               entstehen.
                                                                                                 wann, von wem und wo eingebaut
Das Neue beim BIM besteht darin, dass
                                               Wichtig ist eine regelmässige Prüfung             wurden. Diese Informationen sind für
es die einzelnen Planungsbeteiligten
                                               aller BIM-Daten durch einen neutralen             die Betriebsphase äusserst nützlich.
integriert und betriebliche Abläufe gut
verständlich im selben Modell abbildet.
So gewinnen auch die Besteller jederzeit
einen umfassenden Einblick in den
Planungsprozess, und Missverständnisse
lassen sich zeitnah erkennen oder vermeiden.
Zudem können BIM-Planer weitere
Dimensionen wie Zeit, Kosten, Betrieb
und Unterhalt frühzeitig in ihre Planungs-
arbeit einbeziehen. BIM ist die Grundlage
für betriebliche Simulationen und ein
gezieltes Unterhaltsmanagement.
Aus dieser Planungsmodellierung entsteht
mehr Planungssicherheit, und Planungs-
schlaufen lassen sich verringern. Dank
BIM kann sich der Gebäudenutzer besser
in die geplante Infrastruktur hineindenken
und zielgerichteter einbringen. Er kann
die Entwicklung seines Bauwerks Schritt
für Schritt miterleben und beeinflussen,
was das Ausmass an Bestellungsänderungen       «Core-Hospital» Krankenhauskonzept für die Zukunft
                                               Ideen-Wettbewerb 1. Preis 2004
reduziert. Mit Simulationen kann der           Architekten Generalplaner: Itten+Brechbühl AG; Venhoeven CS; BM Baumanagers
Gebäudenutzer zudem seine Prozesse
optimieren und Varianten im Gebäude
durchspielen. Missverständnisse zwischen
den Beteiligten oder falsche Vermassungen
entfallen, weil alle stets auf der aktuellen
Datenbasis arbeiten (integrated project
delivery).
16 Spitalbauten und ihre Zukunft

14. Das Spital als Shop-in-Shop-Konzept

Die Klinik im Alleingang (stand-alone          sollen in der Planung mitberücksichtigt       Normalfall und stellt automatisch neue
clinic) wird zum Auslaufmodell. Vertikale      und eine Aufteilung auf verschiedene          Herausforderungen an die Spitalplanung.
und horizontale Integration gehören            Gebäudenutzer vorgesehen werden.              Diese vereint die Planung von Spitalpla-
schon heute zum Spitalalltag. Mit dem          Damit rückt die Frage der Immobilien-         nung. Spitäler, Hotels, Einkaufszentren
Shop-in-Shop-Konzept wenden sich die           gesellschaft in den Vordergrund, die das      und Logistikanlagen werden in der
Spitäler definitiv ab vom Single-Tenant-       Areal als Ganzes bewirtschaftet und den       Planung vereint und entflochtene Patien-
Prinzip: Auf einem Spitalareal oder in         Nutzern die nötigen Flächen zuteilt. So       ten-, Besucher- und Mitarbeiterströme
einem Gebäude arbeiten in Zukunft              wird eine Trennung vom Kerngeschäft           darin eingebettet.
mehrere Unternehmen. Ihre Bedürfnisse          auch für Spitalimmobilien zum

15. Beschaffungsformen

Beim Entscheid, in die Immobilie zu            • Konventionelle Beschaffung mit              der Beschaffungsprozess meist über den
investieren, geht es um das Wie – also den       Einzelleistungsträger                       Preis, ergänzt durch Erfahrung und
Prozess – und das Was – also das Produkt.                                                    Referenzen. Für diese Realisierungsmodelle
                                               • Generalunternehmermodell
Dazu stellt sich die Frage nach dem Wann                                                     bildet der Architekturwettbewerb die Basis.
und dem Wieviel. Die Prozessgestaltung für     • Gesamtleistungs-/
                                                                                             Die Beschaffung durch den Gesamtleister/
die Planung und Realisierung eines Bauvor-       Totalunternehmermodell
                                                                                             Totalunternehmer erfolgt über einen
habens ist vielfältig – obwohl sich die
                                               • Gesamtleistungsmodell inklusive             Gesamtleistungswettbewerb. Dieser Prozess
Prozesse gleichen. Wie für jedes Bauvor-
                                                 Finanzierung (allenfalls inklusive          läuft aufgrund von sich ergänzenden,
haben braucht es auch für einen Spitalbau
                                                 Betrieb)                                    verbindlichen Angeboten zu Qualität und
eine geeignete Projektorganisation, eine
                                                                                             Preis ab. Die Rolle der Architektur ist bei
zielgerichtete Planung sowie eine effiziente   Die einzelnen Modelle unterscheiden sich in
                                                                                             der Gestaltung der Ausschreibung und
und unfallfreie Realisierung. Letztere muss    der Zahl der Verträge, den notwendigen
                                                                                             Bewertung festzulegen.
die gewünschte Qualität, die Ecktermine        Ressourcen und den Kompetenzen der
und die Kostenvorgaben einhalten.              Bauherrschaft. Ebenfalls variieren sie in     Investitionen im Gesundheitswesen fallen
                                               einer individuellen Chancen- und Risikotei-   häufig in den Bereich der öffentlichen
Eine bedarfsorientierte Investition geht aus
                                               lung und in der Transparenz für den           Beschaffung. Dabei ist das Beschaffungs-
dem Businessplan des Spitals hervor.
                                               Bauherrn. Diese Eckpfeiler muss die           recht einzuhalten. Diese auf den ersten
Daraus wird die mittel- bis langfristige
                                               Bauherrschaft bei Projektstart strukturiert   Blick strengen regulatorischen Vorschriften
Immobilienstrategie abgeleitet. Diese
                                               durchspielen und bewerten.                    sind je nach Objekt zu bewerten. So können
wiederum wird in einem baulichen und
                                                                                             die Beschaffungsmodelle und der Beschaf-
betrieblichen Masterplan festgehalten.         Der Entscheid für einen Beschaffungspro-
                                                                                             fungsprozess problemlos unter der Ägide
Damit sich die betrieblichen Bedürfnisse mit   zess geht meistens aus der Modellwahl
                                                                                             des öffentlichen Beschaffungswesens
der vorhandenen und möglichen Infrastruk-      hervor. Der konventionelle Architekturwett-
                                                                                             durchgeführt werden. Bund, Kantone und
tur in Einklang bringen lassen, braucht es     bewerb ist weiterhin der häufigste Prozess.
                                                                                             der SIA bieten dazu frei zugängliche
Zeit und das Wissen von Spezialisten aus       Hier steht die Qualität des Werks im
                                                                                             Hilfsmittel an und stehen als Beratungs-
den Bereichen Architektur und Betriebspla-     Mittelpunkt. Dieses zeichnet sich durch
                                                                                             stellen zur Verfügung.
nung. Ein besonderes Augenmerk gilt den        seinen kulturellen Wert und einen hohen
rechtlichen Rahmenbedingungen der              Nutzen für Gesellschaft wie Benutzer aus
Kantone und Gemeinden. Der Masterplan          und berücksichtigt die technischen,
bildet den Dreh- und Angelpunkt für            ökologischen und ökonomischen
weitere Überlegungen und Entscheide. Für       Anforderungen.
die Planung und Realisierung von Einzel-       Beim Modell der Einzelleistungsträger und
projekten gibt es vier Beschaffungsformen:     beim Generalunternehmermodell erfolgt
Spitalbauten und ihre Zukunft 17

16. Patientenzimmertypologien

Das Bettenzimmer ist der wohnlichste          strukturieren den Aufenthalt und fördern                                                               Zweibettzimmer
und intimste Bereich eines Spitals. Es ist    das Vertrauen in die Pflege. Der Patient                                                               Standard
nicht nur ein Zimmer, sondern eine kleine     fühlt sich als Gast.
Wohnung. Auf wenigen Quadratmetern
                                              Welche Struktur ist besser, Ein- oder
sind Ess-, Wohn-, Schlaf- und Hygienebe-
                                              Zweibettzimmer? Diese Frage ist äusserst
reiche so organisiert, dass der Patient
                                              vielschichtig und darum auch differenziert
seinen Gewohnheiten entsprechend leben
                                              zu beantworten.
kann. Ausserdem ist das Bettenzimmer
das temporäre Zuhause des Patienten.          • Das Einbettzimmer wahrt die Intim-                     28m2                                                         28m2
Daher sollen gerade in Mehrbettzimmern          sphäre des Patienten am besten und
Bereiche gegeben sein, die sich klar            bietet bessere Voraussetzungen für
zuteilen, persönlich gestalten und              seine Erholung. Ein Grossteil der Pflege
respektieren lassen.                            kann im Zimmer stattfinden, der
                                                Reinigungsaufwand wird kleiner und
Im Bettenzimmer lebt der Patient seinen
                                                die Kontaminationsgefahr geringer.
Alltag, empfängt Angehörige und soll zu
                                                Zudem lässt sich die Auslastung spürbar
einem geordneten Tag-Nacht-Rhythmus                                                           Zwei Bettzimmer                                            Ein Bettzimmer
                                                erhöhen, da keine Abhängigkeiten
zurückfinden. Dafür braucht es intelligente                                                   Standart                                               Einbettzimmer
                                                                                                                                                         Plus
                                                bestehen.
technische Lösungen, die den Patienten                                                                                                               Plus
nicht überfordern. Die vielschichtigen        • Zweibettzimmer bieten zwei Vorteile:                                                                            6-8m2
Anforderungen an Licht, Akustik, Hygiene,       Zum einen übernimmt der Mitpatient
Reinigung, Haptik usw. erfordern ein            einen Teil der Überwachung, zum
dauerndes Forschen nach Lösungen mit            anderen ist die Investition geringer.
hohem Gebrauchswert. Leitgedanke dabei          Aber gegenseitige Störungen, Ein-
ist der Anspruch an Wohnlichkeit. In den        schränkungen in der Belegung und die
70er- und 80er-Jahren hat Roger S. Ulrich       Rücksichtnahme von    Besuchern bergen
                                                                   28m2                              28m2                                                              22m2
die Wirkung des Umfelds auf den Patienten       in der zunehmend multikulturellen
untersucht. In seinen Studien hat er            Gesellschaft neue Herausforderungen.
nachgewiesen, dass die Sicht in eine
                                              Der wirtschaftliche Vorteil gilt oft als
Naturlandschaft positive Gefühle auslöst,
                                              Schlüsselargument für eine Mischform
den Heilungsprozess unterstützt und den
                                              des Zimmertyps. Für Allgemeinversi-
Stress des Patienten reduziert.
                                              cherte ist der Wunsch nach einem Einbett-
Der intensivere Behandlungsprozess im         zimmer häufig der Grund für ein Upgrade.
                                                               Zwei Bettzimmer
                                              So entstand für die Spitäler eine zusätzliche
                                                                                              Ein Bettzimmer                                             Ein Bettzimmer
Bettenzimmer und die kürzeren Aufenthalts-
                                                               Standart                       Plus                                                   Einbettzimmer
                                                                                                                                                         Standart
dauern haben zu einer höheren Präsenz         Einnahmequelle, die rege genutzt wird.
                                                                                                                                                     Plus
des Pflegepersonals am Patientenbett          Das Zweibettzimmer bietet ein ähnliches
                                                                                                              6-8m2
geführt. Damit das Personal mehr Zeit         Potenzial. Das Spital kann es durch
beim Patienten verbringen kann, sind          geschickte Planung mit wenigen Hand-
Material und Computer mobil oder direkt       griffen zum Einbettzimmer mit erweiter-
im Zimmer verfügbar. Die Erfassung der        tem Sitz- und Essbereich umbauen oder
Leistungen erfolgt am Patientenbett und       für einen Angehörigen Platz schaffen.
nicht mehr am Stützpunkt. Die Flächen         Dieser übernimmt dann wie selbstver-
                                     28m2                          28m2                                  22m2
für Nebenräume auf den Stationen              ständlich einen Teil der Pflege und zahlt
nehmen zugunsten der Bettenzimmer ab,         für die Übernachtungsmöglichkeit. Die
was zu einer Dezentralisierung führt.         Differenz von sechs bis acht Quadratmetern
Eine klare Informationspolitik über den       zwischen Ein- und Zweibettzimmer räumt
geplanten Tagesablauf und die vorgesehenen    der Bettendisposition einen interessanten
Fortschritte im Genesungsprozess              Spielraum ein.

                               Zwei Bettzimmer                Ein Bettzimmer                  Ein Bettzimmer
                               Standart                       Plus                            Standart

2   SIA 142, Art.1.1
3   SIA 142, Art.4.3                                                                          View through a window may influence recovery from surgery; Roger S. Ulrich; 1984
18 Spitalbauten und ihre Zukunft

17. Wettbewerbsvorteile

Durch die Ablösung der Kostenabgeltung               Durch die zunehmende Digitalisierung
durch eine Preisfestsetzung sind die                 wird der Patient als Kunde hinsichtlich
Spitäler einem zunehmenden Kostendruck               der Vergleichbarkeit der Leistungen
ausgesetzt. Kantone können diesen Druck              immer selbstständiger. Die freie Spitalwahl
immer weniger abfedern, da ihnen die                 beschränkt sich nicht alleine auf die
notwendigen finanziellen Mittel dazu                 Zuweiser, sondern öffnet sich auch für die
fehlen.                                              Patienten selbst – nicht nur bei Wahlbe-
                                                     handlungen. Der Behandlungsprozess
Neben Optimierungen auf der Kostenseite
                                                     lässt sich nach den beiden grössten
sind erhebliche ertragsseitige Anstren-
                                                     Kostenblöcken einer Organisation
gungen notwendig, damit sich ein Spital
                                                     gliedern: nach personal-getriebenen und
von seinen Mitbewerbern abheben kann.
                                                     immobiliengetriebenen Selektionshoheiten.
Genau darum geht es letztlich, wenn das
                                                     Während für erstere die Qualität des
Spital in einem stark regulierten, von
                                                     Ärzte- und Pflegepersonals ausschlaggebend
Überkapazitäten geplagten und von
                                                     ist, entscheidet bei letzteren die Qualität
betrieblich ineffizienten Gebäudeparks
                                                     des Immobilienparks.
geprägten Wettbewerb langfristig
überleben will.

18. Projektplan als Basis für
die Gesamtsicht
Für die Planung des Spitals der Zukunft              und Planungen in Bezug auf das Investi-
braucht es zwingend eine Gesamtsicht.                tionsvorhaben. Er zeigt die Abhängigkeiten
Diese soll möglichst alle Aspekte des                und Meilensteine für Entscheidungen auf.
künftigen Spitals umfassen. Ein Investitions-        Die Planung ist richtungsweisend auf dem
vorhaben ist nie nur eine technische                 Weg zum Spital der Zukunft.
Aufgabe zur Bereitstellung der Infrastruktur.
                                                     Die Anforderungen an die Infrastruktur
Das Spital muss sämtliche Schlüsselaspekte
                                                     gehen aus der Unternehmensentwicklung
für seine weitere Entwicklung bis hin zum
                                                     hervor. Der Projektplan ist das zentrale
Betrieb im digitalen Umfeld von Anfang
                                                     Instrument für alle Beschaffungen, sei es
an miteinbeziehen. Nur so entfaltet die
                                                     bauliche Infrastruktur, IT oder Medizin-
Investition ihren grösstmöglichen Nutzen.
                                                     technik. Die strategische Ausrichtung gibt
Dafür sollten möglichst alle Disziplinen
                                                     vor, welche Flächen wann und in welcher
an Bord sein.
                                                     Ausprägung erforderlich sind. Deshalb ist
Für die Gesamtprojektplanung eignet sich             ein Spital gut beraten, ein Investitions-
ein Projektplan besonders gut. Er deckt              vorhaben aus der Sicht der Unternehmens-
Aspekte wie Digitalisierung, Individuali-            entwicklung anzugehen und es aus dieser
sierung, Patientenverhalten, demografische           Perspektive immer wieder auf seine
Entwicklung ebenso ab wie Abklärungen                Wirksamkeit hin zu beurteilen.

     Intensiv-, Notfall- und Operationszentrum (INO) Inselspital, Bern, Lichtschacht, Itten+Brechbühl AG
                                                                                 © Sandra Stampfli, Bern
Spitalbauten und ihre Zukunft 19
20 Spitalbauten und ihre Zukunft
Spitalbauten und ihre Zukunft 21

19. Wie sieht das Spital im
Jahr 2050 aus?
Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wie           • Auf dem Spitalareal sind verschiedene
könnte das Spital im Jahr 2050 aussehen?              Leistungserbringer in einem Gesund-
                                                      heitszentrum tätig.
Die Spitalgesellschaft
                                                    • Die Spitalimmobilien werden von
• Einige öffentliche Spitäler haben private
                                                      verschiedenen Nutzern belegt. Der
  Minderheitsaktionäre, andere wurden
                                                      Single-Tenant-Ansatz hat auf dem
  ganz an private Akteure verkauft.
                                                      Spitalareal ausgedient.
• Die Spitalimmobilien gehören national
                                                    • Die Spitalareale werden in der Fläche
  und z.T. auch international tätigen
                                                      grösser, werden aber multifunktional
  Spitalimmobiliengesellschaften. Einige
                                                      genutzt.
  von ihnen sind börsenkotiert.
                                                    Die Konsequenzen für den Patienten
• Die Spitäler sind in nationalen Netzwerken
  zusammengeschlossen und bieten                    • Das typische Akutspital verfügt über
  integrierte Leistungen auf allen Ebenen             90% Einbettzimmer.
  des Gesundheitswesens an.
                                                    • Der Patientenzustand wird fernüber-
• Spitäler fokussieren auf ambulante                  wacht, unabhängig vom Aufenthaltsort.
  Behandlungen. Der ambulante
                                                    • 30% der Patienten sind dank ausgereif-
  Leistungsanteil macht 3/4 des
                                                      ter Kommunikationsinstrumente zur
  Umsatzes aus.
                                                      Behandlung nicht in einem Spital- oder
• Spitalgesellschaften mit nur einem                  Klinikgebäude, sondern zu Hause.
  Standort gibt es keine mehr.
                                                    • Die Bettenzahl ist in der Folge stark
Das Spitalareal                                       geschrumpft.
• Spitalareale sind wie Städte mit                  • Roboter haben die Lücken aufgrund des
  Einkaufsmöglichkeiten und                           chronischen Personalmangels gefüllt
  Freizeitanlagen.                                    und sind allgegenwärtig.
• Externe Dritte wie z.B. Logistikfirmen            • Es gibt weniger Spitäler – aufgrund der
  bestreiten einen Grossteil der heute                wohnortnahen Portalen leidet die
  noch von den Spitalgesellschaften                   Versorgungssicherheit jedoch nicht.
  erbrachten Supportleistungen.
• Spitäler mit grossen Arealen konzent-
  rieren sich auf ihre Kernkompetenzen
  und betreiben wohnortnahe Portale.
• Die Anzahl Patienten und Besucher auf
  dem Areal konnte durch Netzwerk-
  organisation gesenkt werden. Das
  Verkehrsaufkommen auf den Arealen
  konnte reduziert werden.

Kantonsspital Olten, Eingangshalle, Itten+Brechbühl AG
© Hanspeter Bärtschi, Spiegel b. Bern
22 Spitalbauten und ihre Zukunft

20. Die Autoren

Christian Elsener                                      Kurt Ritz
elsener+partner ag                                     PwC, Partner, Leiter Deals
christian.elsener@elsenerpartner.ch                    kurt.ritz@ch.pwc.com
+41 79 746 55 86                                       +41 58 792 14 49

Beat Gafner                                            Jost Kutter
IttenBrechbühl, Mitglied der Geschäftsleitung          IttenBrechbühl, Mitglied der Standortleitung Bern
b.gafner@ittenbrechbuehl.ch                            j.kutter@ittenbrechbuehl.ch
+41 31 340 81 48                                       +41 31 340 81 36

21. Kontakte bei PwC

Gerhard Siegrist                                       Patrick Schwendener
Partner, Leiter Public Finance                         Director, Head Deals Healthcare
gerhard.siegrist@ch.pwc.com                            patrick.schwendener@ch.pwc.com
+41 58 792 26 10                                       +41 58 792 15 08

Rodolfo Gerber                                         Philip Sommer
Partner, Leiter des Branchensektors Gesundheitswesen   Director, Beratung Gesundheitswesen
rodolfo.gerber@ch.pwc.com                              philip.sommer@ch.pwc.com
+41 58 792 55 36                                       +41 58 792 75 28

Version 2016
Spitalbauten und ihre Zukunft 23

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