Sport und Politik polis aktuell - Zentrum polis
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polis aktuell Nr. 5 2014 Aktualisiert im Juni 2018 Sport und Politik oo Die Olympischen Spiele und Politik oo Sport und Gesellschaft oo Politische Bildung und Fußball oo Angebote und Unterrichtsmaterialien rund um Fußball und die WM 2018 oo Unterrichtsbeispiele
p o li s akt ue ll 2014 Liebe Leserin, lieber Leser! Der Rummel und die Diskussionen rund um eine Fußball- Das Heft basiert auf der Ausgabe 5/2014 von polis aktuell weltmeisterschaft bieten Lehrkräften und SchülerInnen und wurde nun anlässlich der bevorstehenden Fußball- zahlreiche Möglichkeiten, sich kritisch mit Rolle und Funk- weltmeisterschaft in Russland aktualisiert. Ein Haupt- tion des Sports in der Gesellschaft auseinanderzusetzen. augenmerk liegt aus diesem Grunde auf Materialien und Angeboten für Schulklassen rund um Fußball und Die enge Verbindung zwischen Sport und Politik lässt sich die WM. Diese stellen Zusammenhänge zwischen dem beispielsweise gut anhand der Olympischen Spiele im Verlauf Sportereignis und entwicklungs- sowie gesellschafts- der Jahrzehnte beobachten. So widmet sich der erste Bei- politischen Fragestellungen her und ermöglichen eine trag des Hefts diesen Zusammenhängen. Auch die Rolle des Vertiefung der bearbeiteten Themen im Unterricht. Sports für die Gesellschaft und Wechselwirkungen wie etwa zwischen Sport und Medien oder Genderfragen stellen Die Unterrichtsbeispiele regen zu einer Auseinandersetzung Möglichkeiten der kritischen Auseinandersetzung mit mit SportlerInnen und Nationalität(en) sowie Gewalt und den Chancen sowie den Schattenseiten des Sports dar. Rassismus im Sport an. Sport wird inzwischen vielfach als „kulturelle Leitwährung“ Wir wünschen Ihnen eine abwechslungsreiche Umsetzung betrachtet, als Vehikel für den Transport von gesellschaft- des Themas im Unterricht und freuen uns über Lob, Kritik lichen Anliegen und Botschaften. Allerdings steht dem und Verbesserungswünsche. auch jener Bereich des Sports gegenüber, der von Gewalt, Diskriminierung, Dopingskandalen sowie wirtschaft- Ihr Team von Zentrum polis licher und politischer Einflussnahme geprägt ist. service@politik-lernen.at Beitrag zur Leseförderung innen w o r t : Spor t S c h w immer S ch l a g er Fußball, Gott und echte Freunde ü d i s ch Kultur 1964 losen 3 6 P r ote s t j i t u n d r O b d a ch t Çelik, Aygen-Sibel. Würzburg: Arena 19 r e i z e f t d e g ew i n n por t, F i s te rs c ha n . We r 1964 S w e l t m e l t u n g e Verlag, 2018. 120 Seiten. Ab 9 Jahren. ußball ransta o ch ? 2003 F t l i c h e G ro ß ve o r tler n n Christopher, David und Kerim sind Freunde. Nachmit- S p o r u n d S p 2008 r innen tags gehen sie in ihren jeweiligen Fußballklub: David u ß e r Spor tle s/tags/ Spor t/ a : 1 8 p lu zu auf r reich1 9 spielt in seiner jüdischen Gemeinde, dem FC Schalom; Mehr da xikon.a t / o e s te litik-le Christopher geht zur katholischen Gemeinde, den www.po St.-Joseph-Kickern; Kerim trainiert bei den Yunus- Kickern der muslimischen Gemeinde. Auf einem Fuß- ballturnier sollen sie gegeneinander antreten! Das geht doch nicht, sie sind doch Freunde! Zentrales Thema des Romans ist die respektvolle Auseinandersetzung mit den drei großen Weltreligionen. Themenvorschläge für vorwissenschaftliche Arbeiten Anpfiff für Ella und Diplomarbeiten Dölling, Beate. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag, •• SportlerInnen als BotschafterInnen und Testimonials 2006. 172 Seiten. Ab 10 Jahren. für soziale Anliegen: Pros und Contras Von klein auf kickt Ella begeistert mit ihrem Bruder Lino. Damit ist Schluss, seit Lino eine eigene Mann- •• Rassismus und Gewalt im Fußballstadion: Was schaf t gegründet hat, „die Südtiger“. Mädchen sind können erfolgreiche Fanarbeit-Projekte in diesem dort nicht erlaubt! Klar, dass Ella sauer ist. Doch dann Zusammenhang leisten? bietet sich die Chance, in der neuen Schulmannschaf t – •• Der Weg des Frauenfußballs in Österreich und der „MM Victoria“ – mitzuspielen und endlich kann sie Deutschland: eine vergleichende Analyse ihr Fußballkönnen beweisen. 2 www. p olitik-ler ne n .at
Nr. 5 Spor t u n d Politik ( ak t u alis ier t 2 018 ) 1 Die Olympischen Spiele und Politik Die Olympische Bewegung verfolgt als wesentliche Ziele, wichtiger war in diesem Fall aber der Präsident des Ameri- „zu einer friedlichen und besseren Welt beizutragen kanischen Nationalen Olympischen Komitees (USOC) und und junge Menschen im Geiste von Freundschaft, Soli- spätere Präsident des IOC, Avery Brundage. Dieser setzte darität und Fair Play ohne jegliche Diskriminierung zu sich dafür ein, dass die USA die Spiele 1936 nicht boykot- erziehen“1. Die Olympischen Spiele möchten u.a. einen tierten. Nicht zuletzt trug die Teilnahme der wichtigsten Beitrag zur internationalen Völkerverständigung leisten; Sportnation dazu bei, dass die NationalsozialistInnen in ihrem Regelwerk ist die „politische Neutralität“ fest- in sportlicher Hinsicht erfolgreiche Spiele veranstalten geschrieben. Trotzdem waren die Spiele immer wieder konnten – das bis dahin größte Sportereignis überhaupt. geprägt durch politische Auseinandersetzungen sowie die Instrumentalisierung durch politische Mächte. Der Kalte Krieg Nach dem Zweiten Weltkrieg stellten die Olympischen Die Olympischen Spiele 1936 in Berlin Spiele eine öffentliche Bühne dar, auf welcher der Kalte Die ersten Spiele, die als professionelles, durchinsze- Krieg symbolisch und relativ gefahrlos ausgefochten wer- niertes Massenereignis im heutigen Sinne begangen wur- den konnte. Die Siege der eigenen Nation bzw. der Sieg in den, waren jene von 1932 in Los Angeles. Sie waren Vor- der Nationenwertung wurde stets auch als Beleg für die bild für die NationalsozialistInnen, die die Olympischen Überlegenheit des jeweiligen politischen Systems bzw. Spiele 1936 in Berlin propagandistisch ausschlachte- der Kultur über den gesellschaftspolitischen Gegenent- ten. Zunächst standen die NationalsozialistInnen den wurf gedeutet. In der Konsequenz waren die Spiele in olympischen Idealen skeptisch gegenüber. Sie änderten der Nachkriegszeit auch von den Rivalitäten Nord- und jedoch ihre Meinung, als das Reichspropaganda- Südkoreas bzw. der BRD und der DDR geprägt. Im Vorder- minsisterium unter Joseph Goebbels begann, die Spiele grund standen jedoch die AthletInnen der USA und der als geeignetes Mittel zur Umsetzung der politischen Sowjetunion, die sich allerdings in den 12 Jahren von Zwecke der NationalsozialistInnen zu sehen. Ziel war 1976 bis 1988 überhaupt nicht messen konnten: Grund zu diesem Zeitpunkt in erster Linie, die Welt von der waren die wechselseitigen Boykotte bei den Spielen 1980 Friedfertigkeit Deutschlands als solides Mitglied der in Moskau bzw. 1984 in Los Angeles, was zur „Opferung internationalen Gemeinschaft zu überzeugen. der olympischen Chancen einer ganzen Sportlergenera- tion“4 führte. Nach innen sollten die Spiele ein Gefühl der Einheit erzeu- gen und von innenpolitischen Missständen ablenken: Oppositionelle Sportverbände wurden verboten, viele > tipp Film ihrer SportlerInnen und FunktionärInnen umgebracht.2 Berlin '36 Die Gleichschaltung der Presse wurde intensiviert und zur Kaspar Heidelbach: Deutschland 2009. 100 min. Besänftigung ausländischer Kritik zwei jüdische Sport- Ab 13 Jahren. lerInnen zugelassen. Während der Spiele selbst beglück- Berlin 1936. Die USA drohen die Olympischen Spiele zu wünschte Adolf Hitler deutsche SportlerInnen persönlich; boykottieren, sollte jüdischen SportlerInnen die Teil- der überragende Athlet der Spiele, der Afroamerikaner nahme versagt werden. Aus diesem Grund holt der Reichs- Jesse Owens, wurde jedoch aufgrund seiner Hautfarbe sportführer die bereits nach England emigrierte jüdische bewusst brüskiert, sollten die Spiele doch vor allem zum Spitzenathletin Gretel Bergmann ins deutsche Trainings- „Ruhm“ der „Herrenrasse“ beitragen.3 Das Internatio- lager und schickt auch die noch unbekannte Marie Ket- nale Olympische Komitee (IOC) spielte bei der Vergabe teler ins Rennen, die in Wirklichkeit ein Mann ist. Womit der Spiele an Deutschland eine umstrittene Rolle. Noch niemand gerechnet hat: Die beiden freunden sich an und stärken sich den Rücken. 1 Deutscher Olympischer Sportbund: Olympische Spiele und Olympische Bewegung: https://alt.dosb.de/fr/olympia/ziele-aufgaben-konzepte/ Pädagogisches Material zum Film: 2 vgl. Rösch, Heinz-Egon: Politik und Sport in der Geschichte und Gegen- www.kinofenster.de/filme/neuimkino/berlin_36_film wart. Freiburg/Würzburg 1980, S. 41f. 3 vgl. hier und im Folgenden: Filzmaier, Peter: Politische Aspekte der 4 Güldenpfennig, Sven: Olympische Spiele und Politik. In: Sportpolitik Olympischen Spiele. Wien 1993, S. 463. und Olympia. Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 29-30/2008. S. 7. @Ze nt rum_pol i s 3
p o li s akt ue ll 2014 Rassismus und der Nahost-Konflikt wurden. Zum ersten Mal konnte ein Gewinn erwirtschaf- tet werden; die Fernseheinnahmen wuchsen rapide: Der Zweite Weltkrieg warf seinen Schatten auch insofern 1980 beliefen sie sich noch auf 110 Millionen Dollar für noch weit in das 20. Jahrhundert hinein, als Japan und die Sommer- und Winterspiele, bei den Sommerspie- Deutschland die Spiele im eigenen Land (1964 Tokio bzw. len in Sydney 2000 betrugen diese bereits über 1,3 Mil- 1972 München) als Chance zur – zumindest symbolischen – liarden Dollar.7 Für den Verkauf der gekoppelten TV- politischen Rehabilitierung sahen und sie entsprechend Rechte für die Winterspiele 2014 und die Sommerspiele anzulegen versuchten. Denn grundsätzlich kann die Aus- 2016 nahm das IOC mehr als vier Milliarden Dollar ein.8 tragung der Spiele für das Gastgeberland einen Gewinn Die Olympischen Spiele sind zu einem weltumspannenden an Prestige bedeuten, der weit über die sportliche Ebene Massen- und Medienereignis geworden. hinausgeht. Die Olympischen Spiele 1972 in München wurden jedoch von einem tödlichen Terroranschlag palä- In der Folge wurde der Sport nicht nur immer mehr zur stinensischer TerroristInnen auf israelische AthletInnen Ware, er kam auch durch Dopinggerüchte in Verruf. Um überschattet. Dieses Ereignis hatte zur Folge, dass die fol- den Kalten Krieg auch auf dem Sportplatz zu gewin- genden Spiele mit einem stark erhöhten Sicherheitsauf- nen, kamen verstärkt Dopingmittel zur Anwendung, wand durchgeführt wurden.5 wie z.B. an den DDR-AthletInnen beobachtet werden konnte. Später wurden auch Dopingfälle systematisch Auch andere politische Konflikte traten während Olym- verschleiert, um das Produkt Olympia nicht zu gefährden pischer Spiele deutlich zu Tage. Durch den langjährigen bzw. um sein Image durch neue Rekorde und Höchst- Ausschluss Südafrikas von den Olympischen Spielen aus leistungen zu verbessern.9 Seit in den 1980er-Jahren Protest gegen die Apartheid-Politik kam das Thema Ras- immer höhere Summen umgesetzt wurden, häuften sich sismus auf die olympische Tagesordnung. Thematisiert auch die Berichte über unlauteren Wettbewerb im Rah- wurde das auch in Mexiko 1968 durch den Black-Power- men der Vergabe der Spiele.10 Gruß der beiden Olympiasieger Tommie Smith und John Carlos bei der Siegerehrung. Sie wollten damit auf die Diskriminierung von AfroamerikanerInnen in den USA Methodentipp „Skandale rund um Olympia“ aufmerksam machen. Die beiden Sportler wurden darauf- Lassen Sie die SchülerInnen im Internet die größten hin von den Spielen ausgeschlossen, weil sie durch ihre „Skandale“ rund um die letzten drei Olympischen „politische Demonstration“ gegen den Anspruch „apoli- Spiele recherchieren und analysieren: tischer“ Spiele verstoßen hätten.6 Die Frage, inwieweit •• Wie lauteten die Vorwürfe? Was waren die vorherr- SportlerInnen, FunktionärInnen und – die Spiele als schenden Themen? (Doping, Veruntreuung, politi- Zusehende begleitende – PolitikerInnen nicht im Gegen- sche Vereinnahmung, Korruption, Manipulation von teil sogar dazu verpflichtet wären, bei den Olympischen Dopingproben, Menschenrechtslage in dem jewei- Spielen Stellung zu politischen Themen zu beziehen, ligen Austragungsland, Arbeitsbedingungen auf Bau- stellte sich auch bei folgenden Spielen immer wieder stellen für u.a. Stadien etc.) (z.B. Menschenrechtsfragen 2008 in Peking; Diskrimi- •• Was haben diese Ereignisse mit Entwicklungen im nierung von homosexuellen SportlerInnen 2014 in Sot- Sport bzw. mit gesamtgesellschaftlichen Entwick- schi, Annäherung zwischen Nord- und Südkorea 2018 in lungen zu tun? Pyeongchang). •• Gab es Unterschiede in der medialen Berichterstat- tung der verschiedenen Medien/Zeitungen? Das Internationale Olympische Komitee (IOC) unter Beschuss und die Kommerzialisierung Olympias Die Entwicklung, dass die Austragung der Olympischen Spiele auch immer stärker von kommerziellen Erwä- gungen bestimmt wurde, erreichte 1984 in Los Angeles ihren ersten Höhepunkt, als Unternehmen wie Coca- 7 Kistner, Thomas: Der olympische Sumpf. Die Machenschaften des IOC. München 2000, S. 32. Cola, Levis und andere Konzerne Sponsoren der Spiele 8 Focus Online: TV-Rechte des IOC erstmals über vier Milliarden: www.focus.de/sport/olympia-2012/olympia-2014-tv-rechte-des-ioc- erstmals-ueber-vier-milliarden_aid_643695.html 5 vgl. u.a. Güldenpfennig, 2008. S. 7. 9 Hackforth, Julius: Die Ökonomisierung der olympischen Idee. 6 vgl. u.a. Heaming, Anne: Die Spiele müssen weitergehen. In: Fluter. Nr. In: Der Standard am 13.10.1999. 27/2008 Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.) 10 Kistner, 2000. S. 35. 4 www. p olitik-ler ne n .at
Nr. 5 Spor t u n d Politik ( ak t u alis ier t 2 018 ) 2 Sport und Gesellschaft Sport birgt zahlreiche Chancen für die gesellschaftliche Positiv betrachtet erfüllt Sport also oft die Funktion Entwicklung, wie z.B. die Schulung sozialer Kompe- eines gesellschaftlichen „Kitts“ und kann das kollek- tenzen oder das Einüben von Teamarbeit, Fair Play und tive Bewusstsein und den gesellschaftlichen Zusam- Gleichberechtigung sowie Abbau von Vorurteilen. Er bie- menhalt stärken. Anlass für eine kritische Analyse tet Möglichkeiten der individuellen Sinnstiftung bzw. bietet hingegen die Gefahr einer möglichen Instrumen- des Engagements, er dient der Kontaktpflege und kann talisierung des Sports – beispielsweise zur Stabilisie- u.U. auch zur sozialen Integration, internationalen Ver- rung bestehender Regierungen oder Herrschaftsformen ständigung oder Versöhnung beitragen. Demgegenüber bzw. zur Ablenkung von Missständen in einem Land.14 stehen Ausgrenzung, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Auch die Ein- und Ausschlussmechanismen, nach wel- Antisemitismus, Homophobie und Gewaltbereitschaft im chen SportlerInnen in Bezug auf ihre Nationalität oder Sport, Korruption und Kommerzialisierung von Sport- andere Merkmale (Geschlecht, sexuelle Orientierung, ereignissen sowie die Gefahr eines übersteigerten Behinderung) gleichberechtigte Chancen auf Aus- Nationalismus, der über den Sport vermittelt wird.111 übung ihres Sports sowie auf Erfolg erhalten – oder eben nicht –, erfordern eine kritische Auseinandersetzung. Zudem erfüllt Sport in Politik, Wirtschaft und Medien wesentliche Funktionen: PolitikerInnen nutzen große Sportereignisse, um sich als „eine/n vom Volk“ zu präsen- Methodentipp „SportlerInnen und Staatsbürgerschaft“ tieren und ihre Sympathiewerte zu steigern, Unterneh- Eine Unterrichtseinheit, in welcher sich die men machen Millionengeschäfte im Zusammenhang mit SchülerInnen mit dem Thema Sport und Sport und auch die Medien und der Sport finden sich in Nationalität(en) auseinandersetzen, findet sich einem engen Symbioseverhältnis wieder. auf Seite 13 dieses Hefts. 2.1 S port und „N ation “ > tipp Unterrichtsmaterial In der Vergangenheit gibt es viele Beispiele, in denen Zentrum polis begleitet das Pro- Sport maßgeblichen Einfluss auf die Politik genommen jekt oesterreich1918plus des Bil- hat – und umgekehrt. Eines der bekanntesten ist das dungsministeriums mit modular sogenannte „Wunder von Bern“12, das 1954 identitäts- aufgebauten Themenpaketen: stiftend für Ost- und Westdeutschland wirkte. Auch in Monatlich wird ein Jahrzehnt von Bezug auf das österreichische Gemeinschaftsgefühl kam 1918 bis 2018 in den Blick genom- dem Sport als einem „Aspekt nationaler Selbstvergewisse- men und ein prägender Aspekt aus rung“ nach 1945 eine bedeutende Rolle zu. In den nach- historisch-politischer Perspektive folgenden Jahren begleitete der Sport die Entwicklung betrachtet. Der Vierseiter zum von einem Wien-zentrierten zu einem zunehmend auch Jahrzehnt 1958 bis 1968 beschäftigt sich mit der Kon- an den Bundesländern orientierten Österreichverständ- struktion einer neuen österreichischen Identität. Unter nis. Die Wandlung „von einer Donau- zu einer Alpen- anderem bildete Sport dabei den Grundstock des republik“ war wesentlich durch den Bedeutungszuwachs österreichischen Nationalstolzes. des Skilaufs gegenüber dem Fußball gekennzeichnet.13 www.politik-lernen.at/site/shop/editionpolis/shop. 11 vgl. Jäger, Uli: Sport und (Welt-)Politik. In: Themenblätter im Unter- item/106436.html richt, Nr. 49/2005. Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.), 2005. S. 1. 12 Die deutsche Nationalmannschaft gewann unerwartet das Finalspiel der Fußball-WM 1954 gegen das hoch favorisierte Ungarn. Dies führte zu einem großen, deutschlandweiten – und nach dem Ende des Zweiten Welt- kriegs auch einigenden – Freudentaumel. 13 Marschik, Matthias: Sport und Medien – Mediensport. Zur Inszenierung und Konstruktion von Sporthelden. In: medienimpulse – Beiträge zur 14 vgl. Filzmaier, Peter: Wie politisch ist Fußball? In: kursiv – Journal für Medienpädagogik Nr. 62/2007. S. 15. politische Bildung. Nr. 3/2005: Eine Menge Welt. Fußball & Politik. S. 16. @Ze nt rum_pol i s 5
p o li s akt ue ll 2014 2.2 S port und M edien Sport und Teilhabe von Menschen mit Behinderung Sport war als einflussreiches gesellschaftliches Phänomen Die Paralympics sowie die Special Olympics, die Olym- schon früh mit den Medien verbunden – und beide Seiten pischen Spiele für SportlerInnen mit Behinderungen, ziehen ihren Nutzen daraus. Einerseits brauchen Sport- werden seit den 1960er-Jahren regelmäßig ausge- lerinnen und Sportler die Unterstützung der Medien, um tragen. Neben der Begeisterung der AthletInnen und mit ihrer Sportart möglichst viele Menschen zu errei- ZuschauerInnen gibt es jedoch auch Kritik sowie die chen und zu begeistern, andererseits sind die Medien auf Forderung nach Inklusion im Sportbereich: „Die Zahl an Ereignisse, von denen sie berichten können, angewiesen. inklusiven Sportangeboten ist nach wie vor überschau- Von welchen Sportarten berichtet wird, zu welcher Uhr- bar, Menschen mit Behinderungen sind im organisierten zeit eine Übertragung stattfindet etc., hat Einfluss auf Sport unterrepräsentiert. Dabei bietet besonders der Brei- die Popularität einer Sportart. Medien sind somit auch tensport die Möglichkeit, dass Menschen mit und ohne maßgeblich an der Bekanntheit einzelner „Sportstars“ Behinderungen spielerisch miteinander in Kontakt kom- beteiligt.15 men. Damit Sport stärker zum Motor der Inklusion werden Die Medien unterstützen durch die Übertragung von Spor- kann, ist der Ausbau von inklusiven Sportangeboten und tereignissen auch eine der wesentlichen Funktionen des barrierefreien Sportstätten notwendig.“ (Peter Litschke) Sports, nämlich die Identifikation – sei es mit der eigenen Nation oder mit den nationalen Sport-HeldInnen. In den Lesetipp: Litschke, Peter: Deutsches Institut für Men- Medien werden diese SportlerInnen immer wieder mit der schenrechte, Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechts- Nation gleichgesetzt, quasi für diese vereinnahmt. Dies konvention (Hg.): Inklusion durch Sport: zur Teilhabe drückt sich beispielsweise in Schlagzeilen aus wie: „Holt von Menschen mit Behinderungen im Breitensport. Ber- unser erstes Gold!“, „Gold Fischi rettet unsere Ehre“, „Ein- lin, 2017 (Position / Deutsches Institut für Menschen- fach zum Knutschen, unsere EM-Heldinnen“, „Wir sind rechte 12). wieder Ski-Nation Nr. 1“, „Wir sind Weltmeister“16. Spitz- www.ssoar.info/ssoar/handle/document/55644 und Beinamen wie „Herminator“, „Speed-Queen“, Der Adler von Flirsch“, „Slalom-Königin“, „Blitz aus Pitz“ etc. sollen zu dieser Identifikation der ZuschauerInnen mit den Sportstars beitragen, die damit sozusagen selbst ein 2.3 S port und G eschlecht Stück dieses Erfolgs für sich beanspruchen können. Historisch waren sportliche Wettkampfarten sehr lange Eine negative Entwicklung des Zusammenspiels von mit dem Konstrukt von Männlichkeit verbunden. Eigen- Medien und Sport sieht Matthias Marschik in der zuneh- schaften wie Ausdauer, Kraft, Leistungswille, Ehre und menden – und vielfach medial vermittelten – Über- Aggression wurden v.a. der männlichen Identität zuge- nahme sportlicher Normen und Werte in die Gesellschaft. schrieben. Nichtsdestotrotz forderten die Frauen bereits Soziales Denken oder Eintreten für die Schwächeren sehr früh ihre Teilhabe ein, auch wenn ihnen von der rücken gegenüber „sportlichen“ Werten wie Leistung, Gesellschaft dafür lange Zeit schlimmste Folgen (Ver- Disziplin, Jugend und Männlichkeit (es gibt nur wenige männlichung, körperliche Schäden, Hysterie etc.) ange- Heldinnen im österreichischen Sport) in den Hintergrund: droht wurden.8 „Das sind alles Tugenden, die im Sport ebenso gefragt Mit der Entdeckung des Sports durch die ArbeiterInnen- und nötig sind wie im (neo-)liberalen Arbeitsleben. (...) bewegung und dessen massenhafter Verbreitung stieg Wenn sich diese Werte im Sportleben bewähren und die auch der Frauenanteil im Sport. Während des Ersten Welt- bewunderten Sportstars nach diesen Prämissen erfolg- kriegs ersetzten die Frauen vielfach die im Krieg abwesen- reich sind, ist es nahe liegend, diese Werte auch zur Basis den Männer auf dem Fußballfeld und sogar im Stadion. unseres eigenen Lebens zu machen, um gleichfalls Erfolge Nach dem Krieg wurden sie jedoch wieder von den rück- zu erringen.“17 kehrenden Männern „abgelöst“ und an den Herd zurück- verwiesen. Und auch wenn Frauen bereits seit den Olym- 15 vgl. hier und im Folgenden: Marschik, 2007. S. 13f. pischen Spielen im Jahr 1900 zu einzelnen Wettkämpfen 16 Schlagzeilen u.a. aus Dimitriou, Minas; Mortsch, Christian: „Wir sind wieder Ski-Nation Nr. 1“. In: medienimpulse – Beiträge zur Medienpädago- gik Nr. 62/2007. S. 37. 18 vgl. Zeilinger, Irene: Dabeisein ist nicht alles. Feministische Überlegungen 17 Marschik, 2007. S. 16. zu Frauenquoten im Sport. In: Frauensolidarität Nr. 3/2000: Sport. S. 11. 6 www. p olitik-ler ne n .at
Nr. 5 Spor t u n d Politik ( ak t u alis ier t 2 018 ) antreten durften, blieben viele der Disziplinen lange den Bewegungssozialisation von Mädchen und Buben in der Männern vorbehalten. Auch die Aufteilung in „typische Kindheit. Während Buben eher zur Erforschung ihres Männersportarten“, die mit Körperkraft und Kampf ver- Lebensraums motiviert werden, unterliegen Mädchen bunden sind, sowie in „anmutige weibliche Sportarten“ oftmals stärkerer Aufsicht und erlernen seltener, Räume hielt sich hartnäckig.19 zu erobern.2212Neben der Bewusstmachung der bestehen- den Ungleichheiten kann auch eine geschlechtersensible Der Sport ist wie andere gesellschaftliche und kultu- Erziehung zu Veränderungen beitragen. relle Felder von hierarchischen Geschlechterverhältnis- sen durchzogen. Diese Ungleichheiten zeigen sich nach Ein weiterer Faktor, der die hierarchischen Geschlechter- Johanna Dorer u.a. in den folgenden Bereichen: und asymmetrischen Machtverhältnisse im Sport verdeut- licht, sind Vorfälle, in denen Frauen Opfer von sexueller •• „Sportverbände (...) sprechen Zugangsverbote oder Gewalt und Belästigung werden. Die #MeToo-Kampagne -beschränkungen für Frauen in Bezug auf bestimmte hat dieses strukturelle Problem ab 2017 nicht nur in der Sportarten aus. Unterhaltungs- und Filmbranche verortet, sondern auch •• Nationale Sportverbände bestimmen, wie viele Sportler in Sportvereinen und im Arbeitsumfeld von Spitzensport- und Sportlerinnen bei Olympischen Spielen, Welt- und lerinnen. Dabei sind u.a. Trainer und Kollegen mögliche Europameisterschaften antreten dürfen und legen damit Täter. > meist ein Geschlechterverhältnis vor, das zu Ungunsten der Sportlerinnen ausfällt. tipp Film •• Sportinstitutionen bestimmen auch die Bekleidungsvor- Kick it like Beckham schriften, die Geschlechterunterschiede betonen oder wie Gurinder Chadha. Großbritannien/Deutschland 2002. etwa beim Beach-Volleyball auf den voyeuristischen Blick 112 Minuten. Ab 12 Jahren. eines männlichen Publikums setzen. Jess möchte wie ihr großes Vorbild David Beckham nichts Anderes als Fußballspielen, doch ihre Eltern sind dage- •• Auf der Ebene der Verbands- und Vereinsfunktionäre sind gen. So schnell gibt Jess nicht auf ... Frauen von Entscheidungsprozessen weitgehend ausge- Auszuleihen z.B. über: www.baobab.at/filme | schlossen, sodass ein Gutteil der Entscheidungs- und Defi- Filmheft: www.bpb.de/shop/lernen/filmhefte/34135/ nitionsmacht bei den Männern verbleibt. kick-it-like-beckham •• Staatliche und private Sponsoren (…) machen nicht selten Unterschiede zwischen Sportlerinnen und Sportlern.“20 Sport und sexuelle Orientierung Unterschiede zeigen sich auch zwischen den reichen, Eine der Schattenseiten des Sports ist die Diskriminie- „westlichen“ Ländern und den ärmeren, „südlichen“ Län- rung von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen dern. Mangelnde Akzeptanz von Frauensport sowie die (LGBT) SportlerInnen, die von ungeschriebenen bis frühzeitige Einbindung in die (Haus)Arbeit lässt Mädchen hin zu ausdrücklichen „Verboten“ von Homosexualität wenig Zeit zur Ausübung sportlicher Aktivitäten. Des in bestimmten Sportarten reicht und zu welcher auch Weiteren scheitert die sportliche Teilhabe von Frauen oft homophobe Beschimpfungen durch Fans gehören. Die an den fehlenden materiellen Mitteln – und sollten Mit- Ausstellung „Gegen die Regeln – Lesben und Schwule im tel vorhanden sein, werden diese von Männern genutzt Sport“, initiiert von der European Gay and Lesbian Sport und verwaltet.21 Aber auch der „westliche“ Sport kann Federation (EGLSF), greift dieses Thema auf: Sie versucht noch immer als „männlich dominiert“ bezeichnet werden. aufzuklären sowie über Homophobie und die Abwertung Weibliche Teams sind weniger bekannt und weibliche von LGBTs im Sport zu informieren und nach Ursachen Sportstars verdienen erheblich weniger als ihre Kollegen. und Stereotypen zu fragen. Gleichzeitig will sie positive Einen Beitrag zur ungleichen Repräsentanz von Frauen Identifikation schaffen: Neben queeren Sportvereinen und und Männern im Sport leistet auch die unterschiedliche -veranstaltungen werden 21 homosexuelle SportlerInnen, von Martina Navratilova bis zum britischen Fußballer 19 vgl. ebenda, S. 12. 20 Dorer, Johanna: Mediensport und Geschlecht. In: medienimpulse – Bei- Justin Fashanu, portraitiert. http://queerhistory.de/ träge zur Medienpädagogik Nr. 62/2007. S. 25. gegen-die-regeln-lesben-und-schwule-im-sport 21 vgl. Rosa Diketmüller: Sport Macht Frauen(Bewegung) Raum. Ein femi- nistischer Streifzug durch die „letzte“ Männerdomäne. In: Frauensolidari- tät 3/00: Sport. S. 3. 22 vgl. ebd. S. 4. @Ze nt rum_pol i s 7
p o li s akt ue ll 2014 3 Politische Bildung und Fussball 3.1 F ussball und G ewalt /R assismus > tipp Links und Materialien Fußballstadien sind Orte, an denen auch Rechtsextre- Handbuch gegen Rassismus der UEFA mismus, Rassismus und Antisemitismus sichtbar werden. Die UEFA hat zusammen mit dem Viele Clubs sind für ihre rechtsradikalen AnhängerInnen gesamteuropäischen Netzwerk bekannt; SpielerInnen „ausländischer“ Herkunft werden gegen Rassismus im Fußball immer wieder – zum Teil auch von den eigenen Fans – (FARE) ein Handbuch heraus- beschimpft. Auch die Heterogenität der Fangruppen hat gegeben, das darauf abzielt, zugenommen und zur Gruppe der „erlebnisorientierten“ den populärsten Sport der Welt Fans sind die sogenannten „Hooligans“ und „Ultras“ von Rassismus zu befreien. Das hinzugekommen. Eine weitere Entwicklung im Bereich Handbuch enthält Hintergrund- der Fanszenen ist, dass sich die Gewalt der Fans vielfach informationen, stellt Antiras- auch vom Spielgeschehen gelöst hat.231 sismus-Aktionen vor und gibt Anleitungen zum Handeln. Antisemtische Attacken in Wort und Tat gibt http://de.uefa.org/newsfiles/82792.pdf es ebenfalls im Fußball. „Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Anti- Fußball und Rassismus semitismus in Verbindung stehen“24, ist auch in Webdossier der Bundeszentrale für politische Bildung anderen Sportarten zu verzeichnen. Derartige Vorfälle zum Schwerpunkt Fußball und Gewalt. Hier finden Sie können beim Forum gegen Antisemitismus gemeldet Artikel, Link- und Literaturtipps. werden: www.fga-wien.at www.bpb.de/politik/extremismus/ Was kann man also gegen Gewalt im und rund um das rechtsextremismus/41777/fussball-und-rassismus Stadion tun? Rein repressiv, polizei- und ordnungsrecht- Lernort Stadion – Politische Bildung an Lernzentren in lich dagegen vorzugehen, ist, so sind sich die meisten Fußballstadien ExpertInnen einig, nicht alleine zielführend. Jugendli- Robert Bosch-Stiftung in Zusam- che, die in Ausbildung oder Beruf desillusioniert werden menarbeit mit der Bundesliga- und sich als „ModernisierungsverliererInnen“ sehen, Stiftung, 2013. benötigen vor allem Perspektiven für ihre Zukunft. Politische Bildung funktioniert gut über Themen, die an die kon- In der pädagogischen Arbeit mit gewalttätigen Fan- krete Lebenswelt der Jugend- gruppen hat sich die Zusammenarbeit mit den Vereinen, lichen anschließen. Fußball ist mit Fanbeauftragten und SozialarbeiterInnen bewährt. ein solches Thema: Im Fußball- So müssen Selbstregulierungsmechanismen innerhalb stadion werden Werte wie Tole- der Gruppe gestärkt und Möglichkeiten einer positiven ranz, Fair Play und Respekt „spie- Fan- und Anfeuerungskultur aufgezeigt werden. Proble- lerisch“ vorgelebt, sodass sich Anknüpfungspunkte für matische Gruppen sollen dabei nicht von vornherein aus- politische Diskussionen ergeben. Auszug aus den geschlossen, sondern integriert werden.253 erprobten Übungen: „Mannschaftsaufstellung: Teamarbeit 23 vgl. u.a. Pilz, Gunter: Wandlungen des Zuschauerverhaltens im Pro- & Respekt“, „Datensammlung Doping“, „Fußball, Fans und fifußball: Vom Kuttenfan und Hooligan zum postmodernen Ultra und Vorurteile“, „Berufsorientierung rund um das Stadion“ Hooltra. In: kursiv – Journal für politische Bildung. Nr. 3/2005: Eine Menge Welt. Fußball & Politik. S. 51f. www.bosch-stiftung.de/de/publikation/ 24 International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) „Arbeitsdefi- methodensammlung-lernort-stadion nition Antisemitismus“: https://european-forum-on-antisemitism.org/ definition-of-antisemitism/deutsch-german 25 vgl. hier und im Folgenden: Interview mit Michael Gabriel: Politische Bildungsarbeit in Fanprojekten – Ansätze. Möglichkeiten. Grenzen. In: kursiv – Journal für politische Bildung. Nr. 3/2005: Eine Menge Welt. Fußball & Politik. S. 63ff. 8 www. p olitik-ler ne n .at
Nr. 5 Spor t u n d Politik ( ak t u alis ier t 2 018 ) Eine wesentliche Maßnahme in diesem Zusammenhang geeignetes Austragungsland für eine Fußball-WM sowie ist die Förderung von Partizipationsmaßnahmen. Fra- für Boykottaufforderungen. > gen der Stadionmitgestaltung durch Fans (u.a. gibt es Vereine, in denen die Stehplätze im Stadion nach den tipp Links und Materialien Vorstellungen der Fans umgebaut wurden) oder Events Fußballfans gegen Homophobie Österreich außerhalb der Spielzeiten (z.B. die „Abrissparty“ für Fans Eine Plattform von und für Fans zur Thematisierung und im alten Gerhard-Hanappi-Stadion in Wien) sind Mög- Bekämpfung homophober Diskriminierung im Fußball, lichkeiten für ein Mehr an Partizipation. Das Aufgreifen aber auch in der Gesellschaft. von Diskussionen und Vorfällen in der Fankurve ist eine http://ffgh.blogsport.at/ andere wesentliche Voraussetzung erfolgreicher Fanar- beit. Einige Vereine organisieren interkulturelle Jugend- Russland: LGBT-Rechte sind Menschenrechte! begegnungen bzw. Treffen mit den Fangruppen anderer Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Vereine, um zum gegenseitigen Verständnis beizutragen. Dezember 2016. Wichtig ist es auch, Fanprojekte weit in die Gesellschaft Zusammenfassung über Entwicklungen der Gesetzeslage hineinreichen zu lassen, um eine übergroße Identifika- für lesbisch, schwule, bi- und transsexuelle (LGBT) Men- tion mit der Fankultur zu durchbrechen. Für die gewalt- schen in Russland. tätigen Fans müssen Möglichkeiten geschaffen werden, www.igfm.de/osteuropa-russland-gus/keine-verfolgung- Erfolgserlebnisse auf anderen Gebieten zu sammeln. Und von-sexuellen-minderheiten-in-russland/ die Vereine sind durchaus in der Pflicht, sich der Proble- matik gewaltbereiter Fans anzunehmen und „ihren“ Fans entsprechende Angebote zu machen. 3.3 F ussball und E nt wicklung Sport im Allgemeinen und Fußball im Speziellen wird 3.2 F ussball und H omophobie von vielen auch das Potential, soziale Entwicklung vor- anzutreiben, zugeschrieben. So unterstützten die Ver- Homosexualität ist im Fußball sowie in vielen anderen einten Nationen den Gedanken „Sport für Entwicklung“ Sportarten ein Tabuthema. Dennoch gibt es immer wie- u.a. durch die Verabschiedung einer UN-Resolution der Sportlerinnen und Sportler, die sich trotz aller Wider- sowie durch das Jahr des Sports 2005. 2013 erklärte stände und möglicher negativer Auswirkungen für ihre die Generalversammlung der Vereinten Nationen den Karriere als homosexuell outen. Außerdem ist im Fußball 6. April zum „Internationaler Tag des Spor ts im Dienste „schwul“ bei Sprechchören oder auf Spruchbändern für von Entwicklung und Frieden“. Organisationen der Ent- einige Fußballfans ein gängiges Schimpfwort. Aber auch wicklungszusammenarbeit nutzen Programme in Zusam- TrainerInnen, SpielerInnen oder Funktionäre und Funk- menhang mit Sport, um dabei auch Themen wie Bildung, tionärinnen tätigen schwulenfeindliche Aussagen. Netz- Gleichstellung, Versöhnung und Gesundheit – z.B. HIV/ werke wie „Fußballfans gegen Homophobie“ versuchen AIDS-Aufklärung – (mit)zutransportieren. Zahlreiche dem entgegenzuwirken. Sportverbände und Organisationen engagieren sich auch sozial und unterstützen Projekte wie „Football for Hope“ Unter diesem Gesichtspunkt wird die Fußballweltmeister- oder „Football for Development“.264 schaft 2018 in Russland kritisch betrachtet. Seit 2013 sind dort homosexuelle Menschen durch das gesetzliche Diesem Anspruch stehen KritikerInnen gegenüber, die Verbot der „Propaganda nicht traditioneller sexueller die Wirksamkeit bzw. die messbaren Ergebnisse dieser Beziehungen unter Minderjährigen“ (Artikel 6.21 des Programme und Initiativen in Frage stellen und zudem russischen Gesetzbuches über Ordnungswidrigkeiten) vor der Aufladung des Sports als allumfassendem „Heils- von Strafen bedroht. Der Europäische Gerichtshof für bringer“ warnen. Auch der Gedanke, dass Sport als Menschenrechte (EGMR) hat dieses Gesetz als Verletzung „Instrument der Disziplin und Disziplinierung“ einge- der Meinungsfreiheit verurteilt. Insgesamt sorgen die setzt wird, steht zur Diskussion. Weitere kritische Über- aktuelle Menschenrechtslage in Russland, Staatsdoping- legungen beziehen sich auf die asymmetrischen Bezie- Skandale und die Sorge über gewaltbereite russische Hooligans für heftige Diskussionen über Russland als 26 vgl. Hudelist, David u.a. In: FairPlay-Workshops: Ein Leitfaden zu Globalem Lernen und Inklusion durch Sport. VIDC – Wiener Institut für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit (Hg.), 2014. S. 6. @Ze nt rum_pol i s 9
p o li s a kt ue ll 2014 hungen zwischen „Geber“- und „Empfängerländern“, die Entwicklung liegen u.a. in der zunehmenden wirtschaft- durch diese „Hilfsprogramme“ zementiert würden.275 lichen Bedeutung des Sports. Die SpitzensportlerInnen > als WerbeträgerInnen werben für Produkte, welche im tipp Workshops und Materialien Breitensport gekauft werden sollen. Um erfolgreiche Wer- beträgerInnen zu sein, müssen sie siegen. Unter diesem FairPlay-Workshops: Druck, der auf den SportlerInnen lastet, gewinnen auch fairplay sensibilisiert mit dem Potenzial von Sport für Doping und andere Betrügereien an Einfluss.297 verschiedene Formen von Diskriminierung (z.B. Rassis- mus, Homophobie) und setzt Bildungsmaßnahmen für ein respektvolles Miteinander um. > tipp Links Materialien www.fairplay.or.at/service/workshops/ Unterrichtsmaterial zu Doping Hintergrundinformationen, Unterrichtsideen und zahl- Fußball für Entwicklung reiche Materialien für die Oberstufe. VIDC – Wiener Institut für Internatio-nalen Dialog und www.sportunterricht.de/lksport/doping.html Zusammenarbeit und INEX-SDA (Hg.), 2011. Handbuch für Lehrkräfte und JugendarbeiterInnen zur Sport ohne Doping entwicklungspolitischen Bildung durch Fußball mit prak- Die Arbeitsmedienmappe enthält Wissen und Fakten zu tischen Übungen für Jugendliche von 12 bis 19 Jahren. Anti-Doping sowie Arbeitsblätter und Methodentipps, die www.footballfordevelopment.net/uploads/tx_drblob/ sich auch für den Einsatz im Unterricht eignen. Empfoh- storage/Practical_Manual_DE.pdf len u.a. durch den ePilot von schule.at: https://www.dsj.de/index.php?id=474&L=1247 3.4 F ussball und F air P lay 3.4.2 Straßenfußball für Toleranz In den letzten Jahren wird im Sport auch verstärktes Das in Kolumbien entwickelte Konzept „Straßenfußball Augenmerk auf „Fair Play“ gelegt. Vereine und Organi- für Toleranz“ enhält Elemente aus der Gewaltpräven- sationen wie die FIFA achten zunehmend darauf, Aktio- tion und Friedenspädagogik. Spezielle Maßnahmen wie nen zu Fair Play zu initiieren bzw. zu unterstützen. gemischtgeschlechtliche Teams, eine Spielbegleitung Möglichkeiten dazu bietet wie bereits erwähnt v.a. die durch sogenannte Teamer anstatt SchiedsrichterInnen, Fanarbeit. Aber auch Imagekampagnen mit namhaften welche das Spiel im Falle von Auseinandersetzungen ver- SportlerInnen als UnterstützerInnen wurden ins Leben mittelnd begleiten, sowie die Gleichwertigkeit von Fair gerufen, um den Fair Play-Gedanken breit bekannt zu Play-Punkten und Toren wirken „Macho-Verhalten“ und machen. Gewaltbereitschaft entgegen. Mit Hilfe des Spiels soll ein anderer Umgang mit Konfliktsituationen erlernt werden. 3.4.1 Doping Zur Auseinandersetzung mit Fair Play gehört auch der Bereich Sport und Doping. Durch Dopingskandale bei der > tipp Handreichung Straßenfußball für Toleranz. Handreichung für Jugend- Tour de France oder den Olympischen Spielen ist das Pro- arbeit, Schule und Verein blem, welches in den vergangenen Jahren an Bedeutung Institut für Friedenspädagogik Tübingen e. V. (Hg.), 2006 gewonnen hat, noch stärker in den Mittelpunkt gerückt. Die Spielregeln sowie weitere Informationen zum Einsatz Sind Siege ohne Doping überhaupt noch möglich? Gewin- des Konzepts finden Sie unter: nen nicht die Talentiertesten, diejenigen, die am här- www.biberis.de/mediapool/109/1091335/data/pdf- testen trainiert haben, sondern jene, die im Hintergrund Datei/Strassenfussball_fuer_Toleranz.pdf die „besten“ Pharmafirmen, „SpezialärztInnen“ und „Test(vermeidungs)labors“ besitzen?286Gründe für diese 27 Mehr zu diesen Überlegungen findet sich z.B. bei: Wachter, Kurt: Spor t für soziale Entwicklung – Neue soziale Bewegung oder neo-koloniales Entwicklungsmodell? In: Wer nicht hüpft ... Inklusion und Exklusion im Sport. Stimme – Zeitschrif t der Initiative Minderheiten, Nr. 88/2013. S. 17f f sowie Hudelist u.a., 2014. S. 6. 28 vgl. Schubert, Franz: Die fünf dopaminen Ringe. Die Kehrseite des 29 vgl. Zeilinger, Irene: Dabeisein ist nicht alles. Feministische Überle- Jubels: Der Fluch des Dopings. In: medienimpulse – Beiträge zur Medien- gungen zu Frauenquoten im Sport. In: Frauensolidarität Nr. 3/00: Sport. pädagogik Nr. 62/2007. S. 32. S. 13. 10 www. politik-ler n en .at
Nr. 5 Spor t u n d Politik ( ak t u alis ier t 2 018 ) 4 Arund ngebote und U nterrichtsmaterialien um F ussball und die WM 2018 Die Fußballweltmeisterschaft 2018 findet vom 14. Juni Workshop „Fußball und Kinderrechte“ bis 15. Juli in Russland statt. Zahlreiche Organisationen Jugend Eine Welt Bildungsteam, von 8 bis 18 Jahren. bieten Veranstaltungen und Unterrichtsmaterialien zur Der Workshop bietet einen Überblick über die Fußball- lustvollen sowie kritischen Auseinandersetzung mit dem produktion anhand von Länderbeispielen. Alle Kinder Thema „Fußball“ sowie der WM und ihren gesellschaft- auf der ganzen Welt haben Kinderrechte, auch das Recht lichen Zusammenhängen an. auf Spiel. Die Teilnehmenden beschäftigen sich mit ihren eigenen Rechten und lernen Gemeinsamkeiten sowie 4.1 I nitiativen und W orkshops Unterschiede der Lebens- und Spielweise von Kindern und Jugendlichen in Ländern des globalen Südens kennen. www.jugendeinewelt.at/bildungsteam/ fairplay – Initiative für Vielfalt & Antidiskriminierung Als Schnittstelle für Vermittlungs- arbeit und Vernetzungstätigkeiten, 4.2 F ilme für emanzipatorische und partizi- Timgad pative Initiativen fungiert fairplay Fabrice Benachaouche. Algerien/Frankreich/Belgien 2016. als Anlauf- und Beratungsstelle sowie als Kompetenzzen- 101 Minuten. Ab 12 Jahren. trum in Sachen (Anti-)Diskriminierung und Diversität im In einem kleinen algerischen Dorf werden in einer ein- Fußball. Hier können rassistische, sexistische, homo- zigen Nacht zwölf Kinder geboren, elf Buben und ein phobe oder rechtsextreme Vorfälle gemeldet werden. Mädchen. Zehn Jahre später gründet der fußballbe- www.fairplay.or.at geisterte Lehrer des Dorfes die Jugend-Mannschaft Our Game – Unser Spiel für Menschenrechte „Timgad Juventus“ Durch eine Intrige übernimmt die Anlässlich der FIFA-Weltmeisterschaft konkurrierende Mannschaft den besten Spieler von „Tim- in Russland 2018 fordert Our Game die gad Juventus“. Doch der dörflichen Gemeinschaft gelingt Einhaltung von Menschenrechten im eine listige Gegenstrategie, bei der Naïma, das in jener Rahmen von Sportgroßereignissen. denkwürdigen Nacht geborenen Mädchen, eine wichtige Die WM bietet die Chance, die Verbin- Rolle spielt. dungen zwischen Sport und dem Spielfilm und Begleitmaterial zu beziehen über BAOBAB: Respekt für Grundrechte deutlich zu www.baobab.at/timgad machen und entwicklungspolitische Bildungsarbeit verbunden mit einem Menschenrechtsan- 11mm shortkicks satz breitenwirksam umzusetzen. Video- und Infomateri- 11 Kurzspielfilme, 2014. Ab 12 Jahren. Sprachen: Spanisch, alien stehen auf der Plattform zum Download bereit. Niederländisch, Portugiesisch, Englisch, Polnisch, Türkisch; www.ourgame.at Untertitel: Deutsch. Ein Schuss von der Mittellinie, der das Leben einer Frau Fußball-Workshop „Fair Pay: Fair Play“ verändert. Ein nachdenklicher Schiedsrichter auf pol- Südwind Agentur, österreichweit, ab 8 Jahren. nischen Dorfplätzen. Ein Hooligan, der sich nach Liebe Der Workshop geht der Frage nach, wo Fußbälle herge- sehnt. 11 Kurzfilme rund um das Thema Fußball aus stellt werden. Wie wird in Grönland oder Brasilien Fußball aller Welt bieten einen Einblick in ganz unterschiedliche gespielt? Er vermittelt ein Verständis für die kulturellen, Lebenssituationen von Menschen. Dabei werden die The- ökonomischen und sozialen Strukuren des Fußballsports. men Tod, Homosexualität, Verwirklichung von Träumen, www.suedwind.at/bilden/schulen/workshops/fussball- Gewalt aufgegriffen. workshop/ Zu beziehen über den BAOBAB Onlinekatalog: www.baobab.at @Ze nt rum_pol i s 11
p o li s a kt ue ll 2014 Filmpaket: Fußball-WM Dossier: Russland Ein buntes Paket mit vielfäl- Bundeszentrale für politische Bildung tigen Filmvorschlägen aus Ein Überblick über Geschichte, Politik, Gesellschaft, aktuellem Anlass zur Fußball- Kultur und Geografie eines Landes zwischen Autokratie weltmeisterschaft in und Modernisierung. Auch die Themen „Fußball, Politik, Russland von ONE WORLD FILMCLUBS Doping und Hooligans“ werden im Zusammenhang mit der www.oneworldfilmclubs.at/filmpaket-fussball-wm-special Fußball-WM 2018 analysiert. Weitere Filme zum Thema „Fußball und Sport“: www.bpb.de/internationales/europa/russland/ www.oneworldfilmclubs.at/filmsuche-nach-themen 4.3 M aterialien Fußball-WM und Russland Informationen für die Volksschule Handbuch „Sportgroßereignisse!“ – Materialien für die Demokratiewebstatt: Fußball und Politik Bildungsarbeit www.demokratiewebstatt.at/thema/fussball/ Südwind Agentur (Hg.), 2014. was-haben-fussball-politik-miteinander-zu-tun/ Dieses Handbuch für die Bildungsar- beit zeigt, warum (Fußball-)Weltmeis- Fußball in der Volksschule auf schule.at terschaften, Olympische Spiele und www.schule.at/portale/volksschule/wochenthemen/ andere sportliche Großereignisse von detail/fussball-in-der-volksschule.html globalem Interesse sind. Fußball-Spezial im Kidsweb www.suedwind.at/bilden/schulen/ www.kidsweb.at/sport-freizeit/freizeit/fussball-wm/ downloads/unterrichtsmaterialien/ www.kidsweb.de/schule/fussball_spezial/fussball_ spezial.html Menschenrechte und Sport Landesporträt Russland auf Hanisauland Zeitschrift für Menschenrechte, 2/2016. www.hanisauland.de/spezial/laenderdossier/ Sportliche Großereignisse sind bis laenderdossier-kontinente/kontinent-asien/ heute ein Riesenspektakel. Dahinter laenderdossier-land-russland/ stehen undurchsichtige Funktionärs- welten und Sport-, Medien- und Wer- beindustrien, die sich gegebenenfalls auch von Autokraten vereinnahmen lassen und nicht frei sind von Manipu- lationen. Damit ist ein erster Einstieg in das Thema „Men- schenrechte und Sport“ gegeben, das breit gefächert ist und weit über sportliche Mega-Events hinausgeht. www.wochenschau-verlag.de/menschenrechte-und- sport-1932.html „Fußball im Unterricht“ auf lehrer-online.de Unterrichtseinheiten für die unterschiedlichsten Fächer (Geografie, Mathematik, Fremdsprachenunterricht etc.) und Schulstufen widmen sich dem Thema „Fußball“ und seiner sozialen, politischen und gesellschaftlichen Bedeutung. www.lehrer-online.de/fussball.php 12 www.politik-ler ne n .at
Nr. 5 Spor t u n d Politik ( ak t u alis ier t 2 018 ) 5 Unterrichtsbeispiele 5.1 S portler I nnen und S taatsbürgerschaft Dauer mindestens 2 Stunden bzw. auch als Projekt über einen längeren Zeitraum geeignet Schulstufe 11.-13. Schulstufe Methoden Diskussion, Rechercheaufgabe, Präsentation Materialien Flipchartpapier, Internetzugang Kompetenzen Methodenkompetenz, Urteilskompetenz Zielsetzungen Die SchülerInnen sollen für die Zusammenhänge und Wechselwirkungen von Sport und Politik sen- sibilisiert werden sowie ihre Einstellung zum Thema Sport und Staatsbürgerschaft hinterfragen. Lehrplanbezug Politische Bildung, Deutsch, Religion/Ethik Ablauf Diskussionseinstieg Als der in Kroatien geborene österreichische Nationalspieler Ivica Vastić im Spiel gegen Chile bei der Fußballweltmeisterschaft 1998 in letzter Minute das Ausgleichstor für Österreich erzielte, titelte die Kronenzeitung am nächsten Tag: „Ivo, jetzt bist du ein echter Österreicher!“. 1. Nach einer kurzen Bedenkzeit sollen die SchülerInnen zu dieser Schlagzeile eine erste Stellung- nahme abgeben. 2. Stellen Sie anschließend Impulsfragen und lassen Sie die SchülerInnen ihre Überlegungen auf Plakaten festgehalten. Beispiele für Impulsfragen • Was ist ein „echter“ Österreicher? • Wäre Vastić kein echter Österreicher, hätte er den Ball neben das Tor gesetzt? • Sind nicht alle österreichischen StaatsbürgerInnen gleich? • Bedarf es besonderer Leistungen, damit ein im Ausland geborener Mensch als ÖsterreicherIn akzeptiert wird? • Hat eine Zeitung das Recht, ein solches Urteil zu fällen? • Wie stellt sich die Thematik vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Europas dar? • Erhöht auch bei ausländischen NichtsportlerInnen ein beruflich erfolgreiches Leben deren Akzeptanz? 3. Lassen Sie die SchülerInnen auch alle Überlegungen festhalten, die über das konkrete Beispiel hinausgehen und von diesen Fragen berührt werden: z.B. SportlerInnen, die für Österreich Erfolge errungen haben, aber im Ausland geboren sind; Sportarten, in denen Nationalmann- schaften oder Vereine mit einer besonders hohen Zahl an „AusländerInnen“ oder eingebürger- ten ÖsterreicherInnen bei Wettkämpfen antreten; örtliche Vereine, in denen „AusländerInnen“ zum sportlichen Erfolg beitragen sollen etc. Internetrecherche Paarweise oder maximal zu dritt versuchen die SchülerInnen mittels Internetrecherche zu den gesammelten Fragen und Themenbereichen Näheres in Erfahrung zu bringen (Beispiele für Arbeits- aufträge finden Sie in der Kopiervorlage auf Seite 14 dieses Hefts). @Ze nt ru m_p ol i s 13
p o li s a kt ue ll 2014 Weitere Recherchemöglichkeiten Im Zuge einer ersten Besprechung ihrer Ergebnisse mit der Lehrkraft sollen die SchülerInnen fest- stellen, wo noch zusätzliche Informationen hilfreich wären. In einem Arbeitsauftrag (Zeit ca. eine Woche) können die SchülerInnen beispielsweise Folgendes tun: • Fragen vorbereiten und Straßeninterviews durchführen. Fragen könnten z.B. lauten: „Einbür- gerung von SportlerInnen vs. Aufnahmestopp für AusländerInnen – was halten Sie davon?“, „Spielt es für Sie ein Rolle, wenn SportlerInnen aus dem Ausland für Österreich Erfolge errin- gen?“, „Was halten Sie von der Krone-Schlagzeile ‚Ivo, jetzt bist du ein echter Österreicher!‘, nachdem er ein wichtiges Tor für Österreich erzielt hat?“ • Selbstständig E-Mails formulieren und an NGOs oder öffentliche Stellen (Ministerien, Landes- regierung, Parteien) senden, um nähere Informationen zu erbitten bzw. telefonische Anfragen an ebendiese richten. • Anfragen direkt an SportlerInnen oder Vereine richten bzw. direkt in örtlichen Sportvereinen Recherchen anstellen. • Sammeln von Berichten in Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsendungen. Präsentation Jede Gruppe präsentiert ihre Ergebnisse und nimmt dazu Stellung. Auch die Schwierigkeiten bei der Recherche sollen thematisiert werden. Das gesammelte Material soll anschaulich strukturiert sein. Bei entsprechenden technischen Möglichkeiten können die Ergebnisse in einem Webprojekt zusam- mengefasst und online zugänglich gemacht werden; oder es entwickelt sich eine Schulausstellung daraus. Link- und • Barbara Liegl, Georg Spitaler: Legionäre am Ball. Migration im österreichischen Fußball nach Literaturtipps 1945. Wien: Braumüller, 2008. • Das FARE-Netzwerk will den Rassismus aus dem Fußball vertreiben, in dem es die Ressourcen von sich engagierenden Fußball-Organisationen in ganz Europa vereint: www.farenet.org Autor Christoph Wagner Kopier vorlage Arbeitsauf träge 1. Sammle zu drei SportlerInnen, die im Ausland gebo- 3. Welche Nationalmannschaften setzen sich vor ren sind und heute die österreichische Staatsbürger- allem aus im Ausland geborenen ÖsterreicherInnen schaft besitzen, Informationen zu ihrem Lebenslauf zusammen? Was sagen die nationalen/internationa- und ihren sportlichen Erfolgen. Warum leben sie in len Bestimmungen in der jeweiligen Sportart bezüg- Österreich? Was sind die Gründe für ihre Einbürge- lich des Einsatzes von eingebürgerten SpielerInnen? rung? Wird in Zeitungsberichten auf ihre nationale Aus welchen Ländern stammen die SpielerInnen? Herkunft eingegangen? Gibt es bestimmte Gründe für die Einbürgerungen? Macht es im Erfolgsfall für die Öffentlichkeit einen 2. Finde Beispiele für österreichische Vereinsmann- Unterschied, wo SportlerInnen geboren sind? schaften, die vor allem auf ausländische SpielerIn- Wie sieht die Meinung bei Misserfolgen aus? nen setzen, um national oder international erfolg- reich zu sein. Woher kommen die SpielerInnen? 4. Was sagt das österreichische Recht zur Vergabe der Wann werden sogenannte „LegionärInnen“ österrei- Staatsbürgerschaft? Warum können Berufssportle- chischen SpielerInnen vorgezogen? Wie reagieren rInnen oft rascher eingebürgert werden? Wie sehen die Zeitungen auf Erfolge bzw. Misserfolge solcher diese Bestimmungen für andere BewerberInnen aus? „Legionärsmannschaften“? 14 www.politik-ler n en .at
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