Städtisches Wohnungswesen - Wohnen in Zeiten der Krise Freiraum & Mikroklima Wohnungsgestaltung - FH JOANNEUM
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Städtisches Wohnungswesen Wohnen in Zeiten der Krise Freiraum & Mikroklima Wohnungsgestaltung Öffentlicher Raum Wohnungsnahe Versorgung
Vorwort Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Städtisches Wohnungswesen“, hat sich der Jahrgang ARC20 des Masterstudiengangs „Architektur” an der FH JOANNEUM in Graz mit dem Thema Wohnen in Zeiten der Krise und den sich daraus für das Wohnen im urbanen Raum erge- benden Konsequenzen beschäftigt. Die zur Eindämmung der aktuellen COVID-19 Pandemie getroffenen Maßnahmen regen dazu an die bisherige Sicht auf die Welt zu überdenken, da . in Zeiten einer Pandemie ein anderes Regelwerk zur Impressum Geltung kommt. Neue Konzeptionierungen und Denkweisen müssen implementiert werden. Mithilfe einer gründlichen Recherche, der STÄDTISCHES WOHNUNGSWESEN GRAFIK Entwicklung neuer Lösungsansätze sowie der innovativen Wiederbe- Wohnen in Zeiten der Krise lebung alter, urbaner Konzepte haben die Studierenden des Master- Imke Brand studienganges “Architektur” Problemlösungen gefunden, die leicht Diese Publikation ist ein Projekt der Studie- Julia Hoffmann renden des Masterstudiengangs Architektur Nadine Schneider implementierbar sind. der FH JOANNEUM in Graz und ist im Teresa Dünninger Rahmen der Lehrveranstaltung „Städtisches Die Kooperationsbereitschaft der Studierenden und die nötige fachli- Wohnungswesen“, im Wintersemester ORGANISATION che Zusammenarbeit und Hilfe von Frau DI Dr. Feuerstein ermöglichte 2020/21, entstanden. den gesamtheitlichen Erfolg dieser Arbeit. Dana Kolasinac Aller Verfasserinnen und Verfasser werden Lukas Müller namentlich bei Ihren Beiträgen aufgeführt. Noah Söwester Markus Url Die Arbeit wurde geleitet und betreut durch Architektin DI Dr. Christiane Feuerstein. Graz, 2021 2 3
Inhalt 01 02 03 04 Öffentlicher Raum Freiraum & Mikroklima Wohnungsnahe Versorgung Wohnungsgestaltung 13 22 38 60 Jedes Jahr ein neues Natur im Wohnumfeld Sockelzonen-Management Nutzungsflexibilität in Eisenstadt der Grundrisskonzeption 14 24 40 62 Wegeführung Fassadenbegrünungen Urban Farming Polyvalenz, Schwerpunkt Möbel 16 26 42 64 Möbel und Beleuchtung Urbanisierung der grünen Algen und Pilze Homeoffice, hatten wir Stadtoasen im Vormarsch das nicht schon einmal? der Verstädterung 28 44 66 Nachbegrünung im Mikromobilität Private Außenbereiche Bestand - the future is now 30 46 68 Lebendige Bauwerke Lastenfahrräder als Gemeinschaftsflächen alternative Mobilitätsform 32 48 Kleingärten - nützliche Bildung in Krisenzeiten Grundstücke Lernen, Spielen, Wohnen Lernen, Spielen, Kultur
Einleitung Die COVID-19 Pandemie hat uns alle betroffen und auf dramatische Weise gezeigt, dass wir in vielen Belangen des täglichen Lebens nicht genug auf die neue Situation reagieren konnten. Unsere aktuellen Strukturen waren - und sind in Teilen immer noch - nicht für diese Krisensituation ausgelegt und es mussten mit Hochdruck Konzepte ent- wickelt werden, die im Bereich Hygiene, Medizin, Arbeit und Bildung ein wirksames Mittel gegen die Pandemie darstellen können. Im Zuge dessen wurde auch deutlich, dass unsere bekannten Wohn- strukturen, gerade im urbanen Bereich, die neuen, zusätzlichen Aufgaben nur bedingt leisten können. Man sah sich nun mit Homeof- fice, Quarantäne, Lockdown und einem deutlich verkleinerten Bewe- gungsradius konfrontiert. Mit diesen Problemstellungen haben wir uns auseinandergesetzt. Die Philosophen Nikil Mukerji und Adriano Mannino beschreiben in „Covid-19: Was in der Krise zählt“ (Reclam, 2020) das Prinzip des Hedging, auf Basis dessen in Krisensituation Entscheidungen getrof- fen werden kann. Das Hedging-Prinzip zeigt einen Lösungsweg auf, indem es einen Vergleich anstellt welche Auswirkungen das Ergrei- fen (oder Nicht-Ergreifen) praktischer Maßnahmen in Bezug auf eine mögliche Katastrophe hat. Dabei zeigt sich, dass der Verzicht auf praktische Maßnahmen fatale Folgen hat, sollte die erwartete Katastrophe eintreten. Geringer wiegen dabei stets die möglichen (ökonomische) Schäden im Falle eines Ausbleibens der möglichen Katastrophe, sollten die praktischen Maßnahmen trotzdem ergriffen worden sein. Dieser Grundsatz gilt sowohl für die aktuelle Krise durch die COVID-19 Pandemie als auch andere Krisen wie beispielsweise den Klimawandel und kann darüber hinaus in der Krisen-Prävention angewandt werden. Es zeigt sich, dass das Ergreifen von Maßnah- men in Bezug auf Krisenmanagement und Krisenprävention stets dem Nicht-Ergreifen zu bevorzugen ist, selbst wenn die erwartete Katastro- phe nicht eintritt. Unter dieser Prämisse wurden mögliche Lösungskonzepte und Hand- lungsoptionen entwickelt, die in den Bereichen: öffentlicher Raum, Freiflächen und Mikroklima, Versorgung und Wohnungsgestaltung, die Wohnqualitäten in Städten, auch in Zukunft, krisensicher machen sollen.
Brandt, Eder, Fian Einleitung Umgang mit Nähe und Öffentlicher Raum ist eine Grundvoraussetzung des städtischen Lebens. Durch ihn wird die Stadt zur Stadt. Im zeitgemäßen Verständnis wird der öffentlicher Raum als Prozess begriffen, wobei Funktionen an gesellschaftliche Prozesse gebunden sind, welche wieder- Distanz im öffentlichen rum Einfluss auf Wahrnehmung und Gebrauch des Raums nehmen.1) Öffentliche Räume können nicht ohne Rücksichtnahme auf ihr Umfeld geplant werden. Raum durch Zonierung Die Bevölkerung, Nutzergruppen, Infrastruktur, Gebäude und vieles mehr wirken auf die Entstehung dieser Räume ein. Fehler, der beim Planen von öffentlichen Räumen begangen wird, ist, dass bei der Gestal- tung zu viel Wert auf Design gelegt wird. Das schönste Design bringt keinen Mehrwert, wenn die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer nicht berücksichtigt werden. Wege, die nicht dort entlangführen, wo Menschen gehen möchten, ein Mangel an guten Sitzge- legenheiten oder zu viel Verkehr sind nur einige der Gründe, warum öffentliche Räume nicht wie gewünscht funktionieren.2) „Städtische Freiräume, insbesondere Stadt- und Dorfplätze müssen multifunktional sein, sind sie doch der Handlungsraum verschiedener Akteure mit unterschiedlichen Nutzungs- ansprüchen. Im Tages- und Wochenablauf, in der Abfolge der Jahreszeiten bilden Stadt- plätze Raum und Bühne für eine Vielzahl von auf die Gemeinde abgestimmter Aktivitä- ten“3) Wie gehen wir auf öffentlichen Plätzen mit dem Thema Nähe und Distanz um? Der Wandel der Zeit brachte eine Entwicklung mit sich, in der die Menschen immer mehr zusammengeführt worden sind und die Gemeinschaft gefestigt wurde. So entstanden z.B. Co-Working-Spaces und Open Space Büros. Viele Konzepte zielten darauf ab, die Kommunikation zu fördern. Durch die Pandemie haben sich die Werte und Ziele bezogen auf Nähe und Distanz verändert. Wie kann man nun öffentliche Plätze gestalten, sodass sie unseren momentanen Anforderungen genügen, aber eventuell in Zukunft wieder dem Thema Nähe angepasst werden können? In den folgenden Artikeln werden verschiedene Lösungsansätze analysiert, bezogen auf die Zonierung öffentlicher Flächen und Plätze. 1) Vgl.: Wildner, Kathrin/Berger, Hilke Marit (09.07.2018): Das Prinzip des öffentlichen Raums. In: bpb:Bundes- zentrale für politische Bildung. . (Zugriff am 12.01.2021) 2) Vgl.: Stopfer, Eveline (03.11.2020): Die fünf Schritte zur idealen Platzgestaltung. In: stadt Marketing Austria. . (Zugriff am 14.12.2020) 3) Ebd.
Regenwasserentsorgung mit mehr Aufwand verbunden ist. Johannes Fian Versiegelten Böden fehlt auch die Fähig- keit Staub zu binden, was in Städten zum Jedes Jahr ein neues Problem wird. Feinstaubbelastung in Innen- städten, Luftverschmutzung und gesundheit- Eisenstadt liche Spätfolgen sollten hierfür Stichwörter genug sein. Der negativste Aspekt für das Leben in Durch die COVID-19 Pandemie im Jahr der Stadt ist aber wohl die Förderung der 2020 wurde auch der Umweltschutz wie- städtischen Überhitzung. Die Versiegelung der vermehrt in die öffentliche Wahrneh- und die damit verbundene Beschaffenheit mung gerückt. Klaren Lagunen in Venedig, des Bodens verursachen eine negative smogfreie Städte in China oder Delfine in Auswirkung auf die mikroklimatischen der Adria. Dies sind positive Aspekte und Verhältnisse. zeigen, wie schnell sich eigentlich Dinge ändern können. Erkenntnisse, die erst Aber wie kann diesen Entwicklungen durch eine weltweite Krise in den Fokus entgegengewirkt werden? Es ist eigentlich rücken. Was jedoch auch bemerkt wur- ganz einfach, auch schon die großen Meis- de ist, dass das Leben in Städten schnell ter der klassischen Moderne verfolgten unangenehm werden kann. Wenn da auch ähnliche Ziele. noch die Flucht in die Urlaubsdestinatio- nen verhindert wird, fühlen sich Menschen Die Begrünung von Dächern und Fassaden schnell unwohl. Neben der Lärm- und wäre ein Ansatz, auch die Installation von Verkehrsbelastung ist ein oft vergessener ganzen Dachgärten. Weitere Bereiche Installation von Aspekt die rasch voranschreitende Boden- für eine Begrünung wären Vorzonen von Dachbegrünung und versiegelung.1) Gebäuden, dies hätte auch noch positive Dachgärten Auswirkung auf die Lebensqualität der In Österreich sprechen wir hierbei von Bewohnerinnen und Bewohner. einer Fläche von jährlich rund 44 km², dies Immer mehr Städte wagen einen Schritt in entspricht ungefähr der Fläche von Eisen- die Zukunft und vermindern die Straßen- stadt.2) Europaweit liegt Österreich mit breiten im öffentlichen Verkehrsraum. diesen Zahlen im Spitzenfeld. Auch im stehenden Verkehr könnte man Fassadenbegrünung Flächen überdenken. Der stehende Verkehr Leider tragen fehlendes Wissen und nimmt nimmt eine enorme Fläche ein und Information zu einem Fortschreiten dieses eine Versiegelung dieser ist ökologisch Einsatz von teilver- Trends bei. nicht sehr wertvoll. Hier könnte es eine siegelten Oberflä- Verminderung der Idee sein, Flächen nur teilzuversiegeln, mit chen im stehenden Straßenbreite des Beginnend mit dem Verlust der biologi- beispielsweise Rasengittersteinen. Verkehr MIV schen Funktion. Ist die Oberflächen einmal Der letzte Punkt ist der öffentliche Perso- versiegelt, ist der Boden als Anbau- fläche nenverkehr (ÖPNV) und hier im speziellen verloren. Auch eine Entsieglung ist nicht der schienengeführte ÖPNV. Begrünung problemlos möglich, da die Neubildung der Schienen hat positive Auswirkungen von Humus Jahrzehnte bis Jahrhunderte auf klimatische Verhältnisse (Reduktion von Begrünung von Begrünung von dauern kann. Hitzeinseln), jedoch sind begrünte Schie- Vorzonen Gleiskörpern Der nächste Punkt ist das stark erhöhte Ri- nen kein nutzbarer Grünraum für Stadtbe- siko von Hochwasser. Ein Hektar unversie- wohnerinnen und -bewohner. gelter Boden kann rund 2.000m³ Wasser 1) Vgl.: Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) (Hrsg.): Bodenversiegelung in Österreich. . (Zugriff am 14.12.2020) tion des Bodens verursacht, wodurch die 2) Vgl.: Umweltbundesamt GmbH (Hrsg.): Flä- cheninanspruchnahme. Entwicklung des jährlichen Bodenverbrauchs in Österreich. . (Zugriff am 14.12.2020) 12 13
Aus diesen Kriterien lassen sich folgende konkrete Design-Grundsätze ableiten: •Gehsteigvorziehungen und Gehsteig- durchziehungen •Aufgedoppelte Autofahr- oder Schutzwe- Simon Eder ge •Fahrbahnteiler Orientierung funktioniert, Wegeführung •Optische und taktile Leitsysteme (z.B. Blindenleitsystem) •Breite Gehsteige wenn sie nicht Das spannende an öffentlichen Räumen ist, wahrgenommen wird. •Bodenbeläge mit geringem Rollwider- dass unterschiedliche Nutzergruppen mit un- stand (Radfahrerinnen und Radfahrer, terschiedlichen Anforderungen den gleichen Menschen mit Rollator) Raum nutzen. Dementsprechend müssen •Stufen mit Kontraststreifen öffentliche Räume nicht nur den Ansprüchen •Fahrradabstellplätze von FußgängerInnen und RadfahrerInnen •Spiegel dienen, sondern auch für mobilitätseinge- •Lifte und Rampen schränkte Personen und Eltern mit Kinder- wägen problemlos passierbar sein. Dazu Im ländlichen Raum nutzen bis zu 80 Pro- kommt der Konflikt mit Straßenflächen für zent der Bevölkerung das Auto, um in die den öffentlichen Personen- und motorisierten Stadt zu kommen. Daher braucht es Park- Individualverkehr sowie die dazugehörigen plätze, um die Lebendigkeit und Frequen- Parkflächen. tierung von Ortszentren zu gewährleisten. Öffentliche Räume, die sicher und komfor- Gleichzeitig sollen öffentliche Räume nicht tabel genutzt werden können, sollten daher von Autos zugeparkt werden. folgende Kriterien erfüllen: Um diesen Konflikt zu lösen braucht es in- novative Parkraumlösungen. Die Schaffung 1. Verkehrsfreiheit von Tiefgaragen unter öffentlichen Plätzen Motorisierter Individualverkehr sollte soweit in Kombination mit günstigen Gebühren wie möglich von belebten Stadträumen fern- oder gratis Shuttledienste zwischen P&R gehalten werden, denn dieser erzeugt Stress Anlagen und Innenstädten können Ansätze und mindert somit die Aufenthaltsqualität. sein.1) 2. Erreichbarkeit Die Orientierung im öffentlichen Raum Gute Anbindung durch öffentliche Verkehrs- ist eine Querschnittsaufgabe und beginnt mittel sowie ausreich Fuß- und Radwege. schon in der Planungsphase. Architektur, Daneben werden Ortszentren durch mehr Wegeführung, Beleuchtung und Beschil- Radverkehr belebt. derung müssen aufeinander abgestimmt werden. Dabei funktioniert Orientierung 3. Vernetzung letztendlich dann perfekt, wenn sie nicht Auch die Vernetzung mit anderer Ver- wahrgenommen wird. Städtische Räume kehrs-Infrastruktur muss gewährleistet funktionieren, wenn sich Personen, ohne werden. Dazu zählt die Anbindung zu Fahr- nachzudenken orientieren können. Intuitive radverleihsystemen, Carsharing, E-Scooter Orientierung hat außerdem erheblichen sowie Taxistände. Einfluss auf die Zufriedenheit von Men- schen und schafft das grundlegende Ver- 4. Zugänglichkeit trauen, sich am richtigen Ort zu befinden.2) Öffentliche Räume müssen von allen Perso- 1) Vgl.: Stopfer, Eveline (03.11.2020): Die fünf Schritte nen uneingeschränkt genutzt und wahrge- zur idealen Platzgestaltung. In: stadt Marketing nommen werden können, ungeachtet ihrer Austria. . (Zugriff am 14.12.2020) 2) Weiß, Irina (03/2012): Intuitive Orientierung. Kom- munikations- und Leitsysteme. In: DBZ. Bautechnik. . (Zugriff am 14.12.2020) 15
Umgang mit Nähe und Distanz Sitzgelegenheiten, Fahrradständer und Parkbügel, Spielgeräte sowie Pflanzkästen auf öffentlichen Plätzen und -kübel bieten sich dafür an. Sind die - Möbel nicht nur mobil, sondern auch noch multifunktional, ist das eine optimale Lösung ZONIERUNG Imke Brandt für die aktuelle Situation. In der Grafik sieht man, wie ein solches Möbelstück aussehen Möbel und Beleuchtung kann. Ein wesentlicher Bestandteil zur Aufteilung Um öffentliche Plätze zu zonieren, gibt es von Flächen ist ein Beleuchtungskonzept. verschiedene Möglichkeiten. Dieser Arti- Auch die Beleuchtung lässt sich in zwei kel beschäftigt sich mit Möblierungen und Kategorien unterteilen. Beleuchtungen und wie diese einen Einfluss Funktionale Beleuchtung: auf Nähe und Distanz nehmen können. „Co- Zur funktionalen Beleuchtung zählt jede vid-19 zeigt den enormen Bedarf an öffentli- Beleuchtung des Platzes, die der Sicherheit chen Plätzen“1), also müssen neue Konzepte dient. „Die Sicherheit wird durch gleichmä- entwickelt werden. ßige Beleuchtung auf sämtlichen begehba- ren Flächen erreicht. Erkennung von Gesich- Beide Zonierungsmöglichkeiten lassen sich tern sollte daher aus einer Distanz von vier in jeweils zwei Unterpunkte unterteilen, in Metern möglich sein. Insbesondere »Angs- diesem Absatz wird das Thema Möblierung träume« wie dunkle Ecken und Nischen (nicht nur Sitzgelegenheiten und Pflanzkübel, sind entsprechend auszuleuchten.“3)Auch sondern alle Gegenstände im Außenbereich) die Orientierung wird durch funktionale näher erläutert. Beleuchtung erhöht, z.B. durch Lichtstelen, Sie können Flächen zonieren, fungieren als Bodenleuchten oder Mastleuchten. Abtrennungen, dienen der Ordnung oder als Atmosphärische Beleuchtung: Werbeträger. „Die atmosphärische Beleuchtung erhöht Man kann die Möblierungen in fix montierte die Aufenthaltsqualität eines Platzes. Ener- Möbel und in mobile und multifunktionelle giesparende Beleuchtungskonzepte bieten Möbel unterteilen. Unter fix montierte Möbel neue Möglichkeiten für die künstlerisch-äs- fallen z.B. Freischankflächen (Gastronomie), thetische Lichtgestaltung.“4) Den Möglich- Kunstobjekte, Denkmäler, Brunnen, Infor- keiten sind keine Grenzen gesetzt. Wechsel mationstafeln, Hinweisschilder und Orien- von Lichtfarben und -intensität können schon tierungszeichen, Werbetafeln, Litfaßsäulen, eine besondere Atmosphäre schaffen, Uhren, Fahnenmasten, Mistkübel, sowie beleuchtete Kunstobjekte und Gebäude Überdachungen (Pergolen).2) sowie temporäre Lichtfeste bieten eine Doch gerade momentan, zu Zeiten von abwechslungsreiche Lichtgestaltung. Auch Corona, ist es sinnvoll manche Möblierungen mit illuminierten Bänken und Lichtbändern mobil und multifunktionell zu planen und aus- am Boden kann man eine bestimmte Wege- zuführen, sodass sie je nach Bedürfnis und führung oder Platzaufteilung schaffen und aktueller Lage angepasst werden können. somit den Nutzerinnen und Nutzern lenken. Ist es wichtig Abstand zu halten, sollen sie Wichtig ist dabei eine unnötige Lichtver- klare Grenzen ziehen und Sitzmöglichkeiten schmutzung zu vermeiden. Beleuchtungen sollten genügend Platz bieten, bzw. den sind also ebenso ein Mittel, um Zonierungen Sitzplatz so zuweisen, dass man gar nicht in zu schaffen. Kontakt treten kann. Hat sich die Lage wie- 1) GDI Gottlieb Duttweilter Institute (Hrsg.) der beruhigt, können die Nutzerinnen und (01.10.2020): Covid-19 zeigt den enormen Bedarf an Nutzer die Flächen gemeinsam nutzen und öffentlichen Plätzen. . (Zugriff am 12.01.2021) Folgende Möbel lassen sich mobil umsetzen: 2) Vgl.: Stopfer, Eveline (03.11.2020): Die fünf Schritte zur idealen Platzgestaltung. In: stadt Marketing Austria. . (Zugriff am 12.01.2021) 3) Ebd. 4) Ebd. 16 17
Hoffmann, Hannan, Url, Müller, Wagner, Obretenov Einleitung Für die überwiegende Mehrheit der globalen Gesellschaften sind Städte die neue Lebens- form geworden. Jedoch ist die urbane Entwicklung vor allem sehr stark von klimatischen Bedingungen be- einträchtigt, was uns vor neue Herausforderungen stellt. Die Verstädterung in Zeiten des Klimawandels wirft die Frage auf, wie wir zukünftig mit nicht versiegelten Oberflächen umgehen sollten. Dichter urbaner Raum sollte nicht im Sinne der reinen wirtschaftlichen Herangehensweise entwickelt und genutzt werden, sondern auch wichtigen Lebens- und Sozialraum sicherstellen. Interaktive Erlebnisse, Grünoasen, Fassadenbegrünungen sowie sozialpsychologische Herausforderungen sind Themenschwerpunkte, die in zukünftigen Stadtentwicklungsprozessen essenziell sein werden. In Zeiten der Pandemie wurde die Wahrnehmung der Weltbevölkerung auf Basis ihres Lebensraums sensibler und birgt die Chance, die mikroklimatischen Phänomene in eine neue Gedankensimulation zu manövrieren. Notwendige politische und fachspezifische Diskurse zwischen StadtentwicklerInnen, StadtplanerInnen, sowie diversen FachplanerInnen werden zur Veränderung unserer zukünftigen Städte beitragen.
Die Pflege von wohnungsnahen Grün- flächen stärkt zum einen das Gemein- schaftsgefühl und verfolgt des weiteren einen therapeutischen Ansatz anhand von psychologischen oder pädagogischen Pro- grammen für Jung und Alt. Man verspricht Julia Hoffmann sich durch die gemeinschaftliche Pflege viele positive Nebeneffekte: kulturelle Natur im Wohnumfeld Wo Stadtgrün fehlt gibt es ein Funktion, gemeinschaftliche Wirkungskraft und Mitbestimmung, Lehre der Natur, kör- perliche und seelische Gesundheit, um nur Versorgungsdefizit, welches sich einige zu nennen. Wenn unsere Städte zunehmend an Größe gewinnen und deren Population Ein aktuelles Beispiel, welches zeigt, nachteilig auf die Gesundheit weiter wächst, steigen im selben Maße wie die Integration von Grünraum ge- die Anforderungen an stressreduzierende meinschaftlichen Nutzen bringt und für Freiräume. Erholung und Austausch sorgt, ist das Wie wir wohnen wirkt sich, wenngleich Wohnbauprojekt „Moringa“1) in Hamburg. Das deutschlandweit erste Wohnhochhaus der Bürgerinnen und Bürger unterbewusst, gravierend auf unsere Ge- nach dem Cradle-2-Cradle Prinzip bietet auswirkt. sundheit aus. Sei es stetiger Lärm, verbau- mit begrünten Flächen an und auf dem te Schadstoffe oder die Distanz zur Natur Gebäude Erholungsorte für Bewohnerin- und anderen Menschen. Unser Wohlbefin- nen, Bewohner und Besucherinnen und den und unsere Lebensqualität wird durch Besucher, und erhöht die Luftqualität und unser Umfeld stark beeinflusst. Biodiversität im gesamten Quartier. Integ- riert sind dabei Co-Living und Co-Working Besonders in schwierigen Lebenssituatio- mit gemeinschaftlich genutzten Räumen. nen - auf persönlicher oder gesellschaftli- cher Ebene - gilt unser Wohnumfeld als ein Es sollte zukünftig die Bestrebung von Pla- wichtiger Baustein unserer physischen und nerinnen und Planern sein, die Natur als psychischen Gesundheit. einen wesentlichen Faktor zu betrachten, der von Beginn an in die Planung integriert Die COVID-19 Pandemie hat uns dies deut- werden sollte. lich und schonungslos vor Augen geführt. Lasst es uns nicht zum Problem unserer Schon längst ist klar, dass die vorherr- nachfolgenden Generationen machen, für schende Lebensform der Zukunft eine die Nachbegrünung unserer Gebäudekom- städtische sein wird. Deshalb gilt die ge- plexe sorgen zu müssen. Lasst sie zukünf- sellschaftliche, wirtschaftliche und ökologi- tig auf innerstädtisch gewachsene Natur sche Entwicklung der Welt im Sinne einer schauen und durch urbanen Grünraum ganzheitlich verstandenen Nachhaltigkeit schlendern.2) als urbane Aufgabe. Im Geiste unserer 1) Vgl.: kadawittfeldarchitektur gmbh (Hrsg.): Projekte. Zeit gilt es unsere städtische Wohnum- Moringa. . (Zugriff am 08.12.2020) 2) Schnittstelle zwischen städtischem Wohn- Vgl.: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau udn Reaktorsicherheit (Hrsg.) (01.05.2015): Grün raum und Natur nicht nur als möglich, in der Stadt - Für eine lebenswerte Zukunft. Grünbuch sondern absolut notwendig zu erachten. Stadtraum. . (Zugriff am 04.01.2021) bar ist, gibt es ein Versorgungsdefizit, das sich nachteilig auf die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger auswirkt. 22 23
Fassadenbegrünungen bringen vielerlei Vorteile mit sich. Ohne sie, wird Lärm von schallharten Oberflächen reflektiert. Mit begrünten Fassaden ist die Stadt ästhetisch schöner und im Blick auf die zu erwartende Klimaerwärmung, wird die Khuzama Hannan Kühlung von Gebäuden im Sommer unter- stützt. Zusätzlich dazu, verringert sie auch Fassadenbegrünungen die Belastung der Luft durch Feinstaub und CO2. Ein gutes Beispiel im Hinblick auf eine Angesichts des bereits spürbaren Klima- ökologische Zukunft ist das vierstöckige wandels, der in Form von Hitzewellen die Wohnhaus Glogauer Straße, das von der Städte aufgrund ihrer Strukturen beson- Architektin Sarah Rivière geplant wurde. ders stark trifft, haben urbane Grünflä- chen enorm an Bedeutung gewonnen. Die „Living Wall“ - eine vertikal bepflanz- Versiegelte Flächen, verdichtete Bebau- te Fassade, die Verkehrsbelästigungen ung, fehlende Verdunstung und geringer und Lärm aus den angrenzenden Straßen Luftmassenaustausch führen laut Prof. absorbiert, ist ein wichtiger Bestandteil Michael Bruse vom Geographischen Ins- dieses Konzepts. Rechteckige Balkone ra- titut der Johannes-Gutenberg-Universität gen direkt aus der grünen Wand heraus. Mainz in den Städten zu einem sogenann- Diese sorgen dafür, dass vom ersten bis ten Wärmeinseleffekt, der sich bei der zum vierten Stock der Glogauer Straße zunehmenden globalen Erwärmung be- die vertikale grüne Wand bewohnbar ge- sonders bemerkbar macht. Er hat mit Hilfe macht wird. Für die „Living Wall“ wurden einer Simulation untersucht, wie sogar mit winterharte Pflanzen ausgewählt, die über kleinen Mitteln, wie beispielsweise der ein präzis gesteuertes Bewässerungssys- Fassadenbegrünung, das Mikroklima der tem mit Nährstoffen und Wasser versorgt Städte deutlich verbessert werden kann. werden. Forschungsprojekte von Paricio1 haben Fassadenbegrünungen sorgen dafür, 2005 gezeigt, dass mit Fassadenbegrü- dass das Gebäudeumfeld vielfältiger und nungen in Europa im Sommer ungefähr attraktiver wird und bieten außerdem 45% der Kosten für die Raumkühlung und zahlreiche Möglichkeiten zur Gestaltung. im Winter durch eine geringere Wärmeab- gabe bis zu 23% der Heizkosten gespart werden können. Die Pflanzen bilden eine Verwendete Quellen: Art „Luftpolster“, welcher die Tempera- - Köhler M. (2011): Aktuelle Forschungsergebnisse. Artikel aus dem Bauwerksbegrünung. Verlag Dieter A. turunterschiede zwischen Tag und Nacht Kuberski – Stuttgart. verringert und gleichzeitig das Gebäude - Minke G., Witter G. (1985): Häuser mit grünem Pelz. beschattet und durch Transpiration kühlt. Ein Handbuch zur Hausbegrünung. Müller - Köln Allerdings hängt die Wirkung auch davon ab, wie dicht die Wand bewachsen ist, und ob die Pflanzen vom Boden nach oben wachsen („bodengebundene Fas- sadenbegrünung“) oder auf der ganzen Fläche Substrat für die Wurzeln vorhan- den ist („fassadengebunden Begrünungs- systeme“). 24 25
Durch die Bebauung der derzeitigen Frei-/ Markus Url Grünflächen wird ein irreversibler Verlust dessen erzielt und sollte durch planerische Urbanisierung der grünen Herangehensweisen der Städte wie auch Stadtoasen im Vormarsch der Professionistinnen und Professionisten, verhindert werden. Der Fokus sollte auf der Verstädterung einer transdisziplinären Arbeitsweise lie- gen, sodass die Erhaltung und Förderung von diversen Grünflächen durch gezielte Planungsvorgänge nicht zerstört, sondern Urbane Grünflächen sind ein wichtiges integriert werden.2) Instrument für wachsende Städte, um das Wohlbefinden ihrer Bürgerinnen und Bür- Durch die enorme Verdichtung unserer ger zu gewährleisten und den Klimawan- Städte sowie den starken Wachstum der del zu bekämpfen. Bevölkerung, kommt es vermehrt zu soge- nannten “Hitzeinseln”, die sich negativ auf Urbanisierung und Klimawandel verlangen das Leben in der Stadt auswirken können. nach neuen Lösungen, um die Lebensqua- Diesem Phänomen gilt es mit nachhaltigen lität in unseren Städten zu erhalten und zu Freiraumkonzepten entgegenzuwirken. verbessern. Öffentliche Grünflächen wir- Grünflächen können über den Erfolg oder ken sich positiv auf die Biodiversität, das Misserfolg einer Stadt entscheiden. Klima, das Wohlbefinden und die Luftqua- Die urbane Betriebsamkeit wird durch die 1) Vgl.: ETH Zürich (Hrsg.) (04.09.2019): Städte lität aus. Diese Wirkung sorgt dafür, dass Ob zum Wohle der Bürgerinnen und atmosphärischen Räumlichkeiten ausgehe- natürlich kühlen. . (Zugriff am 10.01.2021) und Arbeiten werden. die Staaten in Zusammenarbeit mit den stück zu alltäglichen immer schneller wer- 2) Vgl.: Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches Geo- jeweiligen Professionistinnen und Professio- ForschungsZentrum GFZ (Hrsg.): Metropolen unter dender Gesellschaftsstruktur dar. Zudem Die Veränderung unserer klimatischen Druck. . (Zugriff am 09.01.2021) Bedingungen stellt auch die Städte und die Natur für zukünftige Generationen in Stadterneuerungsprozesse eine neue Bin- 3) Vgl.: Randelhoff, Martin (04.07.20217): Urbane Mo- deren Entwicklung vor große Herausfor- die städtische Umgebung zu integrieren. dung der Bürgerinnen und Bürger zu ihren bilität. Straßen als Räume für Mobilität und mensch- derungen. Gerade in urbanen Gebieten liche Interaktion. . (Zugriff Zonen. Eine Studie der ETH Zürich zeigt nen und Bürger die zukunftsweisenden Stadtentwicklungsbehörden international am 10.01.2021) 4) Vgl.: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, allerdings, dass nichts so effektiv den Wege zu entwickeln, um die Natur für geführt werden, polarisiert der Wunsch der Bau udn Reaktorsicherheit (Hrsg.) (01.05.2015): Grün Klimawandel reduzieren könnte, wie das künftige Generationen zu bewahren und Bewohnerinnen und Bewohner den Indivi- in der Stadt - Für eine lebenswerte Zukunft. Grünbuch massenhafte Pflanzen von Bäumen. Es sind den klimatischen Bedingungen der Stadt zu dualverkehr aus den Städten zu entfernen. Stadtraum. . (Zugriff am 09.01.2021) besserung des Luft- und Wasserhaushaltes Grünflächen sind Oasen der Erholung Arealen entfernt werden. Auf Basis dessen, 5) Vgl.: Drewes, Sabine (05.11.2019): Urbaner Raum: Von der autogerechten zur lebenswerten Stadt. beitragen.1) Auch in Österreich gibt es des- und versorgen die städtischen Räume mit sollen die Größendimensionen - die der . (Zugriff am wie sich anhand mehrerer beispielhafter 10.01.2021) tät wird durch die Begrünung der urbanen Konzeptionen auf die wichtigen Lebens Projekte zur Fassaden- und Straßenbegrü- Räume, sowie dem Verlassen infrastruktu- und Sozialräume der Bewohnerinnen und nung in Wien zeigt. reller Plätze um ein Wesentliches erhöht. Bewohner erweitern.4) Dazu benötigt es Entwurfs- sowie städte- Durch die starke Nachverdichtung des Ein urbaner Freiraum bietet der städtischen bauliche Wettbewerbe um den zukünftigen städtischen Raumes für diverse Wohn- und Gesellschaft - durch ihre vielfältigen Her- Fragestellungen gerecht zu werden. Ein Gewerbebauten kommen die vorhandenen ausforderungen im 21. Jahrhundert - eine wesentlicher Bestandteil der Ausrichtung Grünflächen mehr in den Fokus der Bewegungs- und Begegnungszone, die eine wird die urbane Begrünung der umfunktio- Umwidmungsmechanismen. verbindende Charakteristika und Erhöhung nierten Straßenflächen darstellen.5) der Lebensraumqualität aufweist. 26 27
Lukas Müller Die zwei weiteren wandgebunden Sys- teme, das modulare System und flächige Konstruktionen sind beides Anwendungs- Nachbegrünung techniken, die direkt auf der Fassade an- gebracht werden müssen. Hieraus ergibt sich natürlich die Schwierigkeit, genau zu Es ist anzunehmen, dass 80% der beste- untersuchen, ob die bestehenden Struktu- henden Baustrukturen in unseren Städ- ren für diese Mehrlast ausreichend tragfä- ten in den nächsten 25-30 Jahren noch hig sind. genutzt werden. Deshalb ist es bei diesen Das Bürogebäude M48 aus Wien ist ein besonders sinnvoll, durch nachträgliche gutes Praxisobjekt für Nachbegrünung ei- Begrünung, eine Qualitätssteigerung in nes 60er Jahre Ziegelbaus mit einer wand- den Freiräumen eines urbanen Umfeldes gebundenen Begrünung.3) Hier wurde das zu schaffen. Die Arup - Gruppe (eine System GRÜNWAND der österreichischen unabhängige Firma aus Designerinnen, Firmen TECHMETAL GmbH und DACH- Designern, Planerinnen und Planerin, GRÜN GmbH, sowie der wissenschaftli- Ingenieurinnen udn Ingenieuren und Ar- chen Begleitung der BOKU angebracht. chitektinnen und Architekten) hat im Zuge Im Fall des M48 handelt es sich glückli- einer globalen Analyse, die sich mit dem cherweise um ein Gebäude, dessen tra- Thema „Grüne Stadt“ beschäftigt, heraus- gende Außenwände auch die Zusatzlast gefunden ,dass bereits eine Nutzung von der GRÜNWAND tragen können. 20 - 25% der Bestandsflächen als Grünflä- chen zu einer signifikanten Steigerung der Neben der Fassaden- sind auch Dach- Wohnqualität in einer Stadt führt.1) begrünungen als Qualitäts-Verbeserer des Mirkoklimas zu betrachten. Dem Im Bereich Fassadenbegrünung unter- GRÜNDACHPOTENZIALKATASTER der scheidet man zwischen zwei Systemen. Stadt Wien lässt sich entnehmen, dass vor Den bodengebundenen und den wandge- allem Flachdächer dafür geeignet sind, bundnen Begrünungen. Die Bodengebun- da ihre schrägen Konterpart einen sehr denen lass sich aufteilen in die Untergrup- hohen technischen Aufwand erfordern. 4) pen SELBSTKLIMMER, also den Pflanzen, Der Nutzen, den die Begrünung erfüllt, die direkt auf der Fassade wachsen und rechtfertigt den Aufwand und freie Unter- den GERÜSTKLERTERPFLANZEN, welche nehmen wie GRÜNSTATTGRAU GmbH mittels einer Unterkonstruktion geführt leisten Hilfestellung und geben Praxis- nach oben wachsen. tipps.5) Das große Problem, dass die bodengebun- Denn eine grünerer Stadt trägt zu einer denen Systeme haben, ist der hohe Grad höheren Wohn- und Lebensqualität bei. an Bodenversiegelung in den Städten, so- dass der Zugang zum Erdreich oft schwie- 1) gl.: ARUP (Hrsg.) (2016): Cities Alive: Green V rig ist. In solchen Fällen empfiehlt sich die Building Envelope. . (Zugriff am 15.01.2021) Pflanzen direkt an der Wand angebracht 2 ) Vgl.: MVRDV (Hrsg.) (2018): Green Villa. . (Zugriff sorgt werden. Dies kann zum einen durch am 15.01.2021) sogenannte „Pflanzenregale“ geschehen. 3) Vgl.: Enzi, Vera/Scharf, Bernhard: Das Haus im „Grünen Pelz“. Bürogebäude der MA 48, Einsied- Dieses ist vor der eigentlichen Fassade lergasse 2, 1050 Wien. Hrsg. von der Universität als freistehendes oder montiertes System für Bodenkultur Wien, Departement für Bautechnik angebracht und bietet Platz für Pflanzen in und Naturgefahren, Institut für Ingenieurbiolo- Töpfen. Vergleichbar mit einem Setzkasten. gie und Landschaftsbau. . (Zugriff am 15.01.2021) welches zwar ein Neubauprojekt ist, aber 4) Vgl.: Stadt Wien, Umweltschutz (Hrsg.): Gründach- als gestalterisches Beispiel genutzt werden potenzialkataster. . (Zugriff am könnte.2) 15.01.2021) 5) Vgl.: GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innova- tions GmbH (Hrsg.): Technik. . (Zugriff am b e g rünung “ 15.01.2021) 28 „Fassa de n 29 29 auf Seite
Die Skizze zeigt den baubotanischen Turm, ein erfolgreich durchgeführtes Expe- riment von Ludwig. Durch die Verbindung von gewachsenen Bäumen und einer technischen Konstruk- tion aus Stahl, Holz oder Stein, wird der Juliane Wagner Baum Bestandteil der Architektur, er trägt, beschattet und kühlt. Er macht die Archi- Lebendige Bauwerke „Die Baubotanik nähert sich dem Baum tektur lebendig. Zur Planung und Pflege lässt sich sagen, technisch und der Architektur biologisch, dass das Bau(m)werk im Voraus gut be- Wir kennen Bäume als Begrünung unseres dacht und organisiert werden muss. Damit Lebensraums. Sie dienen als Kontrast zum ein Baum sehr lange und hoch wächst, dadurch können wir das Verhältnis Gebauten und bringen Natur in die Stadt. werden bestimmte Nährstoffe sowie Was- Das Grün wirkt belebend im Vergleich zur ser benötigt. Für die Frage, welche Pflan- Bebauung aus Stein und Beton. zen- oder Baumarten am besten geeignet Doch kann man Bäume noch anders oder sind, muss die Architektin, der Architekt mit einer Botanikerin, einem Botaniker oder von Natur und Architektur neu ausloten“ ergänzend nutzen? Können sie vielleicht einer Landschaftsarchitektin oder einem noch andere Dinge, außer ein belebendes Landschaftsarchitekten zusammen Abspra- Grün und gute Luft schaffen? che halten. Ferdinand Ludwig hat in einer Parkanlage in der Stadt Nagold einen Ku- Ferdinand Ludwig, Professor für Baubotanik Einblicke in die Tropen zeigen, dass es bus aus Platanen geschaffen, was bislang dort „gewachsene“ Brücken gibt. Sie sind sein größtes baubotanisches Werk ist. über Jahre durch ver- und zusammen- 1) erst, Gertraud: Bau(m)werke von morgen. In: ubm G wachsende Schlingpflanzen entstanden Magazin. #greenbuilding. . ten statischen Nachweis. (Zugriff am 15.02.2021) Ludwig, Ferdinand (Hrsg.): Ferdinand Ludwig. Living 2) An der TU München unterrichtet der Pro- Plant Constructions. . fessor Ferdinand Ludwig ein neu gegrün- (Zugriff am 15.02.2021) detes Studienfach. Green Technologies in Landscape Architecture oder auch als Baubotanik bezeichnet. Ludwig hat sich in diesem Bereich bereits eine gute Reputati- on verschafft und zahlreiche Auszeichnun- gen erhalten. Die Skizze zeigt die Vorgehensweise die- ser Methode. Zeichnung a) veranschaulicht ein tragen- des Stahlskelett, an welchem die Pflanzen kultiviert werden. Nach einigen Jahren des Wachstums werden die kleinen Pflan- zen zu Bäumen und ihre Stiele werden zu Stämmen. Sie verwachsen miteinander, dies sieht man in Abbildung b). Desto massiger die Stämme werden und umso mehr sie zusammenwachsen, desto mehr Tragfähigkeit bieten sie und tragen die Etagen, wie die Abbildung c) darstellt. 30 31
ein Weg, der das Stadtzentrum und die Natur am Stadtrand verbindet) können diese sehr effektiv sein, und eine Ab- wechslung mit sich bringen. Georgi Obretenov Neben der Temperaturregulierung, kön- nen die Stadtgärten auch große Mengen Kleingärten - an Wasser aufnehmen und so das Hoch- nützliche Grünstücke wasserrisiko reduzieren. Feinstaubpartikel werden auch gut aufgenommen. Wie schon erwähnt haben Kleingärten Kleingärten sind vielseitig nutzbare Grün- keine überlebenswichtige Bedeutung für flächen, die diverse Funktionen haben die Gemüseproduktion. Aber trotztdem - wie soziale, stadtklimatische und ökolo- werden immer noch viele Quadratmeter gische. mit Gemüsen bepflanzt. Das angebaute Gemüse ist nachhaltig und ökologisch und entspricht den Wünschen der GärtnerIn- Kleingärten entstanden vor ein paar Jahr- nen, welche auf Kunstdünger und Che- hunderten als kleines Stück Land, von Fa- mikalien beim Anbau verzichten wollen. milien gepachet werden konnten, um ihren Dies hat auch eine positive Auswirkung Ernährungsbedarf zumindest teilweise de- auf die Umwelt - es werden ‚Food Miles‘‚ cken zu können. Vor allem am Beginn des gespart. Das heißt, dass Lebensmittel 20. Jahrhunderts spielten die Kleingärten nicht über tausende von Kilometern (z.B bei der Produktion von Nahrungsmitteln von Spanien nach Deutschland) transpor- eine wichtige Rolle. Mit dem Wirtschafts- tiert werden müssen. Kleingartenanlagen wachstum nach dem 2. Weltkrieg verloren sind aufgrund von Armut und schlechten sie diese Bedeutung. Lebensbedingungen entstanden, aber erlangten in Zeiten der Klimakrise wieder Die Kleingärten haben heute andere eine zunehmende Bedeutung - vielleicht wichtige Funktionen, wie z.B eine soziale die gleiche, wie früher.1) Funktion. Die grünen Bereiche bringen Leute aus verschiedenen Altersgruppen, 1) Vgl.: Kleingärtnerverein Deutsche Scholle e. V. Herkünften und Arbeitsfeldern zusammen. (Hrsg.): Wie sind Kliengärten entstanden. . lichkeit in einer gesunden und sicheren (Zugriff am 15.12.2020) Atmosphäre zu spielen. Senioren können die Zeit in Ruhe verbringen und einander an einem entspannten Ort treffen. Durch die gemeinsame Arbeit kann man auch neue Freunde kennenlernen und Kontakte knüpfen. Manchmal finden auch verschie- dene Veranstaltungen und Feste statt. Grüne Bereiche in der Stadt, wie Park- anlagen, Seen und Kleingärten, tragen viel zu einem milderen Stadtklima bei. Kleingärten sind Grünräume, die zu einer Reduktion der Hitzeinseln und einer Re- gulierung der Temperatur in der näheren Umgebung beitragen. Wenn diese als Teil eines grünen Wegs benutzt werden (z.B 32 33
03 Wohnungsnahe Versorgung
Sockelzonen-Management Um den Menschen eine regionale, krisensichere Grundversorgung innerhalb ihrer Nach- barschaft zu ermöglichen, ist die Koordinierung dieser Grundversorgung unabdingbar. Immer häufiger kommt dabei sowohl auf Quartiers-, als auch auf Straßen- und Gebäude- Hartl, Sewöster, Dünninger, ebene, ein Sockelzonen-Management zum Einsatz. Die Ziele des Sockelzonen-Manage- Feyrsinger, Genzinger, Auer ment können dabei über die Sicherstellung der Grundversorgung hinaus sehr unterschied- lich sein und beispielsweise ökonomische oder nachhaltige Gesichtspunkte als Basis ihrer strategischen Ausrichtung haben. Einleitung Urban Farming Seit Beginn der COVID-19 Pandemie wird der Wandel des Ernährungssystems in den Städten beschleunigt. Durch Lieferengpässe, und den daraus resultierenden leeren Rega- Die COVID-19 Pandemie hat das Bewusstsein für das eigene Wohnungsumfeld geschärft. len in Supermärkten, oder das Kochen zu Hause, aufgrund der geschlossenen Gastrono- Beschränkte Bewegungsradien und der ständige Hinweis auf unnötige Wege in der Öf- mien, ist das Bewusstsein für frische, regionale und saisonale Lebensmitteln, sowie deren fentlichkeit zu verzichten, stellten besondere Herausforderungen an das Wohnungsumfeld Nachfrage, gestiegen. An diesem Punkt setzt das „Urban Farming“ an, welches den und damit die wohnungsnahe Versorgung. Die wohnungsnahe Versorgung bleibt auch Anbau von landwirtschaftlichen Produkten beispielsweise in Containern oder Gewächs- über die COVID-Krise hinaus ein wichtiges Handlungsfeld. In Bezug auf die Klimakrise häusern inmitten der Stadt, oder die eigene Zucht von Pilzen und Algen umfasst. werden Forderungen nach regionalen Angeboten und der damit einhergehenden Neude- finition von Mobilität laut. Die wohnungsnahe Versorgung wurde auf die Bereiche Lebens- Mobilität mittelversorgung, Bildung, Mobilität und die Sicherstellung der Grundversorgung, durch In Bezug auf die wohnungsnahe Versorgung sind die wichtigsten Bereiche der Moblität den Einsatz eines Sockelzonen-Managements, untersucht. vor allem die Mikromobilität und das Last-Mile-Problem. Durch die große Distanz zwi- schen der letzten Haltestelle des öffentlichen Personenverkehrs (ÖPNV) und der eigenen Wohnung entscheiden sich häufig die Menschen für das Auto. Mögliche Alternativen diese Distanz zu überbrücken bieten mikromobile Angebote wie beispielsweise E-Scooter oder Leih-Räder. In Bezug auf die COVID-19 Pandemie, und das damit verbundene In- fektionsgeschehen, ist außerdem der Umstieg von Massenbeförderung auf klimaneutrale Individualbeförderung in den Fokus gerückt. Bildung Die COVID-19 Pandemie verändert darüber hinaus den Bereich „Bildung“ maßgeblich. Viele Bildungseinrichtungen sind geschlossen und es findet in weiten Teilen ein Umstieg auf „Distance Learning“ statt. Dieser Umstieg funktioniert mancherorts sehr gut, anderen Ortes eher weniger. Daher ist es für die Zukunft entscheidend, die Architektur der Bil- dungseinrichtungen zu überdenken und neue, krisensichere Konzepte zu entwickeln.
Das Sockelzonen-Management lässt sich Hemma Hartl, Noah Sewöster nach den Kriterien Maßstab (Quartier, Straße, Gebäude), Prozess, Akteure und Sockelzonen-Management Ziele des Managements gliedern. Quartiersebene Die Entwicklung der Sockelzonen auf Seestadt Aspern - Wien Mehr als Wohnen - Zürich Quartiersebene bedarf eines von vornhe- Entscheidend für die erfolgreiche Entwick- Erstellen eines Nahversorgungskonzept und zen- Mitwirkungsprozesse, Inklusion, Nachhaltig- lung eines Stadtquartiers ist die Nahversor- rein festgelegten Konzepts zur Nahver- trale Vermarktung/Vermietung der Flächen keit, soziale & funktionale Nachhaltigkeit gung der Bewohnerinnen und Bewohner sorgung innerhalb des Quartiers. Nach sowie Besucherinnen und Besucher. Vor diesem Schlüssel findet die Vergabe der Konzept: SES GmbH, Management durch Wien allem die Nutzung der Sockelzonen ist Gewerbeflächen statt. Die Grundversor- Baugenossenschaft „mehr als wohnen“ ein entscheidender Faktor für die Aufent- gung kann dabei durch diverse Angebote 3420 Aspern Development GmbH haltsqualität und die Frequentierung der ergänzt werden. Im Rahmen der Entwick- frühzeitige Nahversorgung; attraktiver Nut- Nachhaltige Versorgung; ein Stück Stadt Einkaufsstraßen innerhalb des Quartiers. lung der Seestadt Aspern wurde den zungsmix durch das Anwerben kleiner Einzel- schaffen Immer häufiger begleitet daher die be- Bauträgerinnen und Bauträgern die Gewer- händler wusste Entwicklung der Sockelzone die beflächen im Erdgeschoss für einen fixen Neu- und Umplanung von Stadtquartieren, Quadratmeterpreis abgenommen und über Einkaufsstraßen und teilweise auch einzel- ein zentrales Management weiter vertrie- nen Gebäuden. Ziel des Sockelzonen-Ma- ben. Dabei können die Mietpreise flexibel nagements ist die Sicherstellung einer angepasst und das Angebot vielfältiger umfassenden Nahversorgung innerhalb gestaltet werden, indem die Flächen auch des Quartiers und die Regelung des An- an kleine Unternehmen vermietet werden gebotsmix, um Leerstand und die Häufung können. Überseeboulevard - Hamburg Straße der Nachhaltigkeit - Wien gleicher Angebote zu vermeiden. Straßenebene Management des kompletten Quartiers inklusi- Ausdifferenzierung, Spezialisierung & Maßstab, Prozess und die Ziele einer Die Entwicklung einzelner Einkaufstraßen ve Außenflächen, Standortmarketing Individualisierung Sockelzonen-Entwicklung und dessen kann ökonomischen Interessen folgen oder Management sind je nach Ausrichtung des beispielsweise eine kleinteilige Entwicklung Überseequartier Quartiersmanagement durch Nordbahnhofviertel NBV Service GmbH Projekts sehr verschieden. Die Entwicklung inhabergeführter Geschäfte zum Ziel ha- BNP Paribas Real Estate Property Management der Sockelzonen reicht von der Sicherstel- ben. Die Entwicklung der Bruno-Marek-Al- lung der Grundversorgung, über kommer- lee als „Straße der Nachhaltigkeit“ im Angebotsmix mit Fokus auf Bewohnerinnen Stadtpromenade als Zentrum des Quartiers, ziell ausgerichtete Entwicklungen bis hin Wiener Nordbahnviertel folgt dieser Idee und Bewohner und Tourismus, ökonomische Nutzungsdurchmischung zur Verteilung der Geschäftsflächen nach und setzt dabei auf eine Spezialisierung Ausrichtung sozialen Kriterien. Das Sockelzonen-Ma- und Individualisierung des Stadtsockels. nagement ist darüber hinaus eng mit dem Die Fachgeschäfte locken dabei auch Besu- Quartiers-Management verbunden (oder cherinnen und Besucher von außerhalb des ist Teil dessen) und kann beispielsweise in Quartiers an. Verbindung zum Mobilitätskonzept des Quartiers weitergehende Angebote, wie Gebäudeebene die Bereitstellung von Lastenrädern oder Im Rahmen größerer Immobilienprojekte ist Lieferungen durch den Einzelhandel, die Entwicklung der Sockelzone und des- Kalkbreite - Zürich Salon am Park - Wien innerhalb des Quartiers fördern. Oftmals sen Nutzung zur Einbettung des Projekts in wird das Sockelzonen-Management und die nähere Umgebung unerlässlich. Bei- Hausinternes Management/Vermietung durch Raum der Kunst, Kultur & Begegnung; die Sockelzonen-Entwicklung auch von spielhaft dafür steht das Projekt Kalkbreite Genossenschaft Lesungen, Diskussionen externen Dienstleistungsunternehmen aus in Zürich. Ein hausinternes Management der Immobilien- und Retail-Branche über- übernimmt die Verwaltung der Geschäfts- Baugenossenschaft Kalkbreite, nommen. flächen und sorgt für einen für Hausbewoh- wohnprojekt.wien ArGe Flächenvermietung nerinnen und Hausbewohner sowie Anwoh- Prozess nerinnen udn Anwohner ansprechenden Sicherstellung Grundversorgung und attraktiver Salon - „Kulturinsel“ & regionaler, sorgfältig Nutzungsmix. Akteure Angebotsmix für Gebäude + Quartier ausgewählter Supermarkt Ziele 38 39
Dünninger Teresa, Feyrsinger Carmen Verringerung des Fleischkon- sums, eine erhöhte Nachfrage nach biolo- gischen und regionalen Produkten zählen, Urban Farming zu identifizieren.2) Projekte wie „ZFarm“ wiederum erforschen die Rahmenbedingungen für Urban Überlaufene Supermärkte, in denen es Farming bzw. gebäudegebundene Land- schwer fällt zwischen engen Regalen, wirtschaft.3) Kühltheken und Kassenschlangen den Si- Agrarprodukte lassen sich beispielsweise cherheitsabstand von 1,5 Metern einzuhal- in Containern züchten (Bsp. Freight Farms; ten; Lieferengpässe von frischem Obst und Crop-Box). Urban Farming Container Gemüse, zurückzuführen auf Grenzschlie- bieten Platz für ca. 4.500 Pflanzen, kön- ßungen oder fehlende Saisonarbeitskräfte; nen platzsparend gestapelt und auch auf geschlossene Gastronomien und ein einge- schlechtem Baugrund aufgestellt werden. schränktes Angebot von Lieferdiensten. Ein solcher Anbau sorgt für die Vermei- Die COVID-19 Pandemie führt auch hin- dung langer Transportwege und spart CO2 sichtlich unseres Ernährungs- und Kaufver- ein.4) haltens zu einem Bewusstseinswandel. Un- Eine weitere Möglichkeit urbaner Landwirt- ser Wunsch nach heimischer Landwirtschaft schaft bieten Gewächshäuser auf unge- und gesunden, regionalen Lebensmitteln, nutzten Freiflächen in der Stadt, beispiels- die uns vor Ort, ohne lange Lieferketten weise auf Dächern. Als Vorbild können zur Verfügung stehen, steigt. Diese frischen die „StadtFarm“ in Berlin Lichtenberg, die Zutaten werden zuhause, wo wir nun mehr neben dem Anbau von Obst und Gemüse Zeit verbringen, zubereitet. Die Lebensre- auch Fische, deren Kot als Dünger für die alität und damit auch die Ansprüche und Pflanzen eingesetzt wird, züchtet oder das Wünsche der Stadtbewohnerinnen und US-Startup „Bright Farms“, das mittlerweile Stadtbewohner haben sich grundlegend sogar große Supermarktketten beliefert, verändert, wofür mitunter die zunehmen- dienen.5) de Nachfrage nach Gemeinschaftsgärten 1) Vgl.: culinariusat (04.11.2019): Food Trends 2020: spricht. Auch Gastronominnen und Gas- Urban Food. . (Zugriff am 22.11.2020) tronomen seien an dieser Stelle explizit 2) Vgl.: Future of Urban Food (Hrsg.): Was ist „The Urban erwähnt.1) Future Of Urban Food“. . (Zugriff am 22.11.2020) 3) Wie lassen sich nun Nahrungsmittelproduk- Vgl.: Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V., u.a. (Hrsg.) (08, 2013): Es wächst etwas auf tion und -konsum, die sich, als Folge der dem Dach. Dachgewächshäuser. Idee. Planung. Umset- Globalisierung, immer stärker zu entkop- zung. . (Zugriff am 22.11.2020) Mithilfe welcher Maßnahmen und Inst- 4) Vgl.: Sharem Media GmbH (Hrsg.): Container als Ge- rumente lässt sich der Herausforderung wächshaus. Container als Gewächshaus Urban Farming nachhaltiger Ernährungssysteme besser Revolution. . (Zugriff am 22.11.2020) gene Beispiele, die auf wissenschaftlichen 5) Vgl.: Jasch, André (19.12.2018): Urban Farming - Erkenntnissen aufbauen: Das Wiener Lebensmittel aus der Stadt für die Stadt. . (Zugriff am sich zum Ziel gesetzt, ökologische, öko- 22.11.2020); vgl. auch: Finger, Tobias (02.05.2014): nomische und soziale Auswirkungen des US-Startup baut größtes urbanes Gewächshaus der veränderten Ernährungsverhaltens von Welt. . (Zugriff am 22.11.2020) 40 41
Dünninger Teresa, Feyrsinger Carmen Der Wunsch nach heimischer Algen und Pilze Landwirtschaft und gesunden Nicht nur Urban Farming oder Urban Gardening, sondern auch die eigene Zucht Beitrag für die Umwelt.2) Die erste tubuläre Algenzuchtanlage Lebensmitteln steigt. von Essbarem bringt Menschen zusammen der Welt für den urbanen Raum ziert die und lässt uns bewusster und solidarischer Gebäudefassade auf dem EUREF-Campus mit Lebensmitteln umgehen. in Berlin. Mit einer solchen Wandkonstruk- Pilze sind ein Produkt, das extrem leicht tion (Biofassade) können Fassaden sinnvoll zuhause gezüchtet werden kann. Gast- genutzt werden. In den Röhren angebaut, ronominnen und Gastronomen, die ihren werden die zwei Algenarten Chlorella und Gästen regionale Speisen anbieten möch- Spirulina. Derzeit wird der Algenbedarf ten, etablierten diesen Trend bereits vor hauptsächlich aus asiatischen Ländern im- Corona. Mit einem Blumentopf, Kaffeesatz portiert. Durch Projekte wie diese können und Pilzbrut kann der eigene Herstellungs- also zusätzlich Importemissionen einge- prozess auch schon losgehen. Schmack- spart werden.3) hafte Pilzarten – von Austernpilz, über Um Algen zuhause anbauen zu können, Kräuterseitling bis Steinchampignon – sind sind einige komplizierte Schritte zu verfol- je nach Pilzart bereits nach 6 Wochen ern- gen, denn es bedarf eines eigenen Photo- tereif. Das Wiener Unternehmen „Hut&S- bioreaktors. Leider gibt es noch kein sich tiel“ züchtet Speisepilze (Kaffeesatz wird auf den Markt befindliches Anbau-Kit.4) – als wertvolle Ressource, die mit ihren Inhaltsstoffen perfekt als Nahrungsquelle 1) Vgl.: Hut & Stiel GmbH (Hrsg.): Pilz aus dem Kübel. für die Pilze dient – weiterverarbeitet) und . (Zugriff am 25.11.2020) beliefert damit Kaffeehäuser, Restaurants, 2) Vgl.: Levecke, Bettina (30.08.2016): Wie gesund Großküchen und Büros.1) sind Algen? In: SPIEGEL. Gesundheit. . (Zugriff am 30.11.2020) haben sie sich schon seit Jahrzehnten als 3) Vgl.: Wolkenstein, Rolf S. (Hrsg.): Algenanbau. In: Nahrungsmittel etabliert. Sie enthalten gartennatur.com. . (Zugriff am 25.11.2020) 4) C, Eisen, Kalzium und Omega 3 Fettsäu- Vgl.: Wernicke, Sven (30.07.2020): BioBombola. Algen züchten und Spass dabei. In: GreenGadgets. ren. Zudem leistet der Algenanbau, dank . (Zugriff me von Kohlenstoffdioxid, einen großen am 25.11.2020) 42 43
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