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SOL Nr. 1/2020 - P. b. b. Absender: SOL - Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil, Sapphog. 20/1, 1100 Wien. 02Z032117 M. Cover: Barbara Huterer Diese magazin en dir ren! ande und 1,00 € Nr. 179 Frühling 2020 Siehe S. 16-20 u. 26 geles s Heft wi Von werden! ll
Pet itio Neue n l a t t f orm für Asy für un n g s p lrec htsb abhäng Eigene Petition starten - Vernetzu s t e Bauern e w u s erat ig so einfach geht's: umweltb www .fai ung e rla ssen rsforfutu re.at .at/ www.farme peti www.tinyurl.com/sol179b tion Schreibwettbewerb über Europäis die Globalen Ziele für e Bürgerin che nachhaltige Entwicklung t sich di och itiative g egen Läss erung n Pestizide (SDGs) rbevölk n? Übe üte verh www.tiny url.com/s www.tinyurl.com/sol179d /sol179e ol179c m tinyurl.co . www n g von pelu chstum Umweltdachverband mit k o p n Ent a f tswa stung Regierungsprogramm Autofaste sc h ela 4.2020 Wirt mweltb ch zufrieden 26.2.-11. U gli und cht mö ni 179f fasten.at /sol www.tinyurl.com/sol179g www.auto url.com .tiny www Grüne Ge ldanlage dem Umw mit eltzeiche auf Fac ebook 25.2. 13 n Folge uns :00 im Attac kritisiert die Umweltm l.verein.7 inisteriu Wirtschaftspolitik der book.com/so m www.face neuen Regierung www.tiny url.com/s ol179h www.tinyurl.com/sol179i
-magazin Leser! eb e SO L- Le se rin, lieber SOL- Li ropa. h – in Ö st er reich und in Eu e B undesregierung Ei n U m br uc te rr ei ch is ch die neue ös w. ne ue EU -K om mission als auch an de ls ge se tz t. Ökosteuern bz Sowohl die ung des Klimaw n eine wesentlic he ch st ol ze Zi el e zur Eindämm es en Ko nz ep te haben si spielen in di ei t vo n CO2-Emissionen Kosten w ah rh tlichen, ver- m it de n po lit isch Verantwor chen cht Rolle. se it Ja hr en , auch in Gesprä is ch or ie nt ie rte Politik brau n , denn ökol og rderungen scho verstärkt suchen Politik auch eine solida- SOL hat diese Fo lo g in H in ku nf t ök ol og is ch e den diesen Dia zen, dass eine treten. Wir wer w ir w er de n uns dafür einset n NGOs. Und „Ich habe ge- Rückhalt von de snamen getreu . m ehr“, hin zum se re m Ve re in m „I m m er lblatt rische ist – un eg vo 9) auf dem Tite ei ne Le be ns stil-Wende – w si eh e Se it e de wird aber oh ne go (Erklärung hen Eine Energiewen so ll da s ab ge wandelte SOL-Lo -L eh rg an g in den letzten Woc öglich sein. Das habe genug“ nug“ – kaum m op ti m is ti sc h, dass unser „Ich Es stimmt uns symbolisieren. he Seite 21) – st eh en auch im Foku s fw ei st (s ie H an de ln Rekordzulauf au persönliches ehr dazu im ei t vo n SO L – politisches und vo r (s ie he letzte Seite); m ekte der Arb hon den Term in Diese zwei Asp . M er kt eu ch bitte jetzt sc siums 20 20 unseres Sympo nächsten Heft. Die Redaktion Bobby Langer cz Joe Gansch (Bayern) Dan Jakubowi (Burgenland) r Andreas Exner (Burgenland) Eva Meierhofe (Steiermark) Mario Sedlak (S te ie rm ar k) (Wien) www.nachhaltig.at Neu bei SOL Ökologie und Lebensstil SOL-Telegramm.......................................................4 Pro Wasserstoff.....................................................16 SOL-MitarbeiterInnen stellen sich vor........................5 Contra Wasserstoff................................................17 Was uns bei SOL treibt und antreibt...........................6 Ein weiter Weg zu 100 % erneuerbarer Energie..........18 Herbstsymposion 2019 „Wir sind im Garten“...............7 Treibhausgas-Einsparungsmöglichkeiten...................20 Kreative Bauerngolf-Spielgeräte................................8 Mit 74 Jahren ist vieles anders geworden.................21 Nachhaltige Entwicklung..........................................9 Wohnen „ohne“ Energieverlust................................22 Termine...............................................................30 Heimisches Superfood...........................................25 Persönliche Energiewende mit dreifachem Nutzen......26 Solidarität Agenda 2030 in Österreich.....................................11 Upcycling-Tipp.....................................................28 Solidarische Landwirtschaft in Villach......................12 Kinderseite..........................................................29 Besser ohne Wachstum: Anders Wirtschaften.............14 Offenlegung/Impressum.........................................24 Der Verein SOL ist überparteilich und überkonfessionell und existiert seit 1979. Es gibt ca. 2000 SOLis in ganz Österreich. Wenn ihr die Zeitung per Post bekommen wollt (4x pro Jahr), reicht eine Einzahlung in be- liebiger Höhe (Selbsteinschätzung). Kontodaten S. 10. Zuschriften bitte an Höchster Standard für Ökoeffektivität. Weltweit einzigartig: Cradle-to-Cradle®-Druckprodukte innovated by gugler*. Sapphog. 20/1, 1100 Wien oder sol@nachhaltig.at Sämtliche Druckkomponenten sind für den biologischen Kreislauf optimiert. Bindung ausgenommen.
SOL-Telegramm Sonnenstrom für Schulen in Tansania Bildungsagentur: Angebote online Wir freuen uns über die ersten 22 Angebote in der SOL-Bil- dungsagentur für Nachhaltig- keit. Neben den SOL-Workshops Bildungsagentur für „clean€uro“ und „Ich habe ge- Nachhaltigkeit nug“ findet ihr eine spannende Mischung an Vorträgen und Workshops, von „Ar- beit neu denken“ über ein „SDG Training“ bis zum „Start in ein Zero-Waste-Leben“. Herzlichen Dank für die bisherigen Spenden. Die ersten Angebote wurden bereits für einen Leider wurde am 4.11.2019 das Internat der Umwelttag in einer Wiener Schule gebucht. Wenn Santa-Monica-Mädchenschule durch ein Feuer ihr mitmachen möchtet, schreibt einfach an zerstört. Die Ursache des Feuers, das die Schüle- office@nachhaltig.at. rinnen in der Nacht unmittelbar vor deren staatli- chen Examen überraschte, konnte nicht eindeutig Mehr Infos: www.nachhaltig.at/bildungsagentur gefunden werden. Vermutet wird ein Fehler in der Maria wird angestellt provisorischen Elektroinstallation des Stromagg- regates. Zuerst brauchen die Schülerinnen wieder Maria Peer, die seit August 2019 bei SOL in Wien ein Dach über dem Kopf. Sobald die Renovierung ein Praktikum gemacht hat (wir haben im letzten läuft, wird das Photovoltaikprojekt weitergeführt. Magazin Nr. 178 darüber berichtet), unterstützt Die Spenden bleiben für das Photovoltaikprojekt uns seit Februar 2020 im Büro als geringfügig An- reservier, und weitere Spenden werden noch ge- gestellte. sucht: www.nachhaltig.at/tansania Wir freuen uns, dass sie bleiben kann und Teil des Büro-Teams wurde! Vielen Dank an unsere treuen SOL als Straßenzeitung? SpenderInnen, die diese Stelle finanzieren! Die in Wiener Neustadt heimische Straßenzeitung „Eibisch-Zuckerl“¹ INUAS-Konferenz hat Ende 2019 ihr Erscheinen Von 4. bis 6. November fand am FH-Campus Wien2 eingestellt. Die SOL-Regional- die INUAS3-Konferenz „Wohnen unter Druck“ gruppe Wiener Neustadt hat sich statt. SOL und Transition Austria haben gemein- gemeinsam mit einem Teil des sam eine Exkursion in die Pionier-Oase⁴ mit an- Eibisch-Zuckerl-Teams dazu schließendem Vernetzungs-Workshop angeboten. entschlossen, ein Nachfolge- Das Interesse war trotz des strömenden Regens projekt namens „LOS-Magazin“ groß, und was uns besonders freut: herauszubringen – es besteht aus 8 Seiten Berichten vorwie- gend aus der Region Wiener Neustadt und hat innen das SOL-Magazin eingeheftet. So werden zusätzlich einige tausend Menschen Zugang zu unseren Themen bekom- men, und die Straßenver- käuferInnen behalten ihre Ver- Daraus ist auch gleich eine weitere Kooperation zwi- dienstmöglichkeiten. Haltet uns die Daumen, dass schen Studierenden der Fachhochschule für Soziale dieses Experiment gelingt! Die erste LOS-Ausgabe: Arbeit und SOL entstanden: www.nachhaltig.at/los1.pdf. (1) www.eibischzuckerl.at (2) www.fh-campuswien.ac.at – größte Fachhochschule Österreichs (3) International Network of Universities of Applied Sciences, www.inuas.org (4) ein naturnaher Garten, www.nachhaltig.at/pionier-oase 4 SOL 179/ Frühling 2020
SOL-Vernetzungspunsch mit Studierenden Wenn aus Liebe Leben wird … Am 12. Dezember fand vor dem SOL-Büro ein … hat das Glück einen Namen. Am 2. Dezember kam „Vernetzungspunsch“ gemeinsam mit Studie- Alexander, Sohnemann von SOL-Obmann Stephan renden der FH Campus Wien statt. Nach einer Neuberger und SOL-Moderatorin Theresa Zwickl, winterlichen Führung durch die Pionier-Oase zur Welt. „Unser Weihnachtsgeschenk hatte diesmal gab es köstlichen Bio-Apfelpunsch mit und ohne wirklich Hand und Fuß“, scherzt Stephan. „Schuss“. Danach gemütliche Gespräche und Bauerngolf im Warmen! „Wir sind alle sehr glücklich, gesund und dankbar SOL-Symposium 2020 und wollen unserem Alexander auch ökologische Wir planen schon ganz fleißig das SOL-Symposium Werte vermitteln. Aufs Auto verzichten wir noch 2020 mit dem Titel „Klima: Politik und Lebensstil immer, beim Babygewand versuchen wir, vermehrt – gemeinsam klimagerecht leben“. Es findet am auf gebrauchte Ware zurückzugreifen, und über- Fr./Sa., 22./23. Mai in Wien statt. Also könnt ihr es haupt legen wir auf gemeinsame Zeit viel mehr schon jetzt in den Kalender eintragen. Mehr Infos Wert als auf Materielles.“ dazu auf der letzten Seite! SOL-MitarbeiterInnen stellen sich vor SOL-MitarbeiterInnen stellen sich vor Esther Wusits Sarah Fitsch Nach einer schönen Kindheit Kurz vor dem Abschluss meines und Jugend in der Schweiz Bachelorstudiums habe ich be- verschlug es mich in die Fer- schlossen, dass ich noch gerne ne. 5 Jahre lang reiste ich als ein Praktikum machen würde. Zahlmeisterin verschiedens- Da ich Deutsche Philologie stu- ter Schiffe um die Welt. Durch meinen Mann diere, ist die Arbeit bei SOL nicht unbedingt die wurde anschließend Österreich meine Wahl- naheliegendste; weil es mir aber am Herzen heimat, wo ich seit 1992 als kaufmännische liegt, möglichst nachhaltig zu konsumieren, Angestellte arbeite. bin ich seit Januar bei SOL aktiv, um für Umwelt und Nachhaltigkeit einzutreten und Neues zu Als Mutter zweier Töchter ist es mir wichtig, lernen. Gerne gehe ich klettern, seit einem Nachhaltigkeit, so gut es geht, zu leben und zu Jahr mache ich außerdem Yoga und versuche, unterstützen. durch tägliches Meditieren ruhiger zu werden. Aus diesem Grund bin ich unglaublich froh, Im Studium konzentriere ich mich größtenteils mich bei SOL einbringen zu dürfen und mein auf die Sprachwissenschaft. Meine erste Ba- Wissen über Finanzen und Buchhaltung für chelorarbeit habe ich zu geschlechtstypischem einen so großartigen Zweck zu nutzen. Sprechen in Kinderbüchern geschrieben. SOL 179/ Frühling 2020 5
Was uns bei SOL treibt und antreibt Gedanken über die Zukunft. Von Stephan Neuberger, Obmann von SOL. „Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern ge- Gleichzeitig machen mir die Entwicklungen auch erbt, sondern von unseren Kindern geliehen.“ Diese unglaublichen Mut: Nie zuvor waren BürgerInnen indianische Weisheit ist für mich aktuell einer der weltweit so geeint in einer Sache. Nie zuvor war man prägendsten Sätze meines Lebens. Nicht nur darf ich global so vernetzt. Nie zuvor war die Anteilnahme gerade das erste Mal die Erfahrung machen, Vater zu so generationenübergreifend. Und nie zuvor war ein werden, ebenso bin ich durch meine Teilnahme an Thema, das dem Gemeinwohl und nicht nur ein paar Klimastreiks angesichts der unzähligen engagierten Wenigen nutzt, so unüberhörbar wie heute. Jugendlichen emotionalisiert. Die immer noch untä- Das alles gibt mir Zuversicht, dass ein Umdenken tige Politik ist aufgerufen, dringend erforderliche Kli- auch auf politischer Seite in nächster Zeit einsetzen maschutz-Maßnahmen umzusetzen. kann. Und dennoch ist die Herausforderung riesig, und es reicht nicht, nur auf die Politik zu warten. Un- Mitten in einer beispiellosen Zeitenwende ternehmen und Private sind gleichermaßen in der Pflicht, ihre Verhaltensweisen kritisch und ehrlich zu überdenken. Das sind wir unseren Kindern und Kin- deskindern einfach schuldig. Die zukünftige Arbeit von SOL Und genau an diesem Punkt sind auch Organisationen wie SOL gefordert, um bei diesem Prozess des Hinter- fragens zu unterstützen. Mit unseren Projekten und unseren Beiträgen möchten wir helfen, verkrustete Denkweisen aufzubrechen, und versuchen, ökolo- gisch vertretbare Lebensstile aufzuzeigen, vor denen man keine Angst haben muss. Im Gegenteil: SOL war es schon immer ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass die Abkehr vom blinden Konsum eine Befreiung vom Überfluss sein kann. Gewiss ist für mich, dass Umwelt- und Klimaschutz eine immer größere Rolle spielen und viele Menschen auf der Suche nach Antworten sein werden. Durch ge- zielte Bildungsprojekte und Aufklärungsarbeit, aber auch durch aktiven Klimaschutz wie aktuell in Tansa- nia sowie durch die zahlreichen Einzel-Initiativen in Stephan beim 4. Globalen Klimastreik am 29. November 2019 in Wien den Regionalgruppen wollen wir einige dieser Ant- worten liefern. Auch die Einbindung von Freiwilligen Diese Streiks, die bis vor wenigen Monaten auch für in die SOL-Arbeit soll verstärkt werden, und der Ver- meine Wenigkeit – fast schon resignierend – noch ein soll durchaus auch „aktionistische“ Wege gehen, undenkbar waren, sind für mich ein Indikator, in wel- um in der Öffentlichkeit noch sichtbarer zu sein. cher beispiellosen Zeitenwende wir momentan leben. In diesem Sinne hoffe ich, dass die aktuellen Umbrü- Überschattet und angetrieben von der Erkenntnis, che nachhaltige Verbesserungen für unsere Ökosyste- dass in allen Ecken und Enden dieser Welt die Natur- me, unser Klima und uns selbst als Individuen brin- katastrophen – wie von der Wissenschaft prognosti- gen und das kommende Jahrzehnt eines sein wird, wo ziert – rasend schnell zunehmen und die bisherigen unsere Kinder einmal auf uns stolz sein können. Frei politischen Therapien für alle Probleme – wie die nach Kreisky würde ich mich freuen, wenn ihr dabei Hoffnung auf technologischen Fortschritt gepaart mit mit SOL ein Stück des Weges gemeinsam geht und un- noch mehr Wirtschaftswachstum – einfach nicht die sere Arbeit auch in Zukunft unterstützt. Lösung sein können. (1) www.nachhaltig.at/tansania 6 SOL 179/ Frühling 2020
Herbstsymposion 2019 „Wir sind im Garten“ Projekt Die Natur verstehen und sie unterstützen, ist die Devise für den Lebensraum Garten. Liesi Löcker berichtet vom Herbstsymposion der SOL-Regionalgruppe Lungau. Out sind die kahlgeschorenen Rasen und perfekt ge- Robert Siller, Landschafts- zupften Blumen- und Gemüsebeete. Stattdessen gibt gärtner aus Kuchl, brachte es wilde Blumenwiesenecken im Sommer. Im Herbst sehr aufschlussreich nahe, und Winter bleiben Halme stehen, Laub bleibt als was wichtig ist, wenn Blu- Überwinterungsquartier für Insekten und Igel lie- menwiesen angelegt werden. gen. Im Trend sind Mulch-Abdeckungen auf den Bee- Er sprach auch darüber, wa- ten, Hügelbeete und noch mehr Hilfe für Insekten in rum die Wiese nicht sofort Form von Insektenhotels, herumliegendem Totholz blühen kann und wie die und Trockensteinmauern. Pflegemaßnahmen (Mähen) richtig eingesetzt werden Als Auftakt erklärte können. Bienentierärztin Anita Winkler, was es heißt, Einen großen Bogen spann- Bienen und Insekten zu te Josef Andreas Holzer vom verstehen und sie dort Krameterhof (Holzersche zu unterstützen, wo sie Permakultur) zum Thema Bienentierärztin Anita Winkler auf unsere Hilfe ange- Permakultur (= Permanente wiesen sind. Agrikultur) als traditionel- le Form der Landwirtschaft, denn die traditionelle Teil des „Nationalparks Landwirtschaft war eine Subsistenzwirtschaft zur Garten“ sind alle Gär- Ernährung der Menschen, die dort arbeiten und ten, in denen die insek- wohnen. Prinzip dieser Form der Landwirtschaft ist: tenfreundlichen Garte- nelemente eingehalten 1. Das Verstehen der Natur: Technik folgt Natur – Josef Holzer vom Krameterhof werden, dazu kommt und nicht umgekehrt! (Holzersche Permakultur) noch der Verzicht auf 2. Das Erkennen von Kreisläufen wie beispielswei- Pestizide und synthe- se des Energie-/Naturstoffkreislauf tische Düngemittel sowie das Verwenden von torffreier Erde, erklärte 3. Die Reflexion: Fehler erkennen, eingestehen Dominik Linhard von Global 2000. und daraus lernen und dabei die Frage stellen: „Möchte ich an meinem Betrieb Tier, Insekt, Pflanze … sein?“ Dazu gab es noch viele praktische Beispiele wie etwa, welche Unterlagen¹ für die Obstbaumschule verwendet werden und wie mit wenig Wasser viel erreicht werden kann. Beim Brunch am Sonntag konnten beim gemütli- chen Kochen Essen von Gemüse, Eachtling², Obst und Käse noch viele Gartenweisheiten ausgetauscht werden. In der Foto-Ausstellung „TRaumgarten“ zeigten 10 GärtnerInnen ihren Garten/Terrasse. Die Bilder luden ein, miteinander zu reden und Gartenerfahrungen auszutauschen. Global 2000 zeigte einen kurzen Film über die Pionier-Oase in Wien (www.nachhaltig.at/pionier-oase) in Wien mit SOL-Urge- Landschaftsgärtner Robert Siller stein und Bauerngolfer Herbert Floigl. (1) Eine Unterlage wird meist beim Veredeln von verholzenden Pflanzen verwendet, sie besteht aus dem Wurzelsystem einer Pflanze und einem Teil des Stammes. (2) Die Kartoffel heißt im Lungau Eachtling SOL 179/ Frühling 2020 7
Kreative Bauerngolf-Spielgeräte Projekt Von Herbert Floigl und Eva Kranzelbinder. Bauerngolf wird im Regelfall im frei- Das „Bauerngolfcasino“ ist platzspa- en Gelände gespielt, und die einzelnen rend und wird gerne bei Indoor-Bene- Stationen, die bewältigt werden müs- fizveranstaltungen eingesetzt, wo der sen, richten sich nach den vorhandenen Gewinn wohltätigen Zwecken zuge- Gegebenheiten, Materialien und Gerät- führt wird. schaften. Wir haben nun aber auch spezielle Bauerngolfspielge- Bauerngolf-Multigerät räte mit Spielvarianten entwickelt, die fix aufgestellt Auf diesem transportablen Gerät sind sieben Aufga- werden können oder transportabel ausgeführt sind. ben eingebaut, die jeweils von einem Startplatz zu bewältigen sind. Gezählt wird wie beim Stationen- Heute stellen wir euch das Bauerngolfcasino und das golf, wo es für die erste Übung einen Punkt gibt, für Bauerngolf-Multigerät vor. Beide Varianten benötigen die zweite Übung zwei Punkte usw., also insgesamt wenig Platz (von 2-6 m²) und können sowohl innen als 28 Punkte erreicht werden können! auch im Freien gespielt werden. Casino-Station im Einsatz Bauerngolfcasino Bauerngolf-Multigerät Hier handelt es sich nicht primär um ein spezielles Gerät, sondern um eine Spielvariante mit einer klei- Auf www.bauerngolf.at erfährst du nähere Details nen Scheibtruhe und kleinen Stiefeln. zu den Geräten und Spielregeln. Bauerngolf – ein Projekt von SOL. In die Scheibtruhe sind sieben Stiefel in drei ver- schiedenen Größen zu werfen, wobei jeder Stiefel- größe eine bestimmte Punkteanzahl zugeordnet ist. Die vorgestellten Bauerngolf-Spielgeräte entstanden nach Ideen der Bauerngolfer und wurden in Koope- SiegerIn bei der einfachsten Zählvariante ist, wer die ration mit Sozialeinrichtungen und einem Biobauern meisten Punkte erreicht. entwickelt und hergestellt. Es sind aber auch andere kreative Varianten zur Sämtliche Geräte sind im Essbaren Tiergarten von Punkteermittlung möglich, insbesondere, wenn die Josef Zotter im Einsatz und werden, soweit trans- Spieler gegen das „Casino“ antreten. portabel, auch bei temporären Veranstaltungen verwendet. Nach Wunsch stellen wir die Geräte auch bei euch, nach individueller Abklärung, auf. 8 SOL 179/ Frühling 2020
Nachhaltige Entwicklung Warum es Nachhaltigkeit „morgen und anderswo“ braucht. Von Maria Peer, SOL. Vor über 20 Jahren wurde das SOL-Logo entworfen. Auch heute ist die Botschaft hinter dem Logo so aktuell wie damals, und deshalb möchten wir diese wieder in Erinnerung rufen: Räumliche Dimension: Unsere Erde, unser Planet Berücksichtigung des „Anderswo” Zeitliche Dimension: Zukunft des Menschen und unseres Planeten Berücksichtigung des „Morgen” Das SOL-Logo beinhaltet sowohl ein Symbol für den räumlichen, als auch für den zeitlichen Aspekt der Nachhal- tigkeit (siehe Bild). Räumlicher Aspekt der Nachhaltigkeit Niveau einpendeln muss, das für unsere Erde tragbar ist. Auch künftige Generationen sollen eine Umwelt Das erste Symbol des SOL-Logos – der Kreis vorfinden, die ein Leben in Fülle und Schönheit ermög- – stellt die Erde, unseren Heimatplaneten, licht. Die Grenzen dieses fortwährenden Wirtschafts- dar. Er veranschaulicht die räumliche Di- wachstums zeigen sich sowohl auf sozialer Ebene (z.B. mension und erinnert uns daran, dass wir über den durch Ungleichverteilung, Armut und Hunger in vielen Horizont unserer täglichen, erlebten Welt, unserer Teilen der Welt) als auch auf ökologischer Ebene, unter Wohnung, unseres Arbeitsplatzes und unseres Wohn- anderem durch den Klimawandel und Artensterben in orts hinausblicken wollen. Wir wollen uns fragen, wo- den letzten Jahrzehnten. her die Produkte, die wir kaufen, kommen und wie wir mit unserem Lebensstil andere Erdteile beeinflussen. Was jetzt? Beispiele: Jeder Mensch in Österreich erspart sich durch • Die ungerechte Entlohnung von Menschen in soge- nicht-nachhaltige Einkaufspreise eine Menge Geld. Un- nannten Entwicklungsländern macht zwar Produk- ser Wohlstand geht also auf Kosten der Menschen von te für uns wesentlich billiger, ist aber nur auf Kosten Morgen und der Menschen Anderswo. Wir wollen we- der Menschen in diesen Regionen möglich und führt der auf Kosten der zukünftigen Generationen noch auf zu Armut und Hunger. Kosten der Menschen in anderen Erdteilen leben und • Durch eine Landwirtschaft, die Boden und Ressour- einen solidarischen und ökologischen Lebensstil anstre- cen in Ländern mit wenigen Regulierungen ausbeu- ben. Oder wie das Umweltbundesamt schreibt: „Nach- tet, werden zwar ebenfalls viele unserer Konsum- haltige Entwicklung entspricht den Bedürfnissen artikel billiger, es werden dadurch aber Ökosysteme der heutigen Generationen, ohne die Möglichkeiten stark belastet, Lebensräume von Tieren und Pflan- künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen zen und unsere eigene Lebensgrundlage zerstört. Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“.¹ Deshalb braucht es (unter anderem) Zeitlicher Aspekt der Nachhaltigkeit Produktpreise, die die wahren verursachten Kos- ten abbilden und so zu einem nachhaltigeren Das zweite Symbol ist eine Kurve, die das exponentielle Einkaufsverhalten anregen. Wachstum darstellt, auf das unser derzeitiges Wirtschaftssystem ausgelegt ist. Da wir auf ei- nem Planeten mit endlichen Ressourcen leben, Mehr Infos dazu findest du in der 2. Auflage unseres Heftchens ist uns klar, dass ein solches fortwährendes Morgen und Anderswo, die seit November 2019 erhältlich ist: kostenlos auf www.nachhaltig.at/mua.pdf oder für 50 Cent in Wachstum nicht möglich sein kann, sondern unserem Shop www.nachhaltig.at/shop sich unser Konsum und unsere Lebensweise auf einem (1) www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/nachhaltigkeit/nachhaltig SOL 179/ Frühling 2020 9
Unser Spendenkonto: SOL braucht deine Spende. Kontoinhaber: SOL IBAN: AT56 1200 0004 5501 5107 Bei SOL arbeiten viele Ehrenamtliche für einen solidarischen, ökologischen Lebensstil. Dennoch brauchen wir auch finanzielle BIC: BKAUATWW Unterstützer: • Es fallen Sachkosten an, z.B. Druck (nach höchsten Umwelt- standards) und Porto für unser SOL-Magazin, Büromiete usw. • Für die Koordination und Unterstützung der aktiven SOLis, pro- fessionelle Verwaltung und Vernetzung mit anderen Initiativen geht es nicht ohne einige Teilzeitangestellte. • Um unsere Ideen für einen gesellschaftlichen Wandel beispiel- haft umzusetzen, machen wir Projekte. Diese werden aber nur zu 80-90 % gefördert, den Rest müssen wir aus Eigenmitteln Lis (= Spenden) finanzieren. SO e tiv Ak SOL-Büro: office@nachhaltig.at 0680/208 76 51 Spenden an SOL sind seit 25.3.2019 steuerlich absetz- bar1. Dazu brauchen wir allerdings dein Geburtsdatum, deinen exakten Namen (wie am Meldezettel!) und deine Erlaubnis, diese Daten ans Finanzamt weiterzuleiten. Das kannst du uns unter www.nachhaltig.at/spenden-2 (oder per Post an SOL, Sapphog. 20/1, 1100 Wien) mitteilen. Das SOL-Magazin ... ... zeigt vierteljährlich die Vielfalt unserer Aktivitäten. Der formale Abo-Preis beträgt 3,60 € pro Jahr und ist seit der Ver- einsgründung 1979 unverändert. Die realen Kosten sind heute bei weitem höher, aber wir wollen, dass niemand aus finanziel- len Gründen aus der Gemeinschaft der SOLis ausgeschlossen ist. Daher bitten wir um eine Zahlung nach Selbsteinschätzung. Das heißt: Wenn du einen beliebig hohen Beitrag leistest, bekommst du ein Jahr lang das SOL-Magazin per Post. (1) ausgenommen € 3,60/Jahr. Detaillierte Begründung dafür: www.nachhaltig.at/warum360 Probeabo: Wir schicken dir gerne zum Kennenlernen die nächsten drei Ausgaben kostenlos und unverbindlich zu. Bitte bestell auf www.nachhaltig.at/shop oder kontaktiere uns (siehe oben). Dein Dauerauftrag Ein fixer monatlicher Beitrag ist der einfachste Weg, SOL zu unterstützen, und ermöglicht uns längerfristige Planung. Du kannst bei deiner Bank einen Dauerauftrag einrichten oder den Abschnitt unten ausfüllen und an uns senden. Auf Wunsch bekommst du von uns ein kleines Geschenk. Dauerauftrag Empfänger: SOL. IBAN = AT56 1200 0004 5501 5107, BIC = BKAUATWW. AuftraggeberIn: Name des/r KontoinhaberIn: ............................................................................................................... Adresse des/r KontoinhaberIn: .................................................................................................................................... Bank des/r KontoinhaberIn: ........................................... IBAN des/r KontoinhaberIn: ................................................... BIC: ........................................... Betrag: ..............€ (in Worten: ...............................................................................) Termin: monatlich zum 5. des Monats. Beginn ab sofort, ein Widerruf ist ohne Angabe von Gründen jederzeit bei deiner Bank möglich. Für Rückfragen: Tel.: ........................................................ Email: ............................................................................... Datum: ............................. Unterschrift: .............................................................. О Ich möchte bitte ein Geschenk! Bitte ausschneiden, unterschreiben und im Kuvert an SOL, Sapphogasse 20/1, 1100 Wien senden. DANKE! 10 SOL 179/ Frühling 2020
Agenda 2030 in Österreich: Was muss noch passieren? Wenn das „gute Leben für alle“ Wirklichkeit werden soll, muss die Politik aktiver werden. Von Kristin Doppelreiter. Die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung¹ (SDGs oder Österreichs Bestrebungen nicht Agenda 2030) sollen die Welt für globale Herausforde- ausreichend rungen unserer Zeit wappnen. Als 2015 alle UN-Mit- gliedsstaaten die Ziele unterschrieben haben, sind sie Im zivilgesellschaftlichen, wirtschaftli- die Verpflichtung eingegangen, die SDGs bis 2030 in chen und auch universitären Bereich gibt Eigenregie zu erreichen. Doch wie weit sind wir in Ös- es zahlreiche Beispiele, wie die SDGs er- terreich mit der Umsetzung der Agenda 2030? folgreich umgesetzt werden können. Das Interesse der Bevölkerung an der Umset- Die SDGs sind ein nützliches Werkzeug, um sich als zung der Agenda 2030 ist also auf jeden Staat, Unternehmen oder Zivilgesellschaft gut für Kri- Fall gegeben. senzeiten aufzustellen. Nicht umsonst werden die Ziele Kristin Doppelreiter ist oft als Kompass für eine nachhaltige Zukunft oder ein Auf politischer Ebene tut sich seit 2015 SDG-Botschafterin. Die gutes Leben für alle bezeichnet. hingegen zu wenig. Der Rechnungshof SDG-BotschafterInnen sind hat bereits 2018 einen Statusbericht zur eine junge Initiative, die Da alle Punkte der Agenda ineinander greifen und auch sich für das Erreichen der Umsetzung der Agenda 2030 in Öster- SDGs und deren Vermittlung dezidiert als gleichrangig angesehen werden, ist klar, reich veröffentlicht,³ in dem einige kon- einsetzen. Mehr unter: dass es für die Umsetzung ein kohärentes, ganzheitli- krete Kritikpunkte aufgezeigt wurden. So www.sdg-botschafterinnen.at ches Konzept braucht. fehlten etwa die zentrale Steuerung, eine Umsetzungsstrategie und vor allem die Priorität der Agen- da 2030 in den Plänen der vergangenen zwei Bundesre- gierungen. Auch die Bericht- legung der Regierung lässt zu wünschen übrig: Bis 2030 sol- len alle Mitgliedsstaaten zwei umfassende Berichte an die High-Level-Political-Forum (HLPF) der UNO liefern. Ös- terreich gibt seinen ersten Be- richt 2020 ab – zum spätest- Die UN-Ziele für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) möglichen Zeitpunkt und als einer der letzten EU-Staaten. Staaten wie Finnland gehen hier mit gutem Beispiel voran: Über Lückenanalysen und die Implementierung Handlungsbedarf einer Kommission für nachhaltige Entwicklung hin zur Wir brauchen mehr Engagement von Seiten der Poli- Einrichtung eines zivilgesellschaftlichen Panels, das tik! Wie soll ein so hochgestecktes Ziel wie die SDGs die Umsetzung der Ziele beurteilt, hat die finnische innerhalb eines Jahrzehnts erreicht werden, wenn es Regierung in allen möglichen Bereichen Maßnahmen nicht einmal einen ministerienübergreifenden, kon- gesetzt, die zu einer effektiven und koordinierten Um- kreten Plan dafür gibt? Wie soll man Fortschritte mes- setzung der SDGs beitragen und diese vorantreiben. sen, wenn es keine ausreichende Bestandsaufnahme Vor allem die Einbindung des Parlaments und die Er- oder Lückenanalyse gibt? Wie sollen Jugendliche das stellung eines SDG-gerechten Staatsbudgets seit 2016 Erreichen der Agenda 2030 einfordern, wenn sie in tragen sicher stark dazu bei, dass Finnland im Euro- den Lehrplänen nicht einmal vorkommt? pa-Ranking zur Erreichung der Agenda 2030 an vor- derster Front mitspielt, während Österreich weit abge- Es gibt Lichtblicke, doch momentan sind es vor allem schlagen auf Platz 24 dahinstolpert.² Worte, die von der Politik gesprochen werden und de- nen bisher zu wenige Taten folgen. (1) www.nachhaltig.at/SusA73.pdf (2) vgl. Senat der Wirtschaft Österreich, 2019, https://senat-oesterreich.at/manews/2019-nr-2-sdgs/ (3) Bericht des Rechnungshofes: Nachhaltige Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, Umsetzung der Agenda 2030 in Österreich, 2018, www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Entwicklungsziele_Vereinten_Nationen_2030.pdf SOL 179/ Frühling 2020 11
Solidarische Landwirtschaft in Villach Ein Übungsraum für ein anderes Wirtschaften, wo in den letzten Jahren sowohl Pro- duzentInnen als auch KonsumentInnen vieles lernten. Von Birgit Zeitlhofer Klaus Maier (mein Lebenspartner) und trum) gebracht. Zeitweise war das Angebot sehr viel- ich sind 2013 nach Radenthein in Kärnten fältig und reichhaltig. Es gab Milch von Kuh und Ziege, gezogen, auf einen Bergbauernhof zu Ulla Milchprodukte, Brot, Fleisch und Gemüse. und Michi Kerschbaumer, weil wir vom Gedanken der solidarischen Landwirt- schaft begeistert waren. Ulla und Michi waren schon 2-3 Jahre auf dem Hof und haben gerade begonnen, mit einer Gruppe (Kärnöl¹) in Villach Kontakt aufzunehmen, auf der Suche nach einer verbindlicheren Birgit Zeitlhofer hat eine und verantwortungsvolleren Beteiligung Umschulung zur landwirt- schaftlichen Gärtnerin von „KonsumentInnen“. Nach einigen Ge- gemacht, mit Praktikum bei sprächen mit der Gruppe haben wir uns einer Demeter-Gärtnerei in noch im selben Jahr (2013) getraut, die Linz, und ist nun Haupt- verantwortliche der solida- solidarische Landwirtschaft zu starten. Es rischen Landwirtschaft in war die erste in Kärnten. Der Anfang war Villach. Foto: Michael Thun schwer: für Ulla und Michi, weil es klar Klaus Maier war, dass sie ihren gut funktionierenden Marktplatz aufgeben werden; für die „KonsumentIn- Im Winter, wenn es kein Gemüse gab und die Ziegen nen“, weil sie noch keine Vorstellung hatten, was sie und Kühe trockengestellt waren, war die Lieferung an Lebensmitteln bekommen werden und wie wir mit auch einmal eher wenig. Im Sommer 2014 hatten wir dem vereinbarten Geld wirtschaften würden. in Kärnten eine schlimme Dürre. 3 Monate hat es so gut wie nicht geregnet. Die Wiesen wurden braun, und die Heuernte war mickrig. Ich denke, das war die ers- te „Feuerprobe“ für die CSA Villach (CSA = Community Supported Agriculture = „solidarische Landwirtschaft“ auf Englisch). Es war klar, dass wir weniger produzie- ren werden können und trotzdem mehr Geld brauchen, um Heu für den Winter zu kaufen. Als Gruppe haben wir die Situation gemeistert. Nur noch Gemüse Klaus und ich haben den Gemüseanbau am Hof aus- gebaut und einen Teil des Gemüses in Villach im inter- kulturellen Gemeinschaftsgarten „Regenbogenland“ Das „Regenbogenland“ mit den Beeten der solidarischen angebaut. Sie haben uns 1.500 m² von ihrer Fläche Landwirtschaft (oben) und dem kleinteiligen interkulturel- len Gemeinschaftsgarten (unten) überlassen – einen Großteil ihrer verfügbaren Fläche (siehe Foto). Dies erforderte Mut auch von den Verant- Gemeinsam geschafft wortlichen des Gemeinschaftsgartens. Es hat sich aber im Laufe der Zeit als eine konstruktive Kooperation Wir hatten von Beginn an keine festgelegten „Erntean- herausgestellt. Die Jahre vergingen. Veränderungen tra- teile“ und auch keine festgelegten Beiträge, d.h. wir vom ten ein, Ziele haben sich verändert. Und wir, Klaus und Hof haben zu Jahresbeginn der Gruppe ein Hof-Budget ich, konnten uns in die neuen Gegebenheiten nicht so vorgelegt, und jeder Teilnehmende hat seinen Anteil recht einfügen. Also haben wir uns entschlossen, vom daran frei gewählt. Unglaublicherweise hat dies in den Hof wegzugehen. Ulla und Michi haben die CSA beendet ersten Jahren immer ziemlich genau zusammengepasst, und liefern ihre Milch seitdem in die von ihnen mitge- obwohl die Beiträge teilweise sehr auseinandergingen. gründete Käserei-Genossenschaft². Einmal die Woche haben wir alles, was wir produzier- ten, nach Villach in den „Kreml“ (ein Begegnungszen- Klaus und ich sind 2016 nach Villach gezogen, haben den Gemüseanbau dort intensiviert und die CSA-Grup- (1) www.kaernoel.at (2) www.kaslabn.at 12 SOL 179/ Frühling 2020
pe weiter mit Gemüse ver- So läuft es derzeit ab sorgt. Für mich bedeutete dies, nun mehr Verantwortung zu Die „KonsumentInnen“ ver- übernehmen: die Kommuni- pflichten sich für ein Jahr, die kation mit der CSA-Gruppe Kosten des Gemüseanbaus zu zu pflegen, neue Mitglieder übernehmen, dafür bekom- zu suchen, die Finanzen im men sie die gesamte Ernte. Überblick zu bewahren, die Bei guten Wetterbedingun- solidarische Idee zu fördern ... gen ist dies mehr, bei schlech- Natürlich bin ich nicht alleine ten (wie z.B. Hagel) aber auch mit diesen Aufgaben. Da sind Mitglieder helfen immer wieder mal unentgeltlich mit weniger. Der Betrieb wird 30 CSA-Mitglieder, die sich und bekommen dabei mehr Einblick in unsere Arbeit von Hans und mir geführt. bemühen, ihren Teil zum Pro- Wir präsentieren zu Jahres- jekt beizutragen; da ist Hans, der uns im Gemüseanbau beginn das benötigte Budget. Die Mitglieder geben unterstützt und neue Anbaumethoden einbringt; da bekannt, welchen individuellen Beitrag jeder leisten ist Klaus, der eigentlich aufgrund seines Alters schon kann. Wenn die Beträge nicht reichen, beraten wir etwas „kürzer treten“ will und dennoch immer „mitan- gemeinsam, wie wir zu einer Lösung kommen. Wir packt“ und Impulse gibt. haben darin schon etwas Routine. Und doch merke ich das „Mehr“ an Verantwortung. Wir geben den Mitgliedsbeitrag bewusst nicht vor Von meinem natürlichen Temperament her bin ich kein und betonen auch immer, dass der Beitrag nicht mit Mensch, der sich sehr darum „reißt“ oder gerne im Mit- dem Entnommenen übereinstimmen muss, solange telpunkt steht (z.B. bei Jahreshauptversammlungen) es für die Gruppe tragbar ist. Z.B. sollte eine alleiner- oder andere von einer Idee begeistert. Aber die Situa- ziehende Mutter, die viel Bedarf an Gemüse hat, mit tion ermöglicht es, dass ich in meinem Temperament einem kleinen Beitrag mitmachen können. Dies funk- nicht steckenbleibe, sondern mein Potenzial erweitern tioniert aber nur, wenn es von der Gruppe ermöglicht kann. wird. Für mich war der CSA-Gedan- ke immer auch ein großes Übungsfeld – für alle Beteilig- Die Mitglieder können das Gemüse zweimal die Woche abholen: ten. In unserer Zeit braucht es • Dienstag ab 18.30 Uhr im Begegnungszentrum „Kreml“. Wir sind ungefähr eine dreiviertel Stunde Übung, sich wirtschaftlich nicht vor Ort. Gleichzeitig trifft sich dort schon seit Jahren eine Gruppe namens „Kärnöl“ und die SOL-Re- nur für sich selbst verantwort- gionalgruppe Kärnten, um zu diskutieren, politisieren und sich auszutauschen. Außerdem kommt der lich zu fühlen, sondern solida- „Ertl“-Bauer und bringt frische Rohmilch und Joghurt. risch mit seinem Umkreis zu • Freitag im Garten in St. Ruprecht bei der evangelischen Kirche von 7.30-11.00 Uhr. sein. Es braucht Übung, die Jede/r entnimmt mit Rücksicht auf das Angebot und den Bedarf der anderen das, was er oder sie möch- Rolle der ProduzentInnen und te. Es gibt keine vorgefertigten Kisten. Für manche ist dies am Anfang eine Herausforderung, aber es der KonsumentInnen loszulas- haben sich alle schnell „eingelebt“. sen. Es braucht Übung, einen Wir bauen eine Vielzahl an Gemüse an, ziehen unsere Pflanzen selbst, bemühen uns um einen biolo- vielfältigen, gesunden Gemü- gisch-dynamischen Anbau, sind jedoch nicht zertifiziert. Eine Vollversorgung an Gemüse können wir nicht sebetrieb aufzubauen und zu gewährleisten. Z.B. gibt es nicht immer Zwiebeln oder Karotten. Von März bis ca. Mitte Mai haben wir gar erhalten. Es braucht Übung, mit nichts. Auch gibt es ein paar Kulturen, die ich zurzeit nicht anbaue, wie Sellerie, weil sie auf unserem saisonalem Gemüse zu kochen Boden nicht gut wachsen. und sich nicht über die Schne- Die CSA Villach hat 2 bezahlte MitarbeiterInnen. Unsere 30 Mitglieder geben im Durchschnitt 1.000 € pro cken im Salat zu ärgern. Jahr, mit einer Schwankungsbreite von ca. 500 € bis 2.000 €. Eine monatliche Zahlung ist möglich, aber Es gibt noch vieles, was wir als man sollte ein ganzes Jahr (von April bis Ende März) dabeibleiben. Wenn doch einmal wer aussteigen will, Gruppe besser machen könn- finden wir eine Möglichkeit – das ist auch schon vorgekommen. ten, aber wir sind auf dem Weg, Mehr als 30 Mitglieder können wir nicht versorgen. Wir wollen nicht expandieren, freuen uns aber, wenn und das motiviert mich immer neue solidarische Landwirtschaften entstehen. Wer bei uns Mitglied werden will, kommt auf eine Wartelis- wieder von Neuem. te, die derzeit nicht allzu lang ist. Kontakt: birgit.zeitlhofer@gmx.at SOL 179/ Frühling 2020 13
Besser ohne Wachstum: Anders Wirtschaften Der Wandel zu einem guten Leben für alle ist mit dem jetzigen Wirtschaftssystem nicht möglich. Alternativen werden diskutiert und entwickelt. Von Andreas Exner. Soziale Bewegungen wie Fridays for Future begin- Die Wirtschaft wächst daher auch ohne politische nen, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Lö- Eingriffe. Dafür ist nicht nur die Ausweitung der sungsstrategien nicht einfach darin bestehen, neue Produktion verantwortlich, die von der Konkurrenz Technologien einzusetzen und die Effizienz weiter erzwungen wird. Sie ergibt sich auch daraus, dass zu steigern. Denn die Art, wie die meisten Menschen die Art des Wirtschaftens, die heute dominiert, von im Globalen Norden produzieren und konsumieren, Märkten abhängt. Auf Märkten werden Güter und muss grundlegend verändert werden. Dienstleistungen gegen Geld getauscht. Alle Mittel, die ein Unternehmen zur Produktion benötigt, müs- sen gekauft werden, und alles, was produziert wird, muss verkauft werden. Unter diesen Umständen ver- gleicht ein Unternehmen notgedrungen Ausgaben in Geld mit Einnahmen in Geld. Ausgaben und Einnah- men haben denselben Maßstab: Geld. Von sich selbst kann sich Geld nur der Menge nach unterscheiden. Gleich viel einzunehmen wie auszugeben, macht un- ter dem Gesichtspunkt rein marktwirtschaftlichen Handelns keinen Sinn. Weil Geld an sich kein kon- kretes Bedürfnis befriedigt, gibt es für die Geldver- mehrung als solche keine Grenze. Geld macht nicht satt. Deshalb ist das Wachstum im Rahmen einer Geldwirtschaft unersättlich. Zugleich bleiben jene Bedürfnisse ungesättigt, die sich nicht am Markt mit Geld Gehör verschaffen können. Drang und Zwang zum Wachstum Seit vielen Jahren werden alternative Wirtschafts- weisen, die den Menschen und Beziehungen ins Zentrum stellen, diskutiert und weiterentwickelt. So fand im Jahr 2008 die erste internationale Konferenz zu „Degrowth“ statt. Der Begriff ist nicht leicht ins Deutsche zu übertragen. Meist wird hier von „Post- wachstum“ gesprochen. Die Kernfrage: Wie kann ein System überwunden werden, das auf fortlaufendem wirtschaftlichem Wachstum beruht? Dieses Wachstum wird in ökonomischen Statisti- ken als jährliche Zunahme des gesamten Werts aller Foodcoop in Wien-Aspern Güter und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft gemessen. Darauf zielt im Regelfall die Wirtschafts- politik. Denn Wachstum gleicht unter anderem Ra- Die Probleme des Wirtschaftswachstums tionalisierungen aus. Neue Maschinen steigern die Die eigentliche Problematik des Wirtschaftswachs- Arbeitsproduktivität: Mit weniger Arbeit wird gleich tums besteht nicht darin, dass monetär bemessene viel (schneller) hergestellt. Wenn die Produktion Leistungen (Güter, Dienstleistungen) zunehmen. Än- wächst, behalten Menschen dennoch ihren Arbeits- dert man den Indikator solchen Wachstums, kann platz. Weil in einer Marktwirtschaft alle Unterneh- auch eine Wirtschaft mit weit weniger Gütern (und men in der Konkurrenz bestehen müssen, sind sie mehr persönlichen Dienstleistungen) wachsen. Nur freilich auch gezwungen, so viel bzw. so effizient zu bleibt ein solcher Indikator dem Profitmotiv äußer- produzieren wie möglich. lich. Das herkömmliche Maß für Wirtschaftswachs- (1) Siehe z.B. https://eeb.org/library/decoupling-debunked/ 14 SOL 179/ Frühling 2020
tum drückt aus, dass konventionelle Unternehmen Postwachstum: Eine offene Frage, die in der Regel einen Überschuss im Vergleich zu den drängt Einnahmen der Vorperiode erzielen (müssen), d.h. Profit. „Schrumpfen“ können sie in finanzieller Hin- Von dieser Problematik geht die Debatte um Post- sicht gar nicht, denn das gilt als „Bankrott“. wachstum aus. Sie dreht sich erstens um die Frage, wie im Globalen Norden weniger produziert und Dass Dienstleistungen in ökologischer Hinsicht ei- zugleich mehr Lebensqualität geschaffen werden nen Ausweg bieten, ist fraglich. Die Ökonomien des kann – sodass in Regionen des Globalen Südens die Globalen Nordens sind bereits sehr dienstleistungs- Wirtschaft noch weiter wachsen kann, dort also, wo intensiv – aber verbrauchen deshalb nicht weniger tatsächlich mehr Güter und Dienstleistungen not- Ressourcen. Eine absolute „Dematerialisierung“ wendig sind. von Wirtschaftswachstum ist nicht zu beobachten.¹ Tatsächlich benötigen die meisten Dienstleistungen viel Energie und andere Ressourcen. Sie zielen vor allem darauf, Produktion und Verkauf von materiel- len Gütern zu beschleunigen. Zudem hat sich ein Teil der industriellen Produktion in den Süden verlagert. Persönliche Dienstleistungen wie Pflege, Betreuung, Bildung und Kultur sind für die auf Wachstum ori- entierte Wirtschaftsweise nur von geringem Inter- esse, weil sich dort die Arbeitsproduktivität kaum steigern lässt. Auch in solchen Bereichen wäre ein Wachstum jedenfalls begrenzt. Die Probleme einer Wirtschaftsweise, die sich am Profit orientiert, sind nicht auf die Emission von Treibhausgasen beschränkt. Das Wirtschaftswachs- tum geht allgemein damit einher, dass mehr Res- sourcen verbraucht und mehr Abfälle und Abgase in die Umwelt im buchstäblichen Sinn entsorgt werden. Viele hoffen demgegenüber auf weitere Effizienz- steigerungen. Produkte sollen mit weniger Ressour- ceneinsatz hergestellt werden. Doch ist die Steige- Zweitens beschäftigt sich die Debatte um Post- rung der Effizienz mit dem Wirtschaftswachstum wachstum mit der Frage, wie eine Wirtschaftsweise eng verbunden. Sie wird üblicherweise kompensiert, beschaffen sein muss, damit sie sich an konkreten weil die Produktenmenge zugleich wächst. Denn Bedürfnissen orientiert und nicht zwangsläufig im- was sich ein Unternehmen an Produktionskosten mer mehr erzeugt. erspart, gibt es in Form von Investitionen zumeist wieder aus, um die Produktion zu erweitern und Neue Wohlstandsmodelle sind dafür ebenso erfor- zu beschleunigen. Auch Konsumierende verwenden derlich wie eine Verkürzung der Arbeitszeit und eingesparte Geldmittel in der Regel erneut für Käufe. soziale Sicherheit, die nicht von Wirtschaftswachs- Dieses Phänomen ist als „Rebound-Effekt“ bekannt. tum abhängt. Um die Produktion an konkreten Be- Und auch erneuerbare Energien sind keineswegs dürfnissen auszurichten, braucht es Formen eines grenzenlos. Beispielsweise ist die Gewinnung von demokratischen Wirtschaftens, das Solidarität ver- Solarenergie den ökologischen, ökonomischen, so- wirklicht und ökologische Belastungsgrenzen res- zialen und mitunter auch den materiellen Grenzen pektiert.² der Verfügbarkeit von Metallen und Landfläche un- Wie das gelingen kann, ist Thema des internationa- terworfen, die für Kollektoren, Speichermedien und len Kongresses „Degrowth Vienna 2020“, der von elektrische Leitungen benötigt werden. Sie muss sich 29. Mai bis 1. Juni in Wien stattfindet und Strategien an den technischen Anforderungen der Stromvertei- für Postwachstum diskutieren wird. lung und -speicherung ebenso wie an den Rhythmen und Mustern der Sonneneinstrahlung orientieren. Mehr Infos: www.degrowthvienna2020.org (2) Siehe „Degrowth in Bewegung(en)“ (2017, oekom; Gratis-Download unter www.degrowth.info/de/); „Postwachstumspoliti- ken“(hg. von F. Adler und U. Schachtschneider, 2017, oekom). SOL 179/ Frühling 2020 15
Pro Wasserstoff Die Firma Fronius kennen viele als Hersteller von Wechselrichtern für Photovoltaik- Module. Sie hält aber auch Wasserstoff für unverzichtbar. Von Thomas Rührlinger Wir müssen unser Energiesystem Wasserstoff wird bereits genutzt vollständig auf erneuerbare Ener- giequellen umstellen. Je früher uns Die Wasserstofftechnologie funktioniert, und Pro- das gelingt, desto mehr Chancen für dukte sind verfügbar! Beispielsweise bietet das Wohlstand, Gesundheit und Sicherheit österreichische Unternehmen Fronius bereits die hinterlassen wir nachfolgenden Gene- Systemlösung Solhub an.¹ Durch die dezentrale rationen! Zum einen müssen wir alle Erzeugung von grünem Wasserstoff können An- vertretbaren Möglichkeiten nutzen, wender wie Gemeinden, Betriebe, Logistikunter- um mit Sonne, Wind und Wasser er- nehmen und zukünftig auch LandwirtInnen sich neuerbaren Strom zu erzeugen. Zum selbst Treibstoff für die eigenen Fahrzeuge her- anderen braucht es Energiespeicher stellen. Bei dieser lokalen Produktion von grünem Thomas Rührlinger ist bei Fronius Internatio- und Möglichkeiten, auch die Mobilität, Wasserstoff kann durch die Abwärme-Nutzungs- nal GmbH für die Ge- die Industrie und den Wärmebedarf möglichkeit ein hoher Gesamtsystemwirkungs- schäftsentwicklung der durch diese erneuerbaren Quellen zu grad von etwa 80 % erreicht werden. Wasserstofftechnologie versorgen. Bestehende Technologien zuständig. und Lösungen wie Pumpspeicher- Es sind bereits seriengefertigte Brennstoffzellen- kraftwerke und Batterien sind wichtig, autos am Markt, welche mit nur 6 kg Wasserstoff können aber nur ein Teil der Lösung sein. über 600 km weit fahren können, und das bei we- nigen Minuten Betankungszeit. Auch startet dem- Ideal für Mobilität und nächst die Auslieferung von wasserstoffbetriebe- Langzeitspeicherung nen LKWs in die Schweiz (1600 Stück).² Wasserstoff kann aus Ökostrom hergestellt wer- Am Weg zur Wirtschaftlichkeit den. Der große Mehrwert ist, dass man damit gro- Häufig kommt das Argument, dass sich diese ße Mengen erneuerbarer Energie speichern kann Technologie nie rechnen wird. Vor nicht mal zwei (auch saisonal), um diese bei Bedarf zu nutzen. Mit Jahrzehnten wurde selbiges auch noch über Pho- Wasserstoff betriebene LKWs, Busse, kommunale tovoltaik gesagt. Mittlerweile ist es ein riesiger Fahrzeuge, Sondermaschinen und Stapler ermögli- Markt. Wasserstoff wird ein wesentlicher Treiber chen große Reichweiten und kurze Betankungszei- der Energiewende, da die ganzjährige Nutzung er- ten bei keinerlei Schadstoffemissionen! Diese Fahr- neuerbarer Energie und die Versorgung der Mo- zeuge verwenden heutzutage Brennstoffzellen, um bilität anders nicht zu bewerkstelligen sein wird. aus dem getankten Wasserstoff Strom herzustellen. Die lokale Erzeugung von grünem Wasserstoff ist Daher ist Wasserstoff als Ergänzung zu Batterien in mittelfristig zu Kosten von 10-12 €/kg definitiv der Elektromobilität zu sehen. realistisch. Viel hängt von den richtigen Rahmenbedingungen und der Anschubfinanzierung ab, um in Stückzah- len und Skaleneffekte zu kommen. Natürlich be- steht auch noch Bedarf an weiterer Produktent- wicklung. Industrialisierung und Kostensenkung stehen im Fokus. Nicht zuletzt kann die heimische Erzeugung von grünem Wasserstoff auch einen enormen Beitrag zur Versorgungsicherheit, zur Reduktion der Im- portabhängigkeit und zur Steigerung der Wert- schöpfung und Exportmöglichkeiten heimischer Solar-Wasserstoff-Tankstelle von Fronius in Thalheim Unternehmen liefern. bei Wels © Fronius International GmbH (1) www.nachrichten.at/;art67,3031238 (2) www.deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/500435 16 SOL 179/ Frühling 2020
Contra Wasserstoff Wegen geringer Effizienz nur wenig sinnvolle Anwendungen. Von Günter Wind, SOL-Taskforce für Energie und Umwelt Heutzutage wird Wasserstoff überwiegend aus oder Strom zu speichern. VOEST tes- Erdgas gewonnen. Sinnvoll kann nur dessen Her- tet, ob damit die Hochofenkohle er- stellung aus Ökostrom sein. Diese ist aber mit setzt werden kann. großen Umwandlungsverlusten verbunden. Es wird mehr Kohlendioxid vermieden, wenn der Wasserstoff als Energiespeicher Ökostrom direkt verwertet wird. für Dunkelflauten Von den zahlreichen diskutierten Einsatzmöglich- Mit der flexiblen Erzeugung von Was- keiten des Wasserstoffs werden nur einige in Zu- serstoff für die Herstellung von Treib- kunft sinnvoll sein: stoffen und für die chemische Indus- trie wird der Speicherbedarf stark Wasserstoff-Fahrzeuge – nur die Ausnahme reduziert, sodass wir in Österreich Günter Wind ist Physiker, Energieberater und leitet mehr als ausreichend Speicherwas- ein eigenes Ingenieurbüro serkraft haben. Andere Länder wie in Eisenstadt, z.B. Niederlande brauchen bei Dun- www.ibwind.at kelflauten (kein Wind, kaum Sonne) eine Absicherung der Stromversorgung. Wasser- stoff ist wegen hoher Verteilverluste und gerin- ger Energiedichte ungünstig. Aus Wasserstoff erzeugte Treibstoffe oder synthetisches Methan können leicht gespeichert werden und können in Wegen hoher Umwandlungsverluste benötigen Wasser- stoffautos dreimal so viel Ökostrom wie E-Autos Blockheizkraftwerken oder Brennstoffzellen zur Strom- und Wärmeerzeugung verwendet werden. Wegen des geringen Gesamtwirkungsgrades von Ein E-Auto fährt mit gleicher Primärenergie dreimal ca. 25 bis 35 % sollte dies die Ausnahmetechno- so weit wie ein Wasserstoff-Auto mit Brennstoffzel- logie sein, wenn Dunkelflauten nicht anderweitig, le. Bei Pkws ist Wasserstoff also eine Energiever- z.B. mit Biomasse, ausgeglichen werden können. schwendung. Für Schwertransporte, landwirtschaftliche Ar- Resümee beitsmaschinen und Flugzeuge sind Akkus noch zu Der Ruf nach Wasserstoff und Technologiever- schwer. Hier kann Wasserstoff eine Möglichkeit sein, besserung sind eine Taktik zur Verzögerung der aber mit hohen Verlusten für Verteilung oder Verflüs- Energiewende. Wir haben bereits funktionierende sigung. Für Flugzeuge muss aus Wasserstoff synthe- Technologien und Strategien. Es geht nur darum, tisches Kerosin hergestellt werden, um die erforder- sie rasch umzusetzen (CO2-Steuer, ...). Neue Ent- liche Energiedichte unterzubringen. wicklungen können eine Erleichterung sein, aber Anmerkung: Anfangs 2019 wurde der Wasserstoff- wir können nicht auf sie warten. bus in Hamburg aus Kosten- und Effizienzgründen Laut Weltklimarat haben wir zur Lösung der Kli- eingestellt und durch Akkuantrieb ersetzt.¹ Im Bur- makrise nur noch ca. 15 Jahre Zeit. Die heute dis- genland und im Zillertal versucht man es trotzdem kutierten Wasserstofflösungen sind bereits ein Er- aufs Neue mit Wasserstoff. gebnis von mindestens 30 Jahre langer Forschung. Die Chancen für bahnbrechende Fortschritte Wasserstoff in der Industrie schätze ich wegen der ungünstigen physikalischen Wasserstoff wird in der chemischen Industrie Eigenschaften des Wasserstoffs als sehr gering (Düngemittel, Metallherstellung) benötigt. Bei ein. Bei Akkus sehe ich hingegen gute Chancen, diesen Anwendungen ist es leichter, bei Strom- mit noch wenig erforschten Feststoffelektrolyten überschüssen Rohmetalle oder Düngemittel zu und unproblematischen Stoffen die Energiedichte erzeugen und auf Lager zu legen, als Wasserstoff um ein Vielfaches zu steigern (z.B. Lithium/Natri- um-Luft-Systeme). (1) www.spiegel.de/auto/aktuell/hamburg-hochbahn-schafft-wasserstoffbusse-wieder-ab-a-1253009.html SOL 179/ Frühling 2020 17
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