Wohnungsmarktbericht NRW 2017 - Wie entwickeln sich Wohnungsnachfrage und Marktanspannung? Was wird gebaut? - NRW Bank
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Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wie entwickeln sich Wohnungsnachfrage und Marktanspannung? Was wird gebaut?
Inhalt Titelseite Inhalt Inklusives Wohnen im Pontanus-Carré in Paderborn Das Pontanus-Carré ist ein Neubauquartier des Spar- und Bauvereins Paderborn eG mit ganz unterschiedlichen altersgerechten und inklusiven Wohnungsangeboten mit und ohne Betreuung. Der erste Bauabschnitt wurde im Jahr 2013 mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung errichtet. Für geistig oder psychisch beeinträchtigte Menschen, die im Alltag Unterstützung benötigen, stehen 24 Wohnplätze in Einzelapartments und Gruppenwohnungen zur Verfügung. Generalmieter und sozialer Dienstleister sind die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Darüber hinaus sind 14 barrierefreie Mietwohnungen entstanden, die der Spar- und Bauverein regulär vermietet. Im Erdgeschoss befindet sich ein Nachbarschaftstreff, der dem gesamten Quartier offensteht. Mehr unter: www.spar-und-bauverein.de Mit freundlicher Unterstützung von: Titel 1. Entwicklung der 6 Spar- und Bauverein Paderborn eG Seiten 3–7, 13, 16, 20–21, 35, 39, 40–41, 58 Christian Lord Otto Wohnungsnachfrage 2. A nspannung der 20 Wohnungsmärkte Seite 23 Wohnungsgesellschaft Rheine mbH Seite 28 BGW Bielefelder Gesellschaft für Wohnen und Immobiliendienstleistungen mbH Seite 55 SWB-Service- Wohnungsvermietungs- und -baugesellschaft mbH 3. Entwicklung des 40 Wohnungsangebots Abbildungsverzeichnis 64 Datengrundlagen 66 Aktuelle Veröffentlichungen der Wohnungsmarktbeobachtung 68 Alle Tabellen, Grafiken und Karten können als Datei angefordert werden. Diesbezüglich und bei weitergehenden Auswertungswünschen wenden Sie sich bitte an die NRW.BANK. Ansprechpartner/Kontaktinformationen: siehe Seite 69. Einen kompakten Überblick über die wichtigsten Erhebungsdaten haben Dieser Bericht ist als PDF-Datei unter wir Ihnen im beigelegten Faltblatt „Wohnungsmarkt NRW auf einen Blick“ www.nrwbank.de/wohnungsmarktbeobachtung als Download erhältlich. zusammengestellt. Wohnungsmarktbericht NRW 2017 1
Vorwort Vorwort Dietrich Suhlrie Mitglied des Vorstands der NRW.BANK Liebe Leserinnen und Leser, 400.000 Wohnungen bis zum Jahr 2020 – so viel zusätzlicher Wohnraum Zum Abbau dieser Hemmnisse gibt es eine Reihe von Ansätzen, die auch wird in Nordrhein-Westfalen benötigt, um mit dem prognostizierten Zuwachs die NRW.BANK aktiv unterstützt. So wurden insbesondere für Kommunen an Haushalten Schritt halten zu können. Das war das zentrale Ergebnis der neue Beratungsangebote geschaffen, beispielsweise um integrierte Stadt- Modellrechnung, die das für Bauen zuständige Ministerium und die NRW.BANK entwicklungskonzepte und lokale Handlungskonzepte zum Thema Wohnen Anfang 2016 gemeinsam vorgelegt haben. Für die Jahre 2016 bis 2020 aufzustellen, schwierige Flächen zu entwickeln und kommunale Wohnungs- bedeutet das einen Bedarf von rund 80.000 Wohnungen jährlich, um die unternehmen zu gründen. Versorgung von Alteingesessenen und Zuwanderern mit Wohnraum sicher- zustellen. Diesen Bedarf umzusetzen ist eine große Herausforderung für Neue Wege wollen wir auch mit dem NRW.BANK.Studierendenwettbewerb alle Akteure des Wohnungsmarkts – für das Land, die Kreis- und Kommunal- „Wachstum in Kooperation – neue Wohnraumangebote in der Region“ auf- verwaltungen, aber auch für die Wohnungswirtschaft und die vielen privaten zeigen. Da viele Kernstädte den erforderlichen Neubau nicht allein bewältigen Haushalte, die in den Wohnungsbau investieren. können, sollen die Umlandgemeinden mehr zur Entlastung der Märkte beitragen – möglichst, ohne dabei in die alten Muster monofunktionaler Der vorliegende Wohnungsmarktbericht NRW zeigt, dass die Bemühungen Eigenheimgebiete zurückzufallen, die der heutigen differenzierten Nach in die richtige Richtung gehen. Die Bautätigkeit erreichte im Jahr 2016 mit frage nicht mehr entsprechen. Die Wettbewerbsbeiträge der neun deutschen 47.200 Wohnungen ein Niveau wie zuletzt vor zehn Jahren. 66.600 weitere und europäischen Hochschulen illustrieren, wie solche neuen integrierten Wohnungen wurden genehmigt und können in nächster Zeit gebaut werden. Quartiere aussehen können, die gleichermaßen auf die Anforderungen der Besonders freut mich, dass die NRW.BANK mit Mitteln der sozialen Kernstadt und des Umlands eingehen. Wohnraumförderung des Landes dazu beitragen konnte, wieder mehr Neubauwohnungen mit günstigen Mieten zu errichten: So wurden im Jahr Nicht zuletzt trägt die Wohnungsmarktbeobachtung der NRW.BANK mit 2016 Fördermittel für den Neubau von 9.300 Wohneinheiten bewilligt, ihren Analysen dazu bei, den Blick für die aktuellen Marktentwicklungen zu davon 7.600 Mietwohnungen sowie 1.700 Wohnheimplätze für Studierende, schärfen und frühzeitig die notwendigen Diskussionsprozesse anzustoßen. Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen. Dieses Rekordergebnis Der vorliegende Wohnungsmarktbericht fasst zentrale Ergebnisse dieser knüpft an die hohen Bewilligungszahlen der 1990er Jahre an. fortlaufenden Arbeit für Sie zusammen. Doch kommen wir nicht umhin festzustellen, dass auch die derzeit hohe Bau Ich wünsche eine interessante Lektüre. tätigkeit noch weit unter dem eigentlichen Bedarf liegt. Das zeigt der unge- brochene Anstieg der Mieten und Kaufpreise. Einem verstärkten Neubau stehen aber auch Hemmnisse im Weg. In den Ballungsräumen, wo der Groß- teil der neuen Wohnungen benötigt wird, gibt es kaum mehr Bauland, das sich kurzfristig aktivieren ließe. So steigen die Grundstückspreise weiter und verteuern damit auch die Neubaumieten und -preise. Dazu kommt, dass nicht Dietrich Suhlrie nur die kommunalen Planungs- und Genehmigungsbehörden, sondern in- Mitglied des Vorstands der NRW.BANK zwischen auch die Bauunternehmen an der Grenze ihrer Kapazitäten arbeiten. 2 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 3
Zusammenfassung und Fazit Zusammenfassung und Fazit Zusammenfassung und Fazit Den vorliegenden Wohnungsmarktdaten zufolge hat Der Bauboom darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, So wächst nicht nur die Nachfrage insgesamt, sondern zeigen die Mieten, die für kleine und altersgerechte die Anspannung auf den nordrhein-westfälischen dass der Neubau mengenmäßig noch nicht ausreicht, auch die Konkurrenz um das schwindende preisgünstige Wohnungen immer noch überdurchschnittlich stark Wohnungsmärkten seit Jahresbeginn 2016 weiter zuge- um den geschätzten Bedarf von jährlich 80.000 neuen Wohnungsangebot. Der Neubau schafft hier nur wenig steigen, dass der Neubau in diesem Segment noch nommen. Das zeigen die Experteneinschätzungen aus Wohnungen in Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2020 Abhilfe, da die steigenden Bodenpreise in den Ballungs- nicht ausreicht. dem NRW.BANK Wohnungsmarktbarometer, aber auch zu decken. Insbesondere in der Rheinschiene, aber auch räumen auch die Erstvermietungsmieten und -kaufpreise die Entwicklung der Mieten und Kaufpreise. Die Wieder- in anderen Großstädten des Landes ist die Kluft zwischen immer weiter steigen lassen. Das Rekordergebnis der Seit Kurzem steigt aber auch die Zahl Familien und vermietungsmieten für Bestandswohnungen sind erneut Neubau und Bedarf noch immer sehr groß. Die größten sozialen Wohnraumförderung in Höhe von 7.600 Bewilli- anderer großer Haushalte mit Versorgungsschwierig- fast landesweit gestiegen, besonders stark aber in den Hemmnisse für mehr Neubau sind nach wie vor die gungen neuer Mietwohnungen sorgt dafür, dass ein Teil keiten auf dem Wohnungsmarkt. Denn infolge des Ballungsräumen und den dynamischen Kreisen. Peu à mangelnde Verfügbarkeit und der hohe Preis geeigneter des Neubaus preisgünstig ist. Doch genügt das nicht, starken Zuzugs aus dem In- und Ausland wächst die peu verschwindet dort günstiger Wohnraum im Zuge Baugrundstücke in den Ballungsräumen. Mit einer voraus- um den Wegfall alter Sozialbindungen im Wohnungs Familienzahl gerade in den Städten, die den stärksten von Mieterwechseln. Ähnliche Preissteigerungen waren schauenden Bodenvorratspolitik und kooperativen bestand zu kompensieren. Anstieg der Mieten und Kaufpreise verzeichnen. Hier – zumindest in den Ballungsräumen – auch bei Eigen regionalen Lösungen könnten die Kommunen hier wird deshalb auch mehr erschwinglicher familienge- heimen und Eigentumswohnungen zu verzeichnen. gegensteuern. Einen weiteren Flaschenhals stellen die Doch nicht allein Anzahl und Preis der Wohnungen sind rechter Wohnraum benötigt. Insbesondere im Umland A bseits der nachfragestarken Märkte gibt es auch begrenzten Kapazitäten in den Kommunalverwaltungen, wichtig – sie müssen auch qualitativ zur heutigen Nach- und in den ländlichen Räumen sollten die Potenziale weiterhin Kommunen mit stagnierenden bis sinkenden aber auch in der Bauwirtschaft dar, die derzeit die frage passen. Denn zeitgleich zur Zuwanderung setzt im Bestand genutzt werden: Mit verstärktem Neubau Eigentumspreisen. höchste Auslastung seit über 25 Jahren verzeichnet. sich der demografische Wandel fort, in dessen Folge altersgerechter Wohnformen für die dortige alternde die Zahl kleiner und älterer Haushalte weiter zunimmt, Bevölkerung würden in den umfangreichen Eigenheim- Die Bemühungen, den Neubau in den Bedarfsregionen Währenddessen wächst die Nachfrage weiter. Den ver- während die der klassischen Familien mit Kindern in den beständen aus den 1970er- und 1980er-Jahren auch anzukurbeln, haben inzwischen Erfolg: 2016 sind rund fügbaren Daten zufolge – amtliche Statistiken lagen bis allermeisten Regionen rückläufig ist. Wie diverse Sozial- mehr Objekte für Familien frei. 47.200 neue Wohnungen entstanden – so viele wie Redaktionsschluss noch nicht vor – dürfte die Einwohner- statistiken zeigen, stellen Alleinlebende auch den zuletzt Mitte der 2000er-Jahre. Anders als damals ist und Haushaltezahl Nordrhein-Westfalens im Jahr 2016 größten Anteil derer, die auf preisgünstigen Wohnraum der Geschosswohnungsbau die treibende Kraft, der mit weiter stark gewachsen sein, vor allem durch Zuzug aus angewiesen sind. 12.000 Miet- und 9.000 Eigentumswohnungen sowie dem Ausland. Die sehr gute Entwicklung von Wirtschaft 5.200 Wohnheimplätzen den größten Teil des Neubaus und Arbeitsmarkt sorgt dafür, dass die Kaufkraft vieler Tatsächlich scheint die Bautätigkeit auf die geänderte ausmachte. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern dagegen Haushalte zunimmt. Dennoch bleibt auch die Zahl der Struktur der Nachfrager zu reagieren: In den vergangenen blieb die Bautätigkeit mit 16.600 Wohnungen auf Langzeitarbeitslosen und Transferleistungsbezieher hoch. zehn Jahren ist sowohl der Anteil wie auch die absolute dem Niveau der Vorjahre. Zusätzlich entstanden allein Der Bedarf an günstigem Wohnraum wird daher nicht Zahl kleinerer Wohnungen im Neubau gestiegen, 5.600 Wohnungen durch Um- und Ausbau bestehender geringer – im Gegenteil: Inzwischen verlassen auch die während die Fertigstellung von Einfamilienhäusern und Gebäude. 2015 und 2016 zugewanderten Flüchtlinge – soweit sie großen Geschosswohnungen rückläufig ist. Allerdings einen anerkannten Schutzstatus haben – die Sammel unterkünfte und suchen Wohnungen auf dem regulären Markt. 4 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 5
Entwicklung der Wohnungsnachfrage Entwicklung der Wohnungsnachfrage 1. Entwicklung der Wohnungsnachfrage Die Wohnungsnachfrage nimmt weiter zu, verändert aber auch ihre Struktur. Kommunen und Investoren müssen Neubau und Bestands investitionen gemeinsam so steuern, dass lebendige Quartiere mit ausreichend Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen entstehen. Die einzelnen demografischen Faktoren sind in den Regionen aber von unterschiedlicher Bedeutung. Nur in den dynamischsten Metropolen und Kreisen basiert das Wachstum auf mehreren Wanderungsströmen. In vielen anderen Regionen entscheiden einzelne Faktoren wie der Zuzug aus dem Ausland oder aus einer benachbarten Großstadt über Wachstum oder Schrumpfung. Die lang fristige Perspektive ist dort deutlich unsicherer. Eine vorausschauende kommunale Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik muss die Entwicklung dieser örtlichen Migrationsmuster deshalb genau im Auge behalten. Zusammenfassung Ähnliches gilt für die Entwicklung der Haushalte- und Familienstrukturen. Der langfristige Trend zur Zunahme Alleinlebender und kinderloser Paare – darunter viele Senioren – hält weiter an, Auch wenn bis Redaktionsschluss noch keine aktuellen Bevölkerungsstatistiken verfügbar waren – ebenso der Rückgang der Familien mit Kindern. Allerdings hat der Zuzug von Flüchtlingen und zahlreiche Indizien deuten darauf hin, dass der Zuzug von außen das Geburtendefizit ausgleichen aus dem EU-Ausland diese Entwicklung etwas gebremst, wenn auch nicht grundsätzlich verändert. konnte und Nordrhein-Westfalen auch im Jahr 2016 weiter gewachsen ist. Daraus folgt eine weiter zunehmende Nachfrage nach kleineren und altersgerechten Wohnungen und – mit Ausnahme der wachstumsstärksten Regionen – ein sinkender Bedarf an Einfamilien Die Zuwanderung aus dem Ausland dürfte in etwa auf dem Niveau der Jahre 2013/2014 gelegen häusern. haben. Der Zuzug aus der EU, insbesondere aus Ost-, Süd- und Südosteuropa, sowie die Binnen- wanderung jüngerer Haushalte in die wirtschaftsstarken Großstädte und Kreise lag, soweit erkennbar, Neben den demografischen Faktoren treibt die positive Entwicklung von Wirtschafts- und Arbeits- auf ähnlich hohem Niveau wie in den Vorjahren. Der große Flüchtlingszuzug, der die Bevölkerungs- markt die Wohnungsnachfrage weiter an. Die Erwerbstätigen- und Beschäftigtenzahlen wachsen, entwicklung seit Sommer 2015 geprägt hat, ist seit dem ersten Halbjahr 2016 beendet. Doch als die Arbeitslosigkeit geht zurück. Infolge des Strukturwandels bleibt allerdings ein hoher Anteil von Wohnungsnachfrager wurden die Flüchtlinge erst im Lauf der Jahre 2016 und 2017 wirklich relevant, Langzeitarbeitslosen, die von der Arbeitsmarktentwicklung weniger profitieren. Das zeigt sich auch seit sie allmählich aus Wohnheimen und Sammelunterkünften auf den regulären Wohnungsmarkt an der Zahl der Transferleistungsbezieher, die erneut zugenommen hat. Unter den Haushalten, die wechseln können. Die wenigen Daten, die dazu vorliegen, legen nahe, dass sich die Flüchtlinge auf günstigen Wohnraum angewiesen sind, befinden sich überproportional viele Alleinlebende, aufgrund der Wohnsitzauflage gleichmäßiger im Land verteilen als die übrigen Zuwanderer. aber auch große Haushalte und Familien. 6 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 7
Entwicklung der Wohnungsnachfrage Entwicklung der Wohnungsnachfrage 1.1 Bevölkerungsentwicklung Zuwanderung aus dem Ausland, verstärkter Für die Einschätzung der weiteren Wohnungsmarkt praxis ein Großteil der Syrer und Iraker) hat die Wirtschaft (IW) veröffentlicht. 5 Sie setzt auf dem Bevöl- Zuzug in die Großstädte, aber auch Alterung entwicklung ist es wichtig zu wissen, inwiefern sich die Bundesregierung den Familiennachzug bis März 2018 kerungsstand von Ende 2015 auf und berücksichtigt prägten die Bevölkerungsentwicklung der verschiedenen Wanderungsprozesse auch im Jahr 2016 ausgesetzt. Ob diese Nachzugssperre verlängert wird, somit den größten Teil des Flüchtlingszuzugs. Deshalb vergangenen Jahre fortgesetzt haben. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich wird derzeit politisch diskutiert. kommt die Prognose gegenüber der letzten IT.NRW- diese Frage jedoch nicht sicher beantworten, da sich die Prognose auch zu deutlich höheren Bevölkerungszahlen, Die Bevölkerungsentwicklung Nordrhein-Westfalens ist Bereitstellung der amtlichen Bevölkerungsdaten bis ins folgt aber einem ähnlichen Kurvenverlauf (Abb. 1.1.2): geprägt von einem alterungsbedingten Geburtendefizit. Jahr 2018 verzögert.1 Verschiedene Indikatoren legen Zuwachs im Jahr 2016 wahrscheinlich, aber Nordrhein-Westfalen würde danach bis zum Jahr 2025 Seit 2010/2011 wird das durch Zuwanderungsgewinne jedoch nahe, dass der Zuzug aus dem Ausland auch im Dimensionen bleiben unklar einen Bevölkerungstand von 18,028 Millionen erreichen aus dem Ausland jedoch mehr als ausgeglichen. Die Jahr 2016 hoch geblieben ist, allerdings eher auf dem (+0,9%), der aufgrund der Alterung bis zum Jahr 2035 wichtigsten Herkunftsgebiete waren die süd- und ost Niveau der Jahre 2013/2014. Im Folgenden werden die Ob durch Flüchtlingszuzug oder Arbeitsmigration fast wieder auf das Ausgangsniveau zurückfallen würde europäischen EU-Staaten, deren Arbeitsmärkte am verfügbaren Daten skizzenhaft dargestellt. aus der EU – in einer Schätzung2 geht das Statistische (+0,5% auf 17,958 Millionen). In diesem Zeitraum steigt stärksten unter der Wirtschaftskrise gelitten hatten. Im Bundesamt davon aus, dass die Bundesrepublik im der Altenquotient6 von 29 (2015) auf 46 Prozent (2035). Jahr 2015 sorgte dann der Zuzug von Flüchtlingen und Jahr 2016 ähnlich starke Wanderungsgewinne verbuchen anderen Asylsuchenden für das stärkste Bevölkerungs- Flüchtlingszuzug seit erstem Quartal 2016 konnte wie 2014 (im Saldo +750.000 Personen) und wachstum seit den 1950er-Jahren. Zusätzlich bewirken rückläufig, … damit auf 82,8 Millionen Einwohner gewachsen ist. Für Abb. 1.1.2: Zukünftige Bevölkerungsentwicklung in innerhalb des Landes Umzüge aus strukturschwächeren, Nordrhein-Westfalen geht IT.NRW von einem deutlich Nordrhein-Westfalen nach Einschätzung verschiedener ländlich geprägten Räumen eine Bevölkerungsverschie- So zeigt ein Blick auf die aktuellen Daten aus dem EASY- niedrigeren Zuzug aus, der eher mit dem Niveau von Prognosen bung in Richtung der Großstädte und wirtschaftlich System, mit dem Flüchtlinge und andere Asylsuchende 2013 vergleichbar wäre. 3 Ergänzend hat die NRW.BANK starken Kreise. registriert und auf die Bundesländer verteilt werden: bei Mitgliedsstädten des „Forum KomWoB“ kommunale Mio. Personen Der starke Zuzug, der die Bevölkerungsentwicklung seit Daten zur Bevölkerungsentwicklung abgefragt4. Danach 19,0 Sommer 2015 geprägt hat, scheint seit Ende des ersten sind alle befragten Städte – darunter auch altindustriell Abb. 1.1.1: Entwicklung des Zuzugs von Flüchtlingen und anderen Quartals 2016 bis auf Weiteres beendet (Abb. 1.1.1). Mit geprägte – im Jahr 2016 erneut deutlich gewachsen. Asylsuchenden nach Nordrhein-Westfalen (ohne Familiennachzug) monatlich 2.800 Personen (Mittelwert Jan.–Sep. 2017) Die kommunalen Wanderungsdaten zeigen weiterhin 18,5 liegt der Zuzug wieder auf dem niedrigen Niveau der starke Zuzüge aus dem Ausland, zum Teil auch aus dem Personen Vorjahre. Die bedeutendsten Herkunftsländer sind nach Inland – möglicherweise auch ein Effekt der Umver tatsächliche Entwicklung 110.000 wie vor die Bürgerkriegsländer Syrien (2017: 21%) und teilung von Flüchtlingen innerhalb des Landes. inkl. Korrektur durch Zensus 2011 Prognose IW 2016–2035 Irak (12%). 18,0 100.000 Aktuelle Prognosen zur zukünftigen Vorausberechnung IT.NRW 2014–2040/2060 90.000 … wird aber erst peu à peu wohnungs- Bevölkerungsentwicklung 17,5 marktrelevant 80.000 Eine Aktualisierung der letzten amtlichen Bevölkerungs- Zwei Einschränkungen sind jedoch zu machen: Zum prognose (2014–2040/2060)) hat IT.NRW in Aussicht Vorausberechnung IT.NRW 2011–2030 70.000 einen bewirkt der verfahrensbedingte Zeitverzug, dass gestellt, sobald Bevölkerungsdaten für 2016 und gege- 17,0 viele Flüchtlinge erst mit Verzögerung in den kommu- benenfalls auch 2017 vorliegen. Die einzige aktuellere 60.000 nalen Melderegistern erfasst werden. Als Nachfrager Prognose für NRW hat im Herbst 2016 das Institut der auf dem Wohnungsmarkt treten sie ohnehin erst nach 50.000 und nach in Erscheinung, wenn sie die Sammelunter- 16,5 künfte verlassen (Kap. 2.4). 2 tatistisches Bundesamt (DESTATIS): Bevölkerung in Deutschland S 40.000 voraussichtlich auf 82,8 Millionen gestiegen. Pressemitteilung 33/17 Zum anderen sind Personen, die im Rahmen des Familien- vom 27. Januar 2017. 3 In Ableitung der Bundesschätzung für 2016 und unter Zugrundelegung 0 30.000 nachzugs zuziehen, in den dargestellten EASY-Zahlen des Landesanteils an den grenzüberschreitenden Wanderungen der 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 gar nicht enthalten. Wie sich der Familiennachzug nach Jahre 2014–2015 (20–24%) wäre für NRW ein Wanderungsgewinn von 125.000 bis 145.000 Personen zu erwarten. Daten von IT.NRW 20.000 Nordrhein-Westfalen entwickelt, ist derzeit nicht abseh- zum 30. Juni 2016 (Pressemitteilung 266/17) gehen dagegen lediglich Daten: IT.NRW (Sozialleistungsstatistik) NRW.BANK 2017 bar (bis Redaktionsschluss gab es dazu weder aktuelle von einem Wanderungsgewinn von 36.300 (bzw. wenn man bis zum Jahresende einen ähnlichen Zuzug unterstellt: 72.600) Personen und 10.000 Zahlen noch Prognosen). Anerkannte Asylberechtigte einem Nettozuwachs von 10.300 (20.600) Einwohnern aus. und Bürgerkriegsflüchtlinge dürfen ihre engsten Familien- 4 Städtenetzwerk „Forum kommunale Wohnungsmarktbeobachtung“ 0 angehörigen nachholen. Für subsidiär Schutzberech- (www.komwob.de). Die Städte führen eigene Bevölkerungsstatistiken Für die Wohnungsnachfrage maßgeblich ist allerdings und müssen deshalb nicht auf die Zahlen der Landesbehörden warten. I/15 II/15 III/15 IV/15 I/16 II/16 III/16 IV/16 I/17 II/17 III/17 tigte allerdings (das ist nach heutiger Anerkennungs Insgesamt elf Städte (darunter acht kreisfreie Großstädte) konnten nicht die Einwohner-, sondern die Haushaltezahl. Auch Daten zur Bevölkerungsentwicklung im Jahr 2016, zum Teil 2017 zur hier gibt es noch keine aktuellen Daten. Für die Zukunft Verfügung stellen. Aufgrund der unterschiedlichen Auswertungs- Daten: Bezirksregierung Arnsberg (Monatszahlen EASY-System) NRW.BANK 2017 raster war kein systematischer Vergleich, durchaus aber Tendenzaus- geht die letzte Haushaltemodellrechnung 2015–2040 sagen möglich. Neben dem Zuzug aus dem Ausland ist der Zuzug aus von IT.NRW (s. Anhang) davon aus, dass die Haushalte- Nordrhein-Westfalen weiter stark. Die meisten Statistiken lassen aber zahl (aufgrund des anhaltenden Trends zu kleineren nicht erkennen, inwieweit es sich bei den Binnenwanderungen um Umverteilungen von Flüchtlingshaushalten innerhalb des Lands handelt. Haushalten, s. Kap. 1.3) anders als die Einwohnerzahl 1 D as Statistische Bundesamt und IT.NRW teilten mit, dass die Einwohner- 5 IW Köln: Bevölkerungsentwicklung in den deutschen Bundesländern auch weit über das Jahr 2025 hinaus noch zunimmt. statistik zum Stichtag 31. Dezember 2016 wegen der Umstellung bis 2035. In: IW-Trends 3.2017, Seite 63–80. der laufenden Bevölkerungsstatistiken auf ein neues Aufbereitungs- 6 Z ahl der über 65-Jährigen im Verhältnis zur erwerbsfähigen verfahren voraussichtlich erst Anfang 2018 veröffentlicht wird. Bevölkerung (15–65 Jahre). 8 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 9
Entwicklung der Wohnungsnachfrage Entwicklung der Wohnungsnachfrage 1.2 Faktoren der Bevölkerungsentwicklung in den Kommunen Wanderungsdynamiken zeigen eine starke Abb. 1.2.1: Anteil der internationalen Migration an den Abb. 1.2.2: Komponenten der Bevölkerungsentwicklung in unterschiedlichen Städten und Regionen regionale Differenzierung Zuzügen 2011–2014 (vor dem Flüchtlingszuzug) a) Düsseldorf b) Duisburg Da die demografische Entwicklung der Regionen in Personen Personen starkem Maß von der Zuwanderung abhängt, sind 15.000 15.000 sämtliche Prognosen mit hohen Unsicherheiten behaftet. Die Kommunen können die Unsicherheit etwas eingren- 10.000 10.000 zen, indem sie die einzelnen Komponenten der Bevölke- rungsentwicklung kontinuierlich beobachten. Neben 5.000 5.000 der Geburten-Sterbe-Bilanz sind das – wie bereits dar- gestellt – die einzelnen Wanderungsströme. 0 0 Innerhalb der Landesgrenzen sind die Binnenwande- –5.000 –5.000 rungen ein wesentlicher Bestandteil der Bevölkerungs- entwicklung. In den vergangenen Jahren war vor allem –10.000 –10.000 ein wachsender Zuzug in die Großstädte zu beobachten. 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Besonders attraktive Ziele sind mittlere Groß- beziehungs- Wanderungssaldo übriges NRW Wanderungssaldo übriges NRW weise Universitätsstädte wie Münster oder Paderborn, Wanderungssaldo übriges Deutschland Wanderungssaldo übriges Deutschland bis 10% (63) Wanderungssaldo Ausland Wanderungssaldo Ausland die in den vergangenen zehn Jahren in erster Linie bis 15% (134) Saldo Geburten/Sterbefälle Saldo Geburten/Sterbefälle durch den Zuzug aus Nordrhein-Westfalen wuchsen. bis 20% (83) Gesamtsaldo Gesamtsaldo bis 25% (48) Infolge wegziehender Absolventen verzeichnen sie oft über 25% (68) leichte Verluste gegenüber dem übrigen Deutschland. NRW: 19% c) Düsseldorfer Umland (Gemeinden der Kreise NE, ME, VIE) d) Werdohl (Märkischer Kreis) Daten: IT.NRW (Wanderungsstatistik) NRW.BANK 2017 Personen Personen Zuzug aus dem Ausland schon vor dem 20.000 400 Flüchtlingszuzug wichtigster Faktor in den meisten Großstädten, aber auch in einigen Menschen führte inzwischen sogar zu leichten Geburten- 15.000 300 Kreisen überschüssen. Allerdings sind die Binnenwanderungs- gewinne zuletzt zurückgegangen. Das dürfte wie bei 10.000 200 In der Landessumme dagegen war vor dem Flüchtlings- anderen Schwarmstädten auch eine Folge der rapide zuzug der Zuzug aus dem EU-Ausland die wichtigste gestiegenen Wohnkosten sein, die für viele nicht mehr 5.000 100 demografische Komponente. Er verteilte sich regional erschwinglich sind. sehr unterschiedlich: Schwerpunkte waren – abgesehen 0 0 von den Grenzkreisen Borken und Kleve – vor allem der Verdichtungsraum Rhein-Ruhr, die Universitätsstädte Viele altindustriell geprägte Großstädte –5.000 –100 sowie die wirtschaftsstarken Mittelstandskreise im wachsen nur aus dem Ausland vorderen Ostwestfalen sowie zum Teil im Sauerland –10.000 –200 (Abb. 1.2.1). Die weitere demografische Entwicklung Duisburg dagegen hat seit Jahren ein Geburtendefizit 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 dieser Regionen ist also eng mit dem Auslandszuzug und verliert Einwohner an das übrige Nordrhein-Westfa- Wanderungssaldo übriges NRW –300 verknüpft – jedoch in unterschiedlichem Maß. len; der Saldo mit dem übrigen Deutschland ist in etwa Wanderungssaldo übriges Deutschland Wanderungssaldo Ausland ausgeglichen (Abb. 1.2.2b). Einziger Wachstumsfaktor –400 Saldo Geburten/Sterbefälle ist der Zuzug aus dem Ausland, der in den vergangenen Gesamtsaldo 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Einige Großstädte gewinnen bei allen Jahren stark genug war, um die übrigen Verluste zu Wanderungssaldo übriges NRW Wanderungskomponenten kompensieren. Geht dieser zurück, wird Duisburg wieder Wanderungssaldo übriges Deutschland Wanderungssaldo Ausland schrumpfen. Ähnlich geht es anderen altindustriell Saldo Geburten/Sterbefälle Das zeigt zum Beispiel eine Gegenüberstellung der Nach- geprägten Städten im Ruhrgebiet und im Bergischen Gesamtsaldo barstädte Duisburg und Düsseldorf, die zwei Extreme Städtedreieck. Ausnahmen bilden Dortmund und Essen: verkörpern: Die Landeshauptstadt Düsseldorf (Abb. 1.2.2a) Beide verzeichneten in den vergangenen Jahren auch Daten: IT.NRW (Statistik der Bevölkerungsbewegungen) NRW.BANK 2017 gewinnt in allen Wanderungsbeziehungen: Bis 2010 Wanderungsgewinne aus dem übrigen Nordrhein-West- profitierte sie vor allem vom Zuzug aus Nordrhein- falen. Dagegen reicht in vielen kleineren altindustriellen Westfalen und dem übrigen Deutschland. Seither ist der Städten, etwa Werdohl im Märkischen Kreis (Abb. 1.2.2d), Zuzug aus dem Ausland stark gestiegen, verstärkte aber auch der aktuelle Zuzug aus dem Ausland kaum aus, um nur den ohnehin vorhandenen Trend. Der Zuzug junger die Verluste bei den anderen demografischen Faktoren zu kompensieren. 10 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 11
Entwicklung der Wohnungsnachfrage Entwicklung der Wohnungsnachfrage In vielen Klein- und Mittelstädten kompensiert Integrationsschlüssel und Wohnsitzauflage der Zuzug kaum die Geburtendefizite regeln regionale Verteilung der Flüchtlinge Zwischen diesen Extremen gibt es Kommunen mit sehr Berechenbarer, da behördlich geregelt, ist die Verteilung unterschiedlichen Ausprägungen. Ein typisches Muster von Flüchtlingen und Asylsuchenden im Land. Bis findet sich in vielen Mittelstädten in ländlicheren Regionen August 2016 wurden Schutzsuchende nach der Erster- und in den Umlandzonen der Großstädte, etwa um fassung primär nach Einwohnerproporz auf die Gemein- Düsseldorf (Abb. 1.2.2c): Prägend sind hier leichte den verteilt. Seither gilt der sogenannte Integrations- Wanderungsgewinne aus der Binnenwanderung (z. B. schlüssel8, der im Vergleich zum alten Zuweisungs- aus dem ländlichen Umland oder einer benachbarten schlüssel die Großstädte, aber auch viele Mittelstädte Großstadt), die aber nicht immer ausreichen, um das etwas entlastet. Seit Einführung der Wohnsitzauflage im Geburtendefizit zu kompensieren. Erst die internationale Jahr 2016 sind Flüchtlinge auch nach ihrer Anerkennung Migration der vergangenen Jahre konnte den negativen verpflichtet, noch drei Jahre in der Zuweisungsgemeinde Saldo ausgleichen. Wenn diese zurückgeht, können die wohnen zu bleiben.9 Die Verpflichtung entfällt, wenn eine Umlandzonen der wirtschaftsstarken, teuren Großstädte Erwerbstätigkeit oder Ausbildung aufgenommen wurde; wohl noch für einige Zeit mit erhöhtem Zuzug aus der Ausnahmen sind auch aus familiären Gründen möglich. Kernstadt rechnen.7 Die ländlichen Mittelstädte sind Die Bestandserhebungen der Bezirksregierung Arns- dagegen abhängiger von ihrer eigenen Attraktivität als berg legen nahe, dass die Verteilung einigermaßen Arbeits- und Wohnstandort. gleichmäßig gelingt – mit leicht überdurchschnittlichen Anteilen im wirtschaftsstarken Münsterland und vorderen Ostwestfalen, aber auch in altindustriellen Regionen mit Kommunen und Regionen sollten überdurchschnittlichem Wohnungsleerstand. Allerdings Wanderungsströme genau beobachten fehlen in diesen Daten zum Beispiel Personen, die im Familiennachzug einreisen oder aus anderen Bundeslän- Diese demografische Unsicherheit erschwert die dern zugezogen sind. Zur Schätzung der tatsächlichen Investitionsplanung der Wohnungswirtschaft und die regionalen Verteilung wird deshalb untersucht, wie der Entwicklung langfristiger Stadtentwicklungsstrategien. Flüchtlingszuzug die Zahl der im Ausländerzentral Unterstützende planerisch-strategische Instrumente register erfassten Personen aus den Bürgerkriegs- und wie eine Wohnungsmarktbeobachtung können hier Krisenländern verändert hat (Abb. 1.2.3). Hier zeigt sich eine große Hilfe sein. doch eine gewisse S chwerpunktbildung in den Groß städten, zumindest im Ruhrgebiet, in Wuppertal und Bielefeld, aber auch in manchen Kreisen. Abb. 1.2.3: Veränderung des Bevölkerungsanteils aus den wichtigsten Flüchtlingsländern10 an der Gesamtbevölkerung 2014–2016 7 In den 1990er-Jahren führten die Engpässe auf den Wohnungsmärkten der Kernstädte zu einer verstärkten Abwanderung ins Umland. Auch als die Märkte sich wieder entspannten, ebbte die Umlandwanderung nicht sofort ab, sondern – mit regionalen Unterschieden – erst mit ein 8 paar Jahren Verzögerung. Der alte Zuweisungsschlüssel basierte im Wesentlichen auf der Ein- Samtweberei Krefeld wohnerzahl der Gemeinden. Der Integrationsschlüssel berücksichtigt daneben auch die örtliche Arbeits- und Wohnungsmarktsituation sowie die Zahl der Armutszuwanderer aus Rumänien und Bulgarien. In der Krefelder Innenstadt stand die „Alte Samt 9 Bis vor Kurzem genossen anerkannte Schutzberechtigte volle weberei“, eine denkmalgeschützte ehemalige Freizügigkeit. In der Befürchtung, viele Flüchtlinge würden später bevorzugt in die Großstädte ziehen und deren Integrationsfähigkeit Textilfabrik, seit Jahren leer. Schließlich wurde sie überfordern, hat die Landesregierung im Jahr 2016 die bundesrecht- von der Montag Stiftung urbane Räume gAG liche Möglichkeit genutzt und mit der Ausländer-Wohnsitzregelungs- entdeckt, die mit ihrem Programm „Initialkapital“ verordnung (AWoV) eine Wohnsitzauflage (WSA) eingeführt. Die zuständige Bezirksregierung Arnsberg weist anerkannten Flüchtlingen in Quartieren mit ungewisser Zukunft soziale, kul- die Gemeinden als Wohnsitz zu, in die sie zuvor verteilt wurden. turelle und wirtschaftliche Erneuerungsprozesse Erfolgt die Anerkennung noch in der Landeseinrichtung, werden sie nach dem Integrationsschlüssel verteilt. Von den 245.000 Personen, anstoßen möchte. Im Rahmen eines Pilotprojekts die in die Kommunen verteilt wurden und dort noch wohnen, fallen mit der Stadt entstanden Flächen für kreatives 140.300 Personen (57%) unter die Wohnsitzauflage (Stand Oktober 2017). An der WSA gibt es allerdings grundsätzliche Kritik, zum Teil Gewerbe, öffentliche Räume für Begegnungen bis 1,0 Prozentpunkte mehr werden auch Zweifel an der Wirksamkeit geäußert. Die neue Landes- und 37 Wohnungen für unterschiedliche Haus- bis 1,4 Prozentpunkte mehr regierung prüft laut Presseberichten deshalb deren Abschaffung. haltsgrößen, davon 13 mit Mitteln der sozialen bis 1,8 Prozentpunkte mehr 10 D argestellt sind nur Personen aus Ländern mit Anerkennungschancen über 1,8 bis 2,3 Prozentpunkte mehr (Syrien, Irak, Pakistan, Afghanistan, Nigeria, Eritrea, Guinea), das Wohnraumförderung. Gefördert wurden auch NRW: +1,4 heißt, ohne Balkan und Maghreb. Die Karte zeigt, wie sich der Anteil Quartiersmaßnahmen und der denkmalschutz von Personen dieser Länder an der örtlichen Bevölkerung (Bezugsjahr 2014) in den Jahren 2015 und 2016 (d. h. vermutlich in erster Linie bedingte Mehraufwand. Daten: IT.NRW (Ausländerzentralregister, Bevölkerung) NRW.BANK 2017 durch den Flüchtlingszuzug) verändert hat (Prozent-Punkte). 12 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 13
Entwicklung der Wohnungsnachfrage Entwicklung der Wohnungsnachfrage 1.3 Qualitative Aspekte der Wohnungsnachfrage – Entwicklung der Haushalts- und Familientypen Trend zu mehr Alleinlebenden und weniger Abb. 1.3.1: Entwicklung der Familientypen in Abb. 1.3.2: Entwicklung der Familientypen in Düsseldorf (links) und im Kreis Steinfurt (rechts) Familien kurzfristig abgeschwächt Nordrhein-Westfalen Tsd. Familien/Haushalte Tsd. Familien/Haushalte Aktuelle Daten zur Entwicklung der Haushaltszahlen im Tsd. Familien/Haushalte 180 90 Jahr 2016 liegen aus dem Mikrozensus vor. Insbesondere 3.500 bei den Haushaltsgrößen- und Familienstrukturen fallen Alleinlebende 160 80 Alleinlebende einige bemerkenswerte Veränderungen gegenüber den 3.000 Familien mit Kindern (gesamt) langjährigen Trends auf (Abb. 1.3.1): Zum einen hat sich Paare ohne Kinder (inkl. Empty Nester) 140 70 die langjährige und auch für die Zukunft prognostizierte 2.500 Paare ohne Kinder (inkl. Empty Nester) Zunahme der Alleinlebendenzahl zuletzt abgeschwächt. Familien mit Kindern (gesamt) 120 60 Zum anderen lag die Zahl der Familien mit Kindern, die 2.000 seit Jahren rückläufig war, im Jahr 2016 sogar etwas 100 50 Alleinlebende höher als im Vorjahr. 1.500 darunter Familien mit Kindern unter 18 Jahren Paare ohne Kinder (inkl. Empty Nester) darunter Familien mit Kindern unter 18 Jahren 80 40 Wahrscheinlich sind diese Veränderungen in erster Linie 1.000 Familien mit Kindern (gesamt) methodisch bedingt: Dem Statistischen Bundesamt 60 30 zufolge haben neue Erhebungsverfahren dazu geführt, 500 darunter Familien mit Kindern unter 18 Jahren dass im Mikrozensus 2016 Neubaugebiete besser erfasst 40 20 darunter Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren und somit bundesweit mehr Familien befragt wurden.11 0 Doch möglicherweise spiegeln die Daten zumindest zum 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 20 10 Teil auch reale Veränderungen wider: Zum einen ist es darunter Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren darunter Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren angesichts der Wohnungsmarktlage durchaus plausibel, Daten: IT.NRW (Mikrozensus 2007–2016) NRW.BANK 2017 0 0 dass ein Auszug aus dem Elternhaus oder nach 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Trennungen sich zuletzt nicht mehr so einfach umsetzen lässt und sich so die Bildung neuer kleiner Haushalte Daten: IT.NRW (Mikrozensus 2007–2016) NRW.BANK 2017 verlangsamt (Kap. 2.3). Zum anderen könnte es ins besondere durch den Flüchtlingszuzug zu Struktur veränderungen gekommen sein11. Die Ergebnisse von 2016 sind daher zunächst vorsichtig Im langfristigen Trend (2006–2016) hat die Zahl der Im Kreis Steinfurt, einem der demografisch jüngsten zu bewerten. Klarheit werden erst die Daten der Befra- Familien mit minderjährigen Kindern nur in wachsenden Kreise, werden die Familien zwar im langjährigen Trend gung von 2017 bringen. Nach Einschätzung des Statisti- Großstädten zugenommen, nämlich in Düsseldorf weniger, stellen aber immer noch den wichtigsten Haus- schen Bundesamts11 stellen die aktuellen Veränderungen (+0,5 % p. a.), Köln (+0,2% p. a.), Münster (+3,7% p. a.) haltstyp. Hier war auch der Zuwachs junger Familien die langfristigen Trends aber keinesfalls infrage. Der und Bielefeld (+1,2% p. a.). In vielen ländlichen Kreisen im Jahr 2016 besonders deutlich. Allerdings wird auch Bedarf an Wohnungstypen, die auf klassische Familien sind Familien aber immer noch prägend für die Bevölke- sichtbar, dass für ein Drittel der Haushalte die Familien- zugeschnitten sind, nimmt tendenziell ab, wogegen rungsstruktur. phase zu Ende geht, da die Kinder bereits volljährig mehr kleine Wohnungen benötigt werden. sind. In Düsseldorf (Abb. 1.3.2) sind Alleinlebende längst der dominierende Haushaltstyp; zugleich bleibt aufgrund des Zuzugs die Zahl der Familien mit Kindern stabil. In absoluten Zahlen gibt es in Düsseldorf mehr Familien mit minderjährigen Kindern als im Kreis Steinfurt. 11 016 wurde das Erhebungsverfahren so verändert (u. a. Stichproben- 2 ziehung erstmals auf der Datenbasis des Zensus 2011), dass Neubau- gebiete besser berücksichtigt wurden als bisher. Weitere Besonder- heit der 2016er-Erhebung: Es können bereits Flüchtlingshaushalte enthalten sein, aber nur sofern sie in eigenen Wohnungen und nicht mehr in Sammelunterkünften wohnen, da im Mikrozensus nur Privat- haushalte befragt werden. Siehe dazu: Statistisches Bundesamt (2017): Hinweise zu methodischen Effekten in den Zeitreihen zur Haushalte- und Familienstatistik auf Basis des Mikrozensus (Online-Publikation), Seite 3 ff. 14 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 15
Entwicklung der Wohnungsnachfrage Entwicklung der Wohnungsnachfrage 1.4 Ökonomische Faktoren der Wohnungsnachfrage Wirtschaftliche Entwicklung und Jahr 2020 errechnet hatte.13 Die Zahl derer, die aus- Arbeitsmarkt schließlich Minijobs nachgehen, blieb in etwa konstant (–0,4%), während die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung weiter zunahm (+1,9%). Diese Entwick- Wirtschaftsleistung holt in Nordrhein- lungen bringen deutliche Impulse für Kaufkraft und Westfalen seit 2016 deutlich auf … Wohnungsnachfrage mit sich. Seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 war das nordrhein-westfälische Wirtschaftswachstum Langzeitarbeitslosigkeit bleibt hoch deutlich hinter dem bundesdeutschen Durchschnitt zurückgeblieben (BIP 2008–2016: NRW +0,4% p. a., Allerdings darf nicht vergessen werden, dass sich im Bund +0,9% p. a.). Grund war die Entwicklung im ver Hintergrund weiter der Strukturwandel vollzieht: Die arbeitenden Gewerbe (während der Dienstleistungssektor Erwerbstätigkeit 2016 nahm in der Land- und Forstwirt- parallel zum Bundesdurchschnitt wuchs): Nordrhein- schaft (–3,8%) und im produzierenden Gewerbe (–0,4%) Westfalen ist durch reife Industrien mit hohem Energie ab, neue Arbeitsplätze wurden – wie in den Jahren zu- bedarf geprägt (Grundstoffchemie, Metallerzeugung vor – insbesondere im Dienstleistungssektor (+1,5%) und -verarbeitung). Diese hatten infolge massiver geschaffen. Die Zahl der Arbeitslosen sank im Jahres- globaler Ungleichgewichte mit Überkapazitäten und Preisverfall, zugleich aber mit den steigenden Energie- Studierendenwohnheim preisen zu kämpfen. Im Jahr 2016 aber vermochte Nord Abb. 1.4.1: Erwerbstätige und Beschäftigte in rhein-Westfalen, mit der bundesweiten Wachstumsrate Nordrhein-Westfalen (Jahresdurchschnitt) „Gebrannte Mühle“ nahezu gleichzuziehen. Vor allem das Wachstum im Dienstleistungssektor konnte die Rückgänge im verarbei- Mio. Personen Mit Fördermitteln des Landes entsteht auch Wohn- tenden Gewerbe mehr als kompensieren. Im Saldo wuchs 10 raum für Studierende, der selbst in den Schwarm- das BIP preisbereinigt um +1,8 Prozent (Bund +1,9%). städten noch bezahlbar ist. Bereits in den 1980er- 9 Erwerbstätige Jahren entstand die Siedlung „Gebrannte Mühle“ mit 15 Gebäuden und insgesamt 160 Wohnungen, … und bleibt auch 2017 auf Wachstumskurs 8 darunter Apartments, WGs und Familienwohnungen. Mit ihrer dorfähnlichen Struktur, die sich gut in Für das Jahr 2017 deuten die Daten auf eine Fortsetzung 7 das Umfeld einfügt, ist sie noch heute eines der des positiven Trends hin: Nach ersten Schätzungen lag attraktivsten Studierendenwohnheime Aachens. das Wirtschaftswachstum in Nordrhein-Westfalen im 6 Das Beispiel zeigt, dass studentisches Wohnen nicht ersten Halbjahr 2017 gleichauf mit dem Bundesdurch- sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gleichbedeutend mit anonymen Großstrukturen schnitt (+2,0%). Auch für das dritte Quartal 2017 zeichnet 5 sein muss. sich ein solider Wachstumspfad ab. So legten Industrie- produktion und Auftragseingänge im Juli und August 4 kräftig zu. Auch das NRW.BANK.ifo-Geschäftsklima12 verzeichnet im dritten Quartal ausgezeichnete Werte: 3 Die Unternehmen im Land beurteilen ihre derzeitige Geschäftslage als äußerst positiv und sind auch für die 2 kommenden Monate optimistisch. 1 geringfügig Beschäftigte (Minijobs, ohne Nebenjob) Arbeitsmarkt treibt Wohnraumnachfrage 0 weiter an 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Entsprechend günstig entwickelt sich der Arbeitsmarkt. Daten: Bundesagentur für Arbeit NRW.BANK 2017 Die Nachfrage nach Arbeitskräften (ausgedrückt in der Zahl der offenen Stellen) nimmt bereits seit Anfang 2014 stärker zu als in Deutschland insgesamt. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 1,0 Prozent (Abb. 1.4.1). Damit ist bereits 2016 der Stand erreicht, den IT.NRW in seiner Prognose erst für das 13 I T.NRW 2016: Wie viele Erwerbspersonen hat Nordrhein-Westfalen 2014/2016? Modellrechnung zur Entwicklung der Erwerbspersonen. Statistik kompakt 03/2016 (www.it.nrw.de). IT.NRW geht hier davon 12 onderauswertung des ifo-Geschäftsklimaindex mit ausschließlich S aus, dass bis zum Jahr 2020 die Zahl der Erwerbstätigen anwachsen nordrhein-westfälischen Unternehmen. und danach sukzessive abnehmen wird. 16 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 17
Entwicklung der Wohnungsnachfrage Entwicklung der Wohnungsnachfrage durchschnitt zwar auf den niedrigsten Stand seit den Zahl der SGB-II-Leistungsbezieher nimmt ab, Die Leistungsbezieher konzentrieren sich auf die großen Die Zahl der Asylbewerberleistungsbezieher, die im Vor- frühen 1990er-Jahren (726.000 Personen, Abb. 1.4.2), die der Bedarfsgemeinschaften zu Städte und deren Umland, das heißt, das entspricht dem jahr infolge des Flüchtlingszuzugs rasant angestiegen die Arbeitslosenquote lag aber mit 7,7 Prozent nach wie räumlichen Muster der Langzeitarbeitslosigkeit. war, ging infolge abgeschlossener Anerkennungsver vor über dem Bundesdurchschnitt (6,1%). Hier wird Im engen Zusammenhang mit der Langzeitarbeits fahren15 wieder auf 191.300 Personen zurück (–14,4%). deutlich, dass nach wie vor ein Missverhältnis zwischen losigkeit steht die Entwicklung der Haushalte, die Diese verteilten sich auf 117.600 Haushalte, von denen nachgefragten und angebotenen Qualifikationen existiert Leistungen nach SGB II beziehen („Hartz IV“). Wie Bezieher von Grundsicherung nach SGB XII im Jahr 2016 erst ein gutes Viertel (30.900) dezentral16 und ein Teil der Arbeitslosen von der positiven Arbeits- die übrigen Transferleistungsempfänger sind sie auf konstant, Asylbewerber wechseln in die untergebracht waren. Die übrigen waren noch in Auf- marktentwicklung nicht profitieren kann. Das zeigt angemessenen Wohnraum angewiesen, der von den regulären Sozialsysteme nahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften besonders der Blick auf die Langzeitarbeitslosen, deren Städten und Kreisen festgesetzte Höchstmieten nicht untergebracht und auf dem regulären Wohnungsmarkt Anteil an allen Arbeitslosen mit 43 Prozent in Nordrhein- überschreiten darf. Die Zahlen der übrigen Leistungsbezieher14, die an noch nicht als Nachfrager aufgetreten. Westfalen besonders hoch ist (Bund: 37%). Besonders gemessenen Wohnraum benötigen, haben sich sehr ausgeprägt ist die Langzeitarbeitslosigkeit in den rheini Die Zahl der Personen im Leistungsbezug hat im Jahr unterschiedlich entwickelt (Abb. 1.4.4). Hilfe zum Lebens- Insgesamt waren damit rund 1,943 Millionen Personen schen Großstädten sowie in die meisten altindustriell 2016 überraschend deutlich (–3,3%) auf 1,632 Millionen unterhalt (für zeitweise nicht erwerbsfähige Personen) (ca. 11% der Gesamtbevölkerung) auf Wohnraum an geprägten Regionen (Ruhrgebiet, Bergisches Städte- abgenommen. Dagegen wuchs die für den Wohnungs- erhielten rund 38.200 Personen und damit etwas gewiesen, der unterhalb der kommunalen Angemessen- dreieck, rheinische Kohlereviere). markt relevantere Größe, nämlich die Zahl der Haushalte weniger als im Vorjahr (–2,1%). Laut IT.NRW ist das heitsgrenzen liegt. Mit der fortschreitenden Anerken- (Bedarfsgemeinschaften), leicht auf 0,855 Millionen in erster Linie die Folge der Wohngeldnovelle zum nung von Flüchtlingen dürfte diese Gruppe im Jahr 2017 (+0,7%) und setzte damit den seit 2012 andauernden 1. Januar 2016 (s. u.), nach der ein Teil der bisherigen deutlich gewachsen sein. Verfügbare Einkommen steigen Anstieg fort. Dahinter steht eine Verschiebung der Leistungsberechtigten in das (vorrangige) Wohngeld Haushaltsgrößen: Wie seit vielen Jahren ist die Anzahl system gewechselt ist. Dagegen nahm die Empfänger- Das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen ist in Nordrhein- der alleinstehenden Leistungsbezieher, die über die zahl von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs Wohngeldreform 2016: deutlich mehr Westfalen in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich Hälfte aller Bedarfsgemeinschaften stellt, erneut minderung leicht auf 222.400 Personen zu (+1,1%). In Haushalte erhalten Leistungen gestiegen. Regionale Unterschiede sind nach wie vor gewachsen (+1,9%; seit 2007: +13%), während Mehr- der Summe beider Gruppen bedeutet das einen leichten erkennbar vorhanden: Die Kaufkraft in der Rheinschiene Personen-Bedarfsgemeinschaften im selben Zeitraum Anstieg (+0,6%). Wohngeld erhalten Haushalte mit niedrigen Einkommen liegt insgesamt deutlich über der des Ruhrgebiets. Unter- weniger wurden (seit 2007: –7%). Andererseits kommen (oberhalb der Grundsicherung), die deshalb Schwierig- durchschnittlich ist auch die Kaufkraft im nördlichen seit 2012 auch Familien mit vier und mehr Personen keiten haben, ihre Wohnkosten zu bezahlen. Das Wohn- Münsterland, in vielen Gebieten in Ostwestfalen-Lippe verstärkt in den Leistungsbezug. Vermutlich infolge des Abb. 1.4.4: Bezieher sonstiger Sozialleistungen zum geld wird in fast allen Fällen (93%) als Mietzuschuss und in einigen Grenzregionen zu den Niederlanden. Aller- Flüchtlingszuzugs wuchs ihre Zahl zuletzt um 3,3 Prozent; Wohnen in Nordrhein-Westfalen gezahlt, in den übrigen Fällen als Lastenzuschuss (für dings können niedrigere Lebenshaltungskosten (z. B. sie s tellen allerdings nach wie vor nur 15 Prozent der selbst genutztes Wohneigentum). Mieten) eine geringere Kaufkraft teilweise ausgleichen. Bedarfsgemeinschaften (Abb. 1.4.3). Personen (Wohngeld: Haushalte) 250.000 Mit der am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Wohn- geldnovelle wurden die Wohngeldleistungen erstmals Asylbewerberleistungen (AsylbLG) seit 2009 den gestiegenen Nettokaltmieten, Betriebs- Abb. 1.4.2: Arbeitslose in Nordrhein-Westfalen Abb. 1.4.3: Bedarfsgemeinschaften im SGB-II-Leistungs und Heizkosten, aber auch der Einkommensentwicklung (Jahresdurchschnitt) bezug („Hartz IV“) in Nordrhein-Westfalen angepasst. In Nordrhein-Westfalen bezogen Ende 200.000 2016 gut 138.600 Haushalte Wohngeld, deutlich mehr Personen Personen Wohngeld (Haushalte) (+43%) als im Jahr 2015 (Abb. 1.4.4). Darunter waren 1.000.000 500.000 zuletzt17 ein hoher Anteil Alleinlebender (44%) sowie ein stark überproportionaler Anteil großer Haushalte mit Alleinstehende 900.000 450.000 vier und mehr Personen (37%, gegenüber 13% an allen Haushalten). Während 75 Prozent der alleinlebenden 150.000 800.000 400.000 Wohngeldbezieher Rentner sind, sind die Bezugspersonen von 87 Prozent der großen Haushalte erwerbstätig. 700.000 350.000 Arbeitslose gesamt 600.000 300.000 Grundsicherung im Alter (SGB XII) 100.000 500.000 250.000 400.000 200.000 Grundsicherung bei 14 it Ausnahme der Statistik zum AsylbLG berücksichtigt die folgende M 2 Personen Erwerbsminderung (SGB XII) Darstellung nur die wohnungsmarktrelevanten Haushalte außerhalb von Einrichtungen. 300.000 150.000 15 Mit der Anerkennung geht ein Systemwechsel vom AsylbLG zum 50.000 SGB II („Hartz IV“) einher, sofern nicht schon eine Arbeitsstelle oder mehr als 3 Personen ein Ausbildungsplatz gefunden wurde. 200.000 davon Langzeitarbeitslose (länger als 1 Jahr) 100.000 16 Dezentrale Unterbringung umfasst neben Wohnungen, die von den 3 Personen Flüchtlingen oder der Kommune angemietet werden, auch Hotels, Pensionen oder vorläufig umgebaute Büros und Ähnliches. Auch hier 100.000 50.000 Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) gilt im Prinzip die Regelung, dass die Wohnkosten angemessen sein müssen. Allerdings müssen die kommunalen Höchstmieten oftmals 0 überschritten werden, um überhaupt Wohnraum zu finden. 0 0 17 A ktuelle Daten zur Struktur sind für NRW noch nicht verfügbar; die 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Angaben beziehen sich auf Daten aus 2015. Für weitere Informationen siehe den 3. Bericht der Bundesregierung über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland und Wohngeld- und Mieten Daten: Bundesagentur für Arbeit NRW.BANK 2017 Daten: Bundesagentur für Arbeit NRW.BANK 2017 Daten: IT.NRW (Sozialleistungsstatistiken) NRW.BANK 2017 bericht 2016, Bundestagsdrucksache 18/13120, 2017. 18 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 19
Anspannung der Wohnungsmärkte Anspannung der Wohnungsmärkte Das Quartier „Klanggarten“ entstand in den 1960er-Jahren in Köln-Porz und wurde ab 2012 grundlegend erneuert und erweitert. Die WSG (Wohnungs- und Siedlungs-GmbH) moder nisierte nicht mehr zeitgemäße Wohnungen; einige wurden abgerissen. Dafür entstanden 2. A nspannung der eine Kindertagesstätte, ein Familienzentrum sowie 85 neue Mietwohnungen (darunter 69 mit Wohnraumfördermitteln des Landes). Das Wohnumfeld wurde neu und barrierefrei gestaltet. Heute ist der Klanggarten ein qualitätsvolles, integratives Quartier mit insgesamt Wohnungsmärkte 280 Wohnungen, das ganz unterschiedlichen Zielgruppen – darunter Rollstuhlfahrer, Senioren, Singles, Familien und Demenzkranke – eine lebendige Heimat bietet. Mit seiner Architektur und seinem sorgsam gestalteten Wohnumfeld zeigt das Quartier „Klanggarten“, dass moderner geförderter Wohnungsbau den Vergleich mit frei finanzierten Projekten keineswegs scheuen muss. Dass die Wohnungssuche gerade in den Ballungsräumen immer schwieriger wird, zeigt auch der mittlere Wohnflächenverbrauch je Person: In vielen Großstädten war er entgegen dem lang- jährigen Trend bereits vor dem Flüchtlingszuzug 2015 rückläufig – ein deutliches Zeichen, dass der Markt für die Nachfrager enger wird. Besondere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche haben aus Sicht der Experten des Wohnungsmarktbarometers vor allem Transferleistungs- empfänger und Bezieher niedriger Einkommen, aber auch Studierende sowie – flächendeckend – ältere Haushalte. Als neue, zahlenmäßig durchaus bedeutende Nachfragergruppe kommen mit den fortschreitenden Anerkennungsverfahren auch Flüchtlinge und Asylbewerber hinzu. Deren Chancen auf eine reguläre Wohnung hängen stark von der Marktlage in der K ommune ab, an die sie durch die Wohnsitzauflage gebunden sind. Das anhaltende Missverhältnis von Angebot und Nachfrage zeigt sich in weiter steigenden Wohnungsmieten und Preisen für Wohneigentum. Im Landesdurchschnitt steigen die Wieder verkaufspreise beziehungsweise Wiedervermietungsmieten mit derselben Dynamik wie die Neu- Zusammenfassung baumieten und -preise. Besonders deutlich steigen die Preise nach wie vor in den Großstädten, aber auch in den dynamischen Kreisen. Im Frühjahr 2017 stuften die Wohnungsmarktexperten, die die NRW.BANK im Rahmen des jährlichen Wohnungsmarktbarometers befragt hat, die Marktlage in allen Mietsegmenten als Während es bei den Eigentumspreisen noch Regionen gibt, in denen die Nachfrage sinkt und die mindestens so angespannt ein wie Mitte der 1990er-Jahre. Am angespanntesten ist der Markt Preise rückläufig sind, steigen die Mieten inzwischen nahezu flächendeckend. Besonders deutlich in den preisgünstigen Mietsegmenten, aber auch im oberen Mietsegment und in den Eigentums verteuern sich die Segmente, für die die Nachfrage demografisch bedingt besonders zunimmt: märkten verschärft sich die Lage. Das ist die Folge der anhaltend steigenden Wohnungsnach altersgerechte/barrierefreie Wohnungen sowie 1- bis 2-Zimmer-Wohnungen für kleinere Haushalte. frage, mit der der Neubau noch bei Weitem nicht mithalten kann. Der Neubau ist infolge der steigenden Baukosten und Bodenpreise nahezu flächendeckend teuer. 20 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 21
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