Symworking Aktuelle wirtschaftliche Einschätzung - Auflage 2021/2022 Stand 1.1.2022 mit Ergänzung "Update vom 24.2.22" auf Seite 48 bis Seite ...
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Symworking Aktuelle wirtschaftliche Einschätzung 2. Auflage 2021/2022 Stand 1.1.2022 mit Ergänzung „Update vom 24.2.22“ auf Seite 48 bis Seite 55
Kommentar Das Jahr 2021 Das Jahr 2021 stand erneut im Zeichen der Corona-Pandemie: SPD, Grünen und FDP gebildet. Damit endete die 16-jährige Im Januar nahm die Impfkampagne in Deutschland langsam Amtszeit von Angela Merkel mit einem Großen Zapfenstreich. Fahrt auf und nach anfänglichen Bestell- und Lieferschwierig- keiten konnten bis zum Herbst rund zwei Drittel der Bevölkerung Natürlich gab es auch Positives aus dem Jahr zu berichten: Die doppelt geimpft werden. Nach einer deutlichen Entspannung Fußball EM konnte als europäisches Fußballfest stattfinden und die und zahlreichen Öffnungsschritten im Sommer, schlug Coro- Kinos konnten wieder öffnen – sie fanden mit dem neuesten Bond na dafür im Herbst mit umso größerer Wucht zu: Die Zahl der auch den entsprechenden Blockbuster. In Deutschland wurden Infektionen erreichte neue Höchststände. Mittlerweile hat ein 1.700 Jahre jüdisches Leben gefeiert, das Humboldt-Forum in Ber- Großteil der Bevölkerung bereits den sogenannten Booster und lin eröffnet und mit Benjamin List und Klaus Hasselmann konnten weitere Impfungen werden diskutiert. Die Pandemie hatte jedoch zwei Deutsche den Nobelpreis für Chemie und Physik gewinnen. nicht nur Einfluss auf unsere Gesundheit, sondern traf auch die Wirtschaft hart: Deutschland rutschte in eine Rezession, die Ein- Auf der internationalen Bühne gab es mit der Weltklimakonfe- zelhandelsumsätze brachen ein und die Inflation stieg immens. renz und dem G7-Gipfel in St. Ives, auf dem eine globale Min- deststeuer beschlossen wurde, zwei Großevents. Die Politikwelt war von zahlreichen Wahlen und Veränderungen geprägt: Den Anfang machte der Sturm aufs US-Kapitol, der In unserem Jahresreport 2021/2022 haben wir aktuelle Infor- weltweit für Entsetzen sorgte, den Amtsantritt von Joe Biden als mationen und unsere wirtschaftlichen Analysen des Jahres neuen US Präsidenten jedoch nicht verhindern konnte. Großen 2021 sowie unseren Ausblick für die kommenden Jahre für Sie Raum in der deutschen Politik nahm der Wahlkampf für den 20. zusammengestellt. Auf Quellenangaben haben wir aus Gründen Bundestag ein: Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen der Parteien der Lesbarkeit verzichtet. Ein Quellenverzeichnis kann bei den konnte sich im September die SPD mit Olaf Scholz als stärkste Autoren angefordert werden. Auch stehen die Autoren bei Rück- Kraft durchsetzen. Als Folge wurde eine Ampel-Koalition aus fragen und Diskussionen gerne zur Verfügung. Stand 24.02.2022 3
Die Autoren Serviceline Invest Michael Lobmeier Michael Lobmeier verbindet einschlägige Erfahrung im inter- nationalen Beratungsumfeld sowie im M&A Bereich durch seine • Servicelinemanager mehrjährige Tätigkeit bei Deloitte Consulting als Senior Consul- • Serviceline Invest tant mit Erfahrungen aus dem Mittelstand als Geschäftsführer • Leiter Corporate Finance/ der comit consulting GmbH. Er studierte Betriebswirtschaft mit M&A den Schwerpunkten Immobilien und Unternehmensfinanzierung. Parallel absolvierte er eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Simon Bahr Simon Bahr studierte Management und Unternehmensrechnung an der Hochschule Heilbronn. Danach schloss er sein Studium im • Consultant Masterstudiengang International Business and Finance an der • Serviceline Invest Hochschule Augsburg mit einem Fokus auf M&A, als einer der Jahrgangsbesten ab. Zusätzlich konnte er Erfahrungen bei KPMG im Bereich Finance Advisory und Digital Finance, sowie bei mittelständischen Indus- trieunternehmen in den Bereichen Accounting und Controlling sammeln. Marius Girnat Marius Girnat schloss sein Studium in Economics an der Ludwig- Maximilian-Universität München ab. • Analyst • Serviceline Invest Nach seinem Studium konnte er Erfahrungen in der Controlling- funktion bei regional und international tätigen Unternehmen sammeln. Zudem war er bei Deloitte im Bereich Risk Advisory tätig und setzte sich dort unter anderem auch mit Post-Merger- Integration auseinander. Stand 24.02.2022 5
Aktuelle Lage Ausblick bis 2030 Corona-Pandemie 13 Mögliche Schwarze Schwäne 61 Wirtschaft 2021 16 Schwarze Schwäne und Megatrends 2023-2030 62 Auswirkungen 19 Unternehmensverschuldung China 64 Inflation 30 Euro-Schuldenkrise 66 Energiekosten 32 Austritte aus der EU 68 Ukraine-Konflikt 35 Bankenkrise 69 Great Reset 71 Eskalation in Taiwan 72 Ausblick 2022 China-Russland Allianz 73 Inflation 38 China als Wirtschaftsmacht 74 Stagflation 41 Technologisches Zurückfallen Zombie-Unternehmen 42 Deutschlands 75 Energiemarkt 44 Cyberattacken 76 Geopolitik 46 Make America Great Again 77 Update: Aktuell Lage Ukraine 48 Culture Wars 79 Corona-Pandemie 56 Mutierter Corona-Virus 80 Wirtschaftsrisiko China 57 Naturkatastrophen 81 Blackouts 82 (De-)Globalisierung als Megatrend 83 New Work 84 Neo-Ökologie 87 Digitalisierung 88 Silver Society 89 Stand 24.02.2022 7
Das Jahr 2021 Der Überblick • Lewandowski Rekordtorschütze • Seilbahnunglück • EU-Schweiz • Brexit • Wahlen in Rheinland-Pfalz Rahmenabkommen • Joe Biden als US-Präsident und Baden-Württemberg • Verschärfung Klimaschutz- • Armin Laschet als CDU • Lobbyismus- und Korrup- gesetz Parteivorsitzender tionsaffäre in der Union • Anerkennung der Kolonial • Besetzung des US Kapitols • Blockade des Suezkanals verbrechen in Namibia • Beginn der Impfkampagne durch Frachter Ever Given durch Deutschland • Rücktritt des italienischen • Ende der Autonomie • Raketenkrieg zwischen Regierungschefs Conte Hongkongs Israel und Palestina Januar Februar März April Mai Juni • 2. Impeachment von • Notbremse • Beendigung des deut- Donald Trump • Berliner Mietendeckel schen Einsatzes in Afgha- • Marslandung verfassungswidrig nistan • Super Bowl • Verleihung der Oscars • Messerangriff in Würzburg • Gedenkveranstaltung zum • Vorstellung A. Baerbock • CDU gewinnt Wahlen in Anschlag Hanau als Kanzlerkandidatin der Sachsen-Anhalt erneut • Militärputsch Myanmar Grünen • Einführung digitaler • Neue italienische Regie- • Machtkampf CDU / CSU Impfpass rung um M. Dragi • Klimaschutz 2019 als nicht • G7 Treffen in Cornwall ausreichend • Start Fußball-Europameis- • Russische Truppenbewe- terschaft gungen in der Ukraine • Tornado in Tschechien Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
• Flutkatastrophe im Süd- westen Deutschlands • Erster touristischer Weltraumflug von Virgin Galactic • Bundestagswahl • Italien wird Fußball Euro- • DAX-Erweiterung • Corona-Infektionszahlen pameister • 20 Jahre Terroranschlag steigen • Massenproteste in Kuba auf das World Trade • Karneval • Eröffnung der Olympi- Center • Neuer Bußgeldkatalog schen Spiele in Tokyo • Vulkanausbruch La Palma • Weltklimakonferenz Juli August September Oktober November Dezember • Weltklimabericht • Inflation steigt • Ende der Amtszeit von • Taliban überrennen • Beginn der Koalitionsver- Angela Merkel Afghanistan handlungen („Ampel“) • Regierungsantritt • Chaotischer Rückzug der • Rücktritt Sebastian Kurz der „Ampel“ NATO aus Afghanistan • Omikron-Variante ist da • Hansi Flick wird Bundes- trainer • Waldbrände in Südeuropa und der Welt Stand 24.02.2022 9
11 Stand 24.02.2022
Entwicklung der Virusvarianten in Deutschland Alpha Delta Omikron 400.000 300.000 200.000 100.000 0 Feb Mär Apr Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Globale Gesamtinfektionen Bestätigte Fälle je 100.000 Einwohner 22.048 Keine Daten vorhanden Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
Aktuelle Lage Corona-Pandemie Fakten Verlauf der weltweiten Coronapandemie • Weltweit ca. 420 Mio. Infizierte. Bestätigte Neuinfektionen in den letzten 7 Tagen je 100.000 Einwohner • 5,9 Mio. Todesfälle (1,4% aller Infektionen). 250 • Weltweit über 10 Mrd. verabreichte Impfdosen. • 55% der Weltbevölkerung sind zweimal geimpft. 200 • Dominierende Variante Omikron ist deutlich 150 ungefährlicher als die Delta-Variante. • Hospitalisierungsrate um 53-90% niedriger. 100 • Krankenhausaufenthalt um 3-4 Tage kürzer. • Sterberisiko um 70-91% geringer. 50 • allerdings: 2-3 mal schnellere Verbreitung. Mär Aug Mär Nov Aug Nov Dez Sep Mai Feb Dez Apr Sep Okt Mai Feb Apr Okt Jun Jun Jan Jul Jul Entwicklungen Neue Medikamente , Impfstoffe mit verschiedensten Techno- logien und harmlosere Mutationen wecken die Hoffnung auf ein Vor allem politisch westliche Länder und Südamerika wurden ins- langsames Zurückkehren in die Normalität durch ein heimisch gesamt vom Coronavirus am härtesten getroffen. Asiatische und werden des Coronavirus, ähnlich wie bei saisonalen Erkältungen Afrikanische Länder konnten Großteiles und im Vergleich zum und Grippeinfektionen. Westen höhere Infektionsgeschehen verhindern. Der Preis dafür waren allerdings zu Beginn ein stärkeres Herunterfahren der In drei Schritten wird in Deutschland aktuell eine Öffnung bis Wirtschaft und tiefere Einschnitte in persönliche Freiheitsrechte. zum 20. März geplant. Die Verwendung des begriffs „Freedom Allerdings gibt es auch vor allem im politischen Westen eine ge- Day“ wird von der Politik allerdings vermieden, denn es bleibt ringere Impfbereitschaft als in zum Beispiel asiatischen Ländern. unter anderem noch die Maskenpflicht und noch wichtiger: Das Risiko neuer Varianten und Wellen. Im Laufe des Jahres 2021 wurden die Impfkampagnen vor allem in entwickelten Ländern im großen Ausmaß hochgefahren. Gegen Ende von 2021 wurden sogar Dritt und teilweise schon Viertimpfungen durchgeführt. Dabei kam es immer wieder zu Gerechtigkeitsdiskussionen, vor allem im Hinblick auf die gerin- ge Impfstoffqualität und -verfügbarkeit in Entwicklungs- und Schwellenländern. Stand 24.02.2022 13
Aktuelle Lage – Corona-Pandemie Wirtschaftshilfen Überbrückungshilfe III Plus / IV Die Überbrückungshilfe ist ein Zuschuss bei Corona-beding- ten Umsatzrückgängen zur Deckung von Fixkosten. Die bis zum 31.12.2021 laufende Überbrückungshilfe III Plus wurde im Jahr 2022 mit der Überbrückungshilfe IV mindestens bis zum 31.03.2022 verlängert: Geförderte Unternehmen: Voraussetzungen: • Unternehmen, Selbstständige und gemeinnützige Unter- • Corona-bedingte Umsatzeinbrüche von mindestens 30 Pro- nehmen und Organisationen bis zu einem Jahresumsatz zent in jedem Monat im Zeitraum Juli bis Dezember 2021, für von 750 Mio. EUR im Jahr 2020, Start-ups, die bis zum 31. den der Fixkostenzuschuss beantragt wird. (Maßgeblich für Oktober 2020 gegründet wurden, gemeinnützige Unterneh- den Vergleich ist der Referenzmonat im Jahr 2019) men, kirchliche Unternehmen und Organisationen aus allen • Gesonderte Vorschriften für Unternehmen, die zwischen Branchen. dem 1. Januar 2019 und dem 31. Oktober 2020 gegründet • Umsatzhöchstgrenze von 750 Mio. Euro entfällt für von wurden sowie in begründeten Fällen bei außergewöhnlichen Schließungsanordnungen auf Grundlage eines Bund-Län- betrieblichen Umständen. der-Beschlusses direkt betroffene Unternehmen sowie für • Unternehmen, die im Juni 2021 für die Überbrückungshilfe Unternehmen der Pyrotechnikbranche, des Großhandels und III antragsberechtigt waren und im Juli 2021 von Starkregen der Reisebranche. und Hochwasser betroffen waren. • Unternehmen, die im Zeitraum 1. November bis 31. Dezem- ber 2021 wegen behördlich angeordneter Corona-beding- ter Einschränkungen wie z.B. der 3G- oder 2G-Regel oder Hinweis: Die Überbrückungshilfe III Plus und IV kann nur vergleichbarer Maßnahmen (Verbot touristischer Übernach- über einen prüfenden Dritten beantragt werden. Wir tungen, Sperrstundenregelungen) ihre Öffnungszeiten stark unterstützen Sie gerne in diesem Prozess. reduzieren oder freiwillig schließen, weil eine Aufrechterhal- tung des Betriebs unwirtschaftliche wäre. • Kosten die erstattet werden: Mieten und Pachten, Finanzie- rungskosten, Abschreibungen bis zu einer Höhe von 50%, bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbau- maßnahmen für Hygienemaßnahmen bis zu 20.000 EUR, Marketing und Werbekosten. Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
Konditionen: Auswirkungen für den Mittelstand Zuschüsse zu den monatlichen betrieblichen Fixkosten (max. 10 Mio. EUR pro Monat) abhängig von der Höhe des Umsatzrück- Die deutlich gesunkenen Anforderungen für die Über- gangs gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019: brückungshilfe III ermöglichen mehr Mittelstandsunter- nehmen die Hilfen in Anspruch zu nehmen. • Umsatzeinbruch > 70%: bis zu 100% der monatlichen Fixkosten Mit fortgeschrittener Dauer der Krise wird die Wirt- • Umsatzeinbruch 50% bis 70%: schaftshilfe auch für eine immer größer werdende Anzahl bis zu 60% der monatlichen Fixkosten an Unternehmen notwendig werden. Durch die immer • Umsatzeinbruch 30% bis 50%: weiter sinkende Eigenkapitalbasis der Unternehmen wird bis zu 40% der monatlichen Fixkosten die Krisenbewältigung mit der Zeit deutlich schwieriger. Eigenkapitalzuschuss (zusätzlich zu Fixkostenerstattung) als Auf- schlag auf die Zuschüsse der Fixkosten: • Umsatzeinbruch > 50% in drei Monaten: 25% Summe der Fixkostenerstattung • Umsatzeinbruch > 50% in vier Monaten: 25% Summe der Fixkostenerstattung • Umsatzeinbruch > 50% in fünf Monaten: 25% Summe der Fixkostenerstattung Stand 24.02.2022 15
Wirtschaft 2021 Der Überblick Im zweiten Jahr der Pandemie wurde die Wirtschaft nicht mehr Bruttoinlandsprodukt und wichtige Komponenten nur alleine durch Lockdowns, sondern auch durch weitere Bruttoinlandsprodukt Ausrüstungsinvestitionen Entwicklungen, wie steigende Energiepreise und dem Zusam- 2021 2022 2021 2022 menbrechen der globalen Logistikketten belastet. Durch das exponentielle Wachstum der Omikron-Variante auf der ganzen 2,6% 4,5% 3,6% 4,3% Welt ist ein komplettes Verschwinden wieder unwahrscheinlicher geworden, als es Ende 2021 prognostiziert wurde. Auch nach der Arbeitslosenquote Bauinvestitionen Pandemie wird es zusätzliche Belastungen geben, welche die Er- 2021 2022 2021 2022 holung der Wirtschaft deutlich bremsen werden. 5,7% 5,1% 1,7% 4,0% Das Jahr 2021 war vor allem in der ersten Hälfte von erneuten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einschränkungen ge- Importe Konsumausgaben * prägt, welche erst im Sommer beendet wurden, insgesamt al- 2021 2022 2021 2022 lerdings weniger streng waren als bei den ersten beiden Wellen, weshalb sich die Wirtschaft im Vergleich zu 2020 wieder deutlich 7,2% 6,9% 0,2% 8,0% erholte. Trotzdem allerdings noch deutlich schwächer ist als im Vorkrisenjahr 2019. Exporte * private Haushalte 2021 2022 Zwar konnte sich die Wirtschaft 2021 konjunkturell wieder etwas erholen, trotzdem bleibt die Situation für kleine und mittlere 7,1% 4,6% Unternehmen schwierig. Gesunkene Eigenkapitalquoten und steigende Zinsen machen die Finanzierung durch Banken weiter deutlich schwieriger und Unternehmen müssen oft lange auf die Quelle: Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung Unterstützungshilfen der Regierung warten, was zu Liquiditäts- engpässen bei vielen Unternehmen führte. Dazu kamen noch Lieferengpässe durch die Belastung der globalen Logistikketten. Gestiegene Nachfrage durch die konjunkturelle Erholung nach den harten Lockdowns Ende 2020 und Anfang 2021, sowie des stockende Angebot durch die Probleme in den globalen Logis- tikketten ließen die Inflation im Euroraum nach oben schnellen. Anders als die amerikanische Fed, kann die EZB aufgrund von hochverschuldeten südeuropäischen Staaten nur zögerlich mit Zinserhöhung auf die Inflation reagieren. Ob es eine Lohn-Preis Spirale geben wird, bleibt abzuwarten. Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
Die Zahlen • Deutsche Wirtschaft erholt sich langsam: Nachdem sie im Bruttoinlandsprodukt Q1 2021 hart vom Lockdown getroffen wurde und etwas Entwicklung ggü. Vorjahr schwächer ausfiel als im ersten Coronajahr 2020, ging es ab Q2 wieder stark aufwärts, allerdings ist die Wirtschaftskraft 6,0 trotzdem noch schwächer als in 2019. 4,9 • Wirtschaftsleistung im Jahr 2021 wuchs um voraussichtlich 4,0 3,7 3,4 3,0 2,1 bis 2,7 Prozent. 2,7 2,5 2,9 2,3 • DIW-Prognose sieht für 2022 Wachstum von 4,9 Prozent 2,0 1,2 2,1 2,1 1,5 1,1 1,1 und für 2023 von 1,5 Prozent – ein deutlicher Rückschritt zu den Vorjahresprognosen durch die weiterhin anhaltende 0,0 Pandemie. • Vorkrisenniveau wurde im Q3 2021 durch den starken An- -2,0 stieg in den Sommermonaten fast wieder erreicht – durch die anhaltende Pandemie und Lieferengpässe sind die Risi- -4,0 ken jedoch immer noch beachtlich. • -4,9 Weltweit entspannte sich die wirtschaftliche Lage – mit -6,0 einem deutlich positiven Effekt für die deutschen Exporte, 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 gleichzeitig steigen die Risiken allerdings. • Öffentliche Haushalte in diesem Jahr mit Rekorddefizit von DIW-Prognose IFO HRI IST 186 Milliarden Euro, eingeschlagener Investitionspfad sollte dennoch konsequent weiterverfolgt werden. Bruttoinlandsprodukt Inflationsrate in Deutschland (ggü. Vorjahresmonat) preisbereinigt; 2015=100 gemessen am Verbraucherpreisindex 110,00 6 108,00 106,00 5 104,00 4 102,00 100,00 3 98,00 96,00 2 94,00 92,00 1 90,00 0 88,00 Q1-Q4 Q1-Q4 Q1-Q4 Q1-Q4 Q1-Q4 Q1-Q4 Q1-Q3 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 -1 01.2020 04.2020 07.2020 10.2020 01.2021 04.2021 07.2021 10.2021 Stand 24.02.2022 17
Außenhandel Deutschland in Mrd. EUR 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 2 9 2 6 2 4 2 8 2 5 2 2 2 3 2 7 20 .09 19 6 20 .04 19 8 2 1 1 5 20 0.10 20 .02 20 1.09 2 6 20 9.03 20 1.04 20 1.08 20 1.05 20 .07 20 1.02 20 .12 20 1.03 20 1.07 20 .01 20 9.10 20 1.01 20 0.11 .10 20 .12 20 0.0 20 0.0 20 0.0 20 0.0 20 0.0 20 0.0 20 0.0 20 0.0 20 0.0 20 .11 20 9.0 20 9.0 20 9.0 20 1.0 20 19 19 19 19 19 21 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 1 1 1 1 20 Saldo Import Export Außenhandel Deutschland in Mio. EUR Vereinigte Staaten Volksrepublik China Frankreich Niederlnade Vereinigtes Königreich Polen Italien Import Österreich Export Schweiz Belgien Tschechische Republik Spanien Ungarn Russische Förderation Japan 0 20 000 40 000 60 000 80 000 100 000 120 000 140 000 Quelle: Statistisches Bundesamt Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie Der Außenhandel Die stark angespannte Situation der Lieferketten sowie die an- haltende Corona-Pandemie beeinträchtigen den Außenhandel weiterhin. Zeitweise Grenzschließungen, Störungen in der Logistik und Unterbrechungen der Lieferketten zu Beginn der Corona-Pan- demie hatten das Geschäft mit „Made in Germany“ in den ver- gangenen Monaten ausgebremst. Der deutsche Außenhandel im Jahr 2021 Exporte: Importe: • Die Exporte haben sich im Jahr 2021 wieder deutlich erholt • Auch die Importe sind im Jahr 2021 deutlich gestiegen und und liegen von Jan-Okt bei 1.155 Mrd. EUR – verglichen mit liegen von Jan-Okt bei 1.001 Mrd. EUR – verglichen mit dem dem Vorjahreszeitraum ist das ein Anstieg von 16%. Vorjahreszeitraum ist das ein Anstieg von 18%. • Im November 2021 sind die Exporte aus Deutschland in die Staaten außerhalb der Europäischen Union (Drittstaaten) gegenüber Oktober 2021 kalender- und saisonbereinigt um 1,5 % gestiegen. • Damit lagen die Exporte im November 14,0 % über dem Niveau vom Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland. • Wichtigster Handelspartner für die deutschen Exporteure waren die USA. Im November wurden Waren im Wert von 11,0 Mrd. EUR exportiert (+15,2 % im Vergleich zum Vorjahr). • Zweitwichtigster Partner ist die Volksrepublik China mit einem Wert von 9,0 Mrd. EUR. (-3,2 % zum Vorjahresmonat) • Auch die Exporte in das Vereinigte Königreich sind im Vor- jahresvergleich um 5,8 % auf 6,1 Mrd. EUR gesunken. Top Exportgüter Deutschlands*: Top Importgüter Deutschlands*: 1. Kraftwagen und Kraftwagenteile 1. Datenverarbeitungsgeräte, elektr. und optische 2. Maschinen Erzeugnisse 3. Chemische Erzeugnisse 2. Kraftwagen und Kraftwagenteile 4. Datenverarbeitungsgeräte, elektr. und optische Er- 3. Chemische Erzeugnisse Stand 24.02.2022 zeugnisse 4. Maschinen *Stand 2020 19
Unterbrochene Lieferketten und Materialknappheit Gründe für die Aktuelle Situation Durch bisherige Covid Lockdowns , Kontaktbeschränkungen China wurde rationiert und Produktion dadurch stark beein- und Reiserichtlinien sind die globalen Lieferketten bereits stark trächtigt. disruptiert: • Langfristige Auswirkungen der Handelspolitik der Trump-Re- gierung gegenüber Europa, aber vor allem gegenüber China • Einschränkungen der Produktion in Asien aufgrund von long-arrow-alt-rightZumBeispielEngpässeinderChipProduktionaufgrund Kontaktbeschränkungen von beschränktem Zugang zu amerikanischen Chip-Patenten. • ein Mangel an Containern • Nachfrageboom nach Holz für Möbelindustrie (Home-Office) • Hafenschließungen durch Covid Fälle in China und gleichzeitiger Angebotsmangel durch Waldbrände und • Schiffs- und Hafenkapazitäten am Anschlag eine Bergkiefernplage in Nordamerika. • Unerwarteter Nachfrageboom nach Laptops, Kameras, Dru- • Blockade des Suez-Kanals durch das Containerschiff Evergi- ckern, Bildschirmen, Büromöbeln etc. ven für 6 Tage. • Unerwarteter Nachfrageinbruch in der Automobilindustrie • Mangel an Lastkraftwagenfahrer in Großbritannien durch • Blockaden von Handelswegen in Nordamerika durch Anti- den Brexit. Impfpflicht Proteste („Freedom Convoy“) An den weltweiten Unterbrechnungen der Lieferketten und Die Gründe für die Lieferkettendisruption sind allerdings vielfäl- die Materialknappheit ist also nicht nur Corona schuld. An tig, auch unabhängig von Corona gibt es einige Treiber: den Ursachen die außerhalb von Corona liegen merkt man, wie komplex die globalen Wertschöpfungsketten mittlerweile • Engpass in der chinesischen Energiepolitik, zum Beispiel geworden sind, wenn sogar die Handelspolitik von Trump und durch Handelsstreitigkeiten mit Australien entstand ein eine sechstägige Blockade des Suezkanals immer noch für MangelanKohlelong-arrow-alt-rightStromfür44%allerIndustriebetriebein Lieferschwierigkeiten sorgen. Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
Auswirkungen auf die Wirtschaft Am Deutlichsten werden die Probleme in der Lieferkette bei auch eine Ausweitung der Transportkapazitäten über den Luft- komplexen Produkten wie zum Beispiel bei Autos. Musste die weg, was durch den zurückgegangen Reiseverkehr möglich deutsche Automobilindustrie 2020 noch wegen Covid in die gemacht wird. Kurzarbeit gehen, muss sie dies heute nicht wegen zu gerin- ger Nachfrage, sondern wegen Rohstoff- und Chipmangel tun. Die meisten Experten prognostizieren, dass sich die globalen Kunden von Neuwägen müssen mittlerweile bis zu 15 Monate Lieferketten in 2022 langsam in einen Prozess begeben, der ein auf ihr Auto warten. Sogar Preise für Gebrauchtwagen sind auf- globales Gleichgewicht herstellen wird, welcher allerdings Jahre grund der langen Wartezeiten für einen Neuwagen 2021 um 10% brauchen wird um eine vor-Corona Situation herzustellen. angestiegen. Dadurch sind einige Jahreswägen nun teurer als der entsprechende Neuwagen geworden. Aber nicht nur Autos, Preise für Container aus Asien sinken leicht sondern auch Spielekonsolen, Waschmaschinen, Möbel und viele Preise in $ pro 40-Fuss-Container andere Produkte sind stark von der Unterbrechung der Liefer- ketten und dem Materialmangel betroffen. 15 000 Durch die Omikron-Variante drohen nun weiter Reisebe- 10 000 schränkungen, insbesondere, was den Impfstatus angeht. Australien zum Beispiel hat schon starke Reiseeinschränkun- 5 000 gen erlassen, und auch China mit seiner Null-Covid Strategie wird weiter an den Regeln festhalten. Vor allem da Omikron nun auch in China angekommen ist, wird die Hoffnung auf Globaler Index Schanghai-Los Angeles Schanghai-Rotterdam eine schnelle Erholung der Lieferketten wohl erstmal zunichte Rotterdam-Schanghai gemacht. Im November 2021 lagen 600 Containerschiffe vor Frachthäfen, Unternehmens-Umfrage zu den Auswirkungen der hinzu kommt in vielen Ländern, am prominentesten in Groß- Corona-Pandemie im Jahr 2020 britannien ein Mangel an Lastkraftwagenfahrer, welche die ver- späteten Teile dann weiter transportieren können. Durch diese 120% 8% 100% Bindung an Containern auf wartenden Containerschiffen und in 26% 23% 31% 80% 40% Häfen explodierten 2021 auch die Kosten für Container, welche 60% 35% 41% 38% sich langsam, durch eine Ausweitung der Containermenge von 40% 52% 20% 39% 36% 31% großen Container Leasing Gesellschaften, wieder erholen. Das 0% Globale Personal- Geschwindigkeit der Digitale bekannte Logistikunternehmen Maersk plant unter anderem Lieferketten anpassungen Automatisierung Transformation Neubewertung geplant Veränderungen sollen unternommen werden keine Veränderungen Stand 24.02.2022 21
Nachfrageschock Angebotsschock Finanzmarktschock Fallende Konsumentennachfrage Unterbrechung der Produktion Kursverfall und erhöhte Volatilität Rückgang der Geringere Unterbrechung Gesundheitssystem Rückgang der Finanzmarkt Reisetätigkeit Konsumneigung der Lieferkette am Limit Rohstoffpreise Volatilität • Reisebeschränkungen • Quarantäne- • Fabrikschließungen • Hoher Bedarf an • Niedrige Ölpreise • Erhöhte Risikoaversen • Absage von Dienst- Restriktionen führen zu Produk- Intensivpflege durch geringe führt zu Rückgang an und Urlaubsreisen • Schul-, Fabrik- und tionsausfällen und • Geringe Kapazitäten Nachfrage und An- Aktienmärkten und • Absage großer Geschäftsschlie- Verzögerungen für geplante Opera- gebotsschock durch steigenden Spreads Veranstaltungen ßungen • Globale Lieferketten tionen Ausweitung der • Steigende Ausfall- • Angst vor Menschen- unterbrochen • Hohe Personal- Förderung in Saudi- raten ansammlungen kosten Arabien • Niedrige Zinsen • Sorge vor Arbeitslosigkeit • Fluglinien • Lokale Dienstleister • Technologie • Krankenhaus- • Rohstoff-Exporteure • Banken • Kreuzfahrt- • Groß- und Einzel- • Automobil betreiber • Versicherer unternehmen handel • Telekommunikation • Hotels • Transport • Schifffahrt • Gastronomie • Reise / Freizeit • Logistik • Reise / Freizeit • Bildung • Pharma allgemein Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie Die Übersicht Die Corona-Pandemie hat weitreichende Auswirkungen auf die Symptome zu Beginn Hamsterkäufe und Ängste sind, sind die gesamte Weltwirtschaft und nahezu alle Branchen. In diesem größten Leiden nach zwei Jahren Corona, die psychischen Kapitel gehen wir auf aus volkswirtschaftlicher Sicht auf die Folgen von Kontaktbeschränkungen, Lockdowns und vor allem Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft ein, be- der langen Zeiten des Homeschoolings für Kinder im sozialen leuchten die Maßnahmen zur Begrenzung der wirtschaftlichen Entwicklungsstadium, die leider oft vergessen werden. Zudem Auswirkungen und deren Effekt. hat Corona die Überforderung durch eine Flut an Daten und „Expertenmeinungen“, welche wir heutzutage haben sicht- Aus der Corona-Pandemie entstehen drei Bedrohungslagen: barer gemacht. Auch gesellschaftlich entzweit Corona die Gesellschaft immer mehr. Impfungen haben eine neue Debatte Gesundheitliche Dimension über Sicherheit und Freiheit losgetreten. Während die einen die Impfungen als Rettung unserer freien Gesellschaft feiern, Für bestimmte Bevölkerungsgruppen ist das neuartige Virus nehmen die anderen eine mögliche Zwangsimpfung als genau extrem bedrohlich und aufgrund seines langwierigen Krankheits- das Gegenteil war. Natürlich erleben wir auch Effekte des Zu- verlaufs ist es auch ein Problem für die Versorgungskapazitäten sammenhaltens. Die Lernfähigkeit und Resilienz einer ganzen unserer Krankenhäuser. Gesellschaft wird auf die Probe gestellt. Wie wir mit dieser Angst umgehen wird entscheiden, wie lange wir an den Folgen Für die allermeisten von uns ist der Virus hingegen geradezu der Krise leiden werden. harmlos. Aber da es um Menschenleben geht, ist der übergrei- fende Zusammenhalt in der Krise so wichtig. Zeitlich gesehen Wirtschaftliche Dimension handelt es sich bei dieser Bedrohungslage um ein mittelfristig, intensives Problem. Den medizinischen Prognosen zufolge dürfte Soweit man das heute einschätzen kann, werden die weitrei- die angespannte gesundheitliche Lage vor allem in den Som- chendsten Auswirkungen, von denen wir alle betroffen sind, die mermonaten deutlich entspannter werden. In den Wintermo- Zusammenbrüche unserer Systeme sein. Wie nachhaltig diese naten helfen Impfungen und neue Medikamente zur Abschwä- Schaden nehmen werden, kann noch niemand wirklich absehen. chung der gesundheitlichen Folgen und tragen so zu möglichst Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft weltweit zusammenbre- geringen Freiheitseinschränkungen bei, bis das Virus in 2-4 chen lassen und viele Unternehmen konnten nur durch staat- Jahren komplett heimisch geworden ist und ein Großteil der Be- liche Unterstützung die Krise überstehen. Umso wichtiger ist es völkerung immun ist, wie bei einer gewöhnlichen Grippe und wird es auch weiterhin sein, das Unternehmen nachhaltig in einem breiten, gleichgesinnten Netzwerk aus Partnerunter- Psychische Dimension nehmen aufzustellen um für künftige Krisen gewappnet zu sein. Besonders das Zusammenbrechen der globalen Lieferketten und Corona ist durch die radikalen Maßnahmen, die es auslöst, von die Preisexplosion für Frachtkosten aus Übersee zeigen, dass Beginn an sehr stark ein „mentales Problem“, das Menschen Unternehmen die regional wirtschaften oft nachhaltiger und in vielfältige Sorgenkaskaden führt. Während die mentalen resilienter sind. Stand 24.02.2022 23
Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
25 Stand 24.02.2022
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie Phasen der Krise Die Corona-Pandemie kann in drei Phasen unterteilt werden. alten Impfungen weniger effektiv sind, konnten wir diese Phase Durch die auch zum Ende des Jahres 2021 wieder stark gestie- noch nicht vollständig verlassen. Aufgrund der aktuellen Infla- genen Fallzahlen und dem nächsten starken Einschränkungen tionsentwicklungen und des anhaltenden Angebotsschocks, lässt verharrt Deutschland in der Stabilisierungsphase. Durch die wei- sich allerdings erahnen, dass Deutschland, überlappend mit dem terhin niedrigen Impfquoten in Deutschland und dem Aufkom- Ende der Stabilisierungsphase in eine Inflations-, bzw. Krisen- men immer neuer ansteckenderer Mutationen, gegen welche die phase übergeht, deren Verlauf und Ausgang noch ungewiss ist. 1 2 Akutphase Stabilisierungsphase • Plötzlicher Stillstand der Produktion. • Sukzessive Öffnung der Ausgangsbe- • Nahezu kompletter Ausfall der volks- schränkungen. wirtschaftlichen Nachfrage. • Langsame Rückkehr der Nachfrage. • Stark gesunkene Rohölpreise. • Wiederbeleben der wirtschaftlichen • Reduzierung der Umlaufgeschwindig- Aktivität. keit des Geldes. • Ansteigende Ölpreise durch zuneh- mende Konjunktur-dynamik. ȩ Deflationärer Druck • Wiederanstieg der Umlaufgeschwin- digkeit des Geldes im Zuge des an- Ausnahme: einige Lebensmittel und Pro- steigenden Konsums. dukte des täglichen Bedarfs, deren Preise aufgrund temporär sprunghaft gestiege- ȩ Temporär etwas stärkerer Inflations- ner Nachfrage ansteigen können anstieg falls die Nachfrage stärker steigt als das Angebot Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
3 „Normalisierungsphase“ • Zurückkehren des aggregierten Angebots und der Nachfrage auf Vorkrisenniveau. Mögliche Risiken der Normalisierung: • Voraussichtlich nur möglich durch langfristig geringere Nachfrage und einhergehender reduzierter Wirt- schaftsleistung. • Unter Umständen zur Stabilisierung benötigte Zinserhöhung hätte einen deutlichen Anstieg der Zahlungs- unfähigkeit von Staaten und Unternehmen zur Folge. Inflations- / Krisenphase Anhaltende Inflation • Nachfrageüberhang durch Anstieg der • Durch globale Lieferengpässe bleibt Investitionen bzw. des Konsums auf- das Angebot niedrig, oder eine grund der gestiegenen Geldmenge. Lohn-Preis-Spirale treibt die Inflation • Durch steigende Inflation einsetzende weiter an. Lohn-Preis-Spirale. (Anstieg der Löhne als Folge von Preiserhöhungen und der Preise als Folge von Lohnsteigerungen) ȩ Sich immer weiter stark erhöhende Inflationsentwicklung. ȩ Gefahr des Vertrauensverlusts der Be- Krise völkerung in die Währung und in das Wirtschaftssystem und damit einher- • Die EZB rückt von ihrer lockeren gehende Hyperinflation. Geldpolitik ab. ȩ Gefahr einer Stagflation falls die Wirt- • Gepaart mit den bekannten Engpäs- schaft in eine langfristige Rezession sen wird die Industrie hart getroffen. und gleichzeitige starke Inflation gerät. Aktuelle Phase Stand 24.02.2022 27
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie Das Coronavirus als Angebotsschock Mit Ausbruch des Virus in China und der dortigen Produktions- unterbrechung hatten die deutschen produzierenden Unter- Auswirkungen für den Mittelstand nehmen einen Angebotsschock zu verkraften. Somit konnte trotz Nachfrage nicht produziert werden, woraus ein Angebotsrück- Das deutlich gesunkene Angebot und die weiterhin stark gang resultierte. belasteten Lieferketten haben viele mittelständische Unternehmen hart getroffen. Auch zwei Jahre nach dem ersten Aufkommen des Corona-Vi- rus haben sich die Lieferketten und die Produktion in vielen Zusammenbruch der Produktion Sektoren noch nicht normalisiert. Insbesondere die Produktion Durch den Zusammenbruch der Lieferketten konnten der Halbleiterindustrie kommt der durch die Technologisierung viele Unternehmen die Produktion nicht aufrecht erhalten. weiter steigenden Nachfrage nicht hinterher. Somit kann in vielen Im Laufe der Zeit hat sich die Lage zwar etwas entspannt, Unternehmen trotz Nachfrage nicht und nur in geringerem Maße allerdings haben die Disruptionen der globalen Wert- produziert werden, woraus ein Angebotsrückgang resultiert. schöpfungsketten unser globales Wirtschaftssystem so strapaziert, dass die Folgeeffekte der Produktionsstörun- Beeinträchtigung globaler Wertschöpfungsketten gen nun immer deutlicher werden. Wahrscheinlich wird es • Produktionsausfälle aufgrund fehlender Vorleistungen. einige Jahre (mit Lieferengpässen und folglichen Produk- • Just-in-time Produktion mit niedrigen Lagerbeständen sind tionsausfällen) geben, bis sich der globale Handel wieder problematisch und führen zu Engpässen. eingependelt hat. • Lieferabhängigkeit von Spezialkomponenten aus dem Ausland. Weitere Faktoren: Ausfall von Beschäftigten • Gestiegene Kosten für stark nachgefragte Güter • Angebotsschock beim Ausfall von Mitarbeitern (durch Er- • Deutlich gestiegene Transportkosten krankung oder Quarantäne), die für die Produktion nicht • Extreme Planungsunsicherheit mehr zur Verfügung stehen. • Abmilderung dieses Angebotsschocks kann teilweise auch durch Home Office geschaffen werden, ist jedoch bei per- sonenbezogenen Dienstleistungen oder Produktionsberufen Produktionsindex produzierendes Gewerbe mit hohem manuellen Routineanteil kaum eine Option. 2015 = 100 Störungen der Infrastrukturen und Logistikketten Kalender- und saisonbereinigt nach X13 JDemetra+ • Mögliche Beeinträchtigung der Verkehrsinfrastrukturnetze 120 (Beeinträchtigung von Flug- und Bahnverkehr) führt zu Prob- 110 lemen der Aufrechterhaltung von Produktionsketten. 100 90 80 Auch wenn sich der Trend der steigenden Nachfrage im dritten Corona Jahr weiter positiv entwickelt und wieder anzieht, kann 70 die Produktion durch fehlende Bauteile oder durch die Knapp- 60 Januar 10 April 10 Jul 10 Oktober 10 Januar 11 April 11 Juli 11 Oktober 11 Januar 12 April 12 Juli 12 Oktober 12 Januar 13 April 13 Juli 13 Oktober 13 Januar 14 April 14 Juli 14 Oktober 14 Januar 15 April 15 Juli 15 Oktober 15 Januar 16 April 16 Juli 16 Oktober 16 Januar 17 April 17 Juli 17 Oktober 17 Januar 18 April 18 Juli 18 Oktober 18 Januar 19 April 19 Juli 19 Oktober 19 Januar 20 April 20 Juli 20 Oktober 20 Januar 21 April 21 Juli 21 Oktober 21 heit zu teuer gewordene Bauteile nicht mithalten. Das gesunkene Angebot im Zuge des Angebotsschocks lässt je nach Sparte die Preise der Endprodukte deutlich steigen, da die Mehrkosten falls möglich an den Verbraucher weitergegeben werden. Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
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Aktuelle Lage – Inflation Temporäre Treiber Mit dem Ende der Lockdowns und der Erholung der Wirtschaft te Konsummöglichkeiten: Experten erwarten, dass die Zunahme ist die Inflation weltweit stark gestiegen, in Deutschland sogar an Rücklagen der deutschen Haushalte zu einer höheren Nach- noch stärker. Mit einer Inflation von über 5% im November 2021 frage führen wird, welche auch zu höheren Preisen führen wird, sind wir weit entfernt von den 2%, welche die EZB als optimal bis die Ersparnisse sich normalisiert haben. einstuft. Nun gibt es Diskussionen, ob es sich um eine kurzfris- tige oder langfristige Inflation handele, und sollte diese wirklich Engpässe bei der Energieerzeugung langfristig sein, wie darauf reagiert werden sollte. Insbesondere Mehrere einzelne Phänomene weltweit haben zu einem geringe- in Europa würde dies eine Grundsatzentscheidung bedeuten, ren Angebot an Energie im Jahr 2021 gesorgt: Windflauten zum denn viele südeuropäische Staaten waren schon vor Corona Beispiel in Deutschland und Großbritannien und Dürren in Brasi- hoch verschuldet und würden stark unter höheren Zinsen leiden, lien disruptierten den regionalen Energiemix. Zudem gab es 2021 was zu einer neuen Schuldenkrise führen könnte. Die EZB hofft, einen ungewöhnlich langen Winter, welcher die Energiereserven dass die aktuell hohe Inflation ein temporäres Phänomen ist. in Deutschland und Europa deutlich geschmälert hat. Zusätzlich Nachfolgend analysieren wir die Haupttreiber, die eine solchen geht in Deutschland langsam der Atomausstieg zu Ende, welcher permanenten Preisanstieg, allerdings nur temporären Anstieg das Angebot an Energie zusätzlich schmälert. Auch machtpoli- der Inflation begründen. tische Konflikte, zum Beispiel zwischen dem politischen Westen und Russland, oder Australien und China sorgen für ein geringe- Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung res Energieangebot. Die Senkung der Mehrwertsteuer, welche in den letzten beiden Quartalen von 2020 zur Dämpfung des Nachfrageschocks ein- Einführung von CO2-Zertifikaten und CO2-Bepreisung geführt wurde, ist seit 2021 zurückgenommen. Damals war die Beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas sind in Inflation nahe den 0%. Nun wird die Mehrwertsteuer seit 2021 Deutschland seit Januar 2021 25€ pro Tonne CO2 fällig, welche wieder verrechnet, und damit steigen die Verbraucherpreise bis 2025 schrittweise auf 55€ steigen, dies schlägt sich zusätz- automatisch um 2,6%, bzw. 1,9% beim ermäßigten Steuersatz. lich in den sowieso schon höheren Energiepreisen nieder, welche Aufgrund des starken Anstiegs der Inflation durch 2021 hinweg sich durch die gesamte Wertschöpfungskette ziehen. Zudem erklärt die Rücknahme der Steuersenkung allerdings nicht kom- sind die Preise für CO2-Zertifikate seit 2018 stetig angestiegen plett den Inflationsanstieg. und erreichten im September 2021 einen Höchststand von 62€ pro Tonne CO2. Unter das Emissionshandelssystem der EU: ETS Abbau des Konsumstaus fällt vor allem die Energieerzeugung und energieintensive Pro- Deutsche Haushalte haben während Corona überdurchschnitt- duktion, welche ebenfalls Auswirkungen auf die gesamte Wert- lich viel Bargeld angespart. Zwischen dem Q1 2020 und dem Q2 schöpfungskette haben. Zwar können sich auch in Zukunft Preise 2021 ist das Geldvermögen der privaten Haushalte um fast 15% für CO2 erhöhen, insbesondere, da die Anzahl der Zertifikate im gestiegen. Zum Vergleich: Zwischen dem Q1 2018 und dem Q2 ETS System jährlich um 2,2% gesenkt wird, von einem Anstieg 2019 waren es nur ca. 6%. Egal ob die Gründe für die Zunahme wie zuletzt ist allerdings mittelfristig nicht auszugehen. an Erspartem Vorsichtsverhalten in der Krise war, oder begrenz- Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
Verbraucherpreisindex insgesamt Auswirkungen für den Mittelstand 6 Regionale Lieferketten 5 Besonders kurzfristig kommt es für Unternehmen im ver- 4 arbeitenden Gewerbe und Unternehmen die einen Groß- 3 teil ihrer Lieferkette im weiter entfernten Ausland haben 2 zu eklatanten Steigerungen bei Energie- und Frachtkos- 1 ten. Je nach Marktposition kann es sich lohnen, die Preis- 0 erhöhungen an die Endkunden weiterzugeben, bzw. sogar Nov Sep Jul Mai Mär Nov Jan Sep Jul Mai Mär Nov Jan Sep Jul Mai Mär Nov Jan Sep Jul Mai Mär Nov Jan Sep Jul Mai Mär Nov Jan Sep Jul Mai Mär Jan -1 die Gewinnmarge aufgrund des niedrigen Angebots, aber 2016 2017 2018 2019 2020 2021 der hohen Nachfrage und Ersparnisse der Konsumenten zu erhöhen. Energieautonomität Um hohen Frachtkosten zu entgehen und gleichzeitig eine resilientere Wertschöpfungskette zu schaffen, welche zu- künftigen Disruptionen der Lieferketten eher standhalten, kann es sich lohnen, langfristig regionale Lieferanten- beziehungen zu strukturieren. Auch eine Energieauto nomität durch eigene nachhaltige Energieerzeugung kann vor zukünftigen Preisschwankungen und den langfristig steigenden CO2-Abgaben schützen. Stand 24.02.2022 31
Aktuelle Lage – Energiekosten Extremer Anstieg der Preise für Gas, Öl und Strom Mit dem Wiederanlaufen der weltweiten Wirtschaft in der Mitte Die Kombination aus steigender Nachfrage und begrenztem An- des Jahres 2021 sind die Preise für Energie deutlich gestiegen gebot führt zu den beobachteten hohen Energiepreisen. und haben im Dezember neue Höchstwerte erreicht. Vor allem die Gaspreise waren gegen Ende des Jahres 2021 ein Besonders extrem war der Anstieg im Dezember zu sehen an Musterexemplar dieser Entwicklung und zusätzlich Preistreiber den europäischen Börsenpreisen für Futures. Hier stiegen die für andere Energieformen. Der ausgedehnte Winter mit einer Preise zwischen 1. Januar und 9. Dezember 2021 um: erwarteten Heizphase bis in den Mai hat zu einem starken An- stieg der Nachfrage in Europa und der Welt geführt. Der stark • Elektrizität: + 437% gestiegene Preis hat die Nachfrage nach Flüssiggas in Asien • Erdgas: + 404% deutlich erhöht mit einem starken weiteren positiven Effekt auf • CO2-Emissionsrechte: +164% die Preise. Zusätzlich kommt in Europa ein ebenfalls stark gestie- • Steinkohle: + 94% gener CO2-Preis im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems • Erdöl: +30% (ETS) zu tragen. Der Hauptgrund für diesen Anstieg ist die schneller als geplante Da in Mitteleuropa kaum eine Möglichkeit besteht, komplett auf wirtschaftliche Erholung, vor allem in Asien, was die Nachfrage Flüssiggas auszuweichen, bleibt hier vorerst nur Russland als Lie- nach Energie explodieren lässt. Zu dieser gestiegenen Nachfra- ferant für Erdgas. Russland zeigt zumindest zum Zeitpunkt dieses ge kommen mehrere Faktoren, welche das Angebot verknappen. Berichts keinen Willen den Preis für Gas durch erhöhte Gasliefe-
rungen zu senken, sondern hält sich gerade so an die niedrigen, langfristig vereinbarten Mengen und die Preise damit hoch. Für Auswirkungen für den Mittelstand Februar hat Russland sogar überhaupt keine Pipelinekapazitä- ten reserviert. Gleichzeitig nehmen die Gaslieferungen aus den Vor allem energieintensive Produktionsunternehmen, die USA mit Flüssiggas deutlich zu. Damit scheint der amerikanische auch schon an stark gestiegenen Halbleiterpreisen und Plan, der während der Trump-Präsidentschaft entwickelt wurde, Lieferkettenengpässen leiden, werden weiter von stark Europa mit amerikanischem Flüssiggas, statt mit russischem Gas steigenden Energiepreisen gebeutelt. zu versorgen, immer realistischer zu werden. Die Gründe für die steigenden Energiepreise sind nicht Zudem nutzt Russland die Abhängigkeit Ost- und Mitteleuro- unbedingt temporär. Zumindest kurzfristig wird sich an pas gerade als politisches Druckinstrument gegen Europa aus. den Spannungen zwischen der EU und Russland nichts Zum einen in den Spannungsverhältnissen der Ukraine und der ändern. Auch höhere Kosten für Emissionszertifikate und damit verbundenen Osterweiterung der NATO und weiterhin bei das Verschwinden der Kernenergie in Deutschland sind der langwierigen Inbetriebnahme der neuen Gaspipeline Nord keine temporären Effekte. Sollte die Politik nicht gegen- Stream 2. steuern, wie in Spanien oder Frankreich, besteht das Risiko, dass das langsame wirtschaftliche Ende von Corona Ein weiterer Preistreiber des Erdgases und der Strompreise in nicht das Verlassen des Krisenmodus für die Wirtschaft Deutschland ist der Atomausstieg. Mit der Abschaltung von bedeutet, sondern, dass auf Corona eine neue Wirt- Atomkraftwerken am 31.12.2021 mit einer Gesamtleistung von 4 schaftskrise folgt. Gigawatt billigen und versorgungssicherem Atomstrom. Verbun- den mit unterdurchschnittlichen Windstärken in 2021 verglichen Unternehmen mit dem Willen zur nachhaltigen Transfor- mit den 2 besonders windreichen Jahren 2019 und 2020, erzeugt mation können sich zumindest auf die lange Frist durch dies ein deutlich geringeres Angebot. Der fehlende emissions- die Etablierung einer autonomeren Energieversorgung, sparende Strom aus Wind- und Kernkraft wird durch fossile zum Beispiel durch eigene Solar-, Wind und Abwärmenut- Kohle und teures Gas ersetzt. zung weniger abhängig von solchen Preisschwankungen machen. Einfuhrpreise Stein-/Braunkohle, Erdöl, Erdgas, Strom preisbereinigt; 2015=100 600,0 500,0 400,0 300,0 200,0 100,0 0 Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov 15 15 15 15 15 15 16 16 16 16 16 16 17 17 17 17 17 17 18 18 18 18 18 18 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 21 21 21 21 21 21 Stein-/Braunkohle Erdöl Erdgas Strom Stand 24.02.2022 33
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Aktuelle Lage – Ukraine-Konflikt Die Machtspiele zwischen Russland und der NATO drohen zu eskalieren Die Fronten zwischen Russland und der NATO im Zuge des Uk- Die Zeichen stehen zunehmend auf Eskalation. Nachdem das raine Konflikts sind verhärtet. Treffen des zwischen Joe Biden und Wladimir Putin am 12. Januar gescheitert ist und auch weitere bilaterale Treffen zwischen Im Ukrainekonflikt, der mit der Euromaidan Revolution und der Frankreich, Deutschland und Russland keine Deeskalation er- Annexion der Krim 2014 gestartet ist, durch das Ausbrechen von reichen konnten, warnen die USA nun von einer sogenannten bürgerkriegsähnlichen Kämpfen im Osten der Ukraine weiter „False-Flag-Operation“ seitens Russland, welche eine Invasion in eskalierte und durch die Minsker Abkommen nur bedingt be- die Ostukraine rechtfertigen soll. schwichtigt werden konnte, kam es 2021 durch eine massive Auf- rüstung russischer Truppen an der ukrainischen Grenze zu einer Laut US-Präsident Biden könnte nun jederzeit ein Krieg in Euro- weiteren internationalen politischen Krise. pa ausbrechen, was durch den russischen Präsidenten allerdings verneint wird. Durch die Osterweiterungen und das Aufrüsten der Nato in Ost- und Mitteleuropa fühle Russland sich bedroht. Moskau fordert in einem am 17. Dezember veröffentlichten Dokument ein Ende der Nato-Osterweiterung, das Unterlassen von militärischen Auswirkungen für den Mittelstand Aktionen der NATO in der Ukraine, anderen osteuropäischen Staaten, im Südkaukasus und in Osteuropa, sowie die militärische Durch die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Infrastruktur auf die Positionen von 1997 zurückzuziehen. Zudem Gaslieferungen, vor allem auch in Verbindung mit einer will Russland erreichen, dass die Ukraine kein NATO-Mitglied zunehmenden Versorgungsunsicherheit durch abgeschal- wird. Das westliche Militärbündnis hat diese Forderung bisher tete Kernkraftwerke und den langsamen Kohleausstieg stets zurückgewiesen. sind die Optionen der deutschen Außenpolitik in diesem Konflikt stark eingeschränkt. Angesichts der Spannungen verfolgt die NATO allen voran die USA eine Doppelstrategie, welche zum einen das Beteuern der Sollte der Konflikt weiter eskalieren, wäre das verhee- Solidarität zur Ukraine und mögliche Sanktionen gegenüber rend für den deutschen Mittelstand: Energiepreise und Russland, auf der anderen Seite allerdings auch Gespräche und die Inflation könnten noch weiter steigen und härtere Verhandlungen mit Moskau beinhaltet. Ein aktives militärisches Sanktionen gegenüber Russland würden auch deutsche Eingreifen der NATO im Falle einer militärischen Konfrontation ist Unternehmen treffen. sehr unwahrscheinlich. Eine schnelle diplomatische Lösung im Ukraine Konflikt Vor allem brisant im Ukraine Konflikt ist die Verbindung zur hätte zumindest wirtschaftlich gesehen positive Auswirkun- Energiekrise, da Russlands größtes nicht-militärisches Druckmit- gen für den deutschen Mittelstand. Unter anderem könnte, tel die Verknappung der Gaslieferungen nach Europa ist. Zudem neben dem Zurücknehmen oder zumindest nicht-wei- pocht Russland auf ein schnelles Fertigstellten der Gaspipeline ter-Eskalieren von Sanktionen auch eine Fertigstellung von Nord Stream 2, welche es Russland möglich macht die Ukraine Nord Stream 2 die deutsche Energieversorgung sichern als Transitland zu umgehen, was zum einen ein wirtschaftliches, und die Preise stabilisieren oder sogar sinken lassen. Stand 24.02.2022 wie auch ein machtpolitisches Risiko für die Ukraine darstellt. 35
Ausblick 2022 Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
37 Stand 24.02.2022
Inflation Langfristige Entwicklung Abweichend zu der Annahme der EZB äußern sich aktuell immer nehmen für teurere Energie haben, aber auch für Investitionen mehr Experten, die der Meinung sind, dass ein Anstieg des in neue Technologien und umweltfreundlichere Produktion, wie Presiniveus nicht nur ein kurzfristiges Phänomen sei, sondern zum Beispiel die Elektrifizierung, wird letztlich an den Konsumen- sich auch in 2022 und über 2022 hinaus fortsetzen wird. Auch in ten weitergeleitet. Sollten vom Klimawandel getriebene Naturka- einer Umfrage des Ifo Instituts stellte sich heraus, dass im nächs- tastrophen, wie die Hochwasser letztes Jahr in NRW, Bayern und ten Jahr 2/3 der deutschen Unternehmen ihre Preise erhöhen Rheinland-Pfalz, oder heiße trockene Sommer, welche zu Dürren möchten. Noch nie wurde in den letzten 30 Jahren ein höherer und höheren Lebensmittelpreisen führen weiter zunehmen, wird Wert ermittelt. Auch die Inflation von 5,3% im Dezember ist der sich auch der Klimawandel erstmals deutlich im Preisniveau be- Höchstwert der letzten 30 Jahre. Die alles legt die Vermutung merkbar machen. nahe, dass es sich nicht nur um einen kurzfristigen Anstieg der Inflationsrate handelt, sondern dass uns eine ähnliche Preisspira- Immer mehr Unternehmen achten in der aktuell herrschenden le erwartet wie in den 1970ern. Von Experten und Unternehmen Unsicherheit an den globalen Märkten, und auch aus Umwelt- werden hierfür vor allem folgende Gründe genannt: gesichtspunkten auf eine höhere Resilienz und Regionalität ihrer Wertschöpfungsketten. Dies bedeutet unter anderem eine Preisdruck durch hohe Energiepreise und Lieferengpässe höhere Lagerhaltung und eine Abnahme der globalen Arbeitstei- Hohe Energiepreise werden getrieben zum einen durch eine hö- lung, was zu höheren Kosten führt. Auch der Fachkräftemangel here CO2-Bepreisung, welche vor allem kurzfristig stark gestie- wird langfristig zu höheren Lohnkosten für Unternehmen führen, gen ist, allerdings in Zukunft noch zunehmen wird. Zum anderen welche den Preisanstieg stetig vorantreiben. wird auch der Atomausstieg in 2022 in Deutschland vollendet. All dies deutet darauf hin, dass die Energiepreise langfristig hoch Inflation als Mittel zur Senkung der Staatschuldenlast bleiben, oder sogar noch weiter steigen können. Auch die glo- Laut den Maastrichter Verträgen verfolgt die EZB zwar offiziell balen Logistikketten werden noch einige Jahre dauern, um sich das Ziel der Preisstabilität, allerdings werden mehr Experten- einzupendeln. Höhere Energie-, Produktions- und Lagerkosten stimmen laut, welche der EZB einen Verstoß gegen genau diese werden bis dahin an die Verbraucher weitergegeben. Verpflichtung vorwerfen. Um eine neue Schuldenkrise, der durch Corona noch höher verschuldeten Staaten Südeuropas zu ver- Langfristige Megatrends: Umbau der Wirtschaft, Klimawandel, hindern, würde die EZB mit Absicht auf Zinserhöhungen, welche Demographie machen sich langsam bemerkbar die Inflation senken würden, verzichten. Ehemalige Zentralbank- Deutschland forciert den Umstieg in grüne Energien wie kaum chefs gehen sogar noch weiter und werfen der EZB vor, die In- ein anderes Land. Dieser Umstieg der durch verschiedene Inst- flation mit Absicht hoch zu halten, um langsam die Staatsschul- rumente angepeilt wird, ist teuer. Der Kostenanstieg, den Unter- den zu entwerten. Die EZB hingegen erwidert die Vorwürfe mit Symworking – Aktuelle wirtschaftliche Lage
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