Systemdienstleistungen - dena-INNOVATIONSREPORT Aktueller Handlungsbedarf und Roadmap für einen stabilen Betrieb des Stromsystems bis 2030 ...
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dena-INNOVATIONSREPORT Systemdienstleistungen Aktueller Handlungsbedarf und Roadmap für einen stabilen Betrieb des Stromsystems bis 2030
Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung Der Innovationsreport analysiert den aktuellen Stand und die Zukunfts- fähigkeit von Systemdienstleistungen. S. 4 – 5 Die Energiewende stellt neue Anforderungen an Systemdienstleistungen. Was sind Systemdienstleistungen? Einleitung Spezifische Herausforderungen Definition von Systemdienstleistungen und der einzelner Systemdienstleistungen wichtigsten Systemdienstleistungsprodukte S. 6 –15 1.1 Betriebsführung 1.2 Regelleistung 1.3 Momentanreserve 1.4 Blindleistung 1.5 Kurzschlussstrombeitrag 1. Innovations-Barometer Zusammenfassung der Ziele, wesentlichen Entwick- 1.6 Versorgungswiederaufbau lungen und Handlungsbedarfe in den wichtigsten Themenfeldern S. 16 – 43 2. Update der dena-Roadmap Systemdienstleistungen 2030 Update der 2014 erstellten Roadmap 3. Umfeldanalyse Anlagen für die kontinuierliche Gewährleis- Übersicht wesentlicher Projekte tung eines zuverlässigen und Aktivitäten im Themenfeld Stromnetzbetriebs S. 44 – 53 Systemdienstleistungen S. 54 – 71 S. 72 – 79 Inhaltsverzeichnis 3
Zusammenfassung Die Geschwindigkeit bei der Weiterentwicklung der Systemdienstleistungen muss beibehalten werden. Die Energiewende ist gekennzeichnet durch einen stetig steigenden Anteil von Strom aus dezentralen EE-Anlagen. Sicherheit und Stabilität der Stromversorgung hängen in großem Maße davon ab, ob es auch zukünftig gelingen wird, die Systemdienstleistungen weiterzuentwickeln und an die kommenden Anforderungen anzupassen. Die dena-Plattform Systemdienstleistungen bildet im vorlie- in Konsequenz bis hin zum Blackout führen können. Auch die genden Innovationsreport die aktuelle Entwicklung und Hand- Blindleistungsbereitstellung erfordert insbesondere unter dem lungsbedarfe im Themenfeld Systemdienstleistungen ab, um Aspekt der volkswirtschaftlich günstigen Gestaltung Hand- Akteuren im Themenfeld Orientierung bei der Transformation lungsbedarf. des Stromsystems zu geben. Die einzelnen Handlungsfelder entwickeln sich dynamisch und bedürfen daher der stetigen Neben der Erbringung von Systemdienstleistungen haben und wachsamen Evaluation. die Anforderungen an den Netzanschluss und den Betrieb wichtige Funktionen für die Wahrung der Systemsicherheit. Während beispielsweise bei Regelleistung und Kurzschluss- Dabei kommt es insbesondere auf die Einhaltung der europäi- strombeitrag die Entwicklung nach derzeitigem Erkenntnis- schen Regelwerke (wie RfG, NC Emergency and Restoration, stand im Soll liegt, zeichnet sich schon jetzt Handlungsbedarf SO GL oder ENTSO-E) an. etwa auf dem Gebiet der Momentanreserve ab. Hier wurden insbesondere im System-Split-Fall R isiken identifiziert, die 4 Zusammenfassung
1 2 3 Wirtschaftlich trag- Schnittstellen zwi- Technische Alterna- bare Erbringung für schen ÜNB, VNB und tiven für die Bereit- alle Akteure absichern Anlagenbetreibern stellung von Momen- weiterentwickeln tanreserve entwickeln Der Einsatz von Systemdienstleistungs- Dezentrale Erzeugungsanlagen überneh- Die rotierenden Massen konventioneller produkten ist für Netz- wie auch Anla- men zunehmend Verantwortung für die Kraftwerke dämpfen Frequenzverände- genbetreiber mit Kosten verbunden. Im Stabilität im Stromnetz. Diese Anlagen rungen, bevor die Regelleistung aktiviert Zuge der technischen Weiterentwicklung sind fast ausschließlich im Verteilnetz werden kann. Damit ist diese Eigenschaft müssen auch damit verbundene ökono- angeschlossen. Insbesondere bei für die für die Stabilität im Stromsystem essen- mische Fragen beantwortet werden. Es Systemstabilität wichtigen Systemdienst- ziell. Wenn in Zukunft die Laufzeiten kon- ist zu analysieren, welche Kosten durch leistungsprodukten wie z. B. Regelleis- ventioneller Kraftwerke weiter sinken, eine weiterentwickelte Erbringung von tung oder Redispatch müssen die Schnitt- kann diese Eigenschaft durch die Umrich- Systemdienstleistungen für die Akteure stellen zwischen Erbringern und allen be- ter von EE-Anlagen übernommen wer- entstehen. Rahmenbedingungen müs- troffenen Netzebenen weiterentwickelt den. Hierfür müssen existierende Lösun- sen in einer Art und Weise gestaltet wer- werden. Dazu gehören neue Prozesse und gen weiter erforscht und im Hinblick auf den, dass die technisch und wirtschaftlich Datenschnittstellen. ihre Einsatzfähigkeit im Verbundsystem sinnvollste Erbringungsart gewählt wird. getestet werden. Zusammenfassung 5
Einleitung Die Energiewende stellt neue Anforderungen an Systemdienstleistungen Die Energiewende bewirkt eine grundle- etwa Photovoltaikanlagen im Verteilnetz Grenzwerte zu halten oder sie nach Stö- gende Veränderung der Stromversorgung deutlich erhöht, die Zahl von Großkraft- rungen wieder in den Normalbereich zu in Deutschland. Erneuerbare Energien (EE) werken im Hoch- und Höchstspannungs- führen. werden erschlossen, während die Markt- netz ist hingegen rückläufig. anteile konventioneller, steuerbarer Kraft- Der Innovationsreport Systemdienstleis- werke immer weiter zurückgehen. Die Stromerzeugung basiert zunehmend tungen stellt die Entwicklung der letzten auf Millionen kleiner Anlagen statt auf we- drei Jahre in diesem Themenfeld vor und Dies hat direkte Auswirkungen auf den nigen hundert Großkraftwerken. Zudem benennt den aktuellen Handlungsbedarf, stabilen Netzbetrieb: wird bei Stromverbrauchern eine zuneh- um das Netz zukunftsfähig zu machen. mende Flexibilisierung erwartet. Diese Zugleich zeigt er geeignete Maßnahmen Volatiler Strom aus Wind und Sonne führt Entwicklungen stellen die Energiesyste- zur Realisierung einer sicheren und sta- zu stark wechselnden Lastfluss-Situatio- me vor große Herausforderungen, bergen bilen Stromversorgung auf. Der Innova- nen in den Netzen. Zugleich steigen aber auch Chancen und können zu Inno- tionsreport gibt zudem einen Überblick tendenziell die Entfernungen für den vationstreibern für die Stromnetz-Infra- über die breite Forschungs- und Entwick- Stromtransport, da beispielsweise struktur werden. lungslandschaft, die sich diesem wichti- Windkraftanlagen schwerpunktmäßig gen Zukunftsthema widmet. in Norddeutschland für den Bedarf in Besondere Bedeutung fällt dabei den Sys- ganz Deutschland produzieren. temdienstleistungen zu: Diese werden von den Netzbetreibern genutzt, um die Fre- Mit der Energiewende hat sich der Be- quenz, die Spannung und die Leitungs- stand dezentraler Energieerzeuger wie belastungen im Netz innerhalb zulässiger 6 Einleitung
„Nur mit Innovationen im Themenfeld System- dienstleistungen kann die hohe Versorgungs- qualität im Stromsystem aufrechterhalten werden.“ Hannes Seidl, Bereichsleiter Energiesysteme und Energiedienstleistungen, Deutsche Energie-Agentur (dena) Einleitung 7
Was sind Systemdienstleistungen? Um eine hohe Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit bei der Stromübertragung und -verteilung zu gewährleisten, ergreifen die Netzbetreiber fortlaufend Maßnahmen, um Frequenz, Spannung und Belastung der Netzbetriebsmittel innerhalb der zulässigen Grenzwerte zu halten bzw. nach Störungen wieder in den Normalbereich zurückzuführen. Diese Systemdienstleistungen sind für die Funktionstüchtigkeit der elektrischen Energieversorgung unbedingt erforderlich. Man unterscheidet zwischen den Systemdienstleis- tungen Betriebsführung, Frequenzhaltung, Spannungshaltung und Versorgungswiederaufbau. Die Erbringung von Systemdienstleistungen allein reicht nicht aus, um die Stabilität des Stromsystems zu gewährleisten. Ein weiterer wichtiger und ebenso komplexer Aspekt ist die Beherrschung von Störfällen. Dieses Themenfeld steht nicht im Fokus des vorliegen- den Innovationsreports, wird aber in manchen Aspekten mit angesprochen. Betriebsführung Frequenzhaltung Definition: Definition: Im Rahmen der Betriebsführung fallen den Netzbetrei- Die Frequenzhaltung erfolgt durch die Übertragungs- bern die Aufgaben zu, einen sicheren Netzbetrieb netzbetreiber. Sie hat die Aufgabe, Stromerzeugung und zu organisieren und das Stromnetz einschließlich -verbrauch jederzeit exakt im Gleichgewicht zu halten, der Erzeugung und (in bedingtem Umfang) der Last und ist unabdingbare Voraussetzung für einen stabilen kontinuierlich bezüglich Grenzwertverletzungen (z. B. Netzbetrieb. Dafür nutzen die Übertragungsnetzbetrei- Stromflussüberlastungen) zu überwachen und zu ber die (bisher) systeminherente Eigenschaft Momen- steuern, sodass ein sicherer Betrieb des gesamten tanreserve und beschaffen sich Regelenergie über Aus- Stromversorgungssystems gewährleistet bleibt. schreibungen. Wesentliche Produkte und Prozesse: Wesentliche Produkte und Prozesse: Einspeisemanagement Momentanreserve1 Redispatch/Engpassmanagement Primärregelleistung Einsatz von Reservekraftwerken Sekundärregelleistung Betriebsplanung/Ausschaltplanung Minutenreserveleistung Datenaustausch und Informationsaustausch Zu-/abschaltbare Leistung (z. B. Kaskade) Planung von Flexibilitätseinsätzen Steuerung von Flexibilitäten über Netzebenen hinweg 1 Siehe Fußnotenverzeichnis ab S. 76 8 Einleitung
Was sind Systemdienstleistungsprodukte? Für die Erbringung der vier Systemdienstleistungen Betriebsführung, Frequenzhaltung, Spannungshaltung und Versorgungswiederauf- bau haben die Netzbetreiber eine Vielzahl von Prozessen etabliert und nutzen Systemdienstleistungsprodukte. Diese Produkte werden aus Betriebsmitteln der Netzbetreiber bereitgestellt, aber auch von Netznutzern, d. h. durch Erzeugungsanlagen oder flexible Lasten. Die Verwendung des Begriffs „Produkt“ impliziert nicht zwangsläufig, dass eine Vergütung für das Systemdienstleistungsprodukt stattfindet bzw. stattfinden sollte. Das bekannteste Systemdienstleistungsprodukt, die Regelleistung, wird beispielsweise vergütet. Blindleistung hingegen wird basierend auf Vorgaben in den technischen Anschlussbedingungen heute ohne Vergütung zur Verfügung gestellt. Spannungshaltung Versorgungswiederaufbau Definition: Definition: Im Hinblick auf die Spannungshaltung haben die Bei Eintreten eines großflächigen Stromausfalls müs- Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber die Aufgabe, in sen die Übertragungsnetzbetreiber unter Mitwirkung der ihrem jeweiligen Netzgebiet die Netzspannung in einem Verteilnetzbetreiber mittels Versorgungswiederaufbau hinsichtlich der Spannungsqualität zulässigen Band zu in der Lage sein, innerhalb kürzester Zeit die Versorgung halten. mit elektrischer Energie wiederherzustellen. Wesentliche Produkte und Prozesse: Wesentliche Produkte und Prozesse: Transformatorstufung und Umschaltungen Schwarzstart- und Inselnetzfähigkeit Blindleistungsbereitstellung und -regelung Netzebenenübergreifende Koordinierung Steuerung von Erzeugungsanlagen Schaltung von Netzbetriebsmitteln Kurzschlussstrombeitrag Einleitung 9
Sechs thematische Schwerpunkte Im Rahmen der dena-Studie Systemdienstleistungen 2030 I wurden sechs Entwicklungsschwerpunkte identifiziert: Betriebsführung Regelleistung (Teilaspekt der Frequenzhaltung) Momentanreserve (Teilaspekt der Frequenzhaltung) Blindleistung (Teilaspekt der Spannungshaltung) Kurzschlussstrombeitrag (Teilaspekt der Spannungshaltung) Versorgungswiederaufbau Die Entwicklungsschwerpunkte Betriebsführung, Regelleistung, Blindleistung und Versorgungswiederaufbau sind vollständig dem Themenfeld Systemdienstleistungen zuzuordnen, während Momentanreserve und Kurzschlussstrombeitrag darüber hinaus reichen, da sie auch im Störungsfall eine wichtige Rolle spielen. Diese Schwerpunktsetzung liegt auch dem vorliegenden Innova- tionsreport zugrunde. In den Abschnitten 1.1 bis 1.6 wird für die Schwerpunktthemen erläutert, welche Zielsetzung verfolgt wird, welche wesentliche Entwicklungen in den letzten Jahren auf den Weg gebracht wurden und welche Herausforderungen aktuell angegangen werden müssen. I Siehe Publikationsverzeichnis ab S. 74 10 Einleitung
1 2 Fr eq ue nz ha ltu ng Thematische 3 Schwerpunkte des Innovationsreports Systemdienst- leistungen 4 6 5 ng ltu ha g s un a nn Sp Einleitung 11
Spezifische Herausforderungen für die Innovation von Systemdienstleistungen Betriebsführung Da die Anzahl der im Verteilnetz angeschlossenen Regelleistungs- erbringer steigen wird, kann es zu Wechselwirkungen zwischen Die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien im Strom- lokalen Engpässen und Netzsicherheitsmaßnahmen (z. B. dem system führt aufgrund vielfältiger Faktoren zu einer steigenden Drosseln von Erzeugungsanlagen wegen lokaler Überlastung) Komplexität im Stromnetz. Deren Beherrschung ist eine der maß- sowie dem Regelleistungsabruf kommen, deren Vermeidung eine geblichen Herausforderungen bei der Weiterentwicklung der Be- zusätzliche Koordination zwischen Übertragungsnetz-, Verteil- triebsführung. netz- und Anlagenbetreibern erforderlich machen kann. Die Mehrheit der EE-Anlagen in Deutschland liefert zudem eine Zielsetzung ist, die Regelleistung zu jedem Zeitpunkt vom Wetter abhängige Einspeisung, deren Prognose mit Unsi- sicher, zuverlässig und effizient in ausreichendem Maße cherheiten behaftet ist. Dies führt zu häufig wechselnden und zur Verfügung zu stellen. nicht immer vorhersehbaren Erzeugungs- und Lastflusssituatio- nen im Übertragungs- und Verteilnetz, die aktuell durch die Netz- betreiber nur über eine deutliche Zunahme gezielter Systemein- Momentanreserve griffe beherrscht werden können. Lokale Engpässe im Verteilnetz werden beispielsweise mittels Engpassmanagement vermieden. Derzeit werden schnelle Frequenzänderungen durch die system- Ist in lastfernen Regionen die Einspeisung besonders hoch, kann inhärente Eigenschaft der Trägheit rotierender Massen von Ma- zudem Redispatch im Übertragungsnetz erforderlich sein, da die schinensätzen (Turbinen-Generator-Systeme) gedämpft. Dies Transportkapazitäten nicht ausreichend ausgebaut sind. Ein wei- geschieht im Augenblick der Frequenzveränderung, also bevor terer Grund für steigende Komplexität sind zukünftig breitere Op- ein Ausgleich durch Regelleistung erfolgen kann, und ist daher tionen, Prosumer aktiver in den Markt einzubinden, sowie die In- für die Stabilität des Stromsystems essenziell. Turbinen-Gene- tegration weiterer Branchen und Bereiche in das Stromsystem im rator-Systeme finden sich in allen konventionellen Erzeugungs- Rahmen einer sektorübergreifenden, integrierten Energiewende. anlagen einschließlich Wasserkraftwerke und Pumpspeicher- kraftwerke. Die Schwungmassen der großen Kraftwerks-Ma- Zielsetzung ist insgesamt eine trotz steigender Komplexität schinensätze werden genutzt, um im Millisekundenbereich feh- auch zukünftig beherrschbare und zuverlässige Betriebs- lende oder überschüssige Energie ein- bzw. auszuspeisen und führung. damit das Leistungsgleichgewicht bis zum Einsatz der Regel- leistung zu halten. Die Trägheit der rotierenden Massen beugt somit schnellen Frequenzänderungen vor. Regelleistung In Zukunft werden jedoch marktbedingt die Laufzeiten konven- Aufgrund sinkender Betriebszeiten konventioneller Kraftwerke tioneller Kraftwerke verringert, sodass zukünftig EE-Anlagen in muss der Bedarf an Regelleistung zukünftig zunehmend durch der Lage sein müssen, den Bedarf an Momentanreserve abzu- alternative Erbringer wie Stromspeicher, EE-Anlagen und flexible decken. Außerdem zeigen Untersuchungen, dass bereits heute Stromlasten gedeckt werden. Insbesondere dargebotsabhängige im Falle eines System-Splits3 signifikante Stabilitätsprobleme Erzeuger wie Wind- und Photovoltaikanlagen brauchen zur bes- auftreten können, da nicht in jeder Netzregion zu jedem Zeit- seren Integration in den Regelenergiemarkt kurze Zeiträume zwi- punkt eine für die Systemstabilität ausreichende Trägheit ge- schen Ausschreibung und Erbringung, um das Regelleistungspo- währleistet werden kann.VI tenzial in den Anlagen genauer prognostizieren zu können, sowie kurze Produktzeitscheiben2, um bei wechselnder Einspeiseleis- Ziel ist hier, zu jedem Zeitpunkt ausreichend Momentanre- tung nicht über den gesamten Zeitraum nur das Minimum bieten serve zur Verfügung zu halten, um die Systemstabilität im zu können. Leitlinie für die Anpassung der Rahmenbedingungen Normalbetrieb, aber auch bei einer großflächigen Netzauf- am Regelenergiemarkt muss jedoch immer sein, dass die Regel- spaltung gewährleisten zu können. energie sicher und zuverlässig erbracht werden kann. 12 Einleitung
Blindleistung Bei einer Anlage, die das Netz über einen Umrichter speist, fällt der erhöhte Kurzschlussstrom weg, da der Umrichter zu jedem Stromnetze werden grundsätzlich so ausgelegt, dass die Blind- Zeitpunkt den vorgegebenen Strom einspeist. Im Verteilnetz ist leistung bedarfsgerecht bereitsteht, um sie zur Einhaltung der es daher erforderlich, die Schutzkonzepte an diese neuen Anfor- vorgegebenen Spannungsbänder sowie für den Blindleistungs- derungen anzupassen. Die hierfür verfügbare digitale Schutz- bilanzausgleich nutzen zu können. Insgesamt steigt der Bedarf technik ist sehr weit entwickelt und flexibel einsetzbar. Grundle- an Blindleistung in den Netzen. Gründe hierfür liegen in den gend neue Schutzprinzipien für Hoch- und Höchstspannung be- durch die Entkopplung von Erzeugungs- und Verbrauchszentren finden sich in der Entwicklung (z. B. Wanderwellenanalyse) bzw. länger werdenden Transportwegen, in den lokalen Spannungs- sind Gegenstand der Forschung. anhebungen durch den Anschluss vieler dezentraler Erzeu- gungsanlagen im Verteilnetz sowie in dem zunehmenden Anteil Zielsetzung ist, auch zukünftig Fehler in jeder Netz der Verkabelung im Verteilnetz. situation sicher erkennen und beheben zu können. Der steigende Blindleistungsbedarf kann durch Betriebsmittel der Netzbetreiber, aber auch durch dezentrale Erzeugungsanla- Versorgungswiederaufbau gen gedeckt werden. Hinzu kommt, dass die Verringerung der Laufzeiten konventioneller Kraftwerke auch zu einer verringer- Im Falle eines vollständigen oder großräumigen Stromausfalls ten Blindleistungsbereitstellung aus diesen führt, die durch al- im europäischen Verbundnetz wird der Versorgungswiederauf- ternative Erbringer kompensiert werden muss. bau gemäß heutigen Regelungen auf der Basis eines zentralen Konzepts durch das Hochfahren von kleineren bis mittleren Es besteht die Herausforderung, Steuerungskonzepte zu ent- (50 – 150 MW) schwarzstartfähigen Gasturbinen und Wasserkraft- wickeln, die es erlauben, das Blindleistungspotenzial aus einer werken im Übertragungsnetz realisiert, die zu Beginn des Netz- Vielzahl von Erbringungsoptionen koordiniert zu nutzen und ggf. wiederaufbauprozesses jeweils einzelne Inselnetze bilden. Im durch die Einstellung bestimmter Werte an den Übergabepunk- weiteren Verlauf des Versorgungswiederaufbaus werden Groß- ten zwischen den Netzebenen das Potenzial aus unterlagerten kraftwerke (> 500 MW) hinzugeschaltet, die nicht schwarzstartfä- Netzebenen für vorgelagerte Netzebenen nutzbar zu machen.4 hig sind, aber durch kleinere schwarzstartfähige Kraftwerke an- Zudem ist die Blindleistungsbereitstellung für alle Beteiligten gefahren werden. Parallel zur Zuschaltung weiterer Erzeugungs- (Netz- und Anlagenbetreiber) mit Kosten verbunden und kann leistung werden Lasten hinzugenommen. Darauf aufbauend damit Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Anlagen haben. Es erfolgt sukzessive die Synchronisierung und Verbindung der im besteht die Anforderung, zu klären, wie die Blindleistungserbrin- Zuge des Wiederaufbaus entstandenen Inselnetze. gung volkswirtschaftlich optimal und für alle Akteure wirtschaft- lich tragbar gestaltet werden kann. Schon heute sind in vielen Verteilnetzen bis hin zur Niederspan- nungsebene nicht mehr nur Verbraucher, sondern auch Erzeuger Zielsetzung ist eine effiziente Einhaltung der Spannungs- angeschlossen. Beispielsweise kann ein Haus als Erzeuger und bänder und der Blindleistungsbilanz über alle Spannungs- Verbraucher fungieren. Um also im Verlauf des Netzwiederauf- ebenen. baus vor Zuschalten weiterer Netzgebiete zu wissen, in welchem Umfang Stromverbrauch bzw. Stromerzeugung ergänzt werden müssen, ist es notwendig, die Wetterlage und andere erzeugungs- Kurzschlussstrombeitrag relevante Prognosen in das Versorgungswiederaufbaukonzept einzubeziehen. Darüber hinaus wird für den kontrollierten Netz- Das Vorhalten eines ausreichenden Kurzschlussstrombeitrags wiederaufbau die kommunikationstechnische Möglichkeit zur ist notwendig, um u. a. die sichere Erfassung von Kurzschlusser- gezielten Drosselung der Stromerzeugung aus dezentralen Er- eignissen durch die entsprechenden Schutzgeräte, die transien- zeugungsanlagen benötigt, um schwer vorhersehbare Lastän- te (d. h. vorübergehende) Stabilität elektrischer Maschinen und derungen bei bzw. nach Wiederzuschalten von Netzsträngen zu einen möglichst lokal begrenzten Spannungseinbruch im Feh- vermeiden. lerfall zu gewährleisten. Der Kurzschlussstrom darf jedoch auch nicht unzulässig hoch sein, da sonst Betriebsmittel im Störfall Zielsetzung ist die Weiterentwicklung des zentralen Ver- Schäden erleiden und ggf. Leistungsschalter nicht sicher abschal- sorgungswiederaufbaukonzepts, sodass beim Zuschalten ten können. Durch die Energiewende werden in Zukunft ver- weiterer Netzgebiete veränderte Lastflüsse aufgrund der mehrt Anlagen über Umrichter ins Netz speisen. Synchrongene- Einspeisung dezentraler Energieanlagen berücksichtigt ratoren liefern jedoch aufgrund ihres magnetischen Flusses im werden können. Kurzschlussfall einen erhöhten Kurzschlussstrom, welcher die Schutzgeräte zum Abschalten bewegt. Einleitung 13
Unternehmen Input Forschungsprojekte Wissenschaft Fragestellungen Pilotanlagen dena-Plattform Verbände Erfahrungen Politik ÜNB VNB Erzeuger Hers Partner der dena-Plattform Systemdienstleistungen Zielsetzung der dena-Plattform Systemdienstleistungen Der Innovationsreport Systemdienstleistungen speist sich aus Die dena-Plattform Systemdienstleistungen bringt wichtige dem Know-how der branchenübergreifenden dena-Plattform Akteure der Branche zusammen und setzt Diskussions- und Systemdienstleistungen, in der Marktteilnehmer, Verbände und Veränderungsprozesse in Gang. Dabei identifiziert sie relevante das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vertreten sind. Handlungsfelder und trägt – wie beispielsweise mit dem durch Die dena hat die Plattform mit dem Ziel initiiert, die Weiterent- die Plattform initiierten Gutachten „Momentanreserve 2030“VI wicklung von Systemdienstleistungen bis 2030 aktiv zu gestalten geschehen – zu einer Neubewertung von Prozessen und Risiken und die Roadmap Systemdienstleistungen voranzutreiben, auf bei. Sie beleuchtet außerdem auch ökonomische Fragestellun- die der vorliegende Innovationsreport referenziert.I I Zu den Aufga- gen der Erbringung von Systemdienstleistungen und quantifi- ben der Plattform gehören: ziert diese, wie z. B. durch die Plattformaktivitäten „Stakehol- derprozess wirtschaftlich tragbare Erbringung von Blindleis- das kontinuierliche Erfassen und Auswerten laufender tung“IV und „Gutachten Entwicklung einer Verfahrensweise zur Aktivitäten im Themenfeld Systemdienstleistungen, quantitativen Bewertung verschiedener Blindleistungsbereit- das Zusammenbringen wesentlicher Projekte und stellungsoptionen“X geschehen. Institutionen in diesem Bereich, ie Erarbeitung von Prozessstandards zur Koordination von d Durch ihren Multistakeholderansatz ist die Plattform ein lö- Übertragungsnetz-, Verteilnetz- und Anlagenbetreibern sungsorientiertes Branchenforum zum effizienten Austausch sowie unterschiedlicher Marktsichten. Dies ist wichtig, da System- die Konsolidierung und Kommunikation von Ergebnissen dienstleistungen grundlegende Bedeutung für die Aufgaben- und Handlungsempfehlungen in Richtung Politik und gebiete der regulierten Netzbetreiber, aber auch für marktliche interessierter Fachöffentlichkeit. Akteure wie Erzeuger, Versorger oder Verbraucher besitzen und nur so nachhaltige Lösungen für das Energiesystem der Zu- kunft entwickelt werden können. 14 Einleitung
Output Behörden Lösungsansätze Politik Handlungsempfehlungen Systemdienstleistungen Fachöffentlichkeit Herausforderungen dena VDE FNN BMWi Forum für stakeholderübergreifende Diskussionen zu teller Fragen des heute und zukünftig stabilen Systembetriebs Erfolge der dena-Plattform Systemdienstleistungen 1 2 3 Beförderung politi- Initiierung von Handlungsempfeh- scher/regulatorischer Forschungs- und lungen zu zentralen Entscheidungsfindung Pilotprojekten Themenfeldern Unter anderem: Unter anderem: Unter anderem: Handlungsempfehlungen zu Regel- Pilotierung des in der dena-Studie roblembeschreibung und Entwick- P leistung werden umgesetzt: laufen- SDL 2030 untersuchten aktiven lung von Lösungsansätzen für die der Prozess zur Veränderung von Blindleistungsmanagements im Rah- Schnittstelle ÜNB/VNB Produktgrößen und -vorlaufzeiten men der ARGE Flächennetzbetreiber enennung von Stakeholderpositio- B am Regelenergiemarkt bei der BNetzA Ost nen und Ausgestaltungsmöglichkei- Beitrag von alternativen Erbringern Aufgrund der Ergebnisse des Gutach- ten für eine wirtschaftlich tragbare für Systemdienstleistungen in Impuls- tens zur Momentanreserve wurde Erbringung von Blindleistung papier Strom 2030 des BMWi gewürdigt das Forschungsprojekt Netzregelung ntersuchung von Herausforderun- U Regelmäßige Präsentation von Ergeb- 2.0 initiiert und beantragt gen bei der Systemstabilisierung im nissen und Handlungsempfehlungen Erfassung und Monitoring von re- Störungsfall und der Vermeidung un- der Plattform in der AG Systemsicher- levanten Forschungsprojekten im gewollter Inselnetzbildung heit des BMWi Themenfeld Systemdienstleistungen Einleitung 15
1. Innovations-Barometer Übersicht der Entwicklungen und Handlungsbedarfe im Themenfeld Systemdienstleistungen Das Themenfeld Systemdienstleistungen war in den letzten Jahren geprägt von vielen Innovationen und beinhaltet auch zukünftig wichtige Herausforderungen, die gelöst werden müssen. Daher wird in den folgenden Kapiteln für die Themen Betriebsführung, Regelleistung, Momentanreserve, Blindleistung, Kurzschlussstrombeitrag und Versorgungswiederaufbau beschrieben, welche Zielsetzung verfolgt wird, damit die jeweilige welcher Handlungsbedarf aktuell besteht, Systemdienstleistung auch in einem Stromsystem ie der Innovationsstatus des jeweiligen Themas w mit hohem Anteil erneuerbarer Energien zuverlässig generell beurteilt wird, erbracht werden kann, welche weiterführenden Quellen für vertiefende welche wichtigen Entwicklungen und Aktivitäten Informationen genutzt werden können. in den letzten Jahren stattgefunden haben, 16 Innovations-Barometer
Innovations-Barometer Systemdienstleistungen auf einen Blick 1.1 Betriebsführung 1.2 Regelleistung 1.3 Momentanreserve Dringender Dringender Handlungsbedarf Handlungsbedarf in bestimmten in bestimmten Teilaspekten Teilaspekten Entwicklung im Soll 1.5 Kurzschluss- 1.6 Versorgungs- 1.4 Blindleistung strombeitrag wiederaufbau Dringender Dringender Handlungsbedarf Handlungsbedarf in bestimmten in bestimmten Teilaspekten Teilaspekten Entwicklung im Soll Innovations-Barometer 17
1.1 Betriebsführung Zielsetzung Die Betriebsführung ist auch zukünftig trotz höherer Komplexität beherrschbar und zuverlässig. Eine Beobachtbarkeit von Netzzuständen, die eigene Steuerungsentscheidungen betreffen, ist auch über das eigene Netzgebiet hinaus gegeben. Lösungen zum effizienten Umgang mit einer Vielzahl für die Netzführung relevanter Daten sind etabliert. Eine Koordination zwischen Netz- und Anlagenbetreibern auf verschiedenen Spannungsebenen erfolgt, damit jeder Netzbetreiber zu jedem Zeitpunkt die für seinen Netzbetrieb erforderlichen Informationen und Steuerungsmöglichkeiten vorliegen hat. 18 Betriebsführung
Wichtige Entwicklungen/ Aktivitäten der letzten Jahre Aktivität Wirkung/Beispiele Die Entwicklung von Rahmen- Im Rahmen des NOVA-Prinzips (Netz-Optimierung vor Verstärkung vor Ausbau) bedingungen für Netzzustands-/ werden Netzzustandsmonitore entwickelt. Hierbei geht es darum, die Transport- Netzampelkonzepte wurden kapazitäten des bestehenden Netzes optimal zu nutzen, bevor ein weiterer Ausbau angestoßen und vorangetrieben erforderlich wird. Wichtige Aktivitäten sind unter anderem: Entwicklung eines Netzzustandsmonitors durch die ARGE Flächennetz- betreiber Ost (ARGE Ost)5 Proaktive Verteilnetze – Ressourceneffiziente und optimierte Plattform für EE-Integration und Smart-Market-Aufgaben unter Nutzung eines zustandsbasierten Last-, Erzeugungs- und Informationsmanagements6 Fühler im Netz – Entwicklung neuer, preiswerter Wege der Netzzustands- erfassung und Störungsdetektion mithilfe der Nutzung von Breitband- Powerline(BPL)-Infrastrukturen als Basis zukünftiger Netzbetriebsführung7 Weiterentwicklung des Konzepts der Netzampel als mögliche Grundlage für eine entflechtungskonforme Interaktion zwischen Netzbetreibern und Netznutzern8 Festlegungen für das Der Bedarf an Daten- bzw. Informationsaustausch zur Gewährleistung eines Energieinformationsnetz weiterhin sicheren Netzbetriebs wurde erkannt. Es wird daran gearbeitet, Regelun- werden erarbeitet gen/Vorgaben und Infrastruktur für den Datenaustausch zwischen den Netzbetrei- bern zu entwickeln. Wichtige Aktivitäten sind unter anderem: Projektgruppe Energieinformationsnetz des BDEW9 Identifikation des zukünftigen Datenbedarfs sowie Datenaustauschbedarfs der Netzbetreiber: z. B. Gutachten „Notwendiger Daten- und Informationsbedarf zur Gewährleistung einer sicheren Netz- und Systemführung im Übertragungsnetz“10 und Gutachten „Energiedaten 2.0: Erweiterte Aufgaben des Verteilnetzbetreibers und daraus resultierender Datenaustauschbedarf“11 Betriebsführung 19
Aktivität Wirkung/Beispiele Anforderungen an die zukünf- Wird eine Anlage zur Erbringung von Systemdienstleistungen von Netzbetreibern auf tige Koordination zwischen verschiedenen Spannungsebenen genutzt, so ist eine Abstimmung zwischen den be- ÜNB, VNB und Anlagenbetrei- troffenen Netz- und Anlagenbetreibern notwendig. Randbedingungen und mögliche ber werden analysiert Ausgestaltungen werden u. a. hier thematisiert: Analyse: Herausforderungen bei der Weiterentwicklung von Koordinations- prozessen für die RegelleistungserbringungIV AG Schnittstelle ÜNB/VNB des VDE FNN: u. a. Entwicklung der Anwendungsregel „Technische Regeln für den Betrieb und die Planung von Netzbetreibern – Teil 1: Schnittstelle Übertragungs-/Verteilnetze“ Analyse von Wechselwirkungen zwischen Regelleistungserbringung und Netzengpässen im VerteilnetzVIII Verbundvorhaben: Green Access – Intelligente Verteilnetzautomatisierung für einen erhöhten Zugang regenerativer Energien; Teilvorhaben EWE NETZ: Koordination und Evaluation des Verbundprojektes Green Access12 Die dena-Plattform Systemdienstleistungen hat sich dem Thema Koordination intensiv gewidmet. In der Analyse „Herausforderungen bei der Weiterentwicklung von Koordina- tionsprozessen für die Regelleistungserbringung“IV wurde festgestellt, dass in bestimm- ten Fällen die bestehenden Verfahren zur Koordination nicht mehr ausreichen und wei- ter- bzw. neu entwickelt werden müssen. In dem darauf aufbauenden Gutachten „Wech- selwirkungen zwischen Regelleistungserbringung und Netzengpässen im Verteilnetz“VIII wurden konkrete Beispiele für Wechselwirkungen aufbereitet und der entsprechende Handlungsbedarf hinsichtlich des Informationsaustauschs zwischen ÜNB, VNB und Regelleistungserbringer abgeleitet. Dezentrale Steuerungskon- Entwicklung dezentraler Steuerungskonzepte für die Verteilnetzautomatisierung v. a. zepte zur Verteilnetzautoma- auf der Mittelspannungsebene mit Fokus auf effizienten Lösungsansätzen wie Ersatz- tisierung werden entwickelt wertbildung oder statistische Steuerungskonzepte. Wichtige Aktivitäten sind unter an- derem Verbundvorhaben: Green Access – Intelligente Verteilnetzautomatisierung für einen erhöhten Zugang regenerativer Energien13 Projekt: grid-control – Advanced Decentral Grid Control14 NiVeAu – Netzintelligenz für die Verteilnetzautomatisierung15 SwarmGrid – Sicherer Betrieb von Energienetzen durch Nutzerschwarm- Systemdienstleistungen16 In der Handlungsbedarfsanalyse „Beobachtbarkeit und Steuerbarkeit im Energiesystem“V hat die dena-Plattform Systemdienstleistungen festgestellt, dass eine zentrale Heraus- forderung für Netzbetreiber aller Netzebenen die Ausweitung der Beobachtbarkeit über das eigene Versorgungsgebiet hinaus ist. Sie ist Voraussetzung, um relevante Einflüsse wie z. B. Rückspeisungen rechtzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu treffen. Au- ßerdem wurden intelligente Ersatzwertbildung und Daten-Aggregation als sinnvolle Tools identifiziert, um Datenmengen handhabbar zu machen. 20 Betriebsführung
Aktueller Handlungsbedarf * Hauptverantwortliche Akteure Weiterentwicklung der Koordi- Die Entwicklung und Verankerung von Koordinationsprozessen zwischen Netz- und nationsprozesse zwischen ÜNB, Anlagenbetreibern sind fortzuführen und Schnittstellen bzw. Standards zu entwickeln, VNB und Anlagenbetreibern um dezentrale Erbringer von Systemdienstleistungen effizient nutzen zu können. ÜNB, VNB* Im Zuge der Zunahme dezentraler Erzeugung im Verteilnetz sollte fortwährend analysiert werden, welche systemischen Risiken durch Aggregation entstehen könnten und wie man diesen durch eine entsprechende Abstimmung zwischen den Netzebenen vorbeugen kann. Lösungen für eine Vermeidung Regelmäßig und in großem Umfang werden Netzsicherheitsmaßnahmen (§ 13 EnWG) des Kosten- und Komplexitäts- umgesetzt. Die Kosten für Redispatch und Einspeisemanagement sind stark angestie- anstiegs bei Redispatch und gen. Es ist daher zu prüfen, wie eine volkswirtschaftliche Optimierung beispielsweise Einspeisemanagement durch einen Einbezug von EE- und KWK-Anlagen in den Redispatch oder ein einheit- schaffen liches Engpassmanagement in allen Spannungsebenen möglich ist.17 Des Weiteren können Redispatch-Maßnahmen durch eine aktive Netzüberwachung reduziert werden, ÜNB, VNB, Politik* sodass Kosten eingespart werden können. Hier gilt es zu untersuchen, inwieweit diese Möglichkeit genutzt werden kann. Entwicklung von Lösungen Jeder Netzbetreiber muss alle Informationen (Ist-Daten und Prognose-Werte) zur Sicherung der Verfügbarkeit, jederzeit zur Verfügung haben, die er benötigt, um sein Netz der jeweiligen Situation Integrität und Vertraulichkeit angemessen zu fahren. beim Datenaustausch Zur Vermeidung von Datenmissbrauch muss der Datenaustausch zwischen den ÜNB, VNB, Industrie* Netzbetreibern streng vertraulich erfolgen. Auch muss der Datenverkehr so sicher sein, dass keine außenstehenden Personen Zugriff auf die Daten erhalten und diese missbrauchen können. Dabei geht es nicht nur um den Datenaustausch zwischen Netzbetreibern unter- einander oder mit Erzeugern, sondern auch um Steuerungsfunktionen, die zuneh- mend über digitale Kommunikationsnetzwerke stattfinden, was einen hohen Schutzbedarf zur Folge hat. Bewertung der Entwicklung im Themenfeld Betriebsführung Wichtige Grundlagen sind gelegt und zentrale Prozesse wie z. B. Aktivitäten zum Ener- gieinformationsnetz und zum Netzzustandsmonitor sowie die Entwicklung dezentraler Dringender Netzführungskonzepte sind angestoßen. Großer Handlungsbedarf besteht bei den Themen Handlungsbedarf Redispatch und Engpassmanagement wegen bestehender hoher Kosten und Ineffizienzen. in bestimmten Des Weiteren werden auch für die Niederspannungsebene automatisierte Netzführungslö- Teilaspekten sungen geprüft werden müssen, um den durch neue flexible Lasten (z. B. Elektromobilität) entstehenden Netzausbaubedarf durch netzdienliche Steuerung optimieren zu können. Hintergrundwissen Betriebsführung dena (2014): Studie Systemdienstleistungen 2030I dena (2016): Handlungsbedarfsanalyse Beobachtbarkeit und Steuerbarkeit im EnergiesystemV Consentec/FGH (2016): Gutachten Notwendiger Daten und Informationsbedarf zur Gewährleistung einer sicheren Netz- und Systemführung im Übertragungsnetz18 Bergische Universität Wuppertal (2016): Untersuchung des Daten- und Informationsbedarfs der Verteilungsnetzbetreiber zur Wahrnehmung ihres Anteils an der Systemverantwortung19 Betriebsführung 21
e tic ac Pr st Be Best-Practice-Projekte Forschungsprojekt Green Access Die Energiewende mit der Integration de- Dabei wird auf vorhandene Techniken Wir arbeiten in einem übergreifenden zentraler Erzeugungsanlagen ins Netz, der modernen Netzsteuerung aufgesetzt, Konsortium aus neun Partnern zusam- den Chancen der Elektromobilität und gleichzeitig aber das Mittel- und Nieder- men, um eine hohe Wissensbreite einzu- vieler aktueller Entwicklungen auf der spannungsnetz kombiniert betrachtet. bringen und effiziente, nachhaltige Be- Basis intelligenter Netze stellt das Ener- triebsführungskonzepte für moderne Ver- gieversorgungssystem vor neue Heraus- Wir sind gespannt auf das Zusammen- teilnetze zu entwickeln. forderungen beim Netzausbau und dem spiel der verschiedenen Regler und Kom- sicheren, zuverlässigen Verteilnetzbetrieb. ponenten. Besonders spannend finde ich, dass wir zusätzlich ein adaptives, selbst- Das Projekt Green Access will zeigen, wie lernendes System entwickeln, das sich eine intelligente Verteilnetzautomatisie- selbstständig an Veränderungen in der rung vorhandene Netzkapazitäten best- Netzstruktur anpasst. möglich ausnutzen und begrenzende Engpässe verhindern kann. Kontakt: EWE NETZ GmbH Cloppenburger Str. 302 26133 Oldenburg Tel.: +49 (0)441 4808-0 Dr.-Ing. Thomas Kumm E-Mail: info@ewe-netz.de Netzmanagement Strom und Telekommunikation Strategische www.ewe-netz.de Netzentwicklung EWE NETZ GmbH 22 Best-Practice-Projekte
1.2 Regelleistung Zielsetzung Alternative Erbringungsoptionen (EE-Anlagen, Batterien, flexible Lasten) erfüllen die technischen Anforderungen für eine sichere und zuverlässige Bereitstellung von Regelleistung. Die regulatorischen Rahmenbedingungen (Präqualifikationsanforderungen, Marktregeln, Produkte ...) schöpfen das Potenzial der verschiedenen Erbringungsoptionen aus und ermöglichen einen diskriminierungsfreien Wettbewerb am Regelenergiemarkt. Die Regelleistungsbereitstellung aus dem Verteilnetz erfolgt koordiniert zwischen Übertragungsnetz-, Verteilnetz- und Anlagenbetreiber. Jeder Akteur verfügt zu jedem Zeitpunkt über diejenigen Informationen, die er für den Betrieb seiner Netze bzw. Anlagen benötigt. Die Steuerungs- und Regelungssysteme sind aufeinander abgestimmt, sodass es jederzeit zu eindeutigen Anforderungen an den Anlagenbetreiber kommt. Regelleistung 23
Wichtige Entwicklungen/ Aktivitäten der letzten Jahre Aktivität Wirkung/Beispiele Die technische Entwicklung Technische Fragestellungen zur Bereitstellung von Regelleistung aus alternativen und Markteinführung von Quellen wurden beantwortet und Erfahrungen mit der Bereitstellung gesammelt. alternativen Regelleistungs- Beispiele: erbringern wurde voran- ReWP – Regelleistung durch Wind- und Photovoltaikparks20 getrieben PV-Regel – Entwicklung von Konzepten und Lösungen zur Regelleistungserbringung mit Photovoltaikanlagen21 WEMAG/Younicos Batteriespeicher zur Bereitstellung von Primärregelleistung22 Bereitstellung von Regelleistung aus gepoolten Kleinanlagen (z. B. Caterva, Enerstorage, Next Kraftwerke)23 Regulatorische Rahmenbe- Regelleistungserbringung durch alternative Erbringungsoptionen wurde durch ange- dingungen wurden weiter- passte Präqualifikationsanforderungen und verbesserte Teilnahmebedingungen er- entwickelt leichtert. Wesentliche Prozesse: Leitfaden zur Präqualifikation von Windenergieanlagen zur Erbringung von Minutenreserveleistung im Rahmen einer Pilotphase24 Festlegung zur Weiterentwicklung der Ausschreibungsbedingungen und Veröffentlichungspflichten für Minutenreserve und für Sekundärregelung durch die BNetzA.25 Die dena-Plattform Systemdienstleistungen hat in der Analyse „Regelleistungserbrin- gung aus dezentralen Energieanlagen“III schon frühzeitig auf die Notwendigkeit einer Verkürzung der Produktgrößen und Vorlaufzeiten hingewiesen, um volatile Erneuerba- re-Energien-Anlagen besser in den Regelleistungsmarkt integrieren zu können. In der dena-Studie Systemdienstleistungen 2030I wurde darüber hinaus festgestellt, dass die Prognosemechanismen hin zu adaptiven Verfahren weiterentwickelt werden sollten. Koordinationsbedarf zwischen Wechselwirkungen und Ineffizienzen bei der Regelleistungserbringung aus dem Verteil- Übertragungs-, Verteilnetz- netz wurden identifiziert und Gegenmaßnahmen erörtert. Aktivitäten: und Anlagenbetreibern bei einer Regelleistungsbereitstel- Analyse – Herausforderungen bei der Weiterentwicklung von Koordinations- lung aus dem Verteilnetz wird prozessen für die RegelleistungserbringungIV analysiert utachten – Wechselwirkungen zwischen Regelleistungserbringung und G Netzengpässen im VerteilnetzVIII Die dena-Plattform Systemdienstleistungen hat den Koordinationsbedarf und mögli- che Wechselwirkungen bei der zunehmenden Bereitstellung von Regelleistung durch er- neuerbare Energien in der Analyse „Herausforderungen bei der Weiterentwicklung von Koordinationsprozessen für die Regelleistungserbringung“IV und dem darauf aufbau- enden Gutachten „Wechselwirkungen zwischen Regelleistungserbringung und Netzeng- pässen im Verteilnetz“VIII untersucht. Es wurde gezeigt, dass eine zunehmende Regelleis- tungsbereitstellung aus dem Verteilnetz einer Weiterentwicklung der ÜNB/VNB-Schnitt- stelle bedarf. 24 Regelleistung
Aktueller Handlungsbedarf * Hauptverantwortliche Akteure Entwicklung und Auswirkung Analyse des Einflusses des Intraday-Handels auf den Regelleistungsbedarf: Durch den externer Einflussfaktoren Intraday-Handel werden Schwankungen zwischen Stromangebot und -nachfrage bis zu analysieren fünf Minuten vor der physikalischen Lieferung viertelstundenscharf ausgeglichen. Ver- bleibende Abweichungen werden durch den Abruf von Regelleistung kompensiert. U. a. Wissenschaft* wegen der zeitlichen Überschneidung des untertägigen Handels mit der Aktivierung von Minutenreserveleistung gilt es die Wechselwirkungen zwischen beiden Märkten zu analy- sieren und ggf. bei der Dimensionierung des Regelleistungsbedarfs zu berücksichtigen. Bedarfsbestimmung dynami- Der Bedarf an Sekundärregelleistung und Minutenreserveleistung wird zukünftig sieren und Monitoring- immer stärker durch die Prognoseabweichung der erneuerbaren Energien bestimmt. größen für Verfügbarkeit Eine Dynamisierung der Bedarfsbestimmung kann den Anstieg des Regelleistungs- entwickeln bedarfs reduzieren.I BNetzA* Bei variierendem Bedarf muss abgesichert werden, dass zu jedem Zeitpunkt ausrei- chend Erbringer bereitstehen. Daher ist die Entwicklung von Monitoringgrößen und -prozessen besonders wichtig. Bewertung der Entwicklung im Themenfeld Regelleistung Alternative Erbringungsoptionen etablieren sich zunehmend am Regelleistungsmarkt und die Entwicklung alternativer Erbringungsoptionen wird durch eine Vielzahl von Ak- tivitäten vorangetrieben. Wichtige Handlungsfelder wie z. B. die Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen und Koordinationsprozessen werden aktiv bearbeitet. Entwicklung im Soll Hintergrundwissen Regelleistung ena (2014): Studie Systemdienstleistungen 2030I d Consentec (2014): Studie Beschreibung von Regelleistungskonzepten und Regelleistungsmarkt26 dena (2015): Analyse Regelleistungserbringung aus dezentralen EnergieanlagenIII Regelleistung 25
e tic ac Pr st Be Best-Practice-Projekte Regelleistung aus ENERCON-Windenergieanlagen Die Übernahme von Systemverantwor- volkswirtschaftlichen Vorteile dieses Ver- Energien und Onshore-Windenergiean- tung in Form von Regelleistung durch die fahrens konnten bereits in Pilotprojekten lagen im Regelleistungsmarkt erfolgen Onshore-Windenergie stellt einen we- gezeigt werden. kann. sentlichen Baustein der Energiewende dar. Die Windenergie kann als systemrele- Es ist nun Aufgabe der Regulierung und Dabei sollte sich die Integration nicht auf vantes Kraftwerk dabei helfen, ein stabi- der Übertragungsnetzbetreiber, eine voll- die Minutenreserve beschränken, son- les Netz sicherzustellen und die konven- ständige Integration in die Regelleis- dern alle Regelleistungsarten und weitere tionelle Mindesterzeugung zu verringern tungsmärkte zu ermöglichen bzw. den Systemdienstleistungen umfassen. – sofern die notwendigen Rahmenbedin- Systemwandel dahingehend zu unter- gungen geschaffen werden. stützen, dass eine Erbringung von Re- gelleistung auch aus dem Verteilnetz Die technische Eignung der Windenergie heraus möglich ist und ein diskrimi- zur Erbringung von Regelleistung und die nierungsfreier Zugang für erneuerbare Kontakt: ENERCON Gesellschaft mit beschränkter Haftung Dreekamp 5 26605 Aurich Tel.: +49 (0)49 41 927-0 E-Mail: info@enercon.de Andreas Linder Sales – Grid Integration www.enercon.de ENERCON GmbH 26 Best-Practice-Projekte
Best-Practice-Projekte WWF Solar: Großspeicheranlage mit 50 MWh für Systemdienstleistungen Das auf die Netzintegration erneuerbarer Energien spezialisier- Durch den Einsatz der Vanadium-Redox-Flow-Technologie ist te Eberswalder Unternehmen WWF Solar GmbH und sein ame- der Speicher in der Lage, alle drei Regelbereiche abzudecken, rikanischer Partner, der Hersteller von Vanadium-Redox-Flow- eignet sich jedoch hauptsächlich für den Bereich der Sekundär- Speichern UniEnergy Technologies, beginnen noch in diesem regelenergie und wird damit der erste Speicher in der Sekundär- Jahr mit der Errichtung einer Großspeicheranlage zur Bereit- regelleistung sein. stellung von Sekundärregelleistung. Im ersten Quartal 2018 wird der Vanadium-Redox-Flow-Speicher In der Nähe des AK-Berlin-Schönefeld, Königs Wusterhausen in Betrieb gehen. Damit wird der nächste Schritt für Speicheran- OT Niederlehme, wird ein Multikraftwerk zur Bereitstellung von lagen dieser Größe eingeleitet. Bisher sind Batteriespeicher nur Systemdienstleistungen für die Übertragungsnetzbetreiber der in der PRL zu finden. Regelzone Deutschland im Hochspannungsnetz errichtet. Zu die- sem Zweck werden 25 Vanadium-Redox-Flow-Speicher mit einer „Wenn der Umstieg auf erneuerbare Energien gelingen soll, Leistung von 12.500 kW und einer Kapazität von 50.000 kWh müssen wir in der Lage sein, konventionelle Kraftwerke ganz zum Einsatz kommen. Weiterer Projektbestandteil ist eine rund abzuschalten, wenn genug erneuerbare Energie eingespeist 3.800-kWp-Photovoltaikanlage, die auf einer Fläche von rund wird“, sagt Patrick von Hertzberg, Gründer und Geschäftsfüh- 8 ha, disjunktiv zur Speicheranlage, errichtet wird. rer der WWF Solar. Das Eberswalder Unternehmen hat gemein- sam mit dem Hersteller der Speicher die Entwicklung des Bat- Der Netzanschluss erfolgt über ein kraftwerkseigenes Um- teriespeichers übernommen und liefert nun die schlüsselferti- spannwerk (20kV/110kV, 50kVA) an der etwa 1 km entfernten ge Anlage. 110-kV-Leitung des Verteilernetzbetreibers E.DIS AG und damit an die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) als Kunden: 50Hertz, Der Lieferant UniEnergy Technologies aus Seattle WA garantiert Amprion, Tennet und Transnet BW. die Leistung der verwendeten Vanadium-Redox-Flow-Speicher für die nächsten 20 Jahre. Zweck der Anlage ist die Bereitstellung von Systemdienstleis- tungen in Form von positiver und negativer Regelleistung an die Dr. rer. nat. Frank Wiegandt ÜNB im Falle von Ungleichgewichten im Übertragungsnetz, die CTO WWF Solar GmbH durch unerwartete Ereignisse bei der Stromerzeugung (Kraft- werksausfall, meteorologische Ereignisse, allgemeine Planungs- unsicherheit) als auch der Stromnachfrage (bedeutende Fern- sehsendungen, meteorologische Ereignisse) entstehen, für die Kontakt: Regelzone Deutschland zur Verfügung zu stellen. WWF SOLAR GmbH Mühlenstraße Innerhalb des synchronen Strom-Verbundnetzes in Europa 16227 Eberswalde (ENTSO-E) werden Leistungsabweichungen in einem dreistufi- Tel.: +49 (0)3334 55 29 00 gen Regelungsvorgang mit Primärregelleistung (PRL), Sekun- E-Mail: info@wwfsolar.de därregelleistung (SRL)und Minutenreserveleistung (MRL) ausge- glichen. www.wwfsolar.de Best-Practice-Projekte 27
1.3 Momentanreserve Zielsetzung Das Stromsystem verfügt zu jedem Zeitpunkt im Verbundbetrieb oder im seltenen Fall eines System-Splits über eine ausreichende Trägheit, sodass schnelle Frequenzänderungen gedämpft werden können, bis der Einsatz der Primärregelleistung erfolgen kann. Das Stromsystem verfügt zu jedem Zeitpunkt, unabhängig davon, ob im Verbundbetrieb, im seltenen Fall eines System-Splits oder im Inselnetzbetrieb nach Störung, über einen ausreichenden Kurzzeitenergiespeicher, der jede spontane Laständerung durch Zufuhr oder Entzug von Energie ausgleicht, bis die Primärregelung greift. 28 Momentanreserve
Wichtige Entwicklungen/ Aktivitäten der letzten Jahre Aktivität Wirkung/Beispiele Auswirkungen zunehmender Die Entwicklung der Systemträgheit beim Ausbau der erneuerbaren Energien wurde Einspeisung durch Umrichter für den Verbundbetrieb sowie den System-Split-Fall durch die dena-Plattform System- auf die Entwicklung der System- dienstleistungen analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass insbesondere im seltenen trägheit wurden analysiert und Fall einer Auftrennung des Verbundnetzes (System-Split) ein Problem mit der Bereit- Bedarf an alternativer Erbrin- stellung von Momentanreserve bestehen würde. Wichtige Analysen dazu sind u. a. die gung für MomR festgestellt dena-Studie Systemdienstleistungen 2030I sowie das Gutachten „Bedarf und Erbringung von Momentanreserve 2030“.VI Erforschung netzbildender Im Zuge der Analyse der Folgen eines Wegfalls klassischer Momentanreserve werden Umrichter Potenziale netzbildender Umrichter analysiert und die systemtechnischen Lösungen untersucht, um eine Abschwächung der Spannungsqualität durch harmonische Aus- breitung infolge fehlender Momentanreserve zu verhindern. Diese Untersuchungen erfolgen u. a. in folgenden Projekten: MIGRATE – Massive InteGRATion of power Electronic devices27 Netzregelung 2.0 Aktueller Handlungsbedarf * Hauptverantwortliche Akteure Erforschung und Entwicklung Vor allem die Potenziale netzbildender Umrichter für den Einsatz im Verbundnetz systemtechnischer Lösungs sollen weiter erforscht, entwickelt und verfügbar gemacht werden. Dabei sind un- alternativen terschiedliche Betriebszustände und Störfälle (z. B. Fault-Ride-Through-Fähigkeit bei Über-/Unterfrequenz, Winkelsprünge und hohe Frequenzgradienten) zu berück- ÜNB, Wissenschaft* sichtigen. Entwicklung gesamteuropäi- Es gilt, bestehende Defence-Pläne hinsichtlich der Beherrschbarkeit der bei einem scher Konzepte zur Beherr- System-Split auftretenden Frequenzgradienten zu überprüfen und ggf. weiterzu- schung von System-Splits entwickeln. ÜNB, Politik* Anforderungen an den regional sicherzustellenden Bedarf an Momentanreserve sollen abgeleitet und dabei potenzielle weitere Mechanismen zur Frequenzhaltung entwickelt werden. Nationale Strategien zur regio- Geeignete Lösungsoptionen zur zukünftigen Erbringung von Momentanreserve im nalen Sicherstellung aus- deutschen Stromnetz sollen ausgewählt werden. Grundpfeiler dafür sind das zuvor reichender Momentanreserve entwickelte gesamteuropäische Konzept und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. umsetzen Ein mögliches methodologisches Vorgehen zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit zeigt das Gutachten „Bedarf und Erbringung von Momentanreserve 2030“VI auf. Politik* Momentanreserve 29
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