Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management

 
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Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
1. September 2020

E&M special
Kleinwind-Journal
Das Magazin für Mikro- und
Medium-Windenergieanlagen
Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
T
                                                                        JETZ EN
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                                                                      BEST NUR
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Ökostromumfrage 2020
Sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Energiepublizistik:
Die von ENERGIE & MANAGEMENT organisierte und betreute
Ökostromumfrage, die es bereits seit 2005 gibt.
Keine andere Erhebung über das Grünstromsegment liefert so viele unterneh-
mensscharfe Daten und Markteinschätzungen wichtiger Akteure. Auch in der
mittlerweile 15. Umfrage hat es wieder einige Überraschungen gegeben.

Für die Ökostromumfrage 2020 werden folgende Daten ausgewertet
und zur Verfügung gestellt:
 Geschäftsentwicklungen der angebotenen Ökostromtarife
 Direktvermarktung und Stromkennzeichnung
 Ökostrombezug über PPAs, direkt von Betreibern erneuerbarer Energien-Anlagen
 Auswirkungen des Geschäfsfeldes durch die Corona-Krise

Bestellen Sie die Ökostrom-Branchen-Umfrage 2020 für nur € 237,-
unter emvg.de/oekostrom

Wir danken unseren Sponsoren und Partnern:

Sponsoren                                                                         Partner
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Inhalt                                                                                                                  8
                                                                                                                                                             Der Doppel-
                                                                                                                                                                Rotor der
                                          Genehmigungen                                    5   Alter „neuer“ Wettbewerber                  20           Anerdgy AG aus
                                          Dirk Legler, Umwelt- und Energiejurist, beklagt die   Northern Power Systems wartet noch auf viele
                                          rechtliche Benachteiligung von Kleinwindanlagen       Baugenehmigungen in Deutschland                               der Schweiz

                                          Doppel-Rotor                                   8     Perspektiven                                        23
                                          Ein Schweizer Hersteller hat eine ungewöhnliche       Patrick Jüttemann rät Interessenten zu
                                          Kleinwindanlage entwickelt                            unabhängig testierten Messergebnissen

                                          Hohe Hürden                                    10    Impressum                                           26
                                          Rüdiger Braun von Braun Windturbinen
                                          sieht verschlechterte Rahmenbedingungen               Titelbilder: Anerdgy Deutschland GmbH , Northern Power
                                          für Kleinwind                                         ­Systems AG, DeTec Vision GmbH, Braun Windtur­-
                                                                                                binen GmbH, Sroka Stahl- und Anlagenbau U.G. & Co. KG
                                          Start-up                                    12
                                          B.Ventus bietet Betrieben eine 250-kW-Anlage
                                          zur Deckung ihres Eigenbedarfs an

                                          Strom für Mobilfunkmasten                      14
                                          Der Telekommunikationsanbieter Vodafone
                                          setzt neuerdings auch auf Mikrowindturbinen

                                          Neuer Vertikalachser                           17
                                          Bei einer Neuentwicklung startet in Kürze der
                                          Testbetrieb

                                          Kleinwind aus Ostfriesland                18
                                          Ein Team der Hochschule Emden/Leer forscht
                                          für bessere Technologie

                                          Turmkraftwerk                                  19
                                          Joachim Sroka entwickelt einen
                                          „Energie-Tower“

                                                                       5
Bilder: Kanzlei RAe Günther, Anerdgy AG

                                                                       Dirk Legler:
                                                                       „Zuerst immer
                                                                       das Gespräch
                                                                       mit den Behör-
                                                                       den suchen“

                                          1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal                                                                                     3
Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
Editorial

Kleinwind­
potenziale
endlich nutzen
Patrick Jüttemann zählt hierzulande
zu den anerkanntesten Experten der

                                                                                                                                       Bild: privat
Kleinwindbranche.

D
             ie Kleinwindkraftbranche hat zwei Asse                           versorgung als Teil einer klima­freundlichen Ener-
             im Ärmel:                                                        gieversorgung verstärkt zum Zuge kommen?
                 1. Eine hohe Selbstversorgung einzel-                            Offensichtlich sind die Vorteile der Kleinwind-
             ner Gebäude mit sauberem Strom gelingt                           kraft in manchen Köpfen noch nicht angekommen.
übers Jahr nur mit der Kleinwindkraft. In unserer                             Anhand von Referenzprojekten gilt es zu zeigen,
Klimazone ist die Solarstrahlung im Winter zu                                 dass es sich um optisch unauffällige Anlagen der
schwach. Stromspeicher zur Überbrückung mehre-                                Selbstversorgung handelt: die perfekten Partner von
rer Wochen sind zu teuer.                                                     Photovoltaik und Stromspeichern mit großem Po-
    2. Kleinwindanlagen haben keinen Einfluss auf                             tenzial für den lokalen Klimaschutz. Wirtschaftlich
das Landschaftsbild und erfahren deshalb eine sehr                            sinnvolle Alternativen sind vor allem die Windanla-
hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Masthöhe                               gen für Gewerbe- und Industrieunternehmen.
ist baurechtlich auf 50 Meter Gesamthöhe (höchste                                 Die Branche muss dabei auch auf Entscheidungs-
Flügelspitze) begrenzt. In der Praxis sind die meis-                          träger in Politik und Verwaltung zugehen. Dazu ge-
ten Anlagen keine 30 Meter hoch. Zusätzlich führen                            hört die Einladung zur Besichtigung von den tech-
die schmalen Rotorblätter zu einem optisch un-           „Die Vorteile sind   nisch hochwertigen Kleinwindanlagen. Wer mit
scheinbaren Gesamtbild.                                   offensichtlich in   Betreibern solcher Anlagen spricht, bekommt oft zu
    Auch die politischen Rahmenbedingungen sind                               hören, sie seien das Lieblingsobjekt im gesamten re-
gut. Sowohl die EU als auch die Bundesregierung          manchen Köpfen       generativen Kraftwerkspark − auch bei Besuchern
haben sich für den Ausbau der erneuerbaren Ener-             noch nicht       und Kunden. Ja, die Photovoltaikanlage ist meistens
gien ambitionierte Ziele gesetzt. Die Kleinwindkraft-                         wirtschaftlicher, Planung und Installation sind
branche kann mit ausgereifter Anlagentechnik               an­gekommen“       schneller realisiert. Aber die Solarenergie ist Allge-
­überzeugen, was auch für Anlagen in der Medium-                              meingut und weckt nicht so sehr das positive Inter-
 Size-­Klasse bis 750 Kilowatt gilt.                                          esse wie eine kleine Windturbine.
    Vor diesem Hintergrund müsste diese Branche                                   Ein realistisches Bild über Kleinwindkraft in Po-
 schneller wachsen als in den vergangenen Jahren.                             litik und Verwaltung ist die Voraussetzung für bes-
 Welche Aufgaben gilt es also zu meistern? Im Rah-                            sere baurechtliche Rahmenbedingungen. Die Geneh-
 men der Genehmigung verzögern sich Projekte noch                             migungspraxis muss sich stärker an klimapolitischen
 zu oft oder werden abgelehnt. Klimapolitische Vor-                           Vorgaben orientieren.
 gaben werden von manchen Bauämtern hintenan-                                     Wer den Wunsch nach Selbstversorgung mit sau-
 gestellt. In vielen Genehmigungsbehörden herrscht                            berer Energie in der Bevölkerung erfüllen will,
 Unsicherheit beim Thema Kleinwindkraft. Megawatt-                            kommt in unserer Klimazone an Kleinwindanlagen
 und Kleinwindanlagen werden gern in einen Topf                               nicht vorbei. Für die dezentrale Objektversorgung
 geworfen. Juristisch ist das nicht haltbar.                                  werden sie sich weiter durchsetzen.
    Was müssen wir tun, damit kleine und mittel­                                  Wichtig ist: Das Ausbautempo muss deutlich er-
 große Windkraftanlagen für die dezentrale Objekt-                            höht werden.                                   E&M

4                                                                                     E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
„Maßstäbe wie für
Großwindturbinen
dürfen nicht sein“
Der Umwelt- und Energiejurist Dirk Legler beklagt im E&M-Gespräch
die zunehmenden Benachteiligungen kleiner Windenergieanlagen bei
Genehmigungsverfahren und Artenschutz. V O N R A L F K Ö P K E

   E&M: Herr Dr. Legler, täuscht der Eindruck, dass      Legler: In immer mehr Bundesländern wird bei-
nach den Großwindturbinen auch Kleinwindanlagen       spielsweise dazu übergegangen, auch kleinere Wind­
zunehmend Probleme mit den Planungs- und Ge-          energieanlagen als raumbedeutsam zu bewerten.
nehmigungsbehörden bekommen?                          Betreiber von kleineren Windturbinen haben es da-
   Legler: Da ist was dran. Für die kleineren Anla-   mit immer schwerer, ihren Genehmigungsanspruch
gen werden vielerorts die gleichen Maßstäbe ange-     für ihre Kleinwindanlage durchzusetzen.
legt wie für die ganz großen Windenergieanlagen.         E&M: Über welche Nabenhöhe reden wir? Sind
Das darf nicht sein.                                  30 oder 40 Meter Höhe mittlerweile „raumbedeut-
   E&M: Woran machen Sie das fest?                    sam“?

                                                                                                           Unternehmensprofil

     Die DeTec Vision GmbH ist ein mo-          entstehen keine Geräusche oder geht
     dernes Unternehmen mit großem In-          gar kaputt. Gerade diese Zuverlässig-
     teresse an zukunftsweisenden Produk-       keit macht sie auch für den privaten
     ten. Die vertikale Kleinwindkraftanlage    oder landwirtschaftlichen Einsatz zur
     VERTIKON ist so ein Produkt, welches       Stromerzeugung interessant.
     wir Ihnen vorstellen möchten.
                                                Die spezielle Form der Rotorblätter
     Die VERTIKON-Windanlage arbeitet           und die eigens für die VERTIKON ent-
     nach dem Darrieus-Prinzip und ist          wickelten Generatoren, sorgen für ei-
     durch ihre vertikale Drehachse unab-       nen leichten Anlauf bei schwachem
     hängig von der Windrichtung. Der           Wind und leisem Betrieb bei starkem
     Lauf wirkt ruhig und ästhetisch, selbst    Wind. Die optimale Abstimmung aller
     bei starkem Wind werden kaum Ge-           Systemkomponenten garantiert
     räusche emittiert. Daher kann sie auch     höchste Effizienz über den gesamten
     in der Nähe von Wohnhäusern beden-         Arbeitsbereich.
     kenlos betrieben werden.
                                                Die VERTIKON-Kleinwindkraftanlage
     Der einfache und robuste Aufbau            – innovativ, wirtschaftlich und autark!
     kommt ohne Mechanik aus. Sie besitzt
     kein Getriebe, keine Schleifkontakte,
     keine Windnachführung, keine mecha-        DeTec Vision GmbH
     nische Bremse, keine Sensoren und          Rüdigsdorfer Weg 10
     kein Rotorblattverstellsystem. Denn        99734 Nordhausen
     wo keine Mechanik ist, braucht nichts      Telefon +49 3631 4659261
     gewartet werden, friert nichts fest,       www.vertikon-windkraft.de
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Legler: Gute Frage. Die Rechtsprechung ging zu-                                    me. Zugunsten der Kleinwind-Technologie wird von
letzt immer von über 100 Metern Höhe aus. In                                           dieser Ausnahmenorm eigentlich nie Gebrauch ge-
Schleswig-Holstein zum Beispiel gibt es aber nun ei-                                   macht, obgleich jede Windanlage zum Klimaschutz
nen Entwurf der Landesregierung, wonach diese                                          beiträgt.
Grenze grundsätzlich und pauschal auf 30 Meter ab-                                          Das steht unseres Erachtens nicht im Einklang
gesenkt werden soll. Die dortigen Behörden folgen                                      mit den Ausnahmegründen nach Artikel 9 der eu-
diesem Entwurf teilweise bereits in ihrer Genehmi-                                     ropäischen Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG. Auf
gungspraxis. Dies ist nicht nur falsch, sondern für                                    Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen
mich auch absolut unverständlich, denn entschei-                                       ­Erkenntnisse, etwa des IPCC-Sonderberichts zur
dend ist nach dem Raumordnungsgesetz immer die                                          weiteren Erderwärmung lässt sich ohne Weiteres ar-
Betrachtung jedes Einzelfalls.                                                          gumentieren, dass das Erreichen der Klimaschutz-
                                                                                        ziele sowohl dem Schutz der Landwirtschaft als auch
Empfehlung: „Zuerst immer das Gespräch                                                  dem Schutz der Pflanzen- und Tierwelt konkret –
mit den Behörden suchen“                                                                wenn auch mittel- und langfristig – dient. Solange
    E&M: Was können potenzielle Betreiber dagegen                                       keine Treibhausgasneutralität erreicht ist, können
machen? Klagen?                                                                         und sollten meines Erachtens diese Ausnahmegrün-
    Legler: Zuerst einmal sollte immer das Gespräch                                     de daher auch für einzelne Anlagen greifen.
mit den Behörden gesucht werden und auch vor Dis-                                           E&M: Wie können sich potenzielle Betreiber da-
kussionen nicht zurückgescheut werden. Möglicher-                                       gegen wehren?
weise kann auch der Gesetzgeber bei der anstehen-                                           Legler: Sie sollten sich das aus unserer Sicht
den Novellierung zum Baugesetzbuch helfen. Hier          „Der Natur- und                 nicht gefallen lassen und notfalls gegen entspre-
wäre schon eine Klarstellung hilfreich, dass Klein-    Artenschutz ist mir              chend begründete Ablehnungsbescheide der Geneh-
windanlagen bis zu einer bestimmten Höhe eben                                           migungsbehörden gerichtlich vorgehen.
nicht raumbedeutsam sind und damit grundsätzlich          persönlich ein                    E&M: In der Realität geben potenzielle Betreiber
auch nicht von der negativen Flächenplanung des         äußerst wichtiges               dann ihre Kleinwindprojekte doch eher auf, weil
Paragrafen 35 Absatz 3 im Baugesetzbuch betroffen                                       eine Klage viel zu teuer, der Prozess zu lang-
sind. Noch besser wäre es, diesen Passus ganz zu            Anliegen“                   wierig und das Urteil zu unsicher ist?
entschlacken. Denn diese Festlegung hat faktisch die                                        Legler: Stimmt leider. Deshalb hofft die
an sich der Windenergie zustehende Privilegierung                                       Wind- und insbesondere die Kleinwindbran-
in ihr Gegenteil verkehrt. Wenn wir unverändert so                                      che ja auch auf die Novellierung des Bundes-
weitermachen wie bisher, werden wir unsere aus                                          naturschutzgesetzes. Die ist seit Jahren
Klimaschutzgründen dringend gebotenen Ausbau-                                           auch in der Diskussion und wird von den
ziele bei der Windenergie nicht erreichen.                                              Verbänden, übrigens auch den Natur-
    E&M: Hat die Kleinwindbranche auch mit natur-                                       schutzverbänden, massiv gefordert.
schutzrechtlichen Beeinträchtigungen zu kämpfen                                         Meines Erachtens sollte hierfür eine Lö-
wie die großen Windturbinen?                                                            sung gefunden werden: Und zwar soll-
    Legler: Ja, erstaunlicherweise sogar noch mehr.                                     te künftig beispielsweise als Voraus­
Dabei ist der Eingriff von Kleinwindanlagen in die                                      setzung für die bereits erwähnte
Natur in der Regel nun wirklich deutlich überschau-                                     naturschutzrechtliche Ausnahme
barer als derjenige von Großwindanlagen.                                                ausreichen, wenn man eine
    E&M: Wie erklärt sich dieser Widerspruch?                                           Nicht-Verschlechterung der betrof-
    Legler: Im Artenschutzrecht gibt es eine Rege-                                      fenen Population erreichen kann
lung, die besagt, dass ein Verstoß gegen den Arten-                                     und hierbei das Erreichen des so
schutz ausnahmsweise zugelassen werden kann,                                            genannten „guten Erhaltungs­
wenn es ein überwiegendes öffentliches Interesse                                        zustands“ nicht unmöglich
an einem Projekt gibt. In Fachkreisen gibt es dafür                                     ­gemacht wird. Käme es zu solch
den Begriff von der naturschutzrechtlichen Ausnah-                                       einer gesetzgeberischen Klar-

                                         ZUR PERSON
                                         Dr. Dirk Legler
                                         Umwelt- und Energiejurist

                                         Dr. Dirk Legler, Jahrgang 1972, hat sich seit 2003 auf Umwelt- und Energie­
                                         recht spezialisiert. Seit 15 Jahren ist er für die Hamburger Kanzlei Rechtsan-
                                         wälte Günther tätig. Dabei steht bei ihm vor allem die umfassende, auch
                                         konzeptionelle Rechtsberatung zu allen Themen der dezentralen Stromversor-
                                         gung aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung im Mittelpunkt.
                                         Legler hat seinen Zivildienst als Vogelwart auf einer Nordseeinsel verbracht,
                                         später im Naturschutzrecht promoviert und leitet nun schon seit 2011 unter
                                         anderen den Juristischen Beirat im Bundesverband Kleinwindanlagen.

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Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
stellung im Bundesnaturschutzgesetz, dann würde
                                                                    dieser Missstand endlich interessengerecht und vor
                                                                    allem im Sinne des Klimaschutzes aufgehoben. Um
                                                                    nicht falsch verstanden zu werden: Der Natur- und
                                                                    Artenschutz ist mir persönlich ein äußerst wichtiges
                                                                    Anliegen. Ich bin seit Jahrzehnten selbst begeister-
                                                                    ter Hobby-Ornithologe und setze mich für den Ar-
                                                                    tenschutz ein, wo ich nur kann. Gerade deswegen
                                                                    ist es mir aber vollkommen unverständlich, dass die
                                                                    „Politik“ in diesem sozusagen klassischen Kon-
                                                                    fliktfeld zwischen Arten- und Klimaschutz nicht
                                                                    schon längst tätig geworden ist.

                                                                    „Hoffen auf die Novellierung des
                                                                    Bundesnaturschutzgesetzes“
                                                                       E&M: Wie sieht Ihr Tipp aus Ihrer Berufserfah-
                                                                    rung aus: Was sollten Interessenten einer Klein­wind­
                                                                    anlage unternehmen, damit ihnen möglichst wenige
                                                                    juristische Stolpersteine in den Weg gelegt werden?
                                            Dirk Legler: „Jede
                                            Kleinwindanlage trägt      Legler: Ich empfehle immer, sehr frühzeitig das
                                            zum Klimaschutz bei“    Gespräch mit den zuständigen Behörden zu suchen
                                                                    und die Bauantragsunterlagen sorgfältig vorzuberei-
                                                                    ten. Die Erfahrungen zeigen, dass eine sorgsame
                                                                    Vorbereitung und eine konsensuale Kooperation mit
                                                                    den Behörden eher zum Erfolg führen, sprich zur
                                                                     Genehmigung für eine Kleinwindanlage. Eine Reihe
                                                                      von Anlagenherstellern geht genauso vor.
                                                                          E&M: Auf dem politischen Parkett steht eine
                                                                       Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
                                                                        (EEG; d.Red.) an. Was erwarten Sie für die Klein-
                                                                         windbranche?
                                                                              Legler: Die meisten Kleinwindanlagen le-
                                                                           ben mittlerweile davon, dass sie dezentral kos-
                                                                            tengünstig und umweltfreundlich Strom zur
                                                                             Verfügung stellen. Themen wie Eigenversor-
                                                                             gung oder netzlose Direktlieferung stehen
                                                                              viel mehr im Vordergrund als der Ruf nach
                                                                              einem höheren EEG-Einspeisetarif. Insofern
                                                                               besteht für die Betreiber von Kleinwind­
                                                                                anlagen das Interesse eher darin, den Ei-
                                                                                 genstromverbrauch zu stärken. Die Bun-
                                                                                 desregierung muss hierfür die neuen
                                                                                  Vorgaben aus Brüssel umsetzen. Damit
                                                                                  kann sie viel auch für Kleinwindanlagen
                                                                                   erreichen, wenn sie diese Umsetzung im
                                                                                   neuen EEG sinnvoll und praxisgerecht
                                                                                    gestaltet.                     E&M
                                                                     Bild: Kanzlei RAe Günther

1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal                                                                                7
Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
Viel bestaunte Neuheit auf
                                                                                                               dem Scheunendach von
                                                                                                               Landwirt Christian Burri:
                                                                                                               der Anerdgy-Doppelrotor

Mit der Kraft des
Doppel-Rotors
Die Schweizer Anerdgy AG hat eine
wirklich ungewöhnliche Kleinwindanlage
selbst entwickelt. In diesem Sommer ist
der Vertrieb angelaufen. V O N R A L F K Ö P K E

D
           ie Windenergie habe ihn schon immer
           fasziniert, erzählt Christian Burri fast
           schwärmerisch. Die Chance, eine Wind­
           turbine auf seinem Hof im schweizeri­
schen Lenggenwil im Kanton St. Gallen zu errichten,
habe sich ihm aber lange Zeit nicht geboten. Ohne­

                                                                                          Bilder: Anerdgy AG
hin tun sich Eidgenossen mit der Windkraftnutzung
schwer. Obwohl es in der Schweiz schon seit 30 Jah­
ren Förderprogramme gibt, sind landesweit nur ei­
nige Dutzend Anlagen mit zusammen rund 75 MW
Leistung in Betrieb.
    Vor anderthalb Jahren packte Landwirt Burri die
Chance beim Schopf, seinen Traum, „ein Energie­                               verfolgte einen weitaus kleineren Zuschnitt, um di­
wirt zu werden“, in die Realität umzusetzen. Auf sei­                         rekt an Gebäuden Nachhaltigkeit zu erreichen. „Wir
nem Scheunendach installierte er den ersten Pro­                              wollten die Dächer viel mehr und auch anders
totypen einer Kleinwindanlage mit einem nicht                                 ­nutzen. Nicht nur für Begrünung und Terrassen,
alltäglichen Doppelrotor, der auf eine Leistung von     „Wir erreichen erst    sondern neben der Photovoltaik auch für andere er­
1,2 kW bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s                                neuerbare Energien.“ Und so kam die Kleinwind­
ausgelegt ist.
                                                          dann schwarze        technologie in das Leben von Sven Köhler.
    Auch wenn ein „gewaltiger Frühjahrssturm“ die        Zahlen, wenn wir          Dass Miniräder „durchaus etwas anders aussehen
Anlage vom Typ Anerdgy B-60 mit einem Gesamt­                                  können als gewohnt“, bewiesen Köhler und sein
gewicht von rund 90 Kilogramm beschädigt hat, ist
                                                          jährlich an die      mittlerweile zehnköpfiges Team mit ihrer „Wind­
Burri von dem innovativen Konzept „zutiefst“ über­        1.000 Anlagen        rail“-Produktlinie, einem kombinierten Solar-Wind­
zeugt: Anfang August erhielt er das upgedatete Se­                             kraftwerk für Flachdachgebäude. Dabei waren die
rienmodell für sein Scheunendach.                           verkaufen“         Windturbinen in Form eines Schaufelrades in einen
                                                                               mannshohen Kasten eingelassen, der direkt über der
Die erste Miniserie ist ausgeliefert                         Sven Köhler       Traufe saß, also dem Übergang von der Fassade zum
Was Sven Köhler begrüßt. Der Gründer der 2012 ins                              Dach. Auf der Oberseite des Kastens hatte Anerdgy
Leben gerufenen Anerdgy AG mit Sitz in Zürich, die                             die Solarmodule angebracht.
vor allem von zwei Investoren aus der Schweiz ge­                                  Hierzulande startete die Berliner Wohnungsbau­
tragen wird, hat stressige Wochen hinter sich. Sein                            gesellschaft Gewobag ED Energie- und Dienstleis­
Unternehmen hat nach mehreren Prototypen eine                                  tungsgesellschaft zusammen mit den Berliner Stadt­
erste Miniserie mit zehn Anlagen der „Windpower@                               werken Ende 2016 ein erstes Pilotprojekt mit zehn
home B-60“ fertigen lassen und an Kunden ausge­                                dieser Windrail-Module, die auf jeweils 22 kW Leis­
liefert: „Für uns ein wichtiger Schritt, denn hinter                           tung ausgelegt waren − für ein Mieterstromprojekt
uns liegt eine mehrjährige Grundlagen- und Entwick­                            auf einem zwölfstöckigen Hochhaus im Stadtteil
lungsarbeit“, so Köhler.                                                       Spandau.
    Für den diplomierten Gebäudetechnikingenieur                                   Rund zwei Jahre später musste das Kombi-Kraft­
ist es nicht die erste Erfahrung mit der Windenergie.                          werk allerdings abgebaut werden.
Köhler arbeitete just in den Jahren in der Erneuer­                                Von der Windrail-Idee sei er nach wie vor ange­
baren-Abteilung beim Alstom-Konzern, als dessen                                tan, erklärte Karsten Mitzinger, Geschäftsführer der
Management den spanischen Windturbinenherstel­                                 Gewobag, gegenüber E&M: „Alle Partner hatten den
ler Ecotecnia übernahm. Dessen Multi-Megawatt-An­                              Windertrag für eine solche Anlage in der Stadt aber
lagen waren für ihn „eine Nummer zu groß“, Köhler                              überschätzt, Windrail war einfach nicht wirtschaft­

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Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
lich“, weshalb Mitzinger diese Konstruktion eher auf     schen Hurup Thy, das das dortige Folkecenter for
Industriebauten sieht. Außerdem habe es bei dem          Vedvarende Energi betreibt.
Spandauer Projekt Ärger mit Mietern gegeben, die             Gespannt ist Köhler vor allem, wie sich die ersten
sich durch die Geräusche der Miniwindanlagen be­         zehn ausgelieferten Anlagen „im Feld“ bewähren:
lästigt fühlten.                                         „Wir haben diese Miniserie mit zusätzlichen Senso­
    Auch für die neue „Windpower@home B-60“ ist          ren ausgestattet, um den Betrieb und mögliche Feh­
das Anerdgy-Team neue Wege gegangen. „Das                lerquellen genau verfolgen zu können.“ Da Anerdgy
Grunddesgin, der Generator und die Steuerung             über keine eigene Fertigung verfügt, hat ein Maschi­
stammen von uns“, sagt der gebürtige Deutsche Köh­       nenbauunternehmen aus dem sächsischen Chemnitz
ler, „lediglich bei der Geometrie der Rotorblätter ha­   die Montage und die spätere Auslieferung der ersten
ben wir auf Expertenwissen zurückgegriffen.“ Viel        Anlagen übernommen. „Wir sprechen immerhin mit
Gehirnschmalz hat das Entwicklungsteam nach Köh­         über 16 Unterlieferanten für die einzelnen Bauteile,
lers Worten darauf verwandt, die Vibrationen und         die für eine Anlage zusammengesetzt werden müs­
Geräusche auf „low level“ zu reduzieren: „Das war        sen“, so Köhler.
sicherlich mit eine unserer größten Herausforderun­          Kunden von Anerdgy sind keine Privatbetreiber,       7.500 Euro als
gen“, so Köhler, „der Wind, der über das Dach weht,      sondern Solateur-Betriebe in Deutschland und
ist lauter als unsere Anlage.“                           der Schweiz. „Diese Betriebe, die sich auf die Instal­
                                                                                                                  empfohlener
Vertriebspartner sind Solarteure
                                                         lation von Photovoltaikanlagen spezialisiert haben,      Kaufpreis
                                                         sehen in unserer Kleinwindanlage eine willkomme­
Um die Schwingungen der Anlage, wenn sie auf             ne Ergänzung“, erklärt Sven Köhler das Vertriebs­
dem Dach montiert ist, zu reduzieren, ist das An­        konzept, „die Anlage wird einzeln oder im dezen­
erdgy-Team mehrere Wege gegangen. „Die gesamte           tralen Gesamtpaket mit einer Solaranlage plus
Konstruktion inklusive der Blätter ist so ausgelegt,     Speicher angeboten.“ Je nach Standort soll der
dass sie per se möglichst wenige Vibrationen er­         B-60-Doppelrotor zwischen 500 und 1.500 kWh im
zeugt. Wir haben alles, was rotiert, schallentkop­       Jahr erzeugen. Der empfohlene Verkaufspreis liegt
pelt“, zeigt sich Köhler zufrieden, „warum soll das,     bei rund 7.500 Euro.
was beim Auto gang und gäbe ist, nicht auch bei un­          Im ersten Schritt sucht Anerdgy Vertriebspartner
serer Windkraftanlage funktionieren?“ Die B-60-An­       in Deutschland und der Schweiz. Dabei soll es aber
lage sei „technische Wertarbeit“, sagt der Anerd­        nicht bleiben: „Wir wollen in möglichst vielen Län­
gy-Chef. Deshalb ist ihm auch nicht bange, sie           dern präsent sein“, betont Sven Köhler, „wir errei­
zertifizieren zu lassen. Geplant ist dieser „Check“ ab   chen erst dann schwarze Zahlen, wenn wir jährlich
Ende des Jahres auf einem Testfeld im norddäni­          an die 1.000 Anlagen verkaufen.“                E&M

1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal                                                                                          9
Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
„Wir bleiben
                                               E&M: Herr Braun, haben sich hierzulande die
                                          Rahmenbedingungen für die Kleinwindnutzung in
                                          jüngster Zeit verbessert?
                                               Braun: Nein, das Gegenteil ist der Fall.

bei der Stange“
                                               E&M: Woran machen Sie das fest?
                                               Braun: Mit ständigen Änderungen von Zulas-
                                          sungsnormen versuchen insbesondere einige Netz-
                                          betreiber, die Stromeinspeisung aus Solar- und Klein-
                                          windanlagen zu erschweren, wenn nicht sogar
Rüdiger Braun, technischer Leiter bei     zu verhindern. Diese Blockadehaltung zeigt sich
                                          auch an der aktuellen Debatte, dass alte, funktions-
Braun Windturbinen, beklagt die hierzu-   tüchtige Solaranlagen nach Auslaufen der EEG-För-
lande teilweise höher gewordenen          derung demnächst abgeschaltet werden sollen – weil
                                          angeblich einige Netzparameter nicht mehr erfüllt
Hürden bei Genehmigungen für die          sind. Aber auch von politischer Seite spüren wir
                                          ­Widerstand.
Kleinwindanlagen und beim Arten-               E&M: Wo denn?
schutz. V O N R A L F K Ö P K E                Braun: Ein Negativbeispiel ist Niedersachsen.
                                           Dort gibt es von Seiten der politisch Verantwortli-
                                           chen die klare Ansage, dass eine Großwindturbine
                                           mehr Sinn macht als mehrere Kleinwindanlagen.
                                           Rheinland-Pfalz macht der Kleinwindtechnologie
                                           auch zu schaffen. Dort verhindert die Landesbau-
                                           ordnung den Einsatz von kleineren Windanlagen auf
                                           sogenannten landwirtschaftlichen Resthöfen im Au-
                                           ßenbereich. Wo passt eine Kleinwindanlage besser
                                           hin als auf solche Resthöfe? Deshalb gibt es in die-
                                           sem Bundesland nun eine Reihe von Schwarzbauten.
                                           Das interessiert die Bauämter aber nicht. Ohnehin
                                           beobachten wir ein nachlassendes Know-how in den
                                           Bauämtern, wenn es um die Genehmigung von
                                           Kleinwindanlagen geht.
                                               E&M: Ist nicht das eigentliche Grundproblem,
                                           dass es keine bundesweit einheitliche Baurechtsre-
                                           gelung für Kleinwind gibt?
                                               Braun: Nichts gegen den Föderalismus, aber je-
                                           des Bundesland macht, was es will. Das teilweise
                                           dreiste Verhalten auf Ämtern versuche ich mittler-
                                           weile so zu beschreiben: Bevor Sie sich ein neues
                                           Auto kaufen und einen entsprechenden Händler auf-
                                           suchen, müssen Sie mit einem Anwalt geklärt haben,
                                           dass Sie überhaupt das Auto kaufen dürfen.
                                               E&M: Ist der deutsche Markt für Ihr Unter­
                                          nehmen angesichts solcher Widrigkeiten noch
                                           ­interessant?

                                          Immer ein „mühevoller Hürdenlauf bis zur
                                          Inbetriebnahme“
                                             Braun: Wir haben mittlerweile weltweit rund
                                          4.500 unserer Anlagen installiert, wovon etwa ein
                                          Fünftel auf Deutschland entfällt. Vom deutschen
                                          Markt allein könnten wir nicht leben. Wir bleiben
                                          aber bei der Stange. Das Frappierende ist nur: Allein
         Weltweit sind
         mittlerweile rund                im Jahr 2019 hatten wir mehr als 7.000 Anfragen
         4.500 Anlagen der                von Kundenseite. Das Interesse an der Kleinwind-
         Antaris-Baureihe in              technologie hierzulande ist durchaus vor­handen,
         Betrieb                          nur spielen Politik, Verwaltung und Netzbetreiber
                                          nicht mit. Wir bieten unsere Anlagen nun bereits seit
                                          27 Jahren an, das Gros davon ging immer in den Ex-
                                          port. Hierzulande müssen die Interessenten immer
                                          einen mühevollen Hürdenlauf bis zur Inbetriebnah-
                                          me meistern – daran hat sich leider in den zurück-
                                          liegenden Jahren überhaupt nichts geändert. Und
                                          eine Verbesserung der Situation erwarte ich nicht.

10                                               E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
E&M: Potenzielle Kleinwind-Betreiber beklagen
                                                                                         auch zunehmende Artenschutz-Restriktionen. Deckt
                                                                                         sich das mit Ihren Erfahrungen?
                                                                                             Braun: Auf jeden Fall. Bei so manchen Unteren
                                                                                         Landschaftsbehörden sitzen schon ausgesprochene
                                                                                         Experten. Wir haben mittlerweile einige arten-
                                                                                         schutzrechtliche Gutachten in Sachen Fleder-
                                                                                         maus-Schutz erstellen müssen. Ich kenne bislang
Bilder: Braun Windturbinen GmbH

                                                                                         keinen einzigen Fall, bei dem eine Fledermaus von
                                                                                         einer Kleinwindanlage getötet worden ist. Viele
                                                                                         Artenschutz-Anforderungen sind einfach überzogen.
                                                                                             E&M: Wenn die gute Fee vorbeikäme und Sie        „Nichts gegen den
                                                                                         drei Wünsche frei hätten, was würden Sie sich        Föderalismus, aber
                                                                                         ­wünschen?
                                  ZUR PERSON                                                Braun: Wir brauchen für die Kleinwindanlagen      jedes Bundesland
                                                                                          ein bundeseinheitliches Baurecht. Das wäre schon      macht bei Klein-
                                  Rüdiger Braun                                          eine große Erleichterung. Hilfreich wäre es auch,
                                  Technischer Leiter Braun Windturbinen                  wenn hierzulande Kleinwindanlagen bis zu 15 Me-      wind, was es will“
                                                                                          ter Gesamthöhe wie in den Niederlanden oder in
                                  Rüdiger Braun ist der Entwickler der Antaris-Klein-     Frankreich keine Genehmigung mehr bräuchten
                                  windenergieanlagen und technischer Leiter der           und wir auch diese sogenannte Verfahrensfreiheit
                                  Braun Windturbinen GmbH mit Sitz in der Wester-         hätten.
                                  wald-Ortsgemeinde Nauroth. In der Leistungsklas-           Schön wäre es auch, wenn die interessier­-
                                  se 2,5 bis 12 kW sind die Anlagen aus dem               ten Kleinwind-Betreiber wirklich ohne großen
                                  Westerwald nicht nur die meistverkauften Klein­         Be­hördenaufwand ihre Kleinstmühlen in Betrieb
                                  windanlagen in Deutschland, sondern nach                nehmen könnten. Anderswo klappt es, warum bei
                                  Unternehmensangaben auch in Europa.                     uns nicht?                                 E&M

                                                                                        Das Klima schonen?
                                                                                            Mit Windkraft
                                                                                               kommen Sie
                                                                                         schneller ans Ziel

                                                                                        Denn die Zukunft der Energie ist nicht weit weg,
                                                                                        sondern direkt vor Ort: mit dem E.ON Windrad 250
                                                                                        eon.de/windrad250
Nur noch kurze Zeit ein
                                                                                                                          Unikat: die erste B.Ventus-­
                                                                                                                               Anlage im schleswig-­
                                                                                                                            holsteinischen Steinfeld
Bilder: Dierk Jensen

                                                     Wirtschaftlich,
                                                     nachhaltig und
                                                       innovativ
                                         Mit seinem Start-up B.Ventus und dessen 250-kW-Anlage
                                         bietet der Eon-Konzern eine dreiflügelige Lösung für die
                                          Abdeckung des Eigenstrombedarfs an. V O N R A L F K Ö P K E

                       D
                                  as nasskalte, windige Schmuddelwetter                             tung, 40 Meter Rotordurchmesser und einer Naben-
                                  an diesem Märztag des vergangenen Jah-                            höhe von 29 Metern einer echter „Mini“ − und zwar
                                  res passte, galt es doch im hohen Norden                          ganz bewusst. „Die Anlage ist so ausgelegt, dass da-
                                  eine neue Windturbine einzuweihen. Und                            mit ein großer Teil des Eigenstrombedarfs von klei-
                       was für eine: Auf dem landwirtschaftlichen Betrieb                           neren und mittelständischen Betrieben abgedeckt
                       von Ralf Schmidt in Steinfeld nordöstlich von Schles-                        werden kann“, beschreibt Geschäftsführer Christoph
                       wig feierte der Hersteller B.Ventus seine Deutsch-                           Esche die Grundidee der getriebelosen 250-kW-An-
                       land-Premiere.                                          „Bundesweit haben    lage, die von ihrer Größe in die sogenannte Medi-
                          Bei dem Einweihungsfest zwischen großen Stroh-                            um-Size-Klasse fällt.
                       ballen in der Scheune von Schmidt brachte das Start-       wir sehr viele       Für den Agrarunternehmer Schmidt ist ein Ertrag
                       up keine der mittlerweile üblichen Multi-Mega-            Inte­res­senten“   von jährlich 660.000 kWh errechnet worden. Als
                       watt-Maschinen mit einer Generatorleistung von                               Ergänzung zu seinen Biogasanlagen könne er den
                       5 MW plus einem Rotor von mehr als 70 Metern auf           Kim Heidebrecht   Strombedarf seines Betriebes fast vollständig „grün“
                       einem 160 Meter hohen Turm an den Start. Gemes-                              versorgen, betonte Schmidt bei der letztjährigen Ein-
                       sen daran ist die B.Ventus-Anlage mit 250 kW Leis-                           weihungsfeier. „Ohne kilometerlange Stromleitun-

                       12                                                                                  E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
gen kann ich den Wind direkt vor Ort nutzen“, freu-                                  Apropos Bau: B.Ventus-Geschäftsführer Esche ist
te er sich damals. Und das sei wirtschaftlich,                                       froh, dieser Tage endlich im brandenburgischen Ket-
nachhaltig und innovativ. Sein Fazit, die Anlage ist                                 zin in der Nähe von Potsdam die zweite Anlage sei-
rund anderthalb Jahre in Betrieb, fällt positiv aus:                                 nes Unternehmens in Betrieb nehmen zu können.
„Meine Erwartungen, was den Betrag und den Be-                                       Wenn alles klappt, soll auch die dritte B.Ventus-An-
trieb der Anlage betrifft, haben sich erfüllt.“                                      lage noch in diesem Jahr folgen.
    Was nicht nur B.Ventus-Geschäftsführer Esche
gern hört, sondern auch die Verantwortlichen von                                     Endlich die „leere Lücke“ zwischen 100
Eon Energie Deutschland in München, wo der Esse-                                     und 750 Kilowatt Leistung füllen
ner Energieriese seine Vertriebsaktivitäten gebün-                                   Dass Eon damit deutlich unter ihrer eigenen Ziel-
delt hat. B.Ventus ist ein Start-up von Eon. Das fängt                               marke bleibt, weiß der Windmanager. Im Februar
mit Christoph Esche und seine Geschäftsführerkol-                                    2019, als der Energiekonzern sein „Windrad“ auf
legin Julia Gräfin Arco-Valley an, die beide eine                                    der Fachmesse E-world in Essen erstmals vorstellte,
Eon-Berufsvita haben. Zu den Investoren und Ge-                                      kündigten die Verantwortlichen die Errichtung von
sellschaftern gehören unter anderem Eon-Tochter-                                     mindestens 49 Anlagen bis Ende 2020 an. Da der
unternehmen wie Avacon, Edis oder E.kundenser-
                                                         „Wir brauchen               B.Ventus-Rotor auf eine Gesamthöhe von 49 Metern
vice Netz.                                                ein Portfolio              kommt, war die griffige Marketingformel
                                                                                     „49x49“ schnell in der Welt. „Wegen Corona beka-
Zu einem ganzheitlichen Energieanbieter                  von Anlagen in              men wir in den ersten Monaten überhaupt keine
gehört heute auch ein Windrad                             jeder Größe“               ­Anlagen aus Italien geliefert“, verweist Esche auf
Die große Eon und eine ziemlich kleine Windturbi-                                     die besonderen Widrigkeiten in diesem Jahr, „des-
ne, in Konzernkreisen „Eon-Windrad 250“ genannt,         Stephan Schwartzkopff        halb haben sich einige Projekte ins nächste Jahr
wie passt das zusammen? Für Kim Heidebrecht, Lei-                                     ­verschoben.“
ter Energielösungen Schleswig-Holstein für die                                            Stephan Schwartzkopff, Vorsitzender des Bun-
B2B-Kunden, stellt sich diese Frage überhaupt nicht:                                   desverbands Kleinwindanlagen, weiß um diese
„Wir verstehen uns als ganzheitlicher Energieanbie-                                    Schwierigkeiten. Er ist aber froh um Hersteller wie
ter mit maßgeschneiderten Lösungen für unsere                                          B.Ventus und das „Eon Windrad 250“: „Diese Anla-
Kunden. Unsere Windenergieanlage erfüllt die ide-                                      gen zeigen durchaus eindrucksvoll, was auch klei-
alen Bedingungen für eine nachhaltige Eigenversor-                                     nere Wind­energieanlagen leisten können, und stär-
gung von energieintensiven Betrieben insbesondere                                      ken somit die dezentrale Grundausrichtung der
im Mid-Size-Segment.“ Selbstbewusst fügt er hinzu:                                     Kleinwindtechnologie.“ Schwartzkopff sieht insbe-
„Uns ist keine andere Anlage auf dem Markt be-                                         sondere in der Größenklasse zwischen 100 und
kannt, die so effizient arbeitet.“                                                     750 kW Leistung einiges Wachstumspotenzial: „Wir
   Mit der bisherigen Resonanz seiner Kunden auf                                       haben seit Längerem darauf gewartet, dass sich zwi-
die kleine Windturbine, die kaum jemand im                                             schen den Kleinwindanlagen und den großen
Eon-Portfolio vermutet, zeigt sich Heidebrecht zu-                                     Onshore-Anlagen die ‚leere Mitte‘ wieder füllt: Wir
frieden: „Die Reaktionen sind durchweg positiv.                                        brauchen ein Portfolio von Anlagen in jeder Größe.“
Bundesweit haben wir sehr viele Interessenten.“                                           Gespannt verfolgt auch Anton Seeber, Präsident
   In Baden-Baden, dem Sitz von B.Ventus, kann Ge-                                     der Leitner AG, diese Entwicklung. Sollte es einen
schäftsführer Esche das wachsende Interesse an                                         „plötzlichen Run“ in Deutschland auf die „Medi-
dem getriebelosen Dreiflügler bestätigen, den die                                      um-Size-Klasse“ geben, sei Leitwind gut vorbereitet.
Leitwind GmbH fertigt, ein Tochterunternehmen                                          „Wir können jetzt schon 50 Anlagen im Jahr produ-
der Leitner-Gruppe aus Südtirol. Die vermehrten                                          zieren und zu jeder Zeit aufstocken“, sagte Seeber
Anfragen sind für ihn auch das Ergebnis der exklu-                                                beim Deutschland-Start von B.Ventus im
siven Vertriebspartnerschaft mit dem Eon-Konzern:                                                        vergangenen Frühjahr in Stein-
„Kein anderen Hersteller im Medium-Size-Segment                                                                    feld.             E&M
kann wie wir auf 150 Vertriebsmitarbeiter bundes-
weit zurückgreifen“, so Esche.
   Das Zusammenspiel zwischen B.Ventus und Eon
laufe rund und sei klar geregelt, bestätigt Heide-
brecht aus der Abteilung Kundenlösungen: „Wir als
Eon Energie Deutschland sind Vertragspartner des
Kunden, für den wir in jeder Hinsicht erster An-
sprechpartner sind.“ Aufgaben von B.Ventus
seien unter anderem die Projektierung und
der Bau der einzelnen Anlagen.                                             Unter der Gondel der
                                                                           B.Ventus-Anlage steckt
                                                                           reichlich bewährte Technik
                                                                           aus der Windbranche

1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal                                                                                                13
Bilder: Vodafone GmbH
      Ryan Holowka: „5G ist
      ein Energiesparer und
        kein Energiefresser“

                               „Bei Kleinwind sind
                               wir Vorreiter“
                               Im Gespräch mit E&M erklärt Ryan Holowka, Nachhaltig-
                               keitsmanager bei der Vodafone GmbH, warum der
                               Telekommunikationsriese neuerdings auch auf Mikrowind-
                               turbinen setzt. V O N D I E R K J E N S E N

                                    E&M: Herr Holowka, Vodafones Farbe ist unüber-        Holowka: Wir schauen uns ständig nach span-
                               sehbar rot. Passt da überhaupt grün hinein? Anders      nenden Neuerungen um. Die Möglichkeiten, das
                               gefragt: Warum startet Vodafone jetzt eine Offensive    über unsere eigenen Infrastrukturen zu erreichen,
 „Wir schauen uns              in Sachen grüner Energie?                               werden aber immer geringer. Brennstoffzellen müs-
   ständig nach                     Holowka: Die beiden Farben passen sogar sehr       sen betankt werden und sind somit weniger geeig-
                               gut zusammen. Die Farbe Rot steht unter anderem         net. Photovoltaik ist ein interessanter Bereich, in
spannenden Neue-               für Energie, Leidenschaft und Engagement. So ge-        dem wir bereits aktiv sind. Als Betreiber von vielen
   rungen um“                  hen wir unsere Aufgaben an − auch die in Bezug auf      Tausend Mobilfunkmasten liegt Windkraft durchaus
                               Nachhaltigkeit und Umwelt, für die die Farbe Grün       nahe, allerdings hat sich dieser Ansatz für Telekom-
                               steht. Wir engagieren uns bereits seit Jahren in die-   munikationsmasten erst mit dem Wirkungsgrad der
                               sem Bereich. Immer wieder starten wir spannende         Mowea-Kleinwindturbine gerechnet. Mein Kollege
                               Projekte, denn die zunehmende Digitalisierung und       Enrico Schadock ist im Rahmen eines Entrepre-
                               technische Innovationen bringen fortlaufend neue        neurship-Programms der TU Berlin auf Mowea ge-
                               Ansätze für einen besseren Umweltschutz. Wir sind       stoßen. Als Technik-Abteilungsleiter vertrat er die
                               überzeugt: Digitalisierung ist der Schlüssel, um den    Industrie, um Start-ups zu bewerten.
                               Klimawandel zu verlangsamen.                               E&M: Was hat Sie technisch an der Mikrowind-
                                    E&M: Es gibt viele technische Optionen zur         turbine von Mowea am meisten überzeugt?
                                ­Erzeugung erneuerbarer Energien. Wie kommt               Holowka: Eindeutig der Wirkungsgrad und das
                               ­Vodafone ausgerechnet auf Kleinwind des Start-ups      Verhältnis von Größe, Effizienz sowie Preis und
                                Mowea?                                                 nicht zuletzt die statischen Eigenschaften, die die

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Installation solcher Turbinen an unseren Masten si-                                derzeit. Gleichzeitig hat sich die Vodafone Group
cher machen. All das zusammen hat den Ausschlag                                    schon im Juli 2019 dazu verpflichtet, wissenschaft-
gegeben. Außerdem ermöglicht die verbaute Tech-                                    lich basierte Ziele, die sogenannten Science Based
nologie eine digitale Steuerung und Datenanalysen.                                 Targets, zu definieren. Sie stellen sicher, dass wir als
   E&M: Haben Sie einen Exklusivvertrag mit Mo-                                    Konzern dazu beitragen, den Klimawandel auf
wea abgeschlossen?                                                                 1,5 Grad Celsius zu limitieren. Die Ziele wollen wir
   Holowka: Obwohl Mowea und Vodafone perfekt                                      bis zum Ende des Jahres zur Prüfung einreichen.
zusammenpassen, braucht es keinen Exklusivver-                                         E&M: Werden nicht im Zuge von 5G mehr Daten
trag. Wir unterstützen das Team von Mowea und                                      denn je transportiert und wird dadurch nicht auch
werden unsere Kunden, wie beispielsweise Betrei-                                   der Energiebedarf huckepack weitersteigen?
ber großer Industrieanlagen oder die Immobilien-           „Wir sind in                Holowka: Die neueste Mobilfunkgeneration 5G
wirtschaft, mit diesen Anlagen vernetzen. Zunächst      Deutschland - das          überträgt die gleiche Datenmenge mit fast 80 Pro-
müssen aber erst einmal die Tests bei uns erfolgreich                              zent weniger Energie als ihr Vorgänger 4G. Durch
abgeschlossen sein.                                      beantwortet die           ein groß angelegtes Energieeffizienzprogramm er-

„Eine mittlere dreistellige Anzahl von
                                                        Frage schon fast           warten wir, den mit 5G einhergehenden Energiean-
                                                                                   stieg ausgleichen zu können. 5G ist also ein Energie-
Masten, die wir mit Kleinwindanlagen                        von selbst“            sparer und kein Energiefresser!
ausstatten können“                                                                     E&M: Soll denn der an den eigenen Masten er-
    E&M: Im mecklenburgischen Torgelow hat Vo-                                     zeugte Windstrom den Eigenbedarf decken oder
dafone bereits vier Anlagen von Mowea auf einem                                    auch ins Netz eingespeist werden?
Funkmast installiert. Wie geht es weiter?                                              Holowka: Der relativ konstante Stromverbrauch
    Holowka: Derzeit laufen noch die Analysen zur                                  einer Mobilfunkstation ist durchaus von Vorteil, zu-
Berechnung von Return of Invest und Business Case.                                 mal der immer höher ist, als wir Strom mit den
Der Pilotstandort Torgelow hat uns viele Erkennt-                                  Wind­anlagen überhaupt erzeugen werden. Deshalb
nisse in Sachen Genehmigungen und Bau solcher                                      beabsichtigen wir, nur den Eigenbedarf abzudecken
Anlagen gebracht. Wir benötigen aber noch interne                                  und speisen die gewonnene Energie ausschließ-
Abnahmen und Zertifikate dieser Technologie für
den Blitzschutz. Zudem schauen wir uns gerade die
statischen Reserven für windstarke Standorte an, um
auf dieser Basis eine Entscheidung zu treffen. Enri-      Die vier Mowea-Anlagen
co Schadock geht als Projektinitiator unserer Gesell-     auf dem Vodafone-­
                                                          Funkmast in Torgelow
schaft Vodafone Towers Germany derzeit von einer
mittleren dreistelligen Anzahl von Masten aus, die
wir im ersten Schritt in den nächsten ein bis zwei
Jahren ausstatten könnten.
    E&M: Gab oder gibt es genehmigungsrechtliche
Hürden, die für die Installation der Mikroturbinen
zu bewältigen waren?
    Holowka: Wir sind in Deutschland − das beant-
wortet die Frage schon fast von selbst. Wir üben uns
anhand des Pilotprojekts in Torgelow im Umgang
mit den zahlreichen Auflagen. Wenn wir die Anzahl
der Turbinen vergrößern, dann werden die verschie-
denen Bauämter auch immer wieder unterschiedli-
che Auflagen und Anforderungen haben. Unser Ziel:
Eine gewisse Standardisierung zugelassen zu bekom-
men, um diese Dinge weitestgehend zu harmonisie-
ren. Erschwerend ist, dass bei Windanlagen viele an
große und laute Gigawatt-Anlagen denken. Der
Aha-Effekt kommt dann meist erst bei einer Livebe-
sichtigung. Bei unserem Pilotprojekt sind die Turbi-
nen auf 40 Metern Höhe installiert und aus der Fer-
ne kaum auszumachen. Während einer Messung
konnten wir den Geräuschpegel der Turbine nicht
einmal separieren, weil das Waldrauschen und Vo-
gelgezwitscher einfach zu laut waren.
    E&M: Ist es die Strategie von Vodafone, lang­
fristig eine klimaneutrale Kommunikation bereitzu-
stellen?
    Holowka: Langfristig müssen alle Konzerne kli-
maneutral werden, wenn wir den Klimawandel auf-
halten wollen. Vodafone ist hier keine Ausnahme.
Wann wir dieses Ziel erreichen werden, lässt sich
aktuell allerdings nicht genau sagen. Wir prüfen das

1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal                                                                                               15
Bild: Vodafone GmbH
Montage in luftiger
Höhe: Insgesamt vier
Mikrowindturbinen                  lich in unsere eigene Stromversorgungsanlage            Holowka: Die Nachhaltigkeitsstrategie der Voda-
von Mowea hat                  am Mast ein und reduzieren so den Bezug aus dem         fone-Gruppe wird global umgesetzt. Das heißt, Ziele
Vodafone für ihr               öffentlichen Stromnetz.                                 wie 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen
Pilotprojekt in
                                  E&M: Denkt Vodafone auch über die Kombinati-         müssen bis 2025 alle Ländergesellschaften errei-
Torgelow eingesetzt
                               on von Solar und Kleinwind nach? Wenn ja, wann          chen − egal ob in Europa oder Afrika. Gleichzeitig
                               kommt eher Photovoltaik zum Einsatz, wann eher          war klar, dass Vodafone Deutschland als größte Län-
                               Kleinwind?                                              dergesellschaft eine Vorreiterrolle einnehmen wird.
                                                                                       Daher wollen wir das Gruppenziel bereits bis Juli
                               „Eine Kombination von Solar und                         2021 erreichen. Dennoch bauen auch andere Län-
                               Kleinwind ist absolut denkbar“                          dergesellschaften der Vodafone Group auf Solare-
                                  Holowka: Eine Kombination von Solar und Klein-       nergie, vor allem unsere Unternehmen in Südeuro-
                               wind ist denkbar. Wenn die Prüfung des Mowea-Pi-        pa oder Afrika sind hier prädestiniert.
                               loten abgeschlossen ist, hoffen wir diese Doppelstra-       Beim Thema Windenergie sind wir jedoch Vor-
                               tegie zu verfolgen. Viele Faktoren, nicht zuletzt       reiter. Sollte die Technologie so erfolgreich sein, wie
                               geografischer Natur, bestimmen, ob wir an einem         wir aktuell glauben, wäre ein Einsatz auch in ande-
                               Standort entweder Solar, Wind oder beide Formen         ren Ländergesellschaften denkbar. Ein besonders
                               der Energieerzeugung zugleich einsetzen können.         spannender Anwendungsfall wäre hier sicherlich
                                  E&M: Was hierzulande mit Kleinwind und Solar         Afrika, wo die Masten in abgelegenen Regionen noch
                               beginnt, ist das auch in anderen Ländern unter der      mit Dieselgeneratoren betrieben werden müssen.
                               Regie von Vodafone denkbar?                             Diese gegen Kleinwindanlagen auszutauschen, wäre
                                                                                       schon ein großer Erfolg.
                                                                                           E&M: Ist neben dem Engagement für Kleinwind
                                                                                       auch ein Einstieg in die große Windenergie vorstell-
                                                                                       bar? Vielleicht sogar die Beteiligung an einem
     Die Ökostrom-Pläne von Vodafone                                                   Offshore-Windenergieprojekt?
                                                                                           Holowka: Wir prüfen laufend, welche Möglich-
     Energie stehe bei Vodafone im        vernetzen. Dabei habe das                    keiten für uns, auch kommerziell, sinnvoll sind. Hier
     Fokus, sagt der Nachhaltigkeitsma-   Unternehmen seinen Energiever-               analysieren wir beispielsweise, ob der Abschluss von
     nager der deutschen Tochter des      brauch seit 2014 nahezu konstant             Power Purchase Agreements (PPA; d. Red.) zukünf-
     weltweit operierenden Kommuni-       halten können und dies, obwohl               tig Sinn macht.
     kationskonzerns, Ryan Holowka.       2020 zehnmal mehr Daten                          Ob wir selbst in große Windenergie in Form von
     Mit über 25.000 Mobilfunkbasissta-   transportiert werden als noch vor            beispielsweise Offshore-Windenergieprojekten in-
     tionen und einem leistungsstarken    sechs Jahren. Das ehrgeizige Ziel            vestieren, kommt immer auf den Nutzen und auf die
     Festnetz in ganz Deutschland         der Vodafone GmbH: Bis Juli 2021             Wirtschaftlichkeit an. Momentan planen wir nichts
     benötige Vodafone viel Energie,      sollen 100 Prozent des Stroms aus            in dieser Richtung. Am Ende des Tages haben wir
     um die eigenen Kunden zu             erneuerbaren Quellen stammen.                aber ein klares Ziel: 100 Prozent Strom aus erneu-
                                                                                       erbaren Quellen − damit unsere Kunden vernetzt
                                                                                       bleiben.                                         E&M

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Bild: Agile Wind Power

                            Agile Wind Power
                                                                                                                                                Beginn der
                                                                                                                                            Flügel­montage
                                                                                                                                                     für die
                                                                                                                                           Vertical Sky A32

                            endlich vor dem Start
                            Der neue Schweizer Windturbinenhersteller will nach mehreren
                            Verzögerungen in Kürze den Testbetrieb für seinen Vertikalachser
                            mit 750 Kilowatt Leistung starten. V O N R A L F K Ö P K E

                            F
                                     ür Oktober will der neue Schweizer Wind-     turbine, war es aber zu einigen Verzögerungen ge-
                                     turbinenhersteller Agile Wind Power AG zur   kommen, zuletzt verursacht durch die Corona-­
                                     Einweihungsfeier seines hierzulande unge-    Pandemie.
                                     wöhnlichen Vertikalachsers auf dem Wind-         Nach den branchenüblichen Sicherheitstests soll
                            testfeld Grevenbroich einladen. Ursprünglich hätte    es bei der Vertical Sky A32, die auf einen 105 Meter
                            die 750-Kilowatt-Anlage bereits im vergangenen        hohen Gittermast aufgebaut ist, im Oktober mit der
                            Spätherbst den Testbetrieb aufnehmen sollen – und     Vermessung der Leistungskennlinie losgehen. Wenn
                            zwar in Sichtweite von mehreren RWE-Braunkohle-       alles klappt, will Vorstandschef Richter die Vertrags-
                            kraftwerken. Beim Aufbau der „Vertical Sky A32“,      verhandlungen für die erste kommerzielle Anlage
                            so die offizielle Typenbezeichnung der neuen Wind-    noch in diesem Jahr abgeschlossen haben: „Oh-

Windpower @ home B-60
Das einzigartige Mikrowindsystem speziell
für Gebäudedachinstallationen auch direkt
in Kombination mit einer Solaranlage. Sieht
gut aus, ist sehr leise und effizient.
Ihr Schlechtwetterstrom auf dem Weg zum
Plusenergiegebäude.
www.B60.systems
                                           info@anerdgy.com
nehin bin ich wirklich von dem großen Interes-    In der kleinen Wesermarsch-Gemeinde Lemwerder
                                                        se angetan, das wir in den zurückliegenden Wochen     vor den Toren Bremens wollen die Eidgenossen
                                                        für unsere Anlage erfahren haben“, so Richter. Nach   künftig die Rotorblätter für ihren Vertikalachser in
                                                        eigener Aussage versucht er derzeit, weitere                größerer Stückzahl fertigen. Dass die Wahl auf
                                                        Investoren für die Agile Wind Power AG                           Lemwerder als Produktionsstandort fiel,
                                                        zu gewinnen. Bislang sind nach Unter-                                ist kein Zufall: Schon für die Entwick-
                                                        nehmensangaben rund 22 Millionen                                        lung der Rotorarme und -blätter ha-
                                                        Euro in den kleinen Windturbinen-      In Lemwerder                       ben die Eidgenossen auf das
                                                        hersteller investiert worden.                                              Know-how aus Norddeutschland
                                                           Mit dem Schweizer Unterneh-        werden künftig                       zurückgegriffen: Ein Team des
                                                        men wird der deutsche Wind-                                                früher dort ansässigen Rotor­
                                                        markt wohl um einen Hersteller
                                                                                              die Rotorblätter                     blattherstellers Carbon Rotec,
                                                        reicher. Unternehmensintern ab-           gefertigt                       der 2017 in Insolvenz ging, hat die
                               Bild: Agile Wind Power

                                                        gesprochen ist bereits, dass das                                         Urform der 27 Meter langen Form
                                                        Forschungs- und Entwicklungsteam                                      für die Rotorblätter mitentwickelt.
                                                        von Agile Wind Power weiterhin am                                      Sollte Agile Wind Power Erfolg mit
                                                        Stammsitz Dübendorf im Kanton Zürich                           ihrem Vertikalachser haben, könnte der
Die aktive und kontinuier-
liche Blattverstellung                                  verbleibt. „Die eigentliche Montage aller Komponen-   Windkraftstandort Lemwerder – zumindest auf nied-
ermöglicht einen hohen                                  ten erfolgt an unserem Standort Lemwerder, wovon      rigerem Niveau – wieder aufleben. Mittlerweile be-
Wirkungsgrad bei tiefen                                 aus unsere Anlage bei Bedarf auch verschifft werden   schäftigt das Schweizer Unternehmen dort zehn
Drehzahlen des Rotors                                   kann“, erklärt Richter.                               Mitarbeiter.                                    E&M

Kleinwind made in Ostfriesland
Ein interdisziplinäres Team der Hochschule Emden/Leer hatte sich für den diesjährigen
International Small Wind Turbine Contest qualifiziert. V O N R A L F K Ö P K E

E
         rstmals konnte sich ein Team der Hochschule                                                          dem Wettbewerb beteiligt, um den Studierenden
         Emden/Leer für die Teilnahme am Internati-                                                           eine praxisnahe, international ausgerichtete und in-
         onal Small Wind Turbine Contest (ISWTC)                                                              terdisziplinäre Ausbildung in dem Bereich der Wind­
qualifizieren. 2013 hatte die Hochschule im nieder-                                                           energie zu ermöglichen.“
ländischen Leeuwarden diesen Wettbewerb ins Le-                                                                   Schon vor der Anmeldung für den ISWTC-Wett-
ben gerufen, um – so der selbst formulierte An-                                                               bewerb sei den beteiligten Studierenden aus Ost-
spruch − der Kleinwindtechnologie einen                                                                       friesland klar gewesen, so der gebürtige Spanier,
„Qualitätsschub“ zu verschaffen. Seit 2018 organi-                                                            dass die neue Anlage später nicht kommerziell her-
siert die Hochschule in Groningen den europaweit                                                              gestellt werden würde. „Dennoch haben wir den An-
einzigartigen Wettbewerb, den in den Vorjahren un-                                                            spruch, dass Konzepte oder Ideen von uns industri-
ter anderem drei Mal Teams von der Hochschule                                                                 ell übertragen werden können“, so Herraez. So
Flensburg gewonnen hatten.                                                                                    arbeitet er zusammen mit Studierenden an der Nut-
     Die 14 Studierenden aus Ostfriesland mit unter-                                                          zung und Verbesserung von sogenannten Winglets
schiedlichen Studienschwerpunkten hatten bereits
                                                                               „Wir entwickeln                für die Blattspitzen von Rotorblättern. Diese Wing-
im vergangenen Wintersemester begonnen, ihre                                   den Volkswagen                 lets, Endstücke an den Flügeln, steigern die Effizienz
­A nlage selbstständig zu planen. Dabei war das                                                               beim Windenergieertrag, indem sie helfen, Wider-
 Mini-Wind­rad made in Ostfriesland mit seinen
                                                                               unter den Klein-               stände und Verwirbelungen bei der Luftanströmung
 drei ­F lügeln auf eine Leistung von 300 Watt                                windkraftanlagen“               zu reduzieren.
 und einen Rotordurchmesser von 1,6 Metern                                                                        Mittlerweile unterstützen Herraez und seine Stu-
 ­ausgelegt.                                                                                                  dierenden auch erste Kleinwindanlagenhersteller
     Die anhaltende Corona-Pandemie verhinderte al-                                                           mit einzelnen Forschungsarbeiten. Dazu zählt unter
  lerdings, dass die Anlage auch wirklich gebaut wird.                                                        anderem die Tandem Wind Energy GmbH (TWE).
  Ohnehin haben alle Teams, die sich qualifiziert ha-                                                         Das Unternehmen aus dem brandenburgischen Hen-
  ben, in diesem Jahr erstmals wegen Corona ihre Ent-                                                         nigsdorf arbeitet derzeit an einer 5-kW-Anlage. Der
  würfe „nur“ in einem Online-Symposium vorstellen                                                            Anspruch dabei ist ambitioniert: „Wir entwickeln
  können. Die Jury verzichtete zudem darauf, einen                                                            den Volkswagen unter den Kleinwindkraftanlagen“,
  Sieger-Entwurf zu küren.                                                                                    heißt es auf der TWE-Webseite.
     Für Professor Ivan Herraez, der die jungen Wind-                                                             Wenn es wirklich so weit kommt, wäre das keine
  kraftanlagen-Entwickler an der Hochschule Emden/                                                            schlechte Referenz für die studentischen Mini-Wind-
  Leer betreut hat, kein Problem: „Wir haben uns an                                                           kraftentwickler aus Ostfriesland.               E&M

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Grüner Hybrid-Turm
stößt auf Interesse
Der Unternehmer Joachim Sroka will demnächst einen Energie-­Tower
auf den Markt bringen, der eine Kleinwindanlage, mehrere Photo­
voltaikmodule und einen Speicher kombiniert. V O N R A L F K Ö P K E

A
           uf der Zielgeraden, sagt Joachim Sroka,     taikanlage. Aber Kleinwindenergie steht eben auch
           habe er noch einmal umplanen müssen:        nachts und im Winterhalbjahr zur Verfügung, wo
           „Der Kunde wünschte einen leistungsstär-    die Photovoltaik schwächelt. Deshalb macht für
           keren Energie-Tower.“ Ansonsten hätte       mich die Kombination aus Sonne, Wind und Spei-
der Geschäftsführer der von ihm im Jahr 2004 ge-       cher nicht nur Sinn, sondern drängt sich auf“, sagt
gründeten Stahl- und Anlagenbau KG im branden-         der Mittfünfziger.
burgischen Kloster Lehnin mit dem Stapellauf seines       Ein neues Anwendungsfeld für seinen Hy­brid-
regenerativen Hybridturmes beginnen können.            Energieturm sieht er in Biokläranlagen, die bisher
   Der Hybrid-Energieturm ist eine Kombination aus
einer Kleinwindanlage, mehreren Photovoltaikmo-
dulen und einer Speichereinheit. Für Sroka ist das
ein Stück „gelebte Sektorkopplung“. „Wenn alles in
den kommenden Wochen rund läuft, können wir
noch vor Jahresende mit den Bauarbeiten möglicher-
weise an einem Standort in Norddeutschland begin-
nen“, skizziert er seinen neuen Zeitplan.
   Dass Sroka mit dem regenerativen Kombi-Kraft-
werk „auf dem richtigen Weg“ ist, zeigen ihm die
sich häufenden Anfragen: „Den Leuten geht es nicht
um ein grünes Prestige-Objekt, sondern sie treiben
handfeste wirtschaftliche Gründe an.“ Potenzielle
Gewerbe- und Industriekunden, so erzählt Sroka,
wollen mit seinem Hybrid-Energieturm „ganz gezielt
ihren Strompreis senken durch Lastspitzenabbau
und sich zudem unabhängiger von der Strompreis­
entwicklung machen.“
   Nach den derzeitigen Planungen hat Sroka für sei-
nen „HET Hybrid-Energie-Tower“ einen knapp                                                                                                    Bild: Ralf Köpke

25 Meter hohen Mast vorgesehen und bleibt damit
unter der magischen 30-m-Flügelspitzen-Höhe. Was
wichtig ist, denn so kann der Bauantrag nach dem
                                                                                                                   Joachim Sroka: „Ich bin
vereinfachten Bauantragsverfahren erfolgen. Auf                                                                  guter Dinge, dass wir mit
dem Mast will er eine Kleinwindanlage mit bis zu       ohne zusätzliche Belüftung ausgekommen sind.                   dem Hybridturm den
20 kW Leistung sowie am Mast Dutzende von So-          Nachdem zuletzt Verordnungen geändert wurden,           aktuellen energiewirtschaft-
larmodulen mit ebenfalls an die 20 kW Nennleistung     müssen die Abwasserbecken neuerdings belüftet                   lichen Nerv treffen“
unterbringen. „Dazu gehört ein Speicher − das ist      werden. „Wie aber sollen die Klärwerksbetreiber den
ein empfohlenes Muss“, sagt Sroka. Über die Details    Strom zu den entfernt liegenden Standorten hinzau-
der einzelnen „grünen Kraftpakete“ entscheidet im-     bern, wenn entsprechende Leitungen fehlen“, so
mer der Auftraggeber.                                  Sroka. Eine Lösung könnten die Hybrid-Energietür-
   Angesichts der Kostennachteile der kleineren        me sein.
Windmühlen gegenüber der Photovoltaik liegt für           Sroka setzt auch auf Industriekunden: „Ich bin
ihn − abgesehen von Spitzenstandorten und wirt-        guter Dinge, dass wir mit dem Hybridturm den ak-
schaftlich Sinn machenden Einzelfällen − die Zu-       tuellen energiewirtschaftlichen Nerv treffen“, so der
kunft der Technologie nicht mehr allein in der rei-    Brandenburger, der von sich selbst sagt, von einem
nen Windstromerzeugung, sondern in der                 Kleinwind-Virus befallen zu sein, „deshalb freue ich
Sektorkopplung. „Die Kilowattstunde Kleinwind          mich auf den Tag, an dem wir endlich unsere erste
wird immer teurer sein als die aus einer Photovol-     Hybrid-Energieanlage präsentieren können.“ E&M

1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal                                                                                               19
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