Kleinwind-Journal E&M special - Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen - Energie & Management
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1. September 2020 E&M special Kleinwind-Journal Das Magazin für Mikro- und Medium-Windenergieanlagen
T JETZ EN ELL BEST NUR FÜR 7 € 23 Ökostromumfrage 2020 Sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Energiepublizistik: Die von ENERGIE & MANAGEMENT organisierte und betreute Ökostromumfrage, die es bereits seit 2005 gibt. Keine andere Erhebung über das Grünstromsegment liefert so viele unterneh- mensscharfe Daten und Markteinschätzungen wichtiger Akteure. Auch in der mittlerweile 15. Umfrage hat es wieder einige Überraschungen gegeben. Für die Ökostromumfrage 2020 werden folgende Daten ausgewertet und zur Verfügung gestellt: Geschäftsentwicklungen der angebotenen Ökostromtarife Direktvermarktung und Stromkennzeichnung Ökostrombezug über PPAs, direkt von Betreibern erneuerbarer Energien-Anlagen Auswirkungen des Geschäfsfeldes durch die Corona-Krise Bestellen Sie die Ökostrom-Branchen-Umfrage 2020 für nur € 237,- unter emvg.de/oekostrom Wir danken unseren Sponsoren und Partnern: Sponsoren Partner
Inhalt 8 Der Doppel- Rotor der Genehmigungen 5 Alter „neuer“ Wettbewerber 20 Anerdgy AG aus Dirk Legler, Umwelt- und Energiejurist, beklagt die Northern Power Systems wartet noch auf viele rechtliche Benachteiligung von Kleinwindanlagen Baugenehmigungen in Deutschland der Schweiz Doppel-Rotor 8 Perspektiven 23 Ein Schweizer Hersteller hat eine ungewöhnliche Patrick Jüttemann rät Interessenten zu Kleinwindanlage entwickelt unabhängig testierten Messergebnissen Hohe Hürden 10 Impressum 26 Rüdiger Braun von Braun Windturbinen sieht verschlechterte Rahmenbedingungen Titelbilder: Anerdgy Deutschland GmbH , Northern Power für Kleinwind Systems AG, DeTec Vision GmbH, Braun Windtur- binen GmbH, Sroka Stahl- und Anlagenbau U.G. & Co. KG Start-up 12 B.Ventus bietet Betrieben eine 250-kW-Anlage zur Deckung ihres Eigenbedarfs an Strom für Mobilfunkmasten 14 Der Telekommunikationsanbieter Vodafone setzt neuerdings auch auf Mikrowindturbinen Neuer Vertikalachser 17 Bei einer Neuentwicklung startet in Kürze der Testbetrieb Kleinwind aus Ostfriesland 18 Ein Team der Hochschule Emden/Leer forscht für bessere Technologie Turmkraftwerk 19 Joachim Sroka entwickelt einen „Energie-Tower“ 5 Bilder: Kanzlei RAe Günther, Anerdgy AG Dirk Legler: „Zuerst immer das Gespräch mit den Behör- den suchen“ 1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal 3
Editorial Kleinwind potenziale endlich nutzen Patrick Jüttemann zählt hierzulande zu den anerkanntesten Experten der Bild: privat Kleinwindbranche. D ie Kleinwindkraftbranche hat zwei Asse versorgung als Teil einer klimafreundlichen Ener- im Ärmel: gieversorgung verstärkt zum Zuge kommen? 1. Eine hohe Selbstversorgung einzel- Offensichtlich sind die Vorteile der Kleinwind- ner Gebäude mit sauberem Strom gelingt kraft in manchen Köpfen noch nicht angekommen. übers Jahr nur mit der Kleinwindkraft. In unserer Anhand von Referenzprojekten gilt es zu zeigen, Klimazone ist die Solarstrahlung im Winter zu dass es sich um optisch unauffällige Anlagen der schwach. Stromspeicher zur Überbrückung mehre- Selbstversorgung handelt: die perfekten Partner von rer Wochen sind zu teuer. Photovoltaik und Stromspeichern mit großem Po- 2. Kleinwindanlagen haben keinen Einfluss auf tenzial für den lokalen Klimaschutz. Wirtschaftlich das Landschaftsbild und erfahren deshalb eine sehr sinnvolle Alternativen sind vor allem die Windanla- hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Masthöhe gen für Gewerbe- und Industrieunternehmen. ist baurechtlich auf 50 Meter Gesamthöhe (höchste Die Branche muss dabei auch auf Entscheidungs- Flügelspitze) begrenzt. In der Praxis sind die meis- träger in Politik und Verwaltung zugehen. Dazu ge- ten Anlagen keine 30 Meter hoch. Zusätzlich führen hört die Einladung zur Besichtigung von den tech- die schmalen Rotorblätter zu einem optisch un- „Die Vorteile sind nisch hochwertigen Kleinwindanlagen. Wer mit scheinbaren Gesamtbild. offensichtlich in Betreibern solcher Anlagen spricht, bekommt oft zu Auch die politischen Rahmenbedingungen sind hören, sie seien das Lieblingsobjekt im gesamten re- gut. Sowohl die EU als auch die Bundesregierung manchen Köpfen generativen Kraftwerkspark − auch bei Besuchern haben sich für den Ausbau der erneuerbaren Ener- noch nicht und Kunden. Ja, die Photovoltaikanlage ist meistens gien ambitionierte Ziele gesetzt. Die Kleinwindkraft- wirtschaftlicher, Planung und Installation sind branche kann mit ausgereifter Anlagentechnik angekommen“ schneller realisiert. Aber die Solarenergie ist Allge- überzeugen, was auch für Anlagen in der Medium- meingut und weckt nicht so sehr das positive Inter- Size-Klasse bis 750 Kilowatt gilt. esse wie eine kleine Windturbine. Vor diesem Hintergrund müsste diese Branche Ein realistisches Bild über Kleinwindkraft in Po- schneller wachsen als in den vergangenen Jahren. litik und Verwaltung ist die Voraussetzung für bes- Welche Aufgaben gilt es also zu meistern? Im Rah- sere baurechtliche Rahmenbedingungen. Die Geneh- men der Genehmigung verzögern sich Projekte noch migungspraxis muss sich stärker an klimapolitischen zu oft oder werden abgelehnt. Klimapolitische Vor- Vorgaben orientieren. gaben werden von manchen Bauämtern hintenan- Wer den Wunsch nach Selbstversorgung mit sau- gestellt. In vielen Genehmigungsbehörden herrscht berer Energie in der Bevölkerung erfüllen will, Unsicherheit beim Thema Kleinwindkraft. Megawatt- kommt in unserer Klimazone an Kleinwindanlagen und Kleinwindanlagen werden gern in einen Topf nicht vorbei. Für die dezentrale Objektversorgung geworfen. Juristisch ist das nicht haltbar. werden sie sich weiter durchsetzen. Was müssen wir tun, damit kleine und mittel Wichtig ist: Das Ausbautempo muss deutlich er- große Windkraftanlagen für die dezentrale Objekt- höht werden. E&M 4 E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
„Maßstäbe wie für Großwindturbinen dürfen nicht sein“ Der Umwelt- und Energiejurist Dirk Legler beklagt im E&M-Gespräch die zunehmenden Benachteiligungen kleiner Windenergieanlagen bei Genehmigungsverfahren und Artenschutz. V O N R A L F K Ö P K E E&M: Herr Dr. Legler, täuscht der Eindruck, dass Legler: In immer mehr Bundesländern wird bei- nach den Großwindturbinen auch Kleinwindanlagen spielsweise dazu übergegangen, auch kleinere Wind zunehmend Probleme mit den Planungs- und Ge- energieanlagen als raumbedeutsam zu bewerten. nehmigungsbehörden bekommen? Betreiber von kleineren Windturbinen haben es da- Legler: Da ist was dran. Für die kleineren Anla- mit immer schwerer, ihren Genehmigungsanspruch gen werden vielerorts die gleichen Maßstäbe ange- für ihre Kleinwindanlage durchzusetzen. legt wie für die ganz großen Windenergieanlagen. E&M: Über welche Nabenhöhe reden wir? Sind Das darf nicht sein. 30 oder 40 Meter Höhe mittlerweile „raumbedeut- E&M: Woran machen Sie das fest? sam“? Unternehmensprofil Die DeTec Vision GmbH ist ein mo- entstehen keine Geräusche oder geht dernes Unternehmen mit großem In- gar kaputt. Gerade diese Zuverlässig- teresse an zukunftsweisenden Produk- keit macht sie auch für den privaten ten. Die vertikale Kleinwindkraftanlage oder landwirtschaftlichen Einsatz zur VERTIKON ist so ein Produkt, welches Stromerzeugung interessant. wir Ihnen vorstellen möchten. Die spezielle Form der Rotorblätter Die VERTIKON-Windanlage arbeitet und die eigens für die VERTIKON ent- nach dem Darrieus-Prinzip und ist wickelten Generatoren, sorgen für ei- durch ihre vertikale Drehachse unab- nen leichten Anlauf bei schwachem hängig von der Windrichtung. Der Wind und leisem Betrieb bei starkem Lauf wirkt ruhig und ästhetisch, selbst Wind. Die optimale Abstimmung aller bei starkem Wind werden kaum Ge- Systemkomponenten garantiert räusche emittiert. Daher kann sie auch höchste Effizienz über den gesamten in der Nähe von Wohnhäusern beden- Arbeitsbereich. kenlos betrieben werden. Die VERTIKON-Kleinwindkraftanlage Der einfache und robuste Aufbau – innovativ, wirtschaftlich und autark! kommt ohne Mechanik aus. Sie besitzt kein Getriebe, keine Schleifkontakte, keine Windnachführung, keine mecha- DeTec Vision GmbH nische Bremse, keine Sensoren und Rüdigsdorfer Weg 10 kein Rotorblattverstellsystem. Denn 99734 Nordhausen wo keine Mechanik ist, braucht nichts Telefon +49 3631 4659261 gewartet werden, friert nichts fest, www.vertikon-windkraft.de
Legler: Gute Frage. Die Rechtsprechung ging zu- me. Zugunsten der Kleinwind-Technologie wird von letzt immer von über 100 Metern Höhe aus. In dieser Ausnahmenorm eigentlich nie Gebrauch ge- Schleswig-Holstein zum Beispiel gibt es aber nun ei- macht, obgleich jede Windanlage zum Klimaschutz nen Entwurf der Landesregierung, wonach diese beiträgt. Grenze grundsätzlich und pauschal auf 30 Meter ab- Das steht unseres Erachtens nicht im Einklang gesenkt werden soll. Die dortigen Behörden folgen mit den Ausnahmegründen nach Artikel 9 der eu- diesem Entwurf teilweise bereits in ihrer Genehmi- ropäischen Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG. Auf gungspraxis. Dies ist nicht nur falsch, sondern für Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen mich auch absolut unverständlich, denn entschei- Erkenntnisse, etwa des IPCC-Sonderberichts zur dend ist nach dem Raumordnungsgesetz immer die weiteren Erderwärmung lässt sich ohne Weiteres ar- Betrachtung jedes Einzelfalls. gumentieren, dass das Erreichen der Klimaschutz- ziele sowohl dem Schutz der Landwirtschaft als auch Empfehlung: „Zuerst immer das Gespräch dem Schutz der Pflanzen- und Tierwelt konkret – mit den Behörden suchen“ wenn auch mittel- und langfristig – dient. Solange E&M: Was können potenzielle Betreiber dagegen keine Treibhausgasneutralität erreicht ist, können machen? Klagen? und sollten meines Erachtens diese Ausnahmegrün- Legler: Zuerst einmal sollte immer das Gespräch de daher auch für einzelne Anlagen greifen. mit den Behörden gesucht werden und auch vor Dis- E&M: Wie können sich potenzielle Betreiber da- kussionen nicht zurückgescheut werden. Möglicher- gegen wehren? weise kann auch der Gesetzgeber bei der anstehen- Legler: Sie sollten sich das aus unserer Sicht den Novellierung zum Baugesetzbuch helfen. Hier „Der Natur- und nicht gefallen lassen und notfalls gegen entspre- wäre schon eine Klarstellung hilfreich, dass Klein- Artenschutz ist mir chend begründete Ablehnungsbescheide der Geneh- windanlagen bis zu einer bestimmten Höhe eben migungsbehörden gerichtlich vorgehen. nicht raumbedeutsam sind und damit grundsätzlich persönlich ein E&M: In der Realität geben potenzielle Betreiber auch nicht von der negativen Flächenplanung des äußerst wichtiges dann ihre Kleinwindprojekte doch eher auf, weil Paragrafen 35 Absatz 3 im Baugesetzbuch betroffen eine Klage viel zu teuer, der Prozess zu lang- sind. Noch besser wäre es, diesen Passus ganz zu Anliegen“ wierig und das Urteil zu unsicher ist? entschlacken. Denn diese Festlegung hat faktisch die Legler: Stimmt leider. Deshalb hofft die an sich der Windenergie zustehende Privilegierung Wind- und insbesondere die Kleinwindbran- in ihr Gegenteil verkehrt. Wenn wir unverändert so che ja auch auf die Novellierung des Bundes- weitermachen wie bisher, werden wir unsere aus naturschutzgesetzes. Die ist seit Jahren Klimaschutzgründen dringend gebotenen Ausbau- auch in der Diskussion und wird von den ziele bei der Windenergie nicht erreichen. Verbänden, übrigens auch den Natur- E&M: Hat die Kleinwindbranche auch mit natur- schutzverbänden, massiv gefordert. schutzrechtlichen Beeinträchtigungen zu kämpfen Meines Erachtens sollte hierfür eine Lö- wie die großen Windturbinen? sung gefunden werden: Und zwar soll- Legler: Ja, erstaunlicherweise sogar noch mehr. te künftig beispielsweise als Voraus Dabei ist der Eingriff von Kleinwindanlagen in die setzung für die bereits erwähnte Natur in der Regel nun wirklich deutlich überschau- naturschutzrechtliche Ausnahme barer als derjenige von Großwindanlagen. ausreichen, wenn man eine E&M: Wie erklärt sich dieser Widerspruch? Nicht-Verschlechterung der betrof- Legler: Im Artenschutzrecht gibt es eine Rege- fenen Population erreichen kann lung, die besagt, dass ein Verstoß gegen den Arten- und hierbei das Erreichen des so schutz ausnahmsweise zugelassen werden kann, genannten „guten Erhaltungs wenn es ein überwiegendes öffentliches Interesse zustands“ nicht unmöglich an einem Projekt gibt. In Fachkreisen gibt es dafür gemacht wird. Käme es zu solch den Begriff von der naturschutzrechtlichen Ausnah- einer gesetzgeberischen Klar- ZUR PERSON Dr. Dirk Legler Umwelt- und Energiejurist Dr. Dirk Legler, Jahrgang 1972, hat sich seit 2003 auf Umwelt- und Energie recht spezialisiert. Seit 15 Jahren ist er für die Hamburger Kanzlei Rechtsan- wälte Günther tätig. Dabei steht bei ihm vor allem die umfassende, auch konzeptionelle Rechtsberatung zu allen Themen der dezentralen Stromversor- gung aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung im Mittelpunkt. Legler hat seinen Zivildienst als Vogelwart auf einer Nordseeinsel verbracht, später im Naturschutzrecht promoviert und leitet nun schon seit 2011 unter anderen den Juristischen Beirat im Bundesverband Kleinwindanlagen. 6
stellung im Bundesnaturschutzgesetz, dann würde dieser Missstand endlich interessengerecht und vor allem im Sinne des Klimaschutzes aufgehoben. Um nicht falsch verstanden zu werden: Der Natur- und Artenschutz ist mir persönlich ein äußerst wichtiges Anliegen. Ich bin seit Jahrzehnten selbst begeister- ter Hobby-Ornithologe und setze mich für den Ar- tenschutz ein, wo ich nur kann. Gerade deswegen ist es mir aber vollkommen unverständlich, dass die „Politik“ in diesem sozusagen klassischen Kon- fliktfeld zwischen Arten- und Klimaschutz nicht schon längst tätig geworden ist. „Hoffen auf die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes“ E&M: Wie sieht Ihr Tipp aus Ihrer Berufserfah- rung aus: Was sollten Interessenten einer Kleinwind anlage unternehmen, damit ihnen möglichst wenige juristische Stolpersteine in den Weg gelegt werden? Dirk Legler: „Jede Kleinwindanlage trägt Legler: Ich empfehle immer, sehr frühzeitig das zum Klimaschutz bei“ Gespräch mit den zuständigen Behörden zu suchen und die Bauantragsunterlagen sorgfältig vorzuberei- ten. Die Erfahrungen zeigen, dass eine sorgsame Vorbereitung und eine konsensuale Kooperation mit den Behörden eher zum Erfolg führen, sprich zur Genehmigung für eine Kleinwindanlage. Eine Reihe von Anlagenherstellern geht genauso vor. E&M: Auf dem politischen Parkett steht eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG; d.Red.) an. Was erwarten Sie für die Klein- windbranche? Legler: Die meisten Kleinwindanlagen le- ben mittlerweile davon, dass sie dezentral kos- tengünstig und umweltfreundlich Strom zur Verfügung stellen. Themen wie Eigenversor- gung oder netzlose Direktlieferung stehen viel mehr im Vordergrund als der Ruf nach einem höheren EEG-Einspeisetarif. Insofern besteht für die Betreiber von Kleinwind anlagen das Interesse eher darin, den Ei- genstromverbrauch zu stärken. Die Bun- desregierung muss hierfür die neuen Vorgaben aus Brüssel umsetzen. Damit kann sie viel auch für Kleinwindanlagen erreichen, wenn sie diese Umsetzung im neuen EEG sinnvoll und praxisgerecht gestaltet. E&M Bild: Kanzlei RAe Günther 1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal 7
Viel bestaunte Neuheit auf dem Scheunendach von Landwirt Christian Burri: der Anerdgy-Doppelrotor Mit der Kraft des Doppel-Rotors Die Schweizer Anerdgy AG hat eine wirklich ungewöhnliche Kleinwindanlage selbst entwickelt. In diesem Sommer ist der Vertrieb angelaufen. V O N R A L F K Ö P K E D ie Windenergie habe ihn schon immer fasziniert, erzählt Christian Burri fast schwärmerisch. Die Chance, eine Wind turbine auf seinem Hof im schweizeri schen Lenggenwil im Kanton St. Gallen zu errichten, habe sich ihm aber lange Zeit nicht geboten. Ohne Bilder: Anerdgy AG hin tun sich Eidgenossen mit der Windkraftnutzung schwer. Obwohl es in der Schweiz schon seit 30 Jah ren Förderprogramme gibt, sind landesweit nur ei nige Dutzend Anlagen mit zusammen rund 75 MW Leistung in Betrieb. Vor anderthalb Jahren packte Landwirt Burri die Chance beim Schopf, seinen Traum, „ein Energie verfolgte einen weitaus kleineren Zuschnitt, um di wirt zu werden“, in die Realität umzusetzen. Auf sei rekt an Gebäuden Nachhaltigkeit zu erreichen. „Wir nem Scheunendach installierte er den ersten Pro wollten die Dächer viel mehr und auch anders totypen einer Kleinwindanlage mit einem nicht nutzen. Nicht nur für Begrünung und Terrassen, alltäglichen Doppelrotor, der auf eine Leistung von „Wir erreichen erst sondern neben der Photovoltaik auch für andere er 1,2 kW bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s neuerbare Energien.“ Und so kam die Kleinwind ausgelegt ist. dann schwarze technologie in das Leben von Sven Köhler. Auch wenn ein „gewaltiger Frühjahrssturm“ die Zahlen, wenn wir Dass Miniräder „durchaus etwas anders aussehen Anlage vom Typ Anerdgy B-60 mit einem Gesamt können als gewohnt“, bewiesen Köhler und sein gewicht von rund 90 Kilogramm beschädigt hat, ist jährlich an die mittlerweile zehnköpfiges Team mit ihrer „Wind Burri von dem innovativen Konzept „zutiefst“ über 1.000 Anlagen rail“-Produktlinie, einem kombinierten Solar-Wind zeugt: Anfang August erhielt er das upgedatete Se kraftwerk für Flachdachgebäude. Dabei waren die rienmodell für sein Scheunendach. verkaufen“ Windturbinen in Form eines Schaufelrades in einen mannshohen Kasten eingelassen, der direkt über der Die erste Miniserie ist ausgeliefert Sven Köhler Traufe saß, also dem Übergang von der Fassade zum Was Sven Köhler begrüßt. Der Gründer der 2012 ins Dach. Auf der Oberseite des Kastens hatte Anerdgy Leben gerufenen Anerdgy AG mit Sitz in Zürich, die die Solarmodule angebracht. vor allem von zwei Investoren aus der Schweiz ge Hierzulande startete die Berliner Wohnungsbau tragen wird, hat stressige Wochen hinter sich. Sein gesellschaft Gewobag ED Energie- und Dienstleis Unternehmen hat nach mehreren Prototypen eine tungsgesellschaft zusammen mit den Berliner Stadt erste Miniserie mit zehn Anlagen der „Windpower@ werken Ende 2016 ein erstes Pilotprojekt mit zehn home B-60“ fertigen lassen und an Kunden ausge dieser Windrail-Module, die auf jeweils 22 kW Leis liefert: „Für uns ein wichtiger Schritt, denn hinter tung ausgelegt waren − für ein Mieterstromprojekt uns liegt eine mehrjährige Grundlagen- und Entwick auf einem zwölfstöckigen Hochhaus im Stadtteil lungsarbeit“, so Köhler. Spandau. Für den diplomierten Gebäudetechnikingenieur Rund zwei Jahre später musste das Kombi-Kraft ist es nicht die erste Erfahrung mit der Windenergie. werk allerdings abgebaut werden. Köhler arbeitete just in den Jahren in der Erneuer Von der Windrail-Idee sei er nach wie vor ange baren-Abteilung beim Alstom-Konzern, als dessen tan, erklärte Karsten Mitzinger, Geschäftsführer der Management den spanischen Windturbinenherstel Gewobag, gegenüber E&M: „Alle Partner hatten den ler Ecotecnia übernahm. Dessen Multi-Megawatt-An Windertrag für eine solche Anlage in der Stadt aber lagen waren für ihn „eine Nummer zu groß“, Köhler überschätzt, Windrail war einfach nicht wirtschaft 8 E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
lich“, weshalb Mitzinger diese Konstruktion eher auf schen Hurup Thy, das das dortige Folkecenter for Industriebauten sieht. Außerdem habe es bei dem Vedvarende Energi betreibt. Spandauer Projekt Ärger mit Mietern gegeben, die Gespannt ist Köhler vor allem, wie sich die ersten sich durch die Geräusche der Miniwindanlagen be zehn ausgelieferten Anlagen „im Feld“ bewähren: lästigt fühlten. „Wir haben diese Miniserie mit zusätzlichen Senso Auch für die neue „Windpower@home B-60“ ist ren ausgestattet, um den Betrieb und mögliche Feh das Anerdgy-Team neue Wege gegangen. „Das lerquellen genau verfolgen zu können.“ Da Anerdgy Grunddesgin, der Generator und die Steuerung über keine eigene Fertigung verfügt, hat ein Maschi stammen von uns“, sagt der gebürtige Deutsche Köh nenbauunternehmen aus dem sächsischen Chemnitz ler, „lediglich bei der Geometrie der Rotorblätter ha die Montage und die spätere Auslieferung der ersten ben wir auf Expertenwissen zurückgegriffen.“ Viel Anlagen übernommen. „Wir sprechen immerhin mit Gehirnschmalz hat das Entwicklungsteam nach Köh über 16 Unterlieferanten für die einzelnen Bauteile, lers Worten darauf verwandt, die Vibrationen und die für eine Anlage zusammengesetzt werden müs Geräusche auf „low level“ zu reduzieren: „Das war sen“, so Köhler. sicherlich mit eine unserer größten Herausforderun Kunden von Anerdgy sind keine Privatbetreiber, 7.500 Euro als gen“, so Köhler, „der Wind, der über das Dach weht, sondern Solateur-Betriebe in Deutschland und ist lauter als unsere Anlage.“ der Schweiz. „Diese Betriebe, die sich auf die Instal empfohlener Vertriebspartner sind Solarteure lation von Photovoltaikanlagen spezialisiert haben, Kaufpreis sehen in unserer Kleinwindanlage eine willkomme Um die Schwingungen der Anlage, wenn sie auf ne Ergänzung“, erklärt Sven Köhler das Vertriebs dem Dach montiert ist, zu reduzieren, ist das An konzept, „die Anlage wird einzeln oder im dezen erdgy-Team mehrere Wege gegangen. „Die gesamte tralen Gesamtpaket mit einer Solaranlage plus Konstruktion inklusive der Blätter ist so ausgelegt, Speicher angeboten.“ Je nach Standort soll der dass sie per se möglichst wenige Vibrationen er B-60-Doppelrotor zwischen 500 und 1.500 kWh im zeugt. Wir haben alles, was rotiert, schallentkop Jahr erzeugen. Der empfohlene Verkaufspreis liegt pelt“, zeigt sich Köhler zufrieden, „warum soll das, bei rund 7.500 Euro. was beim Auto gang und gäbe ist, nicht auch bei un Im ersten Schritt sucht Anerdgy Vertriebspartner serer Windkraftanlage funktionieren?“ Die B-60-An in Deutschland und der Schweiz. Dabei soll es aber lage sei „technische Wertarbeit“, sagt der Anerd nicht bleiben: „Wir wollen in möglichst vielen Län gy-Chef. Deshalb ist ihm auch nicht bange, sie dern präsent sein“, betont Sven Köhler, „wir errei zertifizieren zu lassen. Geplant ist dieser „Check“ ab chen erst dann schwarze Zahlen, wenn wir jährlich Ende des Jahres auf einem Testfeld im norddäni an die 1.000 Anlagen verkaufen.“ E&M 1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal 9
„Wir bleiben E&M: Herr Braun, haben sich hierzulande die Rahmenbedingungen für die Kleinwindnutzung in jüngster Zeit verbessert? Braun: Nein, das Gegenteil ist der Fall. bei der Stange“ E&M: Woran machen Sie das fest? Braun: Mit ständigen Änderungen von Zulas- sungsnormen versuchen insbesondere einige Netz- betreiber, die Stromeinspeisung aus Solar- und Klein- windanlagen zu erschweren, wenn nicht sogar Rüdiger Braun, technischer Leiter bei zu verhindern. Diese Blockadehaltung zeigt sich auch an der aktuellen Debatte, dass alte, funktions- Braun Windturbinen, beklagt die hierzu- tüchtige Solaranlagen nach Auslaufen der EEG-För- lande teilweise höher gewordenen derung demnächst abgeschaltet werden sollen – weil angeblich einige Netzparameter nicht mehr erfüllt Hürden bei Genehmigungen für die sind. Aber auch von politischer Seite spüren wir Widerstand. Kleinwindanlagen und beim Arten- E&M: Wo denn? schutz. V O N R A L F K Ö P K E Braun: Ein Negativbeispiel ist Niedersachsen. Dort gibt es von Seiten der politisch Verantwortli- chen die klare Ansage, dass eine Großwindturbine mehr Sinn macht als mehrere Kleinwindanlagen. Rheinland-Pfalz macht der Kleinwindtechnologie auch zu schaffen. Dort verhindert die Landesbau- ordnung den Einsatz von kleineren Windanlagen auf sogenannten landwirtschaftlichen Resthöfen im Au- ßenbereich. Wo passt eine Kleinwindanlage besser hin als auf solche Resthöfe? Deshalb gibt es in die- sem Bundesland nun eine Reihe von Schwarzbauten. Das interessiert die Bauämter aber nicht. Ohnehin beobachten wir ein nachlassendes Know-how in den Bauämtern, wenn es um die Genehmigung von Kleinwindanlagen geht. E&M: Ist nicht das eigentliche Grundproblem, dass es keine bundesweit einheitliche Baurechtsre- gelung für Kleinwind gibt? Braun: Nichts gegen den Föderalismus, aber je- des Bundesland macht, was es will. Das teilweise dreiste Verhalten auf Ämtern versuche ich mittler- weile so zu beschreiben: Bevor Sie sich ein neues Auto kaufen und einen entsprechenden Händler auf- suchen, müssen Sie mit einem Anwalt geklärt haben, dass Sie überhaupt das Auto kaufen dürfen. E&M: Ist der deutsche Markt für Ihr Unter nehmen angesichts solcher Widrigkeiten noch interessant? Immer ein „mühevoller Hürdenlauf bis zur Inbetriebnahme“ Braun: Wir haben mittlerweile weltweit rund 4.500 unserer Anlagen installiert, wovon etwa ein Fünftel auf Deutschland entfällt. Vom deutschen Markt allein könnten wir nicht leben. Wir bleiben aber bei der Stange. Das Frappierende ist nur: Allein Weltweit sind mittlerweile rund im Jahr 2019 hatten wir mehr als 7.000 Anfragen 4.500 Anlagen der von Kundenseite. Das Interesse an der Kleinwind- Antaris-Baureihe in technologie hierzulande ist durchaus vorhanden, Betrieb nur spielen Politik, Verwaltung und Netzbetreiber nicht mit. Wir bieten unsere Anlagen nun bereits seit 27 Jahren an, das Gros davon ging immer in den Ex- port. Hierzulande müssen die Interessenten immer einen mühevollen Hürdenlauf bis zur Inbetriebnah- me meistern – daran hat sich leider in den zurück- liegenden Jahren überhaupt nichts geändert. Und eine Verbesserung der Situation erwarte ich nicht. 10 E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
E&M: Potenzielle Kleinwind-Betreiber beklagen auch zunehmende Artenschutz-Restriktionen. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen? Braun: Auf jeden Fall. Bei so manchen Unteren Landschaftsbehörden sitzen schon ausgesprochene Experten. Wir haben mittlerweile einige arten- schutzrechtliche Gutachten in Sachen Fleder- maus-Schutz erstellen müssen. Ich kenne bislang Bilder: Braun Windturbinen GmbH keinen einzigen Fall, bei dem eine Fledermaus von einer Kleinwindanlage getötet worden ist. Viele Artenschutz-Anforderungen sind einfach überzogen. E&M: Wenn die gute Fee vorbeikäme und Sie „Nichts gegen den drei Wünsche frei hätten, was würden Sie sich Föderalismus, aber wünschen? ZUR PERSON Braun: Wir brauchen für die Kleinwindanlagen jedes Bundesland ein bundeseinheitliches Baurecht. Das wäre schon macht bei Klein- Rüdiger Braun eine große Erleichterung. Hilfreich wäre es auch, Technischer Leiter Braun Windturbinen wenn hierzulande Kleinwindanlagen bis zu 15 Me- wind, was es will“ ter Gesamthöhe wie in den Niederlanden oder in Rüdiger Braun ist der Entwickler der Antaris-Klein- Frankreich keine Genehmigung mehr bräuchten windenergieanlagen und technischer Leiter der und wir auch diese sogenannte Verfahrensfreiheit Braun Windturbinen GmbH mit Sitz in der Wester- hätten. wald-Ortsgemeinde Nauroth. In der Leistungsklas- Schön wäre es auch, wenn die interessier- se 2,5 bis 12 kW sind die Anlagen aus dem ten Kleinwind-Betreiber wirklich ohne großen Westerwald nicht nur die meistverkauften Klein Behördenaufwand ihre Kleinstmühlen in Betrieb windanlagen in Deutschland, sondern nach nehmen könnten. Anderswo klappt es, warum bei Unternehmensangaben auch in Europa. uns nicht? E&M Das Klima schonen? Mit Windkraft kommen Sie schneller ans Ziel Denn die Zukunft der Energie ist nicht weit weg, sondern direkt vor Ort: mit dem E.ON Windrad 250 eon.de/windrad250
Nur noch kurze Zeit ein Unikat: die erste B.Ventus- Anlage im schleswig- holsteinischen Steinfeld Bilder: Dierk Jensen Wirtschaftlich, nachhaltig und innovativ Mit seinem Start-up B.Ventus und dessen 250-kW-Anlage bietet der Eon-Konzern eine dreiflügelige Lösung für die Abdeckung des Eigenstrombedarfs an. V O N R A L F K Ö P K E D as nasskalte, windige Schmuddelwetter tung, 40 Meter Rotordurchmesser und einer Naben- an diesem Märztag des vergangenen Jah- höhe von 29 Metern einer echter „Mini“ − und zwar res passte, galt es doch im hohen Norden ganz bewusst. „Die Anlage ist so ausgelegt, dass da- eine neue Windturbine einzuweihen. Und mit ein großer Teil des Eigenstrombedarfs von klei- was für eine: Auf dem landwirtschaftlichen Betrieb neren und mittelständischen Betrieben abgedeckt von Ralf Schmidt in Steinfeld nordöstlich von Schles- werden kann“, beschreibt Geschäftsführer Christoph wig feierte der Hersteller B.Ventus seine Deutsch- Esche die Grundidee der getriebelosen 250-kW-An- land-Premiere. „Bundesweit haben lage, die von ihrer Größe in die sogenannte Medi- Bei dem Einweihungsfest zwischen großen Stroh- um-Size-Klasse fällt. ballen in der Scheune von Schmidt brachte das Start- wir sehr viele Für den Agrarunternehmer Schmidt ist ein Ertrag up keine der mittlerweile üblichen Multi-Mega- Interessenten“ von jährlich 660.000 kWh errechnet worden. Als watt-Maschinen mit einer Generatorleistung von Ergänzung zu seinen Biogasanlagen könne er den 5 MW plus einem Rotor von mehr als 70 Metern auf Kim Heidebrecht Strombedarf seines Betriebes fast vollständig „grün“ einem 160 Meter hohen Turm an den Start. Gemes- versorgen, betonte Schmidt bei der letztjährigen Ein- sen daran ist die B.Ventus-Anlage mit 250 kW Leis- weihungsfeier. „Ohne kilometerlange Stromleitun- 12 E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
gen kann ich den Wind direkt vor Ort nutzen“, freu- Apropos Bau: B.Ventus-Geschäftsführer Esche ist te er sich damals. Und das sei wirtschaftlich, froh, dieser Tage endlich im brandenburgischen Ket- nachhaltig und innovativ. Sein Fazit, die Anlage ist zin in der Nähe von Potsdam die zweite Anlage sei- rund anderthalb Jahre in Betrieb, fällt positiv aus: nes Unternehmens in Betrieb nehmen zu können. „Meine Erwartungen, was den Betrag und den Be- Wenn alles klappt, soll auch die dritte B.Ventus-An- trieb der Anlage betrifft, haben sich erfüllt.“ lage noch in diesem Jahr folgen. Was nicht nur B.Ventus-Geschäftsführer Esche gern hört, sondern auch die Verantwortlichen von Endlich die „leere Lücke“ zwischen 100 Eon Energie Deutschland in München, wo der Esse- und 750 Kilowatt Leistung füllen ner Energieriese seine Vertriebsaktivitäten gebün- Dass Eon damit deutlich unter ihrer eigenen Ziel- delt hat. B.Ventus ist ein Start-up von Eon. Das fängt marke bleibt, weiß der Windmanager. Im Februar mit Christoph Esche und seine Geschäftsführerkol- 2019, als der Energiekonzern sein „Windrad“ auf legin Julia Gräfin Arco-Valley an, die beide eine der Fachmesse E-world in Essen erstmals vorstellte, Eon-Berufsvita haben. Zu den Investoren und Ge- kündigten die Verantwortlichen die Errichtung von sellschaftern gehören unter anderem Eon-Tochter- mindestens 49 Anlagen bis Ende 2020 an. Da der unternehmen wie Avacon, Edis oder E.kundenser- „Wir brauchen B.Ventus-Rotor auf eine Gesamthöhe von 49 Metern vice Netz. ein Portfolio kommt, war die griffige Marketingformel „49x49“ schnell in der Welt. „Wegen Corona beka- Zu einem ganzheitlichen Energieanbieter von Anlagen in men wir in den ersten Monaten überhaupt keine gehört heute auch ein Windrad jeder Größe“ Anlagen aus Italien geliefert“, verweist Esche auf Die große Eon und eine ziemlich kleine Windturbi- die besonderen Widrigkeiten in diesem Jahr, „des- ne, in Konzernkreisen „Eon-Windrad 250“ genannt, Stephan Schwartzkopff halb haben sich einige Projekte ins nächste Jahr wie passt das zusammen? Für Kim Heidebrecht, Lei- verschoben.“ ter Energielösungen Schleswig-Holstein für die Stephan Schwartzkopff, Vorsitzender des Bun- B2B-Kunden, stellt sich diese Frage überhaupt nicht: desverbands Kleinwindanlagen, weiß um diese „Wir verstehen uns als ganzheitlicher Energieanbie- Schwierigkeiten. Er ist aber froh um Hersteller wie ter mit maßgeschneiderten Lösungen für unsere B.Ventus und das „Eon Windrad 250“: „Diese Anla- Kunden. Unsere Windenergieanlage erfüllt die ide- gen zeigen durchaus eindrucksvoll, was auch klei- alen Bedingungen für eine nachhaltige Eigenversor- nere Windenergieanlagen leisten können, und stär- gung von energieintensiven Betrieben insbesondere ken somit die dezentrale Grundausrichtung der im Mid-Size-Segment.“ Selbstbewusst fügt er hinzu: Kleinwindtechnologie.“ Schwartzkopff sieht insbe- „Uns ist keine andere Anlage auf dem Markt be- sondere in der Größenklasse zwischen 100 und kannt, die so effizient arbeitet.“ 750 kW Leistung einiges Wachstumspotenzial: „Wir Mit der bisherigen Resonanz seiner Kunden auf haben seit Längerem darauf gewartet, dass sich zwi- die kleine Windturbine, die kaum jemand im schen den Kleinwindanlagen und den großen Eon-Portfolio vermutet, zeigt sich Heidebrecht zu- Onshore-Anlagen die ‚leere Mitte‘ wieder füllt: Wir frieden: „Die Reaktionen sind durchweg positiv. brauchen ein Portfolio von Anlagen in jeder Größe.“ Bundesweit haben wir sehr viele Interessenten.“ Gespannt verfolgt auch Anton Seeber, Präsident In Baden-Baden, dem Sitz von B.Ventus, kann Ge- der Leitner AG, diese Entwicklung. Sollte es einen schäftsführer Esche das wachsende Interesse an „plötzlichen Run“ in Deutschland auf die „Medi- dem getriebelosen Dreiflügler bestätigen, den die um-Size-Klasse“ geben, sei Leitwind gut vorbereitet. Leitwind GmbH fertigt, ein Tochterunternehmen „Wir können jetzt schon 50 Anlagen im Jahr produ- der Leitner-Gruppe aus Südtirol. Die vermehrten zieren und zu jeder Zeit aufstocken“, sagte Seeber Anfragen sind für ihn auch das Ergebnis der exklu- beim Deutschland-Start von B.Ventus im siven Vertriebspartnerschaft mit dem Eon-Konzern: vergangenen Frühjahr in Stein- „Kein anderen Hersteller im Medium-Size-Segment feld. E&M kann wie wir auf 150 Vertriebsmitarbeiter bundes- weit zurückgreifen“, so Esche. Das Zusammenspiel zwischen B.Ventus und Eon laufe rund und sei klar geregelt, bestätigt Heide- brecht aus der Abteilung Kundenlösungen: „Wir als Eon Energie Deutschland sind Vertragspartner des Kunden, für den wir in jeder Hinsicht erster An- sprechpartner sind.“ Aufgaben von B.Ventus seien unter anderem die Projektierung und der Bau der einzelnen Anlagen. Unter der Gondel der B.Ventus-Anlage steckt reichlich bewährte Technik aus der Windbranche 1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal 13
Bilder: Vodafone GmbH Ryan Holowka: „5G ist ein Energiesparer und kein Energiefresser“ „Bei Kleinwind sind wir Vorreiter“ Im Gespräch mit E&M erklärt Ryan Holowka, Nachhaltig- keitsmanager bei der Vodafone GmbH, warum der Telekommunikationsriese neuerdings auch auf Mikrowind- turbinen setzt. V O N D I E R K J E N S E N E&M: Herr Holowka, Vodafones Farbe ist unüber- Holowka: Wir schauen uns ständig nach span- sehbar rot. Passt da überhaupt grün hinein? Anders nenden Neuerungen um. Die Möglichkeiten, das gefragt: Warum startet Vodafone jetzt eine Offensive über unsere eigenen Infrastrukturen zu erreichen, „Wir schauen uns in Sachen grüner Energie? werden aber immer geringer. Brennstoffzellen müs- ständig nach Holowka: Die beiden Farben passen sogar sehr sen betankt werden und sind somit weniger geeig- gut zusammen. Die Farbe Rot steht unter anderem net. Photovoltaik ist ein interessanter Bereich, in spannenden Neue- für Energie, Leidenschaft und Engagement. So ge- dem wir bereits aktiv sind. Als Betreiber von vielen rungen um“ hen wir unsere Aufgaben an − auch die in Bezug auf Tausend Mobilfunkmasten liegt Windkraft durchaus Nachhaltigkeit und Umwelt, für die die Farbe Grün nahe, allerdings hat sich dieser Ansatz für Telekom- steht. Wir engagieren uns bereits seit Jahren in die- munikationsmasten erst mit dem Wirkungsgrad der sem Bereich. Immer wieder starten wir spannende Mowea-Kleinwindturbine gerechnet. Mein Kollege Projekte, denn die zunehmende Digitalisierung und Enrico Schadock ist im Rahmen eines Entrepre- technische Innovationen bringen fortlaufend neue neurship-Programms der TU Berlin auf Mowea ge- Ansätze für einen besseren Umweltschutz. Wir sind stoßen. Als Technik-Abteilungsleiter vertrat er die überzeugt: Digitalisierung ist der Schlüssel, um den Industrie, um Start-ups zu bewerten. Klimawandel zu verlangsamen. E&M: Was hat Sie technisch an der Mikrowind- E&M: Es gibt viele technische Optionen zur turbine von Mowea am meisten überzeugt? Erzeugung erneuerbarer Energien. Wie kommt Holowka: Eindeutig der Wirkungsgrad und das Vodafone ausgerechnet auf Kleinwind des Start-ups Verhältnis von Größe, Effizienz sowie Preis und Mowea? nicht zuletzt die statischen Eigenschaften, die die 14 E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
Installation solcher Turbinen an unseren Masten si- derzeit. Gleichzeitig hat sich die Vodafone Group cher machen. All das zusammen hat den Ausschlag schon im Juli 2019 dazu verpflichtet, wissenschaft- gegeben. Außerdem ermöglicht die verbaute Tech- lich basierte Ziele, die sogenannten Science Based nologie eine digitale Steuerung und Datenanalysen. Targets, zu definieren. Sie stellen sicher, dass wir als E&M: Haben Sie einen Exklusivvertrag mit Mo- Konzern dazu beitragen, den Klimawandel auf wea abgeschlossen? 1,5 Grad Celsius zu limitieren. Die Ziele wollen wir Holowka: Obwohl Mowea und Vodafone perfekt bis zum Ende des Jahres zur Prüfung einreichen. zusammenpassen, braucht es keinen Exklusivver- E&M: Werden nicht im Zuge von 5G mehr Daten trag. Wir unterstützen das Team von Mowea und denn je transportiert und wird dadurch nicht auch werden unsere Kunden, wie beispielsweise Betrei- der Energiebedarf huckepack weitersteigen? ber großer Industrieanlagen oder die Immobilien- „Wir sind in Holowka: Die neueste Mobilfunkgeneration 5G wirtschaft, mit diesen Anlagen vernetzen. Zunächst Deutschland - das überträgt die gleiche Datenmenge mit fast 80 Pro- müssen aber erst einmal die Tests bei uns erfolgreich zent weniger Energie als ihr Vorgänger 4G. Durch abgeschlossen sein. beantwortet die ein groß angelegtes Energieeffizienzprogramm er- „Eine mittlere dreistellige Anzahl von Frage schon fast warten wir, den mit 5G einhergehenden Energiean- stieg ausgleichen zu können. 5G ist also ein Energie- Masten, die wir mit Kleinwindanlagen von selbst“ sparer und kein Energiefresser! ausstatten können“ E&M: Soll denn der an den eigenen Masten er- E&M: Im mecklenburgischen Torgelow hat Vo- zeugte Windstrom den Eigenbedarf decken oder dafone bereits vier Anlagen von Mowea auf einem auch ins Netz eingespeist werden? Funkmast installiert. Wie geht es weiter? Holowka: Der relativ konstante Stromverbrauch Holowka: Derzeit laufen noch die Analysen zur einer Mobilfunkstation ist durchaus von Vorteil, zu- Berechnung von Return of Invest und Business Case. mal der immer höher ist, als wir Strom mit den Der Pilotstandort Torgelow hat uns viele Erkennt- Windanlagen überhaupt erzeugen werden. Deshalb nisse in Sachen Genehmigungen und Bau solcher beabsichtigen wir, nur den Eigenbedarf abzudecken Anlagen gebracht. Wir benötigen aber noch interne und speisen die gewonnene Energie ausschließ- Abnahmen und Zertifikate dieser Technologie für den Blitzschutz. Zudem schauen wir uns gerade die statischen Reserven für windstarke Standorte an, um auf dieser Basis eine Entscheidung zu treffen. Enri- Die vier Mowea-Anlagen co Schadock geht als Projektinitiator unserer Gesell- auf dem Vodafone- Funkmast in Torgelow schaft Vodafone Towers Germany derzeit von einer mittleren dreistelligen Anzahl von Masten aus, die wir im ersten Schritt in den nächsten ein bis zwei Jahren ausstatten könnten. E&M: Gab oder gibt es genehmigungsrechtliche Hürden, die für die Installation der Mikroturbinen zu bewältigen waren? Holowka: Wir sind in Deutschland − das beant- wortet die Frage schon fast von selbst. Wir üben uns anhand des Pilotprojekts in Torgelow im Umgang mit den zahlreichen Auflagen. Wenn wir die Anzahl der Turbinen vergrößern, dann werden die verschie- denen Bauämter auch immer wieder unterschiedli- che Auflagen und Anforderungen haben. Unser Ziel: Eine gewisse Standardisierung zugelassen zu bekom- men, um diese Dinge weitestgehend zu harmonisie- ren. Erschwerend ist, dass bei Windanlagen viele an große und laute Gigawatt-Anlagen denken. Der Aha-Effekt kommt dann meist erst bei einer Livebe- sichtigung. Bei unserem Pilotprojekt sind die Turbi- nen auf 40 Metern Höhe installiert und aus der Fer- ne kaum auszumachen. Während einer Messung konnten wir den Geräuschpegel der Turbine nicht einmal separieren, weil das Waldrauschen und Vo- gelgezwitscher einfach zu laut waren. E&M: Ist es die Strategie von Vodafone, lang fristig eine klimaneutrale Kommunikation bereitzu- stellen? Holowka: Langfristig müssen alle Konzerne kli- maneutral werden, wenn wir den Klimawandel auf- halten wollen. Vodafone ist hier keine Ausnahme. Wann wir dieses Ziel erreichen werden, lässt sich aktuell allerdings nicht genau sagen. Wir prüfen das 1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal 15
Bild: Vodafone GmbH Montage in luftiger Höhe: Insgesamt vier Mikrowindturbinen lich in unsere eigene Stromversorgungsanlage Holowka: Die Nachhaltigkeitsstrategie der Voda- von Mowea hat am Mast ein und reduzieren so den Bezug aus dem fone-Gruppe wird global umgesetzt. Das heißt, Ziele Vodafone für ihr öffentlichen Stromnetz. wie 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen Pilotprojekt in E&M: Denkt Vodafone auch über die Kombinati- müssen bis 2025 alle Ländergesellschaften errei- Torgelow eingesetzt on von Solar und Kleinwind nach? Wenn ja, wann chen − egal ob in Europa oder Afrika. Gleichzeitig kommt eher Photovoltaik zum Einsatz, wann eher war klar, dass Vodafone Deutschland als größte Län- Kleinwind? dergesellschaft eine Vorreiterrolle einnehmen wird. Daher wollen wir das Gruppenziel bereits bis Juli „Eine Kombination von Solar und 2021 erreichen. Dennoch bauen auch andere Län- Kleinwind ist absolut denkbar“ dergesellschaften der Vodafone Group auf Solare- Holowka: Eine Kombination von Solar und Klein- nergie, vor allem unsere Unternehmen in Südeuro- wind ist denkbar. Wenn die Prüfung des Mowea-Pi- pa oder Afrika sind hier prädestiniert. loten abgeschlossen ist, hoffen wir diese Doppelstra- Beim Thema Windenergie sind wir jedoch Vor- tegie zu verfolgen. Viele Faktoren, nicht zuletzt reiter. Sollte die Technologie so erfolgreich sein, wie geografischer Natur, bestimmen, ob wir an einem wir aktuell glauben, wäre ein Einsatz auch in ande- Standort entweder Solar, Wind oder beide Formen ren Ländergesellschaften denkbar. Ein besonders der Energieerzeugung zugleich einsetzen können. spannender Anwendungsfall wäre hier sicherlich E&M: Was hierzulande mit Kleinwind und Solar Afrika, wo die Masten in abgelegenen Regionen noch beginnt, ist das auch in anderen Ländern unter der mit Dieselgeneratoren betrieben werden müssen. Regie von Vodafone denkbar? Diese gegen Kleinwindanlagen auszutauschen, wäre schon ein großer Erfolg. E&M: Ist neben dem Engagement für Kleinwind auch ein Einstieg in die große Windenergie vorstell- bar? Vielleicht sogar die Beteiligung an einem Die Ökostrom-Pläne von Vodafone Offshore-Windenergieprojekt? Holowka: Wir prüfen laufend, welche Möglich- Energie stehe bei Vodafone im vernetzen. Dabei habe das keiten für uns, auch kommerziell, sinnvoll sind. Hier Fokus, sagt der Nachhaltigkeitsma- Unternehmen seinen Energiever- analysieren wir beispielsweise, ob der Abschluss von nager der deutschen Tochter des brauch seit 2014 nahezu konstant Power Purchase Agreements (PPA; d. Red.) zukünf- weltweit operierenden Kommuni- halten können und dies, obwohl tig Sinn macht. kationskonzerns, Ryan Holowka. 2020 zehnmal mehr Daten Ob wir selbst in große Windenergie in Form von Mit über 25.000 Mobilfunkbasissta- transportiert werden als noch vor beispielsweise Offshore-Windenergieprojekten in- tionen und einem leistungsstarken sechs Jahren. Das ehrgeizige Ziel vestieren, kommt immer auf den Nutzen und auf die Festnetz in ganz Deutschland der Vodafone GmbH: Bis Juli 2021 Wirtschaftlichkeit an. Momentan planen wir nichts benötige Vodafone viel Energie, sollen 100 Prozent des Stroms aus in dieser Richtung. Am Ende des Tages haben wir um die eigenen Kunden zu erneuerbaren Quellen stammen. aber ein klares Ziel: 100 Prozent Strom aus erneu- erbaren Quellen − damit unsere Kunden vernetzt bleiben. E&M 16 E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
Bild: Agile Wind Power Agile Wind Power Beginn der Flügelmontage für die Vertical Sky A32 endlich vor dem Start Der neue Schweizer Windturbinenhersteller will nach mehreren Verzögerungen in Kürze den Testbetrieb für seinen Vertikalachser mit 750 Kilowatt Leistung starten. V O N R A L F K Ö P K E F ür Oktober will der neue Schweizer Wind- turbine, war es aber zu einigen Verzögerungen ge- turbinenhersteller Agile Wind Power AG zur kommen, zuletzt verursacht durch die Corona- Einweihungsfeier seines hierzulande unge- Pandemie. wöhnlichen Vertikalachsers auf dem Wind- Nach den branchenüblichen Sicherheitstests soll testfeld Grevenbroich einladen. Ursprünglich hätte es bei der Vertical Sky A32, die auf einen 105 Meter die 750-Kilowatt-Anlage bereits im vergangenen hohen Gittermast aufgebaut ist, im Oktober mit der Spätherbst den Testbetrieb aufnehmen sollen – und Vermessung der Leistungskennlinie losgehen. Wenn zwar in Sichtweite von mehreren RWE-Braunkohle- alles klappt, will Vorstandschef Richter die Vertrags- kraftwerken. Beim Aufbau der „Vertical Sky A32“, verhandlungen für die erste kommerzielle Anlage so die offizielle Typenbezeichnung der neuen Wind- noch in diesem Jahr abgeschlossen haben: „Oh- Windpower @ home B-60 Das einzigartige Mikrowindsystem speziell für Gebäudedachinstallationen auch direkt in Kombination mit einer Solaranlage. Sieht gut aus, ist sehr leise und effizient. Ihr Schlechtwetterstrom auf dem Weg zum Plusenergiegebäude. www.B60.systems info@anerdgy.com
nehin bin ich wirklich von dem großen Interes- In der kleinen Wesermarsch-Gemeinde Lemwerder se angetan, das wir in den zurückliegenden Wochen vor den Toren Bremens wollen die Eidgenossen für unsere Anlage erfahren haben“, so Richter. Nach künftig die Rotorblätter für ihren Vertikalachser in eigener Aussage versucht er derzeit, weitere größerer Stückzahl fertigen. Dass die Wahl auf Investoren für die Agile Wind Power AG Lemwerder als Produktionsstandort fiel, zu gewinnen. Bislang sind nach Unter- ist kein Zufall: Schon für die Entwick- nehmensangaben rund 22 Millionen lung der Rotorarme und -blätter ha- Euro in den kleinen Windturbinen- In Lemwerder ben die Eidgenossen auf das hersteller investiert worden. Know-how aus Norddeutschland Mit dem Schweizer Unterneh- werden künftig zurückgegriffen: Ein Team des men wird der deutsche Wind- früher dort ansässigen Rotor markt wohl um einen Hersteller die Rotorblätter blattherstellers Carbon Rotec, reicher. Unternehmensintern ab- gefertigt der 2017 in Insolvenz ging, hat die Bild: Agile Wind Power gesprochen ist bereits, dass das Urform der 27 Meter langen Form Forschungs- und Entwicklungsteam für die Rotorblätter mitentwickelt. von Agile Wind Power weiterhin am Sollte Agile Wind Power Erfolg mit Stammsitz Dübendorf im Kanton Zürich ihrem Vertikalachser haben, könnte der Die aktive und kontinuier- liche Blattverstellung verbleibt. „Die eigentliche Montage aller Komponen- Windkraftstandort Lemwerder – zumindest auf nied- ermöglicht einen hohen ten erfolgt an unserem Standort Lemwerder, wovon rigerem Niveau – wieder aufleben. Mittlerweile be- Wirkungsgrad bei tiefen aus unsere Anlage bei Bedarf auch verschifft werden schäftigt das Schweizer Unternehmen dort zehn Drehzahlen des Rotors kann“, erklärt Richter. Mitarbeiter. E&M Kleinwind made in Ostfriesland Ein interdisziplinäres Team der Hochschule Emden/Leer hatte sich für den diesjährigen International Small Wind Turbine Contest qualifiziert. V O N R A L F K Ö P K E E rstmals konnte sich ein Team der Hochschule dem Wettbewerb beteiligt, um den Studierenden Emden/Leer für die Teilnahme am Internati- eine praxisnahe, international ausgerichtete und in- onal Small Wind Turbine Contest (ISWTC) terdisziplinäre Ausbildung in dem Bereich der Wind qualifizieren. 2013 hatte die Hochschule im nieder- energie zu ermöglichen.“ ländischen Leeuwarden diesen Wettbewerb ins Le- Schon vor der Anmeldung für den ISWTC-Wett- ben gerufen, um – so der selbst formulierte An- bewerb sei den beteiligten Studierenden aus Ost- spruch − der Kleinwindtechnologie einen friesland klar gewesen, so der gebürtige Spanier, „Qualitätsschub“ zu verschaffen. Seit 2018 organi- dass die neue Anlage später nicht kommerziell her- siert die Hochschule in Groningen den europaweit gestellt werden würde. „Dennoch haben wir den An- einzigartigen Wettbewerb, den in den Vorjahren un- spruch, dass Konzepte oder Ideen von uns industri- ter anderem drei Mal Teams von der Hochschule ell übertragen werden können“, so Herraez. So Flensburg gewonnen hatten. arbeitet er zusammen mit Studierenden an der Nut- Die 14 Studierenden aus Ostfriesland mit unter- zung und Verbesserung von sogenannten Winglets schiedlichen Studienschwerpunkten hatten bereits „Wir entwickeln für die Blattspitzen von Rotorblättern. Diese Wing- im vergangenen Wintersemester begonnen, ihre den Volkswagen lets, Endstücke an den Flügeln, steigern die Effizienz A nlage selbstständig zu planen. Dabei war das beim Windenergieertrag, indem sie helfen, Wider- Mini-Windrad made in Ostfriesland mit seinen unter den Klein- stände und Verwirbelungen bei der Luftanströmung drei F lügeln auf eine Leistung von 300 Watt windkraftanlagen“ zu reduzieren. und einen Rotordurchmesser von 1,6 Metern Mittlerweile unterstützen Herraez und seine Stu- ausgelegt. dierenden auch erste Kleinwindanlagenhersteller Die anhaltende Corona-Pandemie verhinderte al- mit einzelnen Forschungsarbeiten. Dazu zählt unter lerdings, dass die Anlage auch wirklich gebaut wird. anderem die Tandem Wind Energy GmbH (TWE). Ohnehin haben alle Teams, die sich qualifiziert ha- Das Unternehmen aus dem brandenburgischen Hen- ben, in diesem Jahr erstmals wegen Corona ihre Ent- nigsdorf arbeitet derzeit an einer 5-kW-Anlage. Der würfe „nur“ in einem Online-Symposium vorstellen Anspruch dabei ist ambitioniert: „Wir entwickeln können. Die Jury verzichtete zudem darauf, einen den Volkswagen unter den Kleinwindkraftanlagen“, Sieger-Entwurf zu küren. heißt es auf der TWE-Webseite. Für Professor Ivan Herraez, der die jungen Wind- Wenn es wirklich so weit kommt, wäre das keine kraftanlagen-Entwickler an der Hochschule Emden/ schlechte Referenz für die studentischen Mini-Wind- Leer betreut hat, kein Problem: „Wir haben uns an kraftentwickler aus Ostfriesland. E&M 18 E&M Kleinwind-Journal | 1. September 2020
Grüner Hybrid-Turm stößt auf Interesse Der Unternehmer Joachim Sroka will demnächst einen Energie-Tower auf den Markt bringen, der eine Kleinwindanlage, mehrere Photo voltaikmodule und einen Speicher kombiniert. V O N R A L F K Ö P K E A uf der Zielgeraden, sagt Joachim Sroka, taikanlage. Aber Kleinwindenergie steht eben auch habe er noch einmal umplanen müssen: nachts und im Winterhalbjahr zur Verfügung, wo „Der Kunde wünschte einen leistungsstär- die Photovoltaik schwächelt. Deshalb macht für keren Energie-Tower.“ Ansonsten hätte mich die Kombination aus Sonne, Wind und Spei- der Geschäftsführer der von ihm im Jahr 2004 ge- cher nicht nur Sinn, sondern drängt sich auf“, sagt gründeten Stahl- und Anlagenbau KG im branden- der Mittfünfziger. burgischen Kloster Lehnin mit dem Stapellauf seines Ein neues Anwendungsfeld für seinen Hybrid- regenerativen Hybridturmes beginnen können. Energieturm sieht er in Biokläranlagen, die bisher Der Hybrid-Energieturm ist eine Kombination aus einer Kleinwindanlage, mehreren Photovoltaikmo- dulen und einer Speichereinheit. Für Sroka ist das ein Stück „gelebte Sektorkopplung“. „Wenn alles in den kommenden Wochen rund läuft, können wir noch vor Jahresende mit den Bauarbeiten möglicher- weise an einem Standort in Norddeutschland begin- nen“, skizziert er seinen neuen Zeitplan. Dass Sroka mit dem regenerativen Kombi-Kraft- werk „auf dem richtigen Weg“ ist, zeigen ihm die sich häufenden Anfragen: „Den Leuten geht es nicht um ein grünes Prestige-Objekt, sondern sie treiben handfeste wirtschaftliche Gründe an.“ Potenzielle Gewerbe- und Industriekunden, so erzählt Sroka, wollen mit seinem Hybrid-Energieturm „ganz gezielt ihren Strompreis senken durch Lastspitzenabbau und sich zudem unabhängiger von der Strompreis entwicklung machen.“ Nach den derzeitigen Planungen hat Sroka für sei- nen „HET Hybrid-Energie-Tower“ einen knapp Bild: Ralf Köpke 25 Meter hohen Mast vorgesehen und bleibt damit unter der magischen 30-m-Flügelspitzen-Höhe. Was wichtig ist, denn so kann der Bauantrag nach dem Joachim Sroka: „Ich bin vereinfachten Bauantragsverfahren erfolgen. Auf guter Dinge, dass wir mit dem Mast will er eine Kleinwindanlage mit bis zu ohne zusätzliche Belüftung ausgekommen sind. dem Hybridturm den 20 kW Leistung sowie am Mast Dutzende von So- Nachdem zuletzt Verordnungen geändert wurden, aktuellen energiewirtschaft- larmodulen mit ebenfalls an die 20 kW Nennleistung müssen die Abwasserbecken neuerdings belüftet lichen Nerv treffen“ unterbringen. „Dazu gehört ein Speicher − das ist werden. „Wie aber sollen die Klärwerksbetreiber den ein empfohlenes Muss“, sagt Sroka. Über die Details Strom zu den entfernt liegenden Standorten hinzau- der einzelnen „grünen Kraftpakete“ entscheidet im- bern, wenn entsprechende Leitungen fehlen“, so mer der Auftraggeber. Sroka. Eine Lösung könnten die Hybrid-Energietür- Angesichts der Kostennachteile der kleineren me sein. Windmühlen gegenüber der Photovoltaik liegt für Sroka setzt auch auf Industriekunden: „Ich bin ihn − abgesehen von Spitzenstandorten und wirt- guter Dinge, dass wir mit dem Hybridturm den ak- schaftlich Sinn machenden Einzelfällen − die Zu- tuellen energiewirtschaftlichen Nerv treffen“, so der kunft der Technologie nicht mehr allein in der rei- Brandenburger, der von sich selbst sagt, von einem nen Windstromerzeugung, sondern in der Kleinwind-Virus befallen zu sein, „deshalb freue ich Sektorkopplung. „Die Kilowattstunde Kleinwind mich auf den Tag, an dem wir endlich unsere erste wird immer teurer sein als die aus einer Photovol- Hybrid-Energieanlage präsentieren können.“ E&M 1. September 2020 | E&M Kleinwind-Journal 19
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