THE GRASS IS ALWAYS GREENER

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THE GRASS IS ALWAYS GREENER
Juli / August 2021
lokremise.ch

                     ZEIT
THE GRASS IS
 ALWAYS GREENER
THE GRASS IS ALWAYS GREENER
KINOK                                                                                                        ZU GAST

DER WIDERSPRUCH DER                                                                                          PERFORMANCEKUNST – EINE DISZIPLIN?
UNZERBRECH­LICHEN:                                                                                           EINE FRAGE AN KATJA SCHENKER
CHARLOTTE GAINSBOURG
Am 21. Juli wird die französische Schau-              Bob Dylans Alter Egos in «I’m Not There» (2007).
spielern Charlotte Gainsbourg 50 Jahre                Sie widmet sich auch wieder der Musik und ver-
alt. Ein willkommener Anlass, der vielsei-            öffentlicht zwei Alben, beide kommerziell und bei
tigen Actrice im Juli eine Reihe mit ausge-           der Kritik erfolgreich. Bei Konzerten haucht sie
wählten Filmen aus ihrem abwechslungs-                ihre Songs, wirkt entrückt, zerbrechlich.
reichen Schaffen zu widmen.
                                                      Die Faszination von Gainsbourg liegt aber genau
Charlotte Gainsbourg wird 1971 direkt ins             in diesem Widerspruch zwischen ihrer öffentli-
Rampenlicht hineingeboren. Zwei Jahre zuvor           chen Zurückhaltung und der Unbarmherzigkeit,
hatten ihre Mutter, die britische Schauspielerin      mit der sie ihre Rollen verkörpert. Nirgends ist das
Jane Birkin, und ihr Vater Serge Gainsbourg mit       so deutlich wie in ihrer Komplizinnenschaft mit
«Je t’aime … moi non plus» ein ebenso erfolg-         Lars von Trier. Während vor allem Björk nie wie-
reiches wie skandalöses Chanson veröffentlicht.       der mit dem depressiven Misanthropen arbeiten
Auch die Tochter packt die Lust an der Provoka-       will, dreht Gainsbourg ihre besten Filme mit ihm.
tion früh. 1984 nimmt sie mit ihrem Vater den         Zuerst treibt er sie in «Antichrist» (2009) durch
Song «Lemon Incest» auf. Im Video rekelt sie sich     ein psychologisches Dickicht voller Schmerz und
dazu mit dem halbnackten Serge auf dem Bett,          Trauer, an dessen Ende sie sich als personifizierte
beide besingen melancholisch die Liebe, die sie nie   Mutter-Natur selbst die Klitoris abschneidet. In       Auf die Frage, ob die Performancekunst als eine         der sozialen Welt. Die Parallele zu diesem sprach-
werden lieben dürfen. Mit sichtlicher Freude am       «Melancholia» (2011) spielt sie Kirsten Dunsts ra-     Disziplin zu kategorisieren sei, eine Art Kunst zu      wissenschaftlichen Phänomen sieht Katja Schen-
Eklat produziert die inzwischen 15-Jährige 1986       tionale Schwester, die irrational die Apokalypse       denken oder gar als eine Strategie aufgefasst wer-      ker im Live-Moment, den sie auch als Zeitraum der
mit ihrem Vater ihr erstes Album «Charlotte For       verleugnet. Physisch geht sie in «Nymphomaniac»        den kann, äussert sich Katja Schenker folgender-        Transformation betrachtet. Das sich andauernd
Ever» nebst gleichnamigem Film, der erneut ein        (2013) bis an ihre Grenzen: In acht Kapiteln er-       massen:                                                 Verändernde und Unvorhersehbare ist im zeit-
inzestuöses Verhältnis zwischen Vater und Toch-       zählt sie als Joe rückblickend von der Erforschung                                                             basierten Live-Moment genuin vorhanden und
ter thematisiert. Die Frage nach einem autobio-       und Erprobung ihrer sadomasochistischen Be-            Die Eingrenzung der Performancekunst sei kom-           kann in den Objekten und Installationen, die
grafischen Bezug verneint sie bis heute vehement.     gehren.                                                plex, da sie sich aus verschiedenen Künsten bediene     manchmal aus ihren Performances hervorgehen,
                                                                                                             und nähre. Für Katja Schenker ist performative          wiedergefunden werden.
Der plötzliche Tod des Vaters 1991 beendet vor-       Der Suizid ihrer Halbschwester Kate Barry mar-         Kunst denn auch keine Strategie, sondern eine Art
erst ihre musikalische Karriere. Im selben Jahr       kiert 2013 eine Zäsur. Charlotte verlässt Paris und    zu denken und wahrzunehmen.                             Katja Schenker unterstreicht innerhalb dieses
lernt sie bei Dreharbeiten den Schauspieler und       zieht sich mit ihrer Familie nach New York zurück,                                                             prozesshaften Vorgehens die Wichtigkeit des Zu-
Regisseur Yvan Attal kennen, mit dem sie drei         bleibt aber produktiv. Auch privat scheint sie die     Der Prozess der Entstehung einer Arbeit sei gleich-     sammenwirkens ihres Körpers mit dem Material.
Kinder hat und bis heute zusammenlebt. Ihr            Unzerbrechliche zu sein. Ihr fünftes Album «Rest»      sam Substanz und essentielles Element ihrer             Aus dieser wechselseitigen Beziehung resultieren
schauspielerisches Debüt gibt sie bereits 1984        setzt sich unter anderem mit dem Selbstmord der        künstlerischen Tätigkeit. Sie vertritt eine prozess-    Energien, die sich in vielschichtigen Bildern stetig
in «Paroles et Musique» an der Seite von Cathe-       Halbschwester auseinander. Für das Kino arbei-         hafte Haltung, die sich jeweils in ein Material ein-    verändern, indem sie sich widersprechen, be-
rine Deneuve. Zwei Jahre später wird sie für ihre     tet sie fortan in kleineren, europäischen Projekten    schreibt. In diesem Zusammenhang nennt die              stätigen oder eine, wenn nicht mehrere, Narration-
Rolle in «L’Effrontée» von Claude Miller mit dem      oder mit ihrem Partner Attal zusammen. Auftritte       Künstlerin den in der Sprachwissenschaft be-            en hervorbringen.
französischen César als beste Nachwuchsdar-           in grösseren Produktionen wie in Roland Emme-          gründeten Terminus der «Performanz»: Eine per-
stellerin ausgezeichnet. 1993 folgt ihr englisch-     richs Sequel zu «Independence Day» (2016) und          formative Äusserung ist eine Aussage, die dadurch,
sprachiges Debüt in «The Cement Garden», ein          in «The Snowman» (2017) bleiben die Ausnahme.          dass sie ausgesprochen wird, etwas verändert in         Aufzeichnung: Madeleine Amsler
düsteres Familiendrama unter Regie ihres Onkels       Zuletzt dreht sie 2019 mit Gaspard Noé «Lux Ae-
Andrew Birkin, in dem ihre Figur Teil einer inzes-    terna», «Mon chien Stupide» mit Yvan Attal und
tuösen Geschwisterbeziehung ist. Zu Beginn des        «Suzanna Andler» (2021) mit Benoît Jacquot.            ZU GAST
neuen Jahrtausends wirkt sie vermehrt in inter-
nationalen Produktionen mit: 2003 spielt sie im
                                                                                                             PERFORMANCE UND KUNSTFÖRDERUNG
Ensemble-Film «21 Gramm» mit Naomi Watts,
Sean Penn und Benicio del Toro, in Michel Gon-
                                                      Text: Maxi Braun, Filmkalender 2021,
                                                      Schüren Verlag
                                                                                                             INTERVIEW MIT TANJA SCARTAZZINI
drys «Science of Sleep» (2006) und ist eine von                                                              Tanja Scartazzini, Leiterin Amt für Kultur Kanton       für die Förderstellen, die so die Gelegenheit er-
                                                                                                             St. Gallen ab August 2021                               halten, Erfahrung mit Performance-Kunst in ihre
                                                                                                                                                                     institutionelle Tätigkeit einzubringen.
ZU GAST                                                                                                      Was ist für Sie Performance?

DEMENZ MEET ST. GALLEN: LEICHTE
                                                                                                             Performance fasziniert mich durch die Nähe zu den       Ich freue mich besonders, meine neue Aufgabe als
                                                                                                             Künstler*innen selber, die wir sonst in der visuellen   Leiterin Amt für Kultur St.Gallen so zu beginnen:

STUNDEN ZU EINEM SCHWEREN THEMA                                                                              Kunst selten erleben. Damit bin ich vom ersten Mo-
                                                                                                             ment an direkt Teil des Werkes und als Zu-
                                                                                                                                                                     mit persönlichen Begegnungen, mit mir noch un-
                                                                                                                                                                     bekannten Grenzen und Öffnungen.
                                                                                                             schauer*in involviert. Oft sind diese Augenblicke
                                                                                                             auch fragil und können sich in alle Richtungen ent-
                                                                                                             wickeln – denn immer geht es um die direkte Kom-        Die Verleihung des Performancepreises
                                                                                                             munikation zwischen Künstler*in und Publikum             Schweiz findet dieses Jahr in St.Gallen
                                                                                                             und um gemeinsame Emotionen im selben Raum.              statt und wird in Zusammenarbeit mit
                                                                                                                                                                     dem Amt für Kultur und der Lokremise
                                                                                                             In meiner Tätigkeit habe ich erlebt, wie Per-           ­organisiert. Ein reichhaltiges Programm
                                                                                                             formance Förderstellen auch an ihre Grenzen brin-       erwartet Besucher*innen:
                                                                                                             gen kann: bei der Durchführung, bei deren Doku-
                                                                                                             mentation, bei Ankäufen, bei der Jurierung: Kann        19. AUGUST 2021 «SNEAKPREVIEW»
                                                                                                             Performance ohne das Live-Erleben beurteilt wer-        mit Grundsatzfragen zur Performancekunst
                                                                                                             den? Ist es in Ordnung, wenn ich die Kunst-
                                                                                                             schaffenden von Installationen oder Malerei nicht       28. AUGUST 2021
                                                                                                             direkt erlebe – aber bei Werken der Performance         PERFORMANCEPREISE SCHWEIZ,
                                                                                                             schon?                                                  Konzert Les Reines Prochaines

                                                                                                             Was bedeutet für Sie der Performance-                   29. AUGUST 2021
                                                                                                             preis Schweiz?                                          Jubiläum – Performance Szene Schweiz,
                                                                                                             Es ist wichtig, dass wir immer wieder einen             anschliessend Preisverleihung – und ein
                                                                                                             vertieften Einblick in die Performance-Szene er-
                                                                                                             ­                                                       Rahmenprogramm mit Besuchen von
                                                                                                             halten – und dies ist im Gegensatz zu anderen           Institutionen in St. Gallen.
Ein Demenz Meet ist eine Zusammenkunft für            und Diskussionsstoff. Ein Demenz Meet ist kein         Kunstformen ohne einen solchen Anlass nur sehr
Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen, Fach-          steifer, intellektueller Kongress, sondern bunt, le-   vereinzelt möglich. Natürlich ist der Anlass wichtig
personen und weitere am Thema interessierte Men-      bendig und ein wenig wild.                             für das breite Publikum sowie auch für die Kunst-       Interview: Marianne Burki
schen. Es bedeutet Austausch, Trost, Inspiration:                                                            expert*innen. Doch für mich ist er auch wesentlich
Demenz Meets schaffen Begegnung auf Augenhöhe
für Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen und         SAMSTAG, 14. AUGUST 2021,
Fachleute. Unter dem Motto «Leichte Stunden zu        LOKREMISE, ST. GALLEN
einem schweren Thema» bietet die Veranstaltung        Verein Demenz Meet St. Gallen
Raum für Begegnung, Austausch und Vernetzung –        Sonnhaldenstrasse 69
unkompliziert, persönlich, herzlich. Im deutsch-      9010 St. Gallen
sprachigen Raum gibt es bereits vier Meets in Zü-     071 244 62 17 | sg@demenzmeet.ch
rich, Basel, Wien und Stuttgart. Ein inspirierendes
Programm mit Inhalten von Angehörigen und Be-         www.demenzmeet.ch/stgallen
troffenen sowie Experten gibt dem Tag Struktur        www.facebook.com/demenzmeetstgallen
THE GRASS IS ALWAYS GREENER
KUNST                                                                                                         THEATER | KUNST

ZWISCHEN THEATRALISCHER ILLUSION                                                                              LERNEN, ALLES ZUZULASSEN
UND VIRTUELLER KURATION
Bereits beim Betreten der Ausstellung «Città ir-       tion einzurichten – im Gegensatz zur Installation
reale» fällt die grosse farbige Wand der Installa-     im Jahr 2000. Mittels Online-Sitzungen und Mail-
tion von Jessica Stockholder ins Auge, auch wenn       koordination von Plänen musste dieser Teil der
sie sich auf der anderen Seite des monumentalen        «Città irreale» auf andere Wege kuratiert werden.
Raums in der Kunstzone befindet. Beim näheren          Die virtuellen Umwege stellten eine besondere
Betreten wird sichtbar: Es handelt sich um auf-        Herausforderung für die Kuratorin und den Kura-
gestapelte Material-Container. Um genauer zu           tor dar – nicht zuletzt aufgrund der fundamental
sein um einen roten, zwei blaue und drei orange-       anderen Raumbedingungen in der Kunstzone der
farbene. Links von ihnen befindet sich auf drei        urbanen Lokremise im Unterschied zum Ober-
runden, hölzernen Wohnzimmertischen eine               lichtsaal des Museums. Für die aktuelle Präsenta-
ebenfalls bunte Konstruktion aus Duplo-Steinen,        tion hat die amerikanisch-kanadische Künstlerin
rechts davon eine Parkbank und ein Theater-            die Installation neu adaptiert, sodass diese nun in
scheinwerfer, der die nonchalante, bemalte Wand        den Industriecharakter der Lokremise integriert
beleuchtet. Beim Erkunden der anderen Seite der        wirkt und ihn unmittelbar vereinnahmt. Erkenn-
Installation fallen viele weitere Details ins Auge:    bar wird dies vor allem an dem langen «Boden-
ein auf dem Boden ausgelegter, hellblauer sowie        belag-Läufer», der den hellblauen Kreis durch-
ein auf die Wand gemalter, pinker Kreis, Zeitungs-     trennt und mit einem Steinboden-Muster versehen
papier des St. Galler Tagblatts aus dem Jahr 2000      ist. In der Installation von 2000 im Oberlichtsaal
sowie hellgrüne und silberne Spitze, beides fein       des Kunstmuseums hatte die Künstlerin ebenfalls        Tobias Graupner vom Schauspielensemble des Theaters St.Gallen, Foto: Reto Müller
säuberlich auf einer Wand aus Ytong-Bausteinen         einen derartigen Bodenbelag eingesetzt – jedoch
drapiert, ein zum Teil rot lackiertes Fell und ein     war auf diesem ein Parkettboden-Muster zu sehen,       Gedacht war, die Ausstellung «Città irreale» in der   Zeit zu nehmen, alles zuzulassen – auch die Stille:
zwischen den stillgelegten Zugschienen aus-            ähnlich dem Original-Boden im Museum. Was die          Kunstzone der Lokremise als ungewöhnlichen            «Città irreale ist ein beeindruckender Streifzug
gelegter Novilon-Bodenbelag mit Steinboden-            Künstlerin wohl sonst noch verändert und neu an-       Spielraum für eine Schauspielproduktion zu nutzen.    durch offene und geschlossene, dunkle oder
Muster.                                                gepasst hätte, wenn sie vor Ort gewesen wäre?          Doch der Lockdown verunmöglichte dies, und so         blendende Räume. Mal beschränkt, mal plastisch
                                                                                                              wurde umdisponiert. Der Beitrag des Theaters          oder poliert. In und an den Räumen vorbei stösst
Jessica Stockholders raumgreifende Installation         JESSICA STOCKHOLDER                                   St.Gallen zum Gemeinschaftsprojekt mit dem            man auf längst vergessene oder auch neue Gefühle,
«Vortex in the Play of Theater with Real Passion.      *1959 Seattle, lebt und arbeitet in Chicago            Kunstmuseum St.Gallen präsentiert sich nun als        nahe an der Realität.»
In Memory of Kay Stockholder» wurde im Jahr             Vortex in the Play of Theater with Real Passion. In   Audiowalk durch die Ausstellung. Auf dem knapp
2000 im Kunstmuseum St.Gallen für den klassi-           Memory of Kay Stockholder, 2000/2020                  50-minütigen Rundgang können Besucher*innen
zistischen Oberlichtsaal des Kunklerbaus konzi-         Farbige Material-Container, Ytong-Bausteine,          der Ausstellung über Kopfhörer erleben, wie eine      RESERVATION
piert und darauf vom Kunstverein St.Gallen für          drei runde Holztische, Duplo-Bausteine, Novilon-      Landschaft vergangener Utopien und Distopien zu       Audiowalks sind während der Öffnungszeiten der
die Sammlung des Kunstmuseums erworben. Aus             Bodenbelag, Theaterscheinwerfer, Parkbank,            neuem, fiktivem Leben erwacht. Die Kunst-Objekte      Kunstzone im Abstand von 15 Minuten für jeweils
dieser Zeit stammen auch die Ausgaben des St.           roter Theatervorhang, hellgrüne und silberne          werden zu Reflektionsräumen einer città irreale,      eine Person möglich. Zur Vermeidung von Warte-
Galler Tagblatts, die in der aktuellen Installation     Spitze, Fell, Zeitungspapier, Acryl- und Lackfarbe    einer Stadt, die es nicht gibt, aber geben könnte.    zeiten können im Vorfeld Termine gebucht
zu sehen sind.                                                                                                Der Audiowalk stiess bei Besucherinnen und Be-        werden unter der Nummer 071 277 88 40
                                                       Kunstmuseum St. Gallen                                 suchern auf grosses Interesse und fand auch in den
Gleich einer dreidimensionalen Malerei erzeugt         vom Kunstverein St. Gallen erworben 2000               Medien Widerhall. Viola Priss vom St.Galler Tag-      ÖFFNUNGSZEITEN KUNSTZONE
Stockholder ein illusionistisches Setting, bestehend                                                          blatt empfand den Rundgang durch die Ausstellung      Montag bis Samstag: 13 – 20 Uhr
aus Gegenständen des Alltags und Materialien aus                                                              mit Kopfhörer und der Stimme des Schauspielers        Sonntag: 11 – 18 Uhr
dem Baumarkt, und inszeniert die Vorstellung           CITTÀ IRREALE                                          Tobias Graupner im Ohr als den «vielleicht
einer Landschaft im «Strudel von Theater und           6. FEBRUAR 2021 – 8. AUGUST 2021                       intimsten Museumsbesuch», hatte zwischendurch         Die Ausstellung «Città ireale»
Leidenschaft». Indem Stockholder verschiedene          KUNSTZONE LOKREMISE                                    den Eindruck, Graupner könne ihre Gedanken            dauert bis zum 8. August 2021.
Alltagsobjekte und deren farbliche Präsenz ge-         Nina Beier, Christoph Büchel, Bob Gramsma,             lesen und gestand: «Seit Minute sieben bin ich ein
konnt kombiniert, kreiert sie die plastische Um-       Alex Hanimann, Sara Masüger,                           bisschen in Tobias Graupners Stimme verliebt.»
setzung und Gestaltung einer bildhaften Wirkung.       Jessica Stockholder                                    Viviane Sonderegger schrieb in Saiten, auf dem        Weitere Informationen:
Aufgrund der Pandemie war es der Künstlerin            Kunstzone Lokremise                                    Audiowalk lerne man auch wieder zuzuhören, sich       www.lokremise.ch/theater
nicht möglich, selbst anzureisen und die Installa-

                                                                                                              ILLUSTRATION

                                                                                                              CORNELIUS HEINZER
                                                                                                              Cornelius M. Heinzer *1981, wuchs in Lenggen-         cmheinzer.ch
                                                                                                              wil SG als Kind einer Musikerfamilie auf. Sei-        cosmicspacegirl.ch
Jessica Stockholder, Vortex in the Play of Theater with Real Passion. In Memory of Kay Stockholder,           ne Begeisterung für Comics bewegte ihn schon          Instagram: corneliusheinzer
2000/2020, Erworben vom Kunstverein St. Gallen 2000, Foto: Sebastian Stadler                                  früh dazu, eigene Charaktere und Geschichten
                                                                                                              zu entwickeln. Da er sich ebenso von Kinds-
                                                                                                              beinen an in der Komposition von Musik übte,          ZEICHNE DEINE GESCHICHTE ZUR LOK
                                                                                                              führte sein Weg ins Studium des Trickfilms an         UND ERSCHEINE DAMIT IN DER
                                                                                                              die Kunsthochschule Luzern. Seit dem Bachelor         LOK-ZEITUNG!
                                                                                                              in Animation Design 2010 arbeitet er als Free-
                                                                                                              lancer in den Bereichen Illustration, Animation       Erfahre mehr unter: lokremise.ch/illustration
                                                                                                              und Film. Seine Songs performt er jeweils in der      Zeichnung inkl. kurzer Biografie an:
                                                                                                              Rock‘n‘Roll Punk Band «Cosmic Space Girl».            info@lokremise.ch

                                                                                                              TICKETRESERVATION           TISCHRESERVATION
                                                                                                              Kinok online: kinok.ch      +41 71 277 11 77
                                                                                                              Theater: +41 71 242 06 06   salut@brasserielok.ch

                                                                                                              Stiftung Lokremise          BRASSERIE LOK
                                                                                                              Grünberg­strasse 7          Mo bis Sa 11.00 – 23.00
                                                                                                              9000 St. Gallen             So 10.00 – 22.00
                                                                                                              info@lokremise.ch
                                                                                                              +41 71 277 82 00

                                                                                                              lokremise.ch

Città irreale, Installationsansicht, Kunstzone Lokremise St.Gallen, Foto: Daniel Ammann
THE GRASS IS ALWAYS GREENER
INTERVIEW

                          «WENN ES IN DER SCHWEIZ EINEN
                          SPAGHETTIPLAUSCH GIBT, ESSEN
                          DIE BELGIER MOULES-FRITES»
                          Christa Wiesli, Chef de Service, Brasserie Lok

                          Seit der Eröffnung der Brasserie Lok
                          weht französisches Flair durch die
                          Lokremise. Die Chef de Service Christa
                          Wiesli hat die frankophone Kultur wäh-
                          rend eines vierjährigen Aufenthaltes in
                          Brüssel schätzen gelernt. In der Lokre-
                          mise stellt sich Wiesli gerne vor, wie es
                          ausgesehen hat, als noch Lokomotiven im
                          über 110-jährigen Gebäude standen.

                          Christa Wiesli, wir treffen uns Mitte Mai,
                          die Gastronomie ist zurzeit wegen Corona
                          immer noch grossen Einschränkungen
                          unterworfen. Wie gehen Sie und Ihr Team
                          von der Brasserie Lok damit um?
                          Seit wir die Gäste auf der Rondelle im Innenhof der
                          Lokremise bewirten dürfen, haben wir auch die
                          Tische im Innenbereich aufgedeckt. Das soll bei
                          uns und den Gästen, die das Kinok, das Theater
                          oder das Museum besuchen, Vorfreude wecken.
                          Wir wollen damit auch zeigen: Wir sind bereit,
                          wenn es losgeht.

                          Sie sind Chef de Service in der 2021 neu
                          eröffneten Brasserie Lok. Was reizt Sie
                          an dieser Aufgabe?
                          Mir gefällt einerseits, dass ich von Beginn an beim
                          Start der neuen Restauration in der Lokremise
                          mit dabei sein durfte. Andererseits habe ich die-
                          ses geschichtsträchtige Gebäude gern. Es passt zu
                          mir, weil mich alte Eisenbahnstrecken faszinie-
                          ren. Wenn ich in der Lokremise bin, stelle ich mir

                                                                                                                                      Sie sind ausgebildete Wein- und Biersom-
                                                                                                                                      melière. Wie ist es dazu gekommen?
                                                                                                                                      Ich habe mit meiner Familie 2013 bis 2017 in
                                                                                                                                      Brüssel gelebt. Mein Mann hat in dieser Zeit als
                                                                                                                                      Diplomat für die Mission der Schweiz bei der
                                                                                                                                      NATO gearbeitet. In Belgien habe ich mich unter
                                                                                                                                      anderem weitergebildet und dabei die Ausbildung
                                                                                                                                      zur Weinsommelière gemacht. Auch die Bier-
Foto: Urs-Peter Zwingli

                                                                                                                                      kultur dort ist sehr vielfältig und wurde mir in
                                                                                                                                      diesen Jahren quasi eingeimpft. In Belgien sind
                                                                                                                                      Wein und Bier einander gleichgestellt, man trinkt,
                                                                                                                                      was gerade zum Essen und zur Situation passt.
                                                                                                                                      Zurück in der Schweiz habe ich dann in der Braue-
                                                                                                                                      rei Freihof in Gossau gearbeitet, in der Bierkultur
                                                                                                                                      ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Darum habe
                          gerne vor, wie es hier früher ausgesehen hat, als       Wie wollen Sie den gastronomischen                  ich mich dann zusätzlich zur Biersommelière aus-
                          überall Lokomotiven standen. Und ich finde die          Neustart in der Brasserie Lok gestalten?            bilden lassen.
                          historischen Bezüge zum Gebäude interessant –           Genuss und Gemütlichkeit sollen hier für ver-
                          etwa, dass es während der St.Galler Stickereizeit       schiedenste Gäste möglich sein. Geschäftsleute,     Wie haben Sie die Zeit in Belgien in
                          eine direkte Zugverbindung zwischen St.Gallen           die sich zum Mittagessen treffen, haben andere      ­ rinnerung?
                                                                                                                                      E
                          und Paris ohne Halt in Zürich gegeben hat. Zudem        Bedürfnisse als zwei Verliebte am Abend. Darauf     Sehr gut – die Belgierinnen und Belgier sind Ge-
                          kommen hier verschiedene gastronomische und             will ich als Chef de Service und natürlich mein     niesser und haben viel Savoir-vivre. Man nennt
                          kulturelle Aspekte zusammen. Das ist an dieser          ganzes Team eingehen. Die Brasserie Lok soll ein    sie auch die Südländer des Nordens. Zudem ist
                          Lokalität einzigartig und eignet sich perfekt, um       Ort sein, an dem ein ausgedehntes Essen, aber       die kulturelle Vielfalt in Brüssel faszinierend. Ich
                          den Gästen ein Erlebnis zu bieten.                      auch ein schneller Kaffee im unkomplizierten        war manchmal an Anlässen, an denen die Men-
                                                                                  Bistrostil, ein Glas Wein oder ein Imbiss möglich   schen miteinander in fünf unterschiedlichen
                          Welche Bedeutung haben für Sie die kul-                 sind. Und ich will mit kleinen Dingen über-         Sprachen redeten. Die Sprache ist dort nicht
                          turellen Institutionen in der Lokremise?                raschen. Dazu gehören beispielsweise spezielle      wichtig, sondern, dass man sich versteht. Es
                          Für mich ist der kulturelle Aspekt einer der            Getränkeempfehlungen, auf die die Gäste von sel-    herrscht viel gegenseitige Offenheit. Gastro-
                          Gründe, warum ich hier arbeiten möchte. Die Be-         ber nicht gekommen wären.                           nomisch hat Brüssel ausserdem ein riesiges An-
                          sucherinnen und Besucher können in der Lokre-                                                               gebot und die Qualität ist auch in ganz einfachen
                          mise verschiedene Erlebnisse miteinander ver-                                                               Restaurants hoch. In Belgien habe ich das Kon-
                          binden. Wer in der Kunstausstellung, im Kino                                                                zept der Brasserie kennengelernt und war darum
                          oder im Theater war, möchte das Gesehene da-                                                                auch sofort begeistert von der Idee meiner neuen
                          nach oft diskutieren oder darüber nachdenken. In                                                            Arbeitsstelle.
                          der Lokremise kann man dafür von der Kultur di-
                          rekt zur Gastronomie wechseln. Das ist an ande-                                                             Wird man frankophones Flair in der                     Zur Person
                          ren Kulturinstitutionen selten in dieser Form                                                               Brasserie Lok spüren?                                  Christa Wiesli ist 1974 geboren und im toggen-
                          möglich.                                                                                                    Unser Angebot ist fast ausschliesslich auf den         burgischen Kirchberg aufgewachsen. Sie arbeitet
                                                                                                                                      französischen Sprachraum ausgerichtet. So bie-         seit 30 Jahren in der Gastronomie. Sie half wäh-
                                                                                                                                      ten wir über 150 Weine aus Frankreich und der          rend ihres Studiums in einem Restaurant aus und
                                                                                                                                      Westschweiz an. Auf unserer Speisekarte stehen         stieg so in die Branche ein. Sie schloss Aus- und
                                                                                                                                      zudem Moules-frites, also Miesmuscheln mit             Weiterbildungen zur Hotelière, eidg. dipl. Restau-
                                                                                                                                      Pommes Frites. Dieses Gericht ist in Belgien ein       rantionsleiterin sowie Sommelière ab. Wiesli ist
                                                                                                                                      absoluter Klassiker. Die Menschen dort essen es        verheiratet, lebt in Bazenheid und ist Mutter von
                                                                                                                                      auch an Vereinsanlässen oder an Dorffesten.            zwei erwachsenen Töchtern.
                                                                                                                                      Wenn es bei uns in der Schweiz einen Spaghetti-
                                                                                                                                      plausch gibt, gibt es dort Moules-frites.              Interview: Urs-Peter Zwingli

                          HERAUSGEBERIN              GESTALTUNG                   AUFLAGE
                          Stiftung Lokremise         Alltag Agentur St. Gallen    3 000
                          St. Gallen                 Schriften: Avenir, Georgia

                          REDAKTION                  PRODUKTION
                          Mirjam Hadorn,             Appenzeller Druckerei
                          Sarah Fuhrmann             Papier: Lettura 60 g ⁄ m²
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