Umweltschädliche Subventionen in Deutschland: Fokus Biodiversität - Forum ...

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Umweltschädliche Subventionen in Deutschland: Fokus Biodiversität - Forum ...
STUDIE im Auftrag des Deutschen Natur-
 schutzrings (DNR)

 Umweltschädliche Subventionen
 in Deutschland: Fokus Biodiversität
 Wie schädliche Anreize die biologische Vielfalt gefährden

Florian Zerzawy, Ann-Cathrin Beermann,
Swantje Fiedler, Matthias Runkel
Unter Mitarbeit von David Bohnenberger
Mai 2021

                                          Im Auftrag von
Umweltschädliche Subventionen in Deutschland: Fokus Biodiversität - Forum ...
Inhalt
Die Kurzstudie erläutert zunächst unterschiedliche         exemplarisch besonders bedeutende Subventionen
Subventionsbegriffe und geht auf Erklärungen               aus den vier Bereichen Rohstoffabbau, Landwirtschaft,
Deutschlands zum Subventionsabbau im Rahmen in-            Verkehr und Bauwesen ausführlich beschrieben. Für
ternationaler Vereinbarungen wie der Biodiversitäts-       diese wird eine Bewertung vorgenommen, in welchem
konvention ein. Zudem wird die Berichterstattung           Ausmaß sie biodiversitätsschädigend wirken. Zudem
Deutschlands zu Subventionen dargestellt (Kapitel 1        wird der biodiversitätsschädigende Anteil dieser Sub-
und 2). Im Anschluss nimmt sie eine Bestandsauf-           ventionen quantifiziert.
nahme vor, welche umweltschädlichen Subventionen
es in Deutschland gibt, die sich negativ auf die Bio-
diversität auswirken (Kapitel 3). In Kapitel 4 sind

Herausgeber                                                 Auftraggeber

Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS)              Deutscher Naturschutzring (DNR)
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Über das FÖS

Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.           durchgeführt, konkrete Konzepte entwickelt und
(FÖS) ist ein überparteilicher und unabhängiger politi-    durch Konferenzen, Hintergrundgespräche und Bei-
scher Think Tank. Wir setzen uns seit 1994 für eine Wei-   träge in die Debatte um eine moderne Umweltpolitik
terentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu einer       eingebracht. Das FÖS setzt sich für eine kontinuierli-
ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ein und sind ge-       che ökologische Finanzreform ein, die die ökologische
genüber Entscheidungsträger*innen und Multiplika-          Zukunftsfähigkeit ebenso nachhaltig verbessert wie
tor*innen Anstoßgeber wie Konsensstifter. Zu diesem        die Wirtschaftskraft.
Zweck werden eigene Forschungsvorhaben

Bildnachweise
Titelseite:       neil-harvey-unsplash.com
3.1:              mitifoto - Fotolia.com
3.2               CC01.0
3.3               Alois Köppl, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16842808
3.4               Superbass, CC BY-SA 4.0, 2020-08-02-Neubaugebiet Efferen West-0008,
3.5               https://commons.wikimedia.org/wiki/File:WurmbergNeuerSkihang.jpg
3.6:              10017_© claudia Otte - Fotolia.com
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Umweltschädliche Subventionen in Deutschland –
Fokus: Biodiversität

Inhaltsverzeichnis
1      Ausgangslage: Biodiversitätsschädigende Subventionen und Zielsetzungen zum Abbau............................ 5

2      Subventionsbegriffe und Berichterstattung über Subventionen ........................................................................ 7

3      Übersicht über umweltschädliche Subventionen in Deutschland....................................................................... 9
    3.1       Rohstoffabbau.................................................................................................................................................................................... 10
    3.2       Land- und Forstwirtschaft............................................................................................................................................................... 11
    3.3       Verkehr ................................................................................................................................................................................................... 14
    3.4       Bau- und Wohnungswesen ........................................................................................................................................................... 16
    3.5       Tourismus .............................................................................................................................................................................................. 17
    3.6       Energie.................................................................................................................................................................................................... 18
4      Vier Subventionen im Blickpunkt ............................................................................................................................. 21
    4.1       Begünstigungen bei der Förderabgabe auf Bodenschätze ............................................................................................ 21
    4.2       Reduzierte Mehrwertsteuer auf tierische Produkte .......................................................................................................... 23
    4.3       Entfernungspauschale ................................................................................................................................................................... 25
    4.4       Baukindergeld .................................................................................................................................................................................... 26
5      Fazit und Schlussfolgerungen .................................................................................................................................. 29

Literaturverzeichnis ............................................................................................................................................................ 31

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Zusammenfassung der Ergebnisse                                                Mehrwertsteuersatz auf tierische Lebensmittel för-
                                                                              dert den Konsum der ressourcenintensiven Le-
Der Klimawandel, eine intensive Landwirtschaft, die                           bensmittel Fleisch, Fisch, Milch und Eier.
Zerstörung und Zerschneidung von Lebensräumen
                                                                             Beim Verkehr setzt die Entfernungspauschale An-
und eine zunehmende Versiegelung von Böden führen
                                                                              reize für weite Pendeldistanzen, Dienstwagen- und
zu einem immer stärker werdenden Rückgang der Bio-
                                                                              Dieselprivileg fördern den motorisierten Individual-
diversität in Deutschland.
                                                                              verkehr.
Umweltschädliche Subventionen setzen wirtschaftli-
                                                                             Mit dem Baukindergeld wird auch der flächen- und
che Anreize, naturschädigendes Verhalten zu beloh-
                                                                              ressourcenintensive Neubau von Einfamilienhäu-
nen. Sie tragen so zum Verlust der biologischen Vielfalt
                                                                              sern „auf der grünen Wiese“ gefördert.
bei. Die im Rahmen dieser Analyse identifizierten 29
Subventionen weisen ein Gesamtvolumen von mehr                               Im Energiebereich gibt es zahlreiche Ausnahmen
als 67 Mrd. Euro pro Jahr auf. Nicht alle Subventionen                        für die Industrie, die direkt den Verbrauch fossiler
wirken dabei jedoch als Ganzes biodiversitätsschädi-                          Energieträger begünstigen oder die Effizienz beim
gend, so dass der Gesamtumfang nicht mit dem bio-                             Stromverbrauch mindern.
diversitätsschädigenden Volumen gleichgesetzt wer-                       Für ausgewählte Subventionen wurde der biodiversi-
den kann. Wichtige Beispiele für Subventionen sind:                      tätsschädigende Anteil quantifiziert und das Ausmaß
   Beim Rohstoffabbau sind viele Bodenschätze von                       der schädigenden Wirkung nach den Kategorien nied-
    der Förderabgabe und von Wasserentnahmeent-                          rig, mittel und hoch bewertet (Tabelle 1). Kriterien dafür
    gelten befreit.                                                      waren die Kausalität zwischen Subvention und Bio-
                                                                         diversitätsverlust, die Flächenwirkung, die Wirkungsin-
   In der Landwirtschaft besteht die erste Säule der
                                                                         tensität sowie die Dauer des Eingriffs.
    EU-Agrarpolitik noch immer hauptsächlich aus flä-
    chenbezogenen Direktzahlungen. Der reduzierte

Tabelle 1:         Bewertung der biodiversitätsschädigenden Wirkung ausgewählter Subventionen
                                             Subventions-                                                   Ausmaß der schädigenden
                                                                 Biodiversitätsschädigender Anteil
                                               volumen                                                             Wirkung
 Subvention
                                             Mrd. Euro p.a.                             Mrd. Euro p.a.
 Begünstigungen bei der
                                                  0,63               vollständig              0,63                      mittel
 Förderabgabe
 Gemeinsame Agrarpolitik (GAP),
                                                  4,85             überwiegend            3,39 – 4,85*                   hoch
 erste Säule*
 Reduzierter Mehrwertsteuersatz
                                                   5,2               vollständig             5,20                        hoch
 auf tierische Produkte

 Entfernungspauschale                              4,8                teilweise           2,40 – 3,36                    hoch

 Baukindergeld                                     1,0                teilweise             0,265**                      hoch

Quelle: eigene Darstellung *Die Umwelt- und Naturschädlichkeit der GAP-Subventionen, insb. der ersten Säule, waren wiederholt Gegenstand
        zahlreicher Untersuchungen und werden daher hier nicht näher betrachtet. Der biodiversitätsschädigende Anteil ist als Spanne ohne und
        mit Greening-Maßnahmen angegeben (keine eigene Quantifizierung) **anteiliges Fördervolumen geteilt durch die Laufzeit (10 Jahre)

Die Mehrwertsteuerreduktion auf tierische Le-                                Beim Baukindergeld wirkt derjenige Anteil negativ
bensmittel schneidet dabei in allen Kategorien                               auf die Biodiversität, mit dem Neubauten, insbeson-
schlecht ab: die Subvention wirkt als Ganzes bio-                            dere außerhalb des gewachsenen Siedlungskerns,
diversitätsschädigend, sie weist ein hohes jährliches                        gefördert werden. Der finanzielle Umfang ist jedoch
Subventionsvolumen auf und hat eine besonders                                geringer als bei Mehrwertsteuerreduktion und Ent-
schädigende Wirkung auf die Biodiversität, indem sie                         fernungspauschale.
Fleisch, Fisch, Milch und Eier gegenüber pflanzli-                           Die Begünstigungen bei der Förderabgabe für Bo-
chen Alternativen teils steuerlich besserstellt.                             denschätze fallen zwar im finanziellen Umfang eben-
Auch die Entfernungspauschale hat eine stark schä-                           falls niedriger aus. Dennoch hat der Rohstoffabbau
digende Wirkung: Grund ist das hohe Subventions-                             am Eingriffsort häufig gravierende Folgen für Pflan-
volumen und die zahlreichen negativen Folgen des                             zen- und Tierwelt und die Rohstoffnutzung sollte da-
Straßenverkehrs, aber auch der Zersiedelung auf die                          her so effizient wie möglich erfolgen.
biologische Vielfalt.

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2020c). Die Subventionen sind ökologisch problema-
                                                                       tisch und ökonomisch ineffizient (Gubler u. a. 2020).
                                                                       Denn häufig müssen die Schäden, die sie verursachen,
1    Ausgangslage:                                                     durch die Allgemeinheit behoben werden. Sie verzer-
     Biodiversitätsschädigende                                         ren die Preise, so dass für die Biodiversität vorteilhafte
     Subventionen und Zielsetzungen                                    Produkte oder Produktionsweisen wie der ökologische
                                                                       Landbau wiederum mit unnötig hohem Aufwand ge-
     zum Abbau                                                         fördert werden müssen.
Der Rückgang der Biodiversität ist neben dem Klima-                    In Zusammenhang mit dem Erhalt der biologischen
wandel das drängendste Umweltproblem unserer Zeit                      Vielfalt ist die UN-Biodiversitätskonvention CBD die
(vgl. Dasgupta 2021). Auch in Deutschland nimmt die                    bedeutendste internationale Vereinbarung. Im Rah-
Biodiversität seit Jahrzehnten ab. Besonders auffällig                 men der Konvention haben sich die Mitgliedsstaaten
ist der Schwund bei den Insekten (vgl. Seibold u. a.                   2010 mit den sogenannten Aichi-Zielen verpflichtet,
2019). Erst kürzlich zeigte eine umfassende Auswer-                    bis 2020 u.a. biodiversitätsschädigende Subventionen
tung aber auch einen Rückgang bei über 70 % der                        abzuschaffen, umzuleiten oder umzugestalten:
Pflanzenarten (Eichenberg u. a. 2020). Biodiversität ist
dabei nicht nur die quantitative Anzahl von Pflanzen
und Tieren einer Art, sondern vor allem die Diversität
von Arten, ihre genetische Vielfalt und die Existenz                        „Bis spätestens 2020 werden
vielfältiger Ökosysteme.                                                    der biologischen Vielfalt ab-
In Deutschland sind vor allem eine intensive Landwirt-
                                                                            trägliche Anreize einschließ-
schaft, die Zerstörung und Zerschneidung von Lebens-
räumen und eine zunehmende Versiegelung von Bö-                             lich Subventionen beseitigt,
den zentrale Treiber des Biodiversitätsverlustes. Aber                      schrittweise abgebaut oder
auch Nähr- und Schadstoffeinträge aus Quellen au-
                                                                            umgestaltet, um die negati-
ßerhalb der Landwirtschaft, Defizite bei der Waldbe-
wirtschaftung und in der Fischereiwirtschaft, wasser-                       ven Auswirkungen auf ein Mi-
bauliche Maßnahmen, Tourismus und der Klimawan-                             nimum zu reduzieren oder zu
del spielen eine große Rolle (BfN 2019). Durch den in-
                                                                            vermeiden.“ (BfN 2010)
ternationalen Handel, den Import von Rohstoffen und
Konsumgütern wirkt Deutschland indirekt auch am
Biodiversitätsverlust in anderen Ländern mit (FÖS
2008). Die Defizite Deutschlands bei der Erhaltung der
                                                                       2015 wurde diese Zielsetzung auf dem UN-Weltgipfel
biologischen Vielfalt sind zu einem wesentlichen Teil
                                                                       für Nachhaltige Entwicklung auch in die Agenda 2030
auch darauf zurückzuführen, dass wirtschaftliche An-
                                                                       für nachhaltige Entwicklung aufgenommen. Auch die
reize naturschädigendes Verhalten belohnen und es
                                                                       Biodiversitätsstrategie 2020 der Europäischen
bisher nicht gelungen ist, dem ausreichend entgegen-
                                                                       Union (Europäische Kommission 2011) strebt einen
zuwirken (BfN 2019). Je stärker diese wirtschaftlichen
                                                                       Abbau umweltschädlicher Subventionen an. Die Kom-
Anreize sind, desto schwieriger wird es, dem allein mit
                                                                       mission bekennt sich darin zu einer Zusammenarbeit
gesetzlichen Ge- und Verboten entgegenzutreten.
                                                                       mit den Mitgliedstaaten, um auf die Reformierung, das
Idealerweise sollte sich naturverträgliches Verhalten
                                                                       Auslaufen und letztlich der Abschaffung umwelt-
auch wirtschaftlich lohnen und naturschädigendes
                                                                       schädlicher Subventionen hinzuwirken.
Verhalten nicht zu Vorteilen, sondern zu Nachteilen im
Wettbewerb führen.                                                     Die Nationale Biodiversitätsstrategie Deutschlands
                                                                       fordert schließlich eine „stärkere Orientierung der
Im Widerspruch dazu gibt es in Deutschland jedoch
                                                                       Steuer- und Förderpolitik an der Erhaltung der biologi-
weiterhin zahlreiche Subventionen und Regelungen
                                                                       schen Vielfalt“ sowie einen „verstärkten Abbau ökolo-
mit Subventionscharakter, die sich negativ auf die Bio-
                                                                       gisch kontraproduktiver Transferzahlungen“ (BMUB
diversität auswirken.
                                                                       2015).
Diese bestehen fort, obwohl Deutschland im Rahmen
                                                                       Das Ziel eines umfassenden Abbaus umweltschädli-
nationaler und internationaler Vereinbarungen wie bei
                                                                       cher Subventionen ist in Deutschland wie in den ande-
G7, G20, der Organisation für wirtschaftliche Zusam-
                                                                       ren Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention bis-
menarbeit und Entwicklung OECD, der Europäischen
                                                                       her nicht erreicht worden. In Deutschland gibt es min-
Union (EU) sowie den Vereinten Nationen (UN) seit
                                                                       destens 29 Subventionen mit einem Volumen von
knapp 30 Jahren wiederholt Erklärungen zum Abbau
                                                                       mehr als 67 Mrd. Euro pro Jahr, die vollständig oder
umweltschädlicher Subventionen unterzeichnet und
                                                                       teilweise biodiversitätsschädigend wirken. 2021 soll auf
sich selbst entsprechende Ziele gesetzt hat (vgl. FÖS
                                                                       der 15. COP (Vertragsstaatenkonferenz) in Kunming,

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China, eine Nachfolge-Rahmenvereinbarung, der Glo-
bal Biodiversity Framework, für die im Jahr 2020 aus-
laufenden Aichi-Ziele beschlossen werden. Dabei soll
ein Abbau von besonders biodiversitätsschädigenden
Subventionen bis 2030 vereinbart werden. Dieses Ziel
muss jedoch mit konkreten Maßnahmen unterlegt
werden, damit den Absichtserklärungen auch Taten
folgen.

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2 Subventionsbegriffe und                                              der Gemeinden werden dagegen nicht systematisch
                                                                       erfasst.
  Berichterstattung über
                                                                       Mit dem Bericht kommt die Bundesregierung ihren
  Subventionen                                                         Transparenzpflichten aus § 12 des Gesetzes zur Förde-
Subventionen sind Leistungen aus öffentlichen Mitteln                  rung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft
oder der Verzicht auf Steuern oder Abgaben, von de-                    (StabG) nach. Durch die Berichterstattung können
nen meist eine bestimmte Teilgruppe profitiert. Der Er-               Zielkonflikte beispielsweise zwischen umwelt- und
halt ist in der Regel an bestimmte Verhaltensweisen                    wirtschaftspolitischen Zielen identifiziert und eine po-
gebunden, es wird jedoch keine unmittelbare Gegen-                     litische und gesellschaftliche Diskussion über die Not-
leistung gefordert (Bär u. a. 2011, Rave 2005). Darüber                wendigkeit von Subventionen ermöglicht werden, wie
hinaus gibt es weder in der Praxis noch in der Wissen-                 im Bericht selbst erläutert:
schaft einen allgemeingültigen Subventionsbegriff
(Bär u. a. 2011). Grundsätzlich lassen sich unterschied-
lich enge Definitionen unterscheiden (siehe Kasten).
Je nachdem, wie weit der Subventionsbegriff gefasst                         „Auch mit Blick auf negative
ist, unterscheiden sich demnach die erfassten Zahlun-                       Umweltwirkungen sind Sub-
gen und auch das Subventionsvolumen. Vergleiche                             ventionen grundsätzlich kri-
sind daher nur dann möglich, wenn sie sich auf densel-
ben Subventionsbegriff beziehen.                                            tisch zu hinterfragen, wenn ein
                                                                            unverhältnismäßiger Ressour-
Subventionen im Subventionsbericht der Bundesre-                            cenverbrauch sowie Schäden
gierung
                                                                            an Umwelt und Gesundheit
a. Direkte Finanzhilfen an private Unternehmen (z. B.
    Zuschüsse für Stallbauten aus der Gemeinschafts-
                                                                            hinzukommen bzw. Kosten für
    aufgabe Verbesserung der Agrarstruktur).                                deren Beseitigung entstehen.“
b. Ausnahmetatbestände in Steuergesetzen für be-                            (BMF 2019)
    stimmte wirtschaftliche Aktivitäten (z. B. Vergüns-
    tigung des Agrarsektors für Agrardiesel)
c. Begünstigung der Verbraucher für bestimmte Gü-
    ter- und Dienstleistungen, die ganz bestimmten                     Für die im Bericht aufgeführten Subventionen des
    Branchen zugutekommen (z. B. Entfernungspau-                       Bundes führen die jeweils zuständigen Ressorts eine
    schale, Baukindergeld)                                             Nachhaltigkeitsprüfung durch, basierend auf der
Subventionen im Subventionsbericht des Umwelt-                         Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (BMF 2019). Da-
bundesamts, zusätzlich zu a-c:                                         bei wird die ökonomische, soziale und ökologische Di-
                                                                       mension der Nachhaltigkeit berücksichtigt. Allerdings
d. Fehlen von Tatbeständen in Steuergesetzen, die
                                                                       ist die zugrundeliegende Analyse bisher wenig trans-
    von der Systematik her einbezogen werden müss-
                                                                       parent und erfolgt nicht für alle Nachhaltigkeitsdimen-
    ten (z. B. Kerosin bei der Energiesteuer)
                                                                       sionen ausführlich. Der Umfang der Prüfung unter-
e. Ordnungsrechtliche oder technische Bestimmun-                       scheidet sich zudem von Ressort zu Ressort (FÖS
   gen, die zu einer Bevorzugung bestimmter Pro-                       2017b). Im Ergebnis sieht die Bundesregierung für den
   dukte führen (z. B. Biokraftstoffquote, Einspeise-                  größten Teil der umweltschädlichen Subventionen kei-
   vergütungen im Rahmen des Erneuerbaren Ener-                        nen Reformbedarf und führt deshalb auch keine Stra-
   gien Gesetzes)                                                      tegien zum Abbau auf. Vom Bundesfinanzministerium
Definition des Internationalen Währungsfonds                           (BMF) selbst beauftragte Evaluationen (FiFo Köln
(„price gap approach“), alternativ zu a-e:                             2019) kommen dagegen zu anderen Ergebnissen und
f.   Fehlende Einpreisung von externen Kosten z. B.                    empfehlen die Reform bzw. den Abbau zahlreicher
      durch Emission von Klimagasen oder lokaler Luft-                 Subventionen.
      verschmutzung                                                    Neben dem Subventionsbericht, der federführend
Quelle: FÖS (2017)                                                     vom BMF erstellt wird, veröffentlicht auch das Um-
                                                                       weltbundesamt (UBA) einen eigenen Bericht (UBA
Mit dem Subventionsbericht der Bundesregierung gibt                    2016), allerdings in unregelmäßigen Abständen. Zu-
es eine regelmäßige Berichterstattung über Finanzhil-                  letzt erschien der Bericht 2016. Er behandelt speziell
fen und Steuervergünstigungen des Bundes. Der aktu-                    umweltschädliche Subventionen in Deutschland. Ne-
ellste, 27. Subventionsbericht ist im November 2019 er-                ben Finanzhilfen und Steuervergünstigungen sind
schienen (BMF 2019). Subventionen der Länder und                       auch andere Subventionstatbestände einbezogen (s.

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Umweltschädliche Subventionen in Deutschland – Fokus: Biodiversität • Seite 8 von 35

Kasten) und umweltschädliche Subventionen der
Bundesländer werden teilweise miterfasst. Der UBA-
Subventionsbericht enthält darüber hinaus weitge-
hende Vorschläge zum Subventionsabbau (UBA
2016).
2019 publizierte das Bundesamt für Naturschutz (BfN)
einen Bericht zu naturschädigenden Subventionen, in
dem deren Abbau und die Anlastung von Umweltkos-
ten beim Verursacher durch die Erhebung von Abga-
ben gefordert werden (BfN 2019).

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3 Übersicht über umweltschädliche                                         durch den Straßenbau. Subventionen für den Roh-
                                                                          stoffabbau und die intensive Landwirtschaft beschleu-
  Subventionen in Deutschland                                             nigen den Verlust der Artenvielfalt. Die nachfolgend
Ein Teil der in Deutschland gewährten Subventionen                        aufgeführten Subventionen aus den Bereichen Roh-
setzt Anreize zu umweltschädlichem Verhalten, Kon-                        stoffabbau, Land- und Forstwirtschaft, Verkehr,
sum und Produktion und trägt so zum Verlust von Bio-                      Bau- und Wohnungswesen, Tourismus sowie der
diversität bei. Derartige Subventionen sind in vielen                     Energieerzeugung und des Energieverbrauchs ha-
Bereichen vorzufinden: Zum Beispiel führt die Förde-                      ben einen negativen Einfluss auf die biologische Viel-
rung von Individualverkehr zur Flächenzerschneidung                       falt. Insgesamt wurden 29 Subventionen identifiziert
                                                                          (Tabelle 2).

Tabelle 2:         Übersicht über Subventionen mit potentiell* negativem Einfluss auf die Biodiversität
                                                                                                        Volumen
   Sektor                                   Subvention                                                (Mio. Euro p.a.)           Jahr
               Begünstigungen bei der Förderabgabe                                                               629                    2019
 Rohstoffe
               Begünstigungen bei Wasserentnahmeentgelten                                                            17                 2017
               Direktzahlungen erste Säule GAP                                                                   4.850        Ø 2014-2020
               Agrarsubventionen (2. Säule GAP)**                                                                1.300        Ø 2014-2020
               GA Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes                                            600        Ø 2014-2020
   Land-       Europäischer Meeres- und Fischereifonds (Fischereisubventionen EU)                                   30        Ø 2014-2020
    und
 Forstwirt-    Fischereiflotte: Maßnahmen zur Anpassung und Entwicklung                                              1,7                2018
 schaft, Fi-   Strukturmaßnahmen für die Seefischerei                                                             0,04                  2018
  scherei-
 wirtschaft    Reduzierter Mehrwertsteuersatz auf tierische Produkte                                             5.200                  2012
               Kfz-Steuerbefreiung Landmaschinen                                                                   470                  2018
               Steuerbegünstigung Agrardiesel                                                                      467                  2018
               Energiepflanzenanbau (EEG)                                                                          k.A.                     -
               Energiesteuervergünstigung Diesel (Dieselprivileg)                                                8.190                  2019
               Entfernungspauschale                                                                              4.800                  2017
               Steuervorteile Dienstwagen                                                                        4.395                  2019
               Energiesteuerbefreiung Kerosin                                                                    8.262                  2019
  Verkehr      Mehrwertsteuerbefreiung internationale Flüge                                                       4.191                 2017
               Subventionen für Regionalflughäfen                                                                    41        Ø 2014-2018
               Energiesteuervergünstigung Binnenschifffahrt                                                         141                 2018
               Energiesteuerbegünstigung von Arbeitsmaschinen in Seehäfen                                            25                 2018
               Finanzbeitrag an die Seeschifffahrt                                                                   47                 2018
               Baukindergeld                                                                                        861                 2020
 Bau- und Wohnungsbauprämie                                                                                         162                 2018
   Woh-
 nungswe- GA Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und Europäischer Re-                                  320                  2018
   sen    gionalfonds
          Förderung für fossile Heizungen                                                                          350                  2020
               Umsatzsteuerermäßigung für Beherbergungsleistungen                                                 1.435                 2018
 Tourismus
               Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung                                                  1.800                  2019
  Energie      Strompreisausnahmen Industrie                                                                    17.800           2012-2019
               Energiesteuervergünstigungen Industrie                                                              1.137                2019
Quelle: eigene Darstellung. Die Quellenangaben für die Subventionsvolumina finden sich in den nachfolgenden Beschreibungen der Subventio-
         nen.*Subventionen sind vollständig, anteilig oder je nach Umsetzung biodiversitätsschädigend (siehe Kapitel 4). **überwiegend positive
         Beiträge zur Biodiversität, siehe Kapitel 3.2

Diese Subventionen weisen ein Gesamtvolumen von                           sie fossile Energieträger fördern, die zum Klimawandel
über 67 Mrd. Euro pro Jahr auf. Dabei gibt es nicht in al-                beitragen. Manche Subventionen – wie beispielsweise
len Fällen eine direkte Wirkung auf die Biodiversität.                    die Agrarförderung der EU – wirken auch nicht in ihrer
Beispielsweise wirken die Subventionen bei Energieer-                     Gesamtheit biodiversitätsschädigend, weil z. B. be-
zeugung und –verbrauch vorwiegend indirekt, indem

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stimmte Teilprogramme für den Natur- und Arten-                        Abbildung 1: Jährlicher Flächenverbrauch durch
schutz vorgesehen sind oder diesem förderlich sind.                                  Rohstoffabbau (ha/a)
Dennoch enthalten sie schädigenden Anteile, weshalb                      ha/a
sie im Folgenden mit aufgeführt werden. Das Gesamt-                    3.000
volumen des biodiversitätsschädigenden Anteils der
                                                                       2.500
identifizierten Subventionen ließ sich im Rahmen die-
ser Studie nicht ermitteln.                                            2.000

                                                                        1.500

3.1     Rohstoffabbau                                                  1.000

                                                                           500

                                                                             0
                                                                                 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
                                                                                 Torf              Braunkohle
                                                                                 Industriemineralien     Baumineralien

                                                                       Quelle : UBA 2019a. Industriemineralien: Bims, Tone und Rohkaolin,
                                                                                Feldspat und sonst. Sande (ab 2015), Quarzsande, Kalkstein
                                                                                und Dolomitsteine. Baumineralien: Gips- und Anhydritstein,
                                                                                Lavaschlacke (ab 2015), gebrochene Natursteine, Bausand,
                                                                                Baukies etc., Lehm und Ziegelton (ab 2015), Naturwerksteine

                                                                       Der Braunkohletagebau hat besonders gravierende
                                                                       Umweltfolgen. Braunkohle ist, bezogen auf den Ener-
                                                                       giegehalt, der fossile Energieträger mit der höchsten
Auswirkungen auf die Biodiversität                                     Klima-, Umwelt- und Gesundheitsbelastung.
                                                                           Der Braunkohletagebau hat, bezogen auf die För-
Der Rohstoffabbau in Deutschland geht mit einem un-
                                                                            dermenge, eine besonders hohen Flächenbedarf (s.
widerruflichen Eingriff in Böden und Landschaften
                                                                            Abbildung 1). Mit der Neuerschließung von Abbau-
einher. Wasserhaushalt und Wasserqualität können
                                                                            gebieten ist die Zerstörung von Landschaft und
dauerhaft beeinträchtigt werden. Das hat Folgen für
                                                                            Siedlungen verbunden.
die Biodiversität. Der Flächenverbrauch durch den Ab-
bau von Rohstoffen ist nach der Wiedervereinigung                          Der Abbau führt zur Schädigung des natürlichen
zunächst gefallen, steigt seit einigen Jahren jedoch                        Grundwasserhaushalts, was mit Beeinträchtigun-
wieder an und lag 2017 bei etwa 2.760 Hektar (ha) (Ab-                      gen von Trinkwasserbrunnen, Feuchtgebieten und
bildung 1). Das entspricht einer täglichen Flächenneu-                      deren Pflanzen- und Tierarten verbunden ist.
inanspruchnahme von etwa 7,5 Hektar oder mehr als 10                       Zudem entstehen indirekte Auswirkungen auf die
Fußballfeldern. Der größte Teil davon geht auf die Ge-                      Artenvielfalt durch die Folgen des Klimawandels.
winnung von Baumineralien zurück, gefolgt vom Ab-
bau der Braunkohle und dem Torfabbau. Industriemi-
neralien werden in Deutschland dagegen nur in gerin-
gem Umfang gefördert.
Zwischen der Neuinanspruchnahme von Flächen für
den Rohstoffabbau und ihrer Renaturierung oder Re-
kultivierung können Jahre oder Jahrzehnte vergehen.
Die Fläche, die aktuell für den Rohstoffabbau genutzt
wird, ist daher wesentlich größer als die jährlich neu in
Anspruch genommene Fläche. Im Jahr 2017 waren ins-
gesamt 152.775 ha durch Bergbaubetriebe, Stein-
bruch, Tagebau und Gruben belegt. Das entspricht fast
der Fläche der beiden Stadtstaaten Berlin und Ham-
burg und ist etwa 55 Mal so viel, wie jährlich neu in An-
spruch genommen wird (UBA 2019a).

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Wichtige umweltschädliche                                              3.2 Land- und Forstwirtschaft
Subventionen
Begünstigungen bei der Förderabgabe
Die Förderabgabe wird auf den Abbau von Boden-
schätzen erhoben. Sie beträgt laut § 31 des Bundes-
berggesetzes (BBergG) 10 % des Marktwerts und
kann von den Bundesländern, die die Einzelheiten der
Erhebung und Bezahlung per Rechtsverordnung re-
geln, auf bis zu 40 % erhöht werden. Sowohl der Braun-
kohleabbau als auch die grundeigenen Baustoffe wie
Sande, Kiese und Natursteine sind jedoch in der Regel
von der Abgabe befreit. Für andere Bodenschätze wie
z. B. Steinsalze gelten häufig reduzierte Abgabensätze.
                                                                       Auswirkungen auf die Biodiversität
Die entgangenen Einnahmen sind als Subvention zu
werten. Legt man den Umsatz als Marktwert zugrunde,                    In den letzten Jahrzehnten ist die landwirtschaftliche
liegt das Subventionsvolumen bei bis zu                                Flächennutzung von zunehmender Intensivierung und
629 Mio. Euro, davon ca. 180 Mio. Euro allein für die                  Spezialisierung gekennzeichnet (UBA 2016). Die in-
Braunkohle 1.                                                          tensive landwirtschaftliche Produktion ist eine der
                                                                       wichtigsten Ursachen für den Verlust an biologischer
Begünstigungen bei Wasserentnahmeentgelten                             Vielfalt.
Wasserentnahmeentgelte spiegeln den Wert der öf-                          Besonders die in der Landwirtschaft anfallenden
fentlichen Leistung für die Inanspruchnahme von Res-                       Nährstoffüberschüsse und Schadstoffeinträge
sourcen wider und stellen zugleich Lenkungsabgaben                         wirken sich direkt und indirekt schädigend auf die
für eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung sowie                         Biodiversität aus. Überschüssige Nährstoffe gehen
zur Anlastung von Umwelt- und Ressourcenkosten                             in die Luft (v.a. Ammoniak und Lachgas) und in die
dar (§ 1 und § 6a Wasserhaushaltsgesetz). Für die Was-                     Gewässer (v.a. Nitrat). Dies führt zur Versauerung
serentnahme sind je nach Bundesland unterschiedli-                         und Eutrophierung von Land-, Gewässer- und Küs-
che Entgelte zu zahlen. Der Braunkohlebergbau so-                          tenökosystemen und nachfolgend zu einer Beein-
wie in manchen Bundesländern 2 auch der Abbau an-                          trächtigung der biologischen Vielfalt. Insbesondere
derer Bodenschätze ist davon jedoch bis heute be-                          der übermäßige Einsatz stickstoffhaltiger Dünge-
freit, insofern das Wasser keiner weiteren wirtschaftli-                   mittel trägt hierzu bei.
chen Verwendung zugeführt wird 3 (FÖS 2018, UBA                           Störungen des Nahrungsnetzes: Durch Breitband-
2018). Die Höhe der entgangenen staatlichen Einnah-                        Herbizide und Insektizide werden nicht nur die
men durch die Befreiung des Rohstoffabbaus von den                         „Unkräuter“ und Schadinsekten vernichtet, son-
Wasserentnahmeentgelten lässt sich auf Basis des An-                       dern auch andere Ackerwildkräuter und Insekten.
teils des wirtschaftlich nicht genutzten Wassers sowie                     Einer Vielzahl der in der Agrarlandschaft vorkom-
eines kalkulatorischen Wasserentnahmeentgelts be-                          menden Tierarten werden dadurch die Nahrung
rechnen. Aufgrund fehlender Daten konnte die Ab-                           und somit auch die Lebensgrundlage entzogen, mit
schätzung lediglich für die Braunkohle durchgeführt                        der Folge von Rückgängen oder Verlusten lokaler
werden. Die Kosten der Befreiung von den Wasser-                           und überregionaler Bestände, wie auch die drama-
entnahmeentgelten allein für die Braunkohle belie-                         tischen Bestandstrends vieler typischer Feldvogel-
fen sich im Jahr 2017 auf rund 17 Mio. EUR 4 (FÖS                          arten belegen.
2018).                                                                    Neben stofflichen Belastungen führt die intensive
                                                                           Landwirtschaft zu Bodenzerstörungen oder -be-
                                                                           einträchtigungen, vor allem durch den Einsatz

1
        Annahmen zur Abschätzung vgl. Kapitel 4.1                             gilt sogenanntes Sümpfungswasser, das ausschließ-
2
        z.B. Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-                      lich zur Trockenlegung der Kohleflöze abgepumpt
        Holstein, Niedersachsen. Bayern, Hessen und Thü-                      wird und ohne weitere Verwendung an anderer
        ringen erheben gar keine Wasserentnahmeentgelte.                      Stelle wieder in den Wasserkreislauf eingespeist wird.
                                                                       4
3
        Ausnahme ist hier das Bundesland Nordrhein-West-                      auf Basis folgender Annahmen (vgl. FÖS 2018): Für
        falen, wo seit Mitte 2011 ein Wasserentnahmeentgelt                   die Menge des abgepumpten Wassers, das keiner
        auch für nicht wirtschaftlich genutztes Wasser ge-                    weiteren wirtschaftlichen Verwendung zugeführt
        zahlt werden muss. Als nicht wirtschaftlich genutzt                   wurde, werden 392 Mio. m3 angesetzt. Der kalkulato-
                                                                              rische Preis des Wasserentnahmeentgelts wird auf
                                                                              4,2 Ct/m3 festgesetzt.

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    schwerer Maschinen im Ackerbau und nicht stand-                    Derzeit verhandelt die EU (im Trilog aus Kommission,
    ortangepasste Fruchtfolgegestaltung.                               EU-Ministerrat und Europäischem Parlament) die
   Zudem verursacht die Landwirtschaft 7,4 % der                      Ausgestaltung der Förderperiode nach der jetzigen
    Treibhausgas (THG)-Emissionen in Deutschland                       Übergangsphase ab 2023. Fest steht bereits, dass 20
    (UBA 2020a) und schädigt damit indirekt über den                   bis 30 % der Direktzahlungen aus der ersten Säule für
    Klimawandel die Biodiversität.                                     sogenannte Öko-Regelungen (Eco-Schemes) vorge-
                                                                       halten werden, die nur ausgezahlt werden, wenn zu-
                                                                       sätzliche Leistungen für Umwelt- und Klimaschutz er-
Wichtige umweltschädliche                                              bracht werden (Handelsblatt 2021).
Subventionen
                                                                       Auch die Fischerei wird in Deutschland durch EU-
EU-Subventionen: Gemeinsame Agrarpolitik und                           Subventionen unterstützt und durch nationale Pro-
Fischereisubventionen                                                  gramme ergänzt:
In wesentlichen Teilen bestimmt die Gemeinsame Ag-                        Anlässlich der im Jahr 2014 durchgeführten Reform
rarpolitik (GAP) der Europäischen Union die wirt-                          der Gemeinsamen Fischereipolitik der Europäi-
schaftspolitischen Rahmenbedingungen für die deut-                         schen Union (GFP) wurde der Europäische Mee-
sche Landwirtschaft. In der vergangenen Förderperi-                        res- und Fischereifonds eingerichtet. Bis 2020
ode von 2014 bis 2020 standen in Deutschland GAP-                          sind für den deutschen Fischereisektor EU-Förder-
Mittel von rund 6,2 Mrd. Euro jährlich zur Verfügung.                      mittel in Höhe von jährlich etwa 30 Mio. Euro vor-
Dabei setzen sich die GAP-Gelder aus zwei Säulen zu-                       gesehen. Seit 2014 sind die Zahlungen jedoch an
sammen. Die erste Säule betrifft die Direktzahlungen                       Vorgaben für eine nachhaltige und umweltge-
der EU an die Landwirt*innen, die je Hektar landwirt-                      rechte Bewirtschaftung kommerziell genutzter
schaftlicher Fläche gewährt werden. Seit 2015 wird                         Fischbestände gekoppelt, sodass große Fischerei-
die erste Säule um sogenannte ,,Greening-Maßnah-                           fahrzeuge, die zur übermäßigen Ausbeutung der
men“ ergänzt, die für 30 % der Direktleistungen be-                        Fischbestände beitragen, nicht mehr von EU-Bei-
stimmte Umweltleistungen einfordern. Ursprünglich                          hilfen unterstützt werden (UBA 2016)
sollten die Direktzahlungen Landwirt*innen für die in                     Auf nationaler Ebene gibt es weitere direkte und in-
Europa geltenden höheren Standards kompensieren,                           direkte Förderungen oder Steuerbegünstigungen
um auf dem Weltmarkt keinen Preisnachteil zu erlei-                        für den Fischfang. Direkte Förderungen auf natio-
den. Die Direktzahlungen umfassen in Deutschland                           naler Ebene bestehen durch Maßnahmen zur An-
rund 4,85 Mrd. Euro jährlich und machen rund 40 %                          passung und Entwicklung der Fischereiflotte
des Einkommens der landwirtschaftlichen Betriebe                           (1,7 Mio. Euro im Jahr 2018) und Fördermittel zur
aus (BMEL 2019).                                                           Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit (Struk-
                                                                           turmaßnahmen         für     die      Seefischerei,
Die zweite Säule umfasst dagegen gezielt Förderpro-                        38.000 Euro im Jahr 2018) (BMF 2019).
gramme für die nachhaltige und umweltschonende
Bewirtschaftung (was aus Biodiversitätssicht positiv zu                Tierhaltung: Mehrwertsteuersenkung für tierische
werten ist) und die ländliche Entwicklung. In den Jah-                 Produkte
ren 2014 bis 2020 standen in Deutschland für die
                                                                       Lebensmittel tierischen Ursprungs werden bis auf
zweite Säule jeweils 1,3 Mrd. Euro jährlich an EU-Mit-
                                                                       wenige Ausnahmen nicht mit dem regulären Mehr-
teln zur Verfügung. Diese wurden durch weitere Mittel
                                                                       wertsteuersatz von 19 %, sondern mit dem reduzierten
von Bund, Ländern und Kommunen kofinanziert sowie
                                                                       Steuersatz von 7 % (in 2020 temporär 5 %) belegt. So-
durch Mittel der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse-
                                                                       zialpolitisch wurde dies damit begründet, allen Perso-
rung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“
                                                                       nen gleichermaßen Zugang zu allen Grundnahrungs-
(GAK), an der sich der Bund im Mittel mit
                                                                       mitteln zu ermöglichen. Mittlerweile konsumieren die
600 Mio. Euro im Zeitraum 2014 bis 2020 beteiligt
                                                                       Deutschen jedoch zwei- bis viermal so viel Fleisch wie
hat. Im Bundeshaushalt 2020 sind sogar 1,13 Mrd.
                                                                       von Gesundheitsorganisationen empfohlen, was mit
Euro eingeplant (Bundesregierung o.J.).
                                                                       negativen Gesundheits-, Umwelt- und Klimaeffekten
Die EU-Fördermittel der zweiten Säule müssen aller-                    einhergeht. Aus diesem Grund sollten Anreize hin zu
dings nur zu mindestens 30 % für Extensivierungsmaß-                   einer stärker pflanzenbasierten Ernährung gesetzt
nahmen, den ökologischen Landbau oder die Förde-                       werden (FÖS 2020b). Denn für die Herstellung einer
rung naturbedingt benachteiligter Gebiete eingesetzt                   bestimmten Menge an Kalorien und Eiweiß in tieri-
werden. Auch andere Bereiche wie Investitionen in                      schen Produkten werden wesentlich mehr Wasser,
Tourismus, Gewerbeansiedlungen oder Dorfentwick-                       Dünger, Pestizide und Fläche benötigt, als wenn diese
lungsprojekte sind förderfähig (BMEL 2019), ohne da-                   durch pflanzliche Produkte direkt bereitgestellt wür-
bei Beiträge für Klima und Umwelt zu leisten.                          den (BfN 2019). Auf Grundlage von § 12 Abs. 2 Nr.1

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UstG entgingen dem Bund schätzungsweise                                Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 ist der Be-
5,2 Mrd. Euro im Jahr 2012(UBA 2016)                                   stand an Biogasanlagen in Deutschland zunächst stark
                                                                       gestiegen. Seit 2012 kam es jedoch zu mehreren Ände-
Einsatz von Zugmaschinen: Kfz-Steuerbefreiung                          rungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen (EEG
und Agrardiesel                                                        2012, 2014 und 2017), wodurch sich der Leistungszu-
Zulassungspflichtige Zugmaschinen und Sonderfahr-                      bau im Biogasbereich reduzierte. Seit 2012 ist dieser
zeuge wie Traktoren oder Mähdrescher sowie Anhä-                       überwiegend von Anlagenerweiterungen, Umstellun-
nger sind nach § 3 Nr. 7 KraftStG vollständig von der                  gen auf den flexiblen Anlagenbetrieb sowie geringem
Kraftfahrzeugsteuer befreit. Die Steuerbefreiung                       Zubau im Bereich der Güllekleinanlagen und Anlagen
trägt nicht zur Umsetzung der Deutschen Nachhaltig-                    im Abfallbereich bestimmt, während Neuanlagen, die
keitsstrategie bei, die vorsieht, dass erneuerbare Na-                 allein auf Anbaubiomasse basieren, weitgehend un-
turgüter und Böden nur im Rahmen ihrer Regenerati-                     wirtschaftlich geworden sind (FÖS 2013). Dennoch
onsfähigkeit zu nutzen sind und Freisetzung von Stof-                  umfasst der Anbau von Energiemais für Biogas aktuell
fen nur unter Beachtung des Vorsorgeprinzips im Rah-                   weiterhin rund 1 Mio. Hektar in Deutschland (FNR
men der ökologischen Grenzen der Tragfähigkeit na-                     2019).
türlicher Systeme zu verursachen sind. So werden
keine Anreize gesetzt, sich für möglichst kleine, effizi-              Exkurs: Bioökonomie
ente Zugmaschinen und Anhänger zu entscheiden, die                     Neben der energetischen Nutzung von Biomasse hat
einen geringeren Kraftstoffverbrauch aufweisen und                     in den letzten Jahren auch die stoffliche Nutzung von
die für die Biodiversität wichtigen Böden (siehe Kapitel               nachwachsenden Rohstoffen an Bedeutung gewon-
1) weniger stark belasten. Das Subventionsvolumen                      nen. Die wichtigsten biomassebasierten Industriepro-
betrug im Jahr 2018 470 Mio. Euro (BMF 2019)                           dukte sind dabei Spezialchemikalien, biobasierte
                                                                       Kunststoffe („Bioplastik“) und Verbundstoffe, Tenside,
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe zahlen zudem                   Lacke und Farben, Schmierstoffe sowie Papier und
einen ermäßigten Steuersatz auf Diesel (Agrardiesel).                  Zellstoff, Textilstoffe, Baumaterialien, Möbel und Phar-
Dieser beträgt 25,56 ct/l, gegenüber dem regulären                     mazeutika. Auch für diese gilt, dass eine intensive Be-
Steuersatz von 47,04 ct/l. Nach § 57 EnergieStG gilt                   wirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen und Wäl-
die Steuerbefreiung für den Einsatz von Agrardiesel in                 der die Biodiversität gefährdet. Dazu kommen Beden-
Ackerschleppern, standfesten oder bewegliche Ar-                       ken zu gentechnischen Verfahren (FUE 2019). Die
beitsmaschinen und Motoren sowie in Sonderfahrzeu-                     staatliche Förderung von Bioökonomieprojekten kon-
gen. Die Steuermindereinnahmen betrugen im Jahr                        zentriert sich derzeit v.a. noch auf Forschung und Ent-
2018 467 Mio. Euro (BMF 2019). Durch die reduzierte                    wicklung und den Wissenstransfer. Da die Verfügbar-
Steuerlast werden Anreize für möglichst kleine, leichte,               keit nachhaltig produzierbarer Biomasse in Deutsch-
energieeffiziente Landmaschinen reduziert. Schwere                     land begrenzt ist, sollte beim Ausbau der Bioökonomie
Landmaschinen führen zu Bodenverdichtung und hö-                       sorgfältig darauf geachtet werden, die Fehlanreize
heren CO2-Emissionen durch den höheren Treibstoff-                     beim Energiepflanzenanbau nicht zu wiederholen.
verbrauch (FÖS 2020b).

Energiepflanzenanbau
Auf mehr als 2,3 Mio. Hektar werden in Deutschland
Energiepflanzen angebaut (FNR 2021). Der Energie-
pflanzenanbau in Deutschland wird indirekt über die
Einspeise-Vergütungen im EEG für Biogasanlagen so-
wie über die Treibhausgasquote bei Kraftstoffen sub-
ventioniert. Die Produktion von Strom und Treibstoff
durch regenerative Energieträger ist ein wichtiger Bei-
trag zur Senkung von CO2-Emissionen, sofern die In-
tensität der Bewirtschaftung von landwirtschaftlich
genutzten Flächen keinen zusätzlichen Druck auf Um-
welt und Artenvielfalt ausübt. Die beiden Regelungen
erhöhen jedoch die Nachfrage nach landwirtschaftlich
genutzter Fläche bzw. die Intensität der Bewirtschaf-
tung (Konzentration auf wenige Kulturarten, dadurch
Verengung der Fruchtfolge) und haben dadurch in der
Tendenz einen negativen Einfluss auf die biologische
Vielfalt (BfN 2019). Mit Einführung des Erneuerbare-

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3.3 Verkehr                                                            Straßen verändern zudem das Mikroklima in ihrer di-
                                                                       rekten Umgebung; Temperatur- und Lichtverhältnisse
                                                                       ändern sich. Dadurch wird u.a. die Ausbreitung ge-
                                                                       bietsfremder Arten gefördert und damit die Verdrän-
                                                                       gung einheimischer Arten, was zu einer Destabilisie-
                                                                       rung von Ökosystemen führt. Der motorisierte Verkehr
                                                                       verschmutzt die anliegenden Ökosysteme mit Schad-
                                                                       stoffen, Licht und Lärm.
                                                                          Neben den CO2-Emissionen sind v.a. auch die
                                                                           Stickoxidemissionen problematisch, welche groß-
                                                                           räumig zur Eutrophierung von Lebensräumen bei-
                                                                           tragen. Die Straßenentwässerung belastet Böden
                                                                           und Gewässer in der Nähe von Straßen mit Schwer-
                                                                           metallen sowie Mikroplastik aus dem Reifenabrieb
                                                                           (Gubler u. a. 2020).
                                                                          Licht- und Lärmemissionen wirken sich negativ
                                                                           auf die Populationen in den angrenzenden Ökosys-
Auswirkungen auf die Biodiversität
                                                                           temen aus: der Lärm stört die Kommunikation in-
Straßen stellen für viele Tier- und Pflanzenarten Barri-                   nerhalb der Arten und verursacht Stressreaktionen.
eren dar, die sie schwer oder gar nicht überwinden kön-                    Dadurch wird der Fortpflanzungserfolg ein-
nen. Sie zerschneiden Lebensräume und fragmentie-                          schränkt, was gesamte Populationen schwächen
ren diese in immer kleinere Gebiete. Die dort lebenden                     kann (Gubler u. a. 2020). Lichtemissionen verstär-
Arten werden isoliert. Dadurch erhöht sich ihr Ausster-                    ken die Trennwirkung der angrenzenden Lebens-
berisiko (Gubler u. a. 2020). Der Anteil unzerschnitte-                    räume zusätzlich wegen des Meideverhaltens vie-
ner verkehrsarmer Räume an der Gesamtfläche                                ler Arten.
Deutschlands ist im Zeitraum 2000 bis 2015 zurückge-                      Eine weitere negative Folge des Verkehrs ist die
gangen (Abbildung 2).                                                      Verkehrsmortalität, gerade für seltene Arten mit
Das Verkehrsnetz in Deutschland gehört zu den dich-                        geringen Bestandsgrößen eine ernst zu nehmende
testen in Europa. Die Gesamtlänge aller Autobahnen in                      Gefahr. Am stärksten gefährdet sind Amphibien,
Deutschland wuchs seit der Wiedervereinigung um                            die saisonal wandern (Gubler u. a. 2020).
fast 25 % (BMVI 2021). Zahlreiche Straßen wurden auf-
grund steigender Verkehrsdichten verbreitert.                          Aber auch der Luftverkehr hat negative Auswirkungen
Dadurch steigen auch die Barriere- und Isolationswir-                  auf die Biodiversität:
kungen für Arten und Lebensräume (BfN 2017). Rund                         Die Flughäfen tragen zur Versiegelung und somit
5 % der Gesamtfläche Deutschlands ist durch Ver-                           zum Lebensraumverlust bei.
kehrsfläche versiegelt (UBA 2020b).
                                                                          Der Luftverkehr verursacht zudem Treibhaus-
                                                                           gasemissionen sowie Schadstoffemissionen, die
Abbildung 2: Anteil der unzerschnittenen Räume                             zur großflächigen Eutrophierung und Versauerung
              an der Landfläche Deutschlands (%)                           der Habitate sowie zum Klimawandel beitragen.
  %                                                                       Lärmemissionen verursachen bei vielen Arten
  30                                                                       Stress.
            26,5
                         25,4
  25                                  23,2         23,5
                                                                       Auch die Schifffahrt verursacht Biodiversitätsschäden
  20                                                                   durch Luftschadstoffe sowie indirekt über die Begradi-
                                                                       gung bzw. Vertiefung von Flüssen.
   15
                                                                       Schienenverkehr sowie öffentlicher Nahverkehr
   10                                                                  weisen gegenüber dem motorisierten Individualver-
                                                                       kehr pro zurückgelegtem Personenkilometer eine
    5                                                                  deutlich geringere negative Wirkung auf die Biodiver-
                                                                       sität auf. Zudem sind sie wesentlich klimafreundlichere
    0                                                                  Fortbewegungsmittel. Daher werden Subventionen
           2000         2005          2010         2015
                                                                       für Bahnen und Busse nicht als umweltschädliche Sub-
Quelle : (UBA 2019b). Anteil der unzerschnittenen verkehrsarmen        ventionen gezählt und sind in dieser Analyse nicht ent-
         Räume (UZVR) mit 100 km² oder mehr.                           halten.

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Umweltschädliche Subventionen in Deutschland – Fokus: Biodiversität • Seite 15 von 35

Wichtige umweltschädliche                                                  dings kann, statt dem tatsächlich privaten Nut-
                                                                           zungsanteil als Besteuerungsgrundlage (Fahrt-
Subventionen                                                               buchmethode) auch eine pauschale Besteuerung
Im Verkehrsbereich finden sich besonders viele um-                         in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises pro Monat
weltschädliche Subventionen. Im Straßenverkehr zäh-                        gewählt werden. Dasselbe gilt für laufende Kosten,
len dazu:                                                                  wie Kraftstoffe, Reparaturen und Verschleiß. Mit
                                                                           der pauschalen Regelung werden durchschnittlich
   Energiesteuervergünstigungen Diesel (Diesel-
                                                                           weniger als 40 % des tatsächlichen Vorteils ausge-
    privileg): Nach § 2Abs. 2 EnergieStG fällt für Diesel
                                                                           glichen (Harding 2014). Die Regelung vergünstigt
    im Vergleich zu Benzin ein niedrigerer Energies-
                                                                           die Nutzung von Dienstwagen im Vergleich zu pri-
    teuersatz an, obwohl Diesel der klimaschädlichere
                                                                           vat angeschafften Fahrzeugen und senkt Sozial-
    und energiereichere Kraftstoff ist (FÖS/IKEM
                                                                           versicherungsbeiträge und die Lohnsteuer. Gleich-
    2016). Umgerechnet beträgt der Steuersatz des
                                                                           zeitig werden Anreize zum Neuwagenkauf und zur
    Diesels 179 Euro/tCO2, der des Benzins
                                                                           ausgedehnten Nutzung umweltbelastender Ver-
    288 Euro/tCO2. Die Vergünstigung in Anbetracht
                                                                           kehrsmittel gesetzt.
    der Energiesteuer wird nicht durch den höheren
                                                                           Das Subventionsvolumen wird auf 4,39 Mrd. Euro
    Kfz-Steuersatz auf Diesel-Pkw ausgeglichen (FÖS
                                                                           geschätzt (FÖS 2020b). Die rechtliche Grundlage
    2019). Dadurch entsteht ein Anreiz zur Kaufent-
                                                                           hierfür bieten § 6 Abs. 1 Nr. 4Satz 2 und 3 und § 8
    scheidung umweltschädlicher neuer Fahrzeuge
                                                                           Abs. 2 S.2 bis 5 EstG.
    und zu umweltschädlichem Mobilitätsverhalten.
    Die Steuervergünstigung betrug im Jahr 2019
    8,19 Mrd. Euro (eigene Berechnung, nach UBA                        Auch der Flugverkehr profitiert von Subventionen in
    (2016a) auf Basis Destatis 2020). Das Subventions-                 verschiedenen Bereichen:
    volumen ergibt sich aus der Differenz der Steuers-                    Energiesteuerbefreiung Kerosin: Energieer-
    ätze auf Diesel und Benzin, multipliziert mit dem                      zeugnisse, die im gewerblichen inländischen Flug-
    Absatz von versteuertem Dieselkraftstoff.                              verkehr verwendet werden, sind steuerfrei. Zu-
   Entfernungspauschale: Die Entfernungspau-                              sätzlich ist auch das im Inland anfallende Kerosin,
    schale begünstigt nach § 9 EstG Arbeitnehmer*in-                       das bei Flügen zu ausländischen Zielen verwendet
    nen, indem diese ihre Wegkosten unabhängig vom                         wird, aufgrund internationaler Abkommen steuer-
    Verkehrsmittel mit 30 ct je Kilometer in der Ein-                      frei und stellt eine wettbewerbsverzerrende, im
    kommenssteuererklärung als Werbungskosten                              Subventionsbericht der Bundesregierung nicht ge-
    geltend machen können. Damit wird das zu ver-                          nannte Steuerbefreiung dar (UBA 2016). Die recht-
    steuernde Einkommen gesenkt, sofern der Wer-                           liche Grundlage hierfür ist § 27 Abs. 2 EnergieStG.
    bungskosten-Pauschalbetrag von 1.000 Euro im                           Im Jahr 2019 betrug das Subventionsvolumen
    Jahr überschritten wird. Weiterhin hängt die tat-                      8,3 Mrd. Euro (FÖS 2020b).
    sächliche Reduktion der Steuerlast von der Höhe                       Mehrwertsteuerbefreiung internationale Flüge:
    des persönlichen Steuersatzes ab.                                      Im Gegensatz zum inländischen gewerblichen
    Im Rahmen des Klimaschutzprogramms wurde die                           Luftverkehr, ist der grenzüberschreitende Luft-
    Pauschale ab dem 21. Entfernungskilometer seit                         verkehr in Deutschland aufgrund internationaler
    Beginn des Jahres 2021 von 30 auf 35 ct erhöht, ab                     Abkommen von der Mehrwertsteuer befreit. Die
    2024 bis 2026 wird der Betrag um weitere 3 ct er-                      rechtliche Grundlage bietet § 8 Abs. 2 Nr. 1 UstG.
    höht. Dadurch sollen Kosten durch den im Jahr                          Die Mehrwertsteuerbefreiung beträgt knapp
    2021 eingeführten CO2-Preis für Pendler*innen mit                      4,2 Mrd. Euro (2017) (FÖS 2020b).
    langen Arbeitswegen abgefedert werden.
    Die Entfernungspauschale kostete den Staat zwi-                    Die Subventionierung von Regionalflughäfen setzt
    schen 2012 und 2017 nach verschiedenen Schät-                      sich aus Betriebskostenzuschüssen, Verlustübernah-
    zungen zwischen 4 und 5,6 Mrd. Euro jährlich                       men und Investitionszuschüssen der öffentlichen
    (IfW Kiel 2018; Jacob u. a. 2016; UBA 2016). Die im                Hand zusammen. Betriebskostenzuschüsse tragen zur
    Klimaschutzprogramm vorgesehenen Erhöhungen                        Finanzierung des laufenden Betriebs bei und treten in
    sollen in den Jahren 2021, 2022 und 2023 zusätzli-                 Gewinn- bzw. Verlustrechnungen als betriebliche Er-
    che 20, 169 und 212 Mio. Euro kosten (Bundesre-                    träge auf. Sechs der 14 deutschen Regionalflughäfen
    gierung 2019).                                                     haben Verlustübernahme- bzw. Gewinnabführungs-
   Steuervorteile Dienstwagen (Dienstwagenprivi-                      verträge mit öffentlichen oder von der öffentlichen
    leg): Dienstwagen sind gewerblich zugelassene                      Hand getragenen Gesellschaftern, welche mögliche
    Fahrzeuge, deren zusätzliche private Nutzung als                   Jahresfehlbeträge ausgleichen. Investitionszuschüsse
    geldwerter Vorteil versteuert werden muss. Aller-                  sind zweckgebundene Zuwendungen der öffentlichen

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Hand, durch die größere Investitionstätigkeiten zu-                    bringt. Zum einen gehen Lebensräume für Arten verlo-
meist passiv als Sonderposten aufgeführt werden und                    ren. Zum anderen führt die Zersiedlung zu weiterer
anschließend erfolgswirksam über die Gewinn- und                       Verkehrserzeugung, Landschaftszerschneidung und
Verlustrechnung dem Eigenkapital zugeführt und auf-                    Bodenversiegelung. Dies führt wiederum zur Belas-
gelöst werden. Zwischen 2014 und 2018 schwankte die                    tung von Klima, Wasser, Boden, Luft, mit Folgen für die
Summe der Subventionen in Form von Verlustüber-                        biologische Vielfalt.
nahmen sowie Betriebs- und Investitionszuschüssen                      Die Zerstörung und die Zerschneidung von Habitaten
zwischen 39 und 43 Mio. Euro (FÖS 2020c).                              als Folge der Ausdehnung der Siedlungs- und Ver-
                                                                       kehrsfläche sind wichtige Ursachen für den Rückgang
Bei der Schifffahrt sind folgende umweltschädliche                     der biologischen Vielfalt (vgl. Kapitel 3.3).
Subventionen von Bedeutung:
                                                                       Abbildung 3: Flächenverbrauch in Deutschland
   Energiesteuerbefreiung der Binnenschifffahrt:
                                                                                    (ha/Tag)
    Energieerzeugnisse, die in der Binnenschifffahrt
    verwendet werden sind nach §§ 27 Abs. 1, 52 Abs. 1                  ha/Tag
    EnergieStG steuerfrei. Mit der Steuerbefreiung                      150
    des eingesetzten Dieselkraftstoffs werden keine
    Anreize zum schadstoffarmen und energieeffizien-                    100
    ten Einsatz von Ressourcen gesetzt. 2018 betrug
    die Steuerbefreiung 141 Mio. Euro
                                                                         50
   Energiesteuerbegünstigung für Arbeitsmaschi-
    nen in Seehäfen: Nach § 3a EnergieStG wird für
    Arbeitsmaschinen und Fahrzeuge, die aus-                               0
    schließlich dem Güterumschlag in Seehäfen die-                             2000        2005    2010      2015       Ziel
                                                                                                                       2020
    nen, nicht der Steuersatz für Kraftstoffe, sondern
    der niedrigere Steuersatz für Heizstoffe ange-                             Ziel 2020
    wendet. Die Subvention dient der Wettbewerbsfä-                            Wohnbau, Industrie, Gewerbe, Öff. Einrichtungen
                                                                               Sport-, Freizeit, Friedhof
    higkeit der Seehafenbetriebe, wirkt jedoch bezüg-
                                                                               Verkehr
    lich des Umweltschutzes kontraproduktiv. 2018
    verzeichnete der Bund Steuermindereinnahmen                        Quelle : UBA 2020
    von 25 Mio. Euro (BMF 2019).
                                                                       Die Wohnfläche nimmt in Deutschland kontinuierlich
Darüber hinaus wird die Seeschifffahrt mit dem Finanz-                 zu. Sie stieg zwischen 2000 und 2016 um 16,3 % bei
beitrag an die Seeschifffahrt (47 Mio. Euro im Jahr                    praktisch gleichbleibender Höhe der Bevölkerung und
2018) gefördert, aus dem u.a. die Hochseefischerei fi-                 bei einem Anstieg der Anzahl der Haushalte von ledig-
nanzielle Mittel erhält (BMF 2019; Schmidt 2020).                      lich 8,3 %. Betrug die durchschnittliche Wohnfläche im
                                                                       Jahr 2000 noch 39,5 m2, so waren es in 2016 bereits
                                                                       46,5 m2 (BfN 2019). Dementsprechend hoch ist auch
3.4 Bau- und Wohnungswesen                                             weiterhin der Flächenverbrauch für Gebäude (Abbil-
                                                                       dung 3). Er liegt mit 56 ha im Jahr 2018 immer noch
                                                                       über dem Ziel, dass die Bundesregierung in der Deut-
                                                                       schen Nachhaltigkeitsstrategie für das Jahr 2020 für
                                                                       alle Siedlungs- und Verkehrsflächen ausgerufen hat,
                                                                       nämlich die Begrenzung auf 30 ha pro Tag. Insgesamt
                                                                       bedeckten Siedlungs- und Verkehrsflächen 2016
                                                                       knapp 14 % der Bodenfläche Deutschlands (BfN 2019).
                                                                       Das Wachstum findet statt auf Kosten der Lebens-
                                                                       räume wildlebender Arten und bedeutet einen Verlust
                                                                       von Landschaft für die Erholung.
                                                                       Auch die nicht versiegelten Flächen im Siedlungsbe-
                                                                       reich und entlang von Verkehrstrassen werden in Mit-
                                                                       leidenschaft gezogen, z. B. durch Scheucheffekte, Ver-
Auswirkungen auf die Biodiversität                                     lärmung und Beeinträchtigung des Landschaftsbildes
                                                                       (BfN 2019).
Wohnungsbau führt zu Flächenverbrauch und zuneh-
mender Zersiedlung, was direkt und indirekt vielfache
negative Auswirkungen auf die Biodiversität mit sich

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