Handlungsprogramm "Wohnen in Herscheid" - Gemeinde ...
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München Stuttgart Forchheim Köln Leipzig Lübeck Ried(A) Handlungsprogramm CIMA Beratung + Management GmbH Eupener Straße 150 50933 Köln T 0221-937296-20 „Wohnen in Herscheid“ F 0221-937296-21 www.cima.de Stadtentwicklung Marketing Regionalwirtschaft Einzelhandel Wirtschaftsförderung Bearbeitung: Citymanagement Dr. Wolfgang Haensch Dipl.-Ing. Raum- und Umweltplanung Dennis Metzler Immobilien Birte Rötzmeier (M.Sc. Geographie) Organisationsberatung Kultur Tourismus Köln, den 17. Februar 2015
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Inhalt 1 Einführung 5 1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung 5 1.2 Projektansatz 6 1.3 Projektablauf 8 2 Wohnungswirtschaftliche Trends 9 3 Rahmenbedingungen 12 3.1 Kurzprofil der Gemeinde Herscheid 12 3.2 Demografische Rahmenbedingungen 13 3.3 Sozioökonomische Rahmenbedingungen 18 3.4 Infrastrukturelle Rahmenbedingungen 20 3.5 Bevölkerungsprognosen 21 3.6 Fazit zu den Rahmenbedingungen und Ableitung von Handlungserfordernissen 25 4 Wohnungsbestand, Wohnungs- und Immobilienmarkt, Wohnbauflächen 27 4.1 Wohnungsbestand 27 4.2 Wohnungs- und Immobilienmarkt 33 4.3 Wohnbauflächen, Flächenreserven 34 4.4 Spezielle Wohnraumangebote 35 4.5 Potenzialflächen der Innenentwicklung: Ehemaliges Presswerk und Alter Schulplatz 36 4.6 Fazit zum Wohnungsbestand und Wohnungsmarkt und Ableitung von Handlungserfordernissen 37 5 Wohnraumqualitätsatlas Herscheid 39 5.1 Quartierssteckbriefe 40 5.2 Wohnraumqualitätsatlas – Gesamtschau 58 5.3 Wohnraumqualitätsatlas – Prognosen und Ableitung von Handlungserfordernissen 59 2
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 6 Nachfrage verschiedener Altersgruppen und „Wohnen im Alter“ 62 6.1 Nachfrage verschiedener Altersgruppen 62 6.2 „Wohnen im Alter“ 65 7 Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 67 3
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abbildungen Abb. 1: Befragte nach Wohnstandorte 7 Abb. 2: Befragte nach Alter 7 Abb. 3: Befragte nach Geschlecht 7 Abb. 4: Befragte nach Familienstand 7 Abb. 5: Befragte nach Berufsstatus 7 Abb. 6: Zahl der Privathaushalte und durchschnittliche Haushaltsgröße in Deutschland 1991 bis 2030 11 Abb. 7: Bevölkerungsentwicklung Herscheid 1985-2013 13 Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung Herscheid und Vergleichsregionen 13 Abb. 9: Determinanten der Bevölkerungsentwicklung 14 Abb. 10: Wanderungsbilanz Herscheid nach Ziel- und Herkunftsort (2013) 15 Abb. 11: Altersspezifische Wanderungen Herscheid (2003 – 2013) 16 Abb. 12: Altersstruktur Herscheid und Vergleichsregionen (2013) 16 Abb. 13: Bevölkerungspyramide Gemeinde Herscheid 2013 17 Abb. 14: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 18 Abb. 15: Monatliches Haushaltsnettoeinkommen (Bürgerbefragung) 19 Abb. 16: Entwicklung der Bevölkerungszahlen, Gemeindemodellrechnung 2011 - 2030 21 Abb. 17: Bevölkerungspyramide 2030 22 Abb. 18: Vergleich der Bevölkerungsprognosen 23 Abb. 19: cima-Modellrechnung 24 Abb. 20: Leerstände Herscheid und Vergleichsregionen 27 Abb. 21: Wohnart (Bürgerbefragung) 28 Abb. 22: Wohnen im Eigentum (Bürgerbefragung) 28 Abb. 23: Wohndauer in Wohnung/ Haus (Bürgerbefragung) 28 Abb. 24: Größe der Wohnfläche (Bürgerbefragung) 29 Abb. 25: Anzahl der Zimmer (Bürgerbefragung) 29 Abb. 26: Ausstattungsmerkmale (Bürgerbefragung) 29 Abb. 27: Zustand/ Modernisierungsmaßnahmen in den letzten 5 Jahren 29 Abb. 28: Umzugsplanung (Bürgerbefragung) 30 Abb. 29: Umzugsgründe (Bürgerbefragung) 30 Abb. 30: Zufriedenheit mit der Wohnung/Haus (Bürgerbefragung) 31 Abb. 31: Wohnbaufertigstellungen in Herscheid 1995 - 2013 31 Abb. 32: Bautätigkeit Herscheid und Vergleichsregionen 32 Abb. 33: Immobilienscout Nachfrageindex Mietangebote 33 Abb. 34: Immobilienscout Nachfrageindex Kaufangebote 33 Abb. 35: Monatliche Warmmiete (Bürgerbefragung) 34 Abb. 36: Ortsbezogener Gesamtbestand stationäre Pflegeplätze (Stand: 15.12.2011) 35 Abb. 37: Einwohner 65 Jahre und älter je Pflegeplatz (Stand: 15.12.2011) 36 Abb. 38: Zufriedenheit mit dem näheren Umfeld (Bürgerbefragung) 59 Abb. 39: Prognose der Wohnquartiere 61 Abb. 40: Altersgruppen und Wohnansprüche am Beispiel einer schematischen Bevölkerungspyramide 63 Abb. 41: Bedeutung von Merkmalen bei der Wahl einer neuen Wohnung 64 Abb. 42: Bevorzugte Wohnformen im Alter 65 Abb. 43: Zielkatalog des Handlungskonzeptes „Wohnen in Herscheid“ 67 Abb. 44: Übersicht Projektvorschläge 68 4
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 1 Einführung 1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung Die Entwicklung der Gemeinde Herscheid als Wohnstandort wird maßgeblich bestimmt durch die Größe der Gemeinde (rd. 7.200 Einwohner) und die Nähe zu den deutlich größe- ren Städten im direkten Umfeld, insbesondere Lüdenscheid und Plettenberg. Die nächsten Oberzentren sind die Städte Hagen und Dortmund. Die Siedlungsschwerpunkte der Ge- meinde sind zum einen der Ortskern Herscheid, der mit seiner Versorgungsfunktion eine zentrale Bedeutung für die Gesamtgemeinde einnimmt und auch mit Abstand die meisten Einwohner beherbergt, und zum anderen der Ortsteil Hüinghausen. Ergänzt werden diese Ortsteile durch mehrere kleinere Ortslagen. Die Gemeinde Herscheid ist stark vom demografischen Wandel betroffen. So verzeichnet sie nicht nur in den vergangenen Jahren rückläufige Einwohnerzahlen; auch nach einer Prognose des Landes (Gemeindemodellrechnung 2011-2030) ist für Herscheid ein Bevölke- rungsrückgang von 26 % zum Jahre 2030 zu erwarten. Die maßgeblichen Gründe für den Rückgang der Einwohnerzahl sind sowohl die erwartete negative natürliche Bevölkerungs- entwicklung als auch ein negatives Wanderungssaldo. Auch die Bertelsmann Stiftung prog- nostiziert einen deutlichen Bevölkerungsrückgang – mit -15,3 % jedoch nicht so gravierend wie die Gemeindemodellrechnung. Der demografische Wandel macht sich darüber hinaus in der Altersstruktur bemerkbar. Derzeit ist nur etwa ein Viertel der Bevölkerung jünger als 25 Jahre, während die über 60-jährigen bereits fast ein Drittel der Bevölkerung ausmachen. Diese negative Einwohnerentwicklung hatte in der Vergangenheit unmittelbare Auswirkungen auf die Wohnbaulandnachfrage bzw. die Wohnbaufertigstellungen. So fällt der Wohnungs- neubau in der Gemeinde Herscheid in den vergangenen Jahren sehr gering aus, sodass das Wohnraumangebot in Herscheid vor allem durch Bestandsimmobilien geprägt wird. Um die Zukunftsfähigkeit der Gemeinde mittel- und langfristig zu sichern, hat die Gemein- de bereits in der Vergangenheit die CIMA Beratung + Management GmbH zusammen mit dem Büro pp|as Pesch Partner Architekten Stadtplaner mit der Erarbeitung eines Gemein- deentwicklungskonzepts Herscheid 2025 beauftragt; dieses wurde im Juli 2012 fertiggestellt und verabschiedet. Aufbauend auf einer ausführlichen Bestandsanalyse wurden Handlungs- schwerpunkte, Schlüsselprojekte und kleinere Einzelmaßnahmen zur Weiterentwicklung der Gemeinde Herscheid erarbeitet. Der Erhalt der Attraktivität der Gemeinde Herscheid als Wohnstandort wurde darin als bedeutende Zielsetzung formuliert. Eine der vorgeschlagenen Maßnahmen war demnach die Erarbeitung eines Handlungsprogramms zum Thema Woh- nen, um mit einer aktiven Wohnungsmarktentwicklung dem demografischen Wandel entge- genzuwirken. Mit dem vorliegenden Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ wird die Handlungsemp- fehlung des Gemeindeentwicklungskonzepts 2012 aufgegriffen. Zukunftsorientierte Strategien und Maßnahmen zur Stabilisierung des lokalen Wohnungsmarkts und damit zur mittel- und langfristigen Förderung des Wohnstandorts Herscheid werden aufgezeigt. Adressaten des Konzeptes sind gleichermaßen Entscheidungsträger und Verantwortliche in Verwaltung und Politik wie auch private Hauseigentümer, Wohnbauunternehmen und Investoren. 5
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 1.2 Projektansatz Für die Bearbeitung des vorliegenden Handlungsprogramms Wohnen in Herscheid wurde ein Untersuchungsdesign gewählt, welches sich an den Empfehlungen des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen in der Entscheidungshilfe Kommunale Handlungskonzepte „Wohnen“ orientiert. Es wurde dabei ein Methodenmix angewendet, be- stehend aus Daten- und sekundärstatistischen Analysen Auswertung von Immobiliendatenbanken (z.B. Immobilienscout24) Literatur- und Quellenanalyse Experteninterviews Schriftliche Bürgerbefragung Vor-Ort-Begehungen Bürgerbefragung Während des Erarbeitungsprozesses des Handlungsprogramms Wohnen in Herscheid wurde eine Bürgerbefragung durchgeführt, um die Wohnsituation und -zufriedenheit sowie die Prä- ferenzen der Herscheider für das Wohnen in der Zukunft festzustellen. Ein eigens für Herscheid erarbeiteter, aus 19 Fragen bestehender Fragebogen wurde an 1.000 per Zufall ausgewählte Bürgerinnen und Bürger (ab 16 Jahre) verschickt. Mit 302 beantworteten Fra- gebögen betrug die Rücklaufquote 30 %, was nach Erfahrungen der cima mit vergleichba- ren Umfragen eine gute Beteiligungsquote darstellt. Die Ergebnisse der Befragung sind als repräsentativ zu bezeichnen, denn die Merkmalsausprägungen der Rückläufer im Hinblick auf Wohnort und Geschlecht unterscheiden sich kaum von den amtlichen Statistiken (vgl. Abb. 1, Abb. 2 und Abb. 3). Bei der Altersverteilung sind jedoch leichte Unterschiede zwi- schen der Befragung und der Bevölkerungsstruktur erkennbar, da in den Befragungsergeb- nissen die Altersgruppe der 18 bis 29-jährigen unter- und die der über 65-jährigen über- repräsentiert ist. 86 % der Befragten leben entweder zusammen mit ihrem Partner oder im Kreise der Fa- milie; nur 12 % der Befragten lebt alleine (vgl. Abb. 4). Ungefähr die Hälfte der Befragten sind Arbeitnehmer; 36 % sind Rentner (vgl. Abb. 5). Hier spiegelt sich die bereits in der Altersverteilung erkennbare leichte Überrepräsentierung der Senioren wider. 6
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abb. 1: Befragte nach Wohnstandorte Abb. 2: Befragte nach Alter 80% 40% 63% 59% 33% 33% 32% 60% 30% 27% 26% 26% 40% 27% 21% 20% 15% 13% 13% 20% 10% 5% 0% 2% 3% Kernort Hüing- Übrige 0% hausen Ortsteile 16 - 18 18 - 29 30 - 49 50 - 64 65 J. J. J. J. J. und Anteil Befragte Anteil Befragte älter Anteil Gesamtbevölkerung Herscheid Anteil Gesamtbevölkerung Herscheid Quelle: IT.NRW, CIMA; Bearbeitung: cima (2014); n=302, Quelle: IT.NRW, CIMA; Bearbeitung: cima (2014); n=302, nur gültige Fälle nur gültige Fälle Abb. 3: Befragte nach Geschlecht Abb. 4: Befragte nach Familienstand 100% Sonstige; alleine; 2% 12% 80% 60% 49% 53% 51% 47% mit 40% Familie; 38% 20% 0% Männlich Weiblich mit Anteil Befragte Partner; Anteil Gesamtbevölkerung Herscheid 48% Quelle: IT.NRW, CIMA; Bearbeitung: cima (2014); n=302, Quelle und Bearbeitung: cima (2014); n=302, nur nur gültige Fälle gültige Fälle Abb. 5: Befragte nach Berufsstatus 5% 1% 7% Arbeitnehmer Schüler/ Student Rentner Selbständig Hausmann/ 36% -frau 49% arbeitslos Beamter 2% Quelle und Bearbeitung: cima (2014); n=302, nur gültige Fälle 7
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Ziel der Bürgerbefragung war es, einerseits ein umfassendes Bild über die aktuelle Wohnsi- tuation der Herscheider Bürger zu erlangen und andererseits die Vorstellungen der Bürger über das zukünftige Wohnen in Herscheid zu ermitteln. Aus methodischen Überlegungen werden die Ergebnisse der unterschiedlichen Fragen nicht als eigenes Kapitel vorgestellt, sondern an den Stellen in dem Bericht aufgeführt, an denen sie die übrigen Analyseer- gebnisse ergänzen. Wohnraumqualitätsatlas Herscheid Im Rahmen der Bestandsaufnahme erstellte die cima einen Wohnraumqualitätsatlas für Herscheid in Form von standardisierten Steckbriefen von neun Wohnquartieren. Hierbei werden die Quartiere jeweils mit den Merkmalen Lage, Standortcharakterisierung, städte- bauliche Struktur, Versorgung, Infrastruktur, Verkehr, Defizite und Potenziale beschrieben und bewertet. Die Steckbriefe dienen als Grundlage für die Identifizierung von Potenzialen und Defiziten sowie der anschließenden Formulierung von Handlungserfordernissen. 1.3 Projektablauf Das vorliegende Handlungsprogramm Wohnen in Herscheid wurde in Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern der Gemeinde Herscheid erarbeitet. Es sind u.a. folgende pro- jektbegleitende Veranstaltungen und Fachgespräche zu nennen: Auftaktgespräch mit der Verwaltung am 22.05.2014 von der cima durchgeführte Expertengespräche und Ortsbegehungen während des gesamten Projektverlaufs Zwischenpräsentation und Abstimmungsgespräch mit Verwaltungsmitarbeitern am 02.09.2014 Bürgerforum am 04.11.2014; in der Veranstaltung wurde interessierten Bürgern die Ergebnisse der Analyse und die Projektvorschläge vorgestellt und ihnen die Mög- lichkeit gegeben, in Einzelgesprächen mit den Beratern und Mitarbeitern der Verwal- tung die Vorschläge zu diskutieren Vorstellung der Ergebnisse vor dem Planungs-, Bau- und Umweltausschuss am 24.11.2014 Fotos: cima (2014) 8
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 2 Wohnungswirtschaftliche Trends Die Wohnungsmärkte in Deutschland sind aktuell starken Veränderungsprozessen unterwor- fen, die von Region zu Region und von Kommune zu Kommune unterschiedliche Dynami- ken und Ausprägungen aufweisen. Sowohl soziodemografisch als auch durch die Verände- rung der Wohnansprüche der Menschen bedingt, schlagen sich diese Prozesse auf die Nachfragesituation auf den Wohnungsmärkten nieder. So stehen wachsende und mit Woh- nungsengpässen kämpfende Wohnungsmärkte denen gegenüber, die durch Stagnation, Schrumpfung und Leerstände gezeichnet sind. Dabei geht es nicht nur um die quantitative Nachfrage nach Wohnraum, auch die Qualität und die Ausstattung des Hauses oder der Wohnung sind Parameter, die den Markt bestimmen. Nicht zuletzt sind ein gestiegenes Umweltbewusstsein in weiten Teilen der Bevölkerung in Verbindung mit steigenden Energie- preisen Einflussfaktoren bei der Wohnraumsuche. Geänderte Anforderungen an das Wohnen: „Wir werden weniger, älter und bunter“ Die Bevölkerungsentwicklung Deutschlands befindet sich in einem demografischen Wandel. Sie ist geprägt durch eine niedrige Geburtenrate, welche die Anzahl der Sterbefälle nicht mehr ausgleichen kann. Neben der damit einhergehenden Schrumpfung der Bevölkerungs- zahl altert die Gesellschaft, weil immer weniger junge Menschen nachkommen und gleich- zeitig die Lebenserwartung der Menschen stetig ansteigt. Es ist davon auszugehen, dass ein großer Teil des aktuellen Wohnungsbestands nicht ge- eignet ist, die aus einer älter werdenden Gesellschaft resultierenden Änderungen der Wohnansprüche zu erfüllen.1 Barrierefreies Wohnen bzw. die Anpassung der Wohnung an die Bedürfnisse der Älteren (wie z.B. durch den Einbau einer bodengleichen Dusche oder eines Aufzugs) werden in der Zukunft eine immer stärkere Rolle spielen. Anspruchsvolle Senioren versus Bedrohung durch Altersarmut Einerseits sind Senioren und Hochbetagte immer länger in der Lage, eigenständig und selbstbestimmt zu wohnen und möchten dies am liebsten in der gewohnten Umgebung tun. Aufgrund der aktuell noch gesicherten Renten und Pensionen sind vor allem jene, die im Eigentum wohnen bzw. Eigentumswohnungen an andere vermieten, oftmals in einer ausgezeichneten wirtschaftlichen Lage, was nicht zuletzt die Werbe- und Konsumgüterin- dustrie erkannt hat. Andererseits nimmt gleichzeitig jedoch auch die Zahl derer zu, die z.B. aufgrund von Teilzeitjobs oder Langzeitarbeitslosigkeit von Altersarmut betroffen sind; auch Menschen mit Migrationshintergrund haben überdurchschnittlich oft ein Armutsrisiko im Rentenalter. Für beide Gruppen müssen lokal angepasste und tragfähige Wohnkonzepte ge- schaffen werden. Für die wirtschaftlich besser gestellten Senioren sind oftmals großzügige Wohnungen im Stadt-/ Ortszentrum attraktiv, da sie hier Versorgungs- und Unterhaltungs- angebote in fußläufiger Entfernung finden. Für eine solche Wohnung sind viele bereit, das klassische Einfamilienhaus am Stadtrand zu verlassen bzw. zu verkaufen. Für die zweite genannte Gruppe ist es wichtig, günstige und/ oder auch kleinere Wohnungen z.B. für al- leinstehende oder verwitwete Personen vorzuhalten. 1 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) (Hrsg.) (2011): Wohnen im Alter. For- schungen Heft 147, S. 23. 9
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Konkurrenz um die Einwohner unter 45 Jahre Nichtsdestotrotz müssen die vom demografischen Wandel stärker betroffenen Städte und Gemeinden gleichzeitig weiter attraktive Wohnangebote für Junge und Familien vorhalten, da ihnen ansonsten ein wichtiges demografisches Nachwuchspotenzial verloren geht. Aller- dings nimmt die Zahl der unter 45-jährigen, also jener Personen, die Familien gründen und Wohneigentum bilden, in den nächsten Jahren besonders stark ab. Durch eine zusätzliche Arbeitsplatzmobilität und verschiedenste Lebensmodelle verlieren einige Regionen erheblich an Einwohnern und damit an Wohnraumnachfragern; dies gilt gerade für strukturschwache Bereiche oder den ländlichen Raum. Für Städte, Gemeinden, Wohnungsunternehmen und andere an der Immobilienwirtschaft Beteiligte wird in diesen Regionen die Konkurrenz um Einwohner bzw. Kunden immer größer, da das Leerstandsrisiko von Wohnraum immer grö- ßer wird. Für die Ballungsräume ist dieses Risiko in der Regel gering; hier ist die Nachfrage nach (Miet-) Wohnungen vor allem von jüngeren Haushaltsgruppen recht stabil. Einige Städte haben – auch aufgrund zahlreicher nicht mehr marktfähiger Wohnungen für die nun Ersatz geschaffen werden muss – eine regelrechte Wohnungsnot. In weniger dynamischen Städten und im ländlichen Raum müssen allerdings individuelle Konzepte – auch auf Quartiers- oder Nachbarschaftsebene – geschaffen werden, um sich gegenüber anderen Wohnorten abzuheben. Multioptionalität der Lebensstile führt zu hoher Pro-Kopf-Wohnfläche Darüber hinaus sind die Schlagwörter „Pluralisierung der Lebensstile“, „Individualisierung“ und „Singularisierung“ zu nennen. Immer mehr Menschen wollen oder müssen alleine le- ben. In Deutschland beträgt die Zahl der Singlehaushalte bereits heute ca. 14 Millionen; dies entspricht einem Anteil von 37 % aller Haushalte.2 In der Trendvariante der Voraus- berechnung der Haushalte in Deutschland erwartet das Statistische Bundesamt einen An- stieg der Einpersonenhaushalte auf ca. 43 % zum Jahr 2030.3 Damit einher geht auch die Verringerung der durchschnittlichen Haushaltsgrößen. Waren es in Deutschland Anfang der 1990er noch 2,3 Personen pro Haushalt im Schnitt, hat sich diese Zahl heute auf bereits 2,0 Personen verringert. Es wird prognostiziert, dass sich die durchschnittliche Haushalts- größe in Deutschland bis zum Jahr 2030 auf ca. 1,9 weiter verringern wird (vgl. Abb. 6). Vor allem klassische Familienhaushalte mit mindestens drei Haushaltsmitgliedern nehmen weiter ab. Durch diese Entwicklungen steigt gleichzeitig die Pro-Kopf-Wohnfläche, denn kleine Haus- halte benötigen mehr Fläche als große Haushalte. Standen 1998 jedem Einwohner noch 39 m² zur Verfügung, so ist die Pro-Kopf-Wohnfläche mittlerweile auf 45 m² angewachsen.4 Demnach wird in einigen Regionen und Kommunen trotz des Bevölkerungsrückgangs die Nachfrage nach Wohnraum weiter wachsen, da die erhöhten Ansprüche an die Wohnungs- größe sowie eine veränderte Haushaltsstruktur die maßgeblichen Bestimmungsgrößen dar- stellen. 2 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2014): Zensus 2011. 3 Statistisches Bundesamt (2011): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit – Entwicklung der Privathaushalte bis 2030, Ergebnisse der Haushaltsvorausberechnung. Wiesbaden. S. 10. 4 Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2013): Pressemitteilung Nr. 9/2013. Wiesbaden. 10
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abb. 6: Zahl der Privathaushalte und durchschnittliche Haushaltsgröße in Deutschland 1991 bis 2030 Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2014) Wohneigentumsbildung wird aufgeschoben Weiterhin ist in Zukunft mit einer Schwächung der Wohneigentumsbildung junger Haushalte zu rechnen. So erfolgt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels nicht nur eine quantitative Verringerung der Gruppe der potentiellen Wohneigentumserwerber; durch priva- te Flexibilität einhergehend mit einem steigenden Anspruch an die Wohnqualität und die heutzutage geforderte berufliche Mobilität steht diese Gruppe zusätzlich vor dem Konflikt zwischen Immobilienkauf und der Aufgabe dieser Flexibilität und Entscheidungsfreiheit. War es früher noch üblich, spätestens mit Mitte 30 über den Erwerb von Wohneigentum nach- zudenken, so verschiebt sich dies zukünftig in die älteren Altersgruppen. Dann allerdings steigt neben der Pro-Kopf-Wohnfläche auch die Eigentümerquote; vor allem bei den zwi- schen 45- bis unter 60-jährigen wird die Eigentümerquote in den kommenden Jahren auf über 60 % prognostiziert.5 Zukünftig werden es vermehrt Immobilienkäufer sein, die erst spät Eigentum bilden oder sich nach dem Auszug der Kinder und dem Verkauf des Fami- lien-Eigenheims mit einer Eigentumswohnung verkleinern möchten. 5 Vgl. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (2010): Wohnungsmärkte im Wandel. Zentrale Ergebnisse der Wohnungsmarktprognose 2025. Bonn. S. 4. 11
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 3 Rahmenbedingungen 3.1 Kurzprofil der Gemeinde Herscheid Die im Westen des Sauerlands gelegene Gemeinde Herscheid ist eine von 15 Gemeinden des Märkischen Kreises. Als Grundzentrum grenzt sie an die mittelzentralen Nachbarge- meinden Werdohl, Plettenberg, Attendorn (Kreis Olpe), Meinerzhagen und Lüdenscheid. Das nächstgelegene Oberzentrum ist Hagen in ca. 40 km Entfernung. Das statistische Lande- samt NRW definiert Herscheid als „kleine Landgemeinde“. An das überregionale Straßen- netz ist Herscheid über die Autobahnanschlussstelle Lüdenscheid-Süd (BAB 45 - Sauerland- linie) angebunden, die das Gemeindegebiet in sechs Kilometern Entfernung im Westen pas- siert. Die ebenfalls viel frequentierte Landesstraße L 561 verbindet Herscheid mit den Mit- telzentren Lüdenscheid und Plettenberg. Eine verkehrliche Anbindung an das Schienennetz besteht nicht. Die Gemeinde ist stark durch ihr landschaftliches Erscheinungsbild geprägt. Mit einer Aus- dehnung von rund 59 Quadratkilometern liegt sie mitten im Naturpark Ebbegebirge. Südlich der Gemeinde erhebt sich die Nordhelle, mit 663 m der höchste Berg des Naturparks. Dort entspringt der Oesterbach, der an der östlichen Gemeindegrenze zur Oestertalsperre aufgestaut wird. Die Verse- und Fürwiggetalsperren liegen westlich von Herscheid. Im Nordwesten fließt die Schwarze Ahe. Wald- und landwirtschaftliche Flächen nehmen die größten Anteile des Gemeindegebiets ein. Der Siedlungsraum für die knapp 7.300 Einwohner umfasst dagegen nur rund fünf Prozent der gemeindlichen Flächen.6 Als Siedlungsschwerpunkte sind der Kernort mit ca. 4.400 Einwohnern und der Ortsteil Hüinghausen an der Gemeindegrenze zur Stadt Plettenberg mit ca. 960 Einwohnern zu nennen. Beide Siedlungsschwerpunkte liegen verkehrsgünstig an der von Westen nach Os- ten verlaufenden L 561. Die übrige Bevölkerung verteilt sich über die weitläufige Siedlungs- struktur von Herscheid, die zahlreiche kleinere Ortslagen und drei Wochenendhausgebiete umfasst. Mit 119 Einwohnern je Quadratkilometer ist Herscheid die Gemeinde mit der ge- ringsten Bevölkerungsdichte im Märkischen Kreis. 6 IT.NRW (2014): Kommunalprofil Herscheid. Düsseldorf. 12
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 3.2 Demografische Rahmenbedingungen Die Einwohnergröße und deren Entwicklung stellt bei der Analyse des Wohnungs- und Im- mobilienmarkts einer Gemeinde eine wichtige Bestimmungsgröße dar. In der Gemeinde Herscheid leben aktuell 7.237 Einwohner (Stand 31.12..2013) 7. Während die Gemeinde zwi- schen 1985 und 2002 ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum verzeichnen konnte, war die Bevölkerungszahl in den vergangenen zehn Jahren rückläufig; Herscheid hat in diesem Zeitraum ca. 6 % seiner Bevölkerung verloren (vgl. Abb. 7). Die Bevölkerungsentwicklung verlief in den vergangenen Jahren somit in ähnlicher Weise wie im Märkischen Kreis oder in den ausgesuchten Vergleichsstädten (vgl. Abb. 8). In Herscheid begründet sich dies zum einen durch eine negative natürliche Bevölkerungsentwicklung (Verhältnis von Geburten zu Sterbefällen; Schnitt 2006 - 2013: -37 Personen) und zum anderen durch einen negativen Wanderungssaldo (Verhältnis von Zuzügen zu Fortzügen; Schnitt 2006 - 2013: -28 Perso- nen), wenngleich letzterer im Jahr 2013 erstmals wieder positiv war (+27 Personen) (vgl. Abb. 9). Abb. 7: Bevölkerungsentwicklung Herscheid 1985-2013 8000 7672 7500 7237 7000 6769 6500 6000 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung Herscheid und Vergleichsregionen 102 Indexwerte 2005 = 100 100 98 96 94 92 90 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Herscheid Nachrodt-Wiblingwerde Schalksmühle Plettenberg Märkischer Kreis Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) 7 IT.NRW (2014): Bevölkerungsfortschreibung Basis Zensus 2011. Düsseldorf. 13
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abb. 9: Determinanten der Bevölkerungsentwicklung 500 403 400 376 300 200 81 100 63 27 0 -18 -100 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Geborene Gestorbene Saldo Geborene/Gestorbene Zuzüge Fortzüge Saldo Zuzüge/Fortzüge Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) Die häufigsten Zielorte bei Fortzügen aus Herscheid waren im Jahr 2013 Lüdenscheid und Plettenberg mit je 80 Personen. Diese Städte stellen gleichzeitig auch die wichtigsten Zu- zugsorte dar, so zogen 97 Personen aus Lüdenscheid und 96 Personen aus Plettenberg nach Herscheid (vgl. Abb. 10). Die nahegelegenen Oberzentren spielen bei den Wande- rungsbewegungen eine vergleichsweise geringe Rolle; lediglich die Wanderungsbewegungen nach Dortmund mit der Bedeutung als Universitätsstadt etc. sind hier nennenswert. Bei der Untersuchung der altersspezifischen Wanderungen zwischen 2003 und 2013 sind zunächst deutliche Wanderungsverluste bei den 18- bis 25-jährigen (sog. Starterhaushalte) zu erkennen (vgl. Abb. 11). Es ist davon auszugehen, dass Personen dieser Altersgruppe die Gemeinde vorwiegend zum Studium oder zur Ausbildung verlassen. Leichte Wande- rungsverluste sind darüber hinaus bei den 25- bis 30-jährigen – den jungen Familiengrün- dern und Berufseinsteigern – zu verzeichnen. Diesen Personen fehlen nach ihrer Berufs- ausbildung u.U. die berufliche Perspektive oder qualifizierte Arbeitsplätze in der Region. Andere Gründe für den Fortzug in dieser Altersklasse können fehlende Bauplätze oder Kaufimmobilien sein, die in der Phase der Familiengründung verstärkt nachgefragt werden. Weitere Wanderungsverluste im Zeitraum von 2003 bis 2013 verzeichnet die Altersklasse der 50- bis 65-jährigen und die Altersgruppe der Senioren (65 Jahre und älter). Hier ist darauf hinzuweisen, dass Herscheid sowohl bei den barrierefreien bzw. altengrechten Woh- nungen als auch bei den Pflegeheimplätzen ein Angebotsdefizit besitzt. Dies hat zur Folge, dass diese Gruppen in die Nachbarkommunen ziehen müssen, wenn sie ein solches Ange- bot in Anspruch nehmen möchten. 14
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abb. 10: Wanderungsbilanz Herscheid nach Ziel- und Herkunftsort (2013) Zugezogen von Fortgezogen nach Saldo Märkischer Kreis 258 209 49 Lüdenscheid, Stadt 97 80 17 Plettenberg, Stadt 96 80 16 Werdohl, Stadt 14 7 7 Kierspe, Stadt 9 3 6 Hemer, Stadt 5 - 5 Halver, Stadt 4 - 4 Balve, Stadt 2 - 2 Menden (Sauerland), Stadt 3 1 2 Nachrodt-Wiblingwerde 4 2 2 Schalksmühle 2 1 1 Neuenrade, Stadt 5 5 0 Altena, Stadt 4 7 -3 Meinerzhagen, Stadt 10 14 -4 Iserlohn, Stadt 3 9 -6 Köln, krfr. Stadt 4 2 2 Dortmund, krfr. Stadt 5 19 -14 Düsseldorf, krfr. Stadt 3 6 -3 Hagen, krfr. Stadt - - - Nordrhein-Westfalen 334 295 39 Deutschland ohne NRW 32 42 -10 Deutschland 366 337 29 Ausland 37 39 -2 Insgesamt 403 376 27 Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) Wanderungsgewinne hingegen sind bei den 30- bis unter 50-jährigen (den wichtigsten Nachfragern nach Wohneigentum) zu erkennen. Hiermit verbunden sind auch die leichten Wanderungsgewinne in der Gruppe der unter 18-jährigen (Kinder der Familien). In diesem Zusammenhang bemerkenswert ist der Wanderungsüberschuss in diesen beiden Altersgrup- pen im Jahr 2013. Hier verzeichnete Herscheid einen positiven Saldo von 23 Personen bei den unter 18-jährigen und 38 Personen bei den 30- bis unter 50-jährigen. 15
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abb. 11: Altersspezifische Wanderungen Herscheid (2003 – 2013) unter 18 Jahre 705 643 18 bis unter 25 Jahre 676 941 25 bis unter 30 Jahre 557 589 30 bis unter 50 Jahre 1390 1303 50 bis unter 65 Jahre 407 448 65 Jahre und mehr 337 373 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Zugezogene Fortgezogene Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) Nichtsdestotrotz macht sich der demografische Wandel in Herscheid bereits bemerkbar: in der Bevölkerungspyramide ist die für eine überalternde Bevölkerungsstruktur typische Ur- nenform zu erkennen (vgl. Abb. 13). Weniger als ein Viertel der Bevölkerung ist jünger als 25 Jahre, wohingegen die über 60-jährigen mit 29,5 % die größte Altersgruppe stellen. Im kreis- und landesweiten Vergleich sind eine Unterrepräsentierung der jungen Bevölkerung und eine Überrepräsentierung der älteren Bevölkerung in Herscheid festzustellen (vgl. Abb. 12). Abb. 12: Altersstruktur Herscheid und Vergleichsregionen (2013) Altersgruppe NRW Märkischer Kreis Herscheid unter 6 Jahre 5,0 % 4,8 % 4,1 % 6 bis unter 18 J. 11,8 % 12,3 % 11,5 % 18 bis unter 25 J. 8,2 % 8,1 % 6,5 % Summe bis 25 J. 25,0 % 25,2 % 22,1 % 25 bis unter 30 J. 5,9 % 5,4 % 4,4 % 30 bis unter 40 J. 11,6 % 10,7 % 9,7 % 40 bis unter 50 J. 16,2 % 16,4 % 18,4 % 50 bis unter 60 J. 14,9 % 15,3 % 15,9 % Summe 25 bis 60 J. 48,6 % 47,8 % 48,4 % 60 bis unter 65 J. 6,0 % 6,1 % 6,7 % 65 J. und älter 20,4 % 20,9 % 22,7 % Summe über 60 J. 26,4 % 27,0 % 29,5 % Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) 16
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Im Gegensatz zum Märkischen Kreis mit einem Ausländeranteil von ca. 10 % weist Herscheid mit 5 % einen unterdurchschnittlichen Ausländeranteil auf.8 Abb. 13: Bevölkerungspyramide Gemeinde Herscheid 2013 78 bis unter 79 Jahre 76 bis unter 77 Jahre 74 bis unter 75 Jahre 72 bis unter 73 Jahre 70 bis unter 71 Jahre 68 bis unter 69 Jahre 66 bis unter 67 Jahre 64 bis unter 65 Jahre 62 bis unter 63 Jahre 60 bis unter 61 Jahre 58 bis unter 59 Jahre 56 bis unter 57 Jahre 54 bis unter 55 Jahre 52 bis unter 53 Jahre 50 bis unter 51 Jahre 48 bis unter 49 Jahre 46 bis unter 47 Jahre 44 bis unter 45 Jahre 42 bis unter 43 Jahre 40 bis unter 41 Jahre 38 bis unter 39 Jahre 36 bis unter 37 Jahre 34 bis unter 35 Jahre 32 bis unter 33 Jahre 30 bis unter 31 Jahre 28 bis unter 29 Jahre 26 bis unter 27 Jahre 24 bis unter 25 Jahre 22 bis unter 23 Jahre 20 bis unter 21 Jahre 18 bis unter 19 Jahre 16 bis unter 17 Jahre 14 bis unter 15 Jahre 12 bis unter 13 Jahre 10 bis unter 11 Jahre 8 bis unter 9 Jahre 6 bis unter 7 Jahre 4 bis unter 5 Jahre 2 bis unter 3 Jahre unter 1 Jahr -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 Männer Frauen Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) 8 Eigene Berechnung nach IT.NRW (2014): Bevölkerung nach Altersgruppen und Nationalität, Zensus 2011, Stich- tag 09.05.2011. Düsseldorf. 17
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 3.3 Sozioökonomische Rahmenbedingungen Zur Untersuchung der Nachfragesituation im Hinblick auf den Wohnungs- und Immobilien- markt ist es zweckdienlich, die sozioökonomischen Rahmenbedingungen einer Gemeinde zu beachten. Im vorliegenden Fall werden die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Be- schäftigten, die Bilanz der Ein- und Auspendler, die Arbeitslosenzahlen sowie das durch- schnittliche Haushaltseinkommen untersucht. Die wirtschaftliche Situation Herscheids wird analog zum Märkischen Kreis stark vom pro- duzierenden Gewerbe geprägt. Vor allem die metallverarbeitende Industrie, die hier im We- sentlichen aus mittelständischen Automobilzulieferern besteht, ist entscheidend. So waren 2012 fast 70 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im produzierenden Gewerbe tätig.9 Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Herscheid war in den vergange- nen Jahren rückläufig. Von 1.984 Beschäftigten im Jahr 2003 verringerte sich die Zahl auf 1.793 im Jahr 2012, was einen Rückgang von 10 % bedeutet. Dies stellt kreisweit den größten Rückgang dar, wenngleich in Herscheid analog zu den Vergleichsregionen seit 2009 wieder eine positive Entwicklung zu erkennen ist (vgl. Abb. 14). Abb. 14: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 115 110 Indexwerte 2003 = 100 105 100 95 90 85 80 75 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Herscheid Nachrodt-Wiblingwerde Plettenberg Schalksmühle Märkischer Kreis Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) In Herscheid arbeiten 1.428 Einpendler, denen 2.622 Berufsauspendler gegenüberstehen, sodass sich für Herscheid ein deutlicher Auspendlerüberschuss von 1.194 Berufstätigen ergibt.10 Die Pendlerverflechtungen ergeben sich dabei hauptsächlich mit den mittelzentra- len Nachbargemeinden Lüdenscheid, Plettenberg und Werdohl, wohingegen die Verflechtun- gen mit den nächstgelegenen Oberzentren Hagen, Wuppertal und Dortmund nur eine un- tergeordnete Rolle spielen. 9 Eigene Berechnung n. IT.NRW (2014): Kommunalprofil Herscheid. Düsseldorf. 10 IT.NRW (2014) Berufseinpendler/Berufsauspendler (Tagespendler) nach Geschlecht, Entfernung und Quelle/Ziel zum 30.06.2012. Düsseldorf. 18
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Im Geschäftsstellenbezirk Plettenberg der Agentur für Arbeit – hierzu gehören die Gemein- de Herscheid und die Stadt Plettenberg – betrug die Arbeitslosenquote im März 2014 5,3 % und liegt damit deutlich unter der Arbeitslosenquote des Märkischen Kreises mit 7,9 %.11 In Herscheid waren zu diesem Zeitpunkt 144 Personen von Arbeitslosigkeit betrof- fen12. Jedem Herscheider Haushalt standen im Jahr 2013 im Schnitt 4.119 Euro (Netto) pro Mo- nat zur Verfügung. Im Vergleich dazu lag der Märkische Kreis bei 3.705 Euro.13 Diese wirt- schaftliche solide Situation vieler Herscheider wird auch durch die Ergebnisse der Bürger- befragung belegt: 43 % der Befragten gaben an, über ein Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 3.000 Euro pro Monat zu verfügen (vgl. Abb. 15). Abb. 15: Monatliches Haushaltsnettoeinkommen (Bürgerbefragung) 45% 43% 40% 35% 30% 30% 24% 25% 20% 15% 10% 4% 5% 0% weniger als zw. 1001 € und zw. 2001 € und mehr als 1000 € 2000 € 3000 € 3000 € Quelle und Bearbeitung: cima (2014); n=302, nur gültige Fälle 11 Agentur für Arbeit (2014): Arbeitslosigkeit auf lokaler Ebene, Presseinfo 053/2014. 12 IT.NRW (2014): Arbeitsmarktstatistik. Düsseldorf. 13 Mikromarktdaten, Acxiom Deutschland GmbH, Stand: 4. Quartal 2013 19
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 3.4 Infrastrukturelle Rahmenbedingungen Nachfolgend werden die für die Bevölkerungs- und Wohnbauentwicklung wesentlichen loka- len Rahmenbedingungen in Form der Angebote in den Bereichen Einzelhandel, Dienstleis- tungen, Gastronomie, Freizeit sowie soziale Infrastruktur kurz umrissen: Einzelhandel: Das Einzelhandelsangebot in der Gemeinde Herscheid beschränkt sich weitgehend auf die Anbieter des täglichen Bedarfs. Die im Gemeindegebiet vorhandenen rd. 30 Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von rd. 4.300 m² erwirtschaften nach cima-Berechnungen einen Einzelhandelsumsatz von rd. 17,1 Mio. €. Die Anbieter konzentrieren sich fast vollständig auf den Kernort. Während das Angebot in den Wa- rengruppen des täglichen Bedarfs u.a. durch die Anbieter KAUFPARK und NETTO noch als befriedigend und typisch für ein Grundzentrum der Größe von Herscheid einzustufen ist, sind viele Warengruppen des mittel- und langfristigen Bedarfs nicht oder nur rudi- mentär besetzt. Dienstleistungen: Neben der Gemeindeverwaltung wird der Ortskern Herscheid von ein- zelhandelsnahen Dienstleistungen (Banken, Versicherungen, Frisör etc.) sowie einem aus- reichenden Angebot im Bereich der Gesundheitsversorgung ergänzt. Hierzu zählen All- gemeinmediziner, Fachärzte und Zahnärzte, physiotherapeutische Praxen, Fußpflege- und Kosmetikinstitute. Darüber hinaus gibt es vereinzelte Spezialangebote, wie z.B. ein Fit- nesscenter. Gastronomie: Das gastronomische Angebot im Gemeindegebiet bilden Landgasthöfe, Ca- fés, Imbisse und Kioske, die sich sowohl im Ortskern als auch z.T. in den peripheren Ortsteillagen befinden. Schulen und Kindertagesstätten: Die Ausstattung mit Kindertageseinrichtungen und Schulen in Herscheid ist sehr unterschiedlich: während die drei Kindertagesstätten (zwei im Ortskern und eine in Hüinghausen) und die beiden Grundschulen (jeweils eine in Herscheid und Hüinghausen) für jüngere Kinder eine gute Versorgung bilden, fehlen die weiterführenden Schulen komplett. Seit die Rahlenbergschule (Hauptschule) zum Ende des Schuljahres 2013/14 geschlossen wurde, müssen die Schüler nach Abschluss der Grundschule nach Plettenberg oder Lüdenscheid fahren. Freizeitangebot: Aufgrund der naturräumlichen Qualitäten besitzt Herscheid für bestimm- te Freizeitaktivitäten (Wandern, Radfahren) – wie auch die Nachbarkommunen - beson- dere Vorzüge. Das örtliche Freizeitangebot wird fast ausschließlich durch ehrenamtliche Vereinstätigkeiten abgedeckt. Es gibt zahlreiche Turn- und Sportvereine mit Kinder- und Jugendabteilungen. Hervorzuheben ist das von der Gemeinde getragene Jugendzentrum „Pappkiste“. Es bietet ergänzend zu den lokalen Angeboten der Vereine Ferienprogram- me, Workshops, Bewerbungstrainings etc. an. Hinsichtlich des Freizeitangebotes ist da- rüber hinaus das Freibad zu nennen. 20
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 3.5 Bevölkerungsprognosen Auf Basis der Daten der Gemeindemodellrechnung 2011 – 2030 des Statistischen Lande- samts NRW wird für Herscheid ein Bevölkerungsrückgang von 27 % bis zum Jahre 2030 prognostiziert, auf dann 5.279 Einwohner (vgl. Abb. 16). Die Folgen des demografischen Wandels zeigen sich zusätzlich in der zukünftigen Altersstruktur: waren 2012 noch 22,1 % der Einwohner Herscheids unter 25 Jahre alt, so werden es 2030 nur noch 18 % sein. Deutlicher zeigt sich die Entwicklung jedoch bei den über 65-jährigen. Hier steigt der Anteil an der Gesamtbevölkerung von 22,7 % im Jahre 2012 auf 31 % im Jahre 2030.14 Die Be- völkerungspyramide für das Jahr 2030 verdeutlicht die Verschiebung „nach oben“ (vgl. Abb. 17). Abb. 16: Entwicklung der Bevölkerungszahlen, Gemeindemodellrechnung 2011 - 2030 105 100 Indexwerte 2011 = 100 95 90 85 80 75 70 2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023 2025 2027 2029 Herscheid Nachrodt-Wiblingwerde Schalksmühle Plettenberg Märkischer Kreis Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) 14 Eigene Berechnung nach IT.NRW (2014): Gemeindemodellrechnung 2011 bis 2030. Düsseldorf. 21
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abb. 17: Bevölkerungspyramide 2030 78 bis unter 79 Jahre 76 bis unter 77 Jahre 74 bis unter 75 Jahre 72 bis unter 73 Jahre 70 bis unter 71 Jahre 68 bis unter 69 Jahre 66 bis unter 67 Jahre 64 bis unter 65 Jahre 62 bis unter 63 Jahre 60 bis unter 61 Jahre 58 bis unter 59 Jahre 56 bis unter 57 Jahre 54 bis unter 55 Jahre 52 bis unter 53 Jahre 50 bis unter 51 Jahre 48 bis unter 49 Jahre 46 bis unter 47 Jahre 44 bis unter 45 Jahre 42 bis unter 43 Jahre 40 bis unter 41 Jahre 38 bis unter 39 Jahre 36 bis unter 37 Jahre 34 bis unter 35 Jahre 32 bis unter 33 Jahre 30 bis unter 31 Jahre 28 bis unter 29 Jahre 26 bis unter 27 Jahre 24 bis unter 25 Jahre 22 bis unter 23 Jahre 20 bis unter 21 Jahre 18 bis unter 19 Jahre 16 bis unter 17 Jahre 14 bis unter 15 Jahre 12 bis unter 13 Jahre 10 bis unter 11 Jahre 8 bis unter 9 Jahre 6 bis unter 7 Jahre 4 bis unter 5 Jahre 2 bis unter 3 Jahre unter 1 Jahr -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 Männer Frauen Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) In einer Prognose der Bertelsmann-Stiftung verliert die Gemeinde Herscheid - ausgehend vom Basisjahr 2009 - bis 2030 15,3 % ihrer Einwohner, also einen Rückgang auf 6.180 Einwohner. Im Hinblick auf die zukünftigen Anteile der Altersgruppen ist diese Prognose mit der Gemeindemodellrechnung vergleichbar. So prognostiziert auch die Bertelsmann Stiftung einen Anstieg des Anteils der über 65-jährigen an der Gesamtbevölkerung auf rund 32 % und eine Verringerung des Anteils der unter 25-jährigen auf ca. 19 %. Methodische Unterschiede zwischen beiden Prognosen bestehen hinsichtlich der Basisjahre (IT.NRW: 2011; Bertelsmann: 2009) sowie der benutzten Daten aus der Vergangenheit (IT.NRW: 2006 – 2010; Bertelsmann: 2006 – 2009). Beiden Prognosen gemein ist jedoch die Nichtberücksichtigung der Zensuszahlen, sodass die leichte Stabilisierung der Einwoh- nerzahl von Herscheid in den letzten drei Jahren nicht Berücksichtigung gefunden hat. 22
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abb. 18: Vergleich der Bevölkerungsprognosen 8000 6.960 6.821 6.690 7000 6.430 6.329 6.180 5.815 6000 5.279 5000 4000 3000 2000 1000 0 01.01.2015 01.01.2020 01.01.2025 01.01.2030 IT.NRW Bertelsmann Quelle: IT.NRW, Bertelsmann-Stiftung; Bearbeitung: cima (2014) Die deutlichen Ergebnisunterschiede zwischen beiden Prognosen erklären sich folgender- maßen: Für die natürliche Bevölkerungsentwicklung (Verhältnis Geburtenzahlen zu Sterbefälle) geht die Gemeindemodellrechnung von einer kontinuierlichen Erhöhung auf -70 Perso- nen pro Jahr zum Jahre 2029 aus. Die Bertelsmann-Stiftung prognostiziert für 2030 ei- nen Saldo von -60 Personen pro Jahr. Mit Blick auf die Wanderungsbewegungen prognostiziert das Statistische Landesamt ei- nen vergleichsweise konstant bleibenden Saldo zwischen -47 Personen im Jahr 2015 und -40 Personen im Jahr 2029. Im Gegensatz dazu prognostiziert die Bertelsmann Stiftung eine Verbesserung des Wanderungssaldos von -10 im Jahr 2015 auf +10 Per- sonen im Jahr 2030. In der Summe ergibt sich in der Prognose des Statistischen Landesamts im Betrach- tungsraum 2011 bis 2030 eine Bevölkerungsentwicklung zwischen -95 und -110 Perso- nen pro Jahr. Hierzu tragen die natürliche Bevölkerungsentwicklung und die Wanderun- gen gleichermaßen bei. Dieser Korridor liegt in der Bertelsmann-Prognose hingegen zwischen -111 Personen im Jahr 2009 und -49 Personen im Jahr 2030. Da sich die Wanderungsbilanzen über den Betrachtungszeitraum zum größten Teil ausgleichen, wird diese Prognose nahezu aus- schließlich von der natürlichen Bevölkerungsentwicklung bestimmt. Wenn sich die Rahmenbedingungen innerhalb der Gemeinde (z.B. Betriebsansiedlungen, Ausweisung größerer Baugebiete o.ä.) nicht ändern, erscheint die Prognose der Bertels- mann-Stiftung – also die Erwartung eines Wanderungsgewinns ab dem Jahr 2025 – wenig plausibel. Vor dem Hintergrund der Stabilisierung der Einwohnerzahl in den vergangenen drei Jahren ist jedoch auch nicht davon auszugehen, dass sich die vom Landesamt prog- nostizierte Entwicklung in dieser Dimension bewahrheiten wird. 23
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Auf Basis einer eigenen Berechnung, die Parameter aus beiden genannten Prognosen be- rücksichtigt, geht die cima davon aus, dass sich die Bevölkerungszahl von Herscheid bis zum Jahr 2030 auf ca. 6.000 Einwohner verringern wird (vgl. Abb. 19). Der cima- Modellrechnung liegen folgende Ansätze zugrunde: Die Gemeindemodellrechnung von IT.NRW und die Bertelsmann-Prognose wurden auf der Basis der aktuellen Einwohnergröße von Herscheid (31.12.2013: 7.237 Einwohner) fortgeschrieben. Für die Jahre 2015, 2020, 2025 und 2030 wurden anschließend die Mittelwerte der beiden Prognosen berechnet; es wird von einer Abweichung von +/- 5 % von dem Mit- telwert ausgegangen. Abb. 19: cima-Modellrechnung 2013 2015 2020 2025 2030 7.100 – 7.200 6.700 – 6.800 6.300 – 6.400 5.900 – 6.000 7.237 Ew. Ew. Ew. Ew. Ew. Quelle: Eigene Berechnung (2014) Entwicklung der Haushalte in Herscheid Die Gemeinde Herscheid verzeichnete zum Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 eine Ein- wohnerzahl von 7.363 Personen.15 Diese teilten sich auf 3.305 Haushalte auf, sodass sich für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,22 Personen pro Haushalt ergab. Geht man davon aus, dass sich die Zahl der Personen pro Haushalt bis 2030 nicht ver- ändert, bedeutete dies für Herscheid eine Verringerung um ca. 600 Haushalte auf etwa 2.700 Haushalte, ausgehend von einer Einwohnerzahl von rd. 6.000 Bürgern. Vor dem Hin- tergrund der eingangs beschriebenen wohnungswirtschaftlichen Trends und Haushaltsent- wicklungen ist diese Annahme jedoch unrealistisch. So ist auch in Herscheid mit einem Rückgang der durchschnittlichen Haushaltsgrößen zu rechnen, wenngleich sie als Gemeinde im ländlichen Raum auch weiterhin eine andere Haushaltsgrößenstruktur aufweisen und die zum Jahr 2030 für Deutschland prognostizierte durchschnittliche Haushaltsgröße von 1,9 voraussichtlich nicht erreichen wird. Nichtsdestotrotz wird sich alleine aufgrund des demo- grafischen Wandels die Zahl der Einpersonenhaushalte in Herscheid signifikant erhöhen. Geht man davon aus, dass die durchschnittliche Haushaltsgröße in Herscheid 2030 in ei- nem Bereich zwischen 2,0 und 2,1 Personen liegen wird, würde dies eine Verringerung von ca. 300 bis 450 Haushalten im Vergleich zu 2011 bedeuten. Für das Jahr 2030 ist damit von 2.850 – 3.000 Haushalten in Herscheid auszugehen. 15 Da für die Anzahl der Haushalte noch keine Fortschreibungsdaten des Zensus existieren, wurden aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit hier die Ergebnisse des Zensus 2011 zum Berichtszeitpunkt 9. Mai 2011 ver- wendet. 24
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Eine Verkleinerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße geht mit einer Vergrößerung der durchschnittlichen Pro-Kopf-Wohnfläche einher; aktuell liegt diese bei ca. 45 m² (s. Kap. 2). Es muss einerseits zwar mit einer Verringerung der Zahl der Haushalte auf rd. 3.000 im Jahr 2030 gerechnet werden, andererseits wird der Wohnflächenbedarf aufgrund des an- haltenden Trends der wachsenden Pro-Kopf-Wohnfläche nicht proportional sinken. Es wird allerdings wichtig sein, dass vielfältige Wohnraumangebote in unterschiedlichen Gebäudear- ten und mit flexiblen Wohnflächen auf dem Herscheider Immobilienmarkt verfügbar sind. Dazu gehören sowohl großflächige Einfamilienhäuser als auch adäquate Eigentums- und Mietwohnungen mit 60 bis 80 m² Wohnfläche. 3.6 Fazit zu den Rahmenbedingungen und Ableitung von Handlungserfordernissen Die Gemeinde Herscheid durchläuft – wie auch die ganze Region – den Prozess des de- mografischen Wandels. So wiesen in den vergangenen Jahren beide Determinanten der Bevölkerungsentwicklung – die natürliche Bevölkerungsentwicklung und die Wanderungsbe- wegungen – negative Salden auf. In Anbetracht der geringen Geburtenzahlen zwischen 2003 und 2013 ist davon auszugehen, dass sich die in der Vergangenheit durchgehend negative natürliche Bevölkerungsentwicklung in ähnlicher Weise fortsetzt. Dies bestätigen auch die Prognosen des Statistischen Landesamtes und der Bertelsmann Stiftung, die bei- de einen deutlichen Rückgang der Bevölkerungszahlen bis zum Jahr 2030 erwarten. Herscheid müsste zukünftig deutliche Wanderungsgewinne verzeichnen, um eine stabile Einwohnerentwicklung zu erreichen. Wenngleich die Wanderungssalden in der Gesamtheit negativ waren, profitiert Herscheid jedoch von Zuzügen aus den unmittelbaren Nachbarge- meinden Plettenberg und Lüdenscheid und - im Hinblick auf altersspezifische Wanderungen – von Zuzügen junger Familien. Dagegen leidet Herscheid v.a. unter dem Wegzug der jun- gen Bevölkerung zwischen 18 und 25 Jahren. Herscheid wird „weniger“ und „älter“, aber nicht „bunter“. In wirtschaftlicher Hinsicht ist Herscheid stark abhängig vom produzierenden Gewerbe. Mehr als ein Drittel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Herscheid sind in die- sem Bereich tätig. Darüber hinaus leidet die Gemeinde an einem Rückgang der Arbeitsplät- ze, wenngleich – dem allgemeinen Trend folgend – eine leicht positive Entwicklung in den vergangenen Jahren zu verzeichnen ist. Der starke Auspendlerüberschuss sowie das Ver- hältnis der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Wohnort zu denen am Arbeitsort führt dazu, dass Herscheid in erster Linie als Wohnstandort und nur nachgeordnet als Gewerbestandort zu positionieren ist. Bezugnehmend auf die Bevölkerungsprognosen des Statistischen Landesamtes und der Bertelsmann-Stiftung sollte es realistisches Ziel der Gemeinde Herscheid sein, die Einwoh- nerzahl zum Jahr 2030 im Bereich „6.000 Plus“ zu halten. In Verbindung damit und vor dem Hintergrund der demografischen und sozioökomischen Rahmenbedingungen muss die Stabilisierung der Bevölkerungsentwicklung mit einer aktiven Wohnungsmarktpolitik gesteuert werden, indem die Gemeinde Herscheid ihre Attraktivität für Zuzüge aus der Region erhält und attraktive Wohnangebote für junge Familien schafft bzw. vorhält, 25
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Wohnangebote für ältere Bevölkerungsgruppen („Wohnen im Alter“) schafft, den Immobilienbestand für die bereits ansässige Bevölkerung weiterhin attraktiv gestal- tet und modernisiert, mit Blick auf die demografische Entwicklung ggf. altengerecht ausbaut und dadurch eine Abwanderung von Bevölkerungsteilen in der Zukunft vermeidet sowie vor dem Hintergrund der niedrigen Arbeitslosenquote und einer guten wirtschaftlichen Situation der privaten Haushalte vermehrt höherwertigen Wohnraum schafft. 26
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ 4 Wohnungsbestand, Wohnungs- und Im- mobilienmarkt, Wohnbauflächen 4.1 Wohnungsbestand Der Bestand an Wohnungen in Herscheid betrug zum Ende des Jahres 2011 3.646 Woh- nungen. Hiervon standen 186 Wohnungen leer, sodass sich eine Leerstandsquote von 5,1 % ergibt. Damit liegt die Gemeinde Herscheid in etwa auf dem gleichen Niveau wie der Märkische Kreis und die untersuchten Vergleichsregionen, jedoch deutlich über der Quote des Landes NRW insgesamt (vgl. Abb. 20). Abb. 20: Leerstände Herscheid und Vergleichsregionen Wohnungen Leerstände Leerstandsquote Herscheid 3.646 186 5,10 % Nachrodt-Wiblingwerde 3.119 154 4,94 % Schalksmühle 5.409 270 4,99 % Plettenberg 13.055 760 5,82 % Märkischer Kreis 210.142 11.253 5,35 % Nordrhein-Westfalen 8.722.211 322.420 3,70 % Quelle: IT.NRW; Bearbeitung: cima (2014) Wie in einer Gemeinde im ländlichen Raum zu erwarten, dominieren in Herscheid Ein- und Zweifamilienhäuser mit insgesamt 86 % den vorhandenen Gebäudebestand.16 Dieser hohe Anteil spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Bürgerbefragung wider. 78 % der Befrag- ten gaben an, entweder in einem Ein- oder einem Zweifamilienhaus zu wohnen (vgl. Abb. 21). 16 Eigene Berechnung n. IT.NRW (2014): Zensus 2011 Regionalergebnisse. Düsseldorf. 27
Handlungsprogramm „Wohnen in Herscheid“ Abb. 21: Wohnart (Bürgerbefragung) Abb. 22: Wohnen im Eigentum (Bürgerbe- 1% 2% fragung) 19% Nein; 27% 49% 29% Ja; Einfamilienhaus Zweifamilienhaus 73% Mehrfamilienhaus Seniorenzentrum Sonstiges Quelle und Bearbeitung: cima (2014); n=302, nur Quelle und Bearbeitung: cima (2014); n=302, nur gültige Fälle gültige Fälle Abb. 23: Wohndauer in Wohnung/ Haus (Bürgerbefragung) 3% 22% 61% 14% weniger als 1 Jahr 1-5 Jahre 6-10 Jahre mehr als 10 Jahre Quelle und Bearbeitung: cima (2014); n=302, nur gültige Fälle 59 % der Herscheider wohnen im Eigentum. Im Vergleich zu den übrigen Gemeinden im Märkischen Kreis besitzt Herscheid damit die höchste Eigentumsquote; kreisweit beträgt die Eigentumsquote 46 %.17 Auch in den Ergebnissen der Bürgerbefragung zeigt sich die hohe Eigentumsquote, wobei hier mit 73 % der Befragten eine Überrepräsentanz von Wohnei- gentümern vorherrscht (vgl. Abb. 22). In Bezug auf die Wohndauer in der aktuell bewohn- 17 IT.NRW (2014): Zensus 2011 Regionalergebnisse. Düsseldorf. 28
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