Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 24.9.2021-9.1.2022 Medienmitteilung - Musée cantonal des ...
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MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 24.9.2021—9.1.2022 Medienmitteilung Inhalt 1. Pressemitteilung 2. Pressebilder 3. Biografien der Künstlerinnen und Künstler 4. Kunstvermittlung – Publikumsservice 5. Museumsshop und Café-Restaurant Le Nabi 6. Partner des MCBA Kontakt: Plateforme 10 Florence Dizdari Musée cantonal Pressekoordinatorin des Beaux-Arts T +41 21 316 34 45 T + 41 79 232 40 06 Place de la Gare 16 info.beaux-arts@vd.ch florence.dizdari@vd.ch 1003 Lausanne mcba.ch
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE 1. Pressemitteilung Das Musée cantonal des Beaux-Arts Lausanne (MCBA) zeigt die fünfte Aus stellung der Kunstsammlung der BCV mit einer Werkauswahl, für welche die Kunsthistorikerin Catherine Othenin-Girard, Konservatorin der Sammlung und Kuratorin der Schau, verantwortlich zeichnet. Die Ausstellung im Espace Projet erweist 25 bekannten oder aufstrebenden Waadtländer Kunst schaffenden verschiedensten Alters die Ehre. Die Accrochage «im italienischen Stil» unterstützt die aktive Wahrnehmung durch die Betrachter*innen, deren Blick so von einem Werk zum nächsten wandert. Bernard Fibicher, Director of the MCBA Ein paar Worte der Ausstellungskuratorin Unique et multiple (Einzigartig und vielfältig) lautet der Titel dieser Ausstellung von ausgewählten Werken, die in den letzten zehn Jahren für die Kunstsammlung der BCV erworben wurden. Die Sammlung ist das Ergebnis eines Projekts, das vor über fünfzig Jahren seinen Anfang nahm, um die Waadtländer Kunstszene proaktiv zu unterstützen und bekannt zu machen und um mit dem dynamischen Geist der zeitgenössischen Kunst Schritt zu halten. Der künstlerische Dialog Das Ausstellen von Kunst in einer Unternehmensumgebung impliziert einen ständigen Dialog zwischen den unterschiedlichen ästhetischen Ansätzen der Kunstschaffenden und der funktionel- len und typologischen Vielfalt der Orte, an denen die Werke ausgestellt sind. Somit unterscheidet sich diese Praxis von jener, die üblicherweise in einem institutionellen Umfeld, sei es in einem Museum, einem Kunstraum oder einer Galerie, zur Anwendung kommt. Es geht darum, nicht bloss die – durchaus berechtigten – dekorativen Erwartungen zu erfüllen, sondern darüber hinaus ein sinnstiftendes, kreatives Interaktionssystem zu schaffen. Von Anfang an bestand die Sammlung aus einer Mischung aus auf regionaler, nationaler oder sogar internationaler Ebene etablierten Kunstschaffenden, die von der BCV über längere Zeit be- gleitet wurden, wobei ab den frühen 1990erJahren auch ein besonderes Augenmerk auf den künstlerischen Nachwuchs gelegt wurde. Dank dieser Ankaufspolitik entstand ein äusserst viel fältiges Ensemble, das ein Produkt von in den meisten Fällen visionären künstlerischen Entschei- dungen ist und in dem vor allem die unverzichtbare Mobilität der heutigen Kunstschaffenden, die von hier stammen und anderswo arbeiten oder umgekehrt, zum Ausdruck kommt. Die erworbenen Stücke werden zusammen mit zahlreichen Leihgaben in den Räumlichkeiten der Bank in ständi- gem Wechsel präsentiert. Pro Jahr kommen so mehrere hundert Rotationen zusammen. Die Sammlung vereint zahlreiche künstlerische Ausrichtungen, die vom Figurativen bis zur Abstraktion reichen, sowie vielfältige Ausdrucksmittel – darunter Malerei, Fotografie, Plastik, Druckgrafik, Zeichnung –, deren gemeinsamer Nenner die Konstituierung und Bewahrung eines künstlerischen Erbes ganz im Sinne des gesellschaftlichen Auftrags der Bank ist. Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 2 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE Die Ausstellung Unique et multiple Das Narrativ dieser fünften Ausstellung in einem Museum1 beruht auf der Idee, mehrere einzigartige Ansätze in einem einzigen Raum für ein Projekt mit vielfältigen Lesarten zu verbinden, das dennoch ein Ganzes, nämlich eine Sammlung, bildet. Zu entdecken sind verschiedene künstlerische Hauptpositionen, die auf der Gleichzeitigkeit der für das aktuelle Schaffen typischen Tendenzen beruhen. Die Abstraktion ist vorherrschend, wird aber zwangsläufig unterschiedlich interpretiert: zum einen geometrisch mit Werken von Delphine Coindet, Sylvain CrociTorti, Frédéric Gabioud, Aloïs Godinat, JeanLuc Manz, Karim Noureldin und Guillaume Pilet, zum anderen mit Erkundungen optischer und Wahrnehmungseffekte durch Philippe Decrauzat und Stéphane Kropf, ganz zu schweigen von den formalen Versuchen, die mit der bildnerischen Materialität oder den Wirkungen des Trompe-l’œil und der Hybridisierung von Motiven spielen, wie von Natacha Donzé, Jessica Russ und Damian Navarro. Auf der figurativen Seite greifen Caroline Bachmann, Silvie Defraoui, Alain Huck und Robert Ireland das Landschaftsgenre und Yann Gross & Arguiñe Escandón das Stillleben auf, während sich Jean Crotti und Virginie Otth das Porträt wieder zu eigen machen. Philippe Fretz bezieht sich auf die Kunstgeschichte, während Claudia Comte, Yoan Mudry und Vincent Kohler eine Neudeutung der Comic-Kultur und der Werbe-Ikonografie un- ternehmen. Diese Auswahl umfasst ebenso viele Schaffensweisen wie Ansatzpunkte und soll bis zu einem gewissen Grad einen Einblick in das geben, was ein künstlerisches Territorium zu einer bestimmten Zeit ausmacht. Gerade in der heutigen Zeit, in der unser Alltag von der Notwendigkeit beherrscht wird, Abstand zu halten und Nähe zu vermeiden, erinnern uns die im MCBA gezeigten Werke daran, dass Nähe immer möglich ist, selbst wenn wir isoliert sind. Die Ausstellung spielt mit diesem scheinbaren Widerspruch, da die Kunst laut dem Kunsthistoriker und Kurator Nicolas Bourriaud «eine Gesprächspraxis»2 ist, die es zu aktivieren gilt. Catherine Othenin-Girard, Kunsthistorikerin und Konservatorin der Kunstsammlung der BCV 1 L’œil du Musée sur une collection, (Kat.); Contemporain…ou bien? La dans le réchauffement climatique», Musée cantonal des Beaux-Arts collection d’art BCV, Fondation de Vortrag im Rahmen des Programms Lausanne, 1985 (Kat.); La peinture l’Hermitage Lausanne, 2012 (Kat.). Sometimes Doing Nothing Leads vaudoise de 1960 à 1990, Musée Jenisch To Something, Archizoom EPFL, Vevey, 1991; BCV-ART, Acquisitions 91-01 2 Nicolas Bourriaud, «De la produc- Lausanne, 2020. (sélection), Musée Jenisch Vevey, 2002 tion à la conduction: l’art contemporain Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 3 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE 2. Pressebilder Die Bilder der Ausstellung stehen zur Verfügung unter www.mcba.ch/presse. Die Bilder sind während der Dauer der Ausstellung frei von Rechten Dritter. Jede Reproduktion ist mit folgenden Angaben zu versehen: Urheber, Titel des Werkes, Datum, Name des Museums und Name des Fotografen sowie Copyright. Weitere Angaben (Grösse, Technik, usw.) sind er- wünscht, aber nicht obligatorisch. Bitte senden Sie nach Erscheinen ein Exemplar der Publikation an den Pressedienst des Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne. Online abrufbar ab 23. September 2021, 10 Uhr 3. GUILLAUME PILET 1. JEAN CROTTI Bricks no 11, 2014 Ohne Titel, aus der Serie Adagio e 2. CAROLINE BACHMANN Acryl auf Leinwand, 70 × 107 cm Appassionato, 2018 Nuages avec cadre, 2016 Photo © Blaise Schalbetter Farbstift auf Papier, Öl auf Leinwand, 80 × 80 cm 140 × 70 cm ( × 6) & Photo © Stefan Banz JEAN-LUC MANZ Ohne Titel, Nr. 254–259 der Serie Adagio e Appassionato, 2018 Acryl auf Leinwand, 140 × 70 cm ( × 6) Photo © Georg Rehsteiner Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 4 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE 4. PHILIPPE FRETZ Forever young, aus der Serie Le vestibule des lâches, 2017 Öl auf Leinwand, 170 × 180 cm Photo © Patrick Dupond 5. YANN GROSS & ARGUIÑE ESCANDÓN 6. VINCENT KOHLER Red, aus der Serie Aya, 2019 Zig Zag Zoug, 2011 Pigmentdruck auf Museum-Etching- Öl auf Leinwand, 200 × 150 cm Papier, Museum Etching 120 × 90 cm Photo © Geoffrey Cottenceau Photo © Yann Gross 7. ROBERT IRELAND Apocalypse, 2013 Druckertinte auf Leinwand, 140 × 200 cm Photo © Robert Ireland 8. VIRGINIE OTTH Versions d’un buste_01, 2015 éd. 1/3 Tintenstrahldruck montiert auf Aluminium, 120 × 100 cm 9. DAMIAN NAVARRO Photo © Virginie Otth Moments before detonation (Crónicas Pegajosas), 2015 Stuck, Aufkleber und Filz, 200 × 135 cm Photo © Frédéric Lanternier Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 5 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE 10. PHILIPPE DECRAUZAT Loop, 2015 Acryl auf Leinwand, 214 × 243 cm Photo © Annik Wetter 12. STÉPHANE KROPF 11. YOAN MUDRY Rosat, 2013 Everything is planned, 2017 Acryl auf Leinwand, 130 × 90 cm Acryl auf Leinwand, 120 × 90 cm Photo © Annick Wetter Photo © Etienne Chosson 14. JULIAN CHARRIÈRE Polygon, 2015, éd. 1/1 15. JESSICA RUSS Fine Art Print auf Hahnemühle-Papier, Boule azurée des bassins 126 × 190 cm méditerranéens, 2020 Photo © Florian Richter Acryl auf Leinwand, 140 × 150 cm Photo © Nicolas Delaroche Studio 13. CLAUDIA COMTE Demon or the devil-piranha, aus der Serie Zigzag Jungle, 2019 Acryl auf Leinwand, 244 × 163 cm Photo © Damian Griffiths Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 6 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE 16. ALOÏS GODINAT Avril (quatre), 2018 Collagen auf Papier, 76 × 120 cm Photo © Aloïs Godinat 18. DELPHINE COINDET Anna, aus der Serie Miroirs de sorcières, 2015 Holz, Moos, Stoff und Spiegel, Verschiedene Abmessungen 17. KARIM NOURELDIN Photo © Julien Gremaud Evo, 2013 Farbstifte auf Papier, 204 × 164 cm Photo © Serge Hasenböhler 20. SILVIE DEFRAOUI Polarmeer, aus der Serie Faits et Gestes, 2014 Tintenstrahldruck auf Hahnemühle- Papier, éd. 1/3, 279 × 132 cm, (chaque élément) 21. ALAIN HUCK Photo © Georg Rehsteiner Chrysanthemum I, aus der Serie Hanabi, 2013 Kohle auf Papier, 210 × 152 cm 19. FRÉDÉRIC GABIOUD Photo © David Gagnebin-De Bons Ohne Titel, 2020 Acryl auf Leinwand, 186 × 84 cm Photo © Julien Gremaud Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 7 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE 23. SYLVAIN CROCI-TORTI To The Wind, 2019 Acryl auf Leinwand, 170 × 410 cm ( × 2), 170 × 415 cm Photo © Julien Gremaud 22. NATACHA DONZÉ The shell, the armor, 2019 Acryl auf Leinwand, 190 × 170 cm 24. GUILLAUME PILET Photo © Julien Gremaud Le totémisme aujourd’hui, 2016 Keramik, 30 × 15 cm, Photo © Guillaume Pilet Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 8 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE 3. Biografien der Künstlerinnen und Künstler CAROLINE BACHMANN JULIAN CHARRIÈRE postnuklearen Zukunft spielenden (*1963 in Lausanne) (*1987 in Morges) Erzählung The Terminal Beach Lebt und arbeitet in Cully Lebt und arbeitet in Berlin (1964) des englischen Science-Fic- tion-Autors J. G. Ballard inspiriert ist. Nuages avec cadre, 2016 Polygon, 2015, Ed. 1/1 Gleichzeitig befasst er sich mit dem Öl auf Leinwand Fine Art Print auf in Kasachstan gelegenen Atomwaf- 80 × 80 cm Hahnemühle-Papier fentestgelände Semipalatinsk, einer 126 × 190 cm der ersten sowjetischen Atomanla- Caroline Bachmann studiert an der gen, und erhält die Erlaubnis, dort École des Arts Décoratifs in Genf Nach seiner Ausbildung an der École jeweils für sehr kurze Zeit unter mili- und lebt danach einige Zeit in cantonale d’art du Valais (ECAV) tärischem Schutz zu arbeiten. Er Barcelona und dann in Berlin. Nach und an der Universität der Künste in nutzt ein vom französischen Physi- ihrer Rückkehr in die Schweiz beginnt Berlin (UDK) wird Julian Charrière ker Henri Becquerel (1852–1908) sie 2003 eine künstlerische Zusam- Assistent des berühmten Künstlers entdecktes Verfahren im Zusam- menarbeit mit Stefan Banz. 2010 Olafur Eliasson, den er während menhang mit Radioaktivität, bei gründen die beiden die Kunsthalle seines Studiums kennenlernte. Seit- dem eine Fotoplatte auf Uransalze Marcel Duchamp | The Forestay dem stellt er an wichtigen Orten gelegt wird und von deren Strahlung Museum of Art in Cully. Seit 2007 lei- der internationalen Kunstszene aus, geschwärzt wird: «Es war völlig ex- tet sie den Studiengang Bildende so an der Biennale d’art in Lyon perimentell, ich war nicht sicher, Kunst an der Haute école d’art et de (2013), im Palais de Tokyo in Paris was geschehen würde. Vielleicht design (HEAD) in Genf. Sie stellt ihre (2014), im Centre culturel suisse in würde ich alle Bilder meiner Reise Arbeiten regelmässig in Schweizer Paris (2014), im Musée cantonal des zerstören.» Glücklicherweise ist das und europäischen Kulturinstitutionen Beaux-Arts in Lausanne (2015), im nicht der Fall, und an diesem Ort, an aus und ist Preisträgerin des Museo d’arte in Lugano (2019) und dem 268 Bomben explodierten und Schweizer Kunstpreises 2020. im Kunstmuseum Aarau (2020). über mehrere Kilometer Betonbau- 2013 und 2015 erhält er den Kiefer ten errichtet wurden, um die Druck- Was ihre persönliche Produktion Hablitzel Preis und 2014 den Manor welle nuklearer Explosionen zu betrifft, so malt Caroline Bachmann Kunstpreis Waadt. Er wird von meh- messen, fertigt er eine Reihe dichter in einem klassischen, figurativen reren Galerien vertreten, darunter und zugleich tragischer Fotografien Stil. Sie reaktiviert traditionelle Gen- Dittrich & Schlechtriem in Berlin und an, die er «zukünftige Fossilien» res wie Porträt, Landschaft und Sies+Höke in Düsseldorf, Tschudi nennt. «Denn selbst wenn die Zivili- Stillleben in einer Weise, die an die in Zuoz (GR) und Sean Kelly in sation verschwindet, selbst wenn italienischen «Primitiven» sowie an New York. der Mensch vom Planeten ver- den Jugendstil erinnert. Die Beson- schwindet, wird dieser Ort bleiben derheit ihrer Arbeit liegt darin, dass Julian Charrière lässt sich auf seinen als Zeuge eines Moments, als sich sie nach vorbereitenden Skizzen zahlreichen Reisen von konzeptio- die Wissenschaft die Flügel ver- oder aus dem Gedächtnis, also ohne nellen Erkundungen und poetischen brannte.» So verbindet er Umwelt- Fotovorlage, in Öl auf Leinwand malt. Archäologien anregen. Sein Vorge- bewusstsein mit politischem Akti- Diese Freiheit in der figurativen Um- hen gleicht einem Forschungspro- vismus und liefert eine Neudeutung setzung des Themas ermöglicht eine zess, der in Form von Performances, der klassischen kunstgeschichtli- leichte, von allen dogmatischen Be- fotografischen Dokumentationen, chen Ikonografie der «Ruine». zügen zur Kunstgeschichte losgelöste Installationen und Filmen stattfindet. Lektüre: «Ihre Landschaften, die Seine Arbeit ist teils in der Materiali- alle quadratisch sind, erscheinen als tät der von ihm erforschten Orte figurative Synthesen mit starker de- verankert, teils Träger neuer künst- korativer Wirkung. Vereinfacht oder lerischer Geografien. logotypisiert funktioniert die grafi- sche Form mit gelegentlich psyche- Die Serie Polygon entwickelt der delischen Farben als Zeichen und Künstler nach seiner Teilnahme an als psychische Verbindung mit ei- der Biennale von Moskau 2014. Sein nem Thema», so Alberto de Andrés, Ziel ist es, den Begriff der «Archäo- Kunsthistoriker und Galerist der logie der Zukunft» zu untersuchen, Künstlerin. der direkt von der in einer Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 9 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE DELPHINE COINDET CLAUDIA COMTE Cartoonisten André Franquin (1924– (*1969 in Albertville, F) (*1983 in Morges) 1997), den Schöpfer von Spirou, Lebt und arbeitet in Lausanne Lebt und arbeitet in Bennwil (BL) Fantasio, Gaston Lagaffe und dem berühmten Marsupilami. Von der Anna, aus der Serie Miroirs Demon or the devil-piranha, aus der Ikonografie des Comics behält sie de sorcières, 2015 Serie Zigzag Jungle, 2019 nur die Elemente bei, welche die Holz, Moos, Stoff und Spiegel Acryl auf Leinwand Naturkulisse der Werke darstellen; Verschiedene Abmessungen 244 × 163 cm die Figuren und die Comic-Struktur verschwinden zugunsten eines Nach Studien an der École des Nach dem Abschluss ihres Studiums Dialogs mit dem wiederkehrenden Beaux-Arts in Nantes und am Institut in Bildender Kunst an der École Zickzackmotiv ihrer Wandbilder. des Hautes Études en Arts Plasti- cantonale d’art de Lausanne (ECAL) Diese formale Konfrontation mit der ques in Paris lebt und arbeitet 2007 nimmt sie an Wettbewerben für Pop typischen Farbpalette zeigt Delphine Coindet mehrere Jahre in teil und absolviert mehrere Künstler die Ausdruckskraft des visuellen Lausanne, ist in dieser Zeit Mitglied residenzen im Ausland: Istituto gegenüber dem semantischen Re- des Vereins des zeitgenössischen Svizzero in Rom, Swiss Art Council ferenten. Die Monumentalität des Kunstraums Circuit. Heute unter- Pro Helvetia in Johannesburg und Werks entführt den Betrachter in richtet sie an der École cantonale Swiss Institute in New York. Sie wird ein physisches und mentales visuel- d’art de Lausanne (ECAL) und wird von der Galerie König in Berlin und les Abenteuer, das ebenso verdich- von der Galerie Laurent Godin in der Gladstone Gallery in New York tet wie fröhlich ist. Paris vertreten. und Brüssel vertreten. 2017 wird ihr Werk in bedeutenden Einzelaus Als Erbin sowohl der minimalisti- stellungen im Kunstmuseum Luzern SYLVAIN CROCI-TORTI schen Skulptur als auch der Assem- und 2019 im Castello di Rivoli in (*1984 in Lausanne) blage greift Delphine Coindet in Turin gezeigt. Lebt und arbeitet in Martigny und ihrer facettenreichen Arbeit immer Lausanne wieder den Begriff des gefundenen Claudia Comtes bildnerisches Vor- Objekts auf, das sie in subtilen gehen verbindet Neo-Geo-Strenge To the Wind, 2019 Arrangements mit starken poeti- und spielerische Respektlosigkeit Acryl auf Leinwand schen und spielerischen Konnota- in einer Kombination von Malerei, 170 × 410 cm (x 2) tionen inszeniert. Hier sind zwei Skulptur und Installation, die direkt 170 × 415 cm Kompositionen um konvexe Spiegel von der Populärkultur beeinflusst ist: angeordnet, die als «Hexenaugen» von amerikanischen Cartoons bis Sylvain Croci-Torti schliesst sein bekannt sind und deren Besonder- zu volkstümlichem Kunsthandwerk, Studium in Bildender Kunst an der heit darin besteht, eine Weitwinkel- von Naturelementen bis zur Heraldik. École cantonale d’art de Lausanne ansicht des Raums zu bieten, in Sie beansprucht für sich mit Leich- (ECAL) 2013 ab und leitet seither dem sie sich befinden. Verbunden tigkeit den Einfluss historischer deren Siebdruckatelier. Er erhält mit spindelartigen farbigen Formen, künstlerischer Bewegungen, dar- 2016 den Schweizer Kunstpreis und die an das Formenvokabular der unter Op-Art, Pop-Art, abstrakter stellt regelmässig im In- und Aus Abstraktion erinnern, werden sie Expressionismus und konkrete land aus. 2018 wird ihm eine bedeu- von der Künstlerin als «Gruppenpor- Kunst. Zudem drückt sie sich auch tende Einzelausstellung im Manoir träts» von Frauen bezeichnet: eine im Kontext der Land-Art aus, ob der Stadt Martigny ausgerichtet. geschickte Art, den Begriff der in der kalifornischen Wüste oder auf Er wird von den Galerien Annex 14 in Gleichheit und Verschiedenheit mit dem Hauptplatz der Art Basel 2017. Zürich und Joy de Rouvre in Genf Pop- & Rock-Zügen in einer bestimm Als polymorphe Künstlerin besucht vertreten. ten Zeit und an einem bestimmten sie auch die Werkstätten der Mar- Ort zu zitieren. Die Serie entstand in morarbeiter in Carrara, um monu- Abstrakte und monochrome Malerei, Zusammenarbeit mit Vladimir mentale Skulpturen zu schaffen, monumentale Keilrahmen, die mit Boson, einem Raumausstatter in ohne jedoch die elektrische Ketten- der Architektur in Dialog treten, das Lausanne, der seit 2013 Künstleredi- säge für ihre Holzkreationen zu ist das künstlerische Programm tionen herstellt und damit die Ver- vergessen, ihr Lieblingswerkzeug von Sylvain Croci-Torti, der als würdi- bindung zwischen Kunst, Handwerk seit Beginn ihrer Karriere. ger Erbe der Vertreter der geometri- und Design fördert. schen Abstraktion in der West- In dieser neuesten Serie mit dem schweiz gilt, zusammen mit Olivier Titel Zigzag Jungle nimmt sie direk- Mosset und John M Armleder, um ten Bezug auf den belgischen nur diese zu nennen. Fasziniert von Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 10 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE Minimal- und zeitgenössischer Diese zwölfteilige Serie kombiniert Buchet 2010 gehören. Seit mehreren Rockmusik, ist sein Werk untrennbar sechs mit Farbstift gezeichnete Jahren stellt er an wichtigen Orten damit verbunden: «Jede Leinwand ist Porträts von Jean Crotti und sechs der zeitgenössischen Kunstszene wie ein Song aus einem Album kom- abstrakte Kompositionen mit Ziegel- im In- und Ausland aus, wie dem poniert; auf sie überträgt er physisch steinen, die von Jean-Luc Manz Swiss Institute in New York (2006), die Energie, den Rhythmus, die Wie- gemalt wurden. Ursprünglich für dem Palais de Tokyo in Paris (2006), derholung oder die Verzerrungsef- eine Ausstellung im Kulturraum des dem Centre d’art contemporain in fekte.» Sein malerischer Gestus ist Centre Hospitalier Universitaire Genf (2007), der Secession in Wien rigoros; seine Farben werden sorg- Vaudois (CHUV) auf Initiative der (2008), dem Centre d’art contempo- fältig von Hand her-gestellt, um den Kulturbeauftragten Caroline de rain Le Magasin in Grenoble (2014) gewünschten Ton zu erhalten, und Watteville entstanden, verbindet und dem Haus Konstruktiv in Zürich dann mit einem Spachtel vom unte- das Ensemble einen abstrakten und (2009 und 2019), um nur einige ren bis zum oberen Rand der Lein- einen figurativen Ansatz und lässt zu nennen. Er wird von den Galerien wand verteilt. Seine stets eindrucks- zwischen dem Zeichner und dem Francesca Pia in Zürich, Elizabeth vollen Kompositionen erzeugen eine Maler einen spielerischen und Dee in New York und Mehdi Chouakri verdichtete, besondere Beziehung zugleich verdichteten Dialog entste- in Berlin vertreten. zum architektonischen Raum; das hen. Die Abfolge der Porträts ruft Gemälde wird fast skulptural und be- sowohl die Gleichheit als auch Philippe Decrauzat bezieht sich auf hauptet sich gleichzeitig durch die die Verschiedenheit in Erinnerung. die wichtigsten Kunstströmungen, materiellen Komponenten, aus de- Die Finesse der Darstellung und die den Status der Abstraktion unter nen es besteht: Holz, Leinwand und die Wahl der Posen und Blickwinkel anderem durch Versuche mit opti- Pigmente. bringen eine wichtige poetische schen Effekten, die mit der Op-Art Dimension in die Kunst des zeitge- und der Minimal-Art der 1960er-Jahre nössischen Porträts im Zeitalter verbunden sind, und durch kritische JEAN CROTTI der Selfies ein. Die Ziegel ihrerseits Überlegungen zum Film rund um (*1954 in Lausanne) spielen subtil mit Form wie mit das Thema des bewegten Bilds in Lebt und arbeitet in Lausanne Funktion, Linie und Farbe, und ihre Frage stellen. Er gehört zu den Ver- relative geometrische Radikalität tretern der sogenannten Neo- Ohne Titel, aus der Serie Adagio e lenkt den Blick auf das Wesentliche: Geo-Maler, die in der Westschweiz Appassionato, 2018 Könnte dies der ursprüngliche die geometrische Abstraktion neu 140 × 70 cm (x 6) Archetyp aller menschlichen Bau- interpretieren, wie John M. Armleder, ten sein? Francis Baudevin und Stéphane JEAN-LUC MANZ Dafflon, um nur ein paar zu nennen. (*1952 in Neuenburg) Ob auf Leinwand, Wand oder in Lebt und arbeitet in Lausanne PHILIPPE DECRAUZAT Installationen – die wellenförmigen (*1974 in Lausanne) Effekte seiner bildnerischen Arbei- Ohne Titel, Nr. 254–259 der Serie Lebt und arbeitet in Paris ten deuten die Fragen der Wahr Adagio e Appassionato, 2018 und Lausanne nehmung und Bewegung neu. Loop, Acryl auf Leinwand ein monumentales Werk auf ge- 140 × 70 cm (x 6) Loop, 2015 formter Leinwand, ist ein Muster- Acryl auf Leinwand beispiel für seine gesamten Erkun- Jean Crotti und Jean-Luc Manz sind 214 × 243 cm dungen mit einer meist auf Schwarz seit Mitte der 1970er-Jahre in der und Weiss beschränkten Farbpa Schweizer und europäischen Kunst- Philippe Decrauzat schliesst 1999 lette und der Wiederholung paralle- szene aktiv. 1987 gründen sie sein Studium an der École cantonale ler Streifen, mit denen das Motiv zusammen mit Catherine Monney, d’art de Lausanne (ECAL) ab, wo er die Komposition innerhalb seiner Alain Huck, Robert Ireland und seither unterrichtet. 1998 gründet er Begrenzung gestaltet. Mit diesem Christian Messerli das Kollektiv M/2 mit anderen Kunstschaffenden den Verfahren bekräftigt der Künstler die in Vevey, das bis 1991 fast 40 Aus- zeitgenössischen Kunstraum Circuit bildliche Besonderheit des Werks stellungen junger in- und ausländi- in Lausanne und engagiert sich – die Flächigkeit –, obwohl der scher Kunstschaffender organisiert seither für die Dynamik des jungen Betrachter aufgrund der optischen und zu einer wichtigen künstleri- Westschweizer und Schweizer Täuschung Mühe hat, zwischen schen Plattform auf nationaler Ebe- Kunstschaffens. Er ist Träger zahl- der zweiten und dritten Dimension ne wird. Sie sind in öffentlichen und reicher Auszeichnungen, zu denen zu unterscheiden. privaten Sammlungen präsent und der Manor Kunstpreis Waadt 2001, werden von der Galerie Skopia der Schweizer Kunstpreis 2005 und in Genf vertreten. der Preis der Fondation Gustave Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 11 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE SILVIE DEFRAOUI «Naturkatastrophe» – in diesem Fall verhaftet. Ihre Neugierde für hand- (*1935 in St. Gallen) die Eisschmelze infolge des Klima- werkliche Techniken entspringt dem Lebt und arbeitet in Vufflens-le- wandels – illustriert. Auf diese Bedürfnis, ihre Tätigkeit zu berei- Château (VD) «dramatischen Landschaften» setzt chern und die Trennungen zwischen sie eine Reihe von Blumen, hier den Bereichen abzubauen: Darin Polarmeer, aus der Serie Faits et Schwertlilien, von umwerfender liegt ihre Aussagekraft und Aktuali- Gestes, 2014 Schönheit. So spielt sie mit dem Kon- tät. The shell, the armor gehört zu Tintenstrahldruck auf Hahnemühle- trast zwischen zerstörter und ver- einer vierteiligen Serie, die eine mini- Papier, Ed. 1/3 herrlichter Natur. Der Druck im male grafische Komposition mit 279 × 132 cm (jedes Element) Grossformat hinterfragt zudem die der Variation eines in der Intarsien- Mehrdeutigkeit und Pluralität der kunst verwendeten Motivs, dem Von 1975 bis 1994 bildet Silvie «Realität» und bricht mit den übli- des Schildkrötenpanzers, verbindet. Defraoui mit ihrem Ehemann Chérif chen Regeln der Reproduktion. Diese Assemblage von verschiede- eine echte «Produktionsgemein- Diese Wahl geht über eine ästheti- nen visuellen Bezügen aus unserem schaft», deren als Archives du futur sche Problematik hinaus und ist viel- Kollektivgedächtnis geht bis an zusammengefasste Texte und mehr Ausdruck einer engagierten die Grenze des Trompe-l’œil und der Werke sie gemeinsam signieren. Position der Künstlerin, für welche Verfremdung und wiederbelebt Dabei handelt es sich um ein Projekt die Kunst in der neuen, uns heraus- den fruchtbaren Dialog zwischen mit paradoxem Titel, das sich mit fordernden Ära des Anthropozäns Abstraktion und Figuration. Begriffen wie Raum und Zeit, kollek- eine transformierende Kraft besitzt. tives und individuelles Gedächtnis oder Vergessen auseinandersetzt. PHILIPPE FRETZ Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr NATACHA DONZÉ (*1969 in Genf) 1994 führt sie diese Arbeit allein (*1991 in Neuenburg) Lebt und arbeitet in Genf weiter. Das Künstlerpaar spielt eine Lebt und arbeitet in Lausanne wichtige Rolle in der Genfer und Forever young, aus der Serie Schweizer Kunstszene, da die bei- The shell, the armor, 2019 Le vestibule des lâches, 2017 den die Abteilung Mixed Media an Acryl auf Leinwand Öl auf Leinwand der Ecole supérieure des arts 190 × 170 cm 170 × 180 cm visuels (ESAV) in Genf, der späteren Haute école d’art et de design Nach dem Abschluss ihrer Ausbil- Nach seinem Studium an der École (HEAD), gründen und dort von 1974 dung in Textildesign in Paris 2011 Supérieure d’Art Visuel (ESAV) in bis 1998 unterrichten. setzt Natacha Donzé ihre Studien an Genf, das er 1992 abschliesst, stellt der École cantonale d’art de Philippe Fretz regelmässig im In- Silvie Defraoui leistet bahnbrechen- Lausanne (ECAL) fort, die sie 2014 und Ausland aus. Von 1996 bis 1999 de Beiträge zur Entwicklung der mit einem Bachelor in Bildender wird er dreimal mit dem Preis der Videokunst, der Installation sowie Kunst abschliesst. Sie zeigt ihre Ar- Kiefer Hablitzel Stiftung in Basel des Einsatzes von Fotografie und beiten an mehreren wichtigen Orten ausgezeichnet. Er wirkt in der Künst- Projektion. Ihr Werk zeichnet sich der Westschweizer Kunstszene lervereinigung mit, die in der ehe- durch eine grosse technische Vielfalt wie dem Espace Quark in Genf und maligen Kugler-Fabrik in Genf tätig im Dienste einer bemerkenswerten Harpe45 in Lausanne sowie im Rah- ist. Dort befindet sich auch sein formalen und thematischen Einheit men der Biennale d’art contempo- Atelier. aus. Ihr Schaffen hinterfragt die rain des Musée des Beaux-Arts La Bilder, ihre Macht, ihre Grenzen und Chaux-de-Fonds, wo sie 2017 mit Philippe Fretz hat sich für ein figura- die Anziehung oder Ablehnung, dem Nachwuchsförderpreis aus tives künstlerisches Vorgehen die sie hervorrufen. Ihre Arbeiten gezeichnet wird. 2018 erhält sie das entschieden, das auf die Kunstge- beinhalten populäre wie gelehrte Kulturstipendium der Fondation schichte verweist, und bezieht aus künstlerische Bezüge aus östlichen Leenaards und 2019 den Kiefer der Tradition ein Thema, eine Tech- und westlichen Kulturen sowie volks Hablitzel Preis. nik, ein formales Vokabular, eine tümliche ornamentale Elemente. Manier. Die Rückbesinnung auf Figur Die Suche von Natacha Donzé ist und Modell darf jedoch nicht mit In dieser monumentalen Serie die einer Malerin von heute. Sie einer dogmatischen Haltung ver- mit dem Titel Faits et Gestes (Tatsa- verfolgt viele Richtungen, bleibt je- wechselt werden, die eine Rückkehr chen und Gesten) macht sich doch der grundsätzlichen Frage zu einem «Goldenen Zeitalter» der die Künstlerin ein schwarzweisses nach der Flächigkeit des Malgrunds Malerei propagiert, ganz im Gegen- Pressefoto zu eigen, das eine und der Verwendung des Motivs teil. Sein Vorgehen ist nicht nur Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 12 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE referenziell, sondern gleicht einer Frédric Gabiouds künstlerische aber auch die Performance. In die- Reflexion über den eigentlichen Arbeit führt jene seiner Vorgänger ser Serie besteht sein Ausgangs- Gegenstand der Malerei. Einige Se- und Zeitgenossen im Bereich der material aus Einladungskarten und rien sind mit der italienischen Re- geometrischen Abstraktion in der anderen kulturellen Druckerzeug- naissance verbunden, insbesonde- Westschweiz fort, während er sich nissen, die er nach einem genauen re mit der Göttlichen Komödie gleichzeitig auf subtile und wirkungs- Protokoll zerreisst. Ausserhalb ihres (1303–1321), dem Hauptwerk von volle Weise von ihnen löst. Er ten- gewohnten Kontexts werden sie Dante Alighieri. Dieses Versepos, diert zu einer kreativen – nicht nur dann in abstrakten und geometri- das von Kritikern als Höhepunkt der geschichtlichen – Aufarbeitung schen Variationen zusammengefügt mittelalterlichen Sicht auf die von traditioneller abstrakter Formen in und -geklebt, wobei Gestus und der Hölle über das Fegefeuer bis betonter technischer und konzep- Form zum Thema der Komposition zum Paradies reichende Welt ange- tioneller Einfachheit. Er bevorzugt werden. sehen wird und das im Laufe der Holzrahmen, die verschiedene Geschichte immer wieder in Gemäl- Formen annehmen können und die den dargestellt wurde, greift der er selbst herstellt, sowie Acryl YANN GROSS Künstler auf. Es handelt sich um eine farbe und wählt eine ausschliesslich (*1981 in Vevey) dichte und zugleich offene sym monochrome Wiedergabe. Dieses Lebt und arbeitet in der Schweiz bolische Interpretation, deren Um- Werk ist repräsentativ für seine & fang und stilistische Stärke in der vielfältige Suche, in der er zwei ARGUIÑE ESCANDÓN heutigen Web-2.0-Welt beeindruckt. Stücke miteinander verbindet und (*1979 Bilbao, ESP) In einem Spiel bildnerischer Korres- mit der Mehrdeutigkeit in der visuel- Lebt und arbeitet in der Schweiz pondenzen ist Forever young eine len und chromatischen Wieder und in Spanien abstrakte Komposition, die mit der gabe dieses Diptychons spielt. Serie Le vestibule des lâches ver Red, aus der Serie Aya, 2019 bunden ist, deren Motive von figura- Pigmentdruck auf tiven Gemälden übernommen sind. ALOÏS GODINAT Museum-Etching-Papier (*1978 in Genf) 120 × 90 cm Lebt und arbeitet in Lausanne FRÉDÉRIC GABIOUD Yann Gross studiert von 2001 bis (*1990 in Lausanne) Avril (quatre), 2018 2005 visuelle Kommunikation und Lebt und arbeitet in Lausanne Collagen auf Papier Fotografie an der École cantonale 76 × 120 cm d’art de Lausanne (ECAL). Von Beginn Ohne Titel, 2020 Erworben 2018 seiner Karriere an erhält er zahlrei- Acryl auf Leinwand che Auszeichnungen, darunter den 186 × 84 cm Aloïs Godinat schliesst sein Studium Swiss Press Photo Award 2006, an der École cantonale d’art de den Prix du Festival International de Frédéric Gabioud schliesst sein Lausanne (ECAL) 2005 ab und lehrt Mode et de Photographie de Hyères Studium an der École cantonale d’art heute an der Haute école d’art et de 2010 und den Prix de la Fondation de Lausanne (ECAL) 2013 ab und design (HEAD) in Genf. Er stellt vaudoise pour la culture 2019. Er wird wird dort anschliessend als Assistent regelmässig im In- und Ausland aus von der Galerie Wilde in Genf ver für den Bachelor-Studiengang und erhält u. a. den Manor Kunst- treten. Arguiñe Escandón schliesst Bildende Kunst angestellt, der unter preis Waadt 2006 und den Schweizer 2007 ihr Studium an der Internatio- der Leitung von Stéphane Kropf Kunstpreis 2008. Er wird von nalen Schule für Fotografie und Film steht. 2015 ist er Gründungsmitglied der Galerie Francesca Pia in Zürich in Madrid (EFTI) ab und bildet sich des zeitgenössischen Kunstraums vertreten. 2012 in Dokumentarfotografie an Silicon Malley in Lausanne. Er stellt der Fábrica de Madrid weiter. regelmässig im In- und Ausland aus Wie andere Kunstschaffende seiner und wird von den Galerien Joy de Generation hinterfragt Aloïs Godinat Parallel zu ihrer individuellen künst- Rouvre in Genf und Lemoyne Project das zeitgenössische visuelle Vo lerischen Tätigkeit arbeiten Yann in Zürich vertreten. 2015 werden kabular, indem er sich gefundene Gross und Arguiñe Escandón seit seine Arbeiten in einer Einzelausstel- Objekte, insbesondere verschiede- 2016 gemeinsam an Projekten, die lung im Espace Quark in Genf und ne Drucksachen, aber auch Gesten mit ihrer Faszination für die indi einer Gruppenausstellung im Swiss und andere Alltagspraktiken aneig- genen Völker des Amazonasgebiets Institute in New York gezeigt. 2017 net. In libertärer Nachfolge der zusammenhängen. Dort entdecken erhält er das Kulturstipendium der Fluxus-Bewegung arbeitet er mit sie eine einzigartige Welt, die im Fondation Leenaards in Lausanne. Zufall und Wiederholung, nutzt Gegensatz zu ihrer westlichen Kunst Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 13 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE und Kultur steht und sie dazu be- Fondation vaudoise pour la culture ROBERT IRELAND wegt, ihre Praxis wie ihre Technik zu ausgezeichnet. Er stellt regelmässig Robert Ireland (*1964 in Dallas, USA) hinterfragen. So verwenden sie im In- und Ausland aus, unter ande- Lebt und arbeitet in Lausanne beispielsweise lichtempfindliche rem 2012 im Centre culturel suisse Pflanzen zur Entwicklung ihrer Auf- in Paris und im Frühjahr 2014 mit der Apocalypse, 2013 nahmen und kehren damit zu einer Genfer Galerie Skopia, die ihn ver- Druckertinte auf Leinwand ursprünglichen Arbeitsweise zu- tritt, an der Armory Show, der inter- 140 × 200 cm rück, die ihren Abzügen eine im digi- nationalen Messe für moderne talen Zeitalter seltene Intensität Kunst, in New York. Robert Ireland studiert von 1982 bis verleiht. Sie eignen sich alle Genres 1987 an der École cantonale d’art de an, üben sich in Stillleben, Porträt Die Arbeit von Alain Huck vereint Lausanne (ECAL). 1987 ist er Grün- und Landschaft. Red ist Teil eines verschiedene Medien wie Zeich- dungsmitglied des Kollektivs M/2 in umfangreichen Werks, das Fotogra- nung, Malerei, Video, Installation Vevey, einer der ersten künstleri- fien und eine Publikation mit dem und Fotografie. Die Vielfalt seiner schen Off-Plattformen der West- Titel Aya umfasst, was in Kichwa Strategien geht über ein einfaches schweiz. Er erhält zahlreiche Preise «Geist» bedeutet. Diese Serie Protokoll hinaus und zeigt, dass und Stipendien, unter anderem von ist direkt von den Abenteuern des das Kunstwerk als konkretes, scharf der Fondation Leenaards (2003) deutschen Fotografen Charles umrissenes, begrenztes Objekt und dem Kanton Waadt (2009). Seit Kroehle (1876–1902) inspiriert, der von einem «sich herausbildenden 2010 unterrichtet er an der Walliser im Dschungel verschwand und des- Prozess» verdrängt wurde. Vertieft Hochschule für Kunst und wird von sen Weg sie folgten, um ihrer Suche in eine Hybridisierung der Gattun- der Galerie Skopia in Genf vertreten. eine romanhafte Dimension zu ver- gen, hinterfragt er den Begriff leihen. Der Dialog zwischen dem des Sinnverlusts und thematisiert Robert Ireland schafft Vorrichtungen, Archiv eines Fotografiepioniers und das schwierige Zusammenspiel die sowohl unsere Wahrnehmungs- der Schaffensweise zweier zeit von Geist und Körper, die Verstän- gewohnheiten als auch unsere genössischer Fotografen erinnert digungsprobleme zwischen den Interpretationsbezüge erschüttern. zutreffend an die Aussage des Menschen sowie die politische und Seine Produktion scheint sich Semiologen Roland Barthes: «Was historische Verantwortung. Die mo- zwischen zwei widersprüchlichen die Fotografie endlos reproduziert, numentalen Zeichnungen tauchen Bestrebungen zu bewegen, der hat nur einmal stattgefunden.» in seiner Produktion in den frühen Dekonstruktion als Prinzip, das die 2000er-Jahren auf. Ausgangspunkt Malerei scheut, und der Konstruk- sind vergrösserte fotografische Vor- tion, die alle Elemente einbezieht. ALAIN HUCK lagen, die er auf Papier projiziert So ist das Werk mit dem Titel Alain Huck (*1957 in Vevey) und dann in Kohle reproduziert. Mit Apocalypse ein Gemälde (Teil einer Lebt und arbeitet in Lausanne dieser archaischen Technik gibt er vierteiligen Serie), das nach Druck- ein Licht-und-Schatten-Spiel wie- grafiken von Albrecht Dürer kons- Chrysanthemum I, aus der Serie der und nutzt die Effekte des Aus- truiert wurde. Der Künstler wählt Hanabi, 2013 löschens, um das Bild unscharf wer- einen Ausschnitt aus der Druckgra- Kohle auf Papier den zu lassen und zu verdichten, als fik, der den Konflikt zwischen den 210 × 152 cm ob es in einer ständigen Bewegung Elementen (Himmel, Wasser, Wolken, immer wieder erscheinen und ver- Licht usw.) in einem dramatischen Alain Huck schliesst 1986 sein schwinden würde. Chrysanthemum Weltuntergangsszenario darstellt. Studium an der École cantonale des I ist Teil der Serie Hanabi, was auf Anschliessend werden die Umrisse beaux-arts in Lausanne ab. 1987 Japanisch «Feuerwerk» bedeutet des Holzschnitts vergrössert und gründet er zusammen mit Jean Crotti, und auf eine festliche Tradition an- in einem anderen Massstab sorg- Robert Ireland, Jean-Luc Manz, spielt, die bis ins 18. Jahrhundert zu- fältig reproduziert. In einem zweiten Christian Messerli und Catherine rückreicht. Die Chrysantheme sym- Schritt wird Druckertinte auf die Monney das Kollektiv M/2 in Vevey, bolisiert in der japanischen Umrisse aufgetragen und das Ganze das bis 1991 fast 40 Ausstellungen Überlieferung Harmonie und Entfal- auf dem Boden mit Terpentin junger in- und ausländischer Kunst- tung, erinnert jedoch in dieser Kom- übergossen, um die anfänglichen schaffenden organisiert und zu position zweifellos an die unheilvol- Striche auf willkürliche Weise zu einer wichtigen künstlerischen Platt- le Ikonografie des Atompilzes. Diese verdünnen und zu verwischen. Mit form in der Schweiz wird. Nach Dualität lässt wie eine Schichtung diesem Sich-zu-eigen-machen weiteren Ausstellungen, Stipendien der Erinnerung oder sogar der Ge- einer ikonografischen Quelle hinter- und renommierten Preisen wird er schichte verschiedene Deutungen fragt Robert Ireland «die Organisa- 2013 mit dem Grand Prix der zu. tion von Bildern auf einer Fläche» Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 14 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE und versucht, den Status des Kunst- USA, erinnert mit seinem Titel aber YOAN MUDRY werks sowie dessen auch an ein Kinderspiel, bei dem Yoan Mudry (*1990 in Lausanne) Reproduktionsweise neu zu Glück und Scharfsinn gefragt sind. Lebt und arbeitet in Genf definieren. Everything is planned, 2017 STÉPHANE KROPF Acryl auf Leinwand VINCENT KOHLER (*1979 in Lausanne) 120 × 90 cm (*1977 in Nyon) Lebt und arbeitet in Lausanne Lebt und arbeitet in Lausanne Nach seinem Studium in Bildender Rosat, 2013 Kunst an der Haute école d’art et de Zig Zag Zoug, 2011 Acryl auf Leinwand design (HEAD) in Genf, das er 2014 Öl auf Leinwand 130 × 90 cm abschliesst, stellt Yoan Mudry seine 200 × 150 cm Arbeiten rasch im In- und Ausland Stéphane Kropf ist Absolvent der aus (Galerie Krupp in Basel, Salle Vincent Kohler, Absolvent der École École cantonale d’art de Lausanne Crosnier in Genf, Luma Stiftung in cantonale d’art de Lausanne (ECAL) (ECAL), wo er derzeit den Bachelor- Zürich, usw.). Von 2015 bis 2017 ist er und Dozent an der Haute école d’art Studiengang Bildende Kunst leitet. Ko-Kurator des unabhängigen Kunst- et de design (HEAD) in Genf, stellt Seit 2002 werden seine Arbeiten raums Zabriskie Point in Genf, von regelmässig im In- und Ausland aus. gezeigt, unter anderem 2005 im 2018 bis 2020 mit Roxane Bovet Ko- Das Museo d’Arte in Lugano widmet Musée d’art moderne et contempo- Kurator von Forde, ebenfalls in Genf. ihm 2012 eine bedeutende rain (MAMCO) in Genf und 2015 Er wird mit dem Prix New HEADS der Einzelausstellung. auf Schloss Greyerz. Im Ausland stellt Fondation BNP Paribas (2014), dem er 2011 im Palais de Tokyo und 2015 Prix Neumann der Stadt Genf (2014) Die erstaunliche formale Vielfalt der in der Fondation d’entreprise Ricard und dem Kiefer Hablitzel Preis (2016) Produktion von Vincent Kohler hat in Paris und in der Galerie Marc ausgezeichnet; zudem absolviert ihre Quellen in der volkstümlichen Jancou Contemporary in New York er eine Künstlerresidenz im Istituto Kultur sowie in zeitgenössischen aus. Er wird von den Galerien Andrea Svizzero in Rom (2020–2021). künstlerischen Bezügen: «Ich lasse Caratsch in St. Moritz und Joy de mich von der populären Ästhetik Rouvre in Genf vertreten. In einem Umfeld, das mit Bildern und der Spontaneität der spieleri- aller Art gesättigt ist, scheinen Sam- schen Dinge in den Bann ziehen, die In seiner Arbeit greift Stéphane pling und die Wiederverwendung den ganzen Reichtum des schlech- Kropf die wichtigsten Strömungen verschiedener Quellen der bevor- ten Geschmacks wecken.» So macht auf, welche die abstrakte Malerei zugte Ansatz vieler zeitgenössischer er sich Alltagsgegenstände zu definiert haben: das Monochrom, Kunstschaffenden zu sein. Yoan eigen, deutet sie neu und inszeniert die Op-Art, das «All-over» und sogar Mudry ist Teil dieser Bewegung mit sie mit Ironie und Gewitztheit, in- die Konzeptkunst, indem er sich einer bemerkenswerten Sinnes- dem er mittels eines Verfremdungs- «gefundene» Motive von Zugfahr- schärfe und Risikobereitschaft. So effekts ein neues Verständnis des karten oder Ladenquittungen zu manipuliert er «gefundene» Bilder, «banalen Objekts» erzwingt. Als eigen macht, um nur die offensicht- als würde er mit den Syntagmen Schlagzeuger in einer Rockband be- lichsten Bezüge zu nennen. Dank einer neuen Bildsprache spielen. Er zieht er sich oft auf die Ikonografie mitunter fluoreszierender Farben, gestaltet um, orchestriert, verteilt dieser Welt. Auf diese Weise arbeitet einer grosszügigen Bearbeitung und überlagert die Zeichen und er mit verschiedenen Bezügen, der Materie und einer ausladenden Symbole, die er der Populärkultur seien es Siebdrucke, die E-Gitarren Gestik fordern seine Bilder das und der Kunstgeschichte entnimmt, darstellen, eine überdimensionierte Auge heraus und bieten ein beson- und zwar nach einer Logik der so- Discokugel oder ein Schlagzeug, deres Seherlebnis. Optische Spiele wohl formalen als auch konzeptuel- dessen Felle als Hintergrund für wie die subtilen Farbabstufungen len Konfrontation. Durch seine Neu- eine Serie traditioneller Bergland- unterstreichen die Kraft der Malerei deutung von Filmzitaten, politischen schaften dienen. Geschickt platziert nötigenfalls auch heute noch. Im Parolen oder Werbeslogans und er sich zwischen Spiel und Traum, Fall von Rosat beschränkt er den Motiven aus der Ikonografie Walt um eine leichte Verfremdung zu Gestus auf die Begrenzung der Disneys mittels grosser hyperrealis- schaffen, die für die Verankerung Leinwand und spielt mit deren frei- tischer Leinwände und Banner seiner Arbeit in der Gegenwart un- em Rand und den vibrierenden entsteht ein reichhaltiges Werk, das erlässlich ist. Auf hyperrealistische Effekten der vier Farben, die den sich nicht allein auf die Malerei Weise verweist Zig Zag Zoug auf Blick in den Bildraum wie nach aus- begrenzt, sondern sich auch der den Archetyp der Boots made in sen ziehen. Performance und Installation öffnet. Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 15 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE DAMIAN NAVARRO KARIM NOURELDIN VIRGINIE OTTH (*1983 in Lausanne) (*1967 in Zürich) (*1971 in Lausanne) Lebt und arbeitet in Genf Lebt und arbeitet in Lausanne Lebt und arbeitet in Lausanne Moments before detonation Evo, 2013 Versions d’un buste_01, 2015, Ed. 1/3 (Crónicas Pegajosas), 2015 Farbstifte auf Papier Tintenstrahldruck montiert auf Stuck, Aufkleber und Filz 204 × 164 cm Aluminium 200 × 135 cm 120 × 100 cm Karim Noureldin schliesst 1993 sein Damian Navarro schliesst sein Studium an der Hochschule der Virginie Otth besitzt ein Diplom in Studium an der Haute école d’art et Künste in Basel ab und erhält bereits Fotografie der École d’arts appliqués de design (HEAD) in Genf 2007 ab früh in seiner Karriere zahlreiche in Vevey aus dem Jahr 1994 sowie und ist seit 2015 als unabhängiger Preise, unter anderem den Schweizer eines der Walliser Hochschule für Kurator in der Westschweiz und als Kunstpreis 1997, den Manor Kunst- Kunst aus dem Jahr 2014. Seit 2006 Ko-Direktor der Kunsthalle Circuit preis Zürich 2004 und den Preis der unterrichtet sie an der Haute école in Lausanne tätig. Er erhält u.a. den Landys & Gyr Stiftung 2005. Bis d’art et de design (HEAD) in Genf. Schweizer Kunstpreis (2010), den 2001 lebt und arbeitet er in New Sie ist seit 2005 Mitglied des Kunst- Prix Caran d’Ache (2011) und York. Dann verbringt er ein Jahr am raums Standard/Deluxe in das Atelier Vaudois du 700e in Paris Istituto Svizzero in Rom. Seit 2002 Lausanne. (2013). Er wird von der Galerie lebt und arbeitet er in Lausanne und Ribordy in Genf vertreten. erteilt an der École cantonale d’art Virginie Otth befasst sich mit der de Lausanne (ECAL) Zeichenunter- Beziehung des Fotografen zum In dieser Serie mit dem Titel Crónicas richt. Er stellt regelmässig in der Subjekt-Objekt und den vielfältigen Pegajosas kombiniert der Künstler Schweiz und in Deutschland aus Möglichkeiten, Bilder zu sehen, eine alte Technik, die des stucco – und wird von der Galerie von Bartha herzustellen und zu zeigen. So ent- einem Wandbelag, der Gips und in Basel vertreten. wickelt sie installationsähnliche Farbe kombiniert –, mit einem soge- Vorrichtungen und wendet sich nannten «armen» Material, dem Karim Noureldin ist einer der Ver durch die Vervielfachung der Blick- Aufkleber, der als Motiv dient. Die treter der geometrischen Abstraktion winkel auf besondere Weise an den von ihm verwendeten «Stickers» im Bereich der Schweizer Zeichen- Betrachter. Versions d’un buste_01 stammen meist aus der Werbung kunst. Sein intuitiver Ansatz nimmt wurde 2015 für die 3. Ausstellung und werden von ihm aufgrund ihres strukturelle Herausforderungen an, zeitgenössischer Kunst Des Seins à semantischen Werts und ihrer visu- da er Motive auf halbem Weg zwi- Desseins zugunsten der Fondation ellen Qualität genutzt. Ihre etwas schen geometrischem Vokabular und Francine Delacrétaz für Frauen mit altmodische und hyperreferentielle organischem Register entwickelt. Brustkrebs im Espace Arlaud in Seite erinnert an die Prägnanz der Er entscheidet sich meist für grosse Lausanne geschaffen. In ihrer Arbeit Welt der Kommunikation und des Formate und beherrscht in seinen greift sie das in der Kunstgeschichte Marketings im künstlerischen Be- Kompositionen eine schwebende beliebte Thema der weiblichen reich. Andererseits verstärken die Räumlichkeit, egal ob es sich um Büste auf und erinnert an das viel- Subtilität der Bildwiedergabe und der Wandbilder, druckgrafische Werke fältige Bild eines Frauenkörpers: «Die Reichtum der Farbskala noch die oder Textildesign handelt. Ohne Hie- Fassungen halten sich nicht genau Aussagekraft der Bildkomposition. rarchie und ohne Bemühen um reale aneinander, sie suchen sich der Darstellung gleicht sein dichter und Erinnerung an einen vorherigen Kör- doch leichter Strich dem Gewebe per anzupassen und erfinden dann eines Stoffs, dessen volkstümliche, den nachherigen. Die verschiedenen den Traditionen des Mittelmeer- fotografischen Schichten zeigen raums entstammende Techniken uns eine fragmentierte Büste, die seine Arbeit beeinflussen. Evo gehört Frau ist schön, und die Darstellungs- zu einer Serie, in der er sich von versuche sind vielfältig.» einer Symmetrieform befreit und einen zersplitterten und zugleich spielerischen formalen Ansatz wählt. Der chromatische Reichtum der Blautöne verleiht der Zeichnung eine taktile Dimension und verstärkt den Gestus des Künstlers. Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 16 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE GUILLAUME PILET JESSICA RUSS (*1986 in Payerne) (*1988 in Nyon) Lebt und arbeitet in Lausanne Lebt und arbeitet in Lausanne Le totémisme aujourd’hui, 2016 Boule azurée des bassins Keramik méditerranéens, 2020 30 × 15 cm Acryl auf Leinwand 140 × 150 cm Bricks no 11, 2014 Acryl auf Leinwand Jessica Russ studiert Bildende Kunst 70 × 107 cm an der École cantonale d’art de Lausanne (ECAL) und anschliessend Guillaume Pilet schliesst 2010 sein von 2008 bis 2015 an der Haute Studium der bildenden Kunst an der école d’art et de design (HEAD) in École cantonale d’art de Lausanne Genf. Sie wird mit dem Preis der (ECAL) ab. Von 2008 bis 2010 lehrt Stadt Nyon (2019) und dem Prix Alice er an der ECAL und seit 2011 auch an Bailly (2019) ausgezeichnet und der Haute école d’art et de design stellt ihre Arbeiten regelmässig in (HEAD) in Genf. 2013 wird er mit dem der Schweiz aus. Kiefer Hablitzel Preis sowie 2009 und 2010 mit dem Schweizer Kunst- In ihren Werken vereint sie Farben preis ausgezeichnet. Von 2010 bis und Linien gemäss einer maleri- 2012 ist er Ko-Direktor von Forde, schen Tradition, in der die Flächig- einem Raum für zeitgenössische keit des Malgrunds ohne jegliche Kunst in Genf. In den letzten Jahren illusionistische Suche gefordert nimmt er an zahlreichen Einzel- und wird. Ihre zunächst mit Bleistift auf Gruppenausstellungen im In- und Leinwand gezeichneten Komposi- Ausland teil. 2017 erhält er den Preis tionen gleichen «mentalen Land- der Fondation Gustave Buchet schaften, deren Formen an die Kur- sowie 2016 und 2020 das Kultursti ven eines Körpers, aber auch an pendium für bildende Kunst des anonyme geometrische Figuren er- Kantons Waadt. innern können». Die Farbe wird flächig aufgetragen, während die Guillaume Pilet ist ein libertärer Linien kühne Farbflächen umreissen, Erbe der Westschweizer geometri- in denen Formen und subtile Ver- schen Abstraktion, folgt aber auch flechtungen aufeinandertreffen und einer postdadaistischen Bewegung. miteinander einen Dialog führen. Seine polymorphen künstlerischen Keine perspektivischen Effekte, Erkundungen gelten der Perfor- sondern eine intensive, ja komplexe mance sowie der Skulptur und Wiedergabe, bei der es keine Mög- Malerei. Beeinflusst von der brasi- lichkeit der Überarbeitung gibt und lianischen modernistischen Bewe- der Inhalt des Bilds bald nichts mehr gung infolge einer Einzelausstellung mit seinem Motiv, also dem Sujet 2014 in São Paulo, interpretiert seiner Darstellung, zu tun hat. Der An- er hier die Figur des Modulor von Le satz von Jessica Russ zelebriert Corbusier neu in Anbetracht von den Akt des Malens als Ausdruck der dessen grossem Einfluss auf die Ent- Energie des Werks, wie der dynami- wicklung der brasilianischen Archi- sche, leuchtende und offene Titel tektur ab den 1920er-Jahren. Zudem dieses Gemäldes andeutet. beschäftigt er sich mit der konkre- ten Kunst in einer Serie von shaped canvases (geformte Leinwände) mit Ziegelmotiven; für ihn ist das «ein Infragestellen der kreativen Prozes- se und der Art und Weise, die Dinge letztendlich im Raum darzustellen». Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 17 / 20
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