Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 24.9.2021-9.1.2022 Medienmitteilung - Musée cantonal des ...

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MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS
LAUSANNE
Unique et multiple. Neuere Werke aus
der Kunstsammlung der BCV
24.9.2021—9.1.2022

Medienmitteilung

Inhalt
1. Pressemitteilung
2. Pressebilder
3. Biografien der Künstlerinnen und Künstler
4. Kunstvermittlung – Publikumsservice
5. Museumsshop und Café-Restaurant Le Nabi
6. Partner des MCBA

Kontakt:                  Plateforme 10
Florence Dizdari          Musée cantonal
Pressekoordinatorin       des Beaux-Arts        T +41 21 316 34 45
T + 41 79 232 40 06       Place de la Gare 16   info.beaux-arts@vd.ch
florence.dizdari@vd.ch    1003 Lausanne         mcba.ch
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MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS
LAUSANNE

1.     Pressemitteilung

Das Musée cantonal des Beaux-Arts Lausanne (MCBA) zeigt die fünfte Aus­
stellung der Kunstsammlung der BCV mit einer Werkaus­wahl, für welche die
Kunsthistorikerin Catherine Othenin-Girard, Konservatorin der Sammlung
und Kuratorin der Schau, verantwortlich zeichnet. Die Ausstellung im Espace
Projet erweist 25 bekannten oder aufstrebenden Waadtländer Kunst­
schaffenden verschiedensten Alters die Ehre. Die Accrochage «im italienischen
Stil» unterstützt die aktive Wahrnehmung durch die Betrachter*innen,
deren Blick so von einem Werk zum nächsten wandert.

Bernard Fibicher, Director of the MCBA

Ein paar Worte der Ausstellungskuratorin
Unique et multiple (Einzigartig und vielfältig) lautet der Titel dieser Ausstellung von ausgewählten
Werken, die in den letzten zehn Jahren für die Kunstsammlung der BCV erworben wurden. Die
Sammlung ist das Ergebnis eines Projekts, das vor über fünfzig Jahren seinen Anfang nahm, um
die Waadtländer Kunstszene proaktiv zu unterstützen und bekannt zu machen und um mit dem
dynamischen Geist der zeitgenössischen Kunst Schritt zu halten.

Der künstlerische Dialog
Das Ausstellen von Kunst in einer Unternehmensumgebung impliziert einen ständigen Dialog
zwischen den unterschiedlichen ästhetischen Ansätzen der Kunstschaffenden und der funktionel-
len und typologischen Vielfalt der Orte, an denen die Werke ausgestellt sind. Somit unterscheidet
sich diese Praxis von jener, die üblicherweise in einem institutionellen Umfeld, sei es in einem
Museum, einem Kunstraum oder einer Galerie, zur Anwendung kommt. Es geht darum, nicht bloss
die – durchaus berechtigten – dekorativen Erwartungen zu erfüllen, sondern darüber hinaus ein
sinnstiftendes, kreatives Interaktionssystem zu schaffen.
Von Anfang an bestand die Sammlung aus einer Mischung aus auf regionaler, nationaler oder
sogar internationaler Ebene etablierten Kunstschaffenden, die von der BCV über längere Zeit be-
gleitet wurden, wobei ab den frühen 1990er­Jahren auch ein besonderes Augenmerk auf den
künstlerischen Nachwuchs gelegt wurde. Dank dieser Ankaufspolitik entstand ein äusserst viel­
fältiges Ensemble, das ein Produkt von in den meisten Fällen visionären künstlerischen Entschei-
dungen ist und in dem vor allem die unverzichtbare Mobilität der heutigen Kunstschaffenden, die
von hier stammen und anderswo arbeiten oder umgekehrt, zum Ausdruck kommt. Die erworbenen
Stücke werden zusammen mit zahlreichen Leihgaben in den Räumlichkeiten der Bank in ständi-
gem Wechsel präsentiert. Pro Jahr kommen so mehrere hundert Rotationen zusammen. Die
Sammlung vereint zahlreiche künstlerische Ausrichtungen, die vom Figurativen bis zur Abstraktion
reichen, sowie vielfältige Ausdrucksmittel – darunter Malerei, Fotografie, Plastik, Druckgrafik,
Zeichnung –, deren gemeinsamer Nenner die Konstituierung und Bewahrung eines künstlerischen
Erbes ganz im Sinne des gesellschaftlichen Auftrags der Bank ist.

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Die Ausstellung Unique et multiple
Das Narrativ dieser fünften Ausstellung in einem Museum1 beruht auf der Idee, mehrere einzigartige
Ansätze in einem einzigen Raum für ein Projekt mit vielfältigen Lesarten zu verbinden, das
dennoch ein Ganzes, nämlich eine Sammlung, bildet.
Zu entdecken sind verschiedene künstlerische Hauptpositionen, die auf der Gleichzeitigkeit der für
das aktuelle Schaffen typischen Tendenzen beruhen. Die Abstraktion ist vorherrschend, wird aber
zwangsläufig unterschiedlich interpretiert: zum einen geometrisch mit Werken von Delphine Coindet,
Sylvain Croci­Torti, Frédéric Gabioud, Aloïs Godinat, Jean­Luc Manz, Karim Noureldin und Guillaume
Pilet, zum anderen mit Erkundungen optischer und Wahrnehmungseffekte durch Philippe Decrauzat
und Stéphane Kropf, ganz zu schweigen von den formalen Versuchen, die mit der bildnerischen
Materialität oder den Wirkungen des Trompe-l’œil und der Hybridisierung von Motiven spielen, wie
von Natacha Donzé, Jessica Russ und Damian Navarro. Auf der figurativen Seite greifen Caroline
Bachmann, Silvie Defraoui, Alain Huck und Robert Ireland das Landschaftsgenre und Yann Gross &
Arguiñe Escandón das Stillleben auf, während sich Jean Crotti und Virginie Otth das Porträt wieder
zu eigen machen. Philippe Fretz bezieht sich auf die Kunstgeschichte, während Claudia Comte,
Yoan Mudry und Vincent Kohler eine Neudeutung der Comic-Kultur und der Werbe­-Ikonografie un-
ternehmen. Diese Auswahl umfasst ebenso viele Schaffensweisen wie Ansatzpunkte und soll bis
zu einem gewissen Grad einen Einblick in das geben, was ein künstlerisches Territorium zu einer
bestimmten Zeit ausmacht. Gerade in der heutigen Zeit, in der unser Alltag von der Notwendigkeit
beherrscht wird, Abstand zu halten und Nähe zu vermeiden, erinnern uns die im MCBA gezeigten
Werke daran, dass Nähe immer möglich ist, selbst wenn wir isoliert sind. Die Ausstellung spielt mit
diesem scheinbaren Widerspruch, da die Kunst laut dem Kunsthistoriker und Kurator Nicolas
Bourriaud «eine Gesprächs­praxis»2 ist, die es zu aktivieren gilt.

Catherine Othenin-Girard, Kunsthistorikerin und Konservatorin der Kunstsammlung der BCV

1     L’œil du Musée sur une collection,   (Kat.); Contemporain…ou bien? La           dans le réchauffement climatique»,
Musée cantonal des Beaux-Arts              collection d’art BCV, Fondation de         Vortrag im Rahmen des Programms
Lausanne, 1985 (Kat.); La peinture         l’Hermitage Lausanne, 2012 (Kat.).         Sometimes Doing Nothing Leads
vaudoise de 1960 à 1990, Musée Jenisch                                                To Something, Archizoom EPFL,
Vevey, 1991; BCV-ART, Acquisitions 91-01   2      Nicolas Bourriaud, «De la produc-   Lausanne, 2020.
(sélection), Musée Jenisch Vevey, 2002     tion à la conduction: l’art contemporain

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2.      Pressebilder

Die Bilder der Ausstellung stehen zur Verfügung unter www.mcba.ch/presse.

Die Bilder sind während der Dauer der Ausstellung frei von Rechten Dritter. Jede Reproduktion
ist mit folgenden Angaben zu versehen: Urheber, Titel des Werkes, Datum, Name des Museums
und Name des Fotografen sowie Copyright. Weitere Angaben (Grösse, Technik, usw.) sind er-
wünscht, aber nicht obligatorisch. Bitte senden Sie nach Erscheinen ein Exemplar der Publikation
an den Pressedienst des Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne.

Online abrufbar ab 23. September 2021, 10 Uhr

                                                                       3. GUILLAUME PILET
1. JEAN CROTTI                                                         Bricks no 11, 2014
Ohne Titel, aus der Serie Adagio e       2. CAROLINE BACHMANN          Acryl auf Leinwand, 70 × 107 cm
Appassionato, 2018                       Nuages avec cadre, 2016       Photo © Blaise Schalbetter
Farbstift auf Papier,                    Öl auf Leinwand, 80 × 80 cm
140 × 70 cm ( × 6) &                     Photo © Stefan Banz
JEAN-LUC MANZ Ohne Titel, Nr. 254–259
der Serie Adagio e
Appassionato, 2018
Acryl auf Leinwand, 140 × 70 cm ( × 6)
Photo © Georg Rehsteiner

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4. PHILIPPE FRETZ
Forever young, aus der Serie Le vestibule
des lâches, 2017
Öl auf Leinwand, 170 × 180 cm
Photo © Patrick Dupond                      5. YANN GROSS & ARGUIÑE
                                            ESCANDÓN                               6. VINCENT KOHLER
                                            Red, aus der Serie Aya, 2019           Zig Zag Zoug, 2011
                                            Pigmentdruck auf Museum-Etching-       Öl auf Leinwand, 200 × 150 cm
                                            Papier, Museum Etching 120 × 90 cm     Photo © Geoffrey Cottenceau
                                            Photo © Yann Gross

7. ROBERT IRELAND
Apocalypse, 2013
Druckertinte auf Leinwand, 140 × 200 cm
Photo © Robert Ireland

                                            8. VIRGINIE OTTH
                                            Versions d’un buste_01, 2015 éd. 1/3
                                            Tintenstrahldruck montiert auf
                                            Aluminium, 120 × 100 cm                9. DAMIAN NAVARRO
                                            Photo © Virginie Otth                  Moments before detonation
                                                                                   (Crónicas Pegajosas), 2015
                                                                                   Stuck, Aufkleber und Filz, 200 × 135 cm
                                                                                   Photo © Frédéric Lanternier

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10. PHILIPPE DECRAUZAT
Loop, 2015
Acryl auf Leinwand, 214 × 243 cm
Photo © Annik Wetter                                                        12. STÉPHANE KROPF
                                    11. YOAN MUDRY
                                                                            Rosat, 2013
                                    Everything is planned, 2017
                                                                            Acryl auf Leinwand, 130 × 90 cm
                                    Acryl auf Leinwand, 120 × 90 cm
                                                                            Photo © Annick Wetter
                                    Photo © Etienne Chosson

                                    14. JULIAN CHARRIÈRE
                                    Polygon, 2015, éd. 1/1                  15. JESSICA RUSS
                                    Fine Art Print auf Hahnemühle-Papier,   Boule azurée des bassins
                                    126 × 190 cm                            méditerranéens, 2020
                                    Photo © Florian Richter                 Acryl auf Leinwand, 140 × 150 cm
                                                                            Photo © Nicolas Delaroche Studio

13. CLAUDIA COMTE
Demon or the devil-piranha,
aus der Serie Zigzag Jungle, 2019
Acryl auf Leinwand, 244 × 163 cm
Photo © Damian Griffiths

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16. ALOÏS GODINAT
Avril (quatre), 2018
Collagen auf Papier, 76 × 120 cm
Photo © Aloïs Godinat
                                                                               18. DELPHINE COINDET
                                                                               Anna, aus der Serie Miroirs de
                                                                               sorcières, 2015
                                                                               Holz, Moos, Stoff und Spiegel,
                                                                               Verschiedene Abmessungen
                                   17. KARIM NOURELDIN                         Photo © Julien Gremaud
                                   Evo, 2013
                                   Farbstifte auf Papier, 204 × 164 cm
                                   Photo © Serge Hasenböhler

                                   20. SILVIE DEFRAOUI
                                   Polarmeer, aus der Serie Faits et Gestes,
                                   2014
                                   Tintenstrahldruck auf Hahne­mühle-
                                   Papier, éd. 1/3,
                                   279 × 132 cm, (chaque élément)              21. ALAIN HUCK
                                   Photo © Georg Rehsteiner                    Chrysanthemum I, aus der Serie
                                                                               Hanabi, 2013
                                                                               Kohle auf Papier, 210 × 152 cm
19. FRÉDÉRIC GABIOUD                                                           Photo © David Gagnebin-De Bons
Ohne Titel, 2020
Acryl auf Leinwand, 186 × 84 cm
Photo © Julien Gremaud

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                                   23. SYLVAIN CROCI-TORTI
                                   To The Wind, 2019
                                   Acryl auf Leinwand, 170 × 410 cm ( × 2),
                                   170 × 415 cm
                                   Photo © Julien Gremaud
22. NATACHA DONZÉ
The shell, the armor, 2019
Acryl auf Leinwand, 190 × 170 cm                                              24. GUILLAUME PILET
Photo © Julien Gremaud                                                        Le totémisme aujourd’hui, 2016
                                                                              Keramik, 30 × 15 cm,
                                                                              Photo © Guillaume Pilet

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3.       Biografien der Künstlerinnen und Künstler

CAROLINE BACHMANN                          JULIAN CHARRIÈRE                           postnuklearen Zukunft spielenden
(*1963 in Lausanne)                        (*1987 in Morges)                          Erzählung The Terminal Beach
Lebt und arbeitet in Cully                 Lebt und arbeitet in Berlin                (1964) des eng­lischen Science-Fic-
                                                                                      tion-Autors J. G. Ballard inspiriert ist.
Nuages avec cadre, 2016                    Polygon, 2015, Ed. 1/1                     Gleichzeitig befasst er sich mit dem
Öl auf Leinwand                            Fine Art Print auf                         in Kasachstan gelegenen Atomwaf-
80 × 80 cm                                 Hahnemühle-Papier                          fentestgelände Semipalatinsk, einer
                                           126 × 190 cm                               der ersten sowjetischen Atomanla-
Caroline Bachmann studiert an der                                                     gen, und erhält die Erlaubnis, dort
École des Arts Décoratifs in Genf          Nach seiner Ausbildung an der École        jeweils für sehr kurze Zeit unter mili-
und lebt danach einige Zeit in             cantonale d’art du Valais (ECAV)           tärischem Schutz zu arbeiten. Er
Barcelona und dann in Berlin. Nach         und an der Universität der Künste in       nutzt ein vom französischen Physi-
ihrer Rückkehr in die Schweiz beginnt      Berlin (UDK) wird Julian Charrière         ker Henri Becquerel (1852–1908)
sie 2003 eine künstlerische Zusam-         Assistent des berühmten Künstlers          entdecktes Verfahren im Zusam-
menarbeit mit Stefan Banz. 2010            Olafur Eliasson, den er während            menhang mit Radioaktivität, bei
gründen die beiden die Kunsthalle          seines Studiums kennenlernte. Seit-        dem eine Fotoplatte auf Uransalze
Marcel Duchamp | The Forestay              dem stellt er an wichtigen Orten           gelegt wird und von deren Strahlung
Museum of Art in Cully. Seit 2007 lei-     der internationalen Kunst­szene aus,       geschwärzt wird: «Es war völlig ex-
tet sie den Studiengang Bildende           so an der Biennale d’art in Lyon           perimentell, ich war nicht sicher,
Kunst an der Haute école d’art et de       (2013), im Palais de Tokyo in Paris        was geschehen würde. Vielleicht
design (HEAD) in Genf. Sie stellt ihre     (2014), im Centre culturel suisse in       würde ich alle Bilder meiner Reise
Arbeiten regelmässig in Schweizer          Paris (2014), im Musée cantonal des        zerstören.» Glücklicherweise ist das
und europäischen Kulturinstitu­tio­nen     Beaux-Arts in Lausanne (2015), im          nicht der Fall, und an diesem Ort, an
aus und ist Preisträgerin des              Museo d’arte in Lugano (2019) und          dem 268 Bomben explodierten und
Schweizer Kunstpreises 2020.               im Kunstmuseum Aarau (2020).               über mehrere Kilometer Betonbau-
                                           2013 und 2015 erhält er den Kiefer         ten errichtet wurden, um die Druck-
Was ihre persönliche Produktion            Hablitzel Preis und 2014 den Manor         welle nuklearer Explosionen zu
betrifft, so malt Caroline Bachmann        Kunstpreis Waadt. Er wird von meh-         messen, fertigt er eine Reihe dichter
in einem klassischen, figurativen          reren Galerien vertreten, darunter         und zugleich tragischer Fotografien
Stil. Sie reaktiviert traditionelle Gen-   Dittrich & Schlechtriem in Berlin und      an, die er «zukünftige Fossilien»
res wie Porträt, Landschaft und            Sies+Höke in Düsseldorf, Tschudi           nennt. «Denn selbst wenn die Zivili-
Stillleben in einer Weise, die an die      in Zuoz (GR) und Sean Kelly in             sation verschwindet, selbst wenn
italienischen «Primitiven» sowie an        New York.                                  der Mensch vom Planeten ver-
den Jugendstil erinnert. Die Beson-                                                   schwindet, wird dieser Ort bleiben
derheit ihrer Arbeit liegt darin, dass     Julian Charrière lässt sich auf seinen     als Zeuge eines Moments, als sich
sie nach vorbereitenden Skizzen            zahlreichen Reisen von konzeptio-          die Wissenschaft die Flügel ver-
oder aus dem Gedächtnis, also ohne         nellen Erkun­dungen und poetischen         brannte.» So verbindet er Umwelt-
Fotovorlage, in Öl auf Leinwand malt.      Archäologien anregen. Sein Vorge-          bewusstsein mit politischem Akti-
Diese Freiheit in der figurativen Um-      hen gleicht einem Forschungspro-           vismus und liefert eine Neudeutung
setzung des Themas ermöglicht eine         zess, der in Form von Performances,        der klassischen kunstgeschichtli-
leichte, von allen dogmatischen Be-        fotografischen Dokumentationen,            chen Ikonografie der «Ruine».
zügen zur Kunstgeschichte losgelöste       Installationen und Filmen stattfindet.
Lektüre: «Ihre Landschaften, die           Seine Arbeit ist teils in der Materiali-
alle quadratisch sind, erscheinen als      tät der von ihm erforschten Orte
figurative Synthesen mit starker de-       verankert, teils Träger neuer künst-
korativer Wirkung. Vereinfacht oder        lerischer Geografien.
logotypisiert funktioniert die grafi-
sche Form mit gelegentlich psyche-         Die Serie Polygon entwickelt der
delischen Farben als Zeichen und           Künstler nach seiner Teilnahme an
als psychische Verbindung mit ei-          der Biennale von Moskau 2014. Sein
nem Thema», so Alberto de Andrés,          Ziel ist es, den Begriff der «Archäo-
Kunst­historiker und Galerist der          logie der Zukunft» zu untersuchen,
Künstlerin.                                der direkt von der in einer

Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV                                      9 / 20
Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV 24.9.2021-9.1.2022 Medienmitteilung - Musée cantonal des ...
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS
LAUSANNE

DELPHINE COINDET                         CLAUDIA COMTE                            Cartoonisten André Franquin (1924–
(*1969 in Albertville, F)                (*1983 in Morges)                        1997), den Schöpfer von Spirou,
Lebt und arbeitet in Lausanne            Lebt und arbeitet in Bennwil (BL)        Fantasio, Gaston Lagaffe und dem
                                                                                  berühmten Marsupilami. Von der
Anna, aus der Serie Miroirs              Demon or the devil-piranha, aus der      Ikonografie des Comics behält sie
de sorcières, 2015                       Serie Zigzag Jungle, 2019                nur die Elemente bei, welche die
Holz, Moos, Stoff und Spiegel            Acryl auf Leinwand                       Naturkulisse der Werke darstellen;
Verschiedene Abmessungen                 244 × 163 cm                             die Figuren und die Comic-Struktur
                                                                                  verschwinden zugunsten eines
Nach Studien an der École des            Nach dem Abschluss ihres Studiums        Dialogs mit dem wiederkehrenden
Beaux-Arts in Nantes und am Institut     in Bildender Kunst an der École          Zickzackmotiv ihrer Wandbilder.
des Hautes Études en Arts Plasti-        cantonale d’art de Lausanne (ECAL)       Diese formale Konfrontation mit der
ques in Paris lebt und arbeitet          2007 nimmt sie an Wettbewerben           für Pop typischen Farbpalette zeigt
Delphine Coindet mehrere Jahre in        teil und absolviert mehrere Künstler­    die Ausdruckskraft des visuellen
Lausanne, ist in dieser Zeit Mitglied    residenzen im Ausland: Istituto          gegenüber dem semantischen Re-
des Vereins des zeitgenössischen         Svizzero in Rom, Swiss Art Council       ferenten. Die Monumentalität des
Kunstraums Circuit. Heute unter-         Pro Helvetia in Johannesburg und         Werks entführt den Betrachter in
richtet sie an der École cantonale       Swiss Institute in New York. Sie wird    ein physisches und mentales visuel-
d’art de Lausanne (ECAL) und wird        von der Galerie König in Berlin und      les Abenteuer, das ebenso verdich-
von der Galerie Laurent Godin in         der Gladstone Gallery in New York        tet wie fröhlich ist.
Paris vertreten.                         und Brüssel vertreten. 2017 wird ihr
                                         Werk in bedeutenden Einzelaus­
Als Erbin sowohl der minimalisti-        stellungen im Kunstmuseum Luzern         SYLVAIN CROCI-TORTI
schen Skulptur als auch der Assem-       und 2019 im Castello di Rivoli in        (*1984 in Lausanne)
blage greift Delphine Coindet in         Turin gezeigt.                           Lebt und arbeitet in Martigny und
ihrer facettenreichen Arbeit immer                                                Lausanne
wieder den Begriff des gefundenen        Claudia Comtes bildnerisches Vor-
Objekts auf, das sie in subtilen         gehen verbindet Neo-Geo-Strenge          To the Wind, 2019
Arrangements mit starken poeti-          und spielerische Respektlosigkeit        Acryl auf Leinwand
schen und spielerischen Konnota-         in einer Kombi­nation von Malerei,       170 × 410 cm (x 2)
tionen inszeniert. Hier sind zwei        Skulptur und Installation, die direkt    170 × 415 cm
Kompositionen um konvexe Spiegel         von der Populärkultur beeinflusst ist:
angeordnet, die als «Hexen­augen»        von amerikanischen Cartoons bis          Sylvain Croci-Torti schliesst sein
bekannt sind und deren Besonder-         zu volkstümlichem Kunsthandwerk,         Studium in Bildender Kunst an der
heit darin besteht, eine Weitwinkel-     von Naturelementen bis zur Heraldik.     École cantonale d’art de Lausanne
ansicht des Raums zu bieten, in          Sie beansprucht für sich mit Leich-      (ECAL) 2013 ab und leitet seither
dem sie sich befinden. Verbunden         tigkeit den Einfluss historischer        deren Siebdruckatelier. Er erhält
mit spindelartigen farbigen Formen,      künstlerischer Bewegungen, dar-          2016 den Schweizer Kunstpreis und
die an das Formenvokabular der           unter Op-Art, Pop-Art, abstrakter        stellt regelmässig im In- und Aus­
Abstraktion erinnern, werden sie         Expressionismus und konkrete             land aus. 2018 wird ihm eine bedeu-
von der Künstlerin als «Gruppenpor-      Kunst. Zudem drückt sie sich auch        tende Einzelausstellung im Manoir
träts» von Frauen bezeichnet: eine       im Kontext der Land-Art aus, ob          der Stadt Martigny ausgerichtet.
geschickte Art, den Begriff der          in der kalifornischen Wüste oder auf     Er wird von den Galerien Annex 14 in
Gleichheit und Verschiedenheit mit       dem Hauptplatz der Art Basel 2017.       Zürich und Joy de Rouvre in Genf
Pop- & Rock-Zügen in einer bestimm­      Als polymorphe Künstle­rin besucht       vertreten.
ten Zeit und an einem bestimmten         sie auch die Werkstätten der Mar-
Ort zu zitieren. Die Serie entstand in   morarbeiter in Carrara, um monu-         Abstrakte und monochrome Malerei,
Zusammenarbeit mit Vladimir              mentale Skulpturen zu schaffen,          monumentale Keil­rahmen, die mit
Boson, einem Raumausstatter in           ohne jedoch die elektrische Ketten-      der Architektur in Dialog treten, das
Lausanne, der seit 2013 Künstleredi-     säge für ihre Holzkreationen zu          ist das künstlerische Programm
tionen herstellt und damit die Ver-      vergessen, ihr Lieblingswerkzeug         von Sylvain Croci-Torti, der als würdi-
bindung zwischen Kunst, Handwerk         seit Beginn ihrer Karriere.              ger Erbe der Vertreter der geometri-
und Design fördert.                                                               schen Abstraktion in der West-
                                         In dieser neuesten Serie mit dem         schweiz gilt, zusammen mit Olivier
                                         Titel Zigzag Jungle nimmt sie direk-     Mosset und John M Armleder, um
                                         ten Bezug auf den belgischen             nur diese zu nennen. Fasziniert von

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MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS
LAUSANNE

Minimal- und zeitgenössischer            Diese zwölfteilige Serie kombiniert      Buchet 2010 gehören. Seit mehreren
Rock­musik, ist sein Werk untrennbar     sechs mit Farbstift gezeichnete          Jahren stellt er an wichtigen Orten
damit verbunden: «Jede Leinwand ist      Porträts von Jean Crotti und sechs       der zeitgenössischen Kunstszene
wie ein Song aus einem Album kom-        abstrakte Kompositionen mit Ziegel-      im In- und Ausland aus, wie dem
poniert; auf sie überträgt er physisch   steinen, die von Jean-Luc Manz           Swiss Institute in New York (2006),
die Energie, den Rhythmus, die Wie-      gemalt wurden. Ursprünglich für          dem Palais de Tokyo in Paris (2006),
derholung oder die Verzerrungsef-        eine Ausstellung im Kulturraum des       dem Centre d’art contemporain in
fekte.» Sein malerischer Gestus ist      Centre Hospitalier Universitaire         Genf (2007), der Secession in Wien
rigoros; seine Farben werden sorg-       Vaudois (CHUV) auf Initiative der        (2008), dem Centre d’art contempo-
fältig von Hand her-gestellt, um den     Kulturbeauftragten Caroline de           rain Le Magasin in Grenoble (2014)
gewünschten Ton zu erhalten, und         Watteville entstanden, verbindet         und dem Haus Konstruktiv in Zürich
dann mit einem Spachtel vom unte-        das Ensemble einen abstrakten und        (2009 und 2019), um nur einige
ren bis zum oberen Rand der Lein-        einen figurativen Ansatz und lässt       zu nennen. Er wird von den Galerien
wand verteilt. Seine stets eindrucks-    zwischen dem Zeichner und dem            Francesca Pia in Zürich, Elizabeth
vollen Kompositionen erzeugen eine       Maler einen spielerischen und            Dee in New York und Mehdi Chouakri
verdichtete, besondere Beziehung         zugleich verdichteten Dialog entste-     in Berlin vertreten.
zum archi­tektonischen Raum; das         hen. Die Abfolge der Porträts ruft
Gemälde wird fast skulptural und be-     sowohl die Gleichheit als auch           Philippe Decrauzat bezieht sich auf
hauptet sich gleichzeitig durch die      die Verschiedenheit in Erinnerung.       die wichtigsten Kunst­strömungen,
mate­riellen Komponenten, aus de-        Die Finesse der Darstellung und          die den Status der Abstraktion unter
nen es besteht: Holz, Leinwand und       die Wahl der Posen und Blickwinkel       anderem durch Versuche mit opti-
Pigmente.                                bringen eine wichtige poetische          schen Effekten, die mit der Op-Art
                                         Di­mension in die Kunst des zeitge-      und der Minimal-Art der 1960er-Jahre
                                         nössischen Porträts im Zeitalter         verbunden sind, und durch kritische
JEAN CROTTI                              der Selfies ein. Die Ziegel ihrerseits   Überlegungen zum Film rund um
(*1954 in Lausanne)                      spielen subtil mit Form wie mit          das Thema des bewegten Bilds in
Lebt und arbeitet in Lausanne            Funktion, Linie und Farbe, und ihre      Frage stellen. Er gehört zu den Ver-
                                         relative geometrische Radikalität        tretern der sogenannten Neo-
Ohne Titel, aus der Serie Adagio e       lenkt den Blick auf das Wesentliche:     Geo-Maler, die in der Westschweiz
Appassionato, 2018                       Könnte dies der ursprüngliche            die geometrische Abstraktion neu
140 × 70 cm (x 6)                        Archetyp aller menschlichen Bau-         interpretieren, wie John M. Armleder,
                                         ten sein?                                Francis Baudevin und Stéphane
JEAN-LUC MANZ                                                                     Dafflon, um nur ein paar zu nennen.
(*1952 in Neuenburg)                                                              Ob auf Leinwand, Wand oder in
Lebt und arbeitet in Lausanne            PHILIPPE DECRAUZAT                       In­stallationen – die wellenförmigen
                                         (*1974 in Lausanne)                      Effekte seiner bildnerischen Arbei-
Ohne Titel, Nr. 254–259 der Serie        Lebt und arbeitet in Paris               ten deuten die Fragen der Wahr­
Adagio e Appassionato, 2018              und Lausanne                             nehmung und Bewegung neu. Loop,
Acryl auf Leinwand                                                                ein monumentales Werk auf ge-
140 × 70 cm (x 6)                        Loop, 2015                               formter Leinwand, ist ein Muster-
                                         Acryl auf Leinwand                       beispiel für seine gesamten Erkun-
Jean Crotti und Jean-Luc Manz sind       214 × 243 cm                             dungen mit einer meist auf Schwarz
seit Mitte der 1970er-Jahre in der                                                und Weiss beschränkten Farbpa­
Schweizer und euro­päischen Kunst-       Philippe Decrauzat schliesst 1999        lette und der Wiederholung paralle-
szene aktiv. 1987 gründen sie            sein Studium an der École cantonale      ler Streifen, mit denen das Motiv
zusammen mit Catherine Monney,           d’art de Lausanne (ECAL) ab, wo er       die Komposition innerhalb seiner
Alain Huck, Robert Ireland und           seither unterrichtet. 1998 gründet er    Begrenzung gestaltet. Mit diesem
Christian Messerli das Kollektiv M/2     mit anderen Kunstschaffenden den         Ver­fahren bekräftigt der Künstler die
in Vevey, das bis 1991 fast 40 Aus-      zeitgenössischen Kunstraum Circuit       bildliche Besonderheit des Werks
stellungen junger in- und ausländi-      in Lausanne und engagiert sich           – die Flächigkeit –, obwohl der
scher Kunstschaffender organisiert       seither für die Dynamik des jungen       Betrachter aufgrund der optischen
und zu einer wichtigen künstleri-        Westschweizer und Schweizer              Täuschung Mühe hat, zwischen
schen Plattform auf nationaler Ebe-      Kunstschaffens. Er ist Träger zahl-      der zweiten und dritten Dimension
ne wird. Sie sind in öffentlichen und    reicher Auszeichnungen, zu denen         zu unterscheiden.
priva­ten Sammlungen präsent und         der Manor Kunstpreis Waadt 2001,
werden von der Galerie Skopia            der Schweizer Kunstpreis 2005 und
in Genf vertreten.                       der Preis der Fondation Gustave

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LAUSANNE

SILVIE DEFRAOUI                         «Naturkatastrophe» – in diesem Fall     verhaftet. Ihre Neugierde für hand-
(*1935 in St. Gallen)                   die Eisschmelze infolge des Klima-      werkliche Techniken entspringt dem
Lebt und arbeitet in Vufflens-le-       wandels – illustriert. Auf diese        Bedürfnis, ihre Tätigkeit zu berei-
Château (VD)                            «dramatischen Landschaften» setzt       chern und die Trennungen zwischen
                                        sie eine Reihe von Blumen, hier         den Bereichen ab­zubauen: Darin
Polarmeer, aus der Serie Faits et       Schwertlilien, von umwerfender          liegt ihre Aussagekraft und Aktuali-
Gestes, 2014                            Schönheit. So spielt sie mit dem Kon-   tät. The shell, the armor gehört zu
Tintenstrahldruck auf Hahnemühle-       trast zwischen zerstörter und ver-      einer vierteiligen Serie, die eine mini-
Papier, Ed. 1/3                         herrlichter Natur. Der Druck im         male grafische Komposition mit
279 × 132 cm (jedes Element)            Grossformat hinterfragt zudem die       der Variation eines in der Intarsien-
                                        Mehrdeutigkeit und Pluralität der       kunst verwendeten Motivs, dem
Von 1975 bis 1994 bildet Silvie         «Realität» und bricht mit den übli-     des Schildkrötenpanzers, verbindet.
Defraoui mit ihrem Ehemann Chérif       chen Regeln der Reproduktion.           Diese Assemblage von verschiede-
eine echte «Produktionsgemein-          Diese Wahl geht über eine ästheti-      nen visuellen Bezügen aus unserem
schaft», deren als Archives du futur    sche Problematik hinaus und ist viel-   Kollektivgedächtnis geht bis an
zusammengefasste Texte und              mehr Ausdruck einer engagierten         die Grenze des Trompe-l’œil und der
Werke sie gemeinsam signieren.          Position der Künstlerin, für welche     Verfremdung und wiederbelebt
Dabei handelt es sich um ein Projekt    die Kunst in der neuen, uns heraus-     den fruchtbaren Dialog zwischen
mit paradoxem Titel, das sich mit       fordernden Ära des Anthropozäns         Abstraktion und Figuration.
Begriffen wie Raum und Zeit, kollek-    eine transformierende Kraft besitzt.
tives und individuelles Gedächtnis
oder Vergessen auseinandersetzt.                                                PHILIPPE FRETZ
Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr       NATACHA DONZÉ                           (*1969 in Genf)
1994 führt sie diese Arbeit allein      (*1991 in Neuenburg)                    Lebt und arbeitet in Genf
weiter. Das Künstlerpaar spielt eine    Lebt und arbeitet in Lausanne
wichtige Rolle in der Genfer und                                                Forever young, aus der Serie
Schweizer Kunstszene, da die bei-       The shell, the armor, 2019              Le vestibule des lâches, 2017
den die Abteilung Mixed Media an        Acryl auf Leinwand                      Öl auf Leinwand
der Ecole supérieure des arts           190 × 170 cm                            170 × 180 cm
visuels (ESAV) in Genf, der späteren
Haute école d’art et de design          Nach dem Abschluss ihrer Ausbil-        Nach seinem Studium an der École
(HEAD), gründen und dort von 1974       dung in Textildesign in Paris 2011      Supérieure d’Art Visuel (ESAV) in
bis 1998 unterrichten.                  setzt Natacha Donzé ihre Studien an     Genf, das er 1992 abschliesst, stellt
                                        der École cantonale d’art de            Philippe Fretz regelmässig im In-
Silvie Defraoui leistet bahnbrechen-    Lausanne (ECAL) fort, die sie 2014      und Aus­land aus. Von 1996 bis 1999
de Beiträge zur Entwicklung der         mit einem Bachelor in Bildender         wird er dreimal mit dem Preis der
Videokunst, der Installation sowie      Kunst abschliesst. Sie zeigt ihre Ar-   Kiefer Hablitzel Stiftung in Basel
des Einsatzes von Fotografie und        beiten an mehreren wichtigen Orten      ausgezeichnet. Er wirkt in der Künst-
Projektion. Ihr Werk zeichnet sich      der Westschweizer Kunstszene            lervereinigung mit, die in der ehe-
durch eine grosse technische Vielfalt   wie dem Espace Quark in Genf und        maligen Kugler-Fabrik in Genf tätig
im Dienste einer bemerkenswerten        Harpe45 in Lausanne sowie im Rah-       ist. Dort befindet sich auch sein
formalen und thematischen Einheit       men der Biennale d’art contempo-        Atelier.
aus. Ihr Schaffen hinterfragt die       rain des Musée des Beaux-Arts La
Bilder, ihre Macht, ihre Grenzen und    Chaux-de-Fonds, wo sie 2017 mit         Philippe Fretz hat sich für ein figura-
die Anziehung oder Ablehnung,           dem Nachwuchsförderpreis aus­           tives künstlerisches Vorgehen
die sie hervorrufen. Ihre Arbeiten      gezeichnet wird. 2018 erhält sie das    entschieden, das auf die Kunstge-
beinhalten populäre wie gelehrte        Kulturstipendium der Fondation          schichte verweist, und bezieht aus
künstle­rische Bezüge aus östlichen     Leenaards und 2019 den Kiefer           der Tradition ein Thema, eine Tech-
und westlichen Kulturen sowie volks­    Hablitzel Preis.                        nik, ein formales Vokabular, eine
tümliche ornamentale Elemente.                                                  Manier. Die Rückbesinnung auf Figur
                                        Die Suche von Natacha Donzé ist         und Modell darf jedoch nicht mit
In dieser monumentalen Serie            die einer Malerin von heute. Sie        einer dogmatischen Haltung ver-
mit dem Titel Faits et Gestes (Tatsa-   verfolgt viele Richtungen, bleibt je-   wechselt werden, die eine Rückkehr
chen und Gesten) macht sich             doch der grundsätzlichen Frage          zu einem «Goldenen Zeitalter» der
die Künstlerin ein schwarzweisses       nach der Flächigkeit des Malgrunds      Malerei propagiert, ganz im Gegen-
Pressefoto zu eigen, das eine           und der Verwendung des Motivs           teil. Sein Vorgehen ist nicht nur

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LAUSANNE

refe­renziell, sondern gleicht einer     Frédric Gabiouds künstlerische            aber auch die Performance. In die-
Reflexion über den eigentlichen          Arbeit führt jene seiner Vor­gänger       ser Serie besteht sein Ausgangs-
Gegenstand der Malerei. Einige Se-       und Zeitgenossen im Bereich der           material aus Einladungskarten und
rien sind mit der italienischen Re-      geometrischen Abstraktion in der          anderen kulturellen Druckerzeug-
naissance ver­bunden, insbesonde-        Westschweiz fort, während er sich         nissen, die er nach einem genauen
re mit der Göttlichen Komödie            gleich­zeitig auf subtile und wirkungs-   Protokoll zerreisst. Ausserhalb ihres
(1303–1321), dem Hauptwerk von           volle Weise von ihnen löst. Er ten-       gewohnten Kontexts werden sie
Dante Alighieri. Dieses Versepos,        diert zu einer kreativen – nicht nur      dann in abstrakten und geometri-
das von Kritikern als Höhepunkt der      geschichtlichen – Aufarbeitung            schen Variatio­nen zusammengefügt
mittelalterlichen Sicht auf die von      traditioneller abstrakter Formen in       und -geklebt, wobei Gestus und
der Hölle über das Fegefeuer bis         betonter technischer und konzep-          Form zum Thema der Komposition
zum Paradies reichende Welt ange-        tioneller Einfachheit. Er bevorzugt       werden.
sehen wird und das im Laufe der          Holzrahmen, die verschiedene
Geschichte immer wieder in Gemäl-        Formen annehmen können und die
den dargestellt wurde, greift der        er selbst herstellt, sowie Acryl­­        YANN GROSS
Künstler auf. Es handelt sich um eine    farbe und wählt eine ausschliesslich      (*1981 in Vevey)
dichte und zugleich offene sym­          monochrome Wiedergabe. Dieses             Lebt und arbeitet in der Schweiz
bolische Interpretation, deren Um-       Werk ist repräsentativ für seine          &
fang und stilistische Stärke in der      vielfältige Suche, in der er zwei         ARGUIÑE ESCANDÓN
heutigen Web-2.0-Welt beeindruckt.       Stücke miteinander verbindet und           (*1979 Bilbao, ESP)
In einem Spiel bild­nerischer Korres-    mit der Mehrdeut­igkeit in der visuel-    Lebt und arbeitet in der Schweiz
pondenzen ist Forever young eine         len und chromatischen Wieder­             und in Spanien
abstrakte Komposition, die mit der       gabe dieses Diptychons spielt.
Serie Le vestibule des lâches ver­                                                 Red, aus der Serie Aya, 2019
bunden ist, deren Motive von figura-                                               Pigmentdruck auf
tiven Gemälden übernommen sind.          ALOÏS GODINAT                             Museum-Etching-Papier
                                         (*1978 in Genf)                           120 × 90 cm
                                         Lebt und arbeitet in Lausanne
FRÉDÉRIC GABIOUD                                                                   Yann Gross studiert von 2001 bis
(*1990 in Lausanne)                      Avril (quatre), 2018                      2005 visuelle Kommuni­kation und
Lebt und arbeitet in Lausanne            Collagen auf Papier                       Fotografie an der École cantonale
                                         76 × 120 cm                               d’art de Lausanne (ECAL). Von Beginn
Ohne Titel, 2020                         Erworben 2018                             seiner Karriere an erhält er zahlrei-
Acryl auf Leinwand                                                                 che Auszeichnungen, darunter den
186 × 84 cm                              Aloïs Godinat schliesst sein Studium      Swiss Press Photo Award 2006,
                                         an der École cantonale d’art de           den Prix du Festival International de
Frédéric Gabioud schliesst sein          Lausanne (ECAL) 2005 ab und lehrt         Mode et de Photographie de Hyères
Studium an der École cantonale d’art     heute an der Haute école d’art et de      2010 und den Prix de la Fondation
de Lausanne (ECAL) 2013 ab und           design (HEAD) in Genf. Er stellt          vaudoise pour la culture 2019. Er wird
wird dort anschliessend als Assistent    regelmässig im In- und Ausland aus        von der Galerie Wilde in Genf ver­
für den Bachelor-Studiengang             und erhält u. a. den Manor Kunst-         treten. Arguiñe Escandón schliesst
Bildende Kunst angestellt, der unter     preis Waadt 2006 und den Schweizer        2007 ihr Studium an der Internatio-
der Leitung von Stéphane Kropf           Kunstpreis 2008. Er wird von              nalen Schule für Foto­grafie und Film
steht. 2015 ist er Gründungsmitglied     der Galerie Francesca Pia in Zürich       in Madrid (EFTI) ab und bildet sich
des zeitgenössischen Kunstraums          vertreten.                                2012 in Dokumentarfotografie an
Silicon Malley in Lausanne. Er stellt                                              der Fábrica de Madrid weiter.
regelmässig im In- und Ausland aus       Wie andere Kunstschaffende seiner
und wird von den Galerien Joy de         Generation hinterfragt Aloïs Godinat      Parallel zu ihrer individuellen künst-
Rouvre in Genf und Lemoyne Project       das zeitgenös­sische visuelle Vo­         lerischen Tätigkeit arbeiten Yann
in Zürich vertreten. 2015 werden         kabular, indem er sich gefundene          Gross und Arguiñe Escandón seit
seine Arbeiten in einer Einzelausstel-   Objekte, insbesondere verschiede-         2016 gemeinsam an Projekten, die
lung im Espace Quark in Genf und         ne Drucksachen, aber auch Gesten          mit ihrer Faszination für die indi­
einer Gruppenausstellung im Swiss        und andere Alltagspraktiken aneig-        genen Völker des Amazonasgebiets
Institute in New York gezeigt. 2017      net. In libertärer Nachfolge der          zusammenhängen. Dort ent­decken
erhält er das Kulturstipendium der       Fluxus-Bewegung arbeitet er mit           sie eine einzigartige Welt, die im
Fondation Leenaards in Lausanne.         Zufall und Wiederholung, nutzt            Gegensatz zu ihrer westlichen Kunst

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und Kultur steht und sie dazu be-       Fondation vaudoise pour la culture        ROBERT IRELAND
wegt, ihre Praxis wie ihre Technik zu   ausgezeichnet. Er stellt regelmässig      Robert Ireland (*1964 in Dallas, USA)
hinterfragen. So verwenden sie          im In- und Aus­land aus, unter ande-      Lebt und arbeitet in Lausanne
beispielsweise lichtempfindliche        rem 2012 im Centre culturel suisse
Pflanzen zur Entwicklung ihrer Auf-     in Paris und im Frühjahr 2014 mit der     Apocalypse, 2013
nahmen und kehren damit zu einer        Genfer Galerie Skopia, die ihn ver-       Druckertinte auf Leinwand
ursprünglichen Arbeitsweise zu-         tritt, an der Armory Show, der inter-     140 × 200 cm
rück, die ihren Abzügen eine im digi-   nationalen Messe für moderne
talen Zeitalter seltene Intensität      Kunst, in New York.                       Robert Ireland studiert von 1982 bis
verleiht. Sie eignen sich alle Genres                                             1987 an der École cantonale d’art de
an, üben sich in Stillleben, Porträt    Die Arbeit von Alain Huck vereint         Lausanne (ECAL). 1987 ist er Grün-
und Landschaft. Red ist Teil eines      verschiedene Medien wie Zeich-            dungsmitglied des Kollektivs M/2 in
umfangreichen Werks, das Fotogra-       nung, Malerei, Video, Installation        Vevey, einer der ersten künstleri-
fien und eine Publikation mit dem       und Fotografie. Die Vielfalt seiner       schen Off-Plattformen der West-
Titel Aya umfasst, was in Kichwa        Strategien geht über ein einfaches        schweiz. Er erhält zahlreiche Preise
«Geist» bedeutet. Diese Serie           Protokoll hinaus und zeigt, dass          und Stipendien, unter anderem von
ist direkt von den Abenteuern des       das Kunstwerk als konkretes, scharf       der Fondation Leenaards (2003)
deutschen Fotografen Charles            umrissenes, begrenztes Objekt             und dem Kanton Waadt (2009). Seit
Kroehle (1876–1902) inspiriert, der     von einem «sich herausbildenden           2010 unterrichtet er an der Walliser
im Dschungel verschwand und des-        Prozess» verdrängt wurde. Vertieft        Hochschule für Kunst und wird von
sen Weg sie folgten, um ihrer Suche     in eine Hybridisierung der Gattun-        der Galerie Skopia in Genf vertreten.
eine romanhafte Dimension zu ver-       gen, hinterfragt er den Begriff
leihen. Der Dialog zwischen dem         des Sinnverlusts und thematisiert         Robert Ireland schafft Vorrichtungen,
Archiv eines Fotografiepioniers und     das schwierige Zusammenspiel              die sowohl unsere Wahrnehmungs-
der Schaffensweise zweier zeit­         von Geist und Körper, die Verstän-        gewohnheiten als auch unsere
genössischer Fotografen erinnert        digungsprobleme zwischen den              Interpretationsbezüge erschüttern.
zutreffend an die Aussage des           Men­schen sowie die politische und        Seine Produktion scheint sich
Semiologen Roland Barthes: «Was         historische Verantwortung. Die mo-        zwischen zwei widersprüchlichen
die Fotografie endlos reproduziert,     numentalen Zeichnungen tauchen            Bestrebungen zu bewegen, der
hat nur einmal stattgefunden.»          in seiner Produktion in den frühen        Dekonstruktion als Prinzip, das die
                                        2000er-Jahren auf. Ausgangspunkt          Malerei scheut, und der Konstruk-
                                        sind vergrösserte fotografische Vor-      tion, die alle Elemente einbe­zieht.
ALAIN HUCK                              lagen, die er auf Papier projiziert       So ist das Werk mit dem Titel
Alain Huck (*1957 in Vevey)             und dann in Kohle reproduziert. Mit       Apocalypse ein Gemälde (Teil einer
Lebt und arbeitet in Lausanne           dieser archaischen Technik gibt er        vier­teiligen Serie), das nach Druck-
                                        ein Licht-und-Schatten-Spiel wie-         grafiken von Albrecht Dürer kons-
Chrysanthemum I, aus der Serie          der und nutzt die Effekte des Aus-        truiert wurde. Der Künstler wählt
Hanabi, 2013                            löschens, um das Bild unscharf wer-       einen Ausschnitt aus der Druckgra-
Kohle auf Papier                        den zu lassen und zu verdichten, als      fik, der den Konflikt zwischen den
210 × 152 cm                            ob es in einer ständigen Bewegung         Elementen (Himmel, Wasser, Wolken,
                                        immer wieder erscheinen und ver-          Licht usw.) in einem dramatischen
Alain Huck schliesst 1986 sein          schwinden würde. Chrysanthemum            Weltuntergangsszenario darstellt.
Studium an der École cantonale des      I ist Teil der Serie Hanabi, was auf      Anschliessend werden die Umrisse
beaux-arts in Lausanne ab. 1987         Japanisch «Feuerwerk» bedeutet            des Holzschnitts vergrössert und
gründet er zusammen mit Jean Crotti,    und auf eine festliche Tradition an-      in einem anderen Massstab sorg-
Robert Ireland, Jean-Luc Manz,          spielt, die bis ins 18. Jahrhundert zu-   fältig reproduziert. In einem zweiten
Christian Messerli und Catherine        rückreicht. Die Chrysantheme sym-         Schritt wird Druckertinte auf die
Monney das Kollektiv M/2 in Vevey,      bolisiert in der japani­schen             Umrisse aufgetragen und das Ganze
das bis 1991 fast 40 Ausstellungen      Überlieferung Harmonie und Entfal-        auf dem Boden mit Terpentin
junger in- und ausländischer Kunst-     tung, erinnert jedoch in dieser Kom-      übergossen, um die anfänglichen
schaffenden organisiert und zu          position zweifellos an die unheilvol-     Striche auf willkürliche Weise zu
einer wichtigen künstlerischen Platt-   le Ikonografie des Atompilzes. Diese      verdünnen und zu verwischen. Mit
form in der Schweiz wird. Nach          Dualität lässt wie eine Schichtung        diesem Sich-zu-eigen-machen
weiteren Ausstellungen, Stipendien      der Erinnerung oder sogar der Ge-         einer ikonografischen Quelle hinter-
und renommierten Preisen wird er        schichte verschiedene Deutungen           fragt Robert Ireland «die Organisa-
2013 mit dem Grand Prix der             zu.                                       tion von Bildern auf einer Fläche»

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und versucht, den Status des Kunst-     USA, erinnert mit seinem Titel aber      YOAN MUDRY
werks sowie dessen                      auch an ein Kinderspiel, bei dem         Yoan Mudry (*1990 in Lausanne)
Reproduktionsweise neu zu               Glück und Scharfsinn gefragt sind.       Lebt und arbeitet in Genf
definieren.
                                                                                 Everything is planned, 2017
                                        STÉPHANE KROPF                           Acryl auf Leinwand
VINCENT KOHLER                          (*1979 in Lausanne)                      120 × 90 cm
(*1977 in Nyon)                         Lebt und arbeitet in Lausanne
Lebt und arbeitet in Lausanne                                                    Nach seinem Studium in Bil­dender
                                        Rosat, 2013                              Kunst an der Haute école d’art et de
Zig Zag Zoug, 2011                      Acryl auf Leinwand                       design (HEAD) in Genf, das er 2014
Öl auf Leinwand                         130 × 90 cm                              abschliesst, stellt Yoan Mudry seine
200 × 150 cm                                                                     Arbeiten rasch im In- und Ausland
                                        Stéphane Kropf ist Absolvent der         aus (Galerie Krupp in Basel, Salle
Vincent Kohler, Absolvent der École     École cantonale d’art de Lausanne        Crosnier in Genf, Luma Stiftung in
cantonale d’art de Lausanne (ECAL)      (ECAL), wo er derzeit den Bachelor-      Zürich, usw.). Von 2015 bis 2017 ist er
und Dozent an der Haute école d’art     Studiengang Bildende Kunst leitet.       Ko-Kurator des unabhängigen Kunst-
et de design (HEAD) in Genf, stellt     Seit 2002 werden seine Arbeiten          raums Zabriskie Point in Genf, von
regelmässig im In- und Ausland aus.     gezeigt, unter anderem 2005 im           2018 bis 2020 mit Roxane Bovet Ko-
Das Museo d’Arte in Lugano widmet       Musée d’art moderne et contempo-         Kurator von Forde, ebenfalls in Genf.
ihm 2012 eine bedeutende                rain (MAMCO) in Genf und 2015            Er wird mit dem Prix New HEADS der
Einzelausstellung.                      auf Schloss Greyerz. Im Ausland stellt   Fondation BNP Paribas (2014), dem
                                        er 2011 im Palais de Tokyo und 2015      Prix Neumann der Stadt Genf (2014)
Die erstaunliche formale Vielfalt der   in der Fondation d’entreprise Ricard     und dem Kiefer Hablitzel Preis (2016)
Produktion von Vincent Kohler hat       in Paris und in der Galerie Marc         ausgezeichnet; zudem absolviert
ihre Quellen in der volkstümlichen      Jancou Contemporary in New York          er eine Künstlerresidenz im Istituto
Kultur sowie in zeitgenössischen        aus. Er wird von den Galerien Andrea     Svizzero in Rom (2020–2021).
künstlerischen Bezügen: «Ich lasse      Caratsch in St. Moritz und Joy de
mich von der populären Ästhetik         Rouvre in Genf vertreten.                In einem Umfeld, das mit Bildern
und der Spontaneität der spieleri-                                               aller Art gesättigt ist, scheinen Sam-
schen Dinge in den Bann ziehen, die     In seiner Arbeit greift Stéphane         pling und die Wiederverwendung
den ganzen Reichtum des schlech-        Kropf die wichtigsten Strö­mungen        verschiedener Quellen der bevor-
ten Geschmacks wecken.» So macht        auf, welche die abstrakte Malerei        zugte Ansatz vieler zeitgenössischer
er sich Alltagsgegenstände zu           definiert haben: das Monochrom,          Kunstschaffenden zu sein. Yoan
eigen, deutet sie neu und inszeniert    die Op-Art, das «All-over» und sogar     Mudry ist Teil dieser Bewegung mit
sie mit Ironie und Gewitztheit, in-     die Konzeptkunst, indem er sich          einer bemerkenswerten Sinnes-
dem er mittels eines Verfremdungs-      «gefundene» Motive von Zugfahr-          schärfe und Risikobereitschaft. So
effekts ein neues Verständnis des       karten oder Ladenquit­tungen zu          manipuliert er «gefundene» Bilder,
«banalen Objekts» erzwingt. Als         eigen macht, um nur die offensicht-      als würde er mit den Syntagmen
Schlagzeuger in einer Rockband be-      lichsten Bezüge zu nennen. Dank          einer neuen Bildsprache spielen. Er
zieht er sich oft auf die Ikonografie   mitunter fluoreszierender Farben,        gestaltet um, orchestriert, verteilt
dieser Welt. Auf diese Weise arbeitet   einer grosszügigen Bearbeitung           und überlagert die Zeichen und
er mit verschiedenen Bezü­­gen,         der Materie und einer ausladenden        Symbole, die er der Populärkultur
seien es Siebdrucke, die E-Gitarren     Gestik fordern seine Bilder das          und der Kunstgeschichte entnimmt,
darstellen, eine überdimensionierte     Auge heraus und bieten ein beson-        und zwar nach einer Logik der so-
Discokugel oder ein Schlagzeug,         deres Seherlebnis. Optische Spiele       wohl formalen als auch konzeptuel-
dessen Felle als Hintergrund für        wie die subtilen Farbabstufungen         len Konfrontation. Durch seine Neu-
eine Serie traditioneller Bergland-     unterstreichen die Kraft der Malerei     deutung von Filmzitaten, politischen
schaften dienen. Geschickt platziert    nötigenfalls auch heute noch. Im         Parolen oder Werbe­slogans und
er sich zwischen Spiel und Traum,       Fall von Rosat beschränkt er den         Motiven aus der Ikonografie Walt
um eine leichte Verfremdung zu          Gestus auf die Begrenzung der            Disneys mit­tels grosser hyperrealis-
schaffen, die für die Verankerung       Leinwand und spielt mit deren frei-      tischer Leinwände und Banner
seiner Arbeit in der Gegenwart un-      em Rand und den vibrierenden             entsteht ein reichhaltiges Werk, das
erlässlich ist. Auf hyperrealistische   Effekten der vier Farben, die den        sich nicht allein auf die Malerei
Weise verweist Zig Zag Zoug auf         Blick in den Bildraum wie nach aus-      begrenzt, sondern sich auch der
den Archetyp der Boots made in          sen ziehen.                              Performance und Installation öffnet.

Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV                              15 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS
LAUSANNE

DAMIAN NAVARRO                           KARIM NOURELDIN                         VIRGINIE OTTH
(*1983 in Lausanne)                      (*1967 in Zürich)                       (*1971 in Lausanne)
Lebt und arbeitet in Genf                Lebt und arbeitet in Lausanne           Lebt und arbeitet in Lausanne

Moments before detonation                Evo, 2013                               Versions d’un buste_01, 2015, Ed. 1/3
(Crónicas Pegajosas), 2015              Farbstifte auf Papier                   Tintenstrahldruck montiert auf
Stuck, Aufkleber und Filz                204 × 164 cm                            Aluminium
200 × 135 cm                                                                     120 × 100 cm
                                         Karim Noureldin schliesst 1993 sein
Damian Navarro schliesst sein            Studium an der Hochschule der           Virginie Otth besitzt ein Diplom in
Studium an der Haute école d’art et      Künste in Basel ab und erhält bereits   Fotografie der École d’arts appliqués
de design (HEAD) in Genf 2007 ab         früh in seiner Karriere zahlreiche      in Vevey aus dem Jahr 1994 sowie
und ist seit 2015 als unabhängiger       Preise, unter anderem den Schweizer     eines der Walliser Hochschule für
Kurator in der Westschweiz und als       Kunstpreis 1997, den Manor Kunst-       Kunst aus dem Jahr 2014. Seit 2006
Ko-Direktor der Kunsthalle Circuit       preis Zürich 2004 und den Preis der     unterrichtet sie an der Haute école
in Lausanne tätig. Er erhält u.a. den    Landys & Gyr Stiftung 2005. Bis         d’art et de design (HEAD) in Genf.
Schweizer Kunstpreis (2010), den         2001 lebt und arbeitet er in New        Sie ist seit 2005 Mitglied des Kunst-
Prix Caran d’Ache (2011) und             York. Dann verbringt er ein Jahr am     raums Standard/Deluxe in
das Atelier Vaudois du 700e in Paris     Istituto Svizzero in Rom. Seit 2002     Lausanne.
(2013). Er wird von der Galerie          lebt und arbei­tet er in Lausanne und
Ribordy in Genf vertreten.               erteilt an der École cantonale d’art    Virginie Otth befasst sich mit der
                                         de Lausanne (ECAL) Zeichenunter-        Beziehung des Fotografen zum
In dieser Serie mit dem Titel Crónicas   richt. Er stellt regelmässig in der     Subjekt-Objekt und den vielfältigen
Pegajosas kombiniert der Künstler        Schweiz und in Deutschland aus          Möglichkeiten, Bilder zu sehen,
eine alte Technik, die des stucco –      und wird von der Galerie von Bartha     herzustellen und zu zeigen. So ent-
einem Wandbelag, der Gips und            in Basel vertreten.                     wickelt sie installationsähnliche
Farbe kombiniert –, mit einem soge-                                              Vorrichtungen und wendet sich
nannten «armen» Material, dem            Karim Noureldin ist einer der Ver­      durch die Vervielfachung der Blick-
Aufkleber, der als Motiv dient. Die      treter der geometrischen Abstraktion    winkel auf besondere Weise an den
von ihm verwendeten «Stickers»           im Bereich der Schweizer Zeichen-       Betrachter. Versions d’un buste_01
stammen meist aus der Werbung            kunst. Sein intuitiver Ansatz nimmt     wurde 2015 für die 3. Ausstellung
und werden von ihm aufgrund ihres        strukturelle Herausforderungen an,      zeitgenössischer Kunst Des Seins à
semantischen Werts und ihrer visu-       da er Motive auf halbem Weg zwi-        Desseins zugunsten der Fondation
ellen Qualität genutzt. Ihre etwas       schen geometrischem Vo­kabular und      Francine Delacrétaz für Frauen mit
altmodische und hyperreferentielle       organischem Register entwickelt.        Brustkrebs im Espace Arlaud in
Seite erinnert an die Prägnanz der       Er entscheidet sich meist für grosse    Lausanne geschaffen. In ihrer Arbeit
Welt der Kommu­nikation und des          Formate und beherrscht in seinen        greift sie das in der Kunstgeschichte
Marketings im künstlerischen Be-         Kompositionen eine schwebende           beliebte Thema der weiblichen
reich. Andererseits verstärken die       Räumlichkeit, egal ob es sich um        Büste auf und erinnert an das viel-
Subtilität der Bildwiedergabe und der    Wandbilder, druckgrafische Werke        fältige Bild eines Frauenkörpers: «Die
Reichtum der Farbskala noch die          oder Textildesign handelt. Ohne Hie-    Fassungen halten sich nicht genau
Aussagekraft der Bildkomposition.        rarchie und ohne Bemühen um reale       aneinander, sie suchen sich der
                                         Darstellung gleicht sein dichter und    Erinnerung an einen vorherigen Kör-
                                         doch leichter Strich dem Gewebe         per anzupassen und erfinden dann
                                         eines Stoffs, dessen volkstümliche,     den nachherigen. Die verschiedenen
                                         den Traditionen des Mittelmeer-         fotografischen Schichten zeigen
                                         raums entstammende Techniken            uns eine fragmentierte Büste, die
                                         seine Arbeit beeinflussen. Evo gehört   Frau ist schön, und die Darstellungs-
                                         zu einer Serie, in der er sich von      versuche sind vielfältig.»
                                         einer Symmetrieform befreit und
                                         einen zersplitterten und zugleich
                                         spielerischen formalen Ansatz wählt.
                                         Der chromatische Reichtum der
                                         Blautöne verleiht der Zeichnung
                                         eine taktile Dimension und verstärkt
                                         den Gestus des Künstlers.

Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV                              16 / 20
MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS
LAUSANNE

GUILLAUME PILET                          JESSICA RUSS
(*1986 in Payerne)                       (*1988 in Nyon)
Lebt und arbeitet in Lausanne            Lebt und arbeitet in Lausanne

Le totémisme aujourd’hui, 2016           Boule azurée des bassins
Keramik                                  méditerranéens, 2020
30 × 15 cm                               Acryl auf Leinwand
                                         140 × 150 cm
Bricks no 11, 2014
Acryl auf Leinwand                       Jessica Russ studiert Bildende Kunst
70 × 107 cm                              an der École cantonale d’art de
                                         Lausanne (ECAL) und anschliessend
Guillaume Pilet schliesst 2010 sein      von 2008 bis 2015 an der Haute
Studium der bildenden Kunst an der       école d’art et de design (HEAD) in
École cantonale d’art de Lausanne        Genf. Sie wird mit dem Preis der
(ECAL) ab. Von 2008 bis 2010 lehrt       Stadt Nyon (2019) und dem Prix Alice
er an der ECAL und seit 2011 auch an     Bailly (2019) ausgezeichnet und
der Haute école d’art et de design       stellt ihre Arbeiten regelmässig in
(HEAD) in Genf. 2013 wird er mit dem     der Schweiz aus.
Kiefer Hablitzel Preis sowie 2009
und 2010 mit dem Schweizer Kunst-        In ihren Werken vereint sie Farben
preis ausgezeichnet. Von 2010 bis        und Linien gemäss einer maleri-
2012 ist er Ko-Direktor von Forde,       schen Tradition, in der die Flächig-
einem Raum für zeitgenössische           keit des Malgrunds ohne jegliche
Kunst in Genf. In den letzten Jahren     illusionistische Suche gefordert
nimmt er an zahlreichen Einzel- und      wird. Ihre zunächst mit Bleistift auf
Gruppenausstel­lungen im In- und         Leinwand gezeichneten Komposi-
Ausland teil. 2017 erhält er den Preis   tionen gleichen «mentalen Land-
der Fondation Gustave Buchet             schaften, deren Formen an die Kur-
sowie 2016 und 2020 das Kultursti­       ven eines Körpers, aber auch an
pendium für bildende Kunst des           anonyme geometrische Figuren er-
Kantons Waadt.                           innern können». Die Farbe wird
                                         flächig aufgetragen, während die
Guillaume Pilet ist ein libertärer       Linien kühne Farbflächen umreissen,
Erbe der Westschweizer geometri-         in denen Formen und subtile Ver-
schen Abstraktion, folgt aber auch       flechtungen aufeinandertreffen und
einer postdadaistischen Bewegung.        miteinander einen Dialog führen.
Seine polymorphen künstlerischen         Keine perspektivischen Effekte,
Erkundungen gelten der Perfor-           sondern eine intensive, ja komplexe
mance sowie der Skulptur und             Wiedergabe, bei der es keine Mög-
Malerei. Beeinflusst von der brasi-      lichkeit der Überarbeitung gibt und
lianischen modernistischen Bewe-         der Inhalt des Bilds bald nichts mehr
gung infolge einer Einzel­ausstellung    mit seinem Motiv, also dem Sujet
2014 in São Paulo, interpretiert         seiner Darstellung, zu tun hat. Der An-
er hier die Figur des Modulor von Le     satz von Jessica Russ zelebriert
Corbusier neu in Anbetracht von          den Akt des Malens als Ausdruck der
dessen grossem Einfluss auf die Ent-     Energie des Werks, wie der dynami-
wicklung der brasilianischen Archi-      sche, leuchtende und offene Titel
tektur ab den 1920er-Jahren. Zudem       dieses Gemäldes andeutet.
beschäftigt er sich mit der konkre-
ten Kunst in einer Serie von shaped
canvases (geformte Leinwände) mit
Ziegelmotiven; für ihn ist das «ein
Infragestellen der kreativen Prozes-
se und der Art und Weise, die Dinge
letztendlich im Raum darzustellen».

Medienmitteilung – Unique et multiple. Neuere Werke aus der Kunstsammlung der BCV   17 / 20
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