UNTERNEHMERBRIEF - AKZEPTANZ VON BEIRÄTEN STEIGT - BEI PWC SCHWEIZ
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» 02 | 2020 UnternehmerBrief Akzeptanz von Beiräten steigt Aktuelle Umfrage belegt: Immer professioneller, immer besser, immer wertschaffender Frauen in der Führung Familienunternehmen und Genau jetzt, genau hier Top-500-Familienunternehmen mit E-Commerce Jessica Junghans von Pro-Idee extrem niedriger Frauenquote Wer im Onlinehandel zögert, verliert im NextGen-Interview » SEITE 8 » SEITE 12 » SEITE 18
2 UnternehmerBrief | INTES INTES | UnternehmerBrief TITELTHEMA DER BEIRAT IM FAMILIENUNTERNEHMEN – EIN BLICK IN DIE PRAXIS 3 VON CHRISTINA MÜLLER Wort der Herausgeber Akzeptanz Eigentlich hätten wir an dieser Stelle den/die Famili- enunternehmer des Jahres 2020 beglückwünscht und Inhalt von Beiräten steigt auf die Keynotes des Unternehmer-Erfolgsforums 2020 unter dem Motto „#Time2act“ zurückgeblickt. Es kam leider anders. Daher freuen wir uns umso mehr auf das Titelthema: Der Beirat im Familienunternehmen Ergebnisse einer aktuellen Befragung von Familienunternehmen Unternehmer-Erfolgsforum am 18. November 2021, für Akzeptanz von Beiräten steigt 3 zur Praxis von Beiräten und Aufsichtsräten das schon herausragende Persönlichkeiten als Speaker zugesagt haben. Seien Sie gespannt. Keine Oberkontrolleure, keine Reinregierer D Was macht Beiräte erfolgreich? 6 ass Beiräte ein zentrales Element guter Governance in Fami- #Time2act. Das gilt auch für den „INTES Unterneh- lienunternehmen sind, ist landläufig bekannt. Wie eine ak- Zu wenig Frauen in der Führung! merBrief“. Wir verabschieden uns als Herausgeber mit tuelle Befragung der INTES Akademie für Familienunternehmen Top-500-Familienunternehmen geben ein schlechtes Bild ab 8 dieser Ausgabe von Ihnen. Es hat uns großen Spaß ge- und von PwC unter knapp 250 Familienunternehmen im deutsch- macht, in dieser Rolle die spannendsten Themen rund Töchter in der Nachfolge sprachigen Raum zeigt, wollen immer mehr Familienunterneh- um Unternehmen und Familie für Sie und mit Ihnen Erfolgsfaktoren für eine gelingende Unternehmensnachfolge men und Unternehmerfamilien – mittlerweile 83 Prozent – auf gerade einmal bei 10 Prozent. zu diskutierten. durch Töchter 10 die Expertise eines externen Beratungs- und/oder kontrollierend Damit übertrifft der Frauenanteil die tätigen Gremiums in Form eines Beirats, Aufsichtsrats oder Verwal- seit Mai 2015 gesetzlich geregelte Quote Jetzt manchen wir Platz für neue Köpfe und neue Ideen: Finanzierung tungsrats nicht mehr verzichten. Und dabei soll es nicht bleiben: von 30 Prozent in den Gremien börsenno- Wir legen den „INTES UnternehmerBrief“ in die Hände Familienunternehmen und der Kapitalmarkt 11 „7 Prozent planen, in absebarer Zukunft ein Gremien einzurich- tierter Unternehmen oder solcher, die der der beiden INTES-Geschäftsführer Dominik von Au und ten. Meiner Beobachtung nach gehen immer mehr Unternehmer paritätischen Mitbestimmung unterliegen. Wer zögert, verliert Gerold Rieder. Sie werden den „UnternehmerBrief“ mit schon die Einrichtung professionell an. Dadurch legen sie die Frauen sind in Beiräten mit 56 Prozent sogar Familienunternehmen und E-Commerce 12 frischem Wind, neuen Ideen, Layout und Querdenker- Basis für gute Beiratsarbeit“, sagt Dr. Alexander Koeberle-Schmid häufiger vertreten als in Aufsichtsräten (50 Pro- perspektive in die neue Normalität überführen. Nicht ohne meine Mitarbeiter von PwC, der bei der Einrichtung und Weiterentwicklung von zent). Es geht auch ohne Quote. Digital Upskilling für Familienunternehmen 14 Beräten berät. 2002 lag der Anteil von Familienunternehmen • Rolle der Familie als Kontrollorgan: In 81 Pro- Wir leben unsere Leidenschaft für Deutschlands Fami- mit Beirat, Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat1 gerade einmal bei zent der Beiräte vertreten Familienmitglieder die lienunternehmen natürlich weiter. In unserer täglichen Wissen, wer was will – und was nicht 39 Prozent. Doch der Trend kennt seitdem nur eine Richtung: nach Interessen der Gesellschafter im Gremium. Damit Arbeit, in unseren verschiedenen Rollen und natürlich Das Familienunternehmen Hinderer über seine Inhaberstrategie 16 oben. bilden sie ein Gegengewicht zu der zunehmend in den Gesprächen mit Ihnen, liebe Familienunterneh- mit Fremdmanagern besetzten Geschäftsführung, mer. Wir sehen, hören oder lesen uns sicher an anderer Genau jetzt, genau hier Nicht nur die Quantität der Beiräte hat sich in den vergangenen auf die mittlerweile 85 Prozent der Familienunter- Stelle wieder. Jessica Junghans von Pro-Idee im NextGen-Interview 18 Jahren stetig erhöht. Auch die Qualität der Gremien hat sich ver- nehmen vertrauen (2013: 74 Prozent). Gesunken Foto: iStock bessert. Das lässt sich an vielen Stellen beobachten: ist dagegen der Anteil an Rechtsanwälten, Steu- Bleiben Sie gesund! Und behalten Sie den nötigen Weit- • Auswahl von Beiratsmitgliedern: Die fachliche Kompetenz steht erberatern, Wirtschaftsprüfern und Bankern, die blick und die notwendige Ruhe beim Navigieren durch bei der Auswahl der Beiräte an oberster Stelle. Das gilt für externe aufgrund ihrer langjährigen Vertrauensrolle potenziellen Inter- die Pandemie! Auf ein baldiges Wiedersehen. Mitglieder (92 Prozent) wie für Gesellschafter aus der Familie essenkonflikten unterliegen. Der Anteil an Unternehmensbera- (66 Prozent) gleichermaßen, wenngleich in etwas geringerem tern ist von 18 auf 22 Prozent gestiegen. So sichern sich Gesell- Umfang. schafter dauerhafte Kompetenz von Experten, die mit externem • Kompetenzspektrum: Beiräte sind mit Experten aus breit ge- Know-how, Trends und Best Practices aus anderen Unternehmen fächerten Disziplinen besetzt. Kaufmännisches und strategi- die Arbeit bereichern können. sches Know-how sind am meisten gefragt (93 bzw. 88 Prozent), • Rechtliche Basis: Drei Viertel der deutschsprachigen Famili- INTES UnternehmerBrief ISSN: 2199-5273 | 17. Jahrgang, Dezember 2020 Fachwissen, etwa zu Produktion (63 Prozent) und Marketing enunternehmer legen im Gesellschaftsvertrag die rechtlichen Erscheinungsweise: zweimal jährlich (58 Prozent), steht ebenfalls hoch im Kurs. Auch Transaktions-, Grundlagen für die Tätigkeit des Beirats. Die innere Ordnung, Herausgeber: Prof. Dr. Peter May und Dr. Peter Bartels Verleger: Dr. Dominik von Au und Gerold Rieder, Innovations- und Digitalisierungswissen gewinnen an Bedeu- die Arbeitsabläufe sowie die Rechte und Pflichten des Beirats INTES Akademie für Familienunternehmen tung. halten 72 Prozent in einer Beiratssatzung/-ordnung und/oder Redaktion: Ulrike Lüdke, Dr. Christina Müller, Sabine Strick (verantw.) • Zusammensetzung des Beirats: 54 Prozent der Beiräte (und Auf- in einem Beiratsvertrag fest. Design: Hanauer Grafik Design, Frankfurt am Main sichtsräte) sind u.a. mit Frauen besetzt. 2013 lag die Frauenquote • Sicherstellung notwendiger Kompetenzen für aktuelle Trends: Kontakt zur Redaktion Die Hälfte (49 Prozent) der Familienunternehmen holen trans- über die INTES Akademie für Familienunternehmen • Kronprinzenstraße 31 • 1 Im Folgenden wird, soweit nicht weiter ausgeführt, das Beratungs- bzw. 53173 Bonn-Bad Godesberg • Tel. 0228/854696-62 • Fax 0228/854696-69 • Kontrollgremium in Form eines Aufsichtsrats, Verwaltungsrats oder Beirats als formations- bzw. mit der Digitalisierung erfahrene Experten in Peter May Peter Bartels E-Mail info@intes-akademie.de • www.intes-akademie.de „Beirat“ bezeichnet. den Beirat, 46 Prozent stellen mithilfe von Schulungen die
4 TITELTHEMA DER BEIRAT IM FAMILIENUNTERNEHMEN – EIN BLICK IN DIE PRAXIS UnternehmerBrief | INTES INTES | UnternehmerBrief TITELTHEMA DER BEIRAT IM FAMILIENUNTERNEHMEN – EIN BLICK IN DIE PRAXIS 5 VON CHRISTINA MÜLLER Anteil von Familienunternehmen mit einem Beirat, Über diese Kompetenzen und Know-how verfügen Aufgaben des Beirats Vergütungsstruktur der Beiratsmitglieder Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat Beiräte aktuell 2020 2013 Vorsitzender Stellvertretender Vorsitzender Mitglied 27 % Beratung in Strategie- und 91 % Kaufmännisches, Finanzen 93 % 100 Geschäftsmodell-Fragen 86 % 30 23 % Strategie, Generalist 88 % Mitspracherechte/Zustimmung zur strategi- 82 % 22 % schen Planung sowie des Jahresbudgets 73 % 21 % Produktion, Technik 63 % 19 % Kontrolle der 75 81 % 18 % 18 % Geschäftsführung 73 % 83 % 17 % 17 % Marketing, Marke, Vertrieb 58 % 20 15 % 15 % 15 % Zustimmung zu wichtigen 79 % 74 % 14 % Investitionsentscheidungen 73 % 12 % 50 Family Governance, Nachfolge 46 % 11 % 11 % Sicherstellung von Eigentümerinteressen/ 75 % 10 % Bindeglied 75 % 52 % M&A 34 % außergewöhnliche 75 % 10 6 % 7 % Geschäftsführungsmaßnahmen 70 % 25 39 % Innovation, F&E 33 % Bestellung/Abberufung/Vergütung der 72 % Digitalisierung 27 % Geschäftsführung/des Vorstands 59 % 2 % 1 % Schnittstelle zu ext. Institutionen (Banken, 15 % 0 Restrukturierung 17 % Behörden, Hochschulen etc.), Netzwerk 12 % 0 2002 2008 2013 2020 0% 0 25 50 75 100 0 25 50 75 100 < 5.000 € 5.000– 10.000– 20.000– 30.000– 50.000– > 100.000 € 10.000 € 20.000 € 30.000 € 50.000 € 100.000 € Quelle: INTES, PwC Quelle: INTES, PwC Quelle: INTES, PwC Quelle: INTES, PwC Weiterbildung ihrer Beiräte sicher. Ein Drittel nutzt wirklich zu den ständig steigenden Anforderungen an Beiräte zu zent externe Dienstleister bei der Suche ein. Sie sind aber noch lienunternehmen verfügen. Bei Familienmitgliedern werden mit Impulse von Spezialisten, die als Gäste an Sitzungen passen scheint. Wenig überraschend werden Stellvertreter und in der Minderheit. Auch dies korreliert offensichtlich nicht mit 19 Prozent kaum häufiger standardisierte Auswahlprozesse ver- teilnehmen. Vorsitzende höher entlohnt: mit durchschnittlich 25.000 bzw. den steigenden Qualifikationsansprüchen an die Persönlich wendet. 40.000 Euro pro Jahr. Ein Viertel der Vorsitzenden erhält sogar keiten. Mehr Aufgaben, mehr Verantwortung mehr als 50.000 Euro. • Entscheidungsspielräume für die Beiratsarbeit: Nur jeder zehnte Viel hat sich getan in der Beiratsarbeit von Familienunternehmen. Für die steigende Bedeutung und Professionalität Beirat verfügt über ein eigenes Budget. Dieses kann helfen, eige- Jetzt ist eine gute Zeit, die Beiratsarbeit weiter voranzutreiben. von Beiräten gibt es gute Gründe: Die Aufgaben Professionalität, aber noch Luft nach oben ne Untersuchungen in Auftrag zu geben, Experten einzubinden, des Beirats sind deutlich vielfältiger, umfangrei- Der Aufwand lohnt, wie die Zufriedenheit der Familienunterneh- Entwicklungen voranzutreiben und eine effektivere Kontrolle cher und komplexer geworden. Neben der Beratung men mit der Beiratsarbeit zeigt: 83 Prozent sind (sehr) zufrieden möglich zu machen. Aktuelle Beiratsstudie der Geschäftsführung in strategischen Frage- und weitere 64 Prozent sind überzeugt, dass der Beirat einen posi- • Evaluation der Beiratsarbeit: Mehr als 50 Prozent der Famili- Die INTES Akademie für Familienunternehmen und PwC haben stellungen (91 Prozent) übt der Beirat Ein- tiven Beitrag zum Unternehmenserfolg liefert. enunternehmen werten die Effektivität der Beiratsarbeit nicht bereits 2013 eine empirische Erhebung zu Beiräten in Familien- fluss auf die strategische Ausrichtung des regelmäßig aus, erst in jedem fünften Unternehmen übernehmen unternehmen veröffentlicht. Im Herbst 2020 haben wir erneut Unternehmens aus (82 Prozent), kontrolliert Der in vergangenen Studien beobachtbare Trend zur Professio- die Gesellschafter die Beurteilung ihres Kontrollgremiums. Das knapp 250 Familienunternehmer hierzu befragt. Bei Interesse die Geschäftsführung (81 Prozent) und ge- nalisierung der Beiratsarbeit in deutschsprachigen Familienun- überrascht, schließlich ist es in drei Viertel der Familienunterneh- an der Studie, die in Kürze erscheint, kontaktieren Sie: nehmigt wichtige Investitionsentscheidun- ternehmen setzt sich fort. Um die Beiratsarbeit noch effektiver men zentrale Aufgabe der Beiräte, die Interessen der Eigentümer christina.mueller@pwc.com gen (79 Prozent). Damit übernimmt zu gestalten und für die Zukunft zu rüsten, lohnt es sich, an der im Gremium zu vertreten. s.strick@intes-akademie.de Weiterentwicklung zu arbeiten. Spielraum gibt es insbesondere in • Aktualisierung der Beiratskompetenz: Gerade einmal 27 Prozent diesen Bereichen: der Beiräte verfügen über ausgewiesene Kompetenzen bei der • Governance: In fast einem Drittel (29 Prozent) der Familien- Digitalisierung; in nur 15 Prozent sind Mitglieder der nachfolgen- unternehmen übernimmt die Familie den Vorsitz im Beirat und den Unternehmergeneration (NextGens) eingebunden; die aktuelle in der Geschäftsführung und kontrolliert sich damit selbst. „Um Dauer der Mandate liegt bei durchschnittlich zehn Jahren. Diese Spannungen in der Familie zu vermeiden, hat es sich als Good Zahlen zeigen, dass sich die Kompetenzen im Beirat nicht ähnlich er aufsichtsratsähnliche Aufga- Governance erwiesen, den Vorsitz eines der beiden Organe an schnell verändern wie die Anforderungen des Marktes. „Eine Ver- ben. Das ist nochmals eine deutliche Stei- einen Familienfremden zu vergeben. So lassen sich Entschei- jüngung wäre ebenso zielführend wie eine zeitgemäße Erweite- gerung gegenüber 2002, 2008 und 2013. dungen objektivieren und Interessenkonflikte vermeiden“, rät rung der Erfahrungen und Kompetenzen der Beiratsgremien. Nur Damals wurden 45 Prozent (2002), knapp Beiratsexperte Alexander Koeberle-Schmid. dann können sie wichtige Impulse für neue Geschäftsmodelle, 60 Prozent (2008) bzw. 73 Prozent der Bei- • Qualifikation der Familienmitglieder: Mehr als die Hälfte (54 digitale Technologien und Nachhaltigkeitsthemen sowie einen fri- räte mit Aufsichtsfunktionen betraut. Prozent) der familieninternen Beiratsmitglieder wird aufgrund schen Blick auf das Unternehmen geben“, erklärt Gerold Rieder, ihrer Familienzugehörigkeit in das Gremium gewählt. Aber Geschäftsführer der INTES Akademie für Familienunternehmen. Guter Rat ist teu(r)er nur ein Drittel der Familienunternehmen erwartet von ihren „Know-how für die digitale Transformation können erfahrene Un- Die breitere Kompetenz und Verantwortung spiegelt familieninternen Beiräten nachgewiesene Erfahrung in der Un- ternehmer- und Geschäftsführerpersönlichkeiten mitbringen, die sich auch in der Vergütungsstruktur wider: Ordent- ternehmensführung und -kontrolle, bei einem Viertel müssen ihre eigenen Familienunternehmen bereits ein Stück weit durch liche Beiratsmitglieder erhalten im Durchschnitt Familienmitglieder keine Qualifikationskriterien erfüllen. Sinn- die digitale Transformation geleitet haben, oder auch Start-up-Un- zwischenzeitlich immerhin zwischen 10.000 und voll wäre es, klare Qualifikationskriterien auch für familienin- ternehmer, die wichtige Impulse geben können“, so Gerold Rieder. 20.000 Euro im Jahr. Knapp die Hälfte der Gesell- terne Beiratsmitglieder festzulegen. Letztere finden sich allerdings bisher nur in 3 Prozent der Gremien. schafter vergüten ihre Beiratsmitglieder mit mehr als • Auswahl der Beiratsmitglieder: Um Beiräte zu gewinnen, ver- Optimistisch stimmt, dass fast ein Drittel der Familienunterneh- 20.000 Euro. Noch immer bedienen aber auch über trauen 80 Prozent auf ihr eigenes Netzwerk. Experten für die mer Start-ups und andere Experten als Gäste zu Gremiensitzungen Modular und flexibel Mobile Raumlösungen in Containerbauweise – www.container.de 25 Prozent der befragten Unternehmen ihre Beirä- vielfältigen Herausforderungen am Markt finden sich jedoch einladen. Für die Auswahl neuer Beiratsmitglieder empfehlen sich te mit weniger als 10.000 Euro im Jahr, was nicht häufig außerhalb des Bekanntenkreises. Daher binden 37 Pro- standardisierte Prozesse, über die aber erst 16 Prozent der Fami-
6 TITELTHEMA DER BEIRAT IM FAMILIENUNTERNEHMEN – EIN BLICK IN DIE PRAXIS UnternehmerBrief | INTES INTES | UnternehmerBrief TITELTHEMA DER BEIRAT IM FAMILIENUNTERNEHMEN – EIN BLICK IN DIE PRAXIS 7 VON SABINE STRICK deren Tiefe.“ Es sei gut und richtig, dass auch er als Eigentümer ge- Mandaten wirkt sie darauf hin, die Management-Informationssys- zwungen sei, seine Geschäftsentscheidungen und Investitionspläne teme in dieser Hinsicht weiterzuentwickeln. Die für die Beiratsar- vor einem kompetent besetzten Gremium transparent erklären zu beit relevanten Kennzahlen seien dabei je nach Branche extrem müssen. Bei Stern-Wywiol stimmt der Beirat u.a. der Budgetpla- unterschiedlich. „Was ich mir aber überall gern anschaue, ist der nung zu und muss bei Investitionsentscheidungen einer gewissen Plan-Ist-Vergleich. Das kann z.B. bei der Beurteilung der Frage, ob Größenordnung angehört werden. das Management grundsätzlich zu konservativ plant, interessant sein“, so Hamker. Menschen kennenlernen Keine Oberkontrolleure, Alle vier sind sich einig, dass gute Beiratsarbeit nicht nur innerhalb Welcher Kompetenzmix? der Sitzungsräume stattfinden sollte, sondern auch außerhalb. Tho- Für den Erfolg entscheidend ist sicherlich auch ein guter Kom- mas Hinderer erklärt: „Beiratsmitglieder müssen in der Lage sein, petenzmix im Gremium. Beiräte und Aufsichtsräte werden heu- keine Reinregierer Beziehungen untereinander und vor allem auch zum Management te weitaus professioneller besetzt als noch vor einigen Jahren. aufzubauen. Erst dann entsteht die Art von Dialog, die es braucht.“ Juristen, Bänker, Politiker oder Steuerberater machen immer öfter Diese Fähigkeit sei für die Performance genauso wichtig wie die Unternehmern, aktiven CEOs und Digitalexperten Platz. Klar ist Foto: iStock fachliche Kompetenz der einzelnen Mitglieder, findet Hinderer. mittlerweile allen, dass die Mitglieder des Gremiums komplemen- Dazu seien auch Gespräche außerhalb der Sitzungen nötig. täre Kompetenzen mitbringen sollten. Der richtige Mix macht ein Wann bringen ein Beirat oder ein Aufsichtsrat einen echten Mehrwert für das Unter- gutes Gremium. Welchen Kompetenzmix es genau braucht, hängt „Als Beirats- oder Aufsichtsratsvorsitzender tausche ich mich alle natürlich immer vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Aber sollte im nehmen? In der Praxis zeigt sich: Sie müssen gut konzipiert und optimal besetzt sein. zwei Wochen mit der Geschäftsführung aus“, sagt Frank Mathias. Jahr 2021 nicht jedes Gremium auch einen jungen Querdenker oder Vor allem aber dürfen sie im Aufgabenmix ihren Fokus nicht verlieren. Wie intensiv sich Beiräte oder Aufsichtsräte außerhalb der Sitzun- digitalen Transformator haben? Schließlich muss Digitalisierung gen mit dem Unternehmen beschäftigen, wird in der Praxis sehr doch Chefsache sein. Im Unternehmen, also auch im Beirat? Nicht unterschiedlich gelebt. Klar ist, dass besonders am Anfang ein gu- zwingend, findet Astrid Hamker: „In Unternehmen, die in ihrem B eiräte, Aufsichtsräte oder Verwaltungsräte in Familienunter- Leadership und Teamgeist tes Onboarding entscheidend ist. „Ein neues Beiratsmitglied sollte Geschäftsmodell bedroht sind und sich neu erfinden müssen, um nehmen gibt es in allen Formen und Farben. Von freiwillig ein- Das bestätigt auch Thomas Hinderer. Entscheidend für eine effekti- relativ schnell die wichtigsten Unternehmensstandorte und die zu überleben, mag das sinnvoll sein. In allen anderen Unternehmen gerichtet und rein beratend bis zu gesetzlich verpflichtend und kon- ve Beiratsarbeit sei aber vor allem, dass der persönliche und kultu- führenden Mitarbeiter kennenlernen“, erklärt Torsten Wywiol. sind andere Kompetenzen womöglich wichtiger.“ Frank Mathias trollierend. Von familiendominiert bis zu komplett extern besetzt. relle Fit der Beirats-/Aufsichtsratsmitglieder untereinander stimme. erklärt: „Der notwendige Kompetenzmix im Gremium sollte sich Vom Modell „teurer Zeitfresser“ und „zahnloser Tiger“ bis hin zu Eine gewisse Homogenität sei dazu notwendig: „Natürlich müssen Astrid Hamker betont: „Mir ist es in meinen Mandaten extrem immer aus der Unternehmensstrategie ergeben.“ Wenn die sich „wertvoller Sparringspartner“ und „professioneller Impulsgeber“. die Beiratsmitglieder nicht einer Meinung sein, aber sie müssen eine wichtig, auch die zweite Führungsebene kennenzulernen.“ Einige ändere, könne das durchaus zur Folge haben, dass sich auch die gute Beziehung zueinander aufbauen und das gleiche Verständnis Beiräte/Aufsichtsräte würden sich lediglich mit der Geschäftsfüh- Zusammensetzung des Beirats ändern müsse. Für ihn gehören des- Beratend oder entscheidend? eines offenen und konstruktiven Umgangs miteinander haben“, rung auseinandersetzen, dabei seien genau diese wenigen Personen halb regelmäßige Evaluationen der Beiratsarbeit im Zweijahres Aber was macht hier den Unterschied aus? Welche Faktoren be- erläutert Hinderer. Empathie, soziale Kompetenz, Teamgeist – all oft der Flaschenhals im Unternehmen. Im Falle unvorhergesehener rhythmus zu einer professionellen Gremienarbeit dazu. stimmen, ob der Beirat einen echten Mehrwert bringt? Eine Ver- das brauche es auch zwingend in einem guten Beirat. Thomas Ereignisse komme es ja gerade dem Beirat zu, schnell die richtigen mutung könnte sein: Je bindender ein Beirat ist, je weitreichender Hinderer, der bis Mitte 2020 CEO bei Eckes-Granini war, ist aktuell Personalentscheidungen mitzutreffen bzw. mitzutragen. „Dazu Nicht ins Operative eingreifen die Kontrollrechte, desto ernster wird er genommen, desto profes- u.a. Aufsichtsratsvorsitzender bei Apetito, Beiratsvorsitzender bei muss ich aber wissen, welche guten Leute auf welchen Positionen Wichtiger als digitales Detailwissen seien ein möglichst breiter sioneller wirkt er. Die Praktiker sagen: Nein. Nach Meinung der Erco, Verwaltungsratsmitglied bei Bellfood und Aufsichtsratsmit- im Unternehmen arbeiten“, erklärt Astrid Hamker. Erfahrungshintergrund und vor allem eine nachgewiesene Füh- beiden Multi-Aufsichtsräte Astrid Hamker und Thomas Hinderer, glied bei der Hochland SE. „Um gute Arbeit zu leisten, muss sich rungskompetenz, findet Thomas Hinderer. „Wer schon in vorheri- die vom vollumfänglich kontrollierenden Aufsichtsrat einer AG bis der Beirat als Team verstehen und abgestimmt agieren,“ so die Reporting ist das A und O gen Positionen bewiesen hat, dass er Unternehmen einer bestimm- hin zum informellen Beratungsgremium schon in vielen verschie- Erfahrung von Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Ob Beirat und Geschäftsführung eine gemeinsame Sprache ent- ten Größenordnung erfolgreich führen kann, Menschen begeistern denen Gremien in Familienunternehmen gearbeitet haben, gibt es Mittelstand bei PwC und selbst Beirat im Familienunternehmen wickeln, hängt wesentlich von einem transparenten Reporting ab. und hinter sich bringen kann, begegnet der Geschäftsführung eher keine Korrelation zwischen Art und Umfang der Kontrollrechte auf Stahlwille. „Sie brauchen zwingend ein gemeinsames Verständnis dessen, wie auf Augenhöhe.“ Dabei ist ihm wichtig, dass nicht der Eindruck der einen und der Performance auf der anderen Seite. Performance gemessen und bewertet wird und welche die strate- entstehen darf, der Beirat wisse alles besser und wolle perma- „Ein Beirat sollte ein konstruktiver Sparringspartner für die Ge- gischen Leistungskennzahlen sind, die sich idealerweise aus der nent in operative Themen hineinregieren. „Das ist oft nur eine „Beide Arten von Gremien können sehr professionell sein und ei- schäftsführung sein. Oft passiert aber genau das Gegenteil,“ be- Familienverfassung oder den Gesellschafterleitlinien ableiten“, Frage der Flughöhe und wie Sie etwas formulieren. Sprache und nen hohen Mehrwert für das Unternehmen schaffen“, sagt Astrid obachtet Dr. Frank Mathias, CEO beim Familienunternehmen erklärt Thomas Hinderer. Das helfe beiden Seiten. Dann habe der Respekt machen einen wesentlichen Unterschied zwischen guter Hamker. Entscheidend sei aber, dass sich das Gremium nicht im Rentschler Biopharma. Neben seiner CEO-Tätigkeit hält er aktuell Vorstand nicht den Eindruck, dass er vom Beirat willkürlich be- und schlechter Beiratsarbeit“, betont Hinderer. Frank Mathias Klein-Klein verliere. „Sie müssen besonders als Beirats- oder Auf- mehrere Aufsichtsrats-/Beiratsmandate, u.a. als Vorsitzender des urteilt werde, und der Beirat habe eine Grundlage für objektive bestätigt: „Nichts ist schädlicher als ein Beirat, der sich detailliert sichtsratsvorsitzender dafür sorgen, dass neben der Erfüllung der Beirats der August Faller Gruppe und als Mitglied des Aufsichtsrats Bewertungen. mit operativen Fragen beschäftigt. Da kommt es immer zu Disso- Kontrollaufgabe genug Zeit in den Sitzungen bleibt, um vor allem der Medigene AG und der Leukocare AG. nanzen.“ zukunftsgerichtete Strategiethemen zu erörtern“, erklärt sie. As- „Der Beirat braucht unter Umständen andere KPIs, als sie die Ge- trid Hamker ist Gesellschafterin und Beirätin im eigenen Famili- Torsten Wywiol, geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger schäftsführung anfangs zur Verfügung stellt“, hat Frank Mathias in Blick nach vorn statt nach hinten enunternehmen, der Piepenbrock-Gruppe, aber auch in anderen Stern-Wywiol-Gruppe, findet es gut, einen kontrollierenden Beirat der Praxis erlebt. Sich auf die wesentlichen Leistungskennzahlen zu Unisono sind die für diesen Artikel befragten Unternehmer und Familienunternehmen (z.B. Drägerwerk, Schmitz Cargobull, Sei- zu haben. Die Gesellschafterfamilie hat vor 16 Jahren einen Beirat verständigen und ein Reporting zu entwickeln, das für den Beirat Beiräte/Aufsichtsräte der Meinung, dass das Gremium vor allem er, Felix Schoeller Gruppe, Tengelmann ab 2021). Als praktikabel eingerichtet und diesen später vom rein beratenden Gremium zum die richtige Balance zwischen Detailtiefe und Überblick enthält, sei dann einen Mehrwert bringt, wenn es stärker um die Zukunftsper- habe sich für sie erwiesen, die Sitzungsagenda so zu gestalten, dass kontrollierenden Gremium ausgebaut. „Der Beirat hat in jedem Fall meist ein iterativer Prozess. spektiven als um eine Rückschau geht. Bei aller Bedeutung, die z.B. bspw. vergangenheitsbezogene Analysen am Vormittag stattfinden unsere Professionalität erhöht“, erläutert Torsten Wywiol einen der auch der Blick des Beirats auf den Jahresabschluss hat, sollte die und zukunftsbezogene Themen, wie z.B. die Weiterentwicklung Vorteile. Vor allem das Bereitstellen eines aussagekräftigen Repor- Beim Reporting sei es wichtig, die richtige Flughöhe zu haben, fin- Strategiearbeit im Fokus stehen – oder um es mit den Worten von der Organisation oder Personalentscheidungen, in der zweiten Ta- tings für den Beirat würde ihn als Geschäftsführer im positiven Sinn det Astrid Hamker. Beiräte seien schließlich keine Co-Geschäftsfüh- Torsten Wywiol zu sagen: „Bei uns geht es im Beirat vor allem um geshälfte terminiert werden. fordern: „Man hinterfragt die eigenen Entscheidungen in einer an- rer und bräuchten somit auch nicht die gleiche Detailtiefe. In ihren eins: Zukunft! Zukunft! Zukunft!“
8 FRAUEN IN DER FÜHRUNG UnternehmerBrief | INTES INTES | UnternehmerBrief FRAUEN IN DER FÜHRUNG 9 VON DOMINIK VON AU Aufsichtsgremien sind Frauen in einer guten Position, maßgeblich genauso wie auf den vielfältigen Veranstaltungen. Anders als in der mitzubestimmen, fallen doch in diesen Gremien oft die obersten Start-up-Szene gibt es bei den arrivierten Familienunternehmen Personal- und grundsätzlichen Strategieentscheidungen. nämlich immer noch sehr wenige bühnenaffine Frontfrauen. Sie werden gesucht, vor allem auch NextGen-Familienunternehmerin- Bei allem Optimismus, ein paar Sorgenfalten bleiben auch bei mir: nen, die neben ihrer fachlichen Expertise lautstärker für die mehr Denn einige NextGen-Frauen trauen sich die Chef-Aufgabe tatsäch- als angezeigte Diversität eintreten. Die sich auf die Podien setzen, lich immer noch weniger zu. So haben sie deutlich häufiger als die Interviews geben, in der Öffentlichkeit präsent sind. Männer das Gefühl, sich erst beweisen zu müssen, bevor sie sich verstärkt einbringen dürfen: „Ich muss die Betriebsabläufe besser Vom Umdenken zum Umhandeln verstehen, bevor ich Änderungen vorschlagen kann“, ist eine Aus- Was wir jetzt brauchen: mehr Selbstbewusstsein, mehr Rollen-Vor- sage, der 25 Prozent der Frauen, aber nur 6 Prozent der Männer in bilder, mehr Netzwerke. Und vor allem eine andere Wahrnehmung. der Erhebung für Deutschland zustimmen. Ähnliches gilt für die Die derzeitige Frauenquote in der Führung bei Familienunterneh- Aussage: „Ich muss mich erst noch beweisen, bevor ich meine Ide- men ist kein Versehen, sondern hat System! Dabei sollten natürlich en für Veränderungen platziere.“ Dem stimmen in Deutschland 38 nicht allein die Frauen ihre Einstellungen überprüfen, sondern be- Prozent der Frauen, aber nur 12 Prozent der Männer zu. Indizien sonders die Männer, und zwar diejenigen, die in Führungspositi- Definitiv zu wenig! dafür, dass Frauen mitunter ihr Fachwissen geringer ein- schätzen. So sind sie auch Gefordert sind die Väter und Brüder, die ihre Töchter und Schwestern Foto: iStock weniger offensiv beim Ein- nicht nur zur Übernahme von Verantwortung ermutigen, bringen von Vorschlägen. sondern diese auch teilen! Auch heute noch: Nur 13,6 Prozent der 500 größten Familienunternehmen in Deutschland haben eine Ich frage mich, weshalb das immer noch so ist. Besonders die weiblichen NextGens bringen onen sind, genauso wie die, die über deren Besetzung mitbestim- Frau in der Geschäftsführung. Jetzt ist die Next Generation gefragt: Sie muss die Unternehmen auch in schon heute dermaßen viele Eigenschaften mit, die schlichtweg men. Gefordert sind die Väter und Brüder, die ihre Töchter und diesem Punkt in die Neuzeit holen und fit für die Zukunft machen. Voraussetzung sind für eine neue zeitgemäße Art der Führung: Als Schwestern nicht nur zur Übernahme von Verantwortung ermu- Generation-Z-Vertreterinnen sind sie mit dem „Permanent Change“ tigen, sondern diese auch teilen. Und die Strukturen so anlegen, D ie Einführung einer Frauenquote für die Vorstände von Unter- nehmen an der Börse und solchen, die der Mitbestimmung un- terliegen, ist beschlossene Sache. Ein wichtiges und richtiges Signal. Jedoch: Es gibt die begründete Aussicht darauf, dass sich an die- sem Ungleichgewicht in den kommenden Jahren etwas ändert. Ausschlaggebend dafür ist der Blick auf die NextGens: Jetzt zieht groß geworden. Und sie haben keine Angst vor Veränderungen. Im Gegenteil, sie stehen drauf! Sie sind technologieaffin und netzwerk- stark. Sie sind Teamplayer und wollen agile Organisationsformen. dass Diversität zugelassen und aktiv gefördert wird. Lasst uns das überkommene „Es kann nur den einen geben“-Denken der Eltern- generation bewusst und hörbar ablegen. Denn Frauen sind Denkerinnen, Lenkerinnen, Entscheidungsträge- es die weiblichen Nachfolger in Familienunternehmen immer stär- Denn so sind sie geprägt. rinnen und Gesprächspartnerinnen auf Augenhöhe! Wieso sollten ker in die Verantwortung. Das ergab die globale NextGen-Studie Und bitte keine Patriarchen mehr, die behaupten, Unternehmens- wir einen Unterschied in Sachen Einfluss, Sichtbarkeit und Gerech- 2019 von PwC, an der nahezu 1.000 NextGens (darunter ein Drittel Zahlreiche Studien zeigen bereits jetzt, dass vor allem die ge- führung und Familiengründung passten nicht zusammen! Insbe- tigkeit machen? Dass wir im Jahr 2020 noch die Frage stellen, wa- Frauen) teilnahmen. Ob Frau oder Mann, rund 81 Prozent von ihnen schlechterspezifische Diversität den Unternehmenserfolg positiv sondere die operativ tätigen Inhaberinnen können bis auf Weiteres rum es mehr Frauen in Führungspositionen braucht, darf wirklich streben grundsätzlich eine – wie auch immer ausgekleidete – füh- beeinflusst und ein kommunikativer, kooperativer Führungsstil, beides viel leichter kombinieren als die weiblichen Angestellten in nicht sein. Hoffentlich rüttelt dieses Signal auch die Familienun- rende Rolle im Familienunternehmen an. Das gilt für die globale wie ich ihn bei Nachfolgerinnen vielfach erlebe, das Unternehmen klassischen Managementjobs. „Durch ihre machtvolle Position ist Auswertung, aber auch für die Befra- spürbar vorantreibt. Frauen bringen nun einmal andere Problem- es für die Familien ein Leichtes, ihre Unternehmen hier schnell als gung unter deutschen NextGens. Die lösungsstrategien und andere Arten von Kollaboration als Männer Vorbilder an die Spitze zu bringen – sie müssen nur die strategischen 70 Prozent der männlichen NextGens streben eine CEO-Position jüngsten Untersuchungen der Stiftung mit an den Tisch. Oftmals decken sie genau die Aspekte ab, die in Vorteile erkennen“, analysieren die Autoren der AllBright-Unter- an, aber nur rund 30 Prozent der weiblichen NextGens. Familienunternehmen und des Wit- der digitalen Transformation konkret gefordert sind. Hier werden suchung. tener Instituts für Familienunterneh- besonders die weiblich geprägten Umgangsformen mit Agilität und men zur weiblichen Nachfolge weisen Innovationsfähigkeit zur spielentscheidenden Größe. Ganz abge- Ja, die Frauen sollten öfter „einfach mal machen“. Können tun sie ternehmer wach, denn auf dem Vormarsch sind hier die Chefin- ebenfalls in diese Richtung. Allerdings fanden die Autoren auch sehen davon, dass Frauen den anderen Blick auf die „Drivers of es allemal. Nur hinterfragen sie bisweilen immer noch zu stark, ob nen ebenso wenig, wie unlängst der Bericht der Allbright-Stiftung heraus, dass Frauen vor allem in kleineren und jüngeren Unter- Change“ haben: Laut der PwC-NextGen-Umfrage sehen 88 Prozent sie auch „dürfen“. Ja, mehr als das: „Ihr solltet, ihr müsst sogar!“, belegt: Danach haben nur 29 der Top-100 Familienunternehmen nehmen in die Führung rücken. Was muss also passieren, damit der Männer neue Technologien als den wesentlichen Treiber für ist meine Antwort. Ich würde mir wünschen, dass die Familien- mindestens eine Frau in der Geschäftsführung. Das sitzt. einerseits diese Bewegung größer wird und andererseits auch große Veränderungen, aber nur 50 Prozent der Frauen. Dagegen halten unternehmer nun auch hier vorangehen und Farbe bekennen. Die Familienunternehmen auf die Frauenpower setzen? 50 Prozent der Frauen soziale und umweltbezogene Trends für aus- NextGen kann der treibende Faktor sein und den Prozess der Ver- Ich wollte es genauer wissen und habe mit der Unterstützung von schlaggebend, aber nur 29 Prozent der Männer (bezogen auf die änderung aktiv mitgestalten. Die Nachfolgerinnen und Nachfolger PwC und INTES die Top-500-Familienunternehmen in Deutschland Spannende Frage, auch vor dem Hintergrund eines anderen Er- Erhebung für Deutschland). Auch in diesem Sinne: Let’s team up! besitzen die Fähigkeit zur schonungslosen Selbsterkenntnis und den analysiert, vermutend, dass bei abnehmender Unternehmensgröße gebnisses unserer Befragung: Mit Blick auf die kommenden sieben Mut, in der Vergangenheit Bewährtes in Frage zu stellen und die die Quote besser wird. Dem war nicht so. Zwar kenne ich einige Jahre wollen nach unserer PwC/INTES-Untersuchung über 70 Pro- Die Bewegung braucht Bühnen und Sichtbarkeit notwendigen Veränderungen gegen Widerstände durchzusetzen. frauengeführte Unternehmen – und viele weibliche NextGens, die zent der männlichen NextGens ganz konkret in eine CEO-Position, Es muss noch viel passieren, damit der zaghafte Trend zu mehr Sie hat in meinen Augen längst verstanden, dass es ohne Diversität in den Startlöchern stehen, sehr gut. Aber sie sind wohl leider nicht aber nur rund 30 Prozent der weiblichen. Will heißen: Die Frauen Frauen in der Führung von Familienunternehmen zur regelrechten keine Zukunft gibt. repräsentativ. Die Ergebnisse unserer Untersuchung sind eindeutig, sehen sich tendenziell eher in der Rolle der aktiven Gesellschafterin Bewegung wird. Vor allem sollte er nicht dadurch gebremst wer- und leider vernichtend: Lediglich 13,6 Prozent der Top-500 -Fami- mit einer Rolle im Aufsichtsgremium. Bleibt die Frage, ob sie in der den, dass sich zu wenige Frauen die Rolle echt zutrauen, in der sie lienunternehmen haben mindestens eine Frau in der operativen Position einer Beirätin oder Aufsichtsrätin auf mehr Frauen in der sich im Grunde sehen. Hier ist das vorbildhafte Vorangehen derer, Dr. Dominik von Au ist Geschäftsführer der INTES Akademie für Führung. Anders gesagt: 9 von 10 der 500 größten Familienunter- Geschäftsführung hinwirken werden. Ich bin da sehr zuversicht- die sich schon getraut haben, hilfreich. Unterstützt werden sollte Familienunternehmen und verantwortlicher Partner bei PwC für den Bereich Family Governance Consulting nehmen in unserem Land haben keine einzige Frau in der Führung. lich. Denn es gibt eben mehrere Wege, Verantwortung im Famili- ihre Sichtbarkeit auch dadurch, dass sich viel mehr weibliche CEOs dominik.von.au@pwc.com; www.instagram.com/dominikvonau/ Das ist kein „Schönheitsfleck“! Mittelstand im Mittelalter? enunternehmen zu übernehmen. Das ist einer davon. Auch in den raus ins Rampenlicht wagen; klar und deutlich und in den Medien
10 FRAUEN IN DER FÜHRUNG UnternehmerBrief | INTES INTES | UnternehmerBrief FINANZIERUNG 11 SABINE STRICK IM GESPRÄCH MIT KATHARINA DÜRBAUM UND CHRISTINA HOON VON FABIAN KOPF UND ANDRÉ KNÖLL Töchter als Nachfolgerinnen Wann bin ich kapitalmarktfähig? Wann gelingt die Übergabe an die Töchter in den Familienunternehmen? Ein Gespräch mit Katharina Viele Familienunternehmen scheuen sich immer noch, am Kapitalmarkt Geld Dürbaum, Associate Partner bei Rochus Mummert Executive Consultants, und Professor Christina Hoon, aufzunehmen. Dabei kann eine Kapitalmarktfinanzierung gerade in Zeiten wie diesen Inhaberin des Stiftungslehrstuhls für Führung von Familienunternehmen an der Universität Bielefeld ein wichtiger Finanzierungsbaustein sein. Frau Hoon, wie sehen Sie grundsätzlich die Chancen für Töchter, wenn es in Familienunternehmen um die Frage der Nachfolge geht? und Durchsetzungskraft der Tochter als neue Hauptperson im Unternehmen ist auch, dass der übergebende Elternteil danach wirklich loslässt. S tellen Sie sich folgenden Fall vor: Adrea und Jürgen S. führen ihr erfolgreiches Familienunternehmen in der vierten Generation. Sie haben in den vergangenen Jahren den Bereich Medizintechnik Darüber hinaus gilt es natürlich auch, den Erwartungen der In- vestoren zu entsprechen. Hierfür sollte das Unternehmen ein überdurchschnittliches Umsatz- und Ertragswachstum aufzeigen CHRISTINA HOON: Generell ist es nicht mehr selbstverständlich, DÜRBAUM: Oft geht der Wechsel der Nachfolge zwischen den Ge- deutlich ausgebaut und konnten Umsatz und Ertrag signifikant können, Corporate-Governance-Strukturen einhalten sowie über dass die Söhne Familienunternehmen übernehmen. Immer öfter nerationen auch mit einem Wechsel des Führungsstils einher. Dabei verbessern. Ihre Finanzierung basiert auf einer soliden Eigenmit- eine transparente Unternehmensstruktur und ein qualifiziertes sieht die Elterngeneration auch Töchter als potenzielle Nachfolge- ist es für Töchter eine besondere Herausforderung, einen eigenen telbasis. Zudem besteht seit Jahren eine vertrauensvolle Beziehung Management verfügen. Weitere wesentliche Voraussetzungen sind: rinnen. Zu Recht: Oft sind diese hochqualifiziert und kompetent. Führungsstil zu entwickeln, auch in Abgrenzung zu dem des Va- zu den Hausbanken, die das starke Wachstum mit günstigen Kredi- • überzeugendes, nachhaltiges Geschäftsmodell (Produkt, Markt- Und sie identifizieren sich meist sehr mit den Werten, die Famili- ters oder der Mutter. Die Basis bildet dabei meist ein kooperativer ten mitgetragen haben. Den beiden Inhabern ist bewusst, dass der stellung, Wachstum) enunternehmen auszeichnen, z.B. langfristiges Denken, Nachhal- Führungsstil, bei dem Führungsteams und Mitarbeiter gestärkt und künftige Kapitalbedarf für die weitere Internationalisierung sowie • transparente Unternehmensstrukturen, insbesondere im Hin- tigkeit, Verbundenheit mit der Region und hohes Verantwortungs- aufgebaut werden. Diese Entwicklung eines eigenen Führungsstils den Prozess der digitalen Transformation enorm ist. Ob dies mit den blick auf Kommunikation und Reporting gefühl gegenüber den Mitarbeitern. und dessen Akzeptanz ist wesentlich für den Erfolg. bisherigen Methoden und Instrumenten abgedeckt werden kann? • interne Organisation (strukturelle, finanzielle und personelle Die Eigenmittel sind knapp, der wesentliche Teil des Vermögens ist Ressourcen) Frau Dürbaum, der Weg zur erfolgreichen Familienunterneh- Was kann man tun, wenn es mehrere potenzielle Nachfolgerin- im eigenen Unternehmen investiert. Und trotz des derzeit guten • Größe im Hinblick auf ein gewisses Mindest-Emissionsvolumen merin ist herausfordernd. Worauf kommt es hier an? nen und Nachfolger im Familienkreis gibt? Verhältnisses zu den Banken möchte die Inhaberfamilie auch nach (Richtwert ab 10 Mio. Euro) KATHARINA DÜRBAUM: Zunächst ist eine klare Positionierung der HOON: Neben der Definition der Rollen im Familienunternehmen den Erfahrungen aus der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise in • gesetzliche Anforderungen (Rechtsform, Wertpapierprospekt) Tochter gegenüber dem übergebenden Elternteil entscheidend – sollten in diesem Fall die Eigentumsverhältnisse klar definiert wer- keine Abhängigkeit von Bankkrediten geraten. • Rating nicht für alle Produkte notwendig im Sinne von: „Ich will Verantwortung für das Familienunterneh- den. Gleiches gilt für Haftungsfragen sowie für die Abgrenzung • Finanzkennzahlen, plausible Finanzplanung, stabiler Cashflow men übernehmen, ich traue es mir zu.“ Davor steht eine intensive zwischen operativen und strategischen Aufgaben. Wichtig ist auch, Noch ist unklar, welche Konsequenzen die gegenwärtige Coro- (Bonitätsaspekt einer Transaktion) Selbstreflexion: Wo stehe ich und wo will ich hin? Welche Kompe- dass das Verhältnis der Familienmitglieder untereinander erkannt na-Krise mittelfristig für die Finanzierungsbereitschaft von Banken • professionelle Organisation von Rechnungswesen/Controlling tenzen habe ich? Von wel- wird – und dass hier vor hat. Daher kommt der Auswahl geeigneter Finanzierungsprodukte • effektives Risikomanagement und gute Corporate Governance chen Überzeugungen und allem das Unbewusste und -quellen eine wichtige Rolle bei der Diversifikation der Finan- Werten bin ich geprägt? „In der Vorbereitung haben sich oft Tandems bewusst gemacht wird. zierung zu. Eine von Familienunternehmen bislang wenig genutzte Vor allem die organisatorischen Faktoren sind entscheidend für die Welche Lebenspläne habe zwischen dem übergebenden Elternteil und der Das betrifft z.B. Themen Quelle ist immer noch der Kapitalmarkt. Kapitalmarktfähigkeit von Unternehmen. In Bezug auf das Emissi- ich? Wenn ich eine Fami- wie Familienloyalität, den onsvolumen galt in der Vergangenheit bei Unternehmensanleihen lie gründen möchte oder Tochter bewährt.“ Wunsch nach elterlicher Breites Angebot ein gewisser Richtwert von 25 Mio. Euro, zuletzt fanden aber auch bereits eine eigene Familie Prof. Christina Hoon Anerkennung sowie ge- Hier ist die Palette möglicher Instrumente breit: von börsenno- Platzierungen mit einem Volumen von 3 Mio. bis 5 Mio. Euro statt. habe: Wie kann ich diese schwisterliche Rollenzu- tiertem Eigenkapital (Börsengang, Kapitalerhöhung) bis hin zu mit der Verantwortung als Unternehmerin in Einklang bringen? schreibungen. Bei einer gemeinsamen Führung des Unternehmens börsennotiertem Fremdkapital (Anleihen, Schuldscheine, Private Können, aber nicht müssen Wichtig ist zudem, Klarheit über die eigenen persönlichen Motive sollte diese immer auf Augenhöhe erfolgen. Ebenso gehört dazu, Placement). Wer ein solches Instrument nutzt, kann seine Finan- Mit Blick auf das Eingangsbeispiel von Andrea und Jürgen S. wird zu gewinnen. Je klarer die Erkenntnis aus all diesen Überlegungen, dass Eltern bewusst keine „Sicherheitspolster“ einbauen, z.B. durch zierungsstruktur stabiler aufstellen, weil er z.B. die Anzahl der klar, dass gerade für ihr Ziel der Kapitalmarkt attraktiv ist, denn desto größer ist das eigene Zutrauen. Dadurch steigt wiederum die aufwendige Stiftungen. Gläubiger oder das Fälligkeitenprofil breiter streut. sie streben die richtige Balance zwischen niedrigen Finanzierungs- Möglichkeit einer klärenden Kommunikation mit der Elterngene- kosten, flexiblem Zugang zu Finanzierungsmitteln und unterneh- ration, die damit umso stärker das nötige Zutrauen in die Tochter Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Chance für Töch- Zentrale Voraussetzung für Unternehmen hierfür ist die sog. Kapi- merischer Unabhängigkeit an. Um die notwendige Kapitalmarkt- als Unternehmensnachfolgerin haben wird. ter, ein Familienunternehmen zu übernehmen, und der Größe talmarktfähigkeit, um den Anforderungen des Kapitalmarktes zu fähigkeit zu erreichen, müssen sie allerdings ihr Unternehmen des jeweiligen Unternehmens? entsprechen. Zu den rechtlichen Kriterien zählen z.B. die Vorlage organisatorisch, finanzwirtschaftlich und strukturell neu ausrich- Was sind weitere Erfolgsfaktoren für eine gelingende Unter- DÜRBAUM: Tatsächlich nimmt die Zahl der Töchter als Nachfol- eines Wertpapierprospekts mit aussagekräftigen Finanzkennzahlen ten. Kapitalmarktfähigkeit ist der Ausdruck einer professionellen nehmensnachfolge durch Töchter? gerinnen mit der Größe des Familienunternehmens ab. Das hängt des Unternehmens. Für die Emission von Aktien ist die Rechtsform und proaktiven Haltung hinsichtlich einer unabhängigeren Finan- HOON: Als Vorbereitung auf die Übernahme haben sich oft Tandems zum einen damit zusammen, dass in größeren Unternehmen die der AG vorgeschrieben, die Ausgabe einer Anleihe kann auch in zierung. Einmal erlangt, eröffnet sie die Freiheit, sich am Kapital- zwischen dem übergebenden Elternteil und der Tochter bewährt. sogenannten gläsernen Decken samt den zugehörigen Mentalitäts- der Rechtsform der GmbH oder der KG ausgeführt werden. Auch markt finanzieren zu können, ohne es zu müssen. Das heißt konkret, die Töchter und ihre Väter bzw. Mütter arbeiten mustern, die den Aufstieg von Frauen erschweren, oft ausgeprägter die Vorgaben der Börsen stellen je nach Segment unterschiedliche in der ersten Zeit in klar definierten Aufgabengebieten, die eindeu- sind. Zum anderen haben Töchter in kleineren Unternehmen eher Anforderungen und Transparenzgrade an den Emittenten, bspw. André Knöll und Fabian Kopf sind Inhaber bzw. Mitarbeiter der Knöll tig voneinander abgrenzt sind. Darüber hinaus braucht es einen die Möglichkeit, ihren Führungsstil zu verwirklichen sowie das bezüglich der Mindest-Ratingnote oder des Mindest-Emissionsvo- Finanzierungsberatung für Familienunternehmen GmbH und langjährige festen Fahrplan für die vollständige Übergabe des Unternehmens, Unternehmen im Einklang mit der eigenen familiären und persön- lumens. Netzwerkpartner der INTES Akademie für Familienunternehmen GmbH. der verlässlich umgesetzt wird. Extrem wichtig für die Akzeptanz lichen Situation zu gestalten und zu führen.
12 FAMILIENUNTERNEHMEN UND E-COMMERCE UnternehmerBrief | INTES INTES | UnternehmerBrief FAMILIENUNTERNEHMEN UND E-COMMERCE 13 VON ULRIKE LÜDKE 40 Prozent des Gesamtumsatzes. Durch die Covid-19-Pandemie ist profitabel. Treiber des Wachstums ist der E-Commerce. dürften die Erlöse aus dem Onlinehandelsgeschäft in diesem Jahr noch einmal deutlich gestiegen sein. Gut für die Unternehmen, die Alte Strukturen überwinden rechtzeitig das Potenzial des Multi- und Omnichannel-Handels er- Die größte Herausforderung für Roppel ist derzeit, Marketing, Ein- kannt haben, und schlecht für diejenigen, die zu lange gezögert kauf und Vertrieb für den stationären Handel und das Onlinege- oder die Digitalisierung ihrer Vertriebskanäle nur halbherzig vo- schäft in ein ineinandergreifendes System zu integrieren. Dabei ge- rangetrieben haben. hören heute soziale Medien und Influencer ebenso zum Konzept wie Onlinehandel: Wer zögert, verliert Nicht kleckern, sondern klotzen Warum sind einige Familienunternehmen im Auf- und Ausbau ihres die Online-Einkaufsberatung und Click & Collect. Fast alles muss kanalübergreifend vernetzt und konsistent gesteuert werden. Das geht nicht nebenbei. „Das Geschäftsmodell eines Händlers muss E-Commerce erfolgreich und andere kommen einfach nicht voran? heute konsequent aus dem E-Commerce-Ansatz heraus gedacht und „Unternehmen müssen flexibel, agil und mutig agieren, um in den entwickelt werden“, erklärt Roppel. Das bedürfe allerdings eines An E-Commerce kommt heute kein Händler mehr vorbei. Voraussetzung für den Erfolg sich schnell verändernden Märkten bestehen zu können“, sagt Di- gewissen Maßes an Schonungslosigkeit im Denken und Handeln. im digitalen Geschäft ist die Bereitschaft, sich schnell und radikal zu wandeln. Vielen gital-Experte Diekmann. Das stehe allerdings im Widerspruch zur Alte Vertriebsstrukturen und die damit einhergehenden Budget- Familienunternehmen fällt das schwer. Unternehmenskultur von Familienunternehmen, die auf ihre Er- und Provisionsverteilungskonflikte müssten überwunden werden. fahrung setzen und langfristig planen würden. Das Bestreben nach Zudem benötige ein Unternehmen die entsprechende Kompetenz Veränderung werde von der Inhaberfamilie häufig als Kritik verstan- und Technik. Im Falle von Baby-Walz holte sich der Finanzinvestor E in veraltetes Geschäftsmodell bleibt veraltet, auch wenn man es digitalisiert“, sagt Marcus Diekmann, Handelsexperte und einer von vier Geschäftsführern des Omnichannel-Fahrradspezia- Seit Anfang 2019 ist Diekmann bei Rose Bikes. Neben dem Senior Erwin Rose sowie dessen Tochter Stefanie Rose und deren Ehe- mann Thorsten Heckrath-Rose hält Diekmann Anteile als Gesell- den. Dies führe aber dazu, „dass man so weitermacht wie bisher“, erklärt Diekmann. Bei der Familie Rose sei das anders. „Rose Bikes war schon immer ein transformationsfreudiges Unternehmen“, so mit Roppel das Know-how ins Haus, weitere 40 Mitarbeiter küm- mern sich um die Weiterentwicklung des Webshops, das Marketing und die technische Integration der verschiedenen Vertriebskanäle. listen Rose Bikes. Rose Bikes ist ein Familienunternehmen aus dem schafter – eine wichtige Voraussetzung für den 41-jährigen, um mit Diekmann. Wandel werde hier als Notwendigkeit gesehen, um auch E-Commerce ist bei Baby-Walz Chefsache. nordrhein-westfälischen Bocholt. Das Unternehmen entwickelt und den anderen Geschäftsführern auf Augenhöhe zu sein. Gemeinsam in der Zukunft erfolgreich zu sein. baut Fahrräder, zudem vertreibt es – online und stationär – Fahr- treiben die vier den Ausbau des Fahrradhändlers zur digitalen Han- Doch was ist, wenn es im Unternehmen Widerstände gegen den radteile, -bekleidung und -zubehör unter der eigenen Marke sowie delsplattform voran. Und das kann für Diekmann gar nicht schnell „Um als E-Commerce-Player erfolgreich zu sein, benötigen die Un- Kultur- und Strukturwandel gibt? Dass Veränderungsprozesse im für 500 Fremdmarken. 80 Prozent des Gesamtumsatzes 2019/2020 genug gehen: Innerhalb eines Jahres wurde der Onlineshop radi- ternehmen smarte digitale Talente mit disruptiven Ansätzen und Unternehmen z.T. auf Widerstand unter den Mitarbeitern stießen, in Höhe von rund 137 Mio. Euro wurden im Onlinegeschäft erzielt. kal umgebaut, das Sortiment um 40 Prozent verkleinert und das jeder Menge Neugier. Die Visionen sind abstrakt und es darf keine sei normal, sagt Rose-Geschäftsführer Diekmann. Wichtig sei, die Ungewöhnlich für einen mittelständischen Händler, der auf über Marketingbudget um 50 Prozent erhöht. Zudem übernahm Rose Angst vor dem Scheitern geben. Das ist eine völlig andere Unterneh- Mitarbeiter zu motivieren, zu coachen und zu erklären, warum 110 Jahre Unternehmensgeschichte zurückblicken kann. die Digitalagentur Kommerz mit 30 Mitarbeitern. Für seine enge menskultur“, bestätigt ein anderer Kenner der E-Commerce-Bran- der Wandel notwendig sei. Die Führung müsse jedoch von Anfang Verknüpfung von On- und Off- che, der den Onlinehandel für ein großes Familienunternehmen an klar machen, dass es keine Alternativen gebe. „In einem Chan- linekanälen wurde das Famili- aufgebaut hat und lieber anonym bleiben möchte. In seinem Fall ge-Prozess gibt es keine Kompromisse“, sagt Diekmann. „Jetzt ist enunternehmen in diesem Jahr ließ ihm die Familie freie Hand, solange er sich nicht in die Angele- die Zeit für den radikalen Umbruch.“ mit dem „Internet World Busi- genheiten des restlichen Unternehmens einmischte. Das Ergebnis: ness Shop“-Award ausgezeich- Im Laufe der Zeit ist mit dem E-Commerce ein eigenes „Ökosystem“ net, zudem erhielt es gerade entstanden, das getrennt vom Rest des Unternehmens agiert. „Das den „Shop-Usability Award“ ist nichts, was ich einem anderen Unternehmen zur Nachahmung als „Bester Markenshop“. Für empfehlen würde“, sagt der E-Commerce-Experte. das laufende Jahr erwartet Rose Bikes eine Umsatzsteigerung Chefsache von über 34 Prozent, trotz der Schließung der Läden im Co- Längst lassen sich das Online- und das Offlinegeschäft nicht mehr trennen. Kunden möchten zwischen beiden Einkaufswelten hin und Kompetenz rona-Lockdown. Der Fahrrad- händler gehört damit zu den her wechseln und erwarten von ihren Händlern ein entsprechen- des Angebot. Das Omnichannel-Vertriebsmodell verbindet meh- in Sachen Beirat Unternehmen, die vom stetig rere Vertriebs- und Kommunikationskanäle nahtlos miteinander wachsenden Onlinehandel pro- und verspricht damit eine höhere Reichweite, Kundenbindung und fitieren. Wettbewerbsvorteile. Die Umsetzung erfordert allerdings einen tief- greifenden Wandel der gesamten Unternehmensorganisation – ein E-Commerce wächst Eingriff in die Autonomie des alten Kerngeschäfts, mit dem sich und wächst viele Unternehmer schwertun. Der Gesamtumsatz der 1.000 umsatzstärksten Onlineshops Stephan Roppel ist seit vielen Jahren im Onlinebusiness tätig. Neben in Deutschland hat nach Be- Amazon zählten die Holtzbrinck-Gruppe, Hugendubel und Tchibo rechnungen des EHI Retail In- zu seinen Arbeitgebern. Seit gut zwei Jahren ist er Geschäftsführer stitute und von Statista bereits bei Baby-Walz, einem Anbieter für Babyartikel, der sich seit 2015 Wir beraten bei der Einrichtung oder Neuausrichtung Ihres Beirates. 2019 dank eines zweistelligen im Besitz der Private-Equity-Gesellschaft Alteri Investors befindet. Wir vermitteln geeignete Persönlichkeiten für Ihren Beirat. Umsatzwachstums erstmals die Baby-Walz ist bereits vor 20 Jahren in den E-Commerce eingestiegen Wir schulen (designierte) Beiratsmitglieder und -vorsitzende. Marke von 50 Mrd. Euro er- und erwirtschaftet heute zwei Drittel seines Umsatzes mit Online- Markus Diekmann drückt gemeinsam mit der Gesellschafterfamilie beim Ausbau des E-Commerce-Geschäfts reicht. Dabei verbuchten die kunden. Nach einer Restrukturierungsphase vor allem im stationä- www.intes-akademie.de/Beirat des Münsteraner Fahrradhändlers Rose ganz schön auf die Tube. Top-10-Onlineshops zusammen ren Handel wächst das Unternehmen heute wieder zweistellig und
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