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www.kehlkopfoperiert-bv.de Mai 2020 Nr. 176 47. Jahrgang Unser Thema ab Seite 4 Unterwegs als Ehrenamtliche auf Landesebene Unser Sprachrohr erscheint mit finanzieller Unterstützung
Werte Leserinnen und Leser! Foto: Hartmut Fürch Inhalt In diesem Kalenderjahr können wir viele Jubiläen in TITELTHEMA unserem Land feiern. Für mich ist das wichtigste Jubi- Krise als Chance? S. 04 läum, dass vor 75 Jahren der grausame und mensch- „Die Zeit möchte ich nicht missen!“ S. 06 heitsfeindlichste Weltkrieg des zwanzigsten Jahrhun- „Wir haben alles im Auge, wir dert beendet wurde. Wir haben hier in unserem Land haben alles im Blick“ S. 08 somit die längste Friedensperiode in der Geschichte „Wenn Leute zu uns kommen, egal welchen Tumor sie haben, Deutschlands erleben können. Welch ein Glück für helfen wir“ S. 10 unsere Generation, diese Zeit bewusst mit gestalten COVID-19 zu können. Wir haben eine Zeit erleben können, wo wir durch unsere wertschöp- Coronavirus - Empfehlungen für fende Arbeit ein liebenswertes Land für uns Bürger geschaffen haben. die Krebstherapie S. 12 COVID-19 Pandemie - Empfehlungen Unser Leben ist so reich an persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch vom Fachkundigen Beirat S. 13 an immer neuen Herausforderungen für jeden von uns. Dabei war es immer das Mitteilung des Bundesverbandes S. 14 Ziel, vieles für die Menschen besser zu machen. Vor diesem Hintergrund ist auch COVID-19: Informationen zu der Bundesverband entstanden. Vor über 45 Jahren haben mutige Männer und Mitgliederversammlungen S. 15 Frauen die ersten Schritte gewagt, für andere Mitmenschen mit einer Neuerkran- Corona und Krebserkrankungen S. 16 kung an Kehlkopfkrebs helfend zur Seite zu stehen. Sie gaben uns den Auftrag MEDIZIN mit, den Gedanken der Selbsthilfe in die Herzen und Köpfe aller nachfolgenden Studie: Häufige Infektionen könnten Generationen zu tragen. Aber wir benötigen immer wieder Mitmenschen, die Krebserkrankung ankündigen S. 17 sich der Selbsthilfe zuwenden und für betroffene Mitmenschen da sind. Wir Künstliche Intelligenz (AI) S. 18 haben viel erreicht und können, jeder für sich in den bestehenden Strukturen, stolz sein für die geleistete Arbeit in der Selbsthilfe. Die ehrenamtliche Selbsthilfe STIFTUNG DEUTSCHE KREBSHILFE ist in unserem gesellschaftlichen Leben unentbehrlich. Meine ganz persönliche Deutscher Krebskongress 2020 S. 20 Hochachtung möchte ich allen aussprechen, die sich in der Selbsthilfe betätigen. VERBAND Ich danke ihnen für ihre aufopfernde Arbeit für die an Krebs erkrankten Mitmen- Jetzt auch bei Instagram! S. 22 schen. Denn es gehört viel Herzensgüte, Mitgefühl, Achtung vor dem Leben, Patientenbetreuerseminar in Bonn S. 23 Liebe und innere Kraft dazu. Patientenkongress der DKH in Schweinfurt S. 24 In der Frühlingszeit sind wir mehr an der frischen Luft und freuen uns, wie die Seminare 2020 S. 25 Natur aus ihrem Winterschlaf erwacht. Unsere Lebensgeister werden geweckt und Machen Sie auf sich als Halsatmer wir suchen den engeren Kontakt zu unseren Mitmenschen. Für uns alle, ein ganz aufmerksam! S. 26 normales menschliches Lebensbild. So dachten wir bis jetzt. Das Corona-Virus Aus den Landesverbänden S. 26 verunsichert und macht Angst. Unsere normalen, gewohnten Verhaltensweisen AUS DEN NETZWERKEN können und dürfen wir nicht mehr nachkommen, denn sie bergen die Gefahr der Unterstützung von Ansteckung in sich. Also müssen wir uns völlig in unseren Lebensgewohnheiten Kehlkopfkrebspatienten auf Kuba S. 29 umstellen. Wir begreifen mit aller Macht, dass wir durch das Virus nicht mehr Herr BUCH- UND FILMTIPP über die Gesundheit und unser Leben sind. Trotzdem können wir uns und unsere Buchtipp „Die „Stadt der Blinden“ S. 30 Mitmenschen schützen, wenn wir uns an die vorgegebenen neuen Regeln der Filmtipp – Ad Astra - Zu den Sternen S. 30 zwischenmenschlichen Beziehungen halten. Denken sie bitte daran, die Regeln einzuhalten. TERMINE UND ZU GUTER LETZT Termine / Zu guter Letzt S. 31 Ich hoffe und wünsche allen unseren Mitgliedern, deren Familien sowie allen SERVICE Menschen in unserem Land gesund zu bleiben und für einander da zu sein. Auch Impressum S. 29 diese schwere Zeit mit seinen immensen Herausforderungen wird unserer Gesell- Am Telefon: Antworten zum schaft helfen, ein Stück enger zusammenzurücken. Schwerbehindertenausweis S. 22 Ost-/West-Rätsel S. 32 Ihr Herbert Hellmund Adressen, Telefonnummern S. 33 Präsident 3
Titelthema Titelthema Krise als Chance? Was mag das wohl heißen – für die Selbsthilfe? Die und auch ihren Angehörigen, über die gemeinsamen Defizite und neu zu gestaltenden Bedingungen lie- Erlebnisse durch Tagesausflüge oder auf Patiententa- von Erika Feyerabend gen auf der Hand: Offensichtlich hat der Schwung gen und Seminaren. Das erweist sich gerade jetzt als der ersten Jahre in der Selbsthilfebewegung abge- unersetzlich und wertvoll. Auch das direkte Gespräch Foto: free-photos_pixabay nommen. Die Mitglieder werden älter und es fehlt mit den Patienten in den Kliniken kann ebenso wenig in manchen Regionen an Nachwuchs. Die häufiger digitalisiert werden, wie die Arzt-Patient-Beziehung in praktizierten Teiloperationen haben zusätzlich dazu der boomenden Telemedizin. geführt, dass weniger Kehlkopfoperierte sich in den Gruppen organisieren. Viele fühlen sich nicht Die Erfahrung der Gemeinschaft, das Glück der Begeg- „krank“ oder „behindert“ und versuchen wieder in die nung und der neuen Freundschaften, das merken alle gewohnte Spur des Alltags und der Arbeit zurück- insbesondere über die Quarantäne-Verordnungen im zufinden. Die Routinen, um Patienten mit Kopf-Hals- öffentlichen Raum, Kliniken und Altenheimen. Auch Tumoren in den Verband zu integrieren sind noch ohne Krankheit und Einschränkung, es ist nicht über nicht voll entwickelt. Insgesamt sind die Ansprüche an den Computer ersetzbar. Was bleibt zu tun? Geduldig Serviceleistungen gestiegen, die auch die Selbsthilfe und hartnäckig weitermachen. Neue Wege (er)finden, liefern soll. Die Finanzierung aber der entsprechenden um die Selbstvertretung und Selbstwirksamkeit als Strukturen ist dementsprechend nicht gestiegen. gesellschaftlich notwendige und persönlich erfül- lende Aufgabe zu vermitteln. Allein die Digitalisierung der Kommunikation, wie sie jetzt in der Coronakrise allerorten eingeübt wird, ist nicht die Patentlösung. Auch wenn sie sich zuweilen und ergänzend durchaus als sinnvoll erweist. Die Bun- desarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG) hat zu Recht am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleich- stellung von Menschen mit Behinderung, die Bundes- regierung erneut aufgefordert, geeignete Maßnah- men unter Einhaltung des Grundrechtes der Gleich- Philosophin Hannah Arendt – „Denken ohne Geländer“ stellung zu ergreifen. Das ist aktueller und trauriger denn je. Denn besonders in Krisenzeit wie heute ist Wir sind, wie so viele andere, auch durch die Coro- wird so richtig deutlich, wie wichtig persönliche die Gefahr für Menschen mit Behinderung isoliert und na-Krise, aus der geplanten Bahn geworfen worden. Begegnungen in der Gruppe mit anderen Betrof- diskriminiert zu werden besonders groß. Die Selbst- Die Patiententage 2020 sowie einige Seminare wur- fenen sind. hilfe wird gebraucht, um auf diese Missstände auf- den deshalb abgesagt. Schauen Sie doch mal auf der merksam zu machen und ihnen auch alltagspraktisch Homepage vorbei: Auch die Arbeit des Verbandes hat Denken ohne Geländer etwas entgegenzusetzen. Und dies hoffentlich bald im Laufe der Jahre digitale Angebote im Repertoire. Diesen Satz hat die deutsch-jüdische Philosophin wieder in der direkten Begegnung von Betroffenen Vieles kann – wenn auch mit weniger leibhaftiger Hannah Arendt einmal geprägt. Sie meinte damit, Begegnung und wahrscheinlich auch weniger Spaß dass wir uns beim Treppensteigen vertraut gemacht – in Form von Webseminaren in elektronischer Form haben, dass es immer ein Geländer gibt – und geben Erika Feyerabend abgerufen werden und lädt zur Beteiligung ein. wird. Etwas allgemeiner gesprochen: Wir haben uns an das Geländer – also die Normen und Traditionen Die Krise als Chance? Den Satz kann derzeit so mancher nicht mehr hören. Und doch Für diese Ausgabe haben wir in Sachsen und Thürin- in dieser Gesellschaft – als gegebene, unabänderliche ist was dran: Das Glück von Familie, Freundschaft und auch der Selbsthilfegruppen gen nachgefragt, wie die Basisarbeit in den lokalen Bedingungen gewöhnt. Arendt plädierte dafür, das ist gerade jetzt spürbar, wo die Quarantäne im öffentlichen Raum viele Begegnungen Selbsthilfegruppen läuft. Die Corona-Krise hat einige „Treppensteigen“ ohne Geländer in diesem erwei- einschränkt und die Gefahr der Isolation alter, kranker und behinderter Menschen Lücken und Defizite im Gesundheitswesen noch ein- terten Sinn einzuüben. Das zwingt zu einem Balan- wächst. Die Gespräche mit den Kehlkopfoperierten in den lokalen Gruppen führt das mal deutlicher zum Vorschein gebracht. Einerseits! ceakt, der nicht einfach ist und auch für jene zu noch einmal deutlich vor Augen. Manche haben aber auch das etwas „entschleu- schaffen ist, die ein wirkliches Geländer brauchen, um nigtere“ Leben schätzen gelernt. Und so manchem beispielsweise in ihre Wohnung zu kommen. So kann Erika Feyerabend ist Journalistin, Diplom-Sozialarbeiterin und Sozialwissenschaftle- ist der Wert nun vermisster Begegnungen und per- man eine gesunde, kritische Haltung einüben, die rin, engagiert im medizinkritischen BioSkop-Forum e. V. sowie Vorstandsmitglied in sönlicher Kontakte schmerzlich bewusst geworden. wünschenswert ist und die uns die Umwelt als demo- der Hospizvereinigung OMEGA – Mit dem Sterben leben e. V. Das kann auch für die Selbsthilfe gelten: Erst jetzt kratisch gestaltbar erfahren lässt. 4 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 5
Titelthema Titelthema „Die Zeit möchte ich nicht missen!“ Tipps geben. Mehr können und dürfen wir aber nicht. gebrauchen. Früher, also vor ein paar Jahren, war es Manche haben auch gedacht, wir könnten ihnen einfacher von Krankenkassen in dieser Hinsicht unter- Detlef Pinkernelle, Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt, im Gespräch mit dem Sprachrohr finanziell unter die Arme greifen. Auch das ist nicht stützt zu werden. Heute ist das zwar nicht unmöglich, möglich. Wir können sagen: Probiere das mal, dies und aber mit mehr Bürokratie verbunden. Wo man uns Vor allem fehlte Ihnen auch die Erfahrung, bei- jenes. Geld besorgen für die Patienten, das ist nicht früher 1.000 Mark für die Gruppenarbeit genehmigt spielsweise der Selbstorganisation? machbar. hat, da bin ich heute froh, wenn ich 150 oder 200 Euro Das stimmt. Woher auch? Wir haben aber Hilfe aus kriege. dem Westen bekommen. Besonders vom Bundesver- Welche Aufgaben haben Sie noch? Betreuen Sie band, von Herrn Mehring, er hat sehr viele Seminare auch eine oder mehrere lokale Gruppen? Bekommen Sie auch Geld für Ausflüge und schöne durchgeführt. Dort habe ich sehr oft teilgenommen. Ja, wir treffen uns in regelmäßigen Abständen vor Ort. Ereignisse, die nicht direkt mit Krankheit verbun- Einige Gruppen machen die Treffen alle vier Wochen. den sind? Es ist viel von „Basisarbeit“ die Rede. Was ist Wir kommen alle sechs Wochen zusammen. Es sind Genau, das war in den 1990er Jahren einfacher. Wir darunter zu verstehen? Mitglieder dabei, aber auch solche, die noch keine waren mal mit der Gruppe aus dem Harz-Kreis in Braun- Dass wir richtig am „Mann“ sind. Damals war ich Klinik- Mitglieder sind. In den Gruppen wird alles Mögliche schweig zu einem Erfahrungsaustausch. Die Busfahrt Detlef Pinkernelle (roter Pullunder) bei einer Preisvergabe betreuer. Wenn jemand am Kehlkopf operiert werden besprochen: Ob wir eine Fahrt machen wollen? Oder wird heute gar nicht mehr unterstützt. Das müssen wir sollte, sind wir von den Kliniken angerufen worden. welchen Referenten könnten wir mal einladen? Oder, heute über Spender hinbekommen. Oder die Leute Wie war Ihr Erstkontakt mit dem Verband der Das war das Uniklinikum Magdeburg oder die Klinik in oder, oder? Ich mache das so seit 1994. sagen, dass sie das aus eigener Tasche bezahlen, wozu Kehlkopfoperierten? Haldensleben. Damals wie heute betreut eine Kollegin sie meist auch bereit sind. Früher hatte man einen Ich bin vor knapp dreißig Jahren operiert worden. An aus Burg sowie ein Kollege aus Parey, die selbst kehl- Machen Sie das aus Spaß an der Sache oder weil vorgedruckten Antrag recht einfach ausfüllen können, der Uniklinik Magdeburg kam ein Firmenvertreter für kopflos sind, Patienten, die zur Operation angemeldet es sonst niemand machen will? später einen Bericht abgeliefert und vielleicht noch ein Hilfsmittel und dort waren auch einige Kehlkopfope- sind. Wie läuft die Operation ab? Was wird und warum Könnte man auch sagen. Das wäre aber falsch. Ganz paar Belege mitgeschickt. Das war damit erledigt. Heu- rierte. Einer davon, Herr Höckendorf, der mich beraten wird es gemacht? Vor allem: Wie geht es weiter und alleine kannst du das nie machen. Es kommt vor, dass te ist das viel schwieriger. hat. Ich bin dann gleich in den Verband der Kehlkopf- welche Hilfestellungen gibt es? jemand sagt: Kannst du dich nicht darum mal küm- operierten eingetreten. mern? Ich sage dann: Mach ich. Oder, das kann ich auch Was ist das Schöne und was das weniger Schöne an Sie verfügen über langjährige Erfahrungen. nicht. Oder, das geht alleine nicht, wer macht mit? der ehrenamtlichen Arbeit? Welche Aufgaben haben Sie dann übernommen? Was haben Sie neben der Patientenbetreuung Das Schöne ist, wenn die Leute Zeit haben, egal in Das war gleich nach – oder besser gesagt während gemacht und wie hat sich all das über die Zeit ver- Gemeinschaftlich etwas auf die Beine zu stellen, ist welcher Form, und sich einbringen. Schön ist, wenn – der Wendezeit im Herbst 1990. So etwas wie Selbst- ändert? das eine schöne Erfahrung? man Rückmeldung bekommt. Weniger schön sind hilfegruppen, auch für die Kehlkopfoperierten, das Ja, wie ging all das weiter? Ich bin auch Wasserthera- Ganz wunderbar ist das. Es gibt noch eine schöne die vielen bürokratischen Hürden, dass man nicht zur gab es ja früher nicht. Ich habe 1991 das erste Mal piebeauftragter. Es müssen einige Voraussetzungen Erfahrung: Es kommt immer mal vor, dass in den Stadt gehen und sagen kann: Machen wir mal dies an einem Seminar in Heimbuchental teilgenommen. erfüllt werden, um daran teilnehmen zu können. In Gruppen kehlkopflose Männer versterben. Die Frauen und das. Heute haben die Kommunen selber große Danach haben wir die so genannten Selbsthilfegrup- Verbindung mit den Landesvorsitzenden haben wir bleiben Mitglieder, machen etwas oder haben Ideen, Probleme. pen im ehemaligen Bezirk Magdeburg gegründet. für unsere Verbandsmitglieder Seminare durchge- was man machen könnte. Zum Beispiel: Wir müssen 1994 wurde ich dann sogar Vorsitzender im Bezirks- führt. Wichtig ist mir: Das können Sie nicht alleine ja nicht immer in dieser Lokalität tagen, wir können ja Gibt es noch was Wichtiges, von Ihrer Seite aus, verband Magdeburg der Kehlkopfoperierten. Damals machen. Das geht nicht. Sie brauchen einige Mit- auch mal dort hingehen. Oder wir haben im Harz oder zur ehrenamtlichen Arbeit zu sagen? hießen wir noch der Kehlkopflosenverband. Die acht streiter. Im Moment ist all das schwierig wegen der Harzvorland einen Wandertag eingeführt, mit einer Es wäre schön und erleichternd, wenn von ganz oben Gruppen existieren noch heute, aber sie sind nicht Corona-Pandemie. Das Seminar im Juni ist schon Kutschfahrt. Das habe ich nicht organisiert. Das waren dieses Engagement besser honoriert werden wür- mehr so aktiv wie früher. Viele Mitglieder sind in der organisiert. Aber einzelne Leute haben gesagt: Sie zwei Frauen aus dem Harz. Die beiden haben gesagt, de – sowohl für die Aktivität selbst als auch für die Zwischenzeit schon verstorben, nicht wegen der Kehl- kommen nicht, um sich der Gefahren der Ansteckung dass sie den und den kennen und auch eine Gaststätte Mitglieder. Schauen Sie mal: Die müssen mit ihrem kopflosigkeit, sondern wegen des Alters und anderer auszusetzen. Dieses Seminar entfällt also und wir organisieren. Nach dem Mittagessen sind wir gemein- Auto fahren und kriegen höchstens 20 Cent pro Kilo- Krankheiten. bereiten eines für das neue Jahr vor. Auch dafür sind sam schön gewandert. So etwas können sie gar nicht meter. Meist muss man also noch Geld mitbringen. dann wieder etliche Vorbereitungen zu treffen. allein organisieren. Bei der Gelegenheit reden wir, wie Allerdings möchte ich diese Erfahrung in der Selbst- Das war damals insbesondere im Osten noch rich- man so schön sagt, über Gott und die Welt. Auch über hilfe nicht missen. Auf keinen Fall. Und so um die 99 tiges Neuland? Unabhängig von Corona: Hat sich in den letz- Themen, die mit der Krankheit nichts zu tun haben. Das Prozent bleiben ja auch dabei. Sicher gibt und gab es Das war wirklich neu. Wir kannten so etwas nicht. Es ten Jahrzehnten etwas geändert? Sind etwa die ist ganz wichtig! auch mal welche, die wollten erst Bäume ausreißen gab früher auch nur eine Sozialversicherung. Basta. Ansprüche der Patienten anders geworden? und haben dann nicht mal den Busch geschafft. Aber Heute gibt es mehrere Krankenkassen. Wir hatten ja Eigentlich nicht. Es gibt immer mal einen Patienten, Gibt es irgendwelche benennbaren Probleme oder nichts ist eben vollkommen. Ich habe sicher auch damals gar keine finanziellen und auch materiellen der denkt, es geht alles. Beispielsweise, dass man die Hürden, die die Basisarbeit betreffen? nicht alles hundertprozentig richtig gemacht. Aber ich Ressourcen und haben über Anträge solche Hilfe Rente besorgen kann. Dafür sind wir nicht zuständig. Jein. Das können Sie sich ja denken: Das ist immer möchte die Zeit nicht missen und hätte nie gedacht, bekommen. Aber dafür gibt es Rentenberater. Wir können zwar das Finanzielle. Geld, wer von uns könnte nicht Geld dass ich das so durchziehen kann. 6 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 7
Titelthema Titelthema „Wir haben alles im Auge, wir haben alles im Blick“ ein schönes Kaffeetrinken dabei. Wir können unseren mit. Dafür machen wir zum Jahresausklang immer eigenen Kuchen mitbringen oder wir bestellen über einen kleinen Beutel fertig. Für alle Mitglieder, die Christel Berger, Angehörige aus der Gruppe der Kehlkopfoperierten in Gera, im Gespräch die Gaststätte. Gerade am Jahresende gibt es oft nicht mit waren, gibt es ein kleines Souvenir von dem unsere eigenen Plätzchen. Das kommt immer gut an. Ort, wo wir waren. Wir waren voriges Jahr in Halle auf So kommt jeder mal dran und wir haben keine festen Die anderen Treffen machen wir in der Volkssolidarität dem Saline-Fest und haben für jeden einen Beutel Foto: privat Lokalitäten. Da sind wir ein wenig ungestörter und in Gera. Das ist immer ganz ungezwungen. Wir kön- Halloren-Kugeln mitgebracht. Das freut alle. Wir sind können ungezwungener reden. So ist unsere Haupt- nen dann mal zusammen plaudern. Auf Einladungen immer so eine Truppe von 20 Leuten. kassiererin Renate Duchateau und Dipl.-med. Stefan kommen auch die HNO-Ärzte, mit denen arbeiten wir Marciniak, HNO-Klinikum Gera, noch die einzigen ganz eng zusammen. Was machen Sie jetzt in der Corona-Zeit? Gründungsmitglieder. Wir haben viele Ältere, die kein WhatsApp haben. Die Wieviele Mitglieder haben Sie? rufen wir, jetzt gerade zu Corona-Zeiten, ohnehin an. Macht Ihnen das Spaß? Zurzeit ist der Stand bei 29 Mitgliedern. Voriges Jahr Wir sind also immer in Verbindung. Das macht mir Spaß. Ich habe eine Aufgabe. Wir hatten wir mehrere Todesfälle, das war heftig. Es ist organisieren jedes Jahr eine gesundheitsfördernde halt immer ein Kommen und Gehen. Gerade durch die Jetzt habe ich ein Rundschreiben gemacht, dass wir Ausfahrt über das Wochenende. Es geht freitags los Patientenbetreuung, das macht mein Mann in Gera erst einmal die Vereinsarbeit ruhen lassen und hoffen, und sonntags nach dem Frühstück wieder zurück. und in Zeitz. Sein Stellvertreter, Werner Golsch, macht dass wir unser nächstes Treffen am 25. Juli durchfüh- Das organisieren wir. Dieses Jahr soll es nach Saalfeld die Patientenbetreuung in Jena. Dadurch kommen ren können. Das hoffen wir, aber wir wissen es ja nicht. gehen. Unter anderem sind dort die Feengrotten. Wir eben auch die Mitglieder, wenn Interesse besteht. Sehr gut sind die Webinare. Daran beteiligen wir uns haben uns ein Angebot eingeholt. Dort gibt es einen regelmäßig. Das habe ich unseren Mitgliedern jetzt Heilstollen, der für die Kehlkopfoperierten sehr emp- Machen Sie noch spezielle Aktivitäten oder Ange- gerade noch vermittelt. Aber nicht jeder hat Internet. fehlenswert ist. Wir können dort eine Schnupperstun- bote mit oder für Angehörige? Also mein Mann geht an keinen Computer. Darum de machen und haben einen gesundheitsfördernden Spezielles mit Angehörigen machen wir nicht. Ich drucke ich auch alles aus. Falls mit mir mal was ist, Klaus-Peter und Christel Berger Hintergrund. Außerdem freuen sich unsere Mitglieder, bin nicht die einzige. Die Partner sind alle dabei und damit er auch weiß, wo was ist. Telefon, das ist auch wenn sie mal zusammen kommen. Sie fiebern jetzt bleiben das auch, wenn der Partner verstorben ist. nicht so die Sache meines Mannes. Er geht raus in Wann sind Sie im Verband aktiv geworden? schon alle mit. Sie dürfen natürlich mitarbeiten und haben alle eine den Garten, das ist sein Hobby. Er hat sich Kaninchen Mein Mann ist 2005 operiert worden. In der Reha kleine Aufgabe. Es macht schon Spaß. Es sind auch alle angeschafft. haben wir die Adresse der Kehlkopfoperierten des Was heißt „gesundheitsförderlich“? immer bereit, gerade beim Landesverband, wenn wir Bezirksvereins Gera bekommen. Nach einem ersten Dass sie mal aus dem Alltag rauskommen, dass sie ihre Patientenbetreuerseminar haben oder in Bad Münder Wie viel Zeit verbringen Sie denn mit der ehren- Besuch des Vereines ist mein Mann 2006 in den Ver- Krankheit vergessen. Das gilt sowohl für den Kehlkopf- Patiententage. Hinterher gibt es immer einen Erfah- amtlichen Arbeit? band eingetreten, ich selber bin seit 2007 Mitglied. operierten als auch für die Partner. Das ist auch immer rungsaustausch. Oder wenn wir bei der Delegierten- Oh, da geht schon einiges drauf. Jetzt bin ich zu Hau- ein Erfahrungsaustausch. Wir halten immer zusätzlich oder Bundeskonferenz dabei waren, hinterher gibt es se, ich bin Rentnerin nach 45 Arbeitsjahren. Aber als Was hat Sie damals veranlasst Mitglied zu wer- Ausschau nach einem gesundheitsfördernden Grund. immer eine Auswertung. So weiß jeder, was Thema ich noch erwerbstätig war, habe ich schon einige Tage den? Dann ist es möglich den Ausflug über unsere Projekt- war, und was es Neues gibt. Urlaub geopfert. Ich würde sagen, in der Woche ist Ich verstehe mich als Sprachrohr meines Mannes, förderung von den Krankenkassen zu finanzieren. das schon um die acht Stunden. Aber: Mir macht das wenn er mal nicht reden kann. Mittlerweile ist mein Jeder gibt noch einen kleinen Obolus selber dazu. Das Das hört sich alles sehr positiv an. Gibt es auch sehr viel Spaß. Nebenbei bin ich als Hauptkassiererin Mann seit 2011 Vorsitzender. Wir haben dieses Jahr funktioniert eigentlich immer gut. Probleme, beispielsweise, dass die Angehörigen für unseren Gartenverein tätig, arbeite im Vorstand 25jähriges Vereinsjubiläum. Am 16. Mai wollten wir die Kehlkopfoperierten zu sehr entlasten? der Wohneigentümergemeinschaft mit und habe drei das feiern, aber das haben wir leider erst einmal nach Gibt es noch weitere Aktivitäten Ihrerseits? Das ist bei uns nicht der Fall. Die Betroffenen reden Enkel. hinten verschoben. Corona betrifft ja insgesamt die Rein theoretisch machen wir fünfmal im Jahr Mitglie- alle für sich selber. Ich sag das ja auch meinem ganze Vereinsarbeit. dertreffen. Wir haben eine sehr schöne Ausflugsgast- Mann: Du sprichst! Ich organisiere beispielsweise die Gibt es noch etwas Wichtiges zu sagen zur Ehren- stätte mit einer Kegelbahn, außerhalb von Gera. Da Fahrten. Alles andere ist sein Part. Wir machen als amtsarbeit? Haben Sie daneben noch eine eigene Rolle? gehen wir zweimal im Jahr hin, meistens im Mai und Angehörige mal unter uns den Austausch. Was unsere Wir haben alles im Auge, wir haben alles im Blick. Was heißt eigene Rolle? Ich arbeite zu. Mein Mann ist zum Jahresabschluss. Dieses Jahr haben wir uns schon Männer manchmal für Macken haben. Das ist auch Auch mit dem Landesverband und dem Bundesver- nicht der große Redner. Er ist jetzt Vorsitzender und im März getroffen, weil im Mai ja schon das 25jährige mal schön, wenn wir so eine kleine Frauenrunde sind. band sind wir in Verbindung. Da gab es kürzlich eine ich arbeite ihm zu. Er spricht mit mir alles ab und redet Jubiläum gewesen wäre. Erst wird unsere Mitglieder- Es gibt hier auch das Angehörigentreffen, aber die Umfrage zu Corona. Das haben wir sofort erledigt. bei der Versammlung aber selber. Dann organisieren versammlung gemacht. Je nach dem, was ansteht, Fahrerei mit dem Auto oder mit dem Bus, das ist ein Wir sind einfach ein guter „Komplex“. Alle drei Jahre wir die Vorstandssitzungen in unserem Verein, sodass einen Erfahrungsaustausch, zum Beispiel wie man mit Problem. Bei unserem Ausflug bestellen wir keinen stellen wir uns zur Wahl, aber alle sind froh, dass sie wir gemeinsam entscheiden, was gemacht wird oder den Hilfsmitteln zurecht kommt. Wie man mit denen Bus, sondern fahren mit unseren eigenen PKWs und jemanden haben. Aber das ist ja in jedem Verein so. nicht. Die machen wir einmal beim Stellvertreter, ein- umgeht, wir haben immer verschiedene Themen. machen Fahrgemeinschafften. Es gibt natürlich auch mal beim Vorsitzenden und einmal bei der Kassiererin. Dann wird noch eine Stunde gekegelt. Es ist noch Mitglieder, die kommen und wollen überhaupt nicht 8 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 9
Titelthema Titelthema „Wenn Leute zu uns kommen, egal welchen Tumor sie Lippert: Wir haben auch das Problem mit den Teilope- Lippert: Ich bin der Meinung – wie mein Stellvertreter rierten. Deswegen ist es ganz schwer diese Leute zu – wenn das so weiter geht, dann gibt es die Selbsthilfe haben, helfen wir“ integrieren. Es gibt vereinzelt welche, aber der große Teil in der jetzigen Form bald nicht mehr. Das hat auch mit ist eben nicht dabei, da sie ihrer Meinung nach ja eine der Digitalisierung zu tun. Obwohl, wenn Sie direkt mit Jürgen Lippert und Jens Sieber vom Landesverband Sachsen im Gespräch andere Erkrankung haben. Allein schon in Kontakt zu jemandem sprechen, deren Mimik und Gestik sehen, kommen ist ganz schwer. können wir oft gleich erkennen, in welchem Zustand mine der Gruppentreffen so takten, dass sie nicht mit er sich befindet, und das können Sie über den Monitor meiner Arbeit in den Verbandsgremien kollidieren. Wir Warum ist das so schwierig? oder das Tablet nicht sehen. Man braucht die körperliche treffen uns zum Erfahrungs- und Informationsaustausch, Sieber: Allgemein nimmt das Interesse an Selbsthilfe- Nähe, man muss die Leute anschauen können. Und es zum Quatschen, veranstalten Seminare und Tagesaus- gruppen ab. Früher war man froh, sich solchen Gruppen geht ja auch nicht nur um den Betroffenen selbst. Die flüge. Unsere SHG verfügt glücklicherweise über eine anschließen zu können. Heute fragt man „Dr. Google“ Angehörigen, die wollen viel von uns wissen. Das geht feste Räumlichkeit und ein ganz gutes Budget. Was ganz oder schaut bei anderen sozialen Medien vorbei, um sich nicht digital, aus meiner Sicht. wichtig ist: Wir kümmern uns auch um Patienten als Pati- zu informieren. Information steht im Vordergrund – oft entenbetreuer für das Klinikum Chemnitz, und vor allen ist das auch Desinformation – und nicht Begegnung. Können Sie beide etwas Positives sagen über die Dingen auch bei den Betroffenen zu Hause. Dabei sind die unbezahlbar und wichtig, gerade für die aktuelle Selbsthilfepraxis? Seit wann sind Sie im Verband der Kehlkopfope- Angehörigen. Was die Kopf-Hals-Tumoren betrifft: Wir Lippert: Die Gemeinschaft, die gemeinsamen Aus- rierten aktiv? Wie überstehen Sie diese Corona-Zeit? wollen und müssen unsere Hilfsangebote erweitern. Wir fahrten. Dass alle miteinander sprechen und sich jeder Lippert: Ich wurde in 2003 operiert und bin seitdem auch Sieber: Ab sofort sind im Landesverband Videokon- sind noch am Anfang und haben jetzt in den Kliniken bedankt. Wann sind wir wieder da? In vier Wochen. Das im Verband aktiv. Ich wurde damals gefragt, ob ich mich ferenzen und „Webinare“ geplant. Wir sind momentan unser Programm vorgestellt. Zwei Kopf-Hals-Tumorpati- ist für uns mehr wert als Geld. nicht dort betätigen wollte, und das habe ich dann auch dabei, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaf- enten sind nun im Bezirksverband und wir hoffen, dass Sieber: Man merkt schon den Dank der Mitglieder, gemacht. Über die Selbsthilfegruppe bin ich zur Gremien- fen. Ansonsten telefonieren wir sehr viel, auch über sich das langsam rumspricht. besonders, wenn wir unsere Tagesausflüge gemacht arbeit gekommen und heute Vizepräsident des Bundes- WhatsApp und Skypen. haben. Meist sind wir im Reisebus mit zwei oder drei verbandes und Leiter des Landesverbandes Sachsen. Lippert: Ja, das machen wir auch. Aber das ist nicht so Wie sehen die Perspektiven für die Gruppenarbeit aus? Selbsthilfegruppen aus Sachsen unterwegs. Bei der Sieber: Mir wurde in 2008 mit 44 Jahren der Kehlkopf persönlich, wie unsere Restaurantbesuche und andere Sieber: Weiter in die Kliniken zu gehen, mit den Ärzten Gelegenheit schaut man auch mal über den Tellerrand entfernt und ich bin im Juni 2009 dazu gestoßen. Damals Unternehmungen. Leider sind nicht alle so versiert mit und Oberärzten zu sprechen, in der Hoffnung, dass hinaus und kommt sich näher. Das Leben besteht ja aus hatte mich der Vorsitzende des Landesverbandes ange- den neuen Kommunikationsmitteln – Schlagwort Digi- sie uns Betroffene vorstellen. Wir bekommen ja keine mehr, als nur der Krankheit. sprochen, dass es in meiner Gegend eine Selbsthilfe- talisierung! Wir sehen das aber nicht so verbissen und Adressen mehr. Wir wären ja schon zufrieden, wenn sie gruppe gibt, die aber zurzeit ohne Führung sei. Ich wur- besuchen auch mal zu Hause, wenn der Wunsch da ist. uns die Zimmernummer sagen würden und wir könnten Gibt es noch was Wichtiges zur Basisarbeit zu ergän- de mit freundlichen Worten so überzeugt, dass ich „Ja“ Es gibt ja Balkone und Gärten. die Leute direkt am Klinikbett ansprechen. Aber hier in zen? gesagt habe und neuer Leiter wurde. Jetzt leite ich seit Sachsen werden wir vielmals im Stich gelassen. Es ist – Sieber: Es wäre schön, wenn uns die Kontakt- und 2009 die Selbsthilfegruppe Mittweida und Umgebung. Sind sie mit ihrer Basisarbeit zufrieden? und zwar von allen Seiten – Hilfe zugesagt worden, aber Informationsstellen bei der Suche nach einem Raum Mittlerweile bin ich Vorsitzender des Bezirksverbandes Sieber: Unser ganz großes Problem ist die Mitglieder- neben den zwei Tumorpatienten ist uns ein einziger für Gruppentreffen behilflich seien würden. In manchen Chemnitz und Jürgen Lipperts Stellvertreter im Lan- gewinnung bzw. der Nachwuchs. Wenn mit mir mal was Teiloperierter zugeführt worden. Dabei haben wir hier Gegenden stellen die Krankenkassen einen Raum zur desverband Sachsen sowie Beisitzer im Präsidium des passiert und ich längere Zeit ausfalle habe ich keinen im Landesverband eine Öffentlichkeitsarbeit, die sich Verfügung. Wir ärgern uns hier über jede Absage. Es sind Bundesverbandes. Trotz Stress bereitet mir die Arbeit Vertreter. Vor allem, weil in der Selbsthilfegruppe die sehen lassen kann: mit Flyern, Informationsbroschüren, manchmal nur kleine Dinge, die doch so hilfreich wären. bislang viel Freude. Leute jetzt um die 70 und mitte 70 sind. Es wird ja kei- Internetseiten. Wir veröffentlichen Artikel in den Zeit- Lippert: Da haben es die Chemnitzer besser, denn sie ner jünger. Die Beteiligung in der Gruppe ist sehr gut. schriften. Wir sind also nicht unbekannt. können unsere gut ausgestattete Büroetage nutzen. Wir Das sind ja einige Ämter. Kommt dadurch die lokale Es kommen fast immer alle zu unseren Treffen - mit Lippert: Ja, bei uns ist das auch so, egal welche Selbst- haben im Vogtland ca. 30 Mitglieder, von denen rund 50 Basisarbeit zu kurz? nur wenigen Ausnahmen. Das allgemeine Problem ist, hilfegruppe und welcher Bezirksverband: Wir kriegen Prozent meistens an den Treffen teilnehmen. Jene, die Lippert: Natürlich kommt sie zu kurz, leider. Aber ich dass heute viele teiloperiert werden und kein Interesse die Leute, auf Deutsch gesagt, nicht „vor die Flinte“. Es nicht kommen, besuchen wir zu Hause. Das und unse- werde trotzdem immer bei meiner Selbsthilfegruppe haben, zu uns zu kommen. Sie „fühlen sich nicht so krank ist nicht so, dass die Leute nicht wollen. Aber wenn sie re Projekte sind in der Corona-Krise natürlich schwer bleiben. Wir organisieren unser vierwöchentliches Tref- oder behindert wie wir“. angesprochen werden von den Ärzten sagen sie: Sie zu handhaben. Wir haben bis Ende September für die fen bei uns im Krankenhaus, in der Regel in der neuen wollen nicht. Es kommt viel auf die Ansprache von den Projekte Absagen. Obwohl wir schon viel im Bereich der Cafeteria. Das funktioniert ganz gut. Ich lege bei diesen Wie sieht es mit den Kopf-Hals-Tumorpatienten aus? Ärzten an. Wie bringst du dem Betroffenen die Botschaft Vorbereitungen investiert haben und hatten, hat man Treffen sehr viel Wert darauf, dass sich die Betroffenen Sieber: Wenn Leute zu uns kommen, egal welchen rüber. Wenn das nicht wirklich gut läuft, dann haben uns die Finanzierung einfach ersatzlos gestrichen! Ich und die Angehörigen in erster Linie miteinander unter- Tumor sie haben, helfen wir. Da gibt es keine Diskussion. auch wir verloren. So einfach ist das. hoffe, das hat bald ein Ende, denn das erschwert die halten. Das ist manchmal mehr wert, als mit zwei gela- Egal ob jemand kehlkopfoperiert oder teiloperiert ist Selbsthilfearbeit ungemein. denen Referenten zu sprechen. oder auch eine andere Tumorerkrankung im Kopf-Hals- Viele reden zurzeit über Digitalisierung. Sehen Wie das weitergeht und wie das Ganze ausgeht – da Sieber: Wir treffen uns 14- bis 16-mal im Jahr. Unser bereich hat. Das ist uns wurscht. Wer zu uns kommt, der Sie in dieser Hinsicht eine Perspektive für die lassen wir uns überraschen. Gruppenleben kommt nicht zu kurz. Ich muss die Ter- kriegt geholfen. Vereinsarbeit? 10 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 11
COVID-19 COVID-19 Coronavirus Großteil Influenza-Erkrankungen Aktuelle Informationen sind im Internet Wichtig zu wissen ist außerdem: Immer noch sind die mei- erhältlich unter: Empfehlungen für die Krebstherapie sten Atemwegsinfekte, mit denen Betroffene derzeit die Arztpraxen aufsuchen, auf die Influenza oder Erkältungs- • Krebsinformationsdienst des dkfz: Foto: mattthewafflecat_pixabay krankheiten zurückzuführen. Darauf weist die Deutsche https://www.krebsinformationsdienst.de/ Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin • Informationen der DHGO für Krebspatienten: hin. Ein begründeter Verdacht für eine Corona-Virus-Infekti- https://www.dgho.de/ on besteht aktuell nur, wenn Anzeichen einer akuten Atem- • Robert Koch-Institut: wegsinfektion (beispielsweise Husten und Fieber) bestehen https://www.rki.de UND der oder die Betroffene sich in einem COVID-19-Risiko- • Stiftung Deutsche Krebshilfe: gebiet (wie beispielsweise China oder Italien) aufgehalten https://www.krebshilfe.de hatte ODER der oder die Betroffene Kontakt zu einer an dem Corona-Virus erkrankten Person hatte. Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum/bp COVID-19-Pandemie Krebstherapie wegen Coronavirus möglichst nicht verschieben Wichtige Hinweise Nach Einschätzung von Experten ist damit zu rechnen, schneller und möglicherweise auch schwerer erkranken Prof. Dr. Andreas Dietz, vom Fachkundigen Beirat des bei sehr verdächtigen Krankheitszeichen (trockener dass die Corona-Pandemie nicht in wenigen Wochen als Gesunde. Daher rät Dr. Susanne Weg-Remers, Leitung Bundesverbandes, hat folgende wichtige Hinweise für Husten, Fieber, Kopfschmerzen, plötzlicher Geschmacks- ausgestanden ist, sondern noch über Monate andau- KID: „Krebspatienten, die eine immunsupprimierende Kopf-Hals-Tumor-Patienten und insbesondere für Dau- und/oder Riechverlust zur Klärung der Ursache durch- ern kann. Was bedeutet das für die spezielle Situation Therapie erhalten oder aufgrund ihrer Krebserkrankung ertracheostoma-Träger und Laryngektomierte bei der geführt werden. Wenn man gesund ist, sich aber noch von Krebspatienten? Welche Verhaltensmaßnahmen immunsupprimiert sind, sollten die empfohlenen Verhal- aktuellen Corona, Covid-19-Pandemie, welche immer in der Inkubationszeit befindet (kann bis zu 14 Tage sind zu beachten, welche Therapien sollten keinesfalls tens- und Hygieneregeln besonders konsequent beach- noch Gültigkeit haben: betragen), sagt ein negativer Test auf COVID-19 nichts verschoben werden? Beim Krebsinformationsdienst des ten.“ Dazu gehören unter anderem eine gute Händehy- darüber aus, ob man doch noch krank werden kann. Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) erhalten giene sowie der Abstand zu am Corona-Virus Erkrankten. Zusammengefasst sind folgende Punkte wichtig: Zudem werden die Laborkapazitäten unnötig belastet. Patienten und Angehörige laufend aktualisierte Infor- Experten empfehlen darüber hinaus, die Wohnung nur • Auch für Menschen mit Dauertracheostoma und mationen. für die notwendigsten Erledigungen zu verlassen und Laryngektomie gelten die gleichen Empfehlungen Generell sollte man Abstriche bzw. Tests nicht durchfüh- auf jeden Fall Menschenansammlungen zu meiden. Die wie für die Normalbevölkerung. ren. Dies gilt zum Beispiel, wenn man es generell mal Virusexperten gehen davon aus, dass es noch viele Patienten sollten Familie, Freunde oder Nachbarn um • Durch den Tracheostomaschutz, abdeckendes wissen möchte, oder wenn man sich irgendwie unwohl Monate dauern kann, bis in der Bevölkerung eine aus- Unterstützung bitten, etwa wenn es um Einkäufe geht. Textilläppchen, HME, Stomabutton etc. ist der fühlt. Im Fall eines definitiven Kontakts (mind. 15 Min. reichende Immunität aufgebaut ist, die vor einer wei- obere Atemweg fast geschützter, als bei dem Face to Face) mit nachgewiesenen Covid-19-positivem teren Verbreitung des neuen Corona-Virus schützt. Was Krebstherapie verschieben? normalen Mund- und Nasenatmer. Sicher macht Menschen wird der Test im Rahmen der Quarantäne drei bedeutet das für Krebskranke und ihre medizinische Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medi- es Sinn, die Tracheostomaabdeckung täglich zu Mal durchgeführt. Dies erfolgt über die örtlichen Coro- Situation? „Diese Frage beschäftigt gerade Tausende zinische Onkologie (DGHO) empfiehlt Patienten, eine wechseln/zu waschen. na-Ambulanzen. Meldung beim Gesundheitsamt durch von Krebspatienten in Deutschland“, sagt Prof. Dr. Micha- geplante Krebstherapie nicht zu verschieben. Nur wer ein • Halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand von Ambulanz bzw. den Hausarzt. el Baumann, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen erhöhtes Infektionsrisiko hat, zum Beispiel nach Kontakt anderen Menschen. Krebsforschungszentrums (DKFZ). „Daher sorgt unser mit einem am Coronavirus Erkrankten, sollte den Nutzen • Regelmäßiges Händewaschen mit Seife (Desinfek- Demnächst steht ein käuflicher Schnelltest zur Verfü- Krebsinformatioinsdienst (KID) dafür, dass wir stets und das Risiko der geplanten Therapie zusammen mit tionsmittel nicht notwendig). gung, den man kaufen und anwenden kann (Kosten trägt aktualisiertes Wissen bereitstellen. Wir treffen derzeit den behandelnden Ärzten abwägen. Individuell kann • Mit Händen nicht in´s Gesicht fassen. Kunde). Ich wäre hier aber zurückhaltend. Auch wenn in Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Krebsinfor- dann über die Verschiebung der Therapie entschieden • Husten Sie in die Armbeuge und nicht in die Hand. Praxen die Tests als Selbstzahlerleistungen angeboten mationsdienst auch dann aktuell bleibt, wenn sich die werden, so die DGHO. „Pauschale Empfehlungen lassen • Keine Hände zur Begrüßung geben. werden, gibt es keinen Grund, dies zu „kaufen“. Corona-Krise weiter verschärfen sollte.“ sich nicht geben. Patienten sollten diese Fragen mög- • Keine Hysterie, keine Hamsterkäufe, keine Panik. Wo den Abstrich entnehmen: Bei Menschen ohne Kehl- lichst rasch und individuell mit ihrem behandelnden Arzt • Bei Schnupfen und Husten nicht gleich zum Arzt, kopf wäre ein Abstrich von der Rachenhinterwand und Besondere Sorgfalt bei Hygiene klären“, so Weg-Remers. Es gibt bei Krebs manchmal auch sondern abwarten. Halten Sie telefonische Rückspra- aus dem Tracheostoma, also aus beiden Regionen ratsam Viele Krebspatienten leiden an einer Immunschwäche, Erkrankungssituationen, in denen kein schnelles Handeln che mit dem Arzt. (habe hier keine speziellen Empfehlungen vorliegen). bedingt durch die Erkrankung oder durch bestimmte erforderlich ist und man abwarten kann. In anderen Fäl- therapeutische Maßnahmen: Es ist davon auszugehen, len ist eine zeitnahe Behandlung geboten, um beispiels- Zum Thema Abstrich gelten folgende Hinweise: An dieser Stelle danken wir Professor Dietz ganz dass Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, weise Heilungschancen nicht zu gefährden. Eine Labordiagnostik, mittels Abstrich (Test), sollte nur herzlich für seine Unterstützung! 12 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 13
COVID-19 COVID-19 Mitteilung des Bundesverbandes COVID-19: Informationen zu Mitgliederversammlungen Foto: mattthewafflecat_pixabay Der Bundesverband der Kehlkopfoperierten e. V. steht tion. Somit können auch Kehlkopflose Überträger von insbesondere auch in der Herausforderung während der Viren sein, denn durch Naselaufen und allein durch das Coronavirus-Pandemie zur Seite. Sprechen können Tröpfchen abgegeben werden. Kehl- kopflose sollten zudem einen HME-Filter, möglichst mit Unser Bestreben ist es, mit umfassenden Informationen viralem Schutz, nutzen. die Mitglieder mit ihren Fragen nicht alleine zu lassen. Daher haben wir auf der Homepage des Bundesver- Durch das Tragen schützen Sie sich und ihre Mitbürger. bandes eine gesonderte Seite zum Virus erstellt. Dort fin- den Sie neben rechtlichen und medizinischen Hinweisen Patientenbetreuung: auch Tipps von Betroffenen für Betroffene. Die Handlungsanweisungen für die Patientenbetreuung geben die Kliniken vor. Der Bundesverband empfiehlt, Der Bundesverband verlässt sich bei seinen Informati- sich daran zu halten und dabei immer die Hygienevor- onen auf die Vorgaben des Bundes, der Länder und der schriften zu beachten. Kommunen, sowie des Robert Koch-Instituts und wei- terer anerkannter, wissenschaftlicher Institute. Gruppentreffen: Wenn Sitzungen abgesagt werden müssen In welchem Rahmen und ab wann die Gruppentreffen Bei allen Entscheidungen, welche Sie als Landesvorsit- stattfinden können ist abhängig von den Verordnungen. Mitgliederversammlungen sind unter den gege- Wenn bei Ihnen die Notwendigkeit besteht, Beschlüs- zender, Patientenbetreuer, Gruppenleiter, usw. treffen, Die Hygienevorschriften sind einzuhalten. Das Tragen benen Umständen nicht durchführbar (Stand Redakti- se auf eine dieser Weisen fassen zu müssen, achten Sie bitten wir Sie, sich an die jeweiligen Vorgaben zu halten. des Mundschutzes hängt von den Räumlichkeiten ab, onsschluss). Viele Satzungen haben nicht die Möglich- bitte darauf, dass trotzdem alle notwendigen Erfor- An Hand dieser Vorgaben haben wir Empfehlungen ob die Abstände eingehalten werden können. Jedoch keit festgehalten, Sitzungen per Online-Konferenzen dernisse wie Fristen, ordnungsgemäße Einladungen, zu Themen erstellt, welche uns immer wieder in der bitten wir Sie immer zu beachten: durchzuführen und/oder Beschlüsse per Briefwahl zu Bereitstellung der Unterlagen, etc. eingehalten Geschäftsstelle erreichen. - In geschlossenen Räumen steht die Luft und die fassen. Daher hat die Bundesregierung beschlossen, werden. Wenn Sie eine elektronische Versammlung Viren können sich besser ausbreiten. Mehrmaliges dass unabhängig von der Satzung bis Ende des Jahres z. B. per Video-Konferenz durchführen und in diesem Bis auf Weiteres sind die Hygienevorschriften grund- Lüften ist angesagt; Klimaanlagen müssen funkti- 2020 …der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Rahmen die Beschlüsse gefasst werden, müssen Ihre sätzlich einzuhalten onstüchtig sein und dauerhaft laufen. Bei reinen Lüf- Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen kann Mitglieder die entsprechenden technischen Voraus- • Halten Sie Abstand zu anderen Personen, mind. 1,5 tungsanlagen gilt ebenfalls, dass die Aerosole sich setzungen mitbringen. Meter halten. 1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit • Waschen Sie Ihre Hände regelmäßig mind. 20-30 - Bei unseren Mitgliedern und somit Ihren Gruppen- am Versammlungsort teilzunehmen und Mitglie- Grundlagen aller weiteren Bedingungen für Ihre Mit- Sekunden lang, insbesondere wenn Sie nach Hau- mitgliedern handelt es sich um Risikopersonen in derrechte im Wege der elektronischen Kommuni- gliederversammlung bleibt immer die jeweilige Sat- se kommen, oder bevor Sie etwas essen. Seife ist mehrfacher Hinsicht. Dort besteht eine Fürsorge- kation auszuüben oder zung. ausreichend, Desinfektionsmittel ist nicht dringend pflicht, welche nicht zu unterschätzen ist. Die Ver- notwendig. antwortung trägt der jeweilige Gruppenleiter. 2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung Stefanie Walter • Husten oder niesen Sie in die Armbeuge, nicht in die - Bitte prüfen Sie: Können vor Ort die Hygienevor- ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitglie- Hand! schriften eingehalten werden? derversammlung schriftlich abzugeben. • Sobald Sie sich krank fühlen, rufen Sie Ihren Arzt oder Ärztin zunächst an. Bitte gehen Sie nicht ein- Somit obliegt es Ihnen, ab wann Sie sich wieder treffen (§ 5 Abs. 2 Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, fach hin. Am Telefon erhalten Sie die notwendigen möchten. Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungs- Informationen. eigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen Es ist uns ein Anliegen, die Mitglieder stets auf dem Lau- der COVID-19-Pandemie) Mund-Nasen-Schutz bzw. Mundschutz fenden zu halten. Allerdings kann der Bundesverband Das Tragen von Mund-Nasen-Schutz, die so genannte keine Vorgaben machen, denn die Verantwortung liegt Für das Stimmrecht gilt gemäß Abs. 3 des Gesetzes, Maskenpflicht, gilt bundesweit für alle Geschäfte und bei dem Organisator der Gruppe. Wir geben Empfeh- dass „ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder Ausstellungsräume sowie im Öffentlichen Nahverkehr. lungen und halten uns an die Regeln der Bundesregie- gültig ist, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis Dabei hat jedes Bundesland bzw. jede Kommune eigene rung, der Verordnungen der Länder und Kommunen zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens Regelungen, welche es zu beachten gilt. sowie an die Vorgaben des Robert Koch-Instituts. Diese die Hälfte der Mitglieder die Stimmen in Textform im Auge zu behalten, darum bitte ich Sie auch sehr herz- abgegeben haben und der Beschluss mit der erfor- Diese Pflicht gilt auch für Halsamter! lich – Vorsicht ist in diesem Falle besser als Nachsicht. derlichen Mehrheit (Anm. Verf.: wie in Ihrer Satzung Die Übertragung des Virus erfolgt durch Tröpfcheninfek- festgehalten) gefasst wurde“. 14 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 15
COVID-19 MEDIZIN Corona-Krise und Krebserkrankungen Studie: Die Verbände der Krebs-Selbsthilfe sind besorgt über die Qualität Häufige Infektionen könnten Krebserkrankung ankündigen der medizinischen Versorgung von Menschen mit Krebserkrankungen Foto: PublicDomainPictures_pixabay während der Corona-Krise Die Belastungen des Gesundheitssystems durch die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 und die damit ver- bundene Lungenerkrankung COVID-19 betreffen auch Menschen mit Krebserkrankungen. Die Verbände der Krebs-Selbsthilfe, die unter der Schirmherrschaft der Deutschen Krebshilfe stehen und im „Haus der Krebs-Selbsthilfe – Bundesverband e. V.“ (HKSH-BV) ver- interdisziplinäre Erarbeitung von Empfehlungen, die einigt sind, fürchten um die medizinische Versorgung eine gleichberechtigte Versorgung vulnerabler Perso- von Menschen mit Krebserkrankungen in Zeiten der nengruppen, zu denen insbesondere onkologische Pati- Corona-Krise. ent*innen zählen, gewährleistet. Anfälligkeit auf Infektionen geht möglicherweise auf eine Krebserkrankung zurück Dies betrifft sowohl den Zugang zu diagnostischen Wir befinden uns in einer Situation, die es so weltweit Maßnahmen als auch die zeitnahe therapeutische noch nicht gab, und es gibt somit keine Erfahrungs- Krebspatienten leiden in den Jahren vor der Dia- zündungen. Aber auch für die Gastroenteritis und Versorgung, da aktuell vorrangig alle verfügbaren werte, wie politische Vorgaben und Entscheidungen gnose häufiger als andere Menschen unter schweren – einzig im letzten Jahr vor der Krebsdiagnose – für medizinischen Kapazitäten auf die Bewältigung der letztlich langfristig effektiv sein werden. Von Evidenz Infektionskrankheiten. Dies kam in einer japanischen die Influenza war ein signifikanter Zusammenhang COVID-19-Erkrankung konzentriert werden. Das kann sind wir aktuell noch entfernt. Dennoch ist es unab- Fall-Kontroll-Studie heraus. nachweisbar. einerseits bedeuten, dass durch spätere Diagnostik eine dingbar, Lösungsvorschläge – unter Einbeziehung von Krebserkrankung weiter fortschreitet und u. U. eine Patientenvertretenden – schnellstmöglich zu erarbeiten. Zu den Aufgaben des Immunsystems zählt nicht nur Der mögliche Einfluss der einzelnen Infektionen war potenzielle Heilungschance vergeben wird. Darüber Anzudenken wären: die Abwehr von Krankheitserregern. Die Abwehrzel- bei den verschiedenen Krebserkrankungen unter- hinaus kann ebenso die Verschiebung onkologischer • Trennung von Zentren für die Versorgung von Men- len können auch Krebszellen aufspüren und vernich- schiedlich. Keimzelltumore (etwa Seminome) traten Therapien mit mehr Symptomen für die Erkrankten und schen mit einschlägigen Erkrankungen bei Epide- ten. Eine Abwehr¬schwäche könnte deshalb gleich- vor allem nach einer Influenza häufiger auf. Lungen- einer Prognoseverschlechterung verbunden sein. Für mien und Pandemien (z. B. COVID-19-Erkrankungen) zeitig das Risiko von Krebs- und Infektionskrankheiten entzündungen scheinen dagegen eher das Risiko auf den einzelnen Menschen entsteht dadurch noch eine und der regulären medizinischen Versorgung begünstigen. Tumore können auch das Immunsystem Magenkrebs zu erhöhen. zusätzliche große psychische Belastung. • Priorisierung der Testung von Risikopersonen, wie austricksen (Stichwort: Checkpoint-Inhibitoren), so z. B. Krebspatient*innen und deren behandelnde dass es mit dem Beginn einer Krebserkrankung auch Bei Hepatitis-Infektionen gab es eine enge Verbin- Das HKSH-BV und seine Mitgliedsverbände schließen Teams [3] zu einer Abwehrschwäche kommt. Das könnte wieder dung zu Leukämien/Lymphomen, Knochen- oder sich daher den verschiedenen Fachgesellschaften, u.a. • Eine gemeinsame globale Anstrengung und die die Anfälligkeit für Infektionen erhöhen. Knochenmarkkrebs. Interessanterweise gab es keine der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Uro- Bereitstellung von Forschungsgeldern für poten- Verbindung zu dem Organ, das von der Infektion logie e.V.,[1] an. Darüber hinaus begrüßt das HKSH-BV zielle aktive und passive Immunisierung Japanische Forscher haben die Zusammenhänge jetzt betroffen war. Patienten mit Hepatitis erkrankten die Initiative der Deutschen Krebshilfe, dem Deutschen untersucht. Shinako Inaida, Universität Kyoto, und Shi- also nicht auffällig häufiger an Leberkrebs und eine Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebs- Besonders in diesen schwierigen und von Unsicherheit geo Matsuno, Universität Tokio, analysierten, wie häu- Lungenentzündung kündigte keinen Lungenkrebs an. gesellschaft,[2] ein Frühwarnsystem zu installieren, um geprägten Zeiten stehen die Verbände im HKSH-BV fig 2.354 Erwachsene, bei denen zwischen Juli 2010 Wie immer bei epidemiologischen Studien lässt sich möglichst kurzfristig Informationen über mögliche Ein- den Menschen mit Krebserkrankungen zur Seite. Mit und Juni 2011 eine Krebserkrankung diagnostiziert eine Kausalität nicht eindeutig herstellen. Die mit der schnitte in der Onkologie zu erfahren und diese an die unseren telefonischen sowie digitalen Angeboten bie- wurde, in den sechs Jahren zuvor an vier häufigen zeitlichen Nähe zur Krebserkrankung zunehmende Entscheidungsträger weiter zu geben. Diese Informati- ten wir Plattformen für einen geschützten Austausch Infektionen (Influenza, Gastroenteritis, Hepatitis und Häufigkeit spricht jedoch dafür, dass die nicht dia- onsweitergabe wird aus Sicht der Krebs-Selbsthilfe mit unter Betroffenen und Ratsuchenden. Pneumonie) erkrankt waren. Die Daten verglichen sie gnostizierte Krebserkrankung die Anfälligkeit auf der Erwartung verknüpft, durch eine wirksame Reaktion dann mit 48.395 Erwachsenen gleichen Alters und Infektionen erhöht haben könnte. Eine Häufung von der Verantwortlichen in den Kliniken, den Krebspati- [1] https://www.urologenportal.de/fileadmin/MDB/PDF/Presse/ Geschlechts, die nicht an Krebs litten. Infektionen bei einem Patienten sollte nach Ansicht ab_01_2020/DGU_Appell_Spahn_20.3.20.pdf ent*innen adäquat zu helfen. von Inaida und Matsuno deshalb bei Hausärzten die [2] https://www.krebshilfe.de/informieren/presse/pressemit- teilungen/trotz-corona-krise-versorgung-von-krebspati- Im letzten Jahr vor der Krebsdiagnose erkrankten die Wachsamkeit erhöhen und Vorsorgeuntersuchungen Sollten sich im weiteren Verlauf der Pandemie Ent- enten-sicherstellen/ Patienten zu 55 % häufiger an einer Infektion als die bei den Patienten veranlassen. [3] https://www.dgho.de/aktuelles/presse/pressemeldungen/ scheidungssituationen entwickeln, die eine Zuteilung covid-19-patienten-mit-aktiver-krebserkrankung-testen/@@ Patienten aus der Kontrollgruppe. Am deutlichsten von Ressourcen erfordern (Triage), erwarten wir eine download/pdfupload war die Assoziation zur Hepatitis und zu Lungenent- Quelle: rme/aerzteblatt.de 16 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 SPRACHROHR NR. 176 · MAI 2020 17
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