Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik

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Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
3/2021

Das Magazin des Difu

		Aus dem Inhalt

 4 Standpunkt
		 Klimaanpassung: Glory
   in prevention – mehr
   Anerkennung für Vorsorge!

 6 Forschung & Publikationen
		 Radverkehr und Verkehrs-
   wende: mal mit, mal gegen
   den Wind

22 Neue Projekte
		 Smart Cities: vernetzt und
   gut informiert

29 Veranstaltungen
		 Verkehrsprojekte: Akzeptanz
   durch Beteiligung
Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Editorial                                  24 Quartiere für die Zukunft
                                           24 Innenstadt (be)leben!
Standpunkt
                                           25 Radverkehr: sicher & lückenlos
4	Klimaanpassung: Glory in prevention –
                                           25 Investitionspakt Sportstätten
    mehr Anerkennung für die Vorsorge!

                                           Veranstaltungen
Forschung & Publikationen
                                           26	Veranstaltungsvorschau
6	Radverkehr & Verkehrswende –
                                           28	Elektromobilität im Stadtverkehr
    mal mit, mal gegen den Wind
                                               inte­grieren und stärken
8	Sichere Städte für und mit Kindern
                                           29	Beteiligung bei kommunalen
    und Jugendlichen gestalten
                                               Ver­kehrsprojekten
10	Städtebauliche Begleitplanung:
                                           30 Klimaschutz trifft Digitalisierung:
    Vorab-Praxischeck für Infrastruktur-
                                               Zweite Konferenz für Landkreise
    vorhaben
11	Wie der Einstieg in die Kommunal-
                                           Nachrichten & Service
    verwaltung gelingt
                                           16	Was ist eigentlich...?
12	Kommunen und Krankenkassen:
                                               Klimaanpassung/Klimaschutz
    Kooperationen vor Ort optimieren
                                           17 Veröffentlichungsüberblick
13	Urbane Reallabore unterstützen die
                                           19 Difu-Service für Zuwender
    Stadtentwicklung
                                           20	Difu-Informationsangebote/
14	Räumliche Dimensionen der
                                               Impressum
    Zukunftsstadt
                                           31	Schwanewede – ein schönes
15	Nichtmonetäre Investitions-
                                               Stückchen Erde
    hemmnisse abbauen
                                           32 Difu-Intern: Abschied und Neubeginn
                                           33 Difu aktiv
Neue Projekte
                                           34 Neues im Inter-/Extranet des Difu
22	Vernetzung von Smart Cities
                                           35 Difu-Presseresonanz
22	Blackout in der Stadt – was tun?
23	Neues Zentrum KlimaAnpassung
23	Superblocks als Vorbilder
Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Editorial

             Liebe Leserin, lieber Leser,

             Corona und Klima – zwei Themen, zwei Herausforderungen für unsere Städte. Corona bedeutet
             Krisenmanagement. Corona kam plötzlich und unerwartet, es gibt keine Blaupause für die Krisen-
             bewältigung, aber die Zuversicht, dass das Virus wieder aus unserem Alltag verschwindet. Diesen
Foto: Difu

             Gefallen wird uns der Klimawandel nicht tun.

             Der Klimawandel ereilt uns alles andere als plötzlich und unerwartet. Seit Jahrzehnten gibt es
             zuverlässige Studien über die Folgen der globalen Erderwärmung. Wir am Deutschen Institut für
             Urbanistik beraten die Kommunen seit Jahrzehnten zu Klimaschutzthemen. Und seit 2008 konnten
             wir diese wichtigen Aktivitäten für den kommunalen Klimaschutz durch das vom Bundesumwelt-
             ministerium geförderte „Service- und Kompetenzzentrum: Kommunaler Klimaschutz“ deutlich
             verstärken.

             In den letzten Wochen ist einmal mehr deutlich geworden, dass Klimaschutz allein nicht ausreicht.
             Unsere Kommunen müssen krisenresistenter werden, sie müssen ihr Handeln an die Klimafolgen
             anpassen, zum Beispiel an extreme Wetterereignisse wie Starkregen oder Hitzeperioden. Wir sind
             dankbar, dass das Bundesumweltministerium uns gemeinsam mit dem adelphi-Team auch die
             Verantwortung für das „Zentrum KlimaAnpassung“ übertragen hat, das Anfang Juli an den Start
             ging.

             Dem Thema Klimaschutz und Klimaanpassung in Kommunen widmet sich auch Jens Hasse im
             „Standpunkt“ dieses Berichte-Magazins.

             Über den Beitrag urbaner Mobilität für den kommunalen Klimaschutz arbeitet das Difu schon
             lange, aber seit 1. Juli unter neuer Leitung. Anne Klein-Hitpaß folgt dem langjährigen Leiter un-
             seres Forschungsbereichs Mobilität Tilman Bracher. Die neue Leiterin hat wichtige berufliche
             Erfahrungen gesammelt, zuletzt bei Agora Verkehrswende. Wir freuen uns daher besonders, eine
             geschätzte Kollegin wieder im Difu begrüßen zu können, denn Anne Klein-Hitpaß hat bereits von
             2009-2016 für unser Institut gearbeitet.

             Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

             Prof. Dr. Carsten Kühl
             Wissenschaftlicher Direktor, Geschäftsführer

                                                                                                                 3
Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Standpunkt
Berichte 3/2021

                                          Klimaanpassung: Glory in prevention –
                                          mehr Anerkennung für die Vorsorge!
                                          Die jüngste Hochwasserkatastrophe führt uns allen schmerzlich vor Augen, wie wichtig
                                          wirksame Klimaanpassungsmaßnahmen sind. Eine wesentliche Rolle hat dabei Vorsorge,
                                          die als kontinuierliche Aufgabe der Gesamtgesellschaft verstanden werden muss.

                                          Das im NDR-Podcast von Christian Drosten im             Mit Blick auf vier Schwerpunkte müssen Bund,
                                          März 2020 genannte Zitat „There is no glory in          Länder und Kommunen, Unternehmen und Bür-
                                          prevention“ ist seitdem in aller Munde – zu Recht!      ger*innen jetzt im Sinne der Klima- und Zukunfts-
                                          Und es passt auch gut zu dem Dilemma, in dem            vorsorge schnell gemeinsam handeln, Entschei-
                                          Gesellschaften weltweit stecken. Vorsorge für den       dungen treffen und sie konsequent umsetzen:
                                          Fall von Extremereignissen scheint nicht sonder-
                                          lich attraktiv. Schadensvorsorge ist lästige Pflicht,   • Die Anstrengungen zu Energieeinsparung und
                                          kostet Geld und man kann damit nicht glänzen.             Klimaschutz – gerade im Gebäude- und Ver-
                                                                                                    kehrsbereich – müssen verstärkt und beschleu-
                                          Mit Blick auf Extremereignisse und steigende              nigt werden. Die dringend erforderliche Klima-
                                          Temperaturen in Deutschland ist Vorsorge jedoch           neutralität kann nur mit einer umfassenden
                                          dringender denn je: Mit 2020 lagen neun der zehn          Nutzung aller energetisch sinnvollen Flächen
                                          wärmsten Jahre Deutschlands im 21. Jahrhundert,           für Photovoltaik und Windenergie sowie einer
                                          und die Durchschnittstemperaturen sind seit den           Mobilitätswende erreicht werden. Viele Lösun-
                                          1970er-Jahren um 1,8°C gestiegen. Dass die wär-           gen liegen vor, werden von Vorreiterkommunen
                                          mere Atmosphäre mehr Wasser aufnehmen kann,               in ganz Deutschland umgesetzt und müssen
                                          weshalb intensivere Regenfälle und Starkregener-          nun von jeder Kommune aufgegriffen werden.
                                          eignisse wahrscheinlicher werden, haben u. a. das
                                          Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK)         • Unsere Kommunen, Wohn- und Gewerbege-
                                          und der Deutsche Wetterdienst deutlich gemacht.           biete, Gebäude und Infrastrukturen müssen
                                          Der neue Bericht des Weltklimarats (IPCC) verdeut-        zügig robuster und anpassungsfähiger werden.
                                          licht, welche globalen und regionalen Klimafolgen         Das gilt für Neubauten und den Bestand. Bauli-
                                          auf uns und nachfolgende Generationen zukom-              che und planerische Lösungen zur Starkregen-
                                          men. Zur Bewältigung müssen wir in Europa und             und Hitzevorsorge sind bekannt, es mangelt in
                                          in Deutschland einen großen Beitrag leisten. Das          vielen Ländern und Kommunen an den erfor-
                                          Bundesverfassungsgericht urteilte nun, dass Bun-          derlichen politischen Vorgaben und Entschei-
                                          destag und Bundesregierung bis Ende 2022 einen            dungen. Bei der Umsetzung von Planungs-
                                          klaren Reduktionsplan beschließen müssen, wie             prozessen, Investitionsentscheidungen und
                                          die selbst gesetzten, verbindlichen Klimaziele ge-        Baugenehmigungen müssen Kommunen stets
                                          nerationengerecht erreicht werden.                        zentrale Aspekte berücksichtigen: Mehr Grün
                                                                                                    und Verschattung in stark verdichteten öffentli-
                                          Langsame Klimaveränderungen sind auch in                  chen Räumen; Platz und Raum für den Rückhalt
                                          Deutschland seit längerem nachweisbar, wie die            von Starkregen schaffen, für Wasserwege und
                                          Klimafolgenmonitorings des Bundes und vieler              -plätze, und an Gewässern auch für Hochwas-
                                          Bundesländer zeigen. Dazu kommen Extremwet-               ser. Gebäude klimagerecht bauen und mit som-
                                          terereignisse, deren Auswirkungen durch unge-             merlichem Wärmeschutz nachrüsten, Syner-
                                          bremste Flächenversiegelung, wenig Grün in                gien durch Klimaschutzmaßnahmen schaffen,
                                          Siedlungsgebieten, Bebauung von Überflutungs-             als Vorbild wirken und auf private Gebäude-
                    Foto: Tomy Badurina

                                          flächen und eine fortschreitende Reduzierung              eigentümer*innen aktiv, mit einer klaren Hal-
                                          von Wald- und Grünflächen verstärkt werden.               tung und guten Anreizprogrammen zugehen.
                                          Beispiele hierfür sind nicht nur die katastrophalen       Praxisbeispiele, Beratung und auch finanzielle
                                          Hochwasserereignisse in Bayern, Nordrhein-West-           Unterstützung gibt es dafür seit einigen Jah-
                                          falen und Rheinland-Pfalz vom Juli, auch die              ren. Bund und Länder müssen die Kommunen,
                                          Hitzesommer, Überflutungen und Sturzfluten der            Unternehmen und Gebäudeeigentümer*innen
                                          letzten Jahre gehören dazu. Die Schadenshöhen             künftig noch deutlich stärker und dauerhaft un-
                                          infolge solcher Extremwetterereignisse steigen            terstützen, damit diese ihren Teil der Klimavor-
                                          seit Jahren kontinuierlich an. Allen sollte klar          sorge und -anpassung erbringen können.
Jens Hasse                                sein: Es kann jede*n treffen! Eine breit angelegte,
+49 221 340308-25                         vorsorgende Anpassung an die Folgen des Klima-          • Kommunen müssen dringend den Flächenver-
hasse@difu.de                             wandels ist deshalb das Gebot der Stunde.                 brauch und die Flächenversieglung reduzieren

4
Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Standpunkt
                                                                                                                       Berichte 3/2021

                                                                                                                                         Foto: Ulf Jacob
Möglichkeiten der
Wasserversickerung in der
Stadt Antwerpen

                                  und die Entsiegelung im Bestand vorantreiben.       jedes Einzelnen gelernt und immer wieder
                                  Nur so können sie sich klimagerecht entwi-          praktiziert werden.
                                  ckeln und die beschlossenen Klimaziele errei-
                                  chen! Statt flächen- und ressourcenintensiven     Als Träger der kommunalen Gemeinwesen und
                                  Wohnungsbau zu forcieren, müssen Kommu-           Zuständige für die Daseinsvorsorge können und
                                  nen, Bauwillige und Projektentwickler*innen       sollten alle Städte, Gemeinden und Landkreise
                                  Baulücken nutzen, Brachflächen recyceln,          als Vorreiter, Impulsgeber und Taktgeber für eine
zum Weiterlesen                   vorhandenen Bestand, mindergenutzte Flä-          vorsorgende, klima- und generationengerechte
                                  chen und Leerstände qualifizieren und andere      Entwicklung aktiv werden. Nichthandeln im Klima-
Zentrum KlimaAnpassung            flächensparende Konzepte verfolgen. Mehr          schutz und der Klimaanpassung führt unweiger-
www.bit.ly/2YaB8xl                Flächeneffizienz lässt sich durch mehrge-         lich zu weiteren Schäden an Gebäuden, Infrastruk-
                                  schossiges Bauen und Nutzungsmischung von         tur, Eigentum und Verlusten von wirtschaftlichen
Service- & Kompetenz-
                                  Wohnen, Handel, Handwerk, urbaner Produk-         Existenzen, von Heimat und im schlimmsten Fall
zentrum Kommunaler
                                  tion und Bildung erreichen. Klimavorsorge und     auch von Menschenleben. Dem gilt es durch kluge
Klimaschutz:
www.difu.de/12562
                                  flächeneffektives Planen und Bauen heißt auch     Vorsorge gemeinsam und frühzeitig zu begegnen!
                                  hier nicht erst seit Mitte Juli: Mehr Raum für
Wettbewerb klimaaktive            das Wasser schaffen – sowohl für Hochwas-         Für diese Gemeinschaftsaufgabe zur Vorsorge für
Kommune                           serschutz an Gewässern und den Rückhalt von       die Zukunft braucht es Haltung, Veränderungs-
www.bit.ly/398l9Ch                Starkregen in allen bebauten Gebieten als auch    willen, Vernunft und Empathie auf Seiten der
                                  für Versickerung und kühlendes Grün!              Entscheidungsträger*innen in Politik, Verwaltung,
Was ist eigentlich Klima-                                                           Unternehmen und bei den Bürger*innen. Viele
anpassung/Klimaschutz?          • Vorsorge auf allen staatlichen Ebenen und das     sind bereits gestartet und können Erfolge vorwei-
www.difu.de/16834                 (eigen-)verantwortliche Handeln von Seiten der    sen, andere stehen noch am Anfang. Hier setzt die
                                  Unternehmen sowie der Bürger*innen müssen         Arbeit des neuen Zentrum KlimaAnpassung (ZKA)
Kompetenzzentrum Klima-
                                  sich ergänzen, um Hitze, Starkregen, Hoch-        an. Das Zentrum hilft Kommunen und Trägern
folgen und Anpassung
www.bit.ly/2V0CGsA
                                  wasser und anderen Extremwetterereignissen        sozialer Einrichtungen dabei, Maßnahmen zur
                                  wirksam zu begegnen. Mehr gemeinsames öf-         Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu
Kommunalberatung Klima-           fentliches und privates Engagement, aber auch     planen und umzusetzen. Dazu zählt beispielsweise
folgenanpassung NRW               die Förderung für Vorsorge sind gefragt, um die   auch die Unterstützung beim Finden der passen-
www.bit.ly/3kB5wZd                (Klima-)Resilienz – also die Widerstandsfähig-    den Förderung. Das Beratungs- und Informati-
                                  keit und die Veränderungsfähigkeit – in Städten   onszentrum wird vom Difu und adelphi betrieben
Deutsches Klimavorsorge-          und Gemeinden sowie in der Gesellschaft zu        und vom Bundesministerium für Umwelt, Natur-
portal (KliVo)                    verbessern. Die Erstellung von Starkregen-        schutz und nukleare Sicherheit gefördert.
www.klivoportal.de                gefahrenkarten, hitzebezogenen Klimaana-
                                  lysen und kommunalen Hitzeaktionsplänen           Verdient auch ihre Kommune oder soziale Einrich-
5 Prinzipien für klimasichere
                                  können dabei helfen, das Risikobewusstsein        tung mehr Anerkennung für die Vorsorge? Dann
Kommunen und Städte:
www.bit.ly/3mIg6Ae
                                  zu schärfen, Risiken zu vermindern und das        melden Sie sich bei uns im Zentrum KlimaAnpas-
                                  Risikomanagement zu verbessern. Aber auch         sung, wir stellen Ihre Vorsorgeprojekte in ganz
Wettbewerb Blauer                 die Grenzen technischer Schutz- und Vorsorge-     Deutschland vor – oder beraten Sie auf Ihrem Weg
Kompass:                          maßnahmen zu verstehen und zu akzeptieren,        zu vorbildlichen Vorsorgeaktivitäten!
www.bit.ly/2UWMRhF                muss als Teil des neuen Risikomanagements

                                                                                                                                    5
Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Forschung & Publikationen
Berichte 3/2021

                            Radverkehr und Verkehrswende –
                            mal gegen, mal mit dem Wind
                            Mobilität ist für das Funktionieren der heutigen und künftigen Gesellschaften zentral.
                            Wie jedoch können die notwendige Verkehrswende zügig umgesetzt und gleichzeitig
                            nachhaltige und bezahlbare Mobilität ermöglicht werden?

                            Durch die Corona-Pandemie nutzen immer mehr          In den Nachkriegsjahren vervielfachte sich bald
                            Menschen das Fahrrad. Auch die Klimapolitik          der Autobestand, der Radverkehr fiel auf ein his-
                            setzt – neben dem technischem Fortschritt, zum       torisch niedriges Niveau. Radwege verwahrlosten,
                            Beispiel durch Elektromobilität und autonomes        wurden abgebaut oder umgenutzt. Radwege an
                            Fahren sowie öffentliche Verkehrsmittel – auf        Bundesstraßen wurden nur angelegt, um den
                            den Beitrag des Radverkehrs zur Verkehrswende.       Verkehr zu entflechten und den Autoverkehr zu
                            Tilman Bracher, langjähriger Leiter des For-         erleichtern.
                            schungsbereichs Mobilität am Difu (s. S. 32) und
                            Vorkämpfer der Radverkehrspolitik in Deutsch-        Nachdem 1972 der Club of Rome vor den „Gren-
                            land, geht im neusten Band der Edition Difu der      zen des Wachstums“ gewarnt hatte und es 1973
                            Historie und vor allem dem verkehrspolitischen       zur Ölkrise mit Sonntagsfahrverbot und Tempo
                            Potenzial des Radverkehrs auf den Grund.             100 auf Autobahnen kam, entstand die moderne
                                                                                 Umweltbewegung und es kam zum ersten Um-
                            Mit dem Auto verbinden sich Wohlstand und            denken. In diesen Jahren organisierten sich auf
                            Mobilität, aber die Klimaziele lassen sich ohne      Seiten der Fahrradnutzenden und in der Fahrrad-
                            Verkehrswende nicht erreichen. Die enorme Zu-        branche verkehrpolitischen Interessen.
                            nahme der Automobilität seit dem zweiten Welt-
                            krieg begrenzt den Lebensraum und die Gesund-        Langsam kam auch das Fahrrad auf die verkehrs-
                            heit von Natur und Mensch. In den Städten sind       politische Agenda. 1983 erschien das erste Pro-
                            Autos auch zum Störfaktor geworden.                  gramm der Bundesregierung zur Umweltentlas-
                                                                                 tung durch Förderung des Fahrradverkehrs, und
                            Als das Fahrrad um 1900 erschwinglich wurde,         es kam zur ersten wichtigen Forschungsinitiative,
                            wurden Fahrräder im kaiserlichen Deutschland         dem „Modellvorhaben Fahrradfreundliche Stadt“
                            zum ersten Massenverkehrsmittel, Radverkehr          des Umweltbundesamts.
                            bekam Rückenwind. Straßenbahnfahren war
                            teuer, die massenhafte Verbreitung der privaten      Einzelne Bundesländer und Gemeinden waren
                            Autos kam erst nach dem zweiten Weltkrieg.           sogar schon weiter. Frühe Vorbilder für die
                                                                                 Renaissance des Radverkehrs waren Erlangen,
                            Die ersten Radwege wurden auf und am Rand der        Münster und Bremen, und Dessau war die Fahr-
                            Fahrbahnen angelegt, damit Radfahrende auf den       radstadt der DDR.
                            von Pferden und Fuhrwerken beschmutzten und
                            ramponierten Chausseen aus Sand oder Grob-           Das Konzept der Verkehrswende entstand nach
                            steinpflaster gut fahren konnten. Erst später wur-   der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung
                            den Radwege auf den Straßen – mit Hochbord           (Rio 1992). Bereits mit der Bahnreform von 1992
                            abgetrennt im Seitenraum – üblich.                   sollten nicht nur die DDR-Reichsbahn und die
                                                                                 Bundesbahn fusionieren, auch der Lkw- und
                            1933 kam Gegenwind. Kraftwagen wurden in             Pkw-Verkehr sollte auf die Schiene verlagert wer-
                            der NS-Zeit zum nationalen Fortschrittssymbol,       den. Zum Radverkehr gab es 1994 einen wichti-
                            Hitler verkündete seinen großen Straßenbauplan.      gen Bundestagsbeschluss, 1995 die Novelle der
                            Fortan bemühte sich die damalige Verkehrspla-        „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ durch
                            nung die störenden Fahrräder von der Straße          die Forschungsgesellschaft für Straßen- und
                            zu bekommen, damit der Autoverkehr fließen           Verkehrswesen und 1997 eine „Fahrradnovelle“
                            konnte. Mit der Reichsstraßen-Verkehrsordnung        der Straßenverkehrsordnung (StVO). Seither gibt
www.difu.de/publikationen
                            von 1934 mussten Radfahrer auf den Straßen äu-       es Qualitätsvorgaben für Radverkehrsanlagen, in
                            ßerst rechts und einzeln hintereinander fahren –     Gegenrichtung für den Radverkehr geöffnete Ein-
                            und für Radwege kam die Benutzungspflicht. Die       bahnstraßen, Fahrradstraßen und Markierungs-
Dipl.-Volkswirt             Länder und Provinzen wurden gehalten, Radwege        lösungen für Radverkehr auf der Fahrbahn. Die
Tilman Bracher              zu bauen, damit die störenden Fahrräder von der      strikte Radwegbenutzungspflicht, die auch zur Si-
bracher@t-online.de         Straße kamen, aber die Zeit dafür bis zum zweiten    cherheit des Radverkehrs beitragen sollte, wurde
verlag@difu.de              Weltkrieg war zu kurz.                               zum 1.1.1998 abgeschafft, weil es auf Radwegen

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Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Forschung & Publikationen
                                                                                                                   Berichte 3/2021

                                                                                                                                     Foto: Tobias Klein, Difu
                          an Knotenpunkten und Einfahrten auffällig viele      Aber der große Rückenwind erreicht Grenzen:
                          Unfälle gab. Seither dürfen Behörden die Benut-      In den Kommunen fehlt es an umsetzbaren
                          zungspflicht nur noch dort anordnen, wo es Ver-      Projekten, weil dafür Wille oder Platz fehlen,
                          kehrssicherheit oder Verkehrsablauf erfordern.       das Straßenverkehrsrecht und andere Normen
                                                                               Projekte blockieren, die die Bequemlichkeit des
                          In den Jahren 2002, 2012 und 2021 beschloss          Autoverkehrs beeinträchtigen könnten, und die
                          die Bundesregierung jeweils einen Nationalen         Parkplätze oder Fahrspuren kosten oder ohne
                          Radverkehrsplan (NRVP). Mit dem ersten star-         Tempolimit für den Kfz-Verkehr (z. B. außerorts)
                          tete ein Förderprogramm für „nicht investive         nicht funktionieren. Vielerorts fehlt es an Perso-
                          Projekte“. Ein erstes Projekt war die vom Difu zu-   nal, um Fördermittel zu beantragen, und den not-
                          sammen mit den kommunalen Spitzenverbänden           wendigen Eigenmitteln, Radverkehrsinvestitionen
                          angebotene Fahrradakademie. Die am Difu ange-        zu planen und umzusetzen.
                          siedelte Akademie führte von 2007 bis 2021 über
                          350 Veranstaltungen mit mehr als 20.000 Teil-        Trotzdem war die Zeit für den Radverkehr nie so
                          nehmenden durch. Ab 2021 startet als Nachfolge       günstig wie in den letzten Jahren: es gibt Hand-
                          der Fahrradakademie das Angebot der neuen            lungsdruck, Fördermittel, Wertewandel, Innovati-
                          Straßenverkehrsakademie und baut auf der be-         onen und immer mehr Beschlüsse und Konzepte.
                          währten Arbeit der Fahrradakademie auf.
                                                                               Sogar das Bundesverfassungsgericht mahnt in
                          Der erneute Rückenwind fürs Rad initiierte wei-      seinem Urteil vom 30.4.21 für die Klimapolitik
                          tere Förderprogramme der Bundesländer z.B. in        einen ehrgeizigeren Zeit- und Maßnahmenplan an.
                          Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg,
                          und auf europäischer Ebene. Zu den Vorreiter-        Der Beitrag des Radverkehrs zum Klimaschutz ist
                          städten gehören beispielsweise Karlsruhe und         angesichts seines geringen Anteils an den gefah-
                          Göttingen. Innovative Konzepte, elektrounter-        renen Kilometern eher gering. Aber Radverkehr
                          stützte Fahrräder und fahrradbasierte Logistik-      verbessert die Luftqualität, schützt die Umwelt,
                          und Lieferdienste erobern den Markt.                 trägt zu lebendigen lebenswerten Städten bei –
                                                                               und verbessert durch Bewegung die Gesundheit.
                          Auch die im Verkehrssektor allgemein wenig
                          erfolgreiche Klimaschutzpolitik verschafft dem       Damit es zu einer echten Verkehrswende kommt
                          Radverkehr Rückenwind. Seit 2013 fördert das         gilt es jedoch, das Wachstum im Personen- und
                          Bundesumweltministerium mit seiner „Nationalen       Güterverkehr zu beenden und den Wettbewerbs-
                          Klimaschutzinitiative“ auch kommunale Radver-        vorsprung des Kraftfahrzeugverkehrs gegenüber
                          kehrsinvestitionen, seit 2018 fördert der Bund       Fahrrädern und öffentlichen Verkehrsmitteln zu
                          den Bau von Radschnellwegen, und dank des            adressieren.
www.difu.de/xxxxxxxxxxx   Handlungsdrucks im Klimaschutz verfügt allein
                          das Bundesverkehrsministerium für den Radver-        Die neue Difu-Publikation bietet allen Mobilitäts-
                          kehr für 2020 bis 2023 über 1,4 Mrd. € an Förder-    interessierten einen fundierten Überblick zur
                          mitteln in verschiedenen Programmen.                 Stellung des Radverkehrs gestern und heute.

                                                                                                                                7
Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Forschung & Publikationen
Berichte 3/2021

                           Sichere Städte für und mit Kindern
                           und Jugendlichen gestalten
                           Das Difu hat gemeinsam mit Partnern Methoden entwickelt, um das Sicherheitsgefühl von
                           Kindern und Jugendlichen in der Stadt partizipativ zu erfassen. Ein Methodenhandbuch
                           unterstützt alle Akteure, die sich für kinderfreundliche und sichere Städte engagieren.

                           Wer Kindern und Jugendlichen genau zuhört,                                       Bisher fehlten hierfür jedoch geeignete Methoden.
                           stößt immer wieder auf Schilderungen über ver-                                   Kriminologische Konzepte waren meist auf Er-
                           unsichernde Erfahrungen im öffentlichen Raum.                                    wachsene ausgerichtet oder räumlich zu ungenau.
                           Es sind die „komischen Leute“ an der Unterfüh-                                   Lokale Beteiligungsinstrumente für Kinder und
                           rung, die dunklen und schlecht einsehbaren Ecken                                 Jugendliche nahmen dagegen die Frage nach
                           im Quartier oder der menschenleere Park auf dem                                  Sicherheit und Unsicherheit oft eher zufällig als
                           Heimweg von der Freundin oder dem Freund an                                      gezielt in den Blick. Im Rahmen des Kooperations-
                           einem späten Winternachmittag. Kinder meiden                                     projekts INERSIKI – Instrumentenentwicklung
                           solche Orte – mit der Folge, dass Unsicherheitser-                               zur Erfassung der raumbezogenen Sicherheits-
                           fahrungen ihre Lebenswelt einengen. Für Polizei,                                 belange von Kindern und Jugendlichen – wurde
                           Jugendarbeit sowie Stadt- und Grünplanung gilt                                   diese methodische Lücke geschlossen. INERSIKI
                           daher, sich intensiver mit den Sicherheitsbedürf-                                wurde in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für
                           nissen von Kindern und Jugendlichen im öffentli-                                 Prävention des Landeskriminalamts Berlin, dem
                           chen Raum auseinanderzusetzen.                                                   Deutschen Institut für Urbanistik, der Universität
                                                                                                            Hildesheim (Institut für Psychologie) und dem Kin-
                                                                                                            der- und Jugendbüro Steglitz-Zehlendorf durch-
                                                                                                            geführt und vom Bundesministerium für Bildung
                                                                                                            und Forschung (BMBF) von 2019-2021 gefördert.

                                                                                                            Die zehn vom Projektteam neu entwickelten Me-
                                                                                                            thoden für die präventiv ausgerichtete Polizei-,
                                                                                                            Planungs- und Jugendarbeit decken eine Band-
                                                                                                            breite unterschiedlicher Perspektiven und Stile
                                                                                                            ab: Dabei findet sich der „klassische“ Fragebogen
                                                                                                            ebenso wie explorative Methoden wie „Kunstblick“
                                                                                                            und „Solo Scouts“. Einige Methoden nutzen Stift
                                                                                                            und Papier, andere beinhalten einen großen Anteil
                                                                                                            an Bewegung und Erkundung. Methoden, die sich
                                                                                                            für ganze Schulklassen eignen, sind ebenso auf-
                                                                                                            bereitet wie Konzepte, die allein, in Tandems oder
                                                                                                            Kleingruppen durchgeführt werden können. Das
                                                                                                            ermöglicht den Einsatz des Methodenangebots in
                                                                                                            vielen unterschiedlichen Settings: In der Schule,
                                                                                Foto: Vera Gutofski, Difu

                                                                                                            im Jugendclub, in der mobilen Jugendarbeit, im
                                                                                                            Rahmen der Quartiersentwicklung und der poli-
                                                                                                            zeilichen Prävention.

                                                                                                            Die Methoden sowie Hintergrund, Hinweise und
                                                                                                            Tipps zu ihrer Anwendung sind in einem anwen-
                           Das Sicherheitsempfinden von Kindern und                                         dungsorientierten Handbuch aufbereitet. Dieses
                           Jugendlichen folgt jedoch häufig anderen prä-                                    Handbuch „Kinder und Jugendliche im Quartier –
                           genden Einflüssen als das von Erwachsenen:                                       Handbuch und Beteiligungsmethoden zu Aspek-
                           Geringere Körpergröße führt zu anderen Wahr-                                     ten der urbanen Sicherheit“ gibt eine detaillierte
www.difu.de/16823
                           nehmungen, fehlendes Wissen über Zusammen-                                       Beschreibung der Methoden und weitere Hilfestel-
www.inersiki.de
                           hänge führt zu anderen Ängsten, Erzählungen und                                  lungen für eine wertschätzende Beteiligung sowie
www.youtu.be/joDp-6m9SlI
                           mediale Einflüsse werden anders reflektiert. Daher                               eine sensible Erfassung von subjektiver Sicher-
                           ist es erforderlich, Kinder und Jugendliche direkt                               heit. Es ist kostenlos zum Download verfügbar.
Dipl.-Ing. Jan Abt         zu beteiligen und zu ihren Sicherheits- bzw. Unsi-                               Außerdem bietet die Webseite weiteres Material,
+49 30 39001-206           cherheitserfahrungen zu befragen.                                                Anregungen und unterstützende Kopiervorlagen.
abt@difu.de

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Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Das Magazin des Difu 3/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Forschung & Publikationen
Berichte 3/2021

                         Städtebauliche Begleitplanung: Vorab-
                         Praxischeck für Infrastrukturvorhaben
                         Das Difu untersuchte das neue Instrument der „Städtebaulichen Begleitplanung“, mit dem
                         beispielsweise die Auswirkungen von Bahnlärm besser eingeschätzt werden können. Der
                         Praxischeck eignet sich auch für alle anderen übergeordneten Infrastrukturvorhaben.

                         Werden Bahnstrecken neu- oder ausgebaut, so                                                Standorten wurden im Dialog mit den beteiligten
                         hat dies durch die Lärmentwicklung vorbeifahren-                                           Verwaltungen und Bürger*innen Folgewirkungen
                         der Züge vielerorts erhebliche Auswirkungen auf                                            des Streckenausbaus untersucht und Handlungs-
                         angrenzende Siedlungsbereiche und die dort le-                                             erfordernisse sowie geeignete Maßnahmen zur
                         benden Menschen. Meist werden zum Schutz vor                                               Lärmabschirmung und Aufwertung identifiziert.
                         Bahnlärm Schallschutzwände direkt an den Glei-                                             Kern des Begleitvorhabens war das Herausarbei-
                         sen vorgesehen. Diese können trassennah, jedoch                                            ten von „Spielräumen und Möglichkeiten“ sowie
                         indirekt auch weit entfernt eine Vielzahl von Fol-                                         „Erfordernissen und Notwendigkeiten“. Dabei ging
                         gewirkungen haben: städtebaulich, baukulturell,                                            es um die Identifizierung von „Dos & Don’ts“, ge-
                         gestalterisch, freiraumplanerisch, stadtklimatisch,                                        eignete Instrumente und Abläufe sowie zu be-
                         ökologisch, verkehrlich und ökonomisch.                                                    trachtende Handlungsfelder und Kritierien für
                                                                                                                    die Festlegung des jeweiligen Betrachtungs-
                         Eine integrierte Betrachtung, die diese ganz unter-                                        raums. Die Studie ist daher eine exemplarische
                         schiedlichen Aspekte im Zusammenhang berück-                                               Annäherung an das Format der Städtebauli-
                         sichtigt, um Negativauswirkungen zu minimieren,                                            chen Begleit­planung und gibt entsprechende
                         spielt in den Planungsprozessen bislang keine                                              Handlungsempfehlungen.
                         Rolle. Betroffene Kommunen müssen vielmehr mit
                         den komplexen Folgeherausforderungen allein                                                Aus Sicht der beteiligten Kommunen bietet das
                         umgehen. Dabei könnte ein bislang noch nicht                                               Instrument „Städtebauliche Begleitplanung“
                         etabliertes Instrument helfen: die „Städtebauliche                                         durch seine integrative Betrachtung diverse Op-
                         Begleitplanung“.                                                                           tionen: zur Optimierung sowohl von Infrastruktur-
                                                                                                                    vorhaben wie der Stadtentwicklung betroffener
                                                                                                                    Kommunen, der Sicherstellung einer voraus-
                                                                                                                    schauenden Planung bei gleichzeitiger Förderung
                                                                                                                    innovativer Methoden, der Berücksichtigung
                                                                                                                    wichtiger Handlungsfelder sowie für eine bessere
                                                                               Foto: Wolf-Christian Strauss, Difu

                                                                                                                    optische Einbettung eines solchen Vorhabens.

                                                                                                                    Das Instrument kann wesentlich dazu beitragen,
                                                                                                                    dass ein Verkehrsvorhaben gut in das jeweilige
                                                                                                                    Umfeld integriert wird und umgebungsbelastende
                                                                                                                    Folgewirkungen reduziert werden. Darüber hinaus
                                                                                                                    kann so die kommunale Position im Verhältnis
                                                                                                                    zum Vorhabenträger eines überörtlichen Infra-
                         Das Difu hat dieses Instrument im Auftrag der                                              strukturvorhabens gestärkt werden – kooperative
                         Stadt Verden einem Praxis-­Check unterzogen.                                               Entwicklung statt Konfrontation.
                         Anders als landschaftspflegerische Begleitpläne
                         ist dieses Instrument bislang gesetzlich nicht ver-                                        In der Studie wurden Empfehlungen für eine mög-
www.difu.de/16761        bindlich in den Prüfprozess integriert. Am Beispiel                                        liche Implementierung des Instruments „Städte-
                         des Güterstreckenausbaus der Deutschen Bahn                                                baulicher Begleitplan“ und seiner Ausgestaltung
                         im Teilabschnitt Rotenburg-Verden („Alpha-E-                                               entwickelt, die Modellcharakter für andere Kom-
                         Variante“) konnte nachgewiesen werden, dass ein                                            munen mit vergleichbaren Rahmenbedingungen
Dipl.-Ing.               solcher städtebaulicher Begleitplan wesentlich                                             haben können und der Politik auf Bundes- und
Daniela Michalski        zur Qualität einer vorsorgenden Stadtentwicklung                                           Landesebene Hinweise für übergeordnete Rege-
+49 30 39001-270         beitragen kann. Das Ergebnis basiert auf der                                               lungserfordernisse geben. Die gewonnenen Er-
michalski@difu.de
                         exemplarischen Untersuchung von vier Standor-                                              kenntnisse beschränken sich dabei nicht allein auf
                         ten in der Stadt Verden und jeweils einem Stand-                                           Infrastrukturvorhaben der Bahn, sie lassen sich
Dipl.-Ing.
Wolf-Christian Strauss   ort in der Stadt Rotenburg, der Samtgemeinde                                               auch auf alle übergeordneten Infrastrukturvorha-
+49 30 39001-296         Bothel und der Gemeinde Kirchlinteln, welche                                               ben übertragen.
strauss@difu.de          direkt an die Güterbahntrasse angrenzen. An den

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Forschung & Publikationen
                                                                                                                 Berichte 3/2021

                       Wie der Einstieg in die
                       Kommunalverwaltung gelingt
                       Von Ratsinformationssystemen über kommunale Selbstverwaltung bis zur doppischen
                       Buchführung: In einem neuen Fokuspapier erklärt das Service- und Kompetenzzentrum:
                       Kommunaler Klimaschutz (SK:KK) am Difu die Kommunalverwaltung für Einsteiger*innen.

                                                                                                                                   Foto: Vera Gutofski, Difu
                       Was darf die Verwaltung allein entscheiden? Wie      Mit gebündeltem Verwaltungs-Know-how und
                       funktioniert die Zusammenarbeit mit der Politik      jeder Menge Praxistipps ist die Publikation vor
                       vor Ort und was beinhalten Beschluss- und In-        allem für neue Klimaschutzmanager*innen inter-
                       formationsvorlagen? Für Neueinsteiger*innen in       essant. Damit sie ihre Ideen erfolgreich in Projekte
                       Kommunalverwaltungen stellen sich diese Fragen       umsetzen und Handlungsspielräume nutzen kön-
                       häufiger, aber Antworten sind nicht immer greif-     nen, ist es für sie wichtig, sich möglichst schnell
                       bar – und das ist völlig normal.                     mit Verwaltungsbegriffen, -hierarchien und
                                                                            -abläufen vertraut zu machen. Anhand häufig ge-
                       Das im Auftrag des Bundesumweltministeriums          stellter Fragen führt das SK:KK-Team Leser*innen
                       beim Difu angesiedelte „Service- und Kompe-          durch das Themenfeld.
                       tenzzentrum Kommunaler Klimaschutz – SK:KK“
                       nahm diesen stets wiederkehrenden Wissens-           Der besonderen Rolle von Klimaschutzma-
                       bedarf zum Anlass für ein neues Fokuspapier.         nager*innen, deren Personalstellen über die
                       „Einstieg in die Kommunalverwaltung – Was Sie        Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) des Bun-
                       als Klimaschutzmanager*in wissen müssen“ heißt       desumweltministeriums mit bis zu 100 Prozent
                       die neue Publikation. Sie dient als Ausgangspunkt,   förderfähig sind, trägt das SK:KK in der Publika-
                       um Einblicke in die Funktionsweise und Besonder-     tion auch darüber hinaus Rechnung: So beschäf-
                       heiten von Kommunalverwaltungen zu geben.            tigen sich die Autor*innen nicht nur mit der Rolle
                                                                            von Verwaltungen im Klimaschutz, sondern zeigen
www.difu.de/16742      Verwaltungseinsteiger*innen erfahren in der Pub-     anhand einer Checkliste praxisorientiert, wie sich
                       likation nicht nur, wie Kommunalverwaltungen in      Klimaschutzmaßnahmen vor Ort konkret umset-
                       der Regel aufgebaut sind, sondern auch, wie Kom-     zen lassen.
                       petenzen verteilt und welche Entscheidungswege
Dipl.-Geogr.           in der täglichen Arbeit zu berücksichtigen sind.     Die Publikationsreihe „Fokus“ des SK:KK richtet
Oliver Reif-Dietzel                                                         sich an kommunale Akteur*innen, Verwaltungs-
+49 30 39001-177       Darüber hinaus geben die Autor*innen Einblicke       mitarbeitende sowie das Klimaschutzmanage-
reif-dietzel@difu.de   in die Rolle des Gemeinderats und die Grund-         ment in Kommunen. In Form von „Frequently
                       sätze der Haushaltsplanung. Zu berücksichtigen       Asked Questions“ (FAQ) greift sie aktuelle Fra-
Mareike Hansel
                       ist dabei, dass nicht alle Kommunalverwaltungen      gestellungen aus dem Themenfeld kommunaler
+49 30 39001-236
hansel@difu.de
                       gleich sind: Je nach Bundesland und Gemein-          Klimaschutz auf. Die Publikationen entstehen im
                       deordnung beziehungsweise Kommunalver-               Auftrag des Bundesumweltministeriums.
Kaj Seeger             fassung unterscheiden sich Befugnisse und
+49 30 39001-335       Begrifflichkeiten, und es gelten auch andere
seeger@difu.de         Verfahrenswege.

                                                                                                                             11
Forschung & Publikationen
Berichte 3/2021

                      Kommunen und Krankenkassen:
                      Kooperationen vor Ort optimieren
                      Eine empirische Studie zeigt am Beispiel der Städte Bielefeld, Erlangen und Gera,
                      auf was Kommunen und Krankenkassen bei ihrer Kooperation achten sollten, um
                      Gesundheitsförderung vor Ort noch besser zu unterstützen.

                      Kommunale Gesundheitsförderung hat durch das        verlässliche Ansprechpersonen bzw. eine Ko-
                      Präventionsgesetz von 2015/2016 einen kräftigen     ordinierungsstelle für Gesundheitsförderung in
                      Impuls erhalten. Das Gesetz verpflichtet Kranken-   Kommunen.
                      kassen, sich finanziell in der Gesundheitsförde-
                      rung vor Ort zu engagieren.                         Mit Blick auf die Krankenkassen als Kooperations-
                                                                          partner von Kommunen wurde in der Untersu-
                      Dies gelingt umso besser, wenn Krankenkassen        chung deutlich, dass „herkömmliche“ Angebote/
                      und Kommunen eng zusammenarbeiten. Solche           Produkte der Krankenkassen allein nicht ausrei-
                      Kooperationen sind nicht selbstverständlich und     chen. Notwendig sind auf die spezifischen Her-
                      auch nicht immer einfach: Unterschiedliche Inte-    ausforderungen und den Bedarf der jeweiligen
                      ressen und Arbeitsweisen müssen offengelegt,        Kommune ausgerichtete Projekte und Maßnah-
                      erörtert und aufeinander abgestimmt, Schnittstel-   men. Krankenkassen sollten ihre Rolle als Mitge-
                      len und passende Formen der Zusammenarbeit          stalterin auf kommunaler Ebene aktiv(er) wahrneh-
                      gefunden werden.                                    men. Ansprechpartner*innen der Krankenkassen
                                                                          auf der lokalen/regionalen Ebene sind ein weiterer
                      Am Beispiel der Städte Bielefeld, Erlangen und      wichtiger Erfolgsfaktor für die Kooperation.
                      Gera hat das Difu Erfahrungen mit Kooperationen
                      zwischen Kommunen und Krankenkassen unter-          Wichtige Rahmensetzungen für die Kooperation
                      sucht und gemeinsam mit Akteur*innen dieser         erfolgen auf der Ebene von Bund und Ländern.
                      Kommunen und der Krankenkassen vor Ort              Hier besteht Optimierungsbedarf. Die „Förderku-
                      Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen        lisse“ nach dem Präventionsgesetz sollte transpa-
www.difu.de/16700     für die Zusammenarbeit abgeleitet.                  renter und praxisorienterter werden und auch für
www.difu.de/9791                                                          Kommunen nutzbar sein, die bei der Gesundheits-
www.partkommplus.de   Für die Kommune als Kooperationspartnerin von       förderung noch am Anfang stehen. Zudem sollte
                      Krankenkassen – so zeigen die Ergebnisse – ist      der „Leitfaden Prävention“ des GKV-Spitzenver-
                      eine umfassende Gesundheitsförderungsstrategie      bandes anwendungsorientierter fortgeschrieben
                      mit Verlinkung zu anderen für die Gesundheits-      werden und die Bundes- und Landesebene mehr
Dipl.-Ing.            förderung relevanten Bereichen ein wichtiger        Erfahrungsaustausch zur Kooperation von Kom-
Christa Böhme         Rahmen für die Kooperation mit Krankenkassen.       munen und Krankenkassen als bisher ermöglichen.
+49 30 39001-291
                      Zudem sind kommunale bzw. kommunal initiierte
boehme@difu.de
                      Netzwerke Voraussetzung für eine erfolgreiche       Die Difu-Studie entstand im vom Bundesminis-
Dr. Thomas Franke     Kooperation von Kommune und Krankenkassen           terium für Bildung und Forschung geförderten
+49 30 39001-107      sowie für die Nachhaltigkeit von Maßnahmen.         „Forschungsverbund für gesunde Kommunen
franke@difu.de        Schließlich benötigen Krankenkassen klare und       – PartKommPlus“.

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Forschung & Publikationen
                                                                                                               Berichte 3/2021

                     Urbane Reallabore unterstützen die
                     Stadtentwicklung
                     Forschungsteam des Synthese- und Vernetzungsprojekts Zukunftsstadt (SynVer*Z)
                     zeigt auf, wie urbane Reallabore konzipiert werden, welche Herausforderungen die
                     Forschungsidee birgt und welcher besondere Mehrwert für die Planung besteht.

                     Experimentelle Formate haben in Stadtentwick-         wie die Projekte mit ihren Reallaboren zu veror-
                     lung und Städtebau eine lange Tradition. In jüngs-    ten sind und welche Erfahrungen mit dem For-
                     ter Zeit gelten Reallabore – engl. real-world labo-   schungskonzept bisher gemacht wurden. Darauf
                     ratories – zunehmend als wichtige Methode, um         basierend werden vorläufige Schlussfolgerungen
                     Transformationsprozesse anzustoßen. Sie wurden        zur Bedeutung von Reallaboren für die Forschung
                     in den letzten Jahren umfangreich gefördert. Die      und Praxis urbaner Transformation vorgenommen.
                     Zugänge sind dabei vielfältig und entsprechend
                     intensiv ist der Diskurs über unterschiedliche        Der Bericht verdeutlicht, das sich der Mehrwert
                     Typen der Reallabore. Vor diesem Hintergrund          von Reallaboren für die Stadtforschung erst auf
                     stellt sich die Frage nach der Umsetzung des For-     den zweiten Blick zeigt. Reallabore besitzen als
                     schungskonzepts im Rahmen der Stadtforschung          Forschungsformat eine vermittelnde Funktion zwi-
                     und seinem möglichen Mehrwert.                        schen einer zum einen kritischen Stadtforschung,
                                                                           die Stadtentwicklungsprozesse primär als krisen-
                                                                           und konfliktbeladene Prozesse begreift und einer
                                                                           Stadtforschung, die Konzepte und Instrumente
                                                                           der Stadt- und Regionalentwicklung durch mo-
                                                                           dellhafte Erprobung (weiter) zu entwickeln sucht.
                                                                           Anders formuliert: Reallabore sind ein Format der
                                                                           kritischen Auseinandersetzung mit nicht nachhal-
                                                                           tigen Entwicklungspfaden und zugleich eines, das
                                                                           nachhaltige Stadtentwicklung forciert. Entschei-
                                                                           dend sind dabei ihre aktivierende Funktion und die
                                                                           Möglichkeit der direkten Gestaltung. Dabei ist die
                                                                           Positionierung im Stadtteil, Quartier usw. für die
                                                                           Identifikation der Bewohner*innen wichtig, wird so
                                                                           doch die Aneignung der Stadt bzw. des Quartiers
                                                                           von unten, also durch die in den Reallaborräumen
                                                                           lebenden Menschen ermöglicht. Dies gelingt
                                                                           dann, wenn konkrete Alltagsprobleme und Fragen
                                                                           aufgegriffen werden. Diese Bezüge verschiedener
                                                                           Pole der Stadtforschung werden bisher überra-
                     In einer neuen Publikation des vom Bundesmi-          schenderweise in der Literatur kaum reflektiert,
                     nisterium für Bildung und Forschung (BMBF)            obwohl sie in der Praxis der Reallabore sehr plas-
                     geförderten Synthese- und Vernetzungsprojekts         tisch erlebbar sind.
                     Zukunftsstadt wird auf die Anwendung des Realla-
                     bor-Konzepts in zwei unterschiedlichen Stadtent-      Aus Sicht der mitwirkenden kommunalen Ak-
                     wicklungskontexten eingegangen: Reallabore            teur*innen bieten (urbane) Reallabore die Mög-
                     in der Erprobung von technologischen Anwen-           lichkeit, wissenschaftliche Kompetenzen für die
                     dungen sowie Reallabore in transformativer            Stadtentwicklung zu nutzen und über die For-
                     Nachhaltigkeitsforschung. In der aktuellen Pu-        schung einen anderen, offeneren und auch neu-
                     blikation wird der Fokus auf Reallabore zur For-      traleren Zugang zu ihren Themen zu erlangen. Die
                     schung nachhaltiger Stadtentwicklung gelegt.          Mitwirkung von Wissenschaft erlaubt die Reflexion
                     Hierzu wird basierend auf dem aktuellen Diskurs       von außen und eine stärkere Systematisierung.
www.bit.ly/2UUFmIc   eine Beschreibung des Konzepts vorgenommen            Reallabore bieten auch eine Chance, neue Ziel-
www.bit.ly/3lhRrjF
                     (Charakteristika, Einordnung in transdisziplinäre     gruppen zu erreichen und die aktive Mitwirkung
                     Forschung, verwandte Modelle). Am Beispiel der        stadtgesellschaftlicher Akteur*innen stärker
                     Zukunftsstadtforschung des BMBF– konkret der          einzufordern. Zudem bieten sie Ressourcen für
Dr. Jens Libbe       Förderinitiativen „Nachhaltige Transformation ur-     partizipative Methoden, über die Kommunen allein
+49 30 39001-115     baner Räume“ sowie „Umsetzung der Leitinitiative      nicht verfügen würden.
libbe@difu.de        Zukunftsstadt“ – wird den Fragen nachgegangen,

                                                                                                                           13
Forschung & Publikationen
Berichte 3/2021

                      Räumliche Dimensionen der
                      Zukunftsstadt
                      Das Difu begleitet die Projekte der Zukunftsstadtforschung des Bundesministeriums
                      für Bildung und Forschung (BMBF). Ein neues Papier widmet sich baulich-räumlichen
                      Aspekten einer zukunftsfähigen nachhaltigen Stadtentwicklung.

                      Im Kontext globaler Wandlungsprozesse erweitert     • Klimaresiliente Siedlungsstrukturen:
                      sich das Themenspektrum nachhaltiger Stadt­           Angesichts zunehmender Extremereignisse in
                      entwicklung weiter. Neben Klimaschutz und dem         Folge des Klimawandels wie Hitzewellen, Dür-
                      sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen           reperioden und Starkregenereignisse besteht
                      treten die Anpassung an die Folgen des Klima-         die Herausforderung kommender Dekaden
                      wandels und der Erhalt urbaner Biodiversität.         darin, die kompakte funktional gemischte Stadt
                      Die bauliche Entwicklung der Städte wird daher        der kurzen Wege mit dem erhöhten Bedarf an
                      künftig nur noch im Rahmen einer nachhaltigen         Stadtgrün in Einklang zu bringen – und dies oft
                      Stadtentwicklung erfolgen können, die die plane-      mit begrenzten Flächenressourcen. Stadtgrün
                      taren Grenzen im Blick hat. Flächensparsamkeit,       und Wasserflächen sind dazu als integrierte
                      Ressourcenschonung, Emissionsarmut und Kli-           Bestandteile baulicher Entwicklung zu begrei-
                      maresilienz sind daher als Maßstab für künftige       fen. Doch auch Fragen nach der angemesse-
                      bauliche Aktivitäten anzulegen.                       nen baulichen Dichte, veränderten städtischen
                                                                            Höhenprofilen, der Aufstockung bestehender
                      Doch die Treiber für städtische Transformations-      Gebäude und der Aktivierung un- oder unter-
                      prozesse sind nicht darauf beschränkt. Technolo-      genutzter Dachflächen stellen sich aufs Neue.
                      gische Entwicklungen, gesellschaftliche Wand-       • Umbau öffentlicher Räume:
                      lungsprozesse und internationale Migrationsbe-        Vielfältige Nutzungsansprüche und der sich
                      wegungen kommen hinzu. Es bestehen kaum               ständig verändernde Flächenbedarf führen
                      Zweifel, dass diese vielfach ineinandergreifenden     zu einem grundlegenden Umbau öffentlicher
                      Entwicklungsprozesse ihre Spuren im Erschei-          Räume. Beispielsweise sind sie als Orte des
                      nungsbild städtischer Räume hinterlassen werden.      sozialen und kulturellen Austauschs zu stär-
                                                                            ken. Vormals „graue Flächen“ wie Gehwege,
                                                                            Stadtplätze und Fußgängerzonen sind durch
                                                                            Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen
                                                                            klimaresilient umzugestalten. In jüngster Zeit
                                                                            kommt die Frage hinzu, wie öffentliche Räume
                                                                            pandemieresilient gestaltet werden können.
                                                                            Ein zentraler Ansatzpunkt für die Erschließung
                                                                            neuer städtischer Flächenreserven ist die Neu-
                                                                            ordnung des fließenden und ruhenden Autover-
                                                                            kehrs im Zuge der Mobilitätswende.
                                                                          • Suffizienzorientierte Stadtentwicklung:
                                                                            Angesichts vielerorts begrenzter Flächenres-
                                                                            sourcen und sich verändernder Lebensstile ge-
                                                                            winnt die Debatte um eine Suffizienz orientierte
                                                                            Stadtentwicklung an Bedeutung. Das Modell
                                                                            hat verschiedene Facetten eines veränderten
                                                                            Konsumverhaltens. In räumlicher Hinsicht
                      Mit dem Synthesepapier wird das Ziel verfolgt,        behandelt er einen veränderten Umgang mit
                      den Forschungs-und Handlungsbedarf künftiger          der Ressource Fläche und eine Abkehr vom
                      Stadtentwicklung aus räumlicher Perspektive           Wachstumsparadigma.
                      freizulegen und zu schärfen. Es eröffnet weitere
www.bit.ly/2WZjRH9
                      Forschungslinien zu diesem Thema und zeigt          Das Difu begleitet die Projekte der BMBF-Zu-
www.bit.ly/3lhRrjF
                      Handlungsfelder für die Praxis einer nachhaltigen   kunftsstadtforschung bis 2024. Es wird dabei
                      Stadtentwicklung auf. Grundlage dafür sind die      die genannten und weitere Themen inhaltlich
                      anwendungsorientierten Forschungsprojekte der       weiterentwickeln und in die öffentliche Debatte
Robert Riechel        BMBF-Zukunftsstadtforschung. Zentrale Themen        zur nachhaltigen Transformation der Städte
+49 30 39001-211      in diesem Zusammenhang sind beispielsweise:         einspeisen.
riechel@difu.de

14
Forschung & Publikationen
                                                                                                                 Berichte 3/2021

                      Nichtmonetäre
                      Investitionshemmnisse abbauen
                      Die Kommunen haben in den vergangenen Jahren einen Investitionsrückstand von rund
                      150 Milliarden Euro aufgebaut. Um diesen Stau aufzulösen, müssen auch nichtmonetäre
                      Investitionshemmnisse abgebaut werden.

                      Selbst wenn die öffentliche Investitionstätigkeit     Lösungen wie das „Building Information Manage-
                      bereits in den letzten Jahren sukzessive ausgewei-    ment“. Ein „Digitalpakt kommunale Bauämter“
                      tet wurde, besteht zwischen den jährlich geplan-      könnte kurzfristig Impulse für eine Verstetigung,
                      ten und tatsächlich getätigten Investitionen noch     Modernisierung sowie weitere Professionalisie-
                      eine erhebliche Lücke. Fördermittel von EU, Bund      rung öffentlicher Planungsverwaltungen anregen.
                      und Ländern werden oft nur schleppend abgeru-
                      fen. In einer Untersuchung hat das Difu deshalb
                      zusammen mit dem Institut für Makroökonomie
                      und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böck-
                      ler-Stiftung die nichtmonetären Investitions-
                      hemmnisse der öffentlichen Hand analysiert.
                      Daraus lassen sich Handlungsempfehlungen für
                      Bund, Länder und Kommunen ableiten:

                      Die Investitionspolitik der öffentlichen Hand der
                      letzten 30 Jahre war oft prozyklisch – wurde also
                      in Krisen zurückgefahren und in Hochphasen wie-
                      der verstärkt. Dies beförderte die Schwankungen
                      in der Auslastung der Bauwirtschaft und trug zu
                      den aktuell zu beobachtenden Kapazitätsengpäs-
                      sen bei. Auch öffentliche Aufträge können dem-        Bei öffentlichen Infrastrukturvorhaben sind an-
                      entsprechend nur mit Einschränkungen übernom-         gesichts des mehrstufigen und komplexen Bau-
                      men werden. Um die volkswirtschaftlichen Schä-        planungsverfahrens unterschiedliche Fachver-
                      den aus solchen Entwicklungen künftig zu ver-         waltungen zu koordinieren und viele gesetzliche
                      meiden, muss die öffentliche Investitionstätigkeit    Einzelstandards zu berücksichtigen. Das stellt vor
                      verstetigt werden. Auch in Bauverwaltungen der        allem kleinere und mittlere Kommunen vor zeitauf-
                      Kommunen wurden in den letzten Jahren Pla-            wändige Koordinationsherausforderungen. Daher
                      nungskapazitäten abgebaut. Gleichzeitig werden        empfiehlt sich die Verankerung einer gesetzlichen
                      in den nächsten fünf Jahren ca. 17 Prozent der        Pflicht, dass eine Bauausführung erst nach dem
                      Mitarbeiter*innen in den baurelevanten Bereichen      vollständigen Abschluss des gesamten Planungs-
                      der Kommunen aus Altersgründen ausscheiden.           prozesses unter Berücksichtigung der verschiede-
                                                                            nen Teilabschnitte und Gewerke beginnen darf. So
                      In einer eigens durchgeführten Befragung gab          ließen sich zeit- und kostenintensive Inkompatibi-
                      rund jede fünfte Kommune an, dass Stellen im          litäten zwischen bereits errichteten Baubestand-
                      Hoch- und/oder Tiefbauamt seit längerer Zeit          teilen und Nachplanungen reduzieren. Darüber
                      nicht besetzt seien. Als Folge dieser Personaleng-    hinaus sollte eine Kommission zur fortlaufenden
                      pässe verweisen Kommunen auf eine Verschie-           Überprüfung der Vereinbarkeit gesetzlicher Bau-
                      bung bzw. verspätete Realisierung von Bauvor-         und Umweltstandards eingesetzt werden.
                      haben. Hinzu kommt, dass vielfach Fördermittel
                      nicht fristgerecht oder gar nicht abgerufen wer-      Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit stellen
www.difu.de/16694     den. Dies ist problematisch, da die Studie von Difu   per se kein Investitionshemmnis dar – zumal sie
                      und IMK einen eindeutigen Zusammenhang zwi-           gesetzlich vorgesehen sind. Allerdings kann ihre
                      schen einem Anstieg des Personalbestands in den       unzureichende Vorbereitung und Durchführung
                      Bauverwaltungen und steigenden Bauinvestitio-         problematisch und zeitkritisch sein. Mit steigender
Dr. Henrik Scheller
                      nen der Kommunen nachweist. Daher sollten die         Bauinvestitionstätigkeit steigt auch die Anzahl von
+49 30 39001-295
scheller@difu.de
                      Kommunen künftig die eigenen Ausbildungska-           Bürgerbegehren. Zur Beschleunigung öffentlicher
                      pazitäten gerade in technischen Berufen stärken       Bauvorhaben empfiehlt es sich, eine frühzeitige
Christian Raffer      und verwaltungsinterne Ausbildungskapazitäten         und professionell organisierte Öffentlichkeitsbe-
+49 30 39001-198      ausbauen. Dazu zählen auch der Aufbau einer agi-      teiligung als festen Bestandteil in den Planungs-
raffer@difu.de        len Verwaltungsstruktur und der Einsatz digitaler     prozess zu integrieren.

                                                                                                                             15
Was ist eigentlich...?

Klimaanpassung/
Klimaschutz
Begriffe aus der kommunalen Szene,
einfach erklärt.

Mit Klimaschutz wird das Ziel verfolgt, den
Ausstoß von klimarelevanten Treibhausgasen
wie Kohlendioxid und Methan zu reduzieren,
um entsprechend dem Vorsorgeprinzip ein
Voranschreiten des Klimawandels zu minimie-
ren. Bei der Klimaanpassung geht es dagegen
um den vorsorgenden Umgang mit nicht
mehr abwendbaren Folgen des Klimawandels
und Extremwetterereignissen: Risiken mini-
mieren, Schäden vermeiden und Anpassung
an die zu erwartenden Veränderungen.
————————————————————————

„Klimaschutz und Klimafolgenanpassung sind
zwei Seiten derselben Medaille – sie müssen
integriert geplant und umgesetzt werden.“
————————————————————————
Drei Aspekte stehen beim Klimaschutz im
Vordergrund: Ersatz fossiler Brennstoffe durch
regenerative Energieträger, wie Sonne, Wind
oder Geothermie, Steigerung der Energieef-
fizienz und Verringerung des Verbrauchs, wie
z. B. durch Gebäudemodernisierung oder kli-
mafreundliche Mobilität.
Die Klimafolgenanpassung hingegen umfasst
Stark­regen- und Sturmvorsorge zur Vermei-
dung oder Minderung von Überflutungen und
anderen Risiken in Siedlungsbereichen. Ein
weiterer Fokus ist die Hitze- und Gesund-
heitsvorsorge, um Risiken für verletzliche
Bevölkerungsgruppen zu minimieren. Andere
wichtige Vorsorgeaspekte sind die frühzeitige
aktive Anpassung an die zu erwartenden
klimatischen Veränderungen und die bereits
zu beobachtenden ‚schleichendenden‘ Ver-
änderungen, bspw. in der Stadt-, Grün- und
Gebäudeplanung. Das schließt auch eine kon-
tinuierliche Verbesserung des Risikobewusst-
seins und der Veränderungsfähigkeit aller
gesellschaftlichen Gruppen ein.
Auf dem Weg zu einer klimagerechten, nach-
haltigen Stadt gibt es kein „entweder oder“
von Klimaschutz und Klimaanpassung. Beide
Handlungsfelder sind wichtig für lebenswerte
Kommunen in der Zukunft. Ziel muss es sein,
Synergien zwischen beiden zu schaffen und
mögliche Konflikte frühzeitig durch integrierte
Maßnahmen zu entschärfen.

Weitere Begriffe online:
www.difu.de/6189

16
Veröffentlichungen
                                                                                                                                         Berichte 3/2020

Edition Difu –                                      Das Bebauungsplanverfahren nach                     Straßen und Plätze neu entdecken –
Stadt Forschung Praxis                              dem BauGB 2007                                      Verkehrswende gemeinsam gestalten
                                                    Muster, Tipps und Hinweise                          Fachtagungsdokumentation
Radverkehr und Verkehrswende                        Von Marie-Luis Wallraven-Lindl u.a.,                M. Hertel, T. Bracher, T. Stein (Hrsg.)
Eine Geschichte von Gegenwind und Rücken-           2011, 2., aktualisierte Auflage, 224 S., 35 €       Bd. 8/2018, 90 S., 15 €
wind                                                ISBN 978-3-88118-498-4,             29,99 €         ISBN 978-3-88118-625-4,              12,99 €
Von Tilman Bracher
2021, Bd. 19, vierfarbig, zahlreiche Fotos,         Städtebauliche Gebote nach dem                      Junge Flüchtlinge – Perspektivplanung
ca. 180 S., ca. 34 €, erscheint Anfang Oktober      Baugesetzbuch                                       und Hilfen zur Verselbstständigung
ISBN 978-3-88118-680-3,             29,99 €         A. Bunzel (Hrsg.), von M.-L. Wallraven-Lindl,       Veranstaltungsdokumentation
                                                    A. Strunz, 2010, 188 S., 30 €                       Dialogforum (Hrsg.), Bd. 7/2018, 188 S., 20 €
So geht‘s                                           ISBN 978-3-88118-486-1                              ISBN 978-3-88118-626-1,           16,99 €
Fußverkehr in Städten neu denken und umsetzen
Uta Bauer (Hrsg.)                                   Difu-Impulse                                        Neue Konzepte für Wirtschaftsflächen
2019, Bd. 18, 240 S., vierfarbig, zahlreiche Abb.                                                       Herausforderungen und Trends am Beispiel des
und Fotos, 39 €                                     Vielfalt und Sicherheit im Quartier                 Stadtentwicklungsplanes Wirtschaft in Berlin
ISBN 978-3-88118-643-8,              33,99 €        Konflikte, Vertrauen und sozialer Zusammenhalt      Von S. Wagner-Endres u.a.
                                                    in europäischen Städten                             Bd. 4/2018, 84 S., 15 €
Vielfalt gestalten                                  Gabriel Bartl, Niklas Creemers, Holger Floeting     ISBN 978-3-88118-614-8,        12,99 €
Integration und Stadtentwicklung in Klein-          (Hrsg.)
und Mittelstädten                                   Bd. 3/2020, 182 S., 20€                             Lieferkonzepte in Quartieren – die letzte
Bettina Reimann u.a. (Hrsg.)                        ISBN 978-3-88118-667-4,            16,99 €          Meile nachhaltig gestalten
2018, Bd. 17, 364 Seiten, kostenlos                                                                     Lösungen mit Lastenrädern, Cargo Cruisern
ISBN 978-3-88118-618-6                              Verkehrswende nicht ohne attraktiven                und Mikro-Hubs, W. Arndt und T. Klein (Hrsg.)
    www.difu.de/12236                               ÖPNV                                                Bd. 3/2018, 96 S.,     12,99 €
                                                    Wie lassen sich große ÖPNV-Projekte
Wasserinfrastruktur: Den Wandel                     erfolgreich umsetzen?                                   Difu-Papers
gestalten                                           Jürgen Gies (Hrsg.)
Technische Varianten, räumliche Potenziale,         Bd. 2/2020, 104 S., 18 €                            Klimaschutz, erneuerbare Energien
institutionelle Spielräume                          ISBN 978-3-88118-648-3,         15,99 €             und Klimaanpassung in Kommunen
Martina Winker und Jan-Hendrik Trapp (Hrsg.),                                                           Maßnahmen, Erfolge, Hemmnisse und Entwick-
2017, Bd. 16, 272 S., vierfarbig, 39 €              Checkpoint Teilhabe                                 lungen – Ergebnisse der Umfrage 2020
ISBN 978-3-88118-584-4                              Kinder- und Jugendhilfe + BTHG –                    Von J. Hagelstange, C. Rösler und K. Runge
                                                    Neue ganzheitliche Lösungen entwickeln!             2021, 24 S., nur online
Kommunaler Umgang                                   Veranstaltungsdokumentation                             www.difu.de/16344
mit Gentrifizierung                                 Dialogforum „Bund trifft kommunale Praxis“
Praxiserfahrungen aus acht Kommunen                 Bd. 1/2020, 160 S., 20 Euro                         Altersarmut in Städten
Von Thomas Franke u.a., 2017, Bd. 15, 316 S.,       ISBN 978-3-88118-653-7,         16,99 €             Kommunale Steuerungs- und Handlungsmög-
vierfarbig, zahlreiche Abb., 39 €                                                                       lichkeiten. Von Beate Hollbach-Grömig u.a.
ISBN 978-3-88118-579-0                              Was gewinnt die Stadtgesellschaft durch             2020, 56 S., 5 €,      3,99 €
                                                    saubere Luft?                                           www.difu.de/15789
Sicherheit in der Stadt                             Die lebenswerte Stadt: Handlungsfelder und
Rahmenbedingungen – Praxisbeispiele –               Chancen                                             Kommunale Wirtschaftsförderung 2019
Internationale Erfahrungen                          Von Tilman Bracher u.a., Bd. 2/2019, 68 S., 15 €    Strukturen, Aufgaben, Perspektiven: Ergebnisse
Holger Floeting (Hrsg.), 2015, Bd. 14, 392 S.,      ISBN 978-3-88118-642-1,           12,99 €           der Difu-Umfrage
zahlreiche Abbildungen, 39 €                                                                            Von Sandra Wagner-Endres
ISBN 978-3-88118-534-9,            33,99 €          Öffentlichkeitsbeteiligung beim                     2020, 42 S., 5 €,      3,99 €
                                                    Netzausbau                                              www.difu.de/15617
Städtebauliche Verträge – Ein Handbuch              Evaluation „Planungsdialog Borgholz­hausen“
Vierte, aktualisierte und erweiterte Auflage.       Von Stephanie Bock, Jan Abt, Bettina Reimann        Smart Cities in Deutschland –
Mit Berücksichtigung der BauGB-Novelle 2013         Bd. 1/2019, 98 S., 15 €                             eine Bestandsaufnahme
Von A. Bunzel, D. Coulmas und G. Schmidt-           ISBN 978-3-88118-640-7,          12,99 €            Von Jens Libbe und Roman Soike
Eichstaedt, 2013, Bd. 12, 466 S., 39 €                                                                  2017, 28 S., 5 €,    3,99 €
ISBN 978-3-88118-508-0,             33,99 €                                                                www.difu.de/11741
                                                    ————————————————————————————————————————————
Difu-Arbeitshilfen                                  Übersicht aller Publikationen + Bestellmöglichkeit
                                                    www.difu.de/publikationen
Die Satzungen nach dem Baugesetzbuch
                                                    eBooks: http://difu.ciando-shop.com/info/einside/ – Info für Zuwender: www.difu.de/12544
3. Auflage
A. Bunzel (Hrsg.), von A. Strunz,
                                                    Vertrieb: Difu gGmbH, Zimmerstraße 13-15, 10969 Berlin,
M.-L. Wallraven-Lindl, 2013, 172 S.,
                                                    Tel. +49 30 39001-253, Fax: +49 30 39001-275, Mail: vertrieb@difu.de
zahlreiche Satzungsmuster, 29 €
ISBN 978-3-88118-526-4
                                                       Alle Difu-Veröffentlichungen und -eBooks sind für Difu-Zuwender kostenlos, die mit Stern
                                                    gekennzeichneten Publikationen gibt es exklusiv für Zuwender auch digital.

                                                                                                                                                        17
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