Marktstudie Indonesien - für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung - iMove Germany

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Marktstudie Indonesien - für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung - iMove Germany
Marktstudie
  Indonesien
für den Export beruflicher
  Aus- und Weiterbildung

      TRAINING – MADE IN GERMANY
Marktstudie Indonesien - für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung - iMove Germany
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Marktstudie
  Indonesien
für den Export beruflicher
  Aus- und Weiterbildung

      TRAINING – MADE IN GERMANY
Marktstudie Indonesien - für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung - iMove Germany
Impressum

Herausgeber:           iMOVE
                       beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)
                       Robert-Schuman-Platz 3
                       53175 Bonn

                       Projektleitung: Monika Muylkens

                       iMOVE (International Marketing of Vocational Education) ist eine Initiative
                       vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zur Förderung
                       des Exports deutscher beruflicher Aus- und Weiterbildung. Deutschen
                       Anbietern hilft iMOVE mit einem umfangreichen Serviceangebot bei der
                       Erschließung internationaler Märkte. Mit der Marke „Training – Made in
                       Germany“ wirbt iMOVE im Ausland für deutsche Kompetenz in der
                       beruflichen Aus- und Weiterbildung.

Inhalt:                Deutsch-Indonesische Industrie- und Handelskammer
                       (EKONID)
                       Jl. H. Agus Salim No. 115
                       Jakarta 10310

                       Projektleitung: Julia Larsen-Disney
                       Autorinnen: Ricarda Wagner, Julia Larsen-Disney
                       Mit Beiträgen von: Chloe Martinez, Taufan Gampper

Layout & Satz:         MIC GmbH, Köln, www.mic-net.de

Druck:                 print24

Haftungsausschluss:    Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Für
                       die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche
                       Änderungen übernehmen die Autoren und Herausgeber keine Gewähr.
                       Alle Rechte vorbehalten, auch die der fotomechanischen Wiedergabe und
                       der Speicherung in elektronischen Medien.

                       Diese Publikation wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung
                       und Forschung gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffent­
                       lichung liegt grundsätzlich bei iMOVE, für spezifische Inhalte bei der Deutsch-
                       Indonesischen Industrie- und Handelskammer (EKONID).

Bildquellennachweis:   EKONID: S. 10, 12, 22, 25, 38, 40
                       Swiss German University: S. 36, 37

© November 2012
Marktstudie Indonesien - für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung - iMove Germany
Inhaltsverzeichnis �

Inhalt

Abkürzungen                                                                              6�
Glossar                                                                                  8�
Zusammenfassung                                                                          9�

1 � Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle
    Rahmenbedingungen                                                                   10 �
   1.1   Bevölkerung, Politik, Arbeitsmarkt, Kaufkraft und Urbanisierung                10
   1.2   Wirtschaftsleistung, Sektoren, Investitionsklima                               12
   1.3   Außenwirtschaft                                                                13
   1.4   Wirtschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen zu Deutschland          14

2 Bildungssystem �                                                                      18 �
   2.1   Das Schulsystem                                                                18
   2.2   Berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung                                       21
   2.3   Bildungspolitische Rahmenbedingungen                                           23
   2.4   Beziehungen zu Deutschland im Bereich Bildung                                  23
   2.5   Gesellschaftlich-kulturelle Stellung von Bildung                               24

3 Aus- und Weiterbildungsmarkt und Exportmöglichkeiten �                                26 �
   3.1   Status, Entwicklung und Bedarf des beruflichen Aus- und Weiterbildungsmarkts   26
   3.2   Struktur des Bildungsmarkts und Art des inländischen Bildungsangebots          30
   3.3   Inländische Bildungsträger                                                     32
   3.4   Internationale Anbieter                                                        34
   3.5   Deutsche Anbieter                                                              37
   3.6   Fachliche Rahmenbedingungen                                                    40
   3.7   Finanzielle Rahmenbedingungen                                                  41
   3.8   Politische Rahmenbedingungen                                                   41
   3.9   Rechtliche Rahmenbedingungen                                                   45

4 Informationsangebote und Kontakt- und Marketingmöglichkeiten                          47 �
   4.1   Relevante Institutionen                                                        47
   4.2   Ausgewählte Messen und Fachveranstaltungen                                     54
   4.3   Fachmedien und allgemeine Presse                                               54

Quellen- und Literaturverzeichnis �                                                     55 �

                                                                                                               5
Marktstudie Indonesien - für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung - iMove Germany
Abkürzungsverzeichnis

    Abkürzungen

    AFTA      ASEAN Free Trade Area                       CSR      Corporate Social Responsability
    AIBEP     Australia Indonesia Basic Education         DAAD     Deutscher Akademischer Austauschdienst
              Program                                     EHRD     European Human Resource Development
    APEC      Asia Pacific Economic Cooperation           EKONID   Perkumpulan Ekonomi Indonesia-Jerman,
    ASEAN     Association of South-East Asian Nations              Deutsch-Indonesische Handelskammer
    ASEM      Asia-Europe Meeting                         EQUAS    Education Quality Assurance System
    AusAID    Australian Agency for International         ESCAP    Economic and Social Commission for Asia
              Development                                          and the Pacific
    BAN-PNF   Badan Akreditasi Nasional                   FDI      Foreign Direct Investment, ausländische
              Pendidikan Nonformal (nationale                      Direktinvestitionen
              Akkreditierungsagentur für non-formale      GITEWS   German Indonesian Tsunami Early Warning
              Bildung)                                             System
    BE-SCSP   Basic Education Sector Capacity Support     GIZ      Gesellschaft für internationale
              Programme                                            Zusammenarbeit, vorher GTZ, Gesellschaft
    BECTF     Basic Education Capacity Trust Fund                  für technische Zusammenarbeit
    BERMUTU Better Education through Reformed             GLEMBA   Executive MBA in Global Leadership
            Management and Universal Teacher              GmbH     Gesellschaft mit beschränkter Haftung
            Upgrading
                                                          GTAI     Germany Trade and Invest
    BIP       Bruttoinlandsprodukt
                                                          HGB      Hak Guna Bangunan: Recht, auf einem
    BKPM      Badan Koordinasi Penanaman Modal                     Grundstück ein Haus zu bauen
              (indonesische Investitionsbehörde)
                                                          HM       Hak Milik: Eigentumsrecht
    BNSP      Badan Nasional Sertifikasi Profesi
                                                          HS       Hak Sewa: Mietrecht
              (Nationale Agentur für berufliche
              Zertifizierung)                             ILO      International Labor Organization

    BLK       Balai Latihan Kerja, staatlich geförderte   IMB      Izin Mendirikan Bangunan: Baurecht
              Weiterbildungs- oder Trainingszentren       ITB      Institute of Technology Bandung
    BMBF      Bundesministerium für Bildung und           JERIN    Jerman dan Indonesi: Deutschland und
              Forschung                                            Indonesien
    BMZ       Bundesministerium für wirtschaftliche       KAN      Komite Akreditasi Nasional, nationaler
              Zusammenarbeit und Entwicklung                       Ausschuss für Akkreditierung
    BMWi      Bundesministerium für Wissenschaft und      KfW      Kreditanstalt für Wiederaufbau
              Technologie                                 KKNI     Kerangka Kualifikasi Nasional Indonesia,
    BOS       Bantuan Operasional Sekolah                          Indonesiens Nationaler Qualifikationsrahmen
    BOS-KITA Knowledge Improvement for                    KRIVET   Korean Research Institute for Vocational and
             Transparency and Accountability                       Educational Training
    BPS       Badan Pusat Statistik (indonesische         LNG      Liquid Natural Gas
              Statistikbehörde)                           MA       Madrasah Aliyah, muslimische Sekundarstufe II
    BTC       Business & Technology Center                MI       Madrasah Ibtidaiyah, muslimische
    CIA       Central Intelligence Agency                          Primarstufe
    CIM       Centrum für Internationale Migration        MoEC     Ministry of Education and Culture, vorher
              und Entwicklung                                      MNE, Ministry of National Education

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Abkürzungsverzeichnis

MoM       Ministry of Manpower and                   SMU     Sekolah Menengah Umum, staatliche
          Transmigration                                     Sekundarstufe II
MoNE      Ministry of National Education             SKKNI   Standar Kompetensi Kerja Nasional
MoRA      Ministry of Religious Affairs                      Indonesia, National Competency Standard
MPA       Manpower Act der ILO                       SWAP    Sector-Wide Approach
MTS       Madrasah Tsanawiyah, muslimische           SWOT    Strengths (Stärken), Weaknesses
          Sekundarstufe I                                    (Schwächen), Opportunities (Chancen) und
                                                             Threats (Risiken)
NE-Metall Nichteisenmetall
                                                     TK      Taman Kanak Kanak, Kindergarten
NGO       Non-governmental organization,
          Nichtregierungsorganisation                TVET    Technical and Vocational Education and
                                                             Training
NTVET     National Technical and Vocational
          Education and Training Programme           WTO     World Trade Organization
NVTDC     National Vocational Development Center     WTZ     Wissenschaftlich-technologische
                                                             Zusammenarbeit
PAUD      Pendidikan Anak Usia Dini, Vorschule
PMDN      Penanaman Modal Dalam Negeri, Form
          von Gesellschaft mit lokaler Beteiligung
PSG       Pendidikan Sistem Ganda, duales
          Berufsbildungssystem
PT PMA    Perseroan Terbatas Penanaman Modal
          Asing, entspricht GmbH
RISTEKT   Kementarian Riset Dan Teknologi,
          Ministerium für Forschung und
          Technologie
SBM ITB   School of Business and Management
          Institut Teknologi Bandung
SBY       Susilo Bambang Yudhoyono, Indonesiens
          amtierender Präsident
SD        Sekolah Dasar, staatliche Primarstufe
SED-TVET Sustainable Economic Development
         through Technical and Vocational
         Education and Training
SGU       Swiss German University
SITC      Standard International Trade
          Classification
SMA       Sekolah Menengah Atas, staatliche
          Sekundarstufe II, durch SMU ersetzt
SME       Small and medium-sized enterprises
SMK       Sekolah Menengah Kejuran, staatliche
          Sekundarstufe II, ähnlich wie
          Berufsschule
SMP       Sekolah Menengah Pertama , staatliche
          Sekundarstufe I

                                                                                                        7
Marktstudie Indonesien - für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung - iMove Germany
Glossar

    Glossar

    Sekolah Dasar (SD), staatlich,                         vermitteln, etwa mit der deutschen Volkshochschule
    Madrasah Ibtidaiyah (MI), muslimisch –                 vergleichbar. Daneben gibt es zahlreiche private
    Primarstufe, 6 Jahre                                   Trainingszentren, deren Akkreditierung nach einheit-
                                                           lichen Standards ebenfalls angestrebt wird.
    Sekolah Menengah Pertama (SMP), staatlich,
    Madrasah Tsanawiyah (MTS), muslimisch –                Sekolah Menengah Kejuran (SMK) und Sekolah
    Sekundarstufe 1, 3 Jahre                               Menengah Umum (SMU) –
                                                           Staatliche Schulen der Sekundarstufe 2, 9 – 12.
    Sarjana-Studiengänge (S1, S2, S3) –                    Schuljahr, die muslimische Alternative ist die
    Entsprechen dem Universitätsstudium im klassi-         Madrasah Aliyah (MA)
    schen Sinne und sind aufeinander aufbauend. S1 ist
    vergleichbar mit dem Bachelor (3 – 4 Jahre), S2 mit    Spesialis-Studiengänge (Spesialis 1 oder
    dem Master (2 – 3 Jahre) und S3 (3 – 5 Jahre) mit      Spesialis 2) –
    dem Doktor/Ph.D.                                       Dauern jeweils 2 – 3 Jahre und konzentrieren sich
                                                           auf die berufliche Fortbildung nach Studienab-
    Diploma-Studiengänge (D1-D4) –                         schluss. Für Spesialis 1 sind S1 oder D4 Vorausset-
    Mit Fachhochschulqualifikationen (u.a. auf Politech-   zung, Spesialis 2 baut entweder auf Spesialis 1 oder
    nik-Schulen gelehrt) vergleichbar und haben ent-       auf S2 auf. Spesialis-Studiengänge beziehen auch
    sprechend Praxisbezug. Das D4-Niveau ist in Bezug      Praxiserfahrungen ein.
    auf Hochschulzugang äquivalent zum Bachelor.

    Badan Nasional Sertifikasi Profesi (BNSP) –
    Agentur für berufliche Zertifizierung, die dem MoM
    (Arbeitsministerium) unterstellt ist und den Nati-
    onalen Kompetenzstandard der Industrie (SKKNI)
    definiert

    Badan Koordinasi Sertifikasi Profesi (BKSP) –
    Regionale Koordinierungsagenturen für professionel-
    le Zertifizierung, häufig als „verlängerter Arm“ der
    BNSP bezeichnet

    Standard Kompetensi Kerja National Indonesia
    (SKKNI) –
    Nationaler Kompetenzstandard der Industrie

    Lembaga Sertifikasi Profesi (LSP) –
    Akkreditierte Zertifizierungsstellen, die nach SKKNI
    auditieren

    Balai Latihan Kerja (BLK) –
    Staatlich geförderte Weiterbildungs- oder Trainings-
    zentren auf regionaler Ebene, die dem Arbeitsmi-
    nisterium unterstehen und (Zusatz-)Qualifikationen

8
Zusammenfassung
Indonesien gehört mit seinen knapp 240 Millionen          beitswelt bleibt problematisch, sodass es einen wach-
Einwohnern zum viertgrößten Land der Welt. Die            senden Bedarf im Aus- und Weiterbildungsmarkt gibt.
Weltwirtschaftskrise konnte das starke Wirtschafts-       Allerdings hemmen kulturelle Herausforderungen wie
wachstum Indonesiens nicht bremsen, sodass sich           Sprachkenntnisse und interkulturelle Kompetenz den
Indonesien heute an der Spitze der aufstrebenden          Markteintritt ausländischer Trainingsanbieter.
Länder in der Region Asien-Pazifik befindet. Auf-
grund des großen Ressourcenvorkommens und der             Im Rahmen dieser Studie hat EKONID zur Ermittlung
Modernisierungsbemühungen sowie der Investitions-         von Status und Potenzial beruflicher Aus- und Weiter-
bereitschaft der indonesischen Regierung bieten sich in   bildungsmaßnahmen 11 Interviews mit inländischen,
Indonesien vielversprechende Marktmöglichkeiten an.       ausländischen und deutschen Trainingsanbietern und
                                                          Institutionen geführt sowie in Indonesien ansässige
Deutschland und Indonesien pflegen eine langjährige       Unternehmen nach ihrem Bedarf online befragt. Die
und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die sich auf          Ergebnisse zeigen, dass einerseits die von staatlicher
technische und bildungsrelevante Aspekte konzen-          Hand organisierte Bildung für die Unternehmen nicht
triert. Ein Aspekt der deutsch-indonesischen Zusam-       ausreichend qualifiziertes Fachpersonal hervorbringt.
menarbeit ist die Beratung im beruflichen Bildungs-       Dies ist besonders im technischen und logistischen
wesen unter Einbeziehung des deutschen dualen             Bereich der Fall. Andererseits geben Unternehmen an,
Systems.                                                  keine adäquaten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen
                                                          für ihre Bedürfnisse zu finden.
Bildung nimmt in Indonesien einen hohen Stellenwert
ein. Die indonesische Regierung hat mit der Verab-        Die indonesische Gesellschaft befindet sich im Um-
schiedung eines neuen Bildungsgesetzes 2003 ambitio-      bruch. Viele Reformen sind gerade in der Umsetzung.
nierte Reformen im Bildungsbereich anvisiert. Hierzu      Für deutsche Anbieter von Fort- und Weiterbildungs-
gehören auch die Anhebung der Regierungsausgaben          maßnahmen ergeben sich Chancen im Nischen-
auf 20 % des Nationalbudgets für den Bildungssektor       geschäft sowie im qualitativ und preislich höheren
und die quantitative und qualitative Angebotsverbesse-    Segment bei internationalen oder auf Europa ausge-
rung in der Berufsbildung.                                richteten Unternehmen. Eine Kooperation mit einem
                                                          inländischen Bildungsanbieter kann aufgrund büro-
Dennoch besteht gegenwärtig ein großer Fachkräfte-        kratischer und sprachlicher Hürden von Vorteil sein.
mangel im technischen Bereich. Das Fehlen eines           Besonders australische, britische und amerikanische
dualen Bildungssystems sowie die schwache, wenig          (Franchise-)Unternehmen im Bildungsbereich sowie
praxisorientierte Ausbildung vergrößern die Kluft         international ausgerichtete Angebote von Hochschulen
zwischen Bildungssektor und Arbeitsmarkt. Der             und gleichwertigen Institutionen sind Wettbewerber
Übergang von der schulischen Ausbildung in die Ar-        deutscher Anbieter auf dem indonesischen Bildungs-
                                                          markt.

                                                                                                                   9
1 Sozioökonomische, politische
       und gesellschaftlich-kulturelle
       Rahmenbedingungen

     1.1 Bevölkerung, Politik,                                   Indonesien ist eine Mehrparteien-Präsidialdemokratie,
                                                                 geführt von einem Präsidenten und einem Vizepräsi-
         Arbeitsmarkt, Kaufkraft                                 denten, die für einen fünfjährigen Regierungszeitraum
         und Urbanisierung                                       mehrheitlich und direkt gewählt werden. Präsident
                                                                 und Vizepräsident regieren unter Mitwirkung eines
                                                                 berufenen Kabinetts. Wahlrecht haben Bürgerinnen
     Indonesien ist weltweit das Land mit der viertgröß-         und Bürger ab einem Alter von 17 Jahren (vgl. Oxford
     ten Bevölkerung. Die indonesische Bevölkerung ist           Business Group 2012).
     ethnisch sehr vielfältig. Allein auf der Insel Java leben
     über 100 Millionen Menschen. Dies macht Java zu             Indonesiens amtierender Präsident, Susilo Bambang
     einer der am dichtesten besiedelten Regionen der Welt.      Yudhoyono (SBY), kam in den Präsidentschaftswahlen
     In Indonesien gilt Religionsfreiheit. Die Indonesierin-     am 8. Juli 2009 auf etwa 60 % der Stimmen. SBY bleibt
     nen und Indonesier gehören überwiegend den staatlich        seither populär, auch aufgrund seiner Anti-Korrup-
     anerkannten Religionen Islam (86,1 %), Christentum          tions-Agenda sowie wichtiger Wirtschaftsreformen,
     (evangelisch 5,7 % und katholisch 3 %), Hinduismus          die er oft auch gegen Widerstand im Land beharrlich
     (1,8 %) und Buddhismus (1 %) an (vgl. Oxford Busi-          durchsetzt. Kernpunkte bei den Präsidentschaftswah-
     ness Group 2012).                                           len sind die Überwindung der Armut, Beschäftigung
                                                                 und Sozialleistungen (vgl. Oxford Business Group
     Indonesien erreichte seine Unabhängigkeit von der           2009).
     holländischen Kolonialherrschaft am 17. August 1945.

     Indonesien

                            Malaysia         Brunei
                                         Malaysia
                             Singapore

                                                                                                            Papua
                                                                        Sulawesi
                                           Kalimantan
              Sumatra                                                                                             Papua
                                    Jakarta
                                                                                                                   New
                                                        Bali                                                     Guinea
                                       Java
                                                                              Timor Lorosae

                                                                                                         Quelle: Ekonid

10
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen �

Basis- und Wirtschaftsindikatoren Indonesien �

Fläche                                                           1,9 Mio.km2
Einwohner                                                        237,7 Mio. (2011)
Bevölkerungsdichte                                               125 Einwohner/km2
Bevölkerungswachstum                                             1,5 % (2011)
Rate/Analphabeten                                                circa 7,4 % (2010)
Geschäftssprachen                                                Bahasa Indonesia, English
Mitgliedschaft in regionalen Wirtschaftszusammenschlüssen        ASEAN, AFTA, APEC, ESCAP, ASEM, Colombo-Plan
Währung                                                          Rupiah (IDR) (=100 Sen)
Arbeitslosenquote                                                7 %, offiziell, in Städten, 2011
Durchschnittslohn (EUR/Monat)                                    120 – 450 Facharbeiterinnen und Facharbeiter
                                                                 150 – 900 qual. Angestellte, Industrie, je nach Branche
BIP, nominal                                                     7.427,1 Bill. IDR, 842 Mrd. USD (2011)
BIP je Einwohner (1.000 IDR)                                     31.245 (in 1.000 IDR), 3.543 USD (2011)
Inflationsrate, Entwicklung                                      4,8 % (2009); 5,1 % (2010)

                                                                                                       Quelle: GTAI 2012

46 % der rund 240 Mio. Indonesierinnen und Indo­             reitschaft der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in
nesier sind laut offizieller Statistik unter 25 Jahre alt,   diesen Bereich ist allerdings eher gering (vgl. GTAI
darunter 25 Mio. Teenager. Das Durchschnittsalter            2011).
wurde 2010 auf 28,2 Jahre geschätzt. Bevölkerungs­
wachstum, zunehmende Beschäftigung und steigende             Das Wirtschaftswachstum ist aktuell nicht ausrei­
Realeinkommen sind Stützen für das Wachstum des              chend, um die Arbeitslosigkeit wirksam zu senken.
Konsumsektors. Vergleicht man die ersten 3 Quartale          Die tatsächliche Arbeitslosenquote, die offiziell mit
2011 mit dem entsprechenden Vorjahreszeitraum,               6,8 % bis 7 % erfasst ist, dürfte aufgrund der versteck­
ist eine Steigerung des privaten Verbrauchs real um          ten Arbeitslosigkeit (quantitative Unterbeschäftigung
4,6 % zu verzeichnen. Lokale Firmen und interna­             in der Landwirtschaft und Ermittlungsschwierigkei­
tionale Unternehmen profitieren gleichermaßen                ten) weit höher liegen. Die Ausbildungsstatistik, laut
vom Einzug westlicher Konsumgewohnheiten, dem                derer mehr als 30 % der Erwerbsfähigen über keinen
veränderten Lebensstil und der Aufgeschlossenheit der        Grundschulabschluss verfügen und lediglich rund 5 %
Indonesiererinnen und Indonesier gegenüber neuen             ein Studium erfolgreich absolviert haben, verdeutlicht
Produkten. Dies ist vor allem bei der aufstrebenden          die bestehenden Defizite am Arbeitsmarkt (vgl. GTAI
städtischen Bevölkerung zu beobachten. Investitionen         2011).
im Konsumgüterbereich steigen, das Warenangebot
wird somit vergrößert und neue Arbeitsplätze geschaf­        Besonders Managementfähigkeiten sind Mangelwa­
fen. Der „Consumer Confidence Index“ der Zentral­            re, wenn vakante Positionen besetzt werden sollen.
bank erreichte im Oktober 2011 seinen höchsten Stand         Anfang 2011 waren 43 % der Erwerbsbevölkerung im
seit Ende 2005 (116,2 Punkte).                               Agrarsektor tätig, während etwa 23 % im Handel und
                                                             lediglich knapp 14 % in der verarbeitenden Industrie
In der Industrie ist ein Großteil der indonesischen Ar­      beschäftigt waren. Sowohl für ausländische als auch für
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer ungelernt. Deren            lokale Unternehmen sind Verbesserungen im Bildungs­
Geschicklichkeit bei der Arbeit, Aufnahmefähigkeit           wesen von großer Bedeutung (vgl. GTAI 2011).
und Lernbereitschaft sind jedoch positive Vorausset­
zungen für eine Effizienzsteigerung durch Investitio­        Oftmals wird die Qualität der privaten Schulen
nen in Ausbildungsmaßnahmen. Die Investitionsbe-             kritisiert und mangelnde finanzielle Unterstützung

                                                                                                                           11
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen

     dieser Einrichtungen durch die Regierung beklagt (vgl.     ebenfalls auf Java. Die Insel Java beheimatet die Hälfte
     GTAI 2012a). Laut Auswärtigem Amt (AA 03.2012)             der indonesischen Bevölkerung und ist damit die am
     verpflichtet sich die Regierung allerdings seit dem Jahr   stärksten urbanisierte Region des Landes (vgl. BPB
     2003, 20 % des nationalen Budgets in Bildung zu in-        19.10.2006).
     vestieren. Laut Statistik der Weltbank (vgl. Worldbank
     2012b) wurden 2005 etwa 15 % und 2010 etwa 17 %            Der Urbanisierungsgrad Indonesiens liegt statistisch
     des Budgets für Bildung ausgegeben.                        betrachtet zurzeit bei 44 %, im Vergleich zu den Nach-
                                                                barstaaten Malaysia mit knapp 70 % und den Phil-
     Bedarf an internationalen Kooperationen in der Aus-        ippinen mit über 60 %, wo die Urbanisierung schon
     und Weiterbildung besteht in Indonesien besonders          weiter fortgeschritten ist. Aber auch in Indonesien
     in den Bereichen Management, Fremdsprachenkennt-           setzt sich der Trend weiter fort. 2010 lag die jährlich
     nisse, anspruchsvollere technische Ausbildung und          Urbanisierungsrate bei 1,7 % (vgl. CIA Worldfacebook
     IT-bezogene Anwendungen.                                   17.01.2012).

     Jakarta ist mit 9,6 Mio. Einwohnerinnen und Einwoh-
     nern im City-Bereich und 22 Mio. in der Metropol-
     region (vgl. Reuters) mit Abstand die bevölkerungs-
                                                                1.2 Wirtschaftsleistung,
     reichste Großstadt Indonesiens. Der Raummangel und             Sektoren, Investitions-
     damit verbundene kontinuierliche Preissteigerungen
     für Grund und Boden führen zur Verdrängung der
                                                                    klima
     ärmeren Bevölkerung an die Stadtränder. Das rasche
     Bevölkerungswachstum der letzten Jahrzehnte hat die        Indonesien ist die größte regionale Volkswirtschaft in
     städtische Infrastruktur an ihre Grenzen gebracht.         ASEAM. Mit seinem realen Wachstum des Bruttoin-
                                                                landsprodukts von 6,5 %, (vgl. GTAI 2012a), seinem
     Bandung ist mit 4,12 Mio. Einwohnerinnen und Ein-          Ressourcenreichtum, seiner günstigen Demographie,
     wohnern die zweitgrößte Stadt Indonesiens. Bandung         seiner Nähe zu den anderen ASEAN-Märkten sowie
     und Surabaya mit knapp 3 Mio. Einwohnern liegen            mit seinem hohen lokalen Marktpotenzial zählt Indo-

     Urbanisierung in Jakarta: Das Viertel „Menteng”

12
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen

nesien zu den aufstrebenden asiatischen Märkten. Bei         Eurozone, durch Interventionen der Zentralbank stabil
politischer Stabilität und kontinuierlicher Verbesse-        gehalten werden.
rung der Infrastruktur sowie starkem Entwicklungspo-
tenzial bietet Indonesien als Investitionsstandort für in-   Nachholbedarf besteht bei Infrastrukturinvestitionen
ternationale Unternehmen vielversprechende Chancen.          und bei der Modernisierung der lokalen Industrie,
                                                             sodass auch die Beteiligung privater Unternehmen in
Maßgeblichen Anteil am BIP 2011 hatte in Indonesien          öffentlichen Vorhaben erforderlich ist. Dem gegenüber
die Industrie mit 24,3 % neben der Land- und Forstwirt-      stehen noch zu geringe Investitionsanreize sowie ein
schaft und der Fischerei mit 14,7 %. Der Bergbau trug        hoher Bürokratieaufwand (vgl. GTAI 2012a). Generell
mit 11,9 % (darunter Öl- und Gasförderung mit 4,5 %),        ist jedoch aufgrund der hohen Chancen im Land ein
die Bauwirtschaft mit 10,1 % und Handel und Touris-          verbessertes Investitionsklima festzustellen. Die In-
mus mit 13,7 % zum BIP bei. Der Finanzsektor machte          vestitionsbehörde BKPM bestätigt diesen Trend, nach
7,2 % des BIP aus, und Transport und Kommunikation           welchem die erfassten ausländischen Direktinvestitio-
6,6 % sowie Versorgungsleistungen 0,7 %. Für sonstige        nen im Gesamtvolumen im Jahr 2011 um gut 20 % von
Dienstleistungen verbleibt zusammengefasst ein Anteil        16,215 Mrd. USD auf 19,475 Mrd. USD anstiegen. Die
von 10,5 % des BIP (vgl. GTAI 2011).                         meisten Direktinvestitionen 2011 kamen aus Singapur,
                                                             gefolgt von den USA, den Niederlanden, Japan und
Die indonesische Wirtschaft zeigt sich stark und             Südkorea. Deutschland hatte einen Anteil von
widerstandsfähig, mögliche neue Verwerfungen an              158,1 Mio. USD (vgl. BKPM 2012; BKPM 22.10.2011).
den globalen Märkten dürften das Land aufgrund der
noch relativ geringen Integration in die Weltwirtschaft      Als Stärken des indonesischen Marktes werden laut
weniger tangieren als die Nachbarländer in der Region.       SWOT-Analyse der GTAI immer wieder die Größe des
Die hohe politische Stabilität begünstigt das Wirt-          lokalen Markts mit seinen umfangreichen Rohstoff-
schaftsklima. Bei den meisten volkswirtschaftlichen          ressourcen, das hohe Wirtschaftswachstum und die
Indikatoren steht Indonesien gut da. Das Vertrauen der       junge Bevölkerung bei politischer Stabilität hervorge-
Konsumenten und Investoren ist generell groß, sodass         hoben. Hohe Transport- und Logistikkosten, unzu-
weiterhin ein hohes BIP-Wachstum erwartet werden             reichende Rechtssicherheit, ineffiziente Verwaltung,
kann (vgl. GTAI 2012a).                                      Koordinierungsmängel zwischen den unterschiedli-
                                                             chen Verwaltungsebenen und Ministerien sowie eine
Die Haushaltspolitik Indonesiens ist konservativ             relativ geringe Kaufkraft hingegen erschweren das
geprägt. Indonesien verfügt über eine vergleichsweise        Bestehen am Markt. Den Risiken Marktzugangsbe-
niedrige Staatsschuld von rund 25 % des BIP und ein          schränkungen, langwierige Entscheidungsprozesse,
Haushaltsdefizit von 1,8 % des BIP. Die Verschuldung         hohes Naturkatastrophenrisiko, Problematik bei der
der Unternehmen und die der privaten Haushalte               Umsetzung von Gesetzen und hohe Abhängigkeit von
(durchschnittlich 7 % des verfügbaren Einkommens)            den Rohstoffmärkten stehen wiederum hohe Chancen
sind ebenfalls gering und bieten, in Verbindung mit          durch den Nachholbedarf in der öffentlichen Infra-
der ausreichenden Liquidität am Geldmarkt, gute              struktur, den Modernisierungsbedarf der Industrie, die
Voraussetzungen für kreditgesteuerte weitere Expan-          Nähe zu anderen expandierenden ASEAN-Märkten,
sion sowohl im Investitions- als auch im Konsumsektor        die relativ kostengünstige Lohnfertigung sowie das
(vgl. GTAI 2012a).                                           Mineralpotenzial für Bergbauprojekte gegenüber (vgl.
                                                             GTAI 2011/2012).
Die Inflationsrate lag Ende Oktober 2011 im Zwölfmo-
natsvergleich bei 4,4 %, Tendenz rückläufig (vgl. GTAI
2012a). Die Zentralbank „Bank Indonesia“ konnte
demzufolge Zinssenkungen vornehmen, um die Kon-
                                                             1.3 Außenwirtschaft
junktur zu stabilisieren und Investitionen zu begünsti-
gen. Die Währung konnte, trotz Kapitalabflusses und          Die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Indo-
Rückgang der Devisenreserven auf 114 Mrd. USD                nesien und Deutschland erreichten 2010 ein Gesamt-
(Oktober 2011) infolge der unsicheren Situation in der       volumen von 5,59 Mrd. EUR. Dies ist ein Wachstum

                                                                                                                      13
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen

     von gut 33 % im Vergleich zum Vorjahr. Der Zuwachs            land (6,9 %), Korea (Rep.)(5,4 %), Malaysia (4,2 %)
     entfiel sowohl auf den Export als auch auf den Import         und Australien (3,8 %). Deutschland hatte als Liefer-
     und führte insgesamt zu einem Handelsbilanzsaldo              land für Indonesien im Jahr 2011 einen Anteil von
     von 1,61 Mrd. EUR zugunsten Deutschlands, 0,4 Mrd.            2,5 %. Bei den Hauptabnehmerländern gestaltet sich
     EUR mehr als im Vorjahr. Dieser Trend setzte sich             die Verteilung ähnlich (vgl. GTAI 2011/2012).
     im Folgejahr mit stetigem Wachstum auf Export- und
     Importseite und einem Saldo von über 2 Mrd. EUR
     fort (vgl. GTAI 2011/2012).
                                                                   1.4 Wirtschaftliche, politische
     Deutsche Einfuhrgüter waren 2011 vor allem Textilien              und kulturelle Beziehun-
     und Bekleidung mit 16,9 % der Gesamteinfuhr, gefolgt
     von Rohstoffen mit 15,7 %, Elektronik mit 7,1 %, Nah-
                                                                       gen zu Deutschland
     rungsmitteln mit 6,4 %, chemischen Erzeugnissen mit
     3,5 %, Eisen und Stahl mit 3,4 %, Elektrotechnik mit          Deutschland spielt als bedeutendster Handelspartner
     3,3 %, Nichteisenmetallen mit 2,5 %, Chemikalien mit          in der EU eine große Rolle, obwohl sich der bilaterale
     2,4 % und Maschinen mit 1,5 %.                                Handel zwischen Deutschland und Indonesien und
                                                                   auch die deutschen Investitionen auf eher bescheide-
     Deutsche Ausfuhrgüter nach Indonesien waren im Jahr           nem Niveau bewegen. Deutschland genießt in Indo-
     2011 aufgrund des hohen Erneuerungsbedarfs in der             nesien einen guten Ruf. Qualität und Zuverlässigkeit
     Industrie hauptsächlich Maschinen.                            werden als „typisch deutsch“ wahrgenommen. Als
                                                                   Zielland für indonesische Studierende hat Deutschland
     Wichtige Handelspartner für Indonesien sind die               allerdings aktuell gegenüber den USA und Australien
     Hauptlieferländer China (18,7 %), Japan (14,1 %), die         an Attraktivität verloren (vgl. GTAI 2011).
     USA (7,8 %) und Singapur (7,5 %), gefolgt von Thai-

     Wirtschaftliche Entwicklung 2010 bis 2012, reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr (in %)

                                       BIP      Einfuhr3           Investitionen        Privater Verbrauch
                 17,3

                                                      15,4

                                                                                                       10,0
                                                               8,5

                                                                                                              9,3
                        8,5

                                                                                             6,7
                                               6,5
          6,1

                                                                         4,6

                                                                                                                    4,7
                               4,6

                    2010                                   20111                                          20122

                                                                                                   1
                                                                                                     Schätzung
                                                                                                   2
                                                                                                     Prognose
                                                                                                   3
                                                                                                     Waren und Dienstleistungen

                                                                                   Quelle: Indonesisches Finanzministerium 2011

14
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen

Ausländische Direktinvestitionen in Indonesien 2006 bis 2011 (in Mrd. USD)

                                                                                                                                                 19,47
                                                                                                                     16,21
                                                              14,87

                                                                                              10,82
                                     10,34
    5,99

    2006                             2007                    2008                             2009                   2010                        2011
                                                                                    Quelle: EKONID, eigene Darstellung nach Zahlen der BKPM 2012

Außenhandel, in Mrd. EUR, Veränderung gegenüber dem Vorjahr (in %)

         Deutsche Ausfuhr                    Deutsche Einfuhr                      Saldo
         in Mrd. USD
                                                                                                               4,21/+16,4
                                                        3,6/+33,4
    2,7/-14,1

                                                                                                                             2,12/+5,5
                                                                      1,99/+33,6
                1,49/-15,9

                             -1,21

                                                                                      -1,61

                                                                                                                                         -2,09

           2009                                                2010                                                    2011

                                                                                                                                           Quelle: GTAI 2012

                                                                                                                                                               15
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen

     Das Auswärtige Amt berichtet von rund 250 deut-          Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit fokus-
     schen Unternehmen, sowohl „global players“ als auch      siert sich Deutschland beim Partnerland Indonesien
     kleineren und mittelständischen Firmen, die zurzeit      besonders auf die Bereiche Klimaschutz, Förderung
     in Indonesien vertreten sind und teilweise mit eigenen   der Privatwirtschaft sowie gute Regierungsführung
     Produktionsanlagen ein breites Spektrum der deut-        und Dezentralisierung. Außerdem werden seit dem
     schen Wirtschaft abdecken (vgl. AA 03.2012).             Tsunami vom 26. Dezember 2004 Wiederaufbaupro-
                                                              jekte durchgeführt (vgl. BMZ o.J.; vgl. GIZ 2012a).
     Die Staatsbesuche des damaligen Bundespräsiden-
     ten Christian Wulff im November 2011 sowie der           Es bestehen Kulturaustauschprogramme zwischen
     Bundeskanzlerin im Juli 2012 als Gegenbesuch zum         beiden Ländern wie beispielsweise „U(DYS)TOPIA“,
     Aufenthalt des indonesischen Präsidenten Yudhoyono       in dessen Rahmen Mythen, Märchen und Legenden
     und seines Außenministers Natalegawa im Dezember         von indonesischen und deutschen Künstlerinnen und
     2009 setzten Zeichen vertrauensvoller Zusammenar-        Künstlern in einem Dialog durch gemeinsame Veran-
     beit (vgl. AA 03.2012; vgl. Deutsche Botschaft Jakarta   staltungen und Ausstellungen präsentiert werden.
     09.10.2012a).

     Indonesisch-deutscher Außenhandel (2011)

          Elektrotechnik 6,1 %                                                         Chemikalien 4,7 %

            Kfz und Teile 8,4 %                                                        Mess- und Regeltechnik 3,4 %

               Sonstige 12,9 %
                                                                                       Elektronik 3,4 %

                                                                                       Kunststoffe 3,1 %
        Chemische Erzeugnisse
                      20,3 %

                                                                           Deutsche Ausfuhrgüter
             Maschinen 37,3 %

         Nahrungsmittel 6,4 %                                                          Chemische Erzeugnisse 3,5 %

               Elektronik 7,1 %                                                        Eisen und Stahl 3,4 %

              Rohstoffe 15,7 %                                                         Elektrotechnik 3,3 %

                                                                                       NE-Metalle 2,5 %

                                                                                       Chemikalien 2,4 %
       Textilien und Bekleidung
                         16,9 %                                                        Maschinen 1,5 %

               Sonstige 37,3 %                                             Deutsche Einfuhrgüter

                                                                                                  Quelle: GTAI 2012b

16
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen

Indonesien – 11 wichtigste Abnehmerländer (2011)

            Singapur 6,9%                                                                        Malaysia 5,6 %

              Indien 8,2 %
                                                                                                 Korea (Rep.) 4,7 %

                USA 9,7 %                                                                        Thailand 3,2 %

                                                                                                 Taiwan 2,6 %
              Japan 11,3 %

                                                                                                 Deutschland 2,0 %

          VR China 13,3 %                                                                        Australien 1,9 %

           Sonstige 33,2 %
                                                                                                  Quelle: GTAI 2012b

Im Oktober 2011 initiierte Deutschland das Projekt            Wirtschaft und Politik anlässlich des 60-jährigen
„JERIN - Jerman dan Indonesia“ (creativity in diver-          Jubiläums bilateraler diplomatischer Beziehung beider
sity). Es ist eine Plattform zur Intensivierung der bilate-   Länder (vgl. Deutsche Botschaft Jakarta 2012a; vgl.
ralen Beziehungen in Politik, Kultur, Wissenschaft,           JERIN 2012).

  „Volkssport” Essen
  Der erste Geschäftskontakt wird in Indonesien häufig mit der Lieblingstätigkeit der Indonesier verbun-
  den: dem Essen. In einem für deutsche Geschäftspartner recht informellen Rahmen finden erste Treffen
  oft in einem Restaurant oder einem Sterne-Hotel statt. Pünktlichkeit spielt unter Indonesiern zwar keine
  übergeordnete Rolle, wird aber von den ausländischen Besuchern erwartet. Deshalb sollte kein zu straffer
  Terminplan erstellt werden und vor allem sollten die infrastrukturellen Probleme gerade in größeren
  Städten nicht unterschätzt werden, da man in Staus viel Zeit verlieren kann. Zudem sollte ein Besuch
  sorgfältig geplant und genaue Adressen notiert werden, da ein Indonesier lieber eine falsche als gar keine
  Auskunft gibt und auch Taxifahrer es möglicherweise aus Höflichkeit nicht eingestehen, wenn sie den Weg
  nicht kennen.

  Allgemein braucht „der Deutsche” viel Geduld, möchte er in Indonesien Fuß fassen. In ersten Gesprächen
  ist eine angenehme Atmosphäre wichtiger als das Besprechen von konkreten Themen, sodass oft über –
  für den Deutschen – belanglose Themen gesprochen wird.

                                                                                                                       17
2 Bildungssystem

     2.1 Das Schulsystem                                         der Einschreibungen in der Elementarstufe zu beob-
                                                                 achten, sodass mittlerweile annähernd die Hälfte, fast
     Seit 1994 besteht in Indonesien eine neunjährige Schul-     44 % aller Kinder im Jahre 2008, eine frühkindliche
     pflicht, wobei die Ausbildung bis zur sechsten Klasse       Bildung erhalten (vgl. Dittrich 2011, S. 77).
     in der Regel kostenlos ist. 2002 versprach das indonesi-
     sche Bildungsministerium, zukünftig 20 % aller Staats-
     ausgaben in das Bildungssystem zu investieren. Etwa         Primar- und Sekundarstufe
     die Hälfte dieses Budgets entfällt auf Personalkosten.
     Ein Erfolg dieser Maßnahme ist die Verdopplung der          Einschulungsalter in der Primarstufe ist das sechste
     Zahl der Drei- bis Fünfjährigen in der Elementarstufe.      Lebensjahr. Die Schuldauer in Indonesien bis zur
     Allerdings wird beklagt, dass die Investitionen nicht zu    Erreichung der Hochschulzugangsqualifikation beträgt
     einer deutlichen Qualitätsverbesserung in der Wissens-      insgesamt 12 Jahre. Entsprechend liegt das übliche Al-
     vermittlung geführt hätten (vgl. GTAI 2012a).               ter beim Abschluss bei 18 Jahren. Die Schullaufbahn ist
                                                                 in folgende Stufen unterteilt (vgl. BMBF 30.09.2012).
     Seit der Unabhängigkeit Indonesiens im Jahr 1945 stu-       • Primarstufe, 6 Jahre (sechstes bis elftes Lebensjahr)
     dierten über 30.000 Indonesierinnen und Indonesier in         staatlich „Sekolah Dasar“ (SD)
     Deutschland. 150.000 Schülerinnen und Schüler sowie           oder muslimisch „Madrasah Ibtidaiyah“ (MI)
     Studierende in Indonesien lernen Deutsch als Fremd-
     sprache. Deutsch ist nach der Hauptsprache Englisch         In der Grundschule wird der Unterricht in den ersten
     und neben Japanisch und Mandarin eine sehr beliebte         3 Jahren themenspezifisch organisiert. Es gibt keine
     Sprache (vgl. AA 03.2012).                                  Schulfächer im herkömmlichen Sinne. Erst in den letz-
                                                                 ten 3 Jahren wird der Unterricht entlang von Schulfä-
                                                                 chern strukturiert (vgl. Dittrich 2011, S. 77). Am Ende
     Das Bildungssystem ist untergliedert in 3 aufeinander       der Grundschulzeit steht eine nationale Prüfung. Die
     aufbauende Abschnitte: Elementarstufe, Primar- und          Ergebnisse dieser Prüfung sind für den Übergang in
     Sekundarstufe und Tertiärstufe.                             die Sekundarstufe I ausschlaggebend.
                                                                 • Sekundarstufe I, 3 Jahre (zwölftes bis vierzehntes
                                                                   Lebensjahr) staatlich „Sekolah Menengah Pertama“
     Elementarstufe                                                (SMP) oder muslimisch „Madrasah Tsanawiyah“
                                                                   (MTS)
     Die Elementarstufe in Indonesien ist in 2 Stufen geteilt.
     Sie kann ab dem ersten Lebensjahr besucht werden            In der Sekundarstufe I mag es zwar eine Unterschei-
     und ist nicht verpflichtend. 2010 waren dort etwa 23 %      dung zwischen dem islamisch und dem staatlich
     der indonesischen Kinder eingeschrieben (vgl. KRI-          geprägten Schulverlauf geben, allerdings sind die
     VET 2010, S. 158).                                          Inhalte sowie die Lehrprinzipien gleich. Die Lehrinhal-
     • Vorschule, 3 Jahre (erstes bis drittes Lebensjahr)        te werden zwar von der Regierung in so genannten
       Pendidikan Anak Usia Dini (PAUD)                          „Kurrikulum“ festgelegt, die Auslegung ist jedoch
                                                                 jeder Schule selbst überlassen. Die Ausgestaltung der
     • Kindergarten, 2 Jahre (viertes bis sechstes Lebens-       Lehrpläne wird durch die örtliche Bildungsverwaltung
       jahr) Taman Kanak Kanak (TK)                              zugelassen (vgl. Dittrich 2011, S. 78). Auch in der
     Neben dem Kindergarten gibt es die Möglichkeit, den         Sekundarstufe I wird der Bildungsabschnitt durch eine
     islamischen Kindergarten „Raudatul Athfal“ zu besu-         nationale Prüfung abgeschlossen, deren Bestehen zum
     chen. Insgesamt ist in den letzten Jahren ein Anstieg       Übergang in die Sekundarstufe II berechtigt.

18
2 Bildungssystem

Die Primarstufe und die Sekundarstufe I sind ver-         Tertiärstufe
pflichtend. Es steht den Schülerinnen und Schülern
frei, ob sie am staatlich oder muslimisch organisierten   Das Hochschulsystem Indonesiens ist mit dem ameri-
Verlauf der Stufe teilnehmen möchte. Ein Wechsel          kanischen System vergleichbar und basiert auf dem Er-
der beiden Formen ist zwischen den jeweiligen Stufen      halt von „Credit Points“ zum Erlangen eines Abschlus-
möglich. Im Gegensatz zur SMU vermittelt in der           ses. In der Tertiärstufe gibt es 2 Bildungsmöglichkeiten,
Sekundarstufe II die SMK praktisches Wissen und           die „Sarjana-“ und „Diploma-Studiengänge“. Diese
entspricht somit eher der deutschen Berufsschule.         Studiengänge bauen wiederum aufeinander auf, sodass
• Sekundarstufe II, 3 Jahre (fünfzehntes bis siebzehn-    die jeweils weitere Stufe nur durch den Abschluss des
  tes Lebensjahr) staatlich, Sekolah Menengah Umum        vorherigen Abschnitts möglich ist. Bei Sarjana-Studi-
  (SMU) (ersetzt das frühere Sekolah Menengah Atas)       engängen gibt es 3 Stufen, bei Diploma-Studiengängen
  (SMA) oder Sekolah Menengah Kejuran (SMK)               4 Stufen (vgl. BMBF 30.09.2012). Die Tertiärstufe
  oder muslimisch Madrasah Aliyah (MA)                    kann an einer Akademie, einem Polytechnikum, einer
                                                          Hochschule, einem Institut oder einer Universität
In der Sekundarstufe II findet erstmalig die Tren-        absolviert werden. Akademien vermitteln praxisori-
nung zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung         entierte Kenntnisse im naturwissenschaftlichen oder
statt. Die Unterteilung in muslimische und staatliche     wirtschafswissenschaftlichen Bereich, Polytechnika
Einrichtungen besteht fort. Es gibt die allgemeine        eher im technischen Bereich. Beide bieten in der Regel
Mittelschule SMA sowie den beruflich ausgerichteten       „Diploma“-Abschlüsse an. Neben diesen beiden nicht-
Zweig in den SMKs. Die SMKs bilden in Indonesien          universitären Einrichtungen gibt es auf akademischer
den Schwerpunkt der Berufsbildung (s. Kapitel 2.2) Die    Ebene Institute mit technischen Studiengängen und
SMAs haben einen naturwissenschaftlichen, sprachli-       Universitäten mit natur- und sozialwissenschaflichem
chen oder sozialwissenschaftlichen Schwerpunkt. 2008      Schwerpunkt. Beide Einrichtungen verleihen den Titel
war die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler mit         „Sarjana“ (vgl. Dittrich 2011, S. 86).
45 % im sozialwissenschaftlichen Bereich einge-
schrieben. 33 % wählten den naturwissenschaftlichen       • Diploma-Studiengänge
Bereich. Der sprachliche Bereich erfreute sich mit
lediglich 3 % der Lernenden keiner großen Beliebtheit     Diploma-Studiengänge sind mit dem deutschen Fach-
(vgl. Dittrich 2011, S. 80). Auch die Sekundarstufe II    hochschulstudium vergleichbar. Demnach beinhaltet
wird mit einer nationalen Prüfung abgeschlossen, die      das Studium mehr Praxisbezug. Allerdings wird kein
einen Übergang in die Tertiärstufe ermöglicht.            akademischer Titel nach Abschluss verliehen:
                                                              •    Diploma 1 (D1): 1 Jahr
                                                              •    Diploma 2 (D2): 2 Jahre
                                                              •    Diploma 3 (D3): 3 Jahre
                                                              •    Diploma 4 (D4): 4 Jahre

  Oleh-Oleh
  „Oleh-Oleh” bezeichnet Geschenke und Mitbringsel, die von Reisen und Ausflügen mitgebracht werden.
  Bei einem Geschäftstreffen ist es durchaus üblich, Leckereien und besondere Spezialitäten mitzubringen,
  besonders Schokolade. Auch Blumen werden übergeben. Aufgrund der muslimischen Gewohnheiten sollte
  man jedoch darauf achten, keine Süßigkeiten aus Gelatine (da diese aus Schweineknochen gewonnen
  wird) oder mit Alkoholfüllung mitzubringen. Sollte ein Geschenk zur Seite gelegt werden, gilt dies nicht
  als Geringschätzung – Geschenke werden erst ausgepackt, wenn man alleine ist.

                                                                                                                      19
2 Bildungssystem

     Das indonesische Bildungssystem

          Elementarstufe                                   Primarstufe                            Sekundarstufe                                                                                                        Tertiärstufe

                                                                                                                                berufl. Seniorschule (SMK)
                                                                                       muslimische Juniorschule

                                                           muslimische
                                                           Grundschule
                                                                                                                                muslimishe Seniorschule
                               Kindergarten

                                                                                                                                                                  Diploma 1
                                                                                                                                                                              Diploma 2
                                                                                                                                                                                          Diploma 3
                                                                                                                                                                                                      Diploma 4
           Vorschule

                                                                                                                            allgemeine Seniorschule
                                                                                       allgemeine Juniorschule

                                                                                                                                    (SMA)

                                                                                                                                                                          Sarjana 1                                 Sarjana 2                Sarjana 3
                                                      Grundschule (SD)
                                                                                                                                                                        (3 – 4 Jahre)                             (2 – 3 Jahre)            (3 – 5 Jahre)

      1      2         3   4                  5   6    7     8   9   10      11   12     13                       14   15          16                        17   18          19           20          21         22     23   24      25   26   27   28    29   Alter

                                                                 Schulpflicht

                                                  1    2     3   4       5   6    7          8                    9    10          11                        12    13         14           15          16         17     18   19      20   21   22   23    24   Schuljahr

                                                                                                                                                                                                                           Quelle: Eigene Darstellung

     • Sarjana-Studiengänge                                                                                                                                  •      Sarjana 2: 2 bis 3 Jahre, vergleichbar mit
                                                                                                                                                                    Master
     Sarjana-Studiengänge sind mit dem Universitäts-
                                                                                                                                                             •      Sarjana 3: 3 bis 5 Jahre, vergleichbar mit
     studium vergleichbar und verleihen nach Abschluss
                                                                                                                                                                    Doktor/Ph.D.
     den Titel „Sarjana“. Pro Semester sind mindestens 18
     Kreditpunkte in den jeweiligen Modulprüfungen zu                                                                       Sarjana- und Diploma-Studien verlaufen parallel
     erreichen, um das Semester erfolgreich abzuschließen                                                                   zueinander. Die Möglichkeit eines Wechsels zu Sarjana
     (vgl. ANABIN 2012):                                                                                                    1 und folglich auch zu Sarjana 2 besteht nach Erhalt
           •           Sarjana 1: 3 bis 4 Jahre, vergleichbar mit                                                           des Diploma 3. Der S1- und der D4-Abschluss werden
                       Bachelor                                                                                             als äquivalent anerkannt (vgl. Dittrich 2011, S. 83).

20
2 Bildungssystem

  Humor, Lachen und Lächeln
  Indonesier lieben gute Laune und humorvolle Menschen. Ein Lachen und besonders das Lächeln sind
  integraler Bestandteil der indonesischen Kultur, sodass selbst bei Kritik und ernsten Themen gelacht wird.
  Dies könnte von Deutschen so wahrgenommen werden, dass sich der Indonesier über das Gesagte „lustig
  macht“, jedoch wird in Indonesien auch in unangenehmen Situationen und bei Unsicherheit gelächelt,
  um Negatives zu überspielen. Kritik wird nicht offen vor einer Gruppe geäußert, da die kritisierte Person
  somit ihr „Gesicht verlieren“ würde, sondern sie wird privat unter vier Augen angesprochen.

Insgesamt besuchen lediglich etwa 17 % der Indonesi-        ein großes Angebot an Bildungsgängen mit einer
erinnen und Indonesier eine Bildungseinrichtung der         Dauer von 3 Jahren. Es gibt etwa 40 verschiedene Lern-
Tertiärstufe (vgl. KRIVET 2010).                            bereiche in den SMKs. Die fachliche Ausgestaltung der
                                                            Bildungsgänge wird zu etwa 80 % durch die „Kurriku-
Die Studiengänge kosten üblicherweise 1 Mio. IDR,           lum“ des indonesischen Bildungsministeriums vorge-
das sind etwa 80 EUR, pro Semester. Die Gebühren            geben. Die weitere Ausgestaltung liegt in den Händen
können aber von Institution zu Institution variieren.       des jeweiligen SMK (vgl. Dittrich 2011, S. 98).
Trotz des finanziellen Aufwandes gibt es in der hö-
heren Bildung mehr Bewerberinnen und Bewerber               Absolventinnen und Absolventen der SMKs haben es
als Studienplätze, sodass die Abschlussnote aus dem         deutlich schwerer als ihre Kolleginnen und Kollegen
Sekundarbereich bei der Vergabe der begehrten Plätze        aus den SMAs, eine Zulassung für den gewünsch-
als Kriterium herangezogen wird. Anschließend gilt es,      ten Studienplatz zu erhalten. Dies mag daran liegen,
noch einen schriftlichen Eingangstest und ein Inter-        dass die SMKs einen Schwerpunkt auf die praktische
view zu bestehen (vgl. Dittrich 2011, S. 85).               Berufsbildung legen und weniger fokussiert auf den
                                                            Übergang zur Hochschule vorbereiten (vgl. Dittrich
                                                            2011, S. 85). Ziel der SMKs ist vielmehr ein möglichst
                                                            problemloser Einstieg in die Arbeitswelt.
2.2 Berufliche Aus- , Fort-
    und Weiterbildung                                       Gegenwärtig besteht starker Mangel an gut ausgebilde-
                                                            ten Fachkräften in Indonesien. Besonders die Zusam-
Generell wird die berufliche Weiterbildung, anders          menarbeit zwischen Schulen und der Privatwirtschaft
als in Deutschland, als „weitergehende“ und nicht als       steht dabei in der Kritik. Ausbildungsinhalte sind noch
„weiterführende“ Bildung verstanden. Im Indone-             zu wenig nachfrageorientiert. Bestehende Projekte zur
sischen wird eher der Begriff „Pelatihan Kerja“, also       Einführung des dualen Systems brauchen mehr Indus-
„Training für die Arbeit“, in diesem Bereich verwendet      triebezug in Form von Ausbildungspartnerschaften,
(vgl. Dittrich 2011, S. 87). Sie wird von staatlichen und   um ihre Erfolgschancen zu verbessern. Insbesondere
privaten Anbietern in Trainingszentren organisiert und      nicht ausreichend qualifizierte Pädagoginnen und Pä-
auf Basis des National Competency Standard (Standar         dagogen sowie veraltetes Lehrmaterial, wenig aktuelle
Kompetensi Kerja Nasional Indonesia, SKKNI) zerti-          Lehrpläne und eine ineffiziente Verwaltung erschweren
fiziert.                                                    die Situation (vgl. GTAI 2012a). Die Regierung un-
                                                            ternimmt große Anstrengungen, um diese Situation
Am ehesten mit der deutschen Berufsschule zu ver-           zu verändern. Seit der Reform des Bildungsgesetzes
gleichen ist die SMK. Im Schuljahr 2008/2009 gab es         2003 befindet sich das Aus- und Weiterbildungssystem
etwa 2.000 staatliche und etwa 5.600 private SMKs.          Indonesiens in ständiger Entwicklung, um den neuen
Die SMKs sind nicht mehr wie in den 1990ern auf             Anforderungen gerecht zu werden.
bestimmte Bereiche festgelegt. Allerdings haben SMKs

                                                                                                                      21
2 Bildungssystem

     Das duale System                                          Spesialis-Studiengänge

     Im „dualen System“ sollen erste praktische Erfahrun-      Spesialis-Studien konzentrieren sich auf die berufli-
     gen schon in der Schule gesammelt und später durch        che Fortbildung nach Studienabschluss. Sie sind in
     Praktika und Trainingsprogramme in Zusammenarbeit         Deutschland z.B. mit dem „Facharzt“ vergleichbar, der
     mit der Privatwirtschaft vertieft werden. Heute findet    in der Praxis über einen längeren Zeitraum erlangt
     man Ansätze des dualen Systems in verschiedenen           wird. Mit einer „Spesialis“ können in bestimmen Beru-
     Ebenen des Bildungssystems, allerdings sind diese         fen erworbene Kenntnisse durch erweiterte Praxiser-
     nicht direkt mit dem dualen System in Deutschland         fahrung vertieft werden. Die Spesialis-Studien bestehen
     vergleichbar. Seit den 1990ern gibt es in Indonesien      aus 2 Abschnitten (vgl. ANABIN 2012):
     Projekte der Schweiz (Swiss Contact), Australiens         • Spesialis 1: 2 bis 3 Jahre
     (AusAID) und Deutschlands (GIZ) zur Einführung
     eines dualen Systems. Ausgehend von der indonesi-         • Spesialis 2: 2 bis 3 Jahre
     schen Regierung – unter Federführung des damaligen
     Bildungsministers Prof. Wardiman Djojonegoro – wur-       Einstiegsvoraussetzung für Spesialis 1 sind der Erhalt
     de 1994 in Zusammenarbeit mit der GIZ das „Pendidi-       von Sarjana 1 oder von Diploma 4, für Spesialis 2
     kan Sistem Ganda“ (PSG) als duales Bildungssystem im      benötigt man Spesialis 1 oder Sarjana 2.
     Rahmen der „link-and-match“-Politik gestartet. Das
     anfänglich erfolgreiche Projekt wurde aufgrund der
     Asienkrise und dem darauf folgenden Sturz Suhartos
                                                               Balai Latihan Kerja (BLK)
     im Jahre 1998 nicht weiterverfolgt (vgl. Dittrich 2011,
     S. 140).
                                                               Die überall auf regionaler Ebene in Indonesien verteil-
                                                               ten Balai Latihan Kerja (BLK) sind staatlich geförderte

     Eine SMK-Gruppe bei einer Jobmesse in Surakarta 2012

22
2 Bildungssystem

Bildungszentren für Weiterbildungsmaßnahmen auf           nung der Abschlüsse anderer Länder erfolgt (vgl.
allen Ebenen, vergleichbar mit der deutschen Volks-       Dittrich 2011, S. 139). Für indonesische Bürgerinnen
hochschule. Sie sind mit geringen oder gar keinen         und Bürger besteht zwar die Möglichkeit, eine Lehre
Teilnahmekosten verbunden. Ihr Angebot umfasst            im Ausland zu absolvieren, allerdings wird dies selten
unter anderem Computer- und Sprachkurse. Die BLKs         wahrgenommen. Die Lehre müsste zudem in Indonesi-
bieten auch Schulungen für die Arbeit im Ausland wie      en zertifiziert werden.
„Housekeeping“ an. Mit Hilfe verschiedener Nicht-
Regierungsorganisationen (NGOs) wird stetig an der
Qualität und Quantität der angebotenen Programme
gearbeitet (vgl. Dittrich 2011).                          2.4 Beziehungen zu Deutsch-
                                                              land im Bereich Bildung

                                                          Im Bildungsbereich besteht zwischen Indonesien und
2.3 Bildungspolitische                                    Deutschland eine jahrzehntelange Zusammenarbeit.
    Rahmenbedingungen                                     Diese erfolgt größtenteils über die Botschaften, den
                                                          DAAD und NGOs. Ein Aspekt der indonesisch-deut-
                                                          schen Zusammenarbeit ist die Beratung im beruflichen
Bildungspolitisch sind einerseits das „Ministry of Edu-   Bildungswesen unter Einbeziehung des deutschen
cation and Culture“ (MoEC) (vorher MoNE, Ministry         dualen Systems.
of National Education) und das „Ministry of Reli-
gious Affairs“ (MoRA) sowie das Arbeitsministerium        Aktuell konzentriert sich ein im Auftrag des BMZ seit
„Ministry of Manpower and Transmigration“ (MoM)           2010 bis 2018 laufendes Entwicklungsprojekt der GIZ
zuständig. Das MoEC ist zuständig für die schulischen     in Kooperation mit dem Ministry of Education and
Bildungsstufen. Das „Ministry of Religious Affairs“       Culture (MoEC, vorher MoNE) auf die Förderung
(MoRA) ist für die muslimischen Bildungseinrichtun-       nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung durch berufli-
gen verantwortlich. Das Arbeitsministerium ist für die    che Bildung. Ein Fokus liegt auf dem Übergang vom
„Out-of-school“-Trainingszentren zuständig, zu wel-       Bildungssystem in die Arbeitswelt. Ziel des Projekts ist
chen vor allem die Balai Latihan Kerja (BLK) gehören      es, mit Hilfe einer dualen Ausbildung eine engere Ver-
(vgl. Worldbank 2010a).                                   flechtung von staatlicher Bildung und Privatwirtschaft
                                                          zu etablieren. Dies ist besonders bei den technischen
Im Rahmen der Dezentralisierung im Jahr 2001 haben        Berufen erforderlich (vgl. GIZ 2012b).
lokale Einrichtungen der Regierung substantielle
finanzielle Ressourcen erhalten, konnten diese aber       Beim Projekt „Sustainable Economic Development
bislang nicht für die Qualitätsverbesserung der Bildung   through Technical and Vocational Education and
einsetzen. Es mangelt an Kompetenzen im Finanzma-         Training“ (SED-TVET) stehen im Vordergrund: die
nagement (vgl. Worldbank 2010a, S. 20). Ein von der       Qualitätsverbesserung der Lehr- und Lernmethoden in
Europäischen Kommission und der niederländischen          Schulen und Weiterbildungszentren, förderliche regu-
Regierung eingerichteter Fonds aus dem Jahr 2007 –        latorische Rahmenbedingungen und bessere Kenntnis
der „Basic Education Capacity Trust Fund“ (BEC-TF)        des Arbeitsmarkts sowie die Einführung von Dienst-
– hat das Ziel, 50 lokale Regierungseinrichtungen in      leistungen, die den Jugendlichen den Übergang von
Indonesien bei der Verbesserung ihres Bildungsma-         der Schule in einen Beruf erleichtern (vgl. GIZ 2012b).
nagements und der Bildungsqualität zu unterstützen
(vgl. Worldbank 2009a).                                   Auch die KfW investiert in die berufliche Bildung in
                                                          Indonesien. Dank der finanziellen Unterstützung der
Gegenüber ausländischen Arbeitnehmerinnen und             KfW wurden auf der Insel Java 23 Trainingszentren
Arbeitnehmern ist die indonesische Regierung eher         mit modernem Lehrmaterial ausgestattet (vgl. KfW
restriktiv, sodass noch keine gegenseitige Anerken-       2012) und allgemein das Berufsbildungssystem unter-

                                                                                                                     23
2 Bildungssystem

     stützt. Zudem wurde eine Schiffsschule im Hafen von      die vom BMBF und vom indonesischen Ministerium
     Semarang gefördert, um die Ausbildungsstandards der      für Forschung und Technologie (RISTEK) unterstütz-
     International Maritime Organization (IMO) zu erfül-      ten „Business & Technology Center“ (BTC), die eine
     len. Insgesamt wurden seit 2002 rund 71 Mio. EUR für     bessere Verflechtung von Forschung und Wirtschaft
     5 unterschiedliche Projekte bereitgestellt.              anstreben (vgl. BMBF 01.12.2011).

     Ein Projekt der sequa und der IHK Hochrhein-Bo-
     densee verfolgt das Ziel, durch „Partnership Projects“
     mit indonesischen TVET-Institutionen, indonesischen
     Kammern und Verbänden die berufliche Aus- und
                                                              2.5 Gesellschaftlich-kulturelle
     Weiterbildung zu unterstützen. Unter anderem soll die        Stellung von Bildung
     indonesische nationale Agentur für berufliche Zertifi-
     zierung (BNSP) gestärkt werden und in ausgewählten
     SMKs die berufliche Aus- und Weiterbildung stärker       Bildung hat in Indonesien einen sehr hohen Stellenwert
     an die Bedürfnisse der Wirtschaft angepasst werden.      und wird als Ausweg aus der Armut betrachtet. Ganze
                                                              Familien verschulden sich, um den Kindern eine gute
     Seit über 30 Jahren besteht zudem eine enge Zusam-       Ausbildung zu ermöglichen. Gerade arme Familien
     menarbeit im Hochschulbereich. Besonders durch           sehen Bildung als lohnende Investition und versuchen
     die Aktivitäten des DAAD und der Botschaft beste-        trotz ihrer schwierigen finanziellen Lage, die Schul-
     hen zwischen vielen deutschen und indonesischen          bildung ihrer Kinder zu fördern. Oft kann nur eines
     Hochschulen Kooperationen, sodass bisher etwa 2.400      der Kinder einer Familie zur (Hoch-)Schule geschickt
     indonesische Studierende an deutschen Hochschulen        werden, wobei die Wahl meist auf das älteste oder das
     verzeichnet wurden (vgl. Deutsche Botschaft Jakarta      intelligenteste fällt. Die gesamte Familie versucht, das
     09.10.2012a). Indonesien gehört ebenfalls zu jenen       Kind finanziell zu unterstützen (z.B. durch Feldarbeit),
     Ländern, mit denen durch die Initiative „Schulen:        wobei dann die Schulausbildung der anderen Kinder
     Partner der Zukunft“ (PASCH) des Auswärtigen Amts        vernachlässigt wird.
     eine längerfristige Deutschlandbindung im Bildungs-
     bereich angestrebt wird. Das Netz von deutschen          Seit 1994 besteht eine 9-jährige Schulpflicht. Der Schul-
     Auslandsschulen und jenen Schulen in Indonesien, die     besuch ist in dieser Zeit kostenlos. Allerdings stellen
     Unterricht auf Deutsch oder das deutsche Sprachdi-       hohe Nebenkosten wie der Kauf der Schuluniform und
     plom anbieten, wird damit unterstützt (vgl. Deutsche     der Lehrbücher für viele Familien unüberwindbare
     Botschaft Jakarta 09.10.2012b).                          Barrieren dar (vgl. GTAI 2012a). Um im Wettbewerb
                                                              mit anderen Ländern Schritt halten zu können, müsste
     Im März 2011 übergab das Bundesministerium               eine Veränderung der Lehr- und Lernkultur stattfinden:
     für Bildung und Forschung (BMBF) ein Tsunami-            Noch zu häufig wird Frontalunterricht gegeben und
     Frühwarnsystem für den Indischen Ozean (German           somit ein komplexes Verständnis von problematischen
     Indonesian Tsunami Early Warning System, GI-             Fragestellungen nicht optimal gefördert.
     TEWS). Dies war das Ergebnis eines von mehreren
     erfolgreichen gemeinsamen Projekten und folgte           Das indonesische Lehrer-Schüler-Verhältnis ist von Re-
     auf die tragische Naturkatastrophe in Indonesien im      spekt und einem stärker hierarchisch geprägten Denken
     Dezember 2004 (vgl. BMBF 12.08.2011). Indone-            bestimmt als in Deutschland. Der Ausdruck „Sungkan“
     sien ist seit dem Abkommen zur Wissenschaftlich-         beschreibt im Indonesischen die zurückhaltende und
     technologischen Zusammenarbeit (WTZ) von 1979            bescheidene Einstellung gegenüber Lehrkräften und
     eines der Schwerpunktländer in der Bildungs- und         Trainerinnen und Trainern. Auf Fragen wie „Hast du
     Forschungskooperation. Dies betrifft vor allem die       verstanden?“ wird trotz Nichtverstehens oft bejahend
     Bereiche Meeresforschung, Luft- und Raumfahrtfor-        geantwortet, entweder um nicht sein eigenes Gesicht zu
     schung, Geowissenschaften, Energieforschung sowie        verlieren, da man es tatsächlich nicht verstanden hat,
     Sozial- und Geisteswissenschaften. Dazu gehören auch     oder um nicht die Lehrkraft ihr Gesicht verlieren zu

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