VERANSTALTUNGEN 3/2017 STATISTISCHE METHODEN IN DER HYDROLOGISCHEN VORHERSAGEPRAXIS UND DEREN NUTZEN - BFG

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VERANSTALTUNGEN 3/2017 STATISTISCHE METHODEN IN DER HYDROLOGISCHEN VORHERSAGEPRAXIS UND DEREN NUTZEN - BFG
3/2017

Veranstaltungen

Statistische Methoden in der hydrologischen
Vorhersagepraxis und deren Nutzen

Kolloquium am 13./14. September 2017 in Koblenz

Koblenz, September 2017
VERANSTALTUNGEN 3/2017 STATISTISCHE METHODEN IN DER HYDROLOGISCHEN VORHERSAGEPRAXIS UND DEREN NUTZEN - BFG
Impressum

Herausgeber:    Bundesanstalt für Gewässerkunde
                Am Mainzer Tor 1
                Postfach 20 02 53
                56002 Koblenz
                Tel.: +49 (0)261 1306-0
                Fax: +49 (0)261 1306 5302
                E-Mail: posteingang@bafg.de
                Internet: http://www.bafg.de

Druck:          Druckerei des BMVI, Bonn

ISSN 1866 – 220X

DOI: 10.5675/BfG_Veranst_2017.3

Zitiervorschlag:
Bundesanstalt für Gewässerkunde (Hrsg.): Statistische Methoden in der hydrologischen Vorhersage-
praxis und deren Nutzen. Kolloquium am 13./14. September 2017 in Koblenz. – Veranstaltungen
3/2017, Koblenz, September 2017, 64 S.
DOI: 10.5675/BfG_Veranst_2017.3
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Inhalt

Statistische Methoden in der hydrologischen Vorhersagepraxis und deren Nutzen .......... 5

Vorhersagen für die WSV ‒ Bedeutung, Nutzen, Anforderungen ....................................... 6
Bernhard Mott

Statistische Methoden in der hydrologischen Vorhersage der BfG...................................... 8
Bastian Klein, Dennis Meißner und Silke Rademacher

Probabilistische Ableitung von Vorhersageunsicherheiten in der
Hochwasservorhersage in Bayern.......................................................................................... 15
Daniel Waldmann und Alfons Vogelbacher

Statistische Unsicherheitsanalyse in der Abflussvorhersage des
Hochwassermeldedienstes Rheinland-Pfalz .......................................................................... 18
Margret Johst und Norbert Demuth

Vergleichende Bewertung unterschiedlicher Modellansätze mit Blick auf die
Ableitung von Hochwasserfrühwarnungen .......................................................................... 21
Andy Philipp, Florian Kerl, Christine Metzkes, Michael Wagner und Niels Schütze

Anwendung hydrologischer Vorhersagen bei BASF SE ‒ Beispiele, Anforderungen
und Wünsche ........................................................................................................................... 24
Max Bangert und Wolfgang Egel-Hess

Nutzung von Langfristmodellen für die Transportlogistik – Die Sicht eines
Stromproduzenten entlang des Rheins .................................................................................. 28
Christoph Elsässer und Matthias Piot

Der Einfluss des Rheinpegels auf die Systemsicherheit im deutschen
Übertragungsnetz .................................................................................................................... 31
Volker Dütsch

Laufwasserkraftwerke in den Alpen: Modellierung und Einfluss im Strommarkt .......... 34
Matthias Heveling

Operationelle Verfahren und aktuelle Entwicklungen im statistischen Postprocessing
beim Deutschen Wetterdienst ................................................................................................ 36
Reinhold Hess

Statistische Post-Prozessierung von hydrologischen Ensemble-Vorhersagen ................... 39
Stephan Hemri

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                    Pre- und Post-Prozessierung eines hydrometeorologischen Ensemble-
                    Vorhersagesystems für Monatsprognosen von Tagesabflüssen in alpinen
                    Einzugsgebieten in der Schweiz ............................................................................................. 43
                    Samuel Monhart

                    Von der Modellberechnung zur Abgabeentscheidung an der Edertalsperre .................... 46
                    Jochen Hohenrainer und Jiri Cemus

                    Assessment of predictive uncertainty using multi-model variational data assimilation ... 49
                    Rodolfo Alvarado-Montero

                    Data assimilation to improve operational flow forecasts from catchment to
                    continental scale ...................................................................................................................... 52
                    Albrecht Weerts

                    Statistische Methoden bei der Analyse und Vorhersage von Pegelständen an der
                    deutschen Nordseeküste.......................................................................................................... 54
                    Sylvin Müller-Navarra

                    Monthly to seasonal statistical prediction with application for the German and
                    Romanian waterways and Arctic Sea Ice Extent ................................................................. 57
                    Monica Ionita

                    Anwendung von rekurrenten neuronalen Netzen zur Abflusssimulation und
                    -vorhersage an Rhein, Mosel und Donau .............................................................................. 62
                    Hans-Ulrich Kobialka

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Statistische Methoden in der hydrologischen
Vorhersagepraxis und deren Nutzen

Statistische Verfahren und Modelle sind seit Jahrzehnten unverzichtbarer Bestandteil hydro-
logischer Vorhersagesysteme. Diese Methoden werden in allen Prozessierungsschritten der
Abfluss- und Wasserstandsvorhersage eingesetzt, wie z. B. der Interpolation von Beobach-
tungsdaten, Downscaling von meteorologischen Vorhersagen, Kalibrierung von Ensemble-
Vorhersagen, Fehlerkorrektur und Datenassimilation von in Echtzeit verfügbaren Daten-
produkten. Aber auch die Vorhersageberechnung selbst erfolgt häufig mittels statistischer
Verfahren unterschiedlicher Komplexität, von linearen Regressionen bis hin zu neuronalen
Netzen. Aufgrund des großen Verbesserungspotenzials und der relativ geringen Anwen-
dungskosten ist die Neu- und Weiterentwicklung dieser statistischen Methoden Gegenstand
aktueller Entwicklungen in der Wissenschaft.
Dieses Kolloquium rückt die häufig eher im Hintergrund eingesetzten statistischen Verfahren
und Modelle in den Fokus und zielt auf einen Brückenschlag zwischen Forschung, Vorher-
sagepraxis und Nutzern von Vorhersageprodukten ab. Entsprechend stellen Vertreter aus
Wissenschaft, operationeller Vorhersagepraxis und Wirtschaft die aktuellen Möglichkeiten
und Grenzen dieser Techniken und Produkte über ein weites Anwendungsspektrum des
hydrologischen Vorhersagealltags vor.
Das Kolloquium richtet sich an alle mit (hydrologischen) Vorhersagen befassten Kollegen
aus Behörden, Forschungseinrichtungen, Beratungsbüros und Unternehmen sowie die
interessierte Fachöffentlichkeit.

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                    Vorhersagen für die WSV ‒ Bedeutung, Nutzen,
                    Anforderungen

                    Bernhard Mott

                    Im Vortrag werden zunächst die rechtlichen Grundlagen der Vorhersagen, die durch die
                    Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) und die Bundesanstalt für Gewässerkunde
                    (BfG) veröffentlicht werden, dargelegt.
                    Im Weiteren wird auf die verschiedenen Arten der Wasserstandsvorhersage eingegangen.
                    Zum einen kann nach der Dauer und zum andern nach dem Zweck bzw. der Wasserstandshö-
                    he unterschieden werden. Kurzfristige Vorhersagen verfügen über einen Horizont von weni-
                    gen Tagen und werden i. d. R. von der Schifffahrt für ihre Fahrtenplanung genutzt. Bei Nied-
                    rigwasser interessiert die mögliche Abladung, bei Hochwasser, ob das Schiff mit der Ladung
                    noch durch die Brücke passt. Mittel- bis langfristige Vorhersagen sind von der Schifffahrt für
                    Routenplanungen auf Langstrecke immer wieder gefordert. Der Unterschied zwischen Hoch-
                    und Niedrigwasservorhersage liegt in der höheren Komplexität, ggf. fehlenden Messwerten
                    und erhöhten Anforderungen an Ausfallsicherheit bei Hochwasser. Auch ist zu berücksichti-
                    gen, dass das Wasser bei Hochwasser durch Ausuferungen im Vorlandbereich fließt und so-
                    mit der Aufwand für die zugrundeliegenden Geodaten deutlich höher liegt. Weiter ist der
                    Personalaufwand durch den 24h-Schichtbetrieb dreimal so hoch wie bei verkehrsbezogenen
                    Vorhersagen.
                    Da Vorhersagen kein Selbstzweck der Verwaltung sind, ist ein Blick auf den Nutzerkreis und
                    dessen entstandener Nutzen interessant. Der Spannungsbogen geht vom einzelnen Partikulier
                    bis zur Industrie und kompletten Verwaltung aus Bund, Ländern und Kommunen. Der Nut-
                    zen deckt vom reinen monetären Effekt bis zur Sicherheit für Leib und Leben alles ab.
                    Abgerundet wird der Vortrag durch einen kurzen „Ausflug“ in die Eiszeit. Im Elektronischen
                    Wasserstraßen-Informationsservice ELWIS werden die notwendigen Informationen für die
                    Schifffahrt zu den Eisberichten mit Sachstand und Vorhersagen veröffentlicht.

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                                     1983-1986
                                     Studium der Nachrichtentechnik an der Universität
                                     der Bundeswehr in München
                                     2002
                                     Eintritt in die WSV in der WSD Süd, Würzburg
                                     2002-2003
                                     Einsatz im Bereich Telematik
                                     2003-2010
                                     Dezernatsleiter Haushalt/Controlling
                                     2011-2017
                                     Aufgabenfeldleiter Verkehrsmanagement
                                     seit 2017
                                     Projektleiter Migration WISKI 7
Kontakt:
Bernhard Mott
Generaldirektion Wasserstraßen und
Schifffahrt, Standort Würzburg
Wörthstraße 19
97082 Würzburg
Tel.: 0931/ 4105 420
E-Mail:
Bernhard.Mott@wsv.bund.de

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                    Statistische Methoden in der hydrologischen
                    Vorhersage der BfG

                    Bastian Klein, Dennis Meißner und Silke Rademacher

                    Seit mehreren Jahrzehnten werden in der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) statistische
                    Modelle angewendet. Schon ab 1975 wurden in der BfG mit dem statistischen Mehrkanal-
                    filtermodell Niedrigwasser-Abflussvorhersagen für den Rhein-Pegel Kaub gerechnet und
                    veröffentlicht (WILKE 1985). Das Mehrkanalfiltermodell analysiert Übertragungseigenschaf-
                    ten eines hydrologischen Systems aus der Belastung (z. B. abflusswirksamer Niederschlag,
                    Abfluss an oberhalb gelegenen Pegeln) und dem Ergebnis (z. B. Abfluss am Pegel) in integ-
                    raler Form mithilfe einer Übertragungsfunktion.
                    Trotz einer verstärkten Nutzung deterministischer Niederschlags-Abfluss-Modelle zur Be-
                    rechnung der Abflussbildungsprozesse und hydrodynamischer Modelle zur Berechnung der
                    Wellenverformung in den Gewässern sind statistische Modelle in der hydrologischen Vorher-
                    sage der BfG auch weiterhin nicht mehr wegzudenken. Insbesondere im Rahmen von aktuel-
                    len F&E-Projekten wie z. B. „Seamless Prediction – Quantifizierung und Reduktion von Un-
                    sicherheiten durch Datenassimilation und Ensembletechniken für Kurz-, Mittel- und Lang-
                    fristvorhersagen der BfG“ und dem EU-Horizon 2020 Projekt „IMPREX ‒ IMproving PRe-
                    dictions and management of hydrological EXtremes (www.IMPREX.eu)“ wird an der BfG
                    die Entwicklung und Anwendung statistischer Methoden in der Vorhersage weiter vorange-
                    trieben. In diesem Beitrag werden ausgewählte Methoden kurz vorgestellt.

                    Methoden der Unsicherheitsanalyse
                    Zur Quantifizierung der meteorologischen Vorhersageunsicherheit in der hydrologischen
                    Vorhersage werden im Allgemeinen meteorologische Ensemble-Vorhersagen als Eingangs-
                    größen für das hydrologische Vorhersagemodell verwendet, um Ensembles von Abfluss-
                    bzw. Wasserstandsvorhersagen zu berechnen. Aktuell werden im Vorhersagesystem der BfG
                    die meteorologischen Ensemble-Vorhersagen COSMO-LEPS (20 Einzelvorhersagen) von
                    ARPA-SIM, ECMWF-ENS (51 Einzelvorhersagen) des Europäischen Zentrums für mittel-
                    fristige Wettervorhersage EZMW und ICON-EPS (40 Einzelvorhersagen) des Deutschen
                    Wetterdienstes (DWD) zur Berechnung von hydrologischen Ensemble-Vorhersagen einge-
                    setzt.
                    In der operationellen Vorhersage-Praxis werden oft fälschlicherweise die „rohen“, also die
                    nicht statistisch post-prozessierten Ensemble-Vorhersagen als probabilistische Vorhersagen
                    interpretiert, obwohl sie im Allgemeinen einen systematischen Fehler (Bias) und eine zu
                    geringe Streuung aufweisen.

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Um die Gesamtvorhersageunsicherheit in der Wasserstandsvorhersage der BfG zu quantifi-
zieren, wurden im Rahmen des Projektes „Seamless Prediction“ in Zusammenarbeit mit dem
Heidelberg Institut für Theoretische Studien (HITS) Methoden zur Quantifizierung der prä-
diktiven Unsicherheit der hydrologischen Ensemble-Vorhersagen der BfG entwickelt und
angewendet (HEMRI & KLEIN 2017, KLEIN et al. 2015).
Im aktuellen System wird die statistische Methode Ensemble Model Output Statistics (EMOS)
eingesetzt, um probabilistische Wasserstandsvorhersagen aus dem berechneten Wasserstands-
Ensemble zu ermitteln (weitere Details siehe KLEIN et al. 2015). Der aktualisierte Vorhersa-
geablauf für die Erstellung von probabilistischen Wasserstandsvorhersagen ist in Abb. 1 dar-
gestellt. Die zusätzlichen Komponenten im Vergleich zur operationellen deterministischen
Wasserstandsvorhersage sind rot markiert.

Abb. 1:      Ablauf-Schema der probabilistischen Wasserstandsvorhersage Rhein: Ermittlung der
             Parameter der statistischen Unsicherheits-Prozessoren (Offline), Anwendung in der
             operationellen Vorhersage (Echtzeit), in rot zusätzliche Komponenten im Vergleich zur
             deterministischen 4-Tages-Vorhersage

Im Rahmen des Projektes IMPREX werden den Stakeholdern seit Mai 2017 prä-operationell
prototypisch 10-Tages-Vorhersagen für sieben Vorhersagepegel entlang des Rheins zur Ver-
fügung gestellt.
In Abb. 2 ist beispielhaft die probabilistische Wasserstandsvorhersage vom 12.07.2017 für
den Pegel Köln dargestellt. Die Vorhersage basiert auf einem Ensemble von 72 Wasser-
standsvorhersagen (COSMO-LEPS, ECMWF-ENS und deterministische HRES-Vorhersage
des EZMW). Aktuell werden dem Nutzer zwei unterschiedliche Darstellungsformen der Un-
sicherheit zur Verfügung gestellt. Rückmeldungen, Anmerkungen und weitere Anforderun-
gen der Test-Nutzer werden bei der Weiterentwicklung berücksichtigt.

                                                                                                               Seite 9
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Veranstaltungen
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                    Abb. 2:      Prototypische probabilistische 10-Tages-Wasserstandsvorhersage Pegel Köln vom
                                 12.07.2017 mit unterschiedlicher Darstellung der Unsicherheit; links: Farbverlauf
                                 orientiert sich an der Unterschreitungswahrscheinlichkeit des Wasserstandes, rechts:
                                 der zum Median der Unsicherheitsverteilung symmetrische Farbverlauf orientiert sich
                                 an der „klassischen“ Darstellung der Unsicherheit in der Hydrologie

                    Methoden der Zeitreihenanalyse
                    Trotz der Einbeziehung von räumlich hochaufgelösten Messdaten und optimierten Modellen
                    kann das hydrologische Verhalten von Einzugsgebieten bzw. Fließgewässern durch mathe-
                    matische Modelle lediglich näherungsweise beschrieben werden. Vor diesem Hintergrund
                    werden Methoden der mathematischen Zeitreihenanalyse, wie z. B. Auto-Regressive oder
                    Auto-Regressive Integrated Moving Average Modelle, in der operationellen Vorhersage der
                    BfG (siehe Abb. 1) angewendet, um den Fehler zwischen Beobachtung und Simulation zu
                    beschreiben (PINZINGER et al. 2014). Mit diesen Modellen wird dann versucht, den Modell-
                    fehler in der Abfluss- und Wasserstandsvorhersage zu minimieren.

                    Künstliche neuronale Netze
                    Künstliche neuronale Netze werden in der Vorhersage der BfG in unterschiedlichen Berei-
                    chen angewendet, zur Approximation der Wellenverformung im Gerinne und zur Abfluss-
                    simulation und Abflussvorhersage.
                    Künstliche neuronale Netze (KNN) sind ein programmiertes Knotensystem nach dem Vorbild
                    biologischer neuronaler Netze. Diese Netze werden mit mathematischen Algorithmen anhand
                    von historischen Daten trainiert.
                    So wurde z. B. beim Aufbau des neuen hydrodynamischen Modells für die Wasserstandsvor-
                    hersage an der Donau aufgrund des sehr komplexen Steuerverhaltens der Staustufenkette
                    zwischen den Pegeln Neu-Ulm und Kelheim für diesen Bereich kein hydrodynamisches Mo-
                    dell zur Simulation der Wellenverformung im Gerinne aufgebaut, sondern künstliche neuro-
                    nale Netze trainiert, um die Randbedingungen des hydrodynamischen Wasserstandsvorher-
                    sagemodells der Bundeswasserstraße Donau zu berechnen (siehe Abb. 3).
                    Im Rahmen des Forschungsprojektes „Seamless Prediction“ wurden in Zusammenarbeit mit
                    dem Fraunhofer IAIS sogenannte Echo State Networks zur Abflussimulation und -vorher-
                    sage an den Pegeln Bollendorf und Trier im Moselgebiet und für den Pegel Maxau am Rhein
                    prototypisch angewendet (KLEIN et al. 2016).

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Bundesanstalt für
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Gewässerkunde

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Veranstaltungen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             3/2017

                                                                                                                                                                                                                                                                               Modellgrenze
                                                                                                                                                                                                                                                                               Pegel
                                                                                                                                                                                                                                                     V                         Vorhersagepegel
                                                                                                                                                                                                                                                                               Pegel KNN

                                                                                                                                                   Pegel Heitzenhofen
                                                                            Wörnitz

                                                                                                                                         Altmühl

                                                                                                                                                                                                  Regen
                                                                                                                                                                               Pegel Marienthal
                                                                                                                      Pegel Beilngries

                                                                                                                                                                        Naab

                                                                                                                                                                                                                               Pegel Deggendorf

                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Staustufe Kachlet
                                                         Pegel Harburg

                                                                                                                                                                                                                                                         Pegel Hofkirchen

                                                                                                                                                                                                                                                                                    Pegel Vilshofen
                                                                                                                                                                                                          Pegel Pfelling
                                                                      KNN                                                                                                                                   V                     V                          V                          V
               Pegel Neu-Ulm

                                                                                                                       Pegel Kelheim
                                                               Pegel Augsburg u.d.W.
                               Pegel Offingen

                                                                                              Pegel Mühlried

                                                                                                                                                                                                                           Pegel Plattling

                                                                                                                                                                                                                                                                            Pegel Grafenmühle
                                                                                                                                                                                                                                              Isar

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Vils
                                                                                       Lech

                                                                                                               Paar
                                                Mindel

               Statistisches Modell (KNN)                                                                                                      Hydrodynamisches Modell (SOBEK-River)

Abb. 3:       Modellstruktur des operationellen Wasserstandsvorhersagemodells Donau der BfG

Datenassimilation
Im Rahmen von Seamless Prediction und dem EUMETSAT Projekt H-SAF wurden Metho-
den der Datenassimilation, wie z. B. Ensemble Kalman Filter und Moving Horizon Estimati-
on, angewendet, um in Echtzeit verfügbare Beobachtungen (z. B. Abflussbeobachtungen,
Schneeprodukte, ...) zur Verbesserung der Schätzung der Modellzustände des hydrologischen
Modells zum Vorhersagezeitpunkt zu verwenden (LISNIAK 2014, MONTERO et al. 2016).
Abbildung 4 zeigt beispielhaft für den Lahnpegel Leun Neu den positiven Effekt der entwi-
ckelten Datenassimilationsmethodik im schneereichen Winter 2010/2011. Die Verbesserung
wird sowohl beim Einzelereignis auf der linken Seite (durchgezogene rote Linie (mit DA)
bildet das Ereignis sehr gut nach) sowie in der Statistik für die gesamte Wintersaison anhand
des Gütekriteriums NSE (je näher an 1 desto besser ist die Vorhersage) erkennbar.

Abb. 4:       Abflussvorhersage mit und ohne Datenassimilation am Lahn-Pegel Leun Neu (links),
              statistischer Vergleich der Vorhersagegüte für 120 Vorhersagen im Winter 2010/2011
              (MEIßNER et al. 2015)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Seite 11
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                    Multiple Lineare Regressionsverfahren
                    Im Rahmen des Projektes „Seamless Prediction“ wurden in Kooperation mit dem Alfred-
                    Wegener-Institut statistische Ansätze zur saisonalen Vorhersage an ausgewählten Pegeln der
                    Bundeswasserstraßen Rhein, Donau, Elbe und Weser untersucht.

                                                                       Abb. 5:
                                                                       Gegenüberstellung des mittels multipler
                                                                       Regression prognostizierten und gemessenen
                                                                       mittleren Abflusses im August am Pegel
                                                                       Kaub (Zeitraum 1950 bis 2015) (MEIßNER et
                                                                       al. 2015)

                    Die Methodik basiert auf einer multiplen linearen Regression zwischen Abflussindikatoren an
                    den Vorhersagepegeln und globalen/regionalen Klimadaten (Meeresoberflächentemperatur,
                    Bodenfeuchte, Abfluss des vergangenen Monats, ...) (IONITA et al. 2008). In Abb. 5 ist die
                    Monatsvorhersage des mittleren Abflusses des Pegels Kaub im August für den Zeitraum
                    1950-2015 dargestellt. Prognostizierte (rote Punkte) und gemessene Abflüsse (schwarze
                    Punkte) stimmen im betrachteten Zeitraum sehr gut überein.

                    Danksagung
                    Dieser Beitrag wurde im Rahmen von IMPREX, das über das Horizon 2020 Research and
                    Innovation Programme (grant agreement 641811, www.imprex.eu) von der Europäischen
                    Union gefördert wird, erstellt.

                    Literatur
                    HEMRI, S. & B. KLEIN (2017): Analog based post-processing of navigation-related hydrologi-
                           cal ensemble forecasts. Water Resources Research (in review)
                    IONITA, M., G. LOHMANN & N. RIMBU (2008): Prediction of Elbe discharge based on stable
                           teleconnections with winter global temperature and precipitation. Journal of Climate,
                           21, 6215-6226
                    KLEIN, B., D. MEISSNER, S. HEMRI & D. LISNIAK (2015): Ermittlung der prädiktiven Unsi-
                           cherheit von hydrologischen Ensemblevorhersagen. Bericht BfG-1853, Bundesanstalt
                           für Gewässerkunde, Koblenz. http://dx.doi.org/10.5675/BfG-1853
                    KLEIN, B., D. MEISSNER, H.-U. KOBIALKA & P. REGGIANI (2016): Predictive Uncertainty
                           Estimation of Hydrological Multi-Model Ensembles Using Pair-Copula Construction.
                           Water 8 (4), 125. http://www.mdpi.com/2073-4441/8/4/125

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LISNIAK, D. (2014): Nachführung von Anfangszuständen des hydrologischen Modells HBV
       durch einen Ensemble Kalman Filter zur Verbesserung von Abflussvorhersagen. Be-
       richt BfG-1852, Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz.
       http://dx.doi.org/10.5675/BfG-1852
MEIßNER, D., B. KLEIN, D. LISNIAK, I. LINGEMANN & R. PINZINGER (2015): Quantifizierung
      und Reduktion von Unsicherheiten der Kurz-, Mittel- und Langfristvorhersagen der
      BfG – Synthese der entwickelten Methoden und erzielten Ergebnisse im Forschungs-
      und Entwicklungsvorhaben „Seamless Prediction I“ (2012-2014). Bericht BfG-1874,
      Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz. http://dx.doi.org/10.5675/BfG-1874
MEIßNER, D., B. KLEIN, & M. IONITA (2017): Development of a monthly to seasonal forecast
      framework tailored to inland waterway transport in Central Europe. Hydrol. Earth
      Syst. Sci. Discuss., https://doi.org/10.5194/hess-2017-293, (in review)
MONTERO, R. A., D. SCHWANENBERG, P. KRAHE, D. LISNIAK, A. SENSOY, A. A. SORMAN &
     B. AKKOL (2016): Moving horizon estimation for assimilating H-SAF remote sensing
     data into the HBV hydrological model. Advances in Water Resources 92, 248-257.
     http://dx.doi.org/10.1016/j.advwatres.2016.04.011
PINZINGER, R., B. KLEIN, D. MEISSNER & D. LISNIAK (2014): Auswahl Pareto-optimaler Mo-
       delle zur statistischen Korrektur von Abflussvorhersagen. Hydrologie und Wasser-
       bewirtschaftung 58 (2), 128-137. https://dx.doi.org/10.5675/HyWa_2014,2_8
WILKE (1985): Hochwasservorhersage. Wasserbauliche Mitteilungen der Technischen Hoch-
      schule Darmstadt, Nr. 24, S. 117-128

                                                                                                   Seite 13
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                                                      Jahrgang: 1975

                                                      1996-2003
                                                      Studium des Bauingenieurwesens an der Techni-
                                                      schen Universität Berlin
                                                      2003-2009
                                                      Wissenschaftlicher Mitarbeiter Lehrstuhl für Hyd-
                                                      rologie, Wasserwirtschaft und Umwelttechnik an
                                                      der Ruhr-Universität Bochum
                                                      2009
                                                      Promotion: „Ermittlung von Ganglinien für die
                                                      risikoorientierte Hochwasserbemessung von Tal-
                                                      sperren“
                    Kontakt:                          seit 2009
                    Dr.-Ing. Bastian Klein            Wissenschaftlicher Angestellter der Bundesanstalt
                    Bundesanstalt für Gewässerkunde   für Gewässerkunde
                    Am Mainzer Tor 1
                    56068 Koblenz                     Projektbearbeitung:
                    Tel.: 0261/ 1306 5256             2009-2011 Aktualisierung Wasserstandsvorher-
                    E-Mail: klein@bafg.de                         sagesystem WAVOS Donau
                                                      2009-2011 AdaptAlp (EU INTERREG IV)
                                                      2010-2012 ECCONET (EU FP7)
                                                      2009-2012 KLIWAS „Wasserhaushalt, Wasser-
                                                                  stand, Transportkapazität“ (BMVI)
                                                      2012-2016 F&E-Projekt: „Seamless Prediction:
                                                                  Quantifizierung und Reduktion von
                                                                  Unsicherheiten durch Datenassimila-
                                                                  tion und Ensembletechniken für
                                                                  Kurz-, Mittel- und Langfristvorher-
                                                                  sagen der BfG“
                                                      seit 2017   EU-Horizon2020 IMPREX IMprov-
                                                                  ing PRedictions and management of
                                                                  hydrological EXtremes

                    Koautoren:
                    Dennis Meißner
                    Silke Rademacher
                    Bundesanstalt für Gewässerkunde

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Probabilistische Ableitung von Vorhersage-
unsicherheiten in der Hochwasservorhersage
in Bayern

Daniel Waldmann und Alfons Vogelbacher

In Bayern werden für die Hochwasservorhersage aktuell 23 Modelle operationell betrieben,
die Vorhersagen für 215 Pegel erstellen.
Um die Unsicherheiten der Vorhersagen zu quantifizieren, werden diese seit 2007 mit einem
Unsicherheitsband versehen, welches das 90 %- und 10 %-Quantil der erwarteten Abflüsse
kennzeichnet. Berücksichtigt wird hierbei der statistische Gesamtfehler, d. h. Fehler in Ein-
gangsdaten, hydrologischem Modell und auch meteorologischem Antrieb. Hierbei werden die
Unsicherheitsbereiche durch eine statistische Analyse der Abweichungen vergangener deter-
ministischer Vorhersagen von den Messwerten ermittelt. Die Genauigkeit der Abflussvorher-
sagen hängt mit zunehmender Vorhersagezeit wesentlich von der Güte der Niederschlagsvor-
hersagen ab. Die Verwendung von Ensemble-Vorhersagen mit physikalisch begründeten
Störungen im Modellantrieb kann somit die Quantifizierung der Niederschlagsvorhersage-
unsicherheit unterstützen und gewinnt daher zunehmend an Bedeutung (VOGELBACHER
2014).
Im Gegensatz zu den deterministischen Unsicherheitsangaben werden für die Bewertung der
Güte der Ensemble-Vorhersagen zusätzliche statistische Methoden benötigt. Eine grundsätz-
liche Implementierung zur Verarbeitung von Ensemble-Vorhersagen und Bereitstellung der
Unsicherheiten ist bereits seit 2008 im Hochwassernachrichtendient in Bayern umgesetzt
(MORITZ 2008). Um diese aber auch im regulären, operationellen Betrieb und in adäquaten
Publikationszeiträumen weitergeben zu können, gilt es, einige Herausforderungen zu bewäl-
tigen. Diese beginnen in der Praxis mit dem deutlich erhöhten Datenvolumen der Rohdaten,
die in die Systeme des Hochwassernachrichtendienstes transferiert werden müssen. Bedingt
durch die große Anzahl an Ensemblemitgliedern müssen die hydrologischen Modelle dem-
entsprechend öfter durchgerechnet werden, was die Rechenzeit deutlich erhöht. Dasselbe gilt
für die statistische Nachbearbeitung der Vorhersagen, die aufgrund komplexerer statistischer
Verfahren zusätzliche Rechenleistung benötigen. Da die Hochwasservorhersage in Bayern
über einer Vielzahl von gekoppelten Gebietsmodellen erfolgt, ist es auch nötig, die simulier-
ten Zu- und Abflüsse jedes Ensemblemitglieds dementsprechend weiterzugeben, damit ein in
sich konsistentes Ensemble über die gesamte Fläche modelliert werden kann.
In der System-Infrastruktur des Hochwassernachrichtendienstes wird versucht, allen diesen
Aspekten Rechnung zu tragen, um somit den Kunden, in diesem Fall den Wasserwirtschafts-
ämtern und der Öffentlichkeit, eine bestmögliche, zeitnahe Einschätzung der vorhergesagten
Lage zu bieten.

                                                                                                        Seite 15
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                    Der Vortrag berichtet über den Stand der Implementierung in den operationellen Betrieb der
                    Hochwasservorhersagen. Derzeit laufen parallel zur manuell gestützten und geprüften Hoch-
                    wasservorhersage zusätzlich eine automatisierte Berechnung der COSMO-DE-EPS,
                    COSMO-LEPS, ICON-EPS und ECMWFEnsembles. Für die manuelle, deterministische
                    Vorhersage wird derzeit die Gesamtunsicherheit aus historischen Daten abgeleitet (siehe
                    HAAG et al. 2013) und in den Ensemble-Vorhersagen wird die Vorhersageunsicherheit aus
                    deren Verteilung abgeleitet. Des Weiteren wird aktuell für die Unsicherheitsbestimmung der
                    Ensembles eine Kombination aus Wavelet-Transformation und Quantil-Regression mit neu-
                    ronalen Netzen (siehe BOGNER et al. 2013) integriert und getestet.

                    Literatur
                    BOGNER, K., K. LIECHTI, M. ZAPPA (2013): Post-Processing of Stream Flows in Switzerland
                          with an Emphasis on Low Flows and Floods. Water 8 (4), 115
                    HAAG, I., U. EHRET, N. DEMUTH & K. MORITZ (2013): ProFoUnD: Ein Werkzeug zur statis-
                           tischen Analyse von Abfluss- und Wasserstandsvorhersagen und zur Ermittlung von
                           Vorhersageunsicherheiten. Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, 33.13,
                           S. 93-103
                    MORITZ, K. (2008): Including hydrometeorological Ensemble Forecasts in the Calculation of
                          Uncertainty of hydrological Forecasts. – EMS/ECAC7 Abstracts, Vol. 5 EMS2008-
                          A-00389, 2008, 8th Annual Meeting of the EMS/7th ECAC;
                          http://meetings.copernicus.org/ems2008/crawl/abstracts/EMS2008/00389/EMS2008-
                          A-00389.pdf
                    VOGELBACHER, A. (2014): Zuverlässigkeitsaussagen in der Praxis der Hochwasserwarnung
                          und -vorhersage in Bayern. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung 58 (2), 148-154;
                          DOI: 10.5675/HyWa_2014,2_10

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                                   Jahrgang: 1954
                                   Fachliche Schwerpunkte: Quantitative Hydrologie
                                   und Hochwasser
                                   1974-1981
                                   Studium der Geographie, Fachrichtung Hydrologie
             FOTO
                                   an der Albert-Ludwig Universität in Freiburg
                                   1985
                                   Promotion, Thema: „Einfluss der Großterrassierung
                                   auf den Wasserhaushalt in zwei kleinen Lößein-
                                   zugsgebieten“ und Postdoktorat an der Hebräischen
                                   Universität in Jerusalem (6 Monate)
                                   ab 1985 Büro Geotronic, Freiburg, EDV-Projekte
                                   in der Wasserwirtschaft
Kontakt:                           ab 1991 Leiter des Hochwassernachrichtendienstes
Dr. Alfons Vogelbacher             am Landesamt für Wasserwirtschaft in München
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160    seit 2005
86179 Augsburg
                                   Leiter des Referats 86, Hochwassernachrichten-
Tel.: 0821/ 9071 5960              zentrale, Hochwasservorhersage Donau und Inn,
E-Mail:                            Gebietshydrologie am Landesamt für Umwelt in
alfons.vogelbacher@lfu.bayern.de   Augsburg

                                   1999-2005
                                   Studium der Physischen Geographie an der Lud-
                                   wig-Maximilians-Universität, München
                                   2005-2010
                                   Promotion an der LMU, Thema: Large-Scale Pro-
             FOTO
                                   cess-Oriented Modelling of Soil Erosion by Water
                                   in Complex Watersheds
                                   2010-2012
                                   Post-Doc an der LMU im ESA-Projekt „talking-
                                   fields“
                                   2012-2014
                                   Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-
                                   Rechenzentrum Garching, Abteilung Hochleis-
Kontakt:                           tungssysteme/Verteilte Systeme
Dr. Daniel Waldmann
Bayerisches Landesamt für Umwelt   seit 2014
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160    Projektmitarbeiter am Bayerischen Landesamt für
86179 Augsburg                     Umwelt im Hochwassernachrichtendienst
Tel.: 0821/ 9071 5953
E-Mail:
daniel.waldmann@lfu.bayern.de

                                                                                               Seite 17
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                    Statistische Unsicherheitsanalyse in der Abfluss-
                    vorhersage des Hochwassermeldedienstes
                    Rheinland-Pfalz

                    Margret Johst und Norbert Demuth

                    Ensemble-Abflussvorhersage mit COSMO-DE-EPS
                    In Rheinland-Pfalz werden seit Sommer 2014 Ensemble-Vorhersagen des DWD (COSMO-
                    DE-EPS) für die operationelle Hochwasservorhersage verwendet. Der DWD stellt alle drei
                    Stunden 21 Wettervorhersagen mit einer Vorhersagetiefe von 27 Stunden bereit. Damit wer-
                    den im hydrologischen Modell LARSIM in rechenzeitoptimierten Parallelläufen 21 mögliche
                    Abfluss- und Wasserstandvorhersagen berechnet. Diese Ergebnisse sind einerseits Grundlage
                    für die regionsbezogene Hochwasservorhersage, andererseits werden sie – bisher nur intern –
                    für die Einschätzung zu erwartender Scheitelabflüsse an Pegeln genutzt.
                    Die Auswertung der 21 LARSIM-Läufe erfolgt für die regionsbezogene Frühwarnung in drei
                    Schritten: Zunächst wird für jedes LARSIM-Gewässerelement die Häufigkeitsverteilung der
                    vorhergesagten klassifizierten Maximalabflüsse bestimmt. Anschließend wird mithilfe eines
                    Regelwerks die Häufigkeitsverteilung einer bestimmten Hochwassergefahrenklasse ermittelt.
                    Abschließend werden die LARSIM-Gewässerelemente den Warnregionen zugeordnet und für
                    sämtliche Elemente einer Warnregion eine Rangfolge der Hochwassergefahren erstellt, aus
                    der die Hochwassergefährdung für die jeweilige Warnregion abgeleitet wird.
                    Für die pegelbezogenen Vorhersagen werden im operationellen Betrieb für jeden Pegel und
                    jede Vorhersage fünf Grafiken (u. a. Spaghetti-Plots, Histogramme) erstellt, aus denen der
                    diensthabende Hydrologe die Spannweite der möglichen Entwicklung für einen bestimmten
                    Pegel einschätzen kann.

                    Abschätzung des ökonomischen Wertes
                    Für die seit 2010 vorliegenden COSMO-DE-EPS-Vorhersagen wurden Hindcast-Abfluss-
                    vorhersagen mit dem oben geschilderten Ensemble-Vorhersage-System berechnet und mittels
                    eines Kosten-Nutzen-Ansatzes der ökonomische Wert der Verwendung von Ensemble-
                    Abflussvorhersagen demonstriert (BARTELS et al. 2017). Der Nutzen wird hierbei durch ein
                    Kosten-Verlust-Verhältnis beschrieben, welches die Verluste eines verfehlten Ereignisses in
                    Bezug zu den Kosten eines Fehlalarms setzt. Nutzer mit niedrigem Kosten-Verlust-Verhältnis
                    können somit deutlich mehr Fehlalarme kompensieren als Nutzer mit einem höheren Kosten-
                    Verlust-Verhältnis. Mit diesem Ansatz kann der Mehrwert durch die Berücksichtigung von
                    Ensemble-Vorhersagen quantifiziert werden.

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Hindcast-Analyse mit ProFoUnD
Während die Hochwasservorhersage an den kleineren Flüssen stark von der Kurzfrist-Wetter-
vorhersage abhängt, spielen am Rhein der Wellenablauf und die Überlagerung von zufließen-
den Hochwasserwellen eine größere Rolle. Hier wird die Entwicklungsbandbreite mittels
einer Analyse historischer Vorhersagen abgeschätzt. Rund 3.000 mit SOBEK berechnete
Einzelvorhersagen der Jahre 2002 bis 2014 wurden mit dem Programm ProFoUnD (program
to assess the forecast uncertainty of discharge) ausgewertet. ProFoUnD wurde speziell für die
statistische Auswertung operationeller Abfluss- und Wasserstandvorhersagen entwickelt
(HAAG-WANKA & AIGNER 2014) und berechnet unterschiedlichste Fehlermaße (z. B. mittlere
relative Abweichung, RMSE, kategorische Fehler) sowie statistische Kennwerte einzelner
Fehlermaße (z. B. Perzentile, Momente). Die Auswertung erfolgt für frei wählbare Vorher-
sagetiefen (z. B. 6 h, 12 h und 24 h) und separat für verschiedene Abflussbereiche (z. B.
Niedrig-, Mittel- und Hochwasser). Für die am Rhein seit 2016 veröffentlichten Unsicher-
heitsbänder werden die mit ProFoUnD berechneten Perzentile der relativen Abweichung von
Mess- und Vorhersagewert für Vorhersagetiefen von 1 h bis 48 h verwendet. Da in dem Ana-
lyse-Datensatz jedoch nur wenige größere Hochwasser enthalten sind, ist die berechnete Un-
sicherheit für Hochwassersituationen geringer als die tatsächliche Unsicherheit in der Vorher-
sage.

Literatur
BARTELS, J., J. BLIEFERNICHT, J. SEIDEL, Á. BÁRDOSSY, H. KUNSTMANN, M. JOHST & N.
      DEMUTH (2017): Bewertung von Ensemble-Abflussvorhersagen für die operationelle
      Hochwasserwarnung. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, im Druck
HAAG-WANKA, I. & D. AIGNER (2014): ProFoUnD – Programmbeschreibung und Anwen-
     dungshinweise. Revision 7.1. Unveröffentl. Bericht im Auftrag des Wasserwirt-
     schaftsamts Kempten, Bayerischen Landesamts für Umwelt, Landesamts für Umwelt
     Rheinland-Pfalz u. des Hessischen Landesamts für Umwelt u. Geologie. S. 1-51

                                                                                                         Seite 19
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                                                 1997-2003
                                                 Hydrologie-Studium an der Universität Freiburg
                                                 2003-2004
                                                 Wissenschaftl. Mitarbeiterin am Institut für
                                                 Hydrologie der Universität Freiburg
                                                      FOTO
                                                 2004-2010
                                                 Wissenschaftl. Mitarbeiterin im Fach Physische
                                                 Geographie der Universität Trier
                                                 (Lehre und Forschung)
                                                 2009-2013
                                                 Wissenschaftl. Mitarbeiterin im Büro UDATA in
                                                 Neustadt/Wstr.

                                                 seit 2013
                                                 Referentin am Landesamt für Umwelt in Mainz,
                    Kontakt:
                                                 seit 2015 Leitung des Sachgebietes Hochwasser-
                    Dr. Margret Johst
                                                 meldedienst
                    Landesamt für Umwelt
                    Rheinland-Pfalz
                    Kaiser-Friedrichstr-Str. 7
                    55116 Mainz
                    Tel.: 06131/ 6033 1714
                    E-Mail:
                    Margret.Johst@lfu.rlp.de

                    Kontakt:                     1983-1988
                    Norbert Demuth               Studium der Geographie (Fachrichtung Hydrolo-
                    Landesamt für Umwelt         gie) an der Universität Freiburg
                    Rheinland-Pfalz
                                                 1988-1989
                    Kaiser-Friedrichstr-Str. 7
                                                 Nachdiplomstudium Siedlungswasserbau und Ge-
                    55116 Mainz
                                                 wässerschutz an der ETH Zürich
                    Tel.: 06131/ 6033 1710
                    E-Mail:                      1990-1993
                    Norbert Demuth@lfu.rlp.de    Wissenschaftl. Mitarbeiter am Institut für Boden-
                                                 kunde der Universität Bern

                                                 seit 1993
                                                 Referent im Landesamt für Umwelt, bzw. in dessen
                                                 Vorgänger-Behörden, seit 2015 Leitung des Refe-
                                                 rats Hydrometeorologie und Hochwassermelde-
                                                 dienst

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Vergleichende Bewertung unterschiedlicher
Modellansätze mit Blick auf die Ableitung von
Hochwasserfrühwarnungen

Andy Philipp, Florian Kerl, Christine Metzkes, Michael Wagner
und Niels Schütze

1 Einleitung
Eine wichtige Anforderung an eine Hochwasserfrühwarnung ist, dass diese auch und vor
allem für kleine, in der Regel unbeobachtete Einzugsgebiete einen prädiktiven Nutzen bietet.
Es stellt sich die Frage, welcher hydrologische Modellansatz für die Ableitung von Früh-
warninformationen oder -produkten geeignet ist. Die Untersuchung fokussierte auf 64 Pegel-
einzugsgebiete, repräsentativ für Sachsen. Es wurden drei unterschiedliche hydrologische
Modellkonzepte implementiert und für die Gebiete angewendet: erstens, ein teilgebietsbasier-
tes deterministisch-konzeptionelles Modell (DeHM), zweitens, ein datengetriebenes, künstli-
ches neuronales Netz (DaHM) und drittens, ein Klassifikationsmodell als Bewertungsverfah-
ren der Hochwasseranfälligkeit (ScoHM). Details zu den Modellen siehe PHILIPP (2016).

2 Methodik zur Ermittlung von Vorhersagegüten
2.1 Einbezogene Antriebsdaten
Es wurden diverse QPEs und QPFs1 für den Antrieb der Modelle verwendet; auf QPE-Seite
räumlich interpolierte (IDW) Ombrometerdaten sowie Stundensummen aus dem DWD-
RADOLAN-RW-Produkt. Als QPFs wurden COSMO-DE sowie die DWD-Quantilvorher-
sage2 einbezogen. Der prognostische Antrieb mit nicht zu Kalibrierung/Training herangezo-
genen Ombrometerdaten wurde als „Best-Forecast-Szenario” berücksichtigt. ScoHM benötigt
keine dedizierten Kalibrierdaten; die Modellvalidierung/Verifikation erfolgte jeweils anhand
derselben Validierungsereignisse wie bei DeHM und DaHM. Details zu Antriebsdaten, Ka-
librierung/Training sowie Validierung/Verifikation der Modelle finden sich in SCHÜTZE et al.
(2017).

1
 Quantitative Precipitation Estimate bzw. Quantitative Precipitation Forecast
2
 Ein spezielles Vorhersageprodukt der DWD-RWB-Leipzig mit gebietsbezogenen Niederschlags-
vorhersagen für drei Wahrscheinlichkeitsniveaus.

                                                                                                       Seite 21
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                    2.2 Gütemaße zur quantitativen Bewertung von Vorhersagen
                    Es wurde die Güte hinsichtlich zweier Anwendungsfälle ermittelt. Es kamen dabei übliche
                    quantitative Gütemaße zur Anwendung. Zu nennen sind die deterministischen Maße KGE
                    und der Quotient der Mittelwerte aus Beobachtungs- bzw. modellierter Zeitreihe (mBIAS)
                    sowie die dichotomen Maße FAR, POD und daraus abgeleitet die AUC. Die deterministi-
                    schen Maße dienen der Beurteilung der Ähnlichkeit von Beobachtung und Modelloutput
                    (Anwendungsfall „Ganglinienvorhersage“). Die dichotomen Maße hingegen quantifizieren,
                    wie gut anhand des Modelloutputs schwellenwertabhängige prognostische Entscheidungen zu
                    treffen wären (Anwendungsfall „Hochwasserfrühwarnung“). Eine Persistenzvorhersage
                    (aktuell bekannter Wert konstant für Vorhersagezeitraum) diente dabei als Referenz.

                    3 Ergebnisse der Vergleichsstudie
                    Mittels der erstellten Modelle wurden für die erwähnten Antriebsdaten Ganglinien erzeugt,
                    die als Grundlage der weiteren Bestimmung der Modellgüte dienten. Diese Ganglinien wur-
                    den stetig/deterministisch validiert oder aber kategoriell/dichotom verifiziert, um die Bewer-
                    tung der Modellgüte hinsichtlich der Anwendungsfälle „Ganglinienvorhersage” sowie
                    „Hochwasserfrühwarnung” vorzunehmen. Hierin wird sich auf letzteren beschränkt. Einige
                    Ergebnisse dazu finden sich in der folgenden Abbildung.

                    Abb. 1:       Häufigkeitsbasierte Auswertung des Gütemaßes Area Under Curve (AUC) über alle
                                  untersuchten Pegeleinzugsgebiete für die Modellverifikation (Anwendungsfall Hoch-
                                  wasserfrühwarnung) der Modelle DeHM, DaHM und ScoHM für verschiedene Antrie-
                                  be, exemplarisch für eine Vorhersageweite von 24 Stunden (21 Stunden bei COSMO-
                                  DE), Update-Zyklus 12 Stunden. Häufigkeiten mit Kerndichteschätzung ermittelt; zum
                                  Vergleich dargestellt sind die Ergebnisse der Persistenzvorhersage.

                    4 Fazit
                    Für die Ganglinienvorhersage erwiesen sich Bewertungsansätze der Hochwasserneigung
                    (Scoring-Verfahren) als ungeeignet; für den Anwendungsfall Frühwarnung sind sie jedoch
                    für mittlere Vorhersageweiten (ab 12 h) datengetriebenen und deterministischen Verfahren
                    annähernd ebenbürtig. Für den Anwendungsfall Hochwasserfrühwarnung bietet ein simples
                    Scoring-Verfahren gleichzeitig eine gute räumliche Übertragbarkeit bzw. Generalisierbarkeit
                    und ist in dieser Hinsicht datengetriebenen und deterministischen Verfahren überlegen, was
                    hier aus Platzgründen nicht weiter dargestellt werden kann.

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                                                                                                  Veranstaltungen
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Literatur
PHILIPP, A., F. KERL, C. METZKES, T. SINGER, M. WAGNER, N. SCHÜTZE & U. MÜLLER
        (2016): Small-scale (flash) flood early warning in the light of operational require-
        ments: Opportunities and limits with regard to user demands, driving data, and hydro-
        logic modeling techniques. Proceedings of the IAHS, 373, 201-208
SCHÜTZE, N., C. METZKES & M. WAGNER (2017): Endbericht Hochwasservorhersage zur
      kleinräumigen Frühwarnung in Sachsen. Institut für Hydrologie und Meteorologie,
      Technische Universität Dresden

                                         Jahrgang: 1981
                                         2000-2005
                                         Studium Hydrologie TU Dresden (Diplom)
                                         2005/2006
                                         Freiberuflicher Hydrologe und Aufbaustudium Bau-
                                         ingenieurwesen HTWK Leipzig
                                         2006-2013
                                         Assistent Professur Hydrologie TU Dresden
                                         (Prof. Schmitz); Promotion
                                         seit 2014
                                         Referent beim Sächs. Landesamt für Umwelt, Land-
                                         wirtschaft und Geologie (Landeshochwasserzent-
Kontakt:                                 rum)
Dr. Andy Philipp
Sächsisches Landesamt für Umwelt,        Projektbearbeitung:
Landwirtschaft und Geologie              2002-2006:   Nutzung künstlicher neuronaler Netze für
Landeshochwasserzentrum                               die HW-Vorhersage (BMBF-RIMAX)
Pillnitzer Platz 3                       2007-2010:   Hochwasservorhersage in schnell reagie-
01326 Dresden                                         renden Einzugsgebieten unter Einbeziehung
Tel.: 0351/ 8928 4505                                 von Unsicherheiten (DFG)
E-Mail:                                  2009-2012:   IWRM in ariden Gebieten (BMBF-IWAS
andy.philipp@smul.sachsen.de                          Middle East)
                                         2013-2017:   Konzeption, Entwicklung und Operationali-
                                                      sierung eines Hochwasserfrühwarnsystems
                                                      für Sachsen (Land Sachsen)
                                         2017-2020:   RAINMAN: Integriertes Starkregen-
                                                      risikomanagement (EU-Interreg)
Koautoren:
Florian Kerl
Sächsisches Landesamt für Umwelt,
Landwirtschaft und Geologie
Landeshochwasserzentrum

Christine Metzkes, Dr. Michael Wagner,
Prof. Dr. Niels Schütze
Technische Universität Dresden
Professur Hydrologie

                                                                                                          Seite 23
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                    Anwendung hydrologischer Vorhersagen
                    bei BASF SE ‒ Beispiele, Anforderungen
                    und Wünsche

                    Max Bangert und Wolfgang Egel-Hess

                    Die Bedeutung des Rheines für die BASF SE
                    Das Herz der BASF-Gruppe ist die BASF SE mit ihrem Stammwerk in Ludwigshafen am
                    Rhein. Mit etwa 250 Produktionsbetrieben, vielen hundert Laboren, Technika, Werkstätten
                    und Büros auf einer Fläche von rund zehn Quadratkilometern ist es der größte zusammen-
                    hängende Chemiekomplex der Welt. Das Werksgelände in Ludwigshafen erstreckt sich über
                    7 km entlang des Rheins, der sowohl als Transportweg als auch als Wasserlieferant eine zent-
                    rale Bedeutung für BASF SE hat.
                    Die Binnenschifffahrt ist aufgrund ihrer ökonomischen und ökologischen Vorteile das bevor-
                    zugte Transportmittel der BASF. Im Gütereingang und -ausgang der BASF transportieren
                    Schiffe mit 42 % jährlich den größten Anteil, das entspricht mehr als 6 Millionen Tonnen.
                    Ausgangspunkt von vielen chemischen Produkten im Werk Ludwigshafen ist das sogenannte
                    Naphtha, ein unbehandeltes Erdöldestillat. Große Frachtschiffe liefern die Flüssigkeit über
                    den Rhein an einem der beiden dafür ausgelegten Häfen an, dem Landeshafen Nord oder dem
                    Hafen der Friesenheimer Insel. Auf diesem Weg erreichen jährlich etwa 700.000 Tonnen
                    Naphtha die BASF. Die Anlieferung von weiteren 600.000 Tonnen erfolgt per Rohrleitung.
                    In den beiden Häfen werden auch andere brennbare Flüssigkeiten wie Methanol oder verflüs-
                    sigte Gase angeliefert. Der dritte BASF-eigene Hafen, der Stromhafen, nimmt schwer brenn-
                    bare Flüssigkeiten an, beispielsweise Glykole, oder auch Feststoffe wie Steinsalz.
                    Insgesamt laufen jährlich rund 5.500 Schiffe die drei Häfen an.
                    Die BASF benötigt jährlich mehr als eine Milliarde Kubikmeter Flusswasser für Kühl- und
                    Produktionszwecke aus dem Rhein. Dies entspricht etwa einem Drittel der Wassermenge des
                    Neckars. Entlang des Rheins stehen drei Wasserwerke auf dem Werksgelände und zusätzlich
                    fünf Rückkühlwerke. Insgesamt sind bis zu 45 Pumpen im Einsatz, die stündlich durch-
                    schnittlich 185.000 Kubikmeter Wasser ins Werk pumpen. In den drei Wasserwerken wird
                    Wasser aus dem Rhein entnommen und nach Aufbereitung in ein Rohrnetz von fast 200 km
                    Länge eingespeist. Das in den Betrieben verwendete Kühlwasser darf nur mit einer maxima-
                    len Temperatur von 33 Grad zurück in die Kanäle fließen und anschließend in den Rhein
                    abgegeben werden. Da der Kühlbedarf im Sommer immer stark ansteigt, werden sogenannte
                    Rückkühlwerke zugeschaltet, die erwärmtes Kühlwasser herunterkühlen und erneut in das
                    Flusswassernetz einspeisen.

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Als direkter Rheinanlieger stellt natürlich Hochwasser ein Risikofaktor für das Werk da.
Aufgrund ausreichender Deichhöhen bzw. der Höhenlage des Werkes ist das Werk Ludwigs-
hafen für ein 200-jährliches Hochwasser sicher. Lediglich das Rheinvorland wird schon bei
geringem Hochwasser überflutet. Der Schutz von Gebäuden, Anlagen und Infrastruktur wird
mittels Betriebsanweisungen in den Betrieben sichergestellt, die technische und organisatori-
sche Maßnahmen abhängig vom Rheinpegel und der Pegelvorhersage beinhalten.

Anforderungen und Wünsche an eine hydrologische Vorhersage
Die Leistungsfähigkeit der Logistik und der Produktion am BASF Werk Ludwigshafen wird
auf vielschichtige Weise vom Pegel des Rheins beeinflusst. Aus diesem Grund nutzt die
BASF SE hydrologische Vorhersagen des Rheinpegels (z. B. 4-Tages-Vorhersage ELWIS)
und engagiert sich in Projekten zur lang- und mittelfristigen Vorhersage des Rheinzustandes
(z. B. IMPREX).
Auf Basis der aktuell verfügbaren 4-Tages-Vorhersage wird die Logistik per Binnenschiff
optimiert und geplant. Eine Verbesserung der Vorhersagegüte und die Einführung probabilis-
tischer Modelle hat das Potenzial in Zukunft, z. B. durch Einführung einer dynamischen An-
passung der Schiffbeladung, einen unmittelbaren ökonomischen wie ökologischen Mehrwert
für die BASF SE zu bringen. Eine Verlängerung der Vorhersagezeiträume auf bis zu 14 Tage
schafft zudem Planungssicherheit und notwendige Freiräume, um bei starkem Niedrig- oder
Hochwasser alternative Transportwege optimal in die Planung einbinden zu können.
Gleiches gilt für die Steuerung der Kühlwasserversorgung während Niedrigwasserepisoden
im Sommer. Eine Verlängerung der Vorhersagezeiträume auf bis zu 14 Tage schafft hier
Planungssicherheit und ermöglicht eine optimale adaptive Anpassung des Produktionsver-
bundes bei einer im Extremfall eingeschränkten Verfügbarkeit von Kühlwasser.
Grundsätzlich bieten mittelfristige Pegelprognosen (> 14 Tage, saisonal, …) die Möglichkeit,
neue langfristige Planungsprozesse, z. B. intelligente Steuerung der Rohstoffvorräte, zu etab-
lieren. Voraussetzung hierfür ist, dass die probabilistischen Vorhersagen den tatsächlichen
Pegel auch in Ihrer Spannbreite „sicher“ (mit einer genügend hohen Trefferquote) erfassen
und damit als Entscheidungs- und Planungsgrundlage verwendet werden können.

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                    Abb. 1:   Das Herz der BASF-Gruppe ist die BASF SE mit ihrem Stammwerk in Ludwigshafen
                              am Rhein. Mit etwa 250 Produktionsbetrieben, vielen hundert Laboren, Technika,
                              Werkstätten und Büros auf einer Fläche von rund zehn Quadratkilometern ist es der
                              größte zusammenhängende Chemiekomplex der Welt. (Foto: BASF)

                    Abb. 2:   Ansicht von Norden auf das Werksgelände der BASF SE in Ludwigshafen. Im Vorder-
                              grund sind der Nordhafen der BASF SE und das angeschlossene Kombi-Verkehrs-
                              Terminal zu sehen, die zusammen das logistische Zentrum des Werkes bilden.
                              (Foto: BASF)

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                                     Jahrgang: 1959
                                     1977-1982
                                     Studium Verfahrenstechnik TU Kaiserslautern
                                     1982-1985
                                     Wissenschaftlicher Mitarbeiter TU Kaiserlautern
                                     Projektbearbeitung:
                                     1985: Projektingenieur Hoya Corp. Tokyo/Japan
                                     seit 1986
                                     Ingenieur BASF SE in verschiedenen Bereichen
                                     (Forschung, Produktion, Vertrieb, Logistik u.a.)
                                     und Standorten

                                     Aktuelle Funktionen:
Kontakt:                             Director BASF SE Häfen und Tanklager
Dr. Wolfgang Egel-Hess               Ludwigshafen und Mannheim
BASF SE                              Leiter des Arbeitskreises Binnenhäfen/ADN
European Site Logistics Operations   beim VCI in Frankfurt
ESL/RT – Z 318                       Mitglied des Sprecherausschusses der Leitenden
67056 Ludwigshafen                   Angestellten der BASF SE
Tel.: 0621/ 60 40692
E-Mail:
wolfgang.egel-hess@basf.com

                                     Jahrgang: 1981
                                     2002-2008
                                     Studium Meteorologie an der Universität Karlsruhe
                                     (TH)
                                     2008-2013
                                     Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
                                     Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher
                                     Institut für Technologie
                                     seit 2013:
                                     Teamleiter Luftqualität und Meteorologie bei der
                                     BASF SE Ludwigshafen
Kontakt:
Dr. Max Bangert
BASF SE
Umwelt & Sicherheit Ludwigshafen
ESE/ML – Z 075
67056 Ludwigshafen
Tel.: 0621/ 60 41897
E-Mail: max.bangert@basf.com

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                    Nutzung von Langfristmodellen für die Transport-
                    logistik – Die Sicht eines Stromproduzenten
                    entlang des Rheins

                    Christoph Elsässer und Matthias Piot

                    Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) ist mit ca. 20.000 Mitarbeitern und einem
                    Erzeugungsportfolio von 13.6 GW eines der größten Energieversorgungsunternehmen in
                    Deutschland. Im Jahr 2016 wurde von EnBW-Anlagen 53 TWh Strom produziert, was rund
                    10 % des deutschen Nettostromverbrauchs entspricht. Binnengewässer spielen hierbei eine
                    besondere Rolle: Neben den flussseitigen Kraftwerksstandorten an Rhein und Neckar ist der
                    Anteil von Wasserkraft an der EnBW-Stromerzeugung mit >10 % bundesweit überdurch-
                    schnittlich. Die Berücksichtigung von Kurzfristprognosen und Langfristszenarien verschie-
                    dener Zu-/Abflüsse, Pegel und Gewässertemperaturen gehört daher zum festen Bestandteil
                    der Kraftwerks- und Speicherbewirtschaftung.
                    Im Rahmen der Unternehmensstrategie soll der Anteil erneuerbarer Energie am EnBW-
                    Erzeugungsportfolio weiter ansteigen (aktuell 23 %; inkl. Drittvermarktung von Wind- und
                    PV-Anlagen sogar über 40 % der kommerziell vermarkteten Leistung). Trotzdem spielen
                    konventionelle Kraftwerke, wie z. B. Steinkohle-Kraftwerke, derzeit noch eine wichtige Rol-
                    le zur Sicherstellung der Strom- und Fernwärme-Versorgung sowie der Netzstabilität in
                    Baden-Württemberg. An den Standorten Karlsruhe und Mannheim sind in den letzten Jahren
                    neue Kraftwerksblöcke in Betrieb genommen worden, die bezüglich Effizienz und Emis-
                    sionsreduktion neue Maßstäbe setzen. Die Brennstofflogistik für diese Kraftwerke erfolgt
                    größtenteils auf dem Schiffsweg. Aufgrund der vergleichsweise großen Entfernung zu den
                    Seehäfen können die Logistikkosten hierbei schon bei günstigen Transportbedingungen einen
                    nicht zu vernachlässigbaren Anteil an den Gesamtkosten haben. Längerfristige oder signifi-
                    kante Niedrigwassersituationen stellen die Kohlelogistik schließlich vor große Herausforde-
                    rungen. Dies gilt umso mehr, wenn – wie beispielsweise im vergangenen Winter 2016/2017 –
                    ausgeprägte Niedrigwassersituationen (relevanter Rheinpegel im Januarmittel 2017: 25-30 %
                    des langjährigen Mittelwerts) mit erhöhtem Energiebedarf aus konventionellen Kraftwerken
                    (Fernwärmelieferungen, hohe Stromnachfrage) zusammenfallen. Für eine sinnvolle und kon-
                    tinuierliche Bewirtschaftung der Kohlelager sind daher neben Langfristszenarien von Brenn-
                    stoffbedarf und Brennstoffpreisen auch Mittel- und Langfristprognosen/-szenarien der rele-
                    vanten Schifffahrtspegel unerlässlich.
                    Die Kohlelogistik für den EnBW-Kraftwerkspark kann auf die fundierte meteorologische
                    Expertise im Energiehandel zurückgreifen: Neben globalen und regionalen Wetterprognosen
                    aller relevanten Wettermodelle (wie z. B. ECMWF, GFS, UKMO oder COSMO) stehen auch
                    saisonale/sub-saisonale Prognosen (ECMWF, CFS, EUROSIP, NEEM etc.) sowie Daten und

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Analysen zu meteo-hydrologischen Randbedingungen (wie Schneesituation Alpen, Boden-
feuchte oder Ozeantemperaturen) zur Verfügung. Die kurzfristigen Pegelprognosen aus der
Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-
Württemberg (LUBW) sowie die Pegelprognosen aus ELWIS werden durch eine Veredelung
der Pegelklimatologie/Statistik mit langfristigen Wettertrends auf eine Zeitskala bis zu meh-
reren Monaten fortgeschrieben. Hierbei ist eine qualitative Einschätzung von generellen
Trends und Risiken von Niedrigwassersituationen deutlich wichtiger als eine quantitative
Prognoseperformance. Die Übersetzung von saisonalen/sub-saisonalen Wettermodellläufen in
Pegelprognosen wäre daher ein deutlicher Fortschritt und kann dazu beitragen, das Risiko-
management in der Brennstofflogistik zu verbessern.

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