VERANSTALTUNGEN 3/2017 STATISTISCHE METHODEN IN DER HYDROLOGISCHEN VORHERSAGEPRAXIS UND DEREN NUTZEN - BFG
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3/2017 Veranstaltungen Statistische Methoden in der hydrologischen Vorhersagepraxis und deren Nutzen Kolloquium am 13./14. September 2017 in Koblenz Koblenz, September 2017
Impressum
Herausgeber: Bundesanstalt für Gewässerkunde
Am Mainzer Tor 1
Postfach 20 02 53
56002 Koblenz
Tel.: +49 (0)261 1306-0
Fax: +49 (0)261 1306 5302
E-Mail: posteingang@bafg.de
Internet: http://www.bafg.de
Druck: Druckerei des BMVI, Bonn
ISSN 1866 – 220X
DOI: 10.5675/BfG_Veranst_2017.3
Zitiervorschlag:
Bundesanstalt für Gewässerkunde (Hrsg.): Statistische Methoden in der hydrologischen Vorhersage-
praxis und deren Nutzen. Kolloquium am 13./14. September 2017 in Koblenz. – Veranstaltungen
3/2017, Koblenz, September 2017, 64 S.
DOI: 10.5675/BfG_Veranst_2017.3Bundesanstalt für
Gewässerkunde
Veranstaltungen
3/2017
Inhalt
Statistische Methoden in der hydrologischen Vorhersagepraxis und deren Nutzen .......... 5
Vorhersagen für die WSV ‒ Bedeutung, Nutzen, Anforderungen ....................................... 6
Bernhard Mott
Statistische Methoden in der hydrologischen Vorhersage der BfG...................................... 8
Bastian Klein, Dennis Meißner und Silke Rademacher
Probabilistische Ableitung von Vorhersageunsicherheiten in der
Hochwasservorhersage in Bayern.......................................................................................... 15
Daniel Waldmann und Alfons Vogelbacher
Statistische Unsicherheitsanalyse in der Abflussvorhersage des
Hochwassermeldedienstes Rheinland-Pfalz .......................................................................... 18
Margret Johst und Norbert Demuth
Vergleichende Bewertung unterschiedlicher Modellansätze mit Blick auf die
Ableitung von Hochwasserfrühwarnungen .......................................................................... 21
Andy Philipp, Florian Kerl, Christine Metzkes, Michael Wagner und Niels Schütze
Anwendung hydrologischer Vorhersagen bei BASF SE ‒ Beispiele, Anforderungen
und Wünsche ........................................................................................................................... 24
Max Bangert und Wolfgang Egel-Hess
Nutzung von Langfristmodellen für die Transportlogistik – Die Sicht eines
Stromproduzenten entlang des Rheins .................................................................................. 28
Christoph Elsässer und Matthias Piot
Der Einfluss des Rheinpegels auf die Systemsicherheit im deutschen
Übertragungsnetz .................................................................................................................... 31
Volker Dütsch
Laufwasserkraftwerke in den Alpen: Modellierung und Einfluss im Strommarkt .......... 34
Matthias Heveling
Operationelle Verfahren und aktuelle Entwicklungen im statistischen Postprocessing
beim Deutschen Wetterdienst ................................................................................................ 36
Reinhold Hess
Statistische Post-Prozessierung von hydrologischen Ensemble-Vorhersagen ................... 39
Stephan Hemri
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Pre- und Post-Prozessierung eines hydrometeorologischen Ensemble-
Vorhersagesystems für Monatsprognosen von Tagesabflüssen in alpinen
Einzugsgebieten in der Schweiz ............................................................................................. 43
Samuel Monhart
Von der Modellberechnung zur Abgabeentscheidung an der Edertalsperre .................... 46
Jochen Hohenrainer und Jiri Cemus
Assessment of predictive uncertainty using multi-model variational data assimilation ... 49
Rodolfo Alvarado-Montero
Data assimilation to improve operational flow forecasts from catchment to
continental scale ...................................................................................................................... 52
Albrecht Weerts
Statistische Methoden bei der Analyse und Vorhersage von Pegelständen an der
deutschen Nordseeküste.......................................................................................................... 54
Sylvin Müller-Navarra
Monthly to seasonal statistical prediction with application for the German and
Romanian waterways and Arctic Sea Ice Extent ................................................................. 57
Monica Ionita
Anwendung von rekurrenten neuronalen Netzen zur Abflusssimulation und
-vorhersage an Rhein, Mosel und Donau .............................................................................. 62
Hans-Ulrich Kobialka
Seite 4Bundesanstalt für
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Statistische Methoden in der hydrologischen
Vorhersagepraxis und deren Nutzen
Statistische Verfahren und Modelle sind seit Jahrzehnten unverzichtbarer Bestandteil hydro-
logischer Vorhersagesysteme. Diese Methoden werden in allen Prozessierungsschritten der
Abfluss- und Wasserstandsvorhersage eingesetzt, wie z. B. der Interpolation von Beobach-
tungsdaten, Downscaling von meteorologischen Vorhersagen, Kalibrierung von Ensemble-
Vorhersagen, Fehlerkorrektur und Datenassimilation von in Echtzeit verfügbaren Daten-
produkten. Aber auch die Vorhersageberechnung selbst erfolgt häufig mittels statistischer
Verfahren unterschiedlicher Komplexität, von linearen Regressionen bis hin zu neuronalen
Netzen. Aufgrund des großen Verbesserungspotenzials und der relativ geringen Anwen-
dungskosten ist die Neu- und Weiterentwicklung dieser statistischen Methoden Gegenstand
aktueller Entwicklungen in der Wissenschaft.
Dieses Kolloquium rückt die häufig eher im Hintergrund eingesetzten statistischen Verfahren
und Modelle in den Fokus und zielt auf einen Brückenschlag zwischen Forschung, Vorher-
sagepraxis und Nutzern von Vorhersageprodukten ab. Entsprechend stellen Vertreter aus
Wissenschaft, operationeller Vorhersagepraxis und Wirtschaft die aktuellen Möglichkeiten
und Grenzen dieser Techniken und Produkte über ein weites Anwendungsspektrum des
hydrologischen Vorhersagealltags vor.
Das Kolloquium richtet sich an alle mit (hydrologischen) Vorhersagen befassten Kollegen
aus Behörden, Forschungseinrichtungen, Beratungsbüros und Unternehmen sowie die
interessierte Fachöffentlichkeit.
Seite 5Bundesanstalt für
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Vorhersagen für die WSV ‒ Bedeutung, Nutzen,
Anforderungen
Bernhard Mott
Im Vortrag werden zunächst die rechtlichen Grundlagen der Vorhersagen, die durch die
Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) und die Bundesanstalt für Gewässerkunde
(BfG) veröffentlicht werden, dargelegt.
Im Weiteren wird auf die verschiedenen Arten der Wasserstandsvorhersage eingegangen.
Zum einen kann nach der Dauer und zum andern nach dem Zweck bzw. der Wasserstandshö-
he unterschieden werden. Kurzfristige Vorhersagen verfügen über einen Horizont von weni-
gen Tagen und werden i. d. R. von der Schifffahrt für ihre Fahrtenplanung genutzt. Bei Nied-
rigwasser interessiert die mögliche Abladung, bei Hochwasser, ob das Schiff mit der Ladung
noch durch die Brücke passt. Mittel- bis langfristige Vorhersagen sind von der Schifffahrt für
Routenplanungen auf Langstrecke immer wieder gefordert. Der Unterschied zwischen Hoch-
und Niedrigwasservorhersage liegt in der höheren Komplexität, ggf. fehlenden Messwerten
und erhöhten Anforderungen an Ausfallsicherheit bei Hochwasser. Auch ist zu berücksichti-
gen, dass das Wasser bei Hochwasser durch Ausuferungen im Vorlandbereich fließt und so-
mit der Aufwand für die zugrundeliegenden Geodaten deutlich höher liegt. Weiter ist der
Personalaufwand durch den 24h-Schichtbetrieb dreimal so hoch wie bei verkehrsbezogenen
Vorhersagen.
Da Vorhersagen kein Selbstzweck der Verwaltung sind, ist ein Blick auf den Nutzerkreis und
dessen entstandener Nutzen interessant. Der Spannungsbogen geht vom einzelnen Partikulier
bis zur Industrie und kompletten Verwaltung aus Bund, Ländern und Kommunen. Der Nut-
zen deckt vom reinen monetären Effekt bis zur Sicherheit für Leib und Leben alles ab.
Abgerundet wird der Vortrag durch einen kurzen „Ausflug“ in die Eiszeit. Im Elektronischen
Wasserstraßen-Informationsservice ELWIS werden die notwendigen Informationen für die
Schifffahrt zu den Eisberichten mit Sachstand und Vorhersagen veröffentlicht.
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1983-1986
Studium der Nachrichtentechnik an der Universität
der Bundeswehr in München
2002
Eintritt in die WSV in der WSD Süd, Würzburg
2002-2003
Einsatz im Bereich Telematik
2003-2010
Dezernatsleiter Haushalt/Controlling
2011-2017
Aufgabenfeldleiter Verkehrsmanagement
seit 2017
Projektleiter Migration WISKI 7
Kontakt:
Bernhard Mott
Generaldirektion Wasserstraßen und
Schifffahrt, Standort Würzburg
Wörthstraße 19
97082 Würzburg
Tel.: 0931/ 4105 420
E-Mail:
Bernhard.Mott@wsv.bund.de
Seite 7Bundesanstalt für
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Statistische Methoden in der hydrologischen
Vorhersage der BfG
Bastian Klein, Dennis Meißner und Silke Rademacher
Seit mehreren Jahrzehnten werden in der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) statistische
Modelle angewendet. Schon ab 1975 wurden in der BfG mit dem statistischen Mehrkanal-
filtermodell Niedrigwasser-Abflussvorhersagen für den Rhein-Pegel Kaub gerechnet und
veröffentlicht (WILKE 1985). Das Mehrkanalfiltermodell analysiert Übertragungseigenschaf-
ten eines hydrologischen Systems aus der Belastung (z. B. abflusswirksamer Niederschlag,
Abfluss an oberhalb gelegenen Pegeln) und dem Ergebnis (z. B. Abfluss am Pegel) in integ-
raler Form mithilfe einer Übertragungsfunktion.
Trotz einer verstärkten Nutzung deterministischer Niederschlags-Abfluss-Modelle zur Be-
rechnung der Abflussbildungsprozesse und hydrodynamischer Modelle zur Berechnung der
Wellenverformung in den Gewässern sind statistische Modelle in der hydrologischen Vorher-
sage der BfG auch weiterhin nicht mehr wegzudenken. Insbesondere im Rahmen von aktuel-
len F&E-Projekten wie z. B. „Seamless Prediction – Quantifizierung und Reduktion von Un-
sicherheiten durch Datenassimilation und Ensembletechniken für Kurz-, Mittel- und Lang-
fristvorhersagen der BfG“ und dem EU-Horizon 2020 Projekt „IMPREX ‒ IMproving PRe-
dictions and management of hydrological EXtremes (www.IMPREX.eu)“ wird an der BfG
die Entwicklung und Anwendung statistischer Methoden in der Vorhersage weiter vorange-
trieben. In diesem Beitrag werden ausgewählte Methoden kurz vorgestellt.
Methoden der Unsicherheitsanalyse
Zur Quantifizierung der meteorologischen Vorhersageunsicherheit in der hydrologischen
Vorhersage werden im Allgemeinen meteorologische Ensemble-Vorhersagen als Eingangs-
größen für das hydrologische Vorhersagemodell verwendet, um Ensembles von Abfluss-
bzw. Wasserstandsvorhersagen zu berechnen. Aktuell werden im Vorhersagesystem der BfG
die meteorologischen Ensemble-Vorhersagen COSMO-LEPS (20 Einzelvorhersagen) von
ARPA-SIM, ECMWF-ENS (51 Einzelvorhersagen) des Europäischen Zentrums für mittel-
fristige Wettervorhersage EZMW und ICON-EPS (40 Einzelvorhersagen) des Deutschen
Wetterdienstes (DWD) zur Berechnung von hydrologischen Ensemble-Vorhersagen einge-
setzt.
In der operationellen Vorhersage-Praxis werden oft fälschlicherweise die „rohen“, also die
nicht statistisch post-prozessierten Ensemble-Vorhersagen als probabilistische Vorhersagen
interpretiert, obwohl sie im Allgemeinen einen systematischen Fehler (Bias) und eine zu
geringe Streuung aufweisen.
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Um die Gesamtvorhersageunsicherheit in der Wasserstandsvorhersage der BfG zu quantifi-
zieren, wurden im Rahmen des Projektes „Seamless Prediction“ in Zusammenarbeit mit dem
Heidelberg Institut für Theoretische Studien (HITS) Methoden zur Quantifizierung der prä-
diktiven Unsicherheit der hydrologischen Ensemble-Vorhersagen der BfG entwickelt und
angewendet (HEMRI & KLEIN 2017, KLEIN et al. 2015).
Im aktuellen System wird die statistische Methode Ensemble Model Output Statistics (EMOS)
eingesetzt, um probabilistische Wasserstandsvorhersagen aus dem berechneten Wasserstands-
Ensemble zu ermitteln (weitere Details siehe KLEIN et al. 2015). Der aktualisierte Vorhersa-
geablauf für die Erstellung von probabilistischen Wasserstandsvorhersagen ist in Abb. 1 dar-
gestellt. Die zusätzlichen Komponenten im Vergleich zur operationellen deterministischen
Wasserstandsvorhersage sind rot markiert.
Abb. 1: Ablauf-Schema der probabilistischen Wasserstandsvorhersage Rhein: Ermittlung der
Parameter der statistischen Unsicherheits-Prozessoren (Offline), Anwendung in der
operationellen Vorhersage (Echtzeit), in rot zusätzliche Komponenten im Vergleich zur
deterministischen 4-Tages-Vorhersage
Im Rahmen des Projektes IMPREX werden den Stakeholdern seit Mai 2017 prä-operationell
prototypisch 10-Tages-Vorhersagen für sieben Vorhersagepegel entlang des Rheins zur Ver-
fügung gestellt.
In Abb. 2 ist beispielhaft die probabilistische Wasserstandsvorhersage vom 12.07.2017 für
den Pegel Köln dargestellt. Die Vorhersage basiert auf einem Ensemble von 72 Wasser-
standsvorhersagen (COSMO-LEPS, ECMWF-ENS und deterministische HRES-Vorhersage
des EZMW). Aktuell werden dem Nutzer zwei unterschiedliche Darstellungsformen der Un-
sicherheit zur Verfügung gestellt. Rückmeldungen, Anmerkungen und weitere Anforderun-
gen der Test-Nutzer werden bei der Weiterentwicklung berücksichtigt.
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Abb. 2: Prototypische probabilistische 10-Tages-Wasserstandsvorhersage Pegel Köln vom
12.07.2017 mit unterschiedlicher Darstellung der Unsicherheit; links: Farbverlauf
orientiert sich an der Unterschreitungswahrscheinlichkeit des Wasserstandes, rechts:
der zum Median der Unsicherheitsverteilung symmetrische Farbverlauf orientiert sich
an der „klassischen“ Darstellung der Unsicherheit in der Hydrologie
Methoden der Zeitreihenanalyse
Trotz der Einbeziehung von räumlich hochaufgelösten Messdaten und optimierten Modellen
kann das hydrologische Verhalten von Einzugsgebieten bzw. Fließgewässern durch mathe-
matische Modelle lediglich näherungsweise beschrieben werden. Vor diesem Hintergrund
werden Methoden der mathematischen Zeitreihenanalyse, wie z. B. Auto-Regressive oder
Auto-Regressive Integrated Moving Average Modelle, in der operationellen Vorhersage der
BfG (siehe Abb. 1) angewendet, um den Fehler zwischen Beobachtung und Simulation zu
beschreiben (PINZINGER et al. 2014). Mit diesen Modellen wird dann versucht, den Modell-
fehler in der Abfluss- und Wasserstandsvorhersage zu minimieren.
Künstliche neuronale Netze
Künstliche neuronale Netze werden in der Vorhersage der BfG in unterschiedlichen Berei-
chen angewendet, zur Approximation der Wellenverformung im Gerinne und zur Abfluss-
simulation und Abflussvorhersage.
Künstliche neuronale Netze (KNN) sind ein programmiertes Knotensystem nach dem Vorbild
biologischer neuronaler Netze. Diese Netze werden mit mathematischen Algorithmen anhand
von historischen Daten trainiert.
So wurde z. B. beim Aufbau des neuen hydrodynamischen Modells für die Wasserstandsvor-
hersage an der Donau aufgrund des sehr komplexen Steuerverhaltens der Staustufenkette
zwischen den Pegeln Neu-Ulm und Kelheim für diesen Bereich kein hydrodynamisches Mo-
dell zur Simulation der Wellenverformung im Gerinne aufgebaut, sondern künstliche neuro-
nale Netze trainiert, um die Randbedingungen des hydrodynamischen Wasserstandsvorher-
sagemodells der Bundeswasserstraße Donau zu berechnen (siehe Abb. 3).
Im Rahmen des Forschungsprojektes „Seamless Prediction“ wurden in Zusammenarbeit mit
dem Fraunhofer IAIS sogenannte Echo State Networks zur Abflussimulation und -vorher-
sage an den Pegeln Bollendorf und Trier im Moselgebiet und für den Pegel Maxau am Rhein
prototypisch angewendet (KLEIN et al. 2016).
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Modellgrenze
Pegel
V Vorhersagepegel
Pegel KNN
Pegel Heitzenhofen
Wörnitz
Altmühl
Regen
Pegel Marienthal
Pegel Beilngries
Naab
Pegel Deggendorf
Staustufe Kachlet
Pegel Harburg
Pegel Hofkirchen
Pegel Vilshofen
Pegel Pfelling
KNN V V V V
Pegel Neu-Ulm
Pegel Kelheim
Pegel Augsburg u.d.W.
Pegel Offingen
Pegel Mühlried
Pegel Plattling
Pegel Grafenmühle
Isar
Vils
Lech
Paar
Mindel
Statistisches Modell (KNN) Hydrodynamisches Modell (SOBEK-River)
Abb. 3: Modellstruktur des operationellen Wasserstandsvorhersagemodells Donau der BfG
Datenassimilation
Im Rahmen von Seamless Prediction und dem EUMETSAT Projekt H-SAF wurden Metho-
den der Datenassimilation, wie z. B. Ensemble Kalman Filter und Moving Horizon Estimati-
on, angewendet, um in Echtzeit verfügbare Beobachtungen (z. B. Abflussbeobachtungen,
Schneeprodukte, ...) zur Verbesserung der Schätzung der Modellzustände des hydrologischen
Modells zum Vorhersagezeitpunkt zu verwenden (LISNIAK 2014, MONTERO et al. 2016).
Abbildung 4 zeigt beispielhaft für den Lahnpegel Leun Neu den positiven Effekt der entwi-
ckelten Datenassimilationsmethodik im schneereichen Winter 2010/2011. Die Verbesserung
wird sowohl beim Einzelereignis auf der linken Seite (durchgezogene rote Linie (mit DA)
bildet das Ereignis sehr gut nach) sowie in der Statistik für die gesamte Wintersaison anhand
des Gütekriteriums NSE (je näher an 1 desto besser ist die Vorhersage) erkennbar.
Abb. 4: Abflussvorhersage mit und ohne Datenassimilation am Lahn-Pegel Leun Neu (links),
statistischer Vergleich der Vorhersagegüte für 120 Vorhersagen im Winter 2010/2011
(MEIßNER et al. 2015)
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Multiple Lineare Regressionsverfahren
Im Rahmen des Projektes „Seamless Prediction“ wurden in Kooperation mit dem Alfred-
Wegener-Institut statistische Ansätze zur saisonalen Vorhersage an ausgewählten Pegeln der
Bundeswasserstraßen Rhein, Donau, Elbe und Weser untersucht.
Abb. 5:
Gegenüberstellung des mittels multipler
Regression prognostizierten und gemessenen
mittleren Abflusses im August am Pegel
Kaub (Zeitraum 1950 bis 2015) (MEIßNER et
al. 2015)
Die Methodik basiert auf einer multiplen linearen Regression zwischen Abflussindikatoren an
den Vorhersagepegeln und globalen/regionalen Klimadaten (Meeresoberflächentemperatur,
Bodenfeuchte, Abfluss des vergangenen Monats, ...) (IONITA et al. 2008). In Abb. 5 ist die
Monatsvorhersage des mittleren Abflusses des Pegels Kaub im August für den Zeitraum
1950-2015 dargestellt. Prognostizierte (rote Punkte) und gemessene Abflüsse (schwarze
Punkte) stimmen im betrachteten Zeitraum sehr gut überein.
Danksagung
Dieser Beitrag wurde im Rahmen von IMPREX, das über das Horizon 2020 Research and
Innovation Programme (grant agreement 641811, www.imprex.eu) von der Europäischen
Union gefördert wird, erstellt.
Literatur
HEMRI, S. & B. KLEIN (2017): Analog based post-processing of navigation-related hydrologi-
cal ensemble forecasts. Water Resources Research (in review)
IONITA, M., G. LOHMANN & N. RIMBU (2008): Prediction of Elbe discharge based on stable
teleconnections with winter global temperature and precipitation. Journal of Climate,
21, 6215-6226
KLEIN, B., D. MEISSNER, S. HEMRI & D. LISNIAK (2015): Ermittlung der prädiktiven Unsi-
cherheit von hydrologischen Ensemblevorhersagen. Bericht BfG-1853, Bundesanstalt
für Gewässerkunde, Koblenz. http://dx.doi.org/10.5675/BfG-1853
KLEIN, B., D. MEISSNER, H.-U. KOBIALKA & P. REGGIANI (2016): Predictive Uncertainty
Estimation of Hydrological Multi-Model Ensembles Using Pair-Copula Construction.
Water 8 (4), 125. http://www.mdpi.com/2073-4441/8/4/125
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Gewässerkunde
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LISNIAK, D. (2014): Nachführung von Anfangszuständen des hydrologischen Modells HBV
durch einen Ensemble Kalman Filter zur Verbesserung von Abflussvorhersagen. Be-
richt BfG-1852, Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz.
http://dx.doi.org/10.5675/BfG-1852
MEIßNER, D., B. KLEIN, D. LISNIAK, I. LINGEMANN & R. PINZINGER (2015): Quantifizierung
und Reduktion von Unsicherheiten der Kurz-, Mittel- und Langfristvorhersagen der
BfG – Synthese der entwickelten Methoden und erzielten Ergebnisse im Forschungs-
und Entwicklungsvorhaben „Seamless Prediction I“ (2012-2014). Bericht BfG-1874,
Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz. http://dx.doi.org/10.5675/BfG-1874
MEIßNER, D., B. KLEIN, & M. IONITA (2017): Development of a monthly to seasonal forecast
framework tailored to inland waterway transport in Central Europe. Hydrol. Earth
Syst. Sci. Discuss., https://doi.org/10.5194/hess-2017-293, (in review)
MONTERO, R. A., D. SCHWANENBERG, P. KRAHE, D. LISNIAK, A. SENSOY, A. A. SORMAN &
B. AKKOL (2016): Moving horizon estimation for assimilating H-SAF remote sensing
data into the HBV hydrological model. Advances in Water Resources 92, 248-257.
http://dx.doi.org/10.1016/j.advwatres.2016.04.011
PINZINGER, R., B. KLEIN, D. MEISSNER & D. LISNIAK (2014): Auswahl Pareto-optimaler Mo-
delle zur statistischen Korrektur von Abflussvorhersagen. Hydrologie und Wasser-
bewirtschaftung 58 (2), 128-137. https://dx.doi.org/10.5675/HyWa_2014,2_8
WILKE (1985): Hochwasservorhersage. Wasserbauliche Mitteilungen der Technischen Hoch-
schule Darmstadt, Nr. 24, S. 117-128
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Jahrgang: 1975
1996-2003
Studium des Bauingenieurwesens an der Techni-
schen Universität Berlin
2003-2009
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Lehrstuhl für Hyd-
rologie, Wasserwirtschaft und Umwelttechnik an
der Ruhr-Universität Bochum
2009
Promotion: „Ermittlung von Ganglinien für die
risikoorientierte Hochwasserbemessung von Tal-
sperren“
Kontakt: seit 2009
Dr.-Ing. Bastian Klein Wissenschaftlicher Angestellter der Bundesanstalt
Bundesanstalt für Gewässerkunde für Gewässerkunde
Am Mainzer Tor 1
56068 Koblenz Projektbearbeitung:
Tel.: 0261/ 1306 5256 2009-2011 Aktualisierung Wasserstandsvorher-
E-Mail: klein@bafg.de sagesystem WAVOS Donau
2009-2011 AdaptAlp (EU INTERREG IV)
2010-2012 ECCONET (EU FP7)
2009-2012 KLIWAS „Wasserhaushalt, Wasser-
stand, Transportkapazität“ (BMVI)
2012-2016 F&E-Projekt: „Seamless Prediction:
Quantifizierung und Reduktion von
Unsicherheiten durch Datenassimila-
tion und Ensembletechniken für
Kurz-, Mittel- und Langfristvorher-
sagen der BfG“
seit 2017 EU-Horizon2020 IMPREX IMprov-
ing PRedictions and management of
hydrological EXtremes
Koautoren:
Dennis Meißner
Silke Rademacher
Bundesanstalt für Gewässerkunde
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Probabilistische Ableitung von Vorhersage-
unsicherheiten in der Hochwasservorhersage
in Bayern
Daniel Waldmann und Alfons Vogelbacher
In Bayern werden für die Hochwasservorhersage aktuell 23 Modelle operationell betrieben,
die Vorhersagen für 215 Pegel erstellen.
Um die Unsicherheiten der Vorhersagen zu quantifizieren, werden diese seit 2007 mit einem
Unsicherheitsband versehen, welches das 90 %- und 10 %-Quantil der erwarteten Abflüsse
kennzeichnet. Berücksichtigt wird hierbei der statistische Gesamtfehler, d. h. Fehler in Ein-
gangsdaten, hydrologischem Modell und auch meteorologischem Antrieb. Hierbei werden die
Unsicherheitsbereiche durch eine statistische Analyse der Abweichungen vergangener deter-
ministischer Vorhersagen von den Messwerten ermittelt. Die Genauigkeit der Abflussvorher-
sagen hängt mit zunehmender Vorhersagezeit wesentlich von der Güte der Niederschlagsvor-
hersagen ab. Die Verwendung von Ensemble-Vorhersagen mit physikalisch begründeten
Störungen im Modellantrieb kann somit die Quantifizierung der Niederschlagsvorhersage-
unsicherheit unterstützen und gewinnt daher zunehmend an Bedeutung (VOGELBACHER
2014).
Im Gegensatz zu den deterministischen Unsicherheitsangaben werden für die Bewertung der
Güte der Ensemble-Vorhersagen zusätzliche statistische Methoden benötigt. Eine grundsätz-
liche Implementierung zur Verarbeitung von Ensemble-Vorhersagen und Bereitstellung der
Unsicherheiten ist bereits seit 2008 im Hochwassernachrichtendient in Bayern umgesetzt
(MORITZ 2008). Um diese aber auch im regulären, operationellen Betrieb und in adäquaten
Publikationszeiträumen weitergeben zu können, gilt es, einige Herausforderungen zu bewäl-
tigen. Diese beginnen in der Praxis mit dem deutlich erhöhten Datenvolumen der Rohdaten,
die in die Systeme des Hochwassernachrichtendienstes transferiert werden müssen. Bedingt
durch die große Anzahl an Ensemblemitgliedern müssen die hydrologischen Modelle dem-
entsprechend öfter durchgerechnet werden, was die Rechenzeit deutlich erhöht. Dasselbe gilt
für die statistische Nachbearbeitung der Vorhersagen, die aufgrund komplexerer statistischer
Verfahren zusätzliche Rechenleistung benötigen. Da die Hochwasservorhersage in Bayern
über einer Vielzahl von gekoppelten Gebietsmodellen erfolgt, ist es auch nötig, die simulier-
ten Zu- und Abflüsse jedes Ensemblemitglieds dementsprechend weiterzugeben, damit ein in
sich konsistentes Ensemble über die gesamte Fläche modelliert werden kann.
In der System-Infrastruktur des Hochwassernachrichtendienstes wird versucht, allen diesen
Aspekten Rechnung zu tragen, um somit den Kunden, in diesem Fall den Wasserwirtschafts-
ämtern und der Öffentlichkeit, eine bestmögliche, zeitnahe Einschätzung der vorhergesagten
Lage zu bieten.
Seite 15Bundesanstalt für
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Der Vortrag berichtet über den Stand der Implementierung in den operationellen Betrieb der
Hochwasservorhersagen. Derzeit laufen parallel zur manuell gestützten und geprüften Hoch-
wasservorhersage zusätzlich eine automatisierte Berechnung der COSMO-DE-EPS,
COSMO-LEPS, ICON-EPS und ECMWFEnsembles. Für die manuelle, deterministische
Vorhersage wird derzeit die Gesamtunsicherheit aus historischen Daten abgeleitet (siehe
HAAG et al. 2013) und in den Ensemble-Vorhersagen wird die Vorhersageunsicherheit aus
deren Verteilung abgeleitet. Des Weiteren wird aktuell für die Unsicherheitsbestimmung der
Ensembles eine Kombination aus Wavelet-Transformation und Quantil-Regression mit neu-
ronalen Netzen (siehe BOGNER et al. 2013) integriert und getestet.
Literatur
BOGNER, K., K. LIECHTI, M. ZAPPA (2013): Post-Processing of Stream Flows in Switzerland
with an Emphasis on Low Flows and Floods. Water 8 (4), 115
HAAG, I., U. EHRET, N. DEMUTH & K. MORITZ (2013): ProFoUnD: Ein Werkzeug zur statis-
tischen Analyse von Abfluss- und Wasserstandsvorhersagen und zur Ermittlung von
Vorhersageunsicherheiten. Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, 33.13,
S. 93-103
MORITZ, K. (2008): Including hydrometeorological Ensemble Forecasts in the Calculation of
Uncertainty of hydrological Forecasts. – EMS/ECAC7 Abstracts, Vol. 5 EMS2008-
A-00389, 2008, 8th Annual Meeting of the EMS/7th ECAC;
http://meetings.copernicus.org/ems2008/crawl/abstracts/EMS2008/00389/EMS2008-
A-00389.pdf
VOGELBACHER, A. (2014): Zuverlässigkeitsaussagen in der Praxis der Hochwasserwarnung
und -vorhersage in Bayern. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung 58 (2), 148-154;
DOI: 10.5675/HyWa_2014,2_10
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Jahrgang: 1954
Fachliche Schwerpunkte: Quantitative Hydrologie
und Hochwasser
1974-1981
Studium der Geographie, Fachrichtung Hydrologie
FOTO
an der Albert-Ludwig Universität in Freiburg
1985
Promotion, Thema: „Einfluss der Großterrassierung
auf den Wasserhaushalt in zwei kleinen Lößein-
zugsgebieten“ und Postdoktorat an der Hebräischen
Universität in Jerusalem (6 Monate)
ab 1985 Büro Geotronic, Freiburg, EDV-Projekte
in der Wasserwirtschaft
Kontakt: ab 1991 Leiter des Hochwassernachrichtendienstes
Dr. Alfons Vogelbacher am Landesamt für Wasserwirtschaft in München
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 seit 2005
86179 Augsburg
Leiter des Referats 86, Hochwassernachrichten-
Tel.: 0821/ 9071 5960 zentrale, Hochwasservorhersage Donau und Inn,
E-Mail: Gebietshydrologie am Landesamt für Umwelt in
alfons.vogelbacher@lfu.bayern.de Augsburg
1999-2005
Studium der Physischen Geographie an der Lud-
wig-Maximilians-Universität, München
2005-2010
Promotion an der LMU, Thema: Large-Scale Pro-
FOTO
cess-Oriented Modelling of Soil Erosion by Water
in Complex Watersheds
2010-2012
Post-Doc an der LMU im ESA-Projekt „talking-
fields“
2012-2014
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-
Rechenzentrum Garching, Abteilung Hochleis-
Kontakt: tungssysteme/Verteilte Systeme
Dr. Daniel Waldmann
Bayerisches Landesamt für Umwelt seit 2014
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 Projektmitarbeiter am Bayerischen Landesamt für
86179 Augsburg Umwelt im Hochwassernachrichtendienst
Tel.: 0821/ 9071 5953
E-Mail:
daniel.waldmann@lfu.bayern.de
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Statistische Unsicherheitsanalyse in der Abfluss-
vorhersage des Hochwassermeldedienstes
Rheinland-Pfalz
Margret Johst und Norbert Demuth
Ensemble-Abflussvorhersage mit COSMO-DE-EPS
In Rheinland-Pfalz werden seit Sommer 2014 Ensemble-Vorhersagen des DWD (COSMO-
DE-EPS) für die operationelle Hochwasservorhersage verwendet. Der DWD stellt alle drei
Stunden 21 Wettervorhersagen mit einer Vorhersagetiefe von 27 Stunden bereit. Damit wer-
den im hydrologischen Modell LARSIM in rechenzeitoptimierten Parallelläufen 21 mögliche
Abfluss- und Wasserstandvorhersagen berechnet. Diese Ergebnisse sind einerseits Grundlage
für die regionsbezogene Hochwasservorhersage, andererseits werden sie – bisher nur intern –
für die Einschätzung zu erwartender Scheitelabflüsse an Pegeln genutzt.
Die Auswertung der 21 LARSIM-Läufe erfolgt für die regionsbezogene Frühwarnung in drei
Schritten: Zunächst wird für jedes LARSIM-Gewässerelement die Häufigkeitsverteilung der
vorhergesagten klassifizierten Maximalabflüsse bestimmt. Anschließend wird mithilfe eines
Regelwerks die Häufigkeitsverteilung einer bestimmten Hochwassergefahrenklasse ermittelt.
Abschließend werden die LARSIM-Gewässerelemente den Warnregionen zugeordnet und für
sämtliche Elemente einer Warnregion eine Rangfolge der Hochwassergefahren erstellt, aus
der die Hochwassergefährdung für die jeweilige Warnregion abgeleitet wird.
Für die pegelbezogenen Vorhersagen werden im operationellen Betrieb für jeden Pegel und
jede Vorhersage fünf Grafiken (u. a. Spaghetti-Plots, Histogramme) erstellt, aus denen der
diensthabende Hydrologe die Spannweite der möglichen Entwicklung für einen bestimmten
Pegel einschätzen kann.
Abschätzung des ökonomischen Wertes
Für die seit 2010 vorliegenden COSMO-DE-EPS-Vorhersagen wurden Hindcast-Abfluss-
vorhersagen mit dem oben geschilderten Ensemble-Vorhersage-System berechnet und mittels
eines Kosten-Nutzen-Ansatzes der ökonomische Wert der Verwendung von Ensemble-
Abflussvorhersagen demonstriert (BARTELS et al. 2017). Der Nutzen wird hierbei durch ein
Kosten-Verlust-Verhältnis beschrieben, welches die Verluste eines verfehlten Ereignisses in
Bezug zu den Kosten eines Fehlalarms setzt. Nutzer mit niedrigem Kosten-Verlust-Verhältnis
können somit deutlich mehr Fehlalarme kompensieren als Nutzer mit einem höheren Kosten-
Verlust-Verhältnis. Mit diesem Ansatz kann der Mehrwert durch die Berücksichtigung von
Ensemble-Vorhersagen quantifiziert werden.
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Hindcast-Analyse mit ProFoUnD
Während die Hochwasservorhersage an den kleineren Flüssen stark von der Kurzfrist-Wetter-
vorhersage abhängt, spielen am Rhein der Wellenablauf und die Überlagerung von zufließen-
den Hochwasserwellen eine größere Rolle. Hier wird die Entwicklungsbandbreite mittels
einer Analyse historischer Vorhersagen abgeschätzt. Rund 3.000 mit SOBEK berechnete
Einzelvorhersagen der Jahre 2002 bis 2014 wurden mit dem Programm ProFoUnD (program
to assess the forecast uncertainty of discharge) ausgewertet. ProFoUnD wurde speziell für die
statistische Auswertung operationeller Abfluss- und Wasserstandvorhersagen entwickelt
(HAAG-WANKA & AIGNER 2014) und berechnet unterschiedlichste Fehlermaße (z. B. mittlere
relative Abweichung, RMSE, kategorische Fehler) sowie statistische Kennwerte einzelner
Fehlermaße (z. B. Perzentile, Momente). Die Auswertung erfolgt für frei wählbare Vorher-
sagetiefen (z. B. 6 h, 12 h und 24 h) und separat für verschiedene Abflussbereiche (z. B.
Niedrig-, Mittel- und Hochwasser). Für die am Rhein seit 2016 veröffentlichten Unsicher-
heitsbänder werden die mit ProFoUnD berechneten Perzentile der relativen Abweichung von
Mess- und Vorhersagewert für Vorhersagetiefen von 1 h bis 48 h verwendet. Da in dem Ana-
lyse-Datensatz jedoch nur wenige größere Hochwasser enthalten sind, ist die berechnete Un-
sicherheit für Hochwassersituationen geringer als die tatsächliche Unsicherheit in der Vorher-
sage.
Literatur
BARTELS, J., J. BLIEFERNICHT, J. SEIDEL, Á. BÁRDOSSY, H. KUNSTMANN, M. JOHST & N.
DEMUTH (2017): Bewertung von Ensemble-Abflussvorhersagen für die operationelle
Hochwasserwarnung. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, im Druck
HAAG-WANKA, I. & D. AIGNER (2014): ProFoUnD – Programmbeschreibung und Anwen-
dungshinweise. Revision 7.1. Unveröffentl. Bericht im Auftrag des Wasserwirt-
schaftsamts Kempten, Bayerischen Landesamts für Umwelt, Landesamts für Umwelt
Rheinland-Pfalz u. des Hessischen Landesamts für Umwelt u. Geologie. S. 1-51
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1997-2003
Hydrologie-Studium an der Universität Freiburg
2003-2004
Wissenschaftl. Mitarbeiterin am Institut für
Hydrologie der Universität Freiburg
FOTO
2004-2010
Wissenschaftl. Mitarbeiterin im Fach Physische
Geographie der Universität Trier
(Lehre und Forschung)
2009-2013
Wissenschaftl. Mitarbeiterin im Büro UDATA in
Neustadt/Wstr.
seit 2013
Referentin am Landesamt für Umwelt in Mainz,
Kontakt:
seit 2015 Leitung des Sachgebietes Hochwasser-
Dr. Margret Johst
meldedienst
Landesamt für Umwelt
Rheinland-Pfalz
Kaiser-Friedrichstr-Str. 7
55116 Mainz
Tel.: 06131/ 6033 1714
E-Mail:
Margret.Johst@lfu.rlp.de
Kontakt: 1983-1988
Norbert Demuth Studium der Geographie (Fachrichtung Hydrolo-
Landesamt für Umwelt gie) an der Universität Freiburg
Rheinland-Pfalz
1988-1989
Kaiser-Friedrichstr-Str. 7
Nachdiplomstudium Siedlungswasserbau und Ge-
55116 Mainz
wässerschutz an der ETH Zürich
Tel.: 06131/ 6033 1710
E-Mail: 1990-1993
Norbert Demuth@lfu.rlp.de Wissenschaftl. Mitarbeiter am Institut für Boden-
kunde der Universität Bern
seit 1993
Referent im Landesamt für Umwelt, bzw. in dessen
Vorgänger-Behörden, seit 2015 Leitung des Refe-
rats Hydrometeorologie und Hochwassermelde-
dienst
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Vergleichende Bewertung unterschiedlicher
Modellansätze mit Blick auf die Ableitung von
Hochwasserfrühwarnungen
Andy Philipp, Florian Kerl, Christine Metzkes, Michael Wagner
und Niels Schütze
1 Einleitung
Eine wichtige Anforderung an eine Hochwasserfrühwarnung ist, dass diese auch und vor
allem für kleine, in der Regel unbeobachtete Einzugsgebiete einen prädiktiven Nutzen bietet.
Es stellt sich die Frage, welcher hydrologische Modellansatz für die Ableitung von Früh-
warninformationen oder -produkten geeignet ist. Die Untersuchung fokussierte auf 64 Pegel-
einzugsgebiete, repräsentativ für Sachsen. Es wurden drei unterschiedliche hydrologische
Modellkonzepte implementiert und für die Gebiete angewendet: erstens, ein teilgebietsbasier-
tes deterministisch-konzeptionelles Modell (DeHM), zweitens, ein datengetriebenes, künstli-
ches neuronales Netz (DaHM) und drittens, ein Klassifikationsmodell als Bewertungsverfah-
ren der Hochwasseranfälligkeit (ScoHM). Details zu den Modellen siehe PHILIPP (2016).
2 Methodik zur Ermittlung von Vorhersagegüten
2.1 Einbezogene Antriebsdaten
Es wurden diverse QPEs und QPFs1 für den Antrieb der Modelle verwendet; auf QPE-Seite
räumlich interpolierte (IDW) Ombrometerdaten sowie Stundensummen aus dem DWD-
RADOLAN-RW-Produkt. Als QPFs wurden COSMO-DE sowie die DWD-Quantilvorher-
sage2 einbezogen. Der prognostische Antrieb mit nicht zu Kalibrierung/Training herangezo-
genen Ombrometerdaten wurde als „Best-Forecast-Szenario” berücksichtigt. ScoHM benötigt
keine dedizierten Kalibrierdaten; die Modellvalidierung/Verifikation erfolgte jeweils anhand
derselben Validierungsereignisse wie bei DeHM und DaHM. Details zu Antriebsdaten, Ka-
librierung/Training sowie Validierung/Verifikation der Modelle finden sich in SCHÜTZE et al.
(2017).
1
Quantitative Precipitation Estimate bzw. Quantitative Precipitation Forecast
2
Ein spezielles Vorhersageprodukt der DWD-RWB-Leipzig mit gebietsbezogenen Niederschlags-
vorhersagen für drei Wahrscheinlichkeitsniveaus.
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2.2 Gütemaße zur quantitativen Bewertung von Vorhersagen
Es wurde die Güte hinsichtlich zweier Anwendungsfälle ermittelt. Es kamen dabei übliche
quantitative Gütemaße zur Anwendung. Zu nennen sind die deterministischen Maße KGE
und der Quotient der Mittelwerte aus Beobachtungs- bzw. modellierter Zeitreihe (mBIAS)
sowie die dichotomen Maße FAR, POD und daraus abgeleitet die AUC. Die deterministi-
schen Maße dienen der Beurteilung der Ähnlichkeit von Beobachtung und Modelloutput
(Anwendungsfall „Ganglinienvorhersage“). Die dichotomen Maße hingegen quantifizieren,
wie gut anhand des Modelloutputs schwellenwertabhängige prognostische Entscheidungen zu
treffen wären (Anwendungsfall „Hochwasserfrühwarnung“). Eine Persistenzvorhersage
(aktuell bekannter Wert konstant für Vorhersagezeitraum) diente dabei als Referenz.
3 Ergebnisse der Vergleichsstudie
Mittels der erstellten Modelle wurden für die erwähnten Antriebsdaten Ganglinien erzeugt,
die als Grundlage der weiteren Bestimmung der Modellgüte dienten. Diese Ganglinien wur-
den stetig/deterministisch validiert oder aber kategoriell/dichotom verifiziert, um die Bewer-
tung der Modellgüte hinsichtlich der Anwendungsfälle „Ganglinienvorhersage” sowie
„Hochwasserfrühwarnung” vorzunehmen. Hierin wird sich auf letzteren beschränkt. Einige
Ergebnisse dazu finden sich in der folgenden Abbildung.
Abb. 1: Häufigkeitsbasierte Auswertung des Gütemaßes Area Under Curve (AUC) über alle
untersuchten Pegeleinzugsgebiete für die Modellverifikation (Anwendungsfall Hoch-
wasserfrühwarnung) der Modelle DeHM, DaHM und ScoHM für verschiedene Antrie-
be, exemplarisch für eine Vorhersageweite von 24 Stunden (21 Stunden bei COSMO-
DE), Update-Zyklus 12 Stunden. Häufigkeiten mit Kerndichteschätzung ermittelt; zum
Vergleich dargestellt sind die Ergebnisse der Persistenzvorhersage.
4 Fazit
Für die Ganglinienvorhersage erwiesen sich Bewertungsansätze der Hochwasserneigung
(Scoring-Verfahren) als ungeeignet; für den Anwendungsfall Frühwarnung sind sie jedoch
für mittlere Vorhersageweiten (ab 12 h) datengetriebenen und deterministischen Verfahren
annähernd ebenbürtig. Für den Anwendungsfall Hochwasserfrühwarnung bietet ein simples
Scoring-Verfahren gleichzeitig eine gute räumliche Übertragbarkeit bzw. Generalisierbarkeit
und ist in dieser Hinsicht datengetriebenen und deterministischen Verfahren überlegen, was
hier aus Platzgründen nicht weiter dargestellt werden kann.
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Literatur
PHILIPP, A., F. KERL, C. METZKES, T. SINGER, M. WAGNER, N. SCHÜTZE & U. MÜLLER
(2016): Small-scale (flash) flood early warning in the light of operational require-
ments: Opportunities and limits with regard to user demands, driving data, and hydro-
logic modeling techniques. Proceedings of the IAHS, 373, 201-208
SCHÜTZE, N., C. METZKES & M. WAGNER (2017): Endbericht Hochwasservorhersage zur
kleinräumigen Frühwarnung in Sachsen. Institut für Hydrologie und Meteorologie,
Technische Universität Dresden
Jahrgang: 1981
2000-2005
Studium Hydrologie TU Dresden (Diplom)
2005/2006
Freiberuflicher Hydrologe und Aufbaustudium Bau-
ingenieurwesen HTWK Leipzig
2006-2013
Assistent Professur Hydrologie TU Dresden
(Prof. Schmitz); Promotion
seit 2014
Referent beim Sächs. Landesamt für Umwelt, Land-
wirtschaft und Geologie (Landeshochwasserzent-
Kontakt: rum)
Dr. Andy Philipp
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Projektbearbeitung:
Landwirtschaft und Geologie 2002-2006: Nutzung künstlicher neuronaler Netze für
Landeshochwasserzentrum die HW-Vorhersage (BMBF-RIMAX)
Pillnitzer Platz 3 2007-2010: Hochwasservorhersage in schnell reagie-
01326 Dresden renden Einzugsgebieten unter Einbeziehung
Tel.: 0351/ 8928 4505 von Unsicherheiten (DFG)
E-Mail: 2009-2012: IWRM in ariden Gebieten (BMBF-IWAS
andy.philipp@smul.sachsen.de Middle East)
2013-2017: Konzeption, Entwicklung und Operationali-
sierung eines Hochwasserfrühwarnsystems
für Sachsen (Land Sachsen)
2017-2020: RAINMAN: Integriertes Starkregen-
risikomanagement (EU-Interreg)
Koautoren:
Florian Kerl
Sächsisches Landesamt für Umwelt,
Landwirtschaft und Geologie
Landeshochwasserzentrum
Christine Metzkes, Dr. Michael Wagner,
Prof. Dr. Niels Schütze
Technische Universität Dresden
Professur Hydrologie
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Anwendung hydrologischer Vorhersagen
bei BASF SE ‒ Beispiele, Anforderungen
und Wünsche
Max Bangert und Wolfgang Egel-Hess
Die Bedeutung des Rheines für die BASF SE
Das Herz der BASF-Gruppe ist die BASF SE mit ihrem Stammwerk in Ludwigshafen am
Rhein. Mit etwa 250 Produktionsbetrieben, vielen hundert Laboren, Technika, Werkstätten
und Büros auf einer Fläche von rund zehn Quadratkilometern ist es der größte zusammen-
hängende Chemiekomplex der Welt. Das Werksgelände in Ludwigshafen erstreckt sich über
7 km entlang des Rheins, der sowohl als Transportweg als auch als Wasserlieferant eine zent-
rale Bedeutung für BASF SE hat.
Die Binnenschifffahrt ist aufgrund ihrer ökonomischen und ökologischen Vorteile das bevor-
zugte Transportmittel der BASF. Im Gütereingang und -ausgang der BASF transportieren
Schiffe mit 42 % jährlich den größten Anteil, das entspricht mehr als 6 Millionen Tonnen.
Ausgangspunkt von vielen chemischen Produkten im Werk Ludwigshafen ist das sogenannte
Naphtha, ein unbehandeltes Erdöldestillat. Große Frachtschiffe liefern die Flüssigkeit über
den Rhein an einem der beiden dafür ausgelegten Häfen an, dem Landeshafen Nord oder dem
Hafen der Friesenheimer Insel. Auf diesem Weg erreichen jährlich etwa 700.000 Tonnen
Naphtha die BASF. Die Anlieferung von weiteren 600.000 Tonnen erfolgt per Rohrleitung.
In den beiden Häfen werden auch andere brennbare Flüssigkeiten wie Methanol oder verflüs-
sigte Gase angeliefert. Der dritte BASF-eigene Hafen, der Stromhafen, nimmt schwer brenn-
bare Flüssigkeiten an, beispielsweise Glykole, oder auch Feststoffe wie Steinsalz.
Insgesamt laufen jährlich rund 5.500 Schiffe die drei Häfen an.
Die BASF benötigt jährlich mehr als eine Milliarde Kubikmeter Flusswasser für Kühl- und
Produktionszwecke aus dem Rhein. Dies entspricht etwa einem Drittel der Wassermenge des
Neckars. Entlang des Rheins stehen drei Wasserwerke auf dem Werksgelände und zusätzlich
fünf Rückkühlwerke. Insgesamt sind bis zu 45 Pumpen im Einsatz, die stündlich durch-
schnittlich 185.000 Kubikmeter Wasser ins Werk pumpen. In den drei Wasserwerken wird
Wasser aus dem Rhein entnommen und nach Aufbereitung in ein Rohrnetz von fast 200 km
Länge eingespeist. Das in den Betrieben verwendete Kühlwasser darf nur mit einer maxima-
len Temperatur von 33 Grad zurück in die Kanäle fließen und anschließend in den Rhein
abgegeben werden. Da der Kühlbedarf im Sommer immer stark ansteigt, werden sogenannte
Rückkühlwerke zugeschaltet, die erwärmtes Kühlwasser herunterkühlen und erneut in das
Flusswassernetz einspeisen.
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Als direkter Rheinanlieger stellt natürlich Hochwasser ein Risikofaktor für das Werk da.
Aufgrund ausreichender Deichhöhen bzw. der Höhenlage des Werkes ist das Werk Ludwigs-
hafen für ein 200-jährliches Hochwasser sicher. Lediglich das Rheinvorland wird schon bei
geringem Hochwasser überflutet. Der Schutz von Gebäuden, Anlagen und Infrastruktur wird
mittels Betriebsanweisungen in den Betrieben sichergestellt, die technische und organisatori-
sche Maßnahmen abhängig vom Rheinpegel und der Pegelvorhersage beinhalten.
Anforderungen und Wünsche an eine hydrologische Vorhersage
Die Leistungsfähigkeit der Logistik und der Produktion am BASF Werk Ludwigshafen wird
auf vielschichtige Weise vom Pegel des Rheins beeinflusst. Aus diesem Grund nutzt die
BASF SE hydrologische Vorhersagen des Rheinpegels (z. B. 4-Tages-Vorhersage ELWIS)
und engagiert sich in Projekten zur lang- und mittelfristigen Vorhersage des Rheinzustandes
(z. B. IMPREX).
Auf Basis der aktuell verfügbaren 4-Tages-Vorhersage wird die Logistik per Binnenschiff
optimiert und geplant. Eine Verbesserung der Vorhersagegüte und die Einführung probabilis-
tischer Modelle hat das Potenzial in Zukunft, z. B. durch Einführung einer dynamischen An-
passung der Schiffbeladung, einen unmittelbaren ökonomischen wie ökologischen Mehrwert
für die BASF SE zu bringen. Eine Verlängerung der Vorhersagezeiträume auf bis zu 14 Tage
schafft zudem Planungssicherheit und notwendige Freiräume, um bei starkem Niedrig- oder
Hochwasser alternative Transportwege optimal in die Planung einbinden zu können.
Gleiches gilt für die Steuerung der Kühlwasserversorgung während Niedrigwasserepisoden
im Sommer. Eine Verlängerung der Vorhersagezeiträume auf bis zu 14 Tage schafft hier
Planungssicherheit und ermöglicht eine optimale adaptive Anpassung des Produktionsver-
bundes bei einer im Extremfall eingeschränkten Verfügbarkeit von Kühlwasser.
Grundsätzlich bieten mittelfristige Pegelprognosen (> 14 Tage, saisonal, …) die Möglichkeit,
neue langfristige Planungsprozesse, z. B. intelligente Steuerung der Rohstoffvorräte, zu etab-
lieren. Voraussetzung hierfür ist, dass die probabilistischen Vorhersagen den tatsächlichen
Pegel auch in Ihrer Spannbreite „sicher“ (mit einer genügend hohen Trefferquote) erfassen
und damit als Entscheidungs- und Planungsgrundlage verwendet werden können.
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3/2017
Abb. 1: Das Herz der BASF-Gruppe ist die BASF SE mit ihrem Stammwerk in Ludwigshafen
am Rhein. Mit etwa 250 Produktionsbetrieben, vielen hundert Laboren, Technika,
Werkstätten und Büros auf einer Fläche von rund zehn Quadratkilometern ist es der
größte zusammenhängende Chemiekomplex der Welt. (Foto: BASF)
Abb. 2: Ansicht von Norden auf das Werksgelände der BASF SE in Ludwigshafen. Im Vorder-
grund sind der Nordhafen der BASF SE und das angeschlossene Kombi-Verkehrs-
Terminal zu sehen, die zusammen das logistische Zentrum des Werkes bilden.
(Foto: BASF)
Seite 26Bundesanstalt für
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3/2017
Jahrgang: 1959
1977-1982
Studium Verfahrenstechnik TU Kaiserslautern
1982-1985
Wissenschaftlicher Mitarbeiter TU Kaiserlautern
Projektbearbeitung:
1985: Projektingenieur Hoya Corp. Tokyo/Japan
seit 1986
Ingenieur BASF SE in verschiedenen Bereichen
(Forschung, Produktion, Vertrieb, Logistik u.a.)
und Standorten
Aktuelle Funktionen:
Kontakt: Director BASF SE Häfen und Tanklager
Dr. Wolfgang Egel-Hess Ludwigshafen und Mannheim
BASF SE Leiter des Arbeitskreises Binnenhäfen/ADN
European Site Logistics Operations beim VCI in Frankfurt
ESL/RT – Z 318 Mitglied des Sprecherausschusses der Leitenden
67056 Ludwigshafen Angestellten der BASF SE
Tel.: 0621/ 60 40692
E-Mail:
wolfgang.egel-hess@basf.com
Jahrgang: 1981
2002-2008
Studium Meteorologie an der Universität Karlsruhe
(TH)
2008-2013
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher
Institut für Technologie
seit 2013:
Teamleiter Luftqualität und Meteorologie bei der
BASF SE Ludwigshafen
Kontakt:
Dr. Max Bangert
BASF SE
Umwelt & Sicherheit Ludwigshafen
ESE/ML – Z 075
67056 Ludwigshafen
Tel.: 0621/ 60 41897
E-Mail: max.bangert@basf.com
Seite 27Bundesanstalt für
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Nutzung von Langfristmodellen für die Transport-
logistik – Die Sicht eines Stromproduzenten
entlang des Rheins
Christoph Elsässer und Matthias Piot
Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) ist mit ca. 20.000 Mitarbeitern und einem
Erzeugungsportfolio von 13.6 GW eines der größten Energieversorgungsunternehmen in
Deutschland. Im Jahr 2016 wurde von EnBW-Anlagen 53 TWh Strom produziert, was rund
10 % des deutschen Nettostromverbrauchs entspricht. Binnengewässer spielen hierbei eine
besondere Rolle: Neben den flussseitigen Kraftwerksstandorten an Rhein und Neckar ist der
Anteil von Wasserkraft an der EnBW-Stromerzeugung mit >10 % bundesweit überdurch-
schnittlich. Die Berücksichtigung von Kurzfristprognosen und Langfristszenarien verschie-
dener Zu-/Abflüsse, Pegel und Gewässertemperaturen gehört daher zum festen Bestandteil
der Kraftwerks- und Speicherbewirtschaftung.
Im Rahmen der Unternehmensstrategie soll der Anteil erneuerbarer Energie am EnBW-
Erzeugungsportfolio weiter ansteigen (aktuell 23 %; inkl. Drittvermarktung von Wind- und
PV-Anlagen sogar über 40 % der kommerziell vermarkteten Leistung). Trotzdem spielen
konventionelle Kraftwerke, wie z. B. Steinkohle-Kraftwerke, derzeit noch eine wichtige Rol-
le zur Sicherstellung der Strom- und Fernwärme-Versorgung sowie der Netzstabilität in
Baden-Württemberg. An den Standorten Karlsruhe und Mannheim sind in den letzten Jahren
neue Kraftwerksblöcke in Betrieb genommen worden, die bezüglich Effizienz und Emis-
sionsreduktion neue Maßstäbe setzen. Die Brennstofflogistik für diese Kraftwerke erfolgt
größtenteils auf dem Schiffsweg. Aufgrund der vergleichsweise großen Entfernung zu den
Seehäfen können die Logistikkosten hierbei schon bei günstigen Transportbedingungen einen
nicht zu vernachlässigbaren Anteil an den Gesamtkosten haben. Längerfristige oder signifi-
kante Niedrigwassersituationen stellen die Kohlelogistik schließlich vor große Herausforde-
rungen. Dies gilt umso mehr, wenn – wie beispielsweise im vergangenen Winter 2016/2017 –
ausgeprägte Niedrigwassersituationen (relevanter Rheinpegel im Januarmittel 2017: 25-30 %
des langjährigen Mittelwerts) mit erhöhtem Energiebedarf aus konventionellen Kraftwerken
(Fernwärmelieferungen, hohe Stromnachfrage) zusammenfallen. Für eine sinnvolle und kon-
tinuierliche Bewirtschaftung der Kohlelager sind daher neben Langfristszenarien von Brenn-
stoffbedarf und Brennstoffpreisen auch Mittel- und Langfristprognosen/-szenarien der rele-
vanten Schifffahrtspegel unerlässlich.
Die Kohlelogistik für den EnBW-Kraftwerkspark kann auf die fundierte meteorologische
Expertise im Energiehandel zurückgreifen: Neben globalen und regionalen Wetterprognosen
aller relevanten Wettermodelle (wie z. B. ECMWF, GFS, UKMO oder COSMO) stehen auch
saisonale/sub-saisonale Prognosen (ECMWF, CFS, EUROSIP, NEEM etc.) sowie Daten und
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3/2017
Analysen zu meteo-hydrologischen Randbedingungen (wie Schneesituation Alpen, Boden-
feuchte oder Ozeantemperaturen) zur Verfügung. Die kurzfristigen Pegelprognosen aus der
Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-
Württemberg (LUBW) sowie die Pegelprognosen aus ELWIS werden durch eine Veredelung
der Pegelklimatologie/Statistik mit langfristigen Wettertrends auf eine Zeitskala bis zu meh-
reren Monaten fortgeschrieben. Hierbei ist eine qualitative Einschätzung von generellen
Trends und Risiken von Niedrigwassersituationen deutlich wichtiger als eine quantitative
Prognoseperformance. Die Übersetzung von saisonalen/sub-saisonalen Wettermodellläufen in
Pegelprognosen wäre daher ein deutlicher Fortschritt und kann dazu beitragen, das Risiko-
management in der Brennstofflogistik zu verbessern.
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