Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21

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Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21
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Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21
EDITORIAL

”
            Wer die Menschen gewinnen will,
            muss sein Herz zum Pfand geben.

                                      Liebe Leserinnen, liebe Leser

                                      Wissen wir alle, was Gemeinschaft ist? Oder haben wir
                                      uns darüber schon Gedanken gemacht, was Gemein­
                                      schaft für uns ist? Ich wollte es genau wissen, wie Ge­
                                      meinschaft definiert wird und habe mal recherchiert. Es
                                      ist interessant, was dazu alles im Internet geschrieben
                                      wird.

                                      In Gemeinschaften können sich Menschen gegenseitig
                                      helfen und unterstützen, dadurch sind sie weniger
                                      krank, finden mehr soziale Kontakte und erfahren Ver­
                                      trauen und Rückhalt. Der positive Nebeneffekt: Durch
                                      ein langfristig nachhaltiges Leben in Gemeinschaft
                                      kannst du zusätzlich deinen CO2 ­Fussabdruck reduzie­
                                      ren.

                                      Gemeinschaften tragen nicht nur zu einem positiven
                                      Lebensgefühl und zu einem erfüllten Dasein bei, sie
                                      sorgen letztendlich auch dafür, dass wir uns als Indivi­
                                      duum weiter entwickeln können. Genau dies wird in der
                                      aktuellen coronabedingten Zeit widerspiegelt.

                                      Momentan ist es uns leider nicht oder nur in sehr klei­
                                      nem Rahmen möglich, uns visuell zu treffen. Die ak tuelle
                                       Situation zeigt, je länger sie dauert, wie wichtig soziale
                                            Kontakte sind. Wir brauchen das «Wir­Gefühl»,
                                                  damit es uns gut geht. Dieses finde ich im­
                                                     mer wieder an Kolping­Treffen aller Art.
                                                         Man fühlt sich zu Hause und in der Ge­
                                                           meinschaft wohl.

                                                            Deshalb freue ich mich umso mehr
                                                            wieder auf die gemeinsamen Tref­
                                                             fen und den Austausch mit mei­
                                                              nen Kolpingfreunden. Auch du
                                                               bist dazu eingeladen. Denn nur
                                                               wer dabei ist, kann die Gemein­
                                                                schaft spüren und etwas be­
                                                                 wegen. Es lohnt sich auf alle
                                                                 Fälle.

                                                                  Treu Kolping!

                                                                   Lisbeth Näpflin
                                                                   Präsidentin
                                                                    KF Wolfenschiessen

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Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21
INHALT S V ER Z EICHNIS

                             Editorial
Seite 4                      Seite 2
Wir laden ein und machen
                             BIP-Tagung
Mut zur Gemeinschaft         Seite 8
Wie stark ist die Kolping­
Gemeinschaft noch?           Generalpräses:
                             Wir laden ein und machen
                             Mut zur Gemeinschaft
                             Seite 9

                             Was bedeutet Kolping-
                             Gemeinschaft in unseren
                             Partnerländern?
                             Seite 10

                             Kolping-Gemeinschaft
                             am Beispiel IBK
                             Seite 12
Seite 13
                             «Treu Kolping!» mit
Menschenleben retten –       Lisbeth Näpflin
eine drängende Aufgabe       Seite 18
Kolping Europa zur
                             Präseswort
katastrophalen und           Seite 22
menschenunwürdigen Lage
der Geflüchteten in
Bosnien­Herzegowina und
Griechenland

Seite 14
Ein grosser Schritt
in Richtung
Gleichberechtigung
50 Jahre Frauenstimm­
und ­wahlrecht
in der Schweiz und im
Schweizer Kolpingwerk

                             IMPRESSUM
                             Verbandszeitschrift
                             Kolping Schweiz
                             104. Jahrgang, Nr. 2/2021,
                             (erscheint 6x pro Jahr),
Seite 20                     Erscheinung: 10. März 2021
Wo Wohlfühlen                Titelbild: Kolping lädt ein und
Programm ist                 macht Mut zur Gemeinschaft –
                             so wie am Kolpingtag 2019
Kolpinghaus Altdorf          in Zofingen
                             Herausgeber/Redaktion/
                             Inserate
                             Kolping Schweiz
                             St. Karliquai 12, 6004 Luzern
                             Geschäftsführer Peter Jung
                             Tel. 041 410 91 39
                             kolping@bluewin.ch
                             www.kolping.ch
                             Druck und Versand
                             UD Medien
                             Maihofstrasse 76, 6006 Luzern

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Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21
AK TUELL

Wir laden ein und
machen Mut
zur Gemeinschaft
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Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21
AK TUELL

Die Kolping-Gemeinschaft bildet auf der Grundlage der katholischen Soziallehre und der
Kolping-Grundsatzdokumente eine der drei Säulen der Arbeit im Internationalen Kolpingwerk.
So weit der allgemein bekannte Grundsatz. Wie stark ist diese Säule in unserem Kolpingwerk
Schweiz noch? Für den Erhalt unseres Verbands wahrscheinlich die wichtigste Säule. Der
­Kolpingsatz «Wir laden ein und machen Mut zur Gemeinschaft» geht dieser Frage nach und
zeigt Lösungsvorschläge auf.

Hand aufs Herz, wer ist in letzter Zeit     dern die Gegenwart und damit die je­        ­ offnungslosigkeit vergangener Tage
                                                                                        H
dieser Aufforderung gefolgt und hat         weilige Situation als Gottes Wirken an­     nicht unterkriegen liess. In unserer
sich die Zeit genommen, andere Men­         zunehmen. Burghard Förster, Präses          ­Kolping-Gemeinschaft ist diese Hoff­
schen in seinem Umfeld eingeladen           der KF Aarau, schliesst sich dieser Tra­     nungslosigkeit, die von grosser Resig­
und Mut zu seiner/unserer Gemein­           dition an und schreibt in seinem Prä­        nation begleitet wird, leider deutlich
schaft gemacht? Natürlich, in der ak­       seswort (Seite 23), dass es auch ein         zu spüren. Dass die Corona-Pandemie
tuellen Coronazeit war das nur schwer       Teil unseres Daseins und Lebens ist,         dies noch zusätzlich verstärkt, ist nicht
möglich, unmöglich war es nicht. Es         uns einzugestehen, dass wir an unsere        verwunderlich. Und trotzdem: In der
geht aber nicht um die letzten Monate,      Grenzen kommen, dass nicht immer             heutigen Zeit sind die Wurzeln unserer
es geht um die letzten Jahre. Stöbert       alles weitergeht wie bisher. Ich finde       Kolping-Gemeinschaft, die in den ehe­
man in unserer Verbandszeitschrift          seine Sichtweise bemerkenswert, weil         maligen Gesellenvereinen ihren Ur­
vergangener Tage, stand das Thema           sie doch so gar nicht zu unserer             sprung hatten, wieder deutlicher zu
Zukunft und Identifikation immer wie­       ­Leistungsgesellschaft passt. Burghard       spüren als auch schon. Woran liegt
der im Zentrum. Wer einzelne Artikel         Förster legt uns dann ans Herz, jetzt,      das? Sind wir über die Jahre hinweg
zu diesen Themen in chronologischer          gerade in der österlichen Zeit, aus der     nicht zu einem generationenübergrei­
Reihenfolge liest, der begibt sich un­       Erfahrung der Auferstehung Kraft zu         fenden Sozialverband gereift, in dem
weigerlich auf eine Zeitreise und wird       schöpfen. Er führt aus: «Wäre es nicht      unsere Gemeinschaft für die gelebte
sich die Frage stellen, wo unser Ver­        auch mal Zeit für eine Stimme, die          Vielfalt und das partnerschaftliche
band heute steht.                            sagt, es ist gut! Du hast viel geschafft    ­Nebeneinander von Jung und Alt so­
    Ich bin sehr dankbar, dass die           bis hierher. Nimm dir Zeit, überlege         wie die volle Gleichberechtigung von
­Redakteure der Verbandszeitschrift in       neu, wage einen anderen Weg. Viel­           Frauen und Mädchen bekannt war?
 der Vergangenheit immer wieder auch         leicht sind an anderen Orten gute            Was ist von diesem einstigen Idealbild
 unangenehme Dinge zur Sprache               Geistkräfte am Wirken – wo Kolping           einer Kolpingsfamilie, die als familien­
 brach­ten und versucht haben, Proble­       draufsteht oder aber auch nicht.»            hafte, lebensbegleitende Glaubens-,
 me beim Namen zu nennen. Allen vor­            Seine Botschaft sollte uns Mut ma­        Bildungs- und Aktionsgemeinschaft
 an Claudio Brentini, der in der Kolping     chen. Sie wäre ganz im Sinne Adolph          aktiv war, heute noch übriggeblieben?
 1/2008 die Frage stellte: Sind wir Kol­     Kolpings, der sich auch von der                  Bedauerlicherweise nicht mehr viel.
 ping? Er sprach von der Melancholie,                                                     Unserem Verband fehlt es schlichtweg
 die viele beim Rückblick an vergange­                                                    an Nachwuchs, an Mitgliedern der Ge­
 ne Kolping-Zeiten überkomme, und                                                         nerationen X und Y, von den Genera­
 ganz zentral, dass kaum wahrzuneh­                                                       tionen Z und Alpha ganz zu schweigen
 mende Wir-Gefühl für die Kolping-­                                                       (siehe Übersicht). Die Weltkriegsgene­
 Gemeinschaft, was durch den Fördera­                                                     ration und die frühen Baby-Boomer,
 lismus begünstigt würde. Sein Beitrag                                                    machen im Schweizer Kolpingwerk
 scheint auch im Jahr 2021 nichts von                                                     den Hauptanteil der Mitglieder aus
 seiner Aktualität verloren zu haben. Er                                                  und zumindest der Anteil der älteren
 kann auf unserer Webseite herunter­                                                      männlichen Mitglieder ist in seinem
 geladen werden.                                                                          Herzen immer noch der Geselle von
    Vieles, was geschrieben wurde,                                                        damals geblieben. Hier spürt man die
 zeigt auf, dass wir bei Kolping auch im­                                                 Melancholie, von der Claudio Brentini
 mer selbstkritisch waren und uns der                                                     doch sprach, und deshalb spürt man
 Realitäten nicht verschlossen haben.                                                     hier auch wieder vermehrt die Wurzeln
 Adolph Kolping war auch hier unser                                                       der Vergangenheit. Müsste man nicht
 Vorbild, nicht zurückzublicken, son­                                                     vielmehr die Blüten spüren, die sich

                                                                                                                                5
Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21
AK TUELL

aus diesen Wurzeln über die Jahrzehn­      tivs zu sein und, was ganz zentral war,     das in der Zeit des Gesellenvereins ge­
te gebildet haben?                         er konnte daraus einen Nutzen ziehen.       legt wurde. Eine solche Bindung lässt
   Wir, die Kinder dieser älteren Gesel­       Die Zugehörigkeit im Kollektiv der      sich nur schwer von einer Generation
len-Generation, prägten über viele         Kolping-Gemeinschaft gewissermas­           an die nächste weitergeben.
Jahre hinweg das Bild von genera­          sen als Mittel zum Zweck. Der Geselle,
tionsübergreifenden Kolpingsfamilien       fand nicht nur Unterstützung bei der        Kolping hat von seiner Aktualität
nach aussen. Mit unserem Erwachsen­        beruflichen Aus- und Weiterbildung,         bis heute nichts verloren
werden haben wir Kolping nach und          konnte seine Freizeit unter Gleichaltri­        Natürlich hat Kolping als Internatio­
nach den Rücken gekehrt. Wir liessen       gen bestreiten, er fand, was damals         naler Verband so einiges zu bieten,
uns vom Geist Kolpings nicht nachhal­      zentral war, in den Gesellenvereinen        wofür sich eine Mitgliedschaft lohnen
tig anstecken. Die Bindung, die unsere     ­eine Heimat. Ein vielfältiger und un­      würde, inklusive des grossen Nutzens,
Väter als Gesellen zusammenschweiss­        schätzbarer Nutzen, der das Funda­         den ein Einzelner daraus ziehen könn­
te und noch heute treu verbindet, ist       ment für die lebenslange Treue zum         te, egal welchen Alters. Es ist aber un­
nicht die unsere, wer könnte uns das        Verband bildete. Der Gesellenverein        realistisch, in der heutigen Zeit ein
auch vorwerfen. Heute klafft in unse­       war darüber hinaus ein starker und         gleich grosses Kollektiv, wie es die Ge­
rem Verband daher eine grosse Lücke,        stolzer christlicher Interessenverband
                                            ­                                          sellen in der Vergangenheit darstell­
die nicht mehr zu schliessen ist.           verschiedener Handwerksberufe. Das         ten, zu finden. Will Kolping als Ver­
                                            umfangreiche, handwerkliche Weiter­        band eine Zukunft haben, müsste er
Wille, sich als Teil eines Kollektivs       bildungsangebot, für das in den Ver­       aber ein grösseres Kollektiv anspre­
zu sehen, macht eine Gemeinschaft           bandszeitschriften, wie der Kolping-­      chen. Das dies auch bei Kolping in der
aus                                         Post und der Kolping-Werk­jugend jah­      Vergangenheit ansatzweise möglich
   Die meisten Kolpingsfamilien fra­        relang geworben wurde, legt davon ein      war, zeigt der Zulauf, den einige
gen sich, warum es nicht gelingt, aus­      eindrückliches Zeugnis ab.                 Kolpings­familien über ihr Angebot im
reichend neue Mitglieder zu finden,            Später dann prägten die vielen Alt­     Bereich Sport oder Kultur erfahren ha­
schliesslich hat doch Kolping auch          kolpinger mit ihren Familien das Bild      ben.
heute nichts von seiner Aktualität ver­     des Schweizer Kolpingwerks. Die                Ausgehend von dieser Erkenntnis,
loren. Die Soziologie scheint hier viel­    Gleichberechtigung der Frau wurde          stellt sich die Frage, welchen Nutzen
leicht eine Antwort zu liefern. Die Ge­     zur Realität und die Kolpingsfamilie       wir als Kolpingsfamilie oder gemein­
meinschaft, die der junge Mensch von        entstand. Trotz Umbennung in die           sam als Verband unseren Mitmen­
damals im Gesellenverein fand, basier­      ­Kolingsfamilie, was blieb, war das Fun­   schen heute bieten können. Welche
te auf seinem Willen, Teil eines Kollek­     dament der gemeinsamen Erlebnisse,        Angebote sind wirklich so interessant,

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Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21
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dass sie eine ausreichend grosse Grup­     über 160 (KF Goldau) Mitgliedern. Auf­   fessionellen Bewirtung, die die Kol­
pe ansprechen, die von sich aus immer      grund des hohen Durchschnittsalters      pingstube in Altdorf (siehe Bericht Sei­
wieder Nachwuchs generiert. Die Ge­        seiner Mitglieder, dem fehlenden         te 20) anbietet. Dass es noch viel mehr
sellen von damals bildeten eine solche     Nachwuchs und dem Problem, Lei­          gibt, weiss oft nur, wer sich mit der
Gruppe. Junge Menschen, die auf der        tungsfunktionen auf allen Verbands­      einzelnen Kolpingsfamilie näher ausei­
Suche nach Bildung und Gemeinschaft        ebenen langfristig zu besetzen, müs­     nandersetzt. Diese Vielfalt ist erstaun­
waren. Das brauchte es damals und          sen wir jetzt geeignete Massnahmen       lich, wird von vielen Kolpingsmitglie­
das braucht es eigentlich auch heute,      einleiten, um dem Rückgang der Mit­      der und vor allem von aussen immer
natürlich in anderer Form. Unser Al­       gliederzahlen und der Auflösung von      weniger wahrgenommen. Dagegen
leinstellungsmerkmal, die familienhaf­     Kolpingsfamilien Paroli zu bieten.       gilt es mit gemeinsamen Kräften anzu­
te Gemeinschaft, in der alle Menschen         Im Kolping-Raum Mitte findet sich     gehen.
willkommen sind und nicht aufgrund         ein breites Spektrum unterschiedli­         Mit dem Zusammenschluss der 22
des zunehmenden Alters oder fehlen­        cher Kolping-Angebote und Initiati­      Kolpingsfamilien im Kolping-Raum
der Talente ausschliesst, scheint nicht    ven. Das reicht von der partnerschaft­   Mitte handeln wir nach dem Zitat
gefragt zu sein. Eigentlich müsste ein     lichen Verbindung, die einzelne Kol­     Adolph Kolpings: «Was dem einzelnen
solches Angebot gerade in der heuti­       pingsfamilien mit anderen Kolping-­      zu schwer wird oder er oft verzagt, das
gen Zeit Hochkonjunktur haben.             Nationalverbänden pflegen, über das      gedeiht ohne Mühe, wenn gemeinsa­
    Die Auseinandersetzung mit dem         Engagement, das Kolping in den Ge­       me Kräfte, sich gegenseitig Stütze und
Thema Gemeinschaft ist deswegen            meinden und Pfarreien (Theater,          Halt, dem Ziele zustreben.» Wenn es
auch ein zentraler Bestandteil in unse­    Chlausen) sichtbar macht, bis zur pro­   uns gelingt, die Glut im Kolping-Raum
rer Verbandsentwicklung. Ein Prozess,
der von der Selbsterkenntnis lebt, dass
wir es letztendlich sind, die unsere Zu­
kunft weiter gestalten müssen, kön­          Die drei Kolping-Räume
nen oder sollten oder eben nicht. Um
auf die Worte Claudio Brentinis zu­
rückzukommen, der von dem Gütesie­
gel KOLPING spricht und für die Benut­
zung als Mindestanforderung, die Be­
reitschaft definiert, zu einer grösseren
Gemeinschaft gehören zu wollen, der
Kolping-Gemeinschaft. Wie riet uns
doch Präses Burkhard Förster? «Nimm
dir Zeit, überlege neu, wage einen an­
deren Weg. Vielleicht sind an anderen
Orten gute Geistkräfte am Wirken – wo
Kolping draufsteht oder aber auch
nicht.» Mit der Bildung von Kolping-­
Räumen wollen wir hier ansetzen und
dadurch Vernetzung fördern und neue
Impulse geben. Das setzt natürlich die
Bereitschaft des eingangs erwähnten
Wir-Gefühls voraus und das Bekennt­
nis aller Mitglieder, dass Kolping im
­Alleingang nicht Kolping ist – und dies
 auch niemals war!

Kolping-Raum Mitte
macht den Anfang
   Am Beispiel des Kolping-Raums
Mitte soll aufgezeigt werden, wie das
funktionieren soll. 22 Kolpingsfamilien
mit ihren ca. 1300 Mitgliedern sind
derzeit in den drei Regionen Luzern,
Innerschweiz und Unterwalden zu­
sammengefasst. Die Grösse der durch­
schnittlichen Kolpingsfamilie variiert       Kolping-Raum Mitte mit 22 Kolpingsfamilien
zwischen unter 20 (KF Seewen) und

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Mitte im Sinne und Geiste Kolpings        Bekämpfung des Covid-19-Virus end­         Beschäftigung mit der Frage
wieder zu entfachen, dann kann es         lich Wirkung zeigen, die Hoffnung          Selbstbild/Fremdbild
auch gelingen, das Feuer wieder in        versprechende Impfung das Anste­
                                          ­                                             Jede und jeder von uns weiss aus
den anderen Kolping-Räumen West           ckungsrisiko erfolgreich reduziert und     persönlichen Erfahrungen, dass das
und Ost zu entfachen. Der Kolping-­       wir möglichst schnell zurück in die        Bild, was wir von uns selbst haben,
Raum Mitte bietet sich aufgrund der       Normalität finden.                         nicht immer mit dem Bild, welches an­
geografischen Lage und kurzen Dis­            Egal, wie lange wir auch noch ver­     dere von uns haben, übereinstimmt.
tanzen unter den 22 Kolpingsfamilien      harren müssen, Ideen entwickeln und        Wenn wir dies nicht in regelmässigen
dazu an, hier die Offensive zu starten.   Strategien und Massnahmen für unse­        Abständen überprüfen und uns mit
   Von den Beschränkungen, die uns        re Verbandsentwicklung erarbeiten,         anderen darüber austauschen, kommt
das Coronavirus auferlegt, dürfen wir     dem steht auch jetzt nichts im Weg.        es hier schnell zu Missverständnissen.
uns nicht abhalten lassen und in der      Nutzen wir also die Zeit. Begreifen und    Genauso ist es auch mit dem Bild der
jeweils möglichen Form die Umset­         erfahren wir die vermeintliche Phase       Kolpingsfamilie in der Öffentlichkeit.
zung vorantreiben. Wir werden nur er­     des Stillstands als Chance, neue Wege      Wie sehe ich meine eigene Kolpings­
folgreich sein, wenn wir bereit sind,     zu gehen und alte verkrustete Struktu­     familie, welches Bild haben Aussenste­
ausserhalb der bestehenden Struktu­       ren aufzubrechen.                          hende? Um die Selbstwahrnehmung
ren zu denken. Gemeint sind die fö­           Die Klärung der folgenden Fragen       der Kolpingsfamilie zu überprüfen,
deralistischen Strukturen, die oft eine   ist dabei eine wichtige Voraussetzung      könnte zum Beispiel jedes Vorstands­
gemeinsame Ausrichtung verhindern.        in der Situation, in der sich viele Kol­   mitglied einmal kurz beschreiben, wel­
Für diese Offensive braucht es das Zu­    pingsfamilien befinden, und kann uns       che Vor- und Nachteile der Kolpingsfa­
tun jedes Einzelnen mit dem Bekennt­      gerade jetzt, in der aktuellen Corona­     milie er oder sie sieht. Die verschiede­
nis, neue und unbekannte Wege zu          situation zum Nachdenken anregen:          nen Sichtweisen werden verglichen
gehen. Die Kolping-Region Mitte ver­                                                 und es wird versucht, ein gemeinsa­
fügt über eine grosse Zahl motivierter      – Welchen Nutzen kann meine             mes Bild der Stärken und Schwächen
ehrenamtlicher Delegierter, die bereits       KF neuen Mitgliedern bieten?           der Kolpingsfamilie zu entwickeln.
zusammengekommen sind, um das               – Wie kann ich diesen Nutzen
weitere Vorgehen zu beraten.                  sichtbar machen?                       Öffentlichkeitsarbeit intensivieren
                                            – Welcher Gruppe kann ich einen            Wieso kennt uns niemand? Interes­
Corona – Zeit zur Selbstreflexion             Nutzen bieten?                         siert es keinen, wer wir sind und was
   Die Corona-Pandemie hat unsere           – Wie kann ich mit unserem              wir tun? Doch ganz bestimmt! Nur, das
Verbandsaktivitäten    stark   einge­         Handeln überzeugen?                    setzt voraus, dass die guten Aktionen,
schränkt. In unseren Kolpingsfamilien       – Wie kann ich vorhandene               die für andere geplant werden, auch
sind wir dazu verurteilt, abzuwarten          Mitglieder motivieren und neu          bekannt gemacht werden. Es gibt viele
und darauf zu hoffen, dass die vom            gewinnen?                              Möglichkeiten, um auf sich aufmerk­
Bund beschlossenen Massnahmen zur                                                    sam zu machen: Berichte in Lokalzei­

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Verbandszeitschrift Kolping Schweiz 2/21
G ENER ALPR Ä SE S

tungen, Pfarrbrief, Plakate, Handzettel,   zwar die Möglichkeit einer Einzelmit­      renden Kolpingregionen zu vermei­
unseren Jahresbericht, Leute persön­       gliedschaft nutzen, aber irgendwie ein     den wurde Anfang Jahr in der Ver­
lich ansprechen … Der Fantasie sind        Stück weit entwurzelt sind. Die Hei­       bandsleitung beschlossen von den
hier keine Grenzen gesetzt und das         mat, die die eigene Kolpingsfamilie        Kolping-Räumen West, Mitte und Ost
Verbandssekretariat berät und unter­       jahrelang geboten hat, lässt sich so       zu sprechen. In diesen neuen Kolping-­
stützt dabei sehr gerne.                   schnell nicht ersetzen. Sich einer neu­    Räumen schliessen sich mehrere Kol­
                                           en Kolpingsfamilie anzuschliessen,         ping-Regionen zusammen, um ge­
Über neue Formen von Mitglied-             fällt schwer und scheint nur selten eine   meinsame Ziele, gemeinsame Aktio­
schaft und Angeboten nachdenken            Alternative zu sein. Der Verbandsent­      nen zu beschliessen und so im Interes­
    Der Auslöser für die Auflösung einer   wicklungsprozess setzt genau da an         se aller Kolpingsfamilien eines
Kolpingsfamilie besteht meistens dar­      und hat mit der Bildung der drei Kol­      Kolping-Raums Lösungen für gemein­
in, dass sich keine Mitglieder mehr für    ping-Regionen West, Mitte und Ost          same Probleme zu finden.
die Vorstandsarbeit begeistern lassen.     ­eine Offensive gestartet (siehe Kolping
Zurück bleiben dann viele Kolping­          5/2020). Um eine Verwechslung mit         Peter Jung
schwestern und Kolpingbrüder, die           den bestehende und weiterhin existie­

Wir laden ein und machen Mut
zur Gemeinschaft
Auf die Frage, worauf es ankommt, wenn wir im Kolping­
werk sagen, dass wir Mut zur Gemeinschaft machen, finden
wir eine Antwort in dem, was Adolph Kolping sagt, zum Bei­
spiel: «Die Nöte der Zeit werden euch lehren, was zu tun ist!»
Anders formuliert: Es kommt immer darauf an, dass wir of­
fen genug sind für die wirklichen Fragen und Probleme un­
serer Zeit; dass wir ein echtes und ehrliches Interesse haben
am Wohl und Wehe unserer Mitglieder und Zeitgenossen;
dass wir ihre wahren Bedürfnisse und Sehnsüchte kennen;
dass wir um ihren eigentlichen Durst nach Leben wissen;
dass wir uns das zu eigen machen, was die Menschen von
heute wirklich bewegt, woran sie Freude haben oder was
uns schwerfällt. UND, dass wir bei all dem als einladende
und Mut machende Gemeinschaft wahrgenommen wer­
den. Leider sind manche Kolpingsfamilien von aussen gese­
hen wenig einladend, sie wirken mitunter wie eine Festung,       zu prägen. Die Kolpingsfamilie hat heute mehr denn je eine
eine eingeschworene Gruppe, die sich selbst genügt, sodass       gemeinschaftsstiftende Aufgabe, menschlich und religiös
Interessierte Hemmungen haben, an Aktionen oder Termi­           gesehen.
nen der Kolpingsfamilie teilzunehmen. Das ist von den Mit­          Ich wünsche mir, dass unsere Kolpingsfamilien weltweit
gliedern meist gar nicht so gemeint, trotzdem aber Tatsa­        als generationsübergreifende Weggemeinschaften wahrge­
che.                                                             nommen werden, die offen sind für Junge und Alte, für Fra­
   Ich wünsche mir, dass unsere Kolpingsfamilien weltweit        gende und Suchende, für im Leben und Glauben Geschei­
mitten im Leben der Gemeinden stehen. Dort versuchen,            terte, für Kirchenkritische und Kirchenferne.
das zu verwirklichen, was das 2. Vatikanische Konzil so for­        Mit Blick auf unser Vorbild, den seligen Adolph Kolping,
muliert hat: «Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der          wünsche ich mir, dass wir beherzigen, was er uns sagt:
Menschen von heute, besonders der Armen und Bedräng­             «Auf unser tätiges Christentum kommts an, ob die Welt zu
ten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und         christlicher Ordnung zurückkehrt. Nur dürfen wir dieses tä­
Angst der Jünger Christi» (GS 1).                                tige Christentum nicht zwischen Kirchenmauern und Kran­
   Ich wünsche mir, dass jede Kolpingsfamilie weltweit den       kenstuben allein oder in unseren nächsten häuslichen Kreis
Mut hat, eine Gegenbewegung zum religiösen und kirchli­          einschliessen wollen, sondern wir müssen es frisch und
chen Erosionsprozess zu sein. Eine Art «Basis-Gemeinde»          wohlgemut ins bürgerliche Leben hinaustragen.»
sollte sie sein, die Mut macht – im Zusammenspiel mit
­anderen Gruppen und Gliederungen – das Gemeindeleben            Msgr. Ottmar Dillenburg, Generalpräses

                                                                                                                           9
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Was bedeutet Kolping-Gemeinschaft
in unseren Partnerländern?
Bekanntlich hat jeder Kolpingverband eine unterschiedliche Prägung. Dies kommt auch in den
Erscheinungs­ und Ausdrucksformen zum Ausdruck, die sich in den verschiedenen kulturellen
Kontexten der Länder sehr unterschiedlich entfalten. Zentraler Mittelpunkt sind aber überall die
Kolping­Gemeinschaften, die sich den Werten vom Selbstverständnis von Kolping International
verpflichtet fühlen.

Wir wollten von den Verantwortlichen
unserer Partnerländer wissen, was für   Tansania – Msgr. David Kamugisha
sie die Kolping­Gemeinschaft konkret
                                                            1. Kolping Gemeinschaft bedeutet für uns leben in
bedeutet, und haben ihnen dazu die
                                                            Solidarität, in Gemeinschaft, Teilen und Fürsorge als
folgenden Fragen gestellt:
                                                            gute Christen und gute Bürger. Daher unser Slogan:
                                                            «Im Geiste Kolpings pflanzen wir Samen der Hoff­
1. Was bedeutet die Kolping Gemein­
                                                            nung.»
   schaft für dich?
2. Wie kümmert ihr euch um eure
                                                            2. Kolping Tansania kümmert sich um seine Mitglie­
   Kolping­Gemeinschaft?
                                                            der, indem es ihnen die laufende Ausbildung mit der
3. Was sind die grössten Herausforde­
                                                            Absicht gibt, ihnen zu helfen, sich durch das Füh­
   rungen für deine Kolping­Gemein­
                                                            rungstraining namens TOT (Ausbildung von Trainern)
   schaft?
                                                            selbst zu helfen.

                                        3. Angesichts der Grösse des Landes gibt es viele Herausforderungen. Kol­
                                        ping Tansania ist im Ganzen in mehr als 20 Diözesen verbreitet. Mangel an
                                        Transportmitteln und Mangel an guten und genügend Führungskräften
                                        gehören zu den vielen Herausforderungen für die örtlichen Kolping­Mit­
                                        glieder.

                                        Bolivien – Juan Carlos Mattos Moncada
                                                            1. Ein katholischer Verband und eine Lebensweise
                                                            des Wachstums und der persönlichen Entwicklung in
                                                            geistiger, sozialer, intellektueller und wirtschaftlicher
                                                            Hinsicht.

                                                            2. Generierung des institutionellen Wachstums, För­
                                                            derung der Aufnahme neuer Kolping­Mitglieder,
                                                            Stärkung der Dienstleistungen in den Bereichen Bil­
                                                            dung, Gesundheit und Ausbildung, die das soziale
                                                            Wachstum fördern und eine institutionelle Selbstfi­
                                                            nanzierung generieren.

                                        3. Im Geiste des seligen Adolph Kolping denken und versuchen, nach sei­
                                        nem Willen zu handeln; institutionelle Nachhaltigkeit und Selbstfinanzie­
                                        rung steigern; Freiwilligenarbeit fördern; der internationalen Solidarität
                                        würdig sein; schwachen und schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen
                                        helfen.

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AK TUELL

Litauen – Lina Kalibateite                                                  Kolping-Gemeinschaft
                     1. Die Kolping-Gemeinschaft bedeutet für mich,         bedeutet für mich
                     Mitglied einer grossen globalen Familie zu sein.
                     In dieser Familie fühlen wir uns sicher, wir wer­      Jürg Müller, KF Weinfelden
                     den angehört, getröstet, uns wird geholfen, wir                           «Vor allem die Ge­
                     werden hier gebraucht und unterstützt, wir füh­                           meinschaft unter
                     len uns geschätzt. Ich bin sehr glücklich, dass ich                       anderem vor Ort
                     dazugehöre.                                                               pflegen und mit
                                                                                               dem Mittagstisch
                   2. Wir organisieren Aktivitäten nach lokalen Be­                            den Pfarreimitglie­
                   dürfnissen wie Schulungen, aktuelle Gespräche,                              dern Zeit schenken.
                   Freizeit- und Sport-Aktivitäten für Kinder und                              Zum anderen ist
                   ­Jugendliche, junge Erwachsene und Senioren.                                der Kontakt und die
Wir sind in ständigem Kontakt mit Mitgliedern per Telefon oder              Freundschaft zu Kolping Rumänien, ge­
E-Mail.                                                                     wachsen in den letzten 15 Jahren, von
                                                                            unschätzbarem Wert für beide Seiten
3. Die erste Herausforderung wäre die geringere Beteiligung von             und von gegenseitiger Wertschätzung
Menschen als Kolping-Mitglieder und Zeitmangel. Das Angebot an              auf gleicher Augenhöhe geprägt.»
verschiedenen Aktivitäten und Möglichkeiten, sich zu engagieren, ist
sehr gross, sodass es nicht mehr einfach ist, sich freiwillig zu engagie­
ren, wie es früher war, als es keine so grosse Vielfalt an Aktivitäten      Gabi Bremgartner
gab. Die zweite Herausforderung wäre wahrscheinlich die rückläufige                             «Kolping-Gemein­
Zahl der Menschen in den Regionen, wo unsere Kolpingsfamilie aktiv                              schaft bedeutet für
sind.                                                                                           mich, im Austausch
                                                                                                mit Gleichgesinn­
                                                                                                ten über Landes­
Rumänien – Eduard Dobre                                                                         grenzen hinweg zu
                                                                                                sein. Man teilt ge­
                     1. Gemeinschaft bedeutet für mich das Wir-Ge­                              meinsame Werte
                     fühl, d. h. einander Halt und Stütze geben, wir                            und spürt dadurch
                     sind eine Oase der Hoffnung – «wir können doch         ein Wir-Gefühl. Zusammen können wir
                     etwas bewegen», es ist nicht alles verloren.           etwas erreichen. Und nicht zu verges­
                                                                            sen – einfach Spass zu haben.»
                     2. Wir ermutigen uns gegenseitig und machen
                     das, was uns gelingt und gut funktioniert.
                                                                            Michael Kaufmann, KF Bütschwil
                      3. Die grössten Herausforderungen sind: Organi-                           «Für mich ist Kol­
                      sation – Gemeinschaftliches Leben und Wirken                              ping ein Miteinan­
                      auf der Basis klarer Zielsetzungen erfordert ein                          der, eine Gemein­
                      bestimmtes Mass an Ordnung, an verbindlichen                              schaft von Men­
Regeln. Dies betrifft sowohl die Gemeinschaft vor Ort als auch den                              schen verschiede­
Zusammenschluss vieler kleiner Gemeinschaften zu einer grösseren                                nen Alters, dank
Organisation. Notwendige Aufgabenverteilungen, ausgehend von                                    der ich schon viele
der Einsicht, dass nicht jeder alles kann und dass jeder am besten dort                         schöne Momente
seinen Dienst in und für Gemeinschaft leisten kann, wo er seine spe­                            erleben durfte.
zifischen Fähigkeiten hat.                                                  Wenn ich sehe/höre, wie z. B. in ärmeren
Anpassen – Die Nöte der Zeit werden euch lehren, was zu tun ist. Das        Regionen die Leute dank der Unterstüt­
gemeinschaftliche Leben und Wirken sollte sich immer an den Gege­           zung durch Kolping (Aus-/Weiterbil­
benheiten und Herausforderungen der Zeit anpassen, ohne die Fun­            dung, …) ihr Leben verbessern können,
damente aufzugeben                                                          bin ich immer wieder positiv überrascht
Partizipation – Soweit überhaupt möglich, sollten alle an den wesent­       und dankbar, stolz und froh, ein Teil die­
lichen Prozessen der Meinungs- und Willensbildung beteiligt sein,           ser Gemeinschaft zu sein.»
sich einbringen können, verantwortlich mitdenken, mitsprechen und
mithandeln.

                                                                                                                         11
AK TUELL

Kolping-Gemeinschaft                                                                        Kolping Schweiz

am Beispiel IBK                                                                        GENERAL-
                                                                                     VERSAMMLUNG
Die Internationale Bodenseekonferenz der Kolpingsfamilien                                2021
(IBK) ist vor über 50 Jahren entstanden. Der Gedanke dieser                          Am Samstag, 5. Juni 2021
Organisation kam anlässlich einer Feier.                                             findet in Goldau die Gene­
                                                                                     ralversammlung von Kol­
                                                                                     ping Schweiz statt. Anträge
Die IBK entsteht                                                                     der Kolpings­ familien und
   Im Mai 1968 feierte die Kolpingsfa­                                               Regionalverbände sind bis
milie Marktdorf (D) ihr 75-jähriges Be­                                              spätestens 8. April 2021
stehen. Zu diesem Anlass luden die Or­                                               der Verbands­  leitung Kol­
ganisatoren alle Kolpingsfamilien aus                                                ping Schweiz, St. Karliquai
dem ganzen Bodenseeraum ein. Die
                                                                                     12, 6004 Luzern, schriftlich
Anregung des inzwischen verstorbe­
                                                                                             einzureichen.
nen Heinz Koners, dieses Treffen keinen
Einzelfall bleiben zu lassen, fand allge­                                                  Erich Reischmann,
mein Zustimmung. Eine Arbeitsgruppe                                                    Präsident Kolping Schweiz
wurde zur Vorbereitung von verschie­
denen Aktionen gebildet. Vier Monate
später, im September 1968, fand in
Lindau in Anwesenheit führender Ver­
treter der Zentral- bzw. Diözesanleitun­    für eine internationale Zusammenar­
gen die Gründung der IBK statt.             beit an. So können wir das Werk
                                            Adolph Kolpings auch heute verwirk­
Eine funktionierende Vernetzung             lichen:
   Veranstaltungen, Tage der Besin­
nung, Jubiläen einzelner Kolpings­          Offen sein für die Welt, um
familien, Tagungen und Familientref­
fen und ein regelmässiger Programm­
                                            – einen Beitrag zu leisten zum Welt­
                                              auftrag der Christen
                                                                                        Ausschreibung
austausch helfen, die IBK als leben­        – einen Beitrag zu erbringen für ein        Kolpingpreis
dige Arbeitsgemeinschaft im Boden-            geeintes Europa und die Verständi­
seeraum über die Landesgrenzen von            gung der Völker                        Kolping Schweiz verleiht jährlich
                                                                                     einen Kolpingpreis. Ausgezeich­
Österreich, dem süddeutschen Raum           – berufliche und politische Bildung
                                                                                     net wird eine Schweizer Kolpings­
und der Ostschweiz hinweg zu pfle­            und Weiterbildung für alle Mitglie­
                                                                                     familie, die sich in e­ inem der sie­
gen.                                          der zu fördern
                                                                                     ben Aktionsbereiche zum M      ­ otto
   Dazu organisiert die IBK jährlich ein    – alle Mitglieder zu verantwortlichem
                                                                                     «Zeit schenken» engagiert. Das
Maitreffen mit Vorabendmesse und              Mitdenken und Mithandeln in allen
                                                                                     Preisgeld in der H        ­öhe von
Maiandacht, eine Herbstwanderung              Bereichen der Gesellschaft anzure­     CHF 2500 soll die Preisträgerin bei
im September und einen Bildungstag            gen und zu befähigen                   ihrer weiteren Kolping­    arbeit un­
im Frühjahr. Die Anlässe der IBK fin­                                                terstützen. Über die Gewinnerin
den immer wieder an einem anderen           Von Anfang an wurde viel Wert auf die    und ihre Arbeit wird in der Ver­
Ort in unserem Einzugsgebiet statt          Bildungsarbeit gelegt. Fast jährlich     bandszeitschrift berichtet.
und jedes Mal führt eine andere Kol­        konnte in einem Kolpinghaus in der
pingsfamilie den entsprechenden An­         Region ein Familienwochenende            Bewerbungen sind bis zum 30. Ap­
lass durch. So lernen unsere Mitglie­       durchgeführt werden. Diese Familien­     ril 2021 mit den Angaben Kolpings­
der immer wieder neue Orte, Gegen­          wochenenden sind im Laufe der Zeit       familie, Aktionsbereich, Inhalt/Be­
den und Menschen kennen und so              in Bildungstagungen übergegangen.        schreibung des Angebots, Ziel/
sind schon manche dauernde Freund­          Alle organisierten Veranstaltungen       Zielgruppe an das Verbandssekre­
schaften entstanden.                        werden von unseren Mitgliedern sehr      tariat, St. Karliquai 12, 6004 Luzern,
                                            rege genützt.                            einzureichen.
Internationale Zusammenarbeit
   Das Einzugsgebiet der IBK als            Erich Reischmann                         Vielen Dank für eure Teilnahme!
Grenzregion bietet sich vortrefflich

12
V ER MIS CHTE S

Menschenleben retten – eine drängende Aufgabe
Kolping Europa zur katastrophalen und menschenunwürdigen Lage der
Geflüchteten in Bosnien-Herzegowina und Griechenland.

In der aktuellen Corona-Pandemie fin­                                                 tischen Grenze. Dokumente und Han­
det die katastrophale, menschenun­                                                    dys werden abgenommen, Menschen
würdige Lage der Geflüchteten in Bos­                                                 misshandelt. Auch auf dem Mittelmeer
nien-Herzegowina und Griechenland                                                     gibt es solche illegalen, sogenannte
nur wenig Aufmerksamkeit. Ange­                                                       «Push-Backs». Geflüchtete werden in
sichts dieser humanitären Krise ruft                                                  aussereuropäische Gewässer zurück­
der Vorstand von Kolping Europa die                                                   gedrängt und dem offenen Meer über­
nationalen Regierungen und die Euro­                                                  lassen. Kolping Europa fordert: Illegale
päische Union dazu auf, ihre Verant­                                                  Push-Backs müssen umgehend ge­
wortung wahrzunehmen und umge­                                                        stoppt werden, denn sie verstossen
hend zu handeln. Es ist ein Skandal                                                   gegen das Völkerrecht sowie das EU-
und durch nichts zu rechtfertigen,                                                    Recht. Den Schutzsuchenden muss die
dass Kinder und Jugendliche, Frauen                                                   Möglichkeit gegeben werden, einen
und Männer unter diesen men­                                                          Asylantrag zu stellen.
schenunwürdigen Verhältnissen lei­
den müssen.                                                                           Unerträglich ist, wenn in Europa
                                                                                      gegen die Menschenwürde ver­
Bosnien-Herzegowina – humani­              Griechenland – humanitäre Krise            stossen wird
täre Krise vor den Toren Europas           innerhalb der Europäischen Union                Mit grossem Entsetzen stellt Kol­
    Die Lage in Bosnien-Herzegowina            Auch in vielen Geflüchtetenlagern      ping Europa fest, dass europäische
ist schon seit Jahren prekär. Kurz vor     in Griechenland ist die Lage so verhee­    Grundwerte und verantwortliches
Weihnachten hat die Internationale Or­     rend, dass humanitäre Hilfe dringend       Handeln bei diesen humanitären Kata­
ganisation für Migration (IOM) das Ge­     notwendig ist. Ein Beispiel hierfür ist    strophen innerhalb der EU und vor
flüchtetenlager Lipa geschlossen, da       die katastrophale Lage der Geflüch­        den Toren der europäischen Aussen­
das Lager nicht den humanitären Min­       teten im überfüllten Lager Moria auf       grenze grob missachtet werden. Uner­
destanforderungen entsprach und die        Lesbos. Auch das neu errichtete Camp       träglich ist, dass gegen die Menschen­
bosnischen Behörden der Forderung,         Kara Tepe soll – Berichten zufolge –       würde verstossen und gehandelt wird.
das Lager winterfest zu machen, nicht      noch unbewohnbarer für die Geflüch­        Es ist ein Armutszeugnis, wenn in
nachkamen. Die Geflüchteten harren         teten sein als Moria. Notdürftig errich­   ­Europa Geflüchteten, die sich in solch
seitdem unter lebensgefährlichen Be­       tete Zelte stehen häufig unter Wasser,      einer katastrophalen Lage befinden,
dingungen in der eisigen Winterkälte       Sanitäranlagen gibt es kaum, ebenso         Hilfe aus politischen Gründen verwei­
aus. Zudem gibt es keine Gesundheits­      wenig warmes Wasser und Heizmög­            gert wird.
versorgung und Möglichkeiten zum           lichkeiten.                                     Kolping Europa fordert die Europäi­
Infektionsschutz, obwohl bereits eini­         Die EU unterstützte auch in diesem      sche Union – vor allem aber ihre Mit­
ge Geflüchtete Covid-Symptome auf­         Fall Griechenland finanziell, dennoch       gliedstaaten – auf, umgehend ihrer
weisen.                                    verbessert sich die lebensbedrohliche       Verantwortung nachzukommen. Es
    Versuche, die Geflüchteten in an­      Situation der Geflüchteten vor Ort          reicht nicht aus, finanzielle Hilfe zu
deren Unterkünften unterzubringen,         nicht. Einige wenige Länder der EU          leisten, sondern es muss nun schnell
sind an Protesten der BürgerInnen vor      ­haben zugesagt, Geflüchtete aus Grie­      und entschieden gehandelt werden,
Ort und dem politischen Willen bzw.         chenland aufzunehmen, doch die Um­         um die Menschen aus diesen unwürdi­
Unwillen gescheitert. Trotz finanzieller    setzung dieser Zusagen verläuft eben­      gen und teilweise lebensbedrohlichen
Hilfe aus der EU wurde dringend not­        so schleppend. Auch hier appelliert        Zuständen herauszuholen. Zugleich
wendige humanitäre Hilfe unterlassen,       Kolping Europa an die politisch Ver­       ist die Gemeinschaft der EU aufgefor­
und politisches Kalkül wird zulasten        antwortlichen, schnell zu handeln und      dert, so schnell wie möglich eine ge­
der notleidenden Menschen ausgetra­         ihrer humanitären Verantwortung nun        meinsame europäische Lösung zu fin­
gen. Losgelöst von einer gesamteuro­        endlich nachzukommen.                      den. Menschenleben retten, daran
päischen Lösung fordert Kolping Euro­                                                  werden sich die Mitgliedstaaten sowie
pa alle nationalen Regierungen dazu        Illegale Push-Backs                         die Europäische Union messen lassen
auf, umgehend zu handeln und Ge­           an Europas Aussengrenzen                    müssen.
flüchtete aus humanitären Gründen              Geflüchtete berichten von gewalt­
aufzunehmen.                               tätigen Zurückweisungen an der kroa­       Vorstand Kolping Europa

                                                                                                                            13
AK TUELL

50 Jahre Frauenstimm- und -wahlrecht in der Schweiz und im Schweizer Kolpingwerk

Ein grosser Schritt
in Richtung Gleichberechtigung
Vor 50 Jahren wurde in der Schweiz das Frauenstimm- und -wahlrecht eingeführt. Per Abstim­
mung bekamen die Frauen endlich das Stimm- und Wahlrecht auf eidgenössischer Ebene. Ein
historischer Moment war auch der Beschluss der Zentralkonferenz am 19./20. Juni 1971 in Wil, an
der die Aufnahme von Frauen und Mädchen in das Schweizer Kolpingwerk beschlossen wurde.

Heute werden von den noch existie­          sellschaft und dem Wandel der Frau       an der Generalversammlung des Ge­
renden 69 KF der Schweiz allein 24          als Mutter und Hausfrau, hin zur be­     sellenvereins in Köln hätte eingebracht
durch Frauen präsidiert und in der          rufstätigen und selbstständigen Fami­    werden sollen. Zu lesen war wie folgt:
Mehrheit der neun Kolpingregionen           lienfrau.                                   «Wir vernehmen eben von besonderer
haben Frauen die Leitung inne. Kol­            Ein Blick zurück in die Kolpingpost   Seite, dass von anderer Seite möglicher-
ping ohne Frauen, das wäre heute un­        des Jahres 1931 zeigt die Aussichts­     weise versucht werden könnte, einen An-
denkbar, nicht in der Schweiz und           losigkeit, die einem solchen Antrag      trag einzubringen, der etwas ganz Uner-
schon gar nicht im Internationalen Kol­     noch 40 Jahre früher beschieden ge­      hörtes bedeuten würde. Der zum Aufse-
pingwerk. Ein weiser und wichtiger          wesen wäre. Dort wird von einem auf­     hen mahnende Antrag will nämlich
Entscheid also, der vor 50 Jahren ge­       sehenerregenden Antrag berichtet,        nichts Geringeres, als die Aufnahme
fällt wurde. Bis es so weit war, brauchte   der, so vermutete man damals, von den    weiblicher Mitglieder in den Gesellenver-
es allerdings ein Umdenken in der Ge­       Vertretern des Schweizer Zentralrats     ein ermöglichen. Wohlverstanden: als

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Aktivmitglieder oder besser «Mitglieder-      reden, dann sollten die Frauen Mitspra-
innen». Wir sehen in dem Antrag, wenn         cherecht in der Kolpingsfamilie haben.
er wirklich in dieser Form gestellt wird,     Warum haben sie es nicht? Was für eine
einen fundamentalen, frontalen und ka-        Art von Familie haben wir denn? Warum
tastrophalen Angriff auf den Bestand          nennen wir uns nicht einfach eine brü-
unseres Vereins und die Bestätigung           derliche Organisation und vergessen da-
sämtlicher ausgesprochener und nicht          rüber die Familienidee?»
ausgesprochenen Bedenken gegen die
Einführung des Überbeins, dass sich Ge-       1966 – die Entscheidung
neralseniorenrat nennt. Wir protestieren          Die Kunde von diesem mutigen
im Rahmen der Schweizer Gesellen mit          Schritt blieb den Verantwortlichen im
aller Energie, die uns zur Verfügung          deutschen Kolpingwerk nicht lange
steht, gegen diesen Versuch des morali-       verborgen. Trotzdem dauerte es noch
schen Selbstmords und bitten unsere           bis 1966, als nach fast 100 Jahren Gesel­
Vertreter, besonders unseren Zentralprä-      lenverein (bzw. Kolpingsfamilie) die
ses unseren Protest mit allen Mitteln zu      Männer der Zentralversammlung in
unterstützen.»                                Würzburg beschlossen, die Mitglied­
                                              schaft im Verband für Frauen zu öffnen
«Damen-Hilfsverein» – Frauen in               und sie als gleichwertige Mitglieder
amerikanischen Kolpingsfamlien                aufzunehmen. Dr. Rösler, Diözesanprä­
   Ende der 50er-Jahre kam dann, wie          ses von Würzburg, begründete den An­
zu dieser Zeit üblich, frischer Wind aus      trag damals wie folgt: Er bezeichnete
Amerika und die überfällige Gleich­           die Folgen dieses Schrittes, Frauen und
berechtigung wurde vom amerikani­             Mädchen gleichberechtigt in der KF
schen Zentralverband eingeführt. Da­          aufzunehmen, als bedeutenden Wan­              Reaktionen in den KF
zu findet sich ein Bericht im «Kol­           del, der sich in einigen anderen Zentral­         In den KF kam es zu unterschied­
ping-Banner» der KF Cincinnati über          verbänden schon vollzogen habe (z. B.         lichsten Reaktionen in Bezug auf die
die Mitarbeit der Frauen in amerikani­        in den USA). Er beendete seine Antrags­        Aufnahme weiblicher Mitglieder. In den
schen Kolpingsfamilien:                       begründung mit den Worten: «Von un-           KF, in denen Frauen schon länger dabei
   «Unsere KF hat in den 35 Jahren ihres      serer Tradition her spricht wenig dafür,      waren, vollzog sich die Wandlung rei­
Bestehens mächtige Fortschritte ge-          von der Gegenwart her spricht einiges          bungslos. Für sie war die Würzburger
macht, und ein Grossteil des Verdienstes      dafür, auf Zukunft hingesehen, spricht al-    Entscheidung nur eine logische Konse­
an dieser Entwicklung gebührt zweifel-       les dafür. Es ist eine Wandlung, aber: Herr   quenz der Entwicklung, dass Frauen im­
los unseren Frauen … Ich wage zu be-          der Zukunft, wer sich wandeln kann».           mer mehr in das Vereinsleben einbezo­
haupten, dass wir unseren ‹Damen-Hilfs-           Begründungen der Gegenrede zu             gen waren. Die überwiegende Mehr­
verein› nicht genügend beachten. Was         diesem Antrag fielen dagegen nur               heit der KF nahm zunächst jedoch kei­
wollten denn die Kolpingsfamilien in          schwach und halbherzig aus. Diöze­            nerlei Notiz von dem Beschluss. Ein Teil
Amerika tun ohne die Hilfe der Damen!         sansenior Albenstätter aus Augsburg           lehnte ihn sogar offen ab. Einige Mit­
Ich gestatte mir die Behauptung, dass         meinte dazu, man solle doch zunächst          glieder witterten Verrat an der Sache
nicht eine der Kolpingsfamilien ohne die      andere Möglichkeiten der Mitarbeit            Kolpings. Vereinzelt kam es sogar zu
Hilfe der Frauen weiterexistieren könnte!    von Frauen (z. B. Familienkreise) aus­         Austritten aus dem Verband aufgrund
   Ich weiss nicht, wie die Kolpings­         schöpfen. Die Gegner dieses Antrages          der Umsetzung des Beschlusses.
familien in Deutschland arbeiten. Ir-         kamen vorrangig aus Süddeutschland.
gendwie müssen sie es ohne die Hilfe der     Sie kamen auch schnell auf den Kern            Reaktionen der Kirche
Frauen schaffen, weil sie ihnen kein Mit-     ihrer Bedenken: «Es kommt eine Aufga-             In amtskirchlichen Kreisen wurde
spracherecht in Vereinsangelegenheiten        be auf uns zu, die bis in die letzte Konse-    dieser Beschluss nicht gerade mit
geben. Aber wir sind in Amerika, und un-      quenz nicht durchdacht ist». Eine dieser       Freude aufgenommen. Bestehende
sere amerikanischen Wege unterschei-          Konsequenzen seien die Führungsan­            Frauenverbände, einige Bischöfe und
den sich von denen der Deutschen.             sprüche weiblicher Mitglieder, die das        auch viele Priester sahen die Gefahr
   Wir in Amerika können wirklich nicht      Kolpingwerk zurzeit nicht verkraften           des Konkurrenzkampfes um die Mit­
ohne die Damen funktionieren. Daher,          könne. Landespräses Niemöller aus           gliedschaft von Frauen. Die «gute alte
so glaube ich, sollten wir richtige Gentle-   München merkte an, dass noch keine            Ordnung» des Verbandslebens (Män­
men sein und diesen Damen endgültig          geistige Konzeption für Frauen und            ner in Männerverbänden, Frauen in
mehr Beachtung und mehr Stimme in             Mädchenbildung vorhanden sei und              Frauenverbänden) schien gefährdet.
unseren Kolpingangelegenheiten geben.         er starke Bedenken habe in Bezug auf              Auch wenn von Seiten der Amtskir­
Wenn wir unseren Verein als einen Fami-       die Besetzung von Führungspositio­            che nicht direkt Einfluss auf den Be­
lienverein betrachten, und das ist doch       nen bis ins Zentralpräsidium durch            schluss genommen wurde, wirkten die
der Fall, wenn wir von Kolpingsfamilie        Frauen.                                        meist traditionell behafteten Präsides

                                                                                                                                  15
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in die Kolpingsfamilien hinein. Die Prä­     Fühlungnahme mit der Kongregation
sides hatten zum damaligen Zeitpunkt         auf zentraler Ebene und eine nach örtli-      Buchtipp:
noch das wichtigste Amt in der KF in­        chen Verhältnissen differenzierte Koordi-
ne, durch das sie grossen Einfluss auf       nation der Jugendarbeit mit den beste-
                                                                                           50 Jahre
die Vorstände ausübten. Aufgrund             henden Mädchengruppen ist anzustre-           Frauenstimmrecht
persönlicher Überzeugungen und
starker Berührungsängste arbeiteten
                                             ben, was das Wirken aller nur fördern
                                             und befruchten kann.»
                                                                                           in der Schweiz
einige in den KF so zunächst stark ge­          Die Anträge des Zentralrates fan­          Franziska Rogger erzählt erstmals,
gen die Aufnahme von Frauen.                 den dann an der Zentralkonferenz des          mit neuen Fakten und am Beispiel
    Paul Michael Zulehner, ein bekann­       Schweizer Kolpingwerkes in Wil eine           der Frauenrechtlerin Julie Ryff (1831–
ter österreichischer Theologe und ka­        breite Mehrheit und mit der Aufnahme          1908), wie Schweizer Frauen Ende
tholischer Priester, äusserte sich zu        von Frauen und Mädchen als neue               des 19. Jahrhunderts begannen, ge­
dem Beschluss wie folgt:                     Mitglieder im Schweizer Kolpingwerk           gen die patriarchale Ordnung zu
    «Wir stehen allenfalls am Beginn die-    brach eine fruchtbare Kolping­Ära an.         kämpfen und sich zu organisieren.
ser zukünftigen zentralen Frage der          Die eigentliche Geburtsstunde der             Eine längst fällige Studie!
Menschheit … Die unpolitische Naivität       Kolpingsfamilien.                                Das Buch erzählt, wie Schweizer
der kleinbürgerlichen Frau bricht auf.                                                     Frauen Ende des 19. Jahrhunderts be­
Der Satz, dass der Geist Gottes weht, wo     Aus dem Protokoll: Aufnahme                   gannen, gegen die patriarchale Ord­
er will, findet neuerlich seine aktuelle     von Frauen und Mädchen in                     nung zu kämpfen und sich zu organi­
                                                                                           sieren. Franziska Rogger untersucht,
Verwirklichung. Natürlich erleben viele      das Schweizer Kolpingwerk
                                                                                           wie sie sich national und international
von uns Männern nach einer jahrtau-             Zentralsenior Martin Zach beleuchtet
                                                                                           zusammenschlossen – in kaum be­
sendealten patriarchalen Tradition die-      die Hintergründe, die einer Aufnahme der
                                                                                           kannten Komitees und Gruppen in
se Entwicklung als bedrohlich. Wir Män-      Mädchen im Wege stehen. So wie die Si-
                                                                                           Genf oder in Bern. Erst baten enga­
ner müssen umlernen. Es ist kein Wun-        tuation heute ist, können Frauen und
                                                                                           gierte Schweizerinnen die gnädigen
der, dass wir in unserer Unsicherheit po-    Mädchen, die wie wir im Berufsleben ste-      Herren in Bittschriften um konkrete
lemisch reagieren, Witze machen, das         hen ebenso gut nach den Idealen Kol-          Verbesserungen ihrer Lebensumstän­
Gespräch autoritär steuern, schlechte        pings leben. Die von der Kommission vor-      de. Schliesslich wurde klar, dass dafür
theologische Positionen mit vermeint-        geschlagene Lösung kann nur als «Mini»-       Gesetzesänderungen notwendig wa­
lich uralten Argumenten untermauern:         Lösung oder wie er ausführte als «Hot-        ren. Als nicht stimmberechtigt waren
kurzum alles tun, um uns selbst nicht        pants-Lösung» bezeichnet werden. Der          Frauen von der Gesetzesarbeit ausge­
ändern zu müssen … Und doch wird die         Regional-Senior der Westschweiz, Bruno        schlossen. Helene von Mülinen for­
Frauenfrage für die morgige Praxis der       Spring, weist darauf hin, dass uns die Auf-   derte 1907 das Aktivbürgerrecht ein.
Kirche zentral sein. Sie wird zur sozialen   nahme weiblicher Mitglieder neue Aufga-          Zentrale Figur der Bewegung war
Frage des 21. Jahrhunderts schlechthin       ben stellen wird. Als weibliche Vertreterin   Julie Ryff (1831–1908). An ihrem Le­
werden.»                                     der Kommission beleuchtet Frl. Frucker        ben ist abzulesen, was die herrschen­
                                             die Situation aus der Sicht der Frauen und    den Verhältnisse anrichten konnten
Kolping bekennt Farbe                        Mädchen. Sie führt aus, dass die Mäd-         und wie lebensnah damalige Schwei­
    Aber zurück in die Schweiz. Nach er­     chen ein Bedürfnis zu Kontakt und Team-       zer Frauen ihre Forderungen stellten
folgreicher Abstimmung und Einfüh­           work haben. Die Diskussion ruft sehr viele    und konkret vorwärtstrieben: 13 Kin­
rung des Frauenstimm­ und ­wahl­             Votanten auf den Plan. Neben den mehr-        der, Witwenschaft, Prozesse, berufli­
rechts im Februar 1971 war das Klima         heitlich zustimmenden Voten melden sich       che Selbstständigkeit. Ein aufschluss­
gut, um den Antrag des Zentralrats zur       auch kritische und ablehnende Stimmen.        reiches Buch über eine bisher kaum
Aufnahme von Frauen und Mädchen              In der anschliessenden Abstimmung er-         bekannte Akteurin der Schweizer
                                                                                           Frauenbewegung.
in das Schweizer Kolpingwerk eben­           gibt sich die folgende Stimmenzahl:
falls erfolgreich zur Abstimmung zu          für Aufnahme – 87 Stimmen; dagegen –
bringen. In der ersten Ausgabe der           5 Stimmen; Enthaltungen – 6 Stimmen.
Kolpingzeitschrift von 1971 nahm der                                                       «Wir werden auf
damalige Zentralpräses wie folgt Stel­       Peter Jung                                    das Stimmrecht
lung:                                                                                      hinarbeiten» –
                                                                                           die Ursprünge der
    «Noch tiefgreifender wird sich die Ar-
                                                                                           Schweizer Frauen-
beit durch die Aufnahme von Frauen und                                                     bewegung und ihre
Mädchen verwandeln. Nicht nur das                                                          Pionierin Julie Ryff
äussere Bild der Veranstaltungen erhält                                                    (1831–1908)
durch die Anwesenheit des holden Ge-
                                                                                           NZZ Libro;
schlechts einen neuen Akzent. Es sind                                                      Franziska Rogger;
vor allem in den Führungskreisen neue                                                      330 Seiten;
Denkweisen und Formen des Zusam-                                                           ISBN 978­3­907291­22­1
menwirkens zu entwickeln. Eine engere

16
V ER MIS CHTE S

                                                                                KF Hochdorf
                          Hans Steinmann                                        Erfolgreiches
                          (1935–2021)                                           Coronaprojekt
                          Nach kurzem Aufenthalt im Alterszentrum Peter         Während dem ersten Lockdown im
                          und Paul ist Hans Steinmann am 2. Februar 2021        Frühling 2020 startete die KF Hochdorf
                          gestorben. Mit Hans haben wir ein engagiertes         ein Corona-Handarbeitsprojekt zu­
                          und pflichtbewusstes Vorstandsmitglied verlo­         gunsten unserer Kolpingfreunde in Li­
                          ren. Seine ruhige, besonnene aber auch geselli­       tauen und Rumänien. Die Hofderer
                          ge Art zeichnete ihn aus. In Bescheidenheit, aber     Mitglieder strickten, häkelten oder
                          mit grossem Verantwortungsbewusstsein lebte           nähten Socken, Mützen, Schals, Shirts,
                          er die Ideale Kolpings in den verschiedenen Or­       oder Taschen – der Fantasie und den
                          ganisationen von Kolping Zürich. Hans wurde für       Ideen waren keine Grenzen gesetzt.
                          seinen freundschaftlichen Umgang, aber auch           Und die Aktion wurde ein voller Erfolg!
                          für sein umfangreiches Wissen sehr geschätzt.         Ein ganzer Berg beeindruckender
                                                                                Hand­arbeiten ist bis im Herbst zusam­
Stationen von Hans für Kolping                                                  mengekommen.
Während mehr als 60 Jahren hat sich Hans für das Wohl von Kolping einge­           Vor Kurzem lieferten nun zwei
setzt. Als Präsident der KF Wolfbach Zürich und in der Folge als Alt­senior     Mitglieder der KF Hochdorf die
                                                                                ­
sowie bis 2018 als Präsident des Gesamtvereins Kolping Zürich trug er die       ersten Handarbeitsarbeiten persönlich
Hauptlast der Aktivitäten des Vereins.                                          nach Rumänien. Ingrid Arvay und
                                                                                Daniel Unternährer machten Halt
                                                                                ­
Ab 1972 arbeitete Hans während 27 Jahren für die Kolpingkrankenkasse            beim Kinderheim im Kolpinghaus von
und war wesentlich am Auf- und Ausbau beteiligt. Als Kassier und Verwalter      Mediasch, einer Kleinstadt, 2,5 Stun­
des Kolpinghaus-Vereins Zürich bewirtschaftete er das Kolpinghaus an der        den von Kronstadt/Brașov entfernt,
Badenerstrasse 78 in Zürich mit Restaurant, Büros, Wohnungen und Zim­           und überbrachten die Hochdorfer
mern. Ebenso war er auch verantwortlich für das Wohnhaus Palme an der           Handarbeitswerke. Die Sachen sind
Bertastrasse 76 in Zürich, mit Restaurant und Wohnungen. Die Funk­tion als      dort sehr willkommen und mit Freu­
Kassier behielt er auch während seiner kurzen Zeit im Alterszentrum bis zu      den in Empfang genommen worden.
seinem Tode. Ebenso war er von 1976 bis 2017 in verschiedenen Funktionen
Vorstandsmitglied der Baugenossenschaft Kolping Zürich. Wichtig war ihm         Christof Unternährer
auch das Wohl von Kolping Schweiz, indem er sich für jährliche und gross­
zügige Spenden des Kolpinghaus-Vereins Zürich einsetzte.

Hans engagierte sich mit seiner Frau Heidi und den beiden Töchtern auch
unermüdlich bei Kolpinganlässen, Texaid-Kleidersammlungen und vielem
mehr.

Seinen Angehörigen sprechen wir unser tief empfundenes Beileid aus.

Erich Schneider, Präsident Kolpinghaus-Verein Zürich
und Baugenossenschaft Kolping Zürich

                        Petition: Kolping ist mir heilig!
 In einem Video https://youtu.be/­                                            terhin online unter www.petition-­
 OVV5GOR81MQ ruft das Kolping­                                                kolping.com geschehen. Aber auch
 werk Deutschland zur Beteiligung                                             in die klassischen Unterschriften­lis­
 an der Petition «Kolping ist mir hei­                                        ten kann man sich eintragen. Unter
 lig» auf und ermuntert möglichst                                             www.kolping.de/materialpetition
 viele, sich mit einer Unterschrift für                                       stehen die Liste und viele weitere
 die Heiligsprechung Adolph Kol­                                              Materialien zum Download und Tei­
 pings einzusetzen. Dies kann wei­                                            len bereit.

                                                                                                                       17
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