VERMÖGENSNACHFOLGE - Auren International
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Vorsorge und Nachlassplanung Es gibt Themen, über die wir nicht gerne nachdenken, es aber tun sollten. Hierzu gehört nicht nur der eigene Tod, sondern auch die Zeit, in der man möglicherweise Hilfe benötigt und man nicht mehr selbstbestimmt handeln kann. Nicht nur im Alter kann man auf Hilfe angewiesen sein; auch eine Krankheit oder ein Unfall können hilfs- bedürftig machen. Hierfür können Sie vorsorgen mit: • einer Vorsorgevollmacht und/oder • einer Betreuungsverfügung und • einer Patientenverfügung Wer mit den gesetzlichen Regelungen des Erbrechts nicht zufrieden ist, kann durch Testament oder Erbvertrag andere Regelungen zur Verteilung seines Nachlasses bestimmen. Neben dem Pflichtteilsrecht sind dabei for- melle und inhaltliche Vorschriften zu beachten, damit die Verfügung rechtswirksam ist.
INHALT 4 6 11 VORSORGE FÜR DEN GRUNDZÜGE DES ERBRECHTS NACHLASSPLANUNG: PFLEGE- UND TODESFALL TESTAMENT UND ERBVERTRAG 16 19 24 PFLICHTTEILSRECHT ERBSCHAFT- UND ANZEIGENPFLICHTEN UND SCHENKUNGSTEUER – STEUERERKLÄRUNGSPFLICHT GRUNDZÜGE IM ERB- UND SCHENKUNGSFALL 27 33 37 BESTEUERUNG DER UNTER- VERERBUNG VON IMMOBILIEN IM NEHMENSNACHFOLGE GESELLSCHAFTSANTEILEN SCHENKUNGS- UND ERBFALL 40 INTERNATIONALER ERBFALL – ERBFÄLLE MIT AUSLANDSBEZUG
Vorsorgevollmacht Patientenverfügung Mit einer Vorsorgevollmacht stellen Sie sicher, dass für In einer schriftlichen Patientenverfügung können Sie Sorge getragen wird, wenn Sie selbst dazu nicht Sie im Voraus festlegen, ob und wie Sie später mehr in der Lage sind, bestimmte Angelegenheiten ärztlich behandelt werden wollen, wenn Sie ihren zu regeln. Der dazu Bevollmächtigte sollte eine Per- Willen nicht mehr selbst äußern können. Im Fall son Ihres Vertrauens sein. Zu beachten ist hier, dass Ihrer Entscheidungsunfähigkeit ist ein Bevollmäch- der Ehegatte oder auch Kinder nicht allein aufgrund tigter bzw. ein Betreuer an Ihre schriftliche Patien- ihrer Stellung als Angehörige bevollmächtigt sind. tenverfügung gebunden. Der Bevollmächtigte bzw. der Betreuer muss prüfen, ob die Festlegungen in Die Bevollmächtigung sollte aus Nachweisgründen der Patientenverfügung der aktuellen Lebens- und schriftlich erfolgen. Wenn der Bevollmächtigte auch Behandlungssituation entsprechen und Ihren Willen Grundstücke übertragen dürfen soll, muss die Voll- zur Geltung bringen. macht notariell beurkundet werden. Der Umfang einer Vollmacht kann darüber hinaus sehr frei ge- Sie sind nicht gezwungen, eine Patientenverfügung staltet werden. Auch mehrere Personen können er- zu verfassen. Patientenverfügungen können jeder- satzweise oder für unterschiedliche Bereiche bevoll- zeit formlos widerrufen werden. mächtigt werden. Gibt es keine Patientenverfügung oder treffen die Der Bevollmächtigte kann Sie gegenüber Ihren Ver- Festlegungen nicht die aktuelle Situation, muss der tragspartnern vertreten (z. B. Banken, Versicherun- Betreuer oder Bevollmächtigte unter Beachtung gen, Altersheim). Eine ordnungsgemäß erstellte Vor- des mutmaßlichen Patientenwillens entscheiden, sorgevollmacht kann in vielen Fällen die Einleitung ob er in die Untersuchung, die Heilbehandlung oder eines Betreuungsverfahrens verhindern. Insbesonde- den ärztlichen Eingriff einwilligt. re mit Banken und Versicherungen sollte vorab ge- klärt werden, ob diese evtl. spezielle Formulare zur Die Entscheidung über die Durchführung einer ärzt- Bevollmächtigung verlangen; das vermeidet späte- lichen Maßnahme wird im Dialog zwischen Arzt und ren Ärger mit den Vertragspartnern. Betreuer bzw. Bevollmächtigtem vorbereitet. Der behandelnde Arzt prüft, was medizinisch indiziert ist, Haben Sie keine Vorsorgevollmacht erstellt und kön- und erörtert die Maßnahme mit dem Betreuer oder nen Sie ihre Angelegenheiten (teilweise) nicht mehr Bevollmächtigten, möglichst unter Einbeziehung na- selber erledigen, folgt grundsätzlich ein gerichtliches her Angehöriger und sonstiger Vertrauenspersonen. Betreuungsverfahren, und zwar auch dann, wenn Sie Angehörige haben, weil diese erst durch das Ge- Sind sich Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigter richt zum Betreuer bestellt werden müssen. über den Patientenwillen einig, bedarf es keiner Einbindung des Betreuungsgerichts. Bestehen hin- Der Bevollmächtigte ist unabhängig von einem gegen Meinungsverschiedenheiten, müssen folgen- Gericht und wird (in den meisten Fällen) nicht von schwere Entscheidungen vom Betreuungsgericht einem Gericht kontrolliert. genehmigt werden. Betreuungsverfügung Auch über das Thema Organspende darf man sich Gedanken machen. Diese kann Teil der Patienten- Für eine Person, die aufgrund von Krankheiten oder verfügung sein oder gesondert über den bekannten Behinderungen hilfsbedürftig und fürsorgebedürftig Organspendeausweis geregelt werden. Für Ihre An- ist, kann ein Betreuer bestellt werden. Die Betreu- gehörigen ist es eine Hilfe, wenn Sie für eine solche ung kann umfassend (Vermögens-, Renten- oder Situation eine Bestimmung getroffen haben. Sie kön- Wohnungsfragen, Gesundheitsfürsorge oder Aufent- nen frei bestimmen, ob und gegebenenfalls welche haltsbestimmung) oder auf bestimmte Bereiche be- Organe Sie spenden wollen oder ob eine bestimmte schränkt sein. andere Person für Sie entscheiden soll. Informationen zu einem Spenderausweis, den Sie immer bei sich tra- Eine Vorsorgevollmacht (siehe oben) macht die Be- gen können, finden Sie unter: https://www.bzga.de/ treuung in den meisten Fällen überflüssig. Wenn Sie infomaterialien/organspende/ niemanden bevollmächtigen möchten, können Sie durch eine Betreuungsverfügung regeln, wer als Be- Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen so- treuer gewünscht oder abgelehnt wird. wie Patientenverfügungen können beim zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert Der Betreuer wird vom Amtsgericht bestellt und un- werden. Informationen finden Sie im Internet unter terliegt dessen Kontrolle. www.vorsorgeregister.de. VORSORGE FÜR DEN PFLEGE- UND TODESFALL 5
Grundlegende Begriffe des Erbrechts Gesetzliche Erbfolge Erbe, Alleinerbe, Miterbe Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt, wer Erbe wird, wenn kein Testament existiert. Jeder Mensch hat ei- Erbe ist derjenige, der durch ein Testament oder Erb- nen oder mehrere Erben. Wer gesetzlicher Erbe wird, vertrag (also aufgrund einer gewillkürten Regelung) richtet sich nach den Familienverhältnissen und dem oder kraft Gesetzes (wenn keine besondere Rege- Verwandtschaftsgrad. lung getroffen ist) Gesamtrechtsnachfolger des Ver- storbenen (Erblassers) wird. Einteilung in „Ordnungen“ Der Erblasser kann von einem oder mehreren Perso- Das BGB (Bürgerliche Gesetzbuch) spricht von Ord- nen beerbt werden. Wird er von mehreren Personen nungen. Zur ersten Ordnung gehören die Abkömm- (zu Bruchteilen) beerbt, bilden diese Personen eine linge des Erblassers, also die Kinder und Enkel. Für Erbengemeinschaft. den Fall, dass ein Kind vorverstorben ist, erben des- sen Kinder, also die Enkel des Erblassers. Erbfall Zur zweiten Ordnung gehören die Eltern des Erblas- Der Erbfall tritt mit dem Tod des Erblassers automa- sers und deren Abkömmlinge, also die Eltern, Ge- tisch ein. Es ist nicht erforderlich, dass der Erbe vom schwister, Nichten und Neffen. Tod erfährt. Zur dritten Ordnung gehören die Großeltern des Erb- Nachlass lassers und deren Abkömmlinge, also die Großeltern, Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins. Der Nachlass umfasst das Gesamtvermögen des Erb- lassers, also Aktiva und Passiva. Man erbt also nicht Zu den weiteren Ordnungen gehören entferntere einen oder mehrere Gegenstände. Die bei mehre- Verwandte. ren Erben erforderliche Aufteilung des Nachlasses er- folgt im Rahmen einer Erbauseinandersetzung. Der Wenn ein oder mehrere Erben der ersten Ordnung Erblasser hat die Möglichkeit, z. B. durch ein Testa- vorhanden sind, erbt/en lediglich diese Person/en. ment, Einfluss auf die Aufteilung des Nachlasses zu Die weiteren Ordnungen sind vom Erbrecht ausge- nehmen. schlossen. Das bedeutet z. B., dass ein kinderloser und unverheirateter Erblasser von seinen Geschwistern Vermächtnis beerbt wird und seine Cousins und Cousinen keine Erben werden. Der Erblasser kann auch Vermächtnisse zugunsten von Miterben oder anderen Personen anordnen. Nicht zu den gesetzlichen Erben gehören Stief- oder Die so bedachte Person erhält einen Anspruch auf Pflegekinder. Ist zum Zeitpunkt des Erbfalls weder ein Überlassung des bestimmten Gegenstandes oder Verwandter noch ein Ehegatte vorhanden, ist der Geldbetrages. Fiskus gesetzlicher Erbe. Erben 1. Ordnung Erben 2. Ordnung Erben 3. Ordnung Erben 4. Ordnung ERBLASSER Ehegatte Eltern Großeltern Urgroßeltern Töchter/Söhne Geschwister Tanten/Onkel Großtanten/Großonkel Enkel Nichten/Neffen Cousinen/Cousins GRUNDZÜGE DES ERBRECHTS 7
Ehegatten- und Lebenspartnererbrecht Güterstand der Gütertrennung Der Ehegatte ist ebenfalls gesetzlicher Erbe. Der Le- Lebten die Ehegatten bei Tod des Erblassers im Gü- benspartner steht dem Ehegatten im Erbrecht voll- terstand der Gütertrennung, gibt es weder einen ständig gleich; die nachfolgenden Ausführungen Zugewinnausgleich noch eine pauschale Erhöhung gelten also auch für Lebenspartner. Neben Ver- des Erbteils. Wenn neben dem überlebenden Ehe- wandten der ersten Ordnung erbt der Ehegatte ein gatten ein oder zwei Kinder des Erblassers erbbe- Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung rechtigt sind, erben alle zu gleichen Teilen. Neben und neben Großeltern die Hälfte des Nachlasses. drei und mehr Kindern erbt der überlebende Ehe- Lebt ein Großelternteil nicht mehr, erhält der überle- gatte immer ein Viertel, die Kinder teilen sich den bende Ehegatte zusätzlich dessen Anteil. Sind weder Rest. Neben anderen Verwandten bleibt es bei der Verwandte der ersten noch der zweiten Ordnung normalen gesetzlichen Erbfolge. noch Großeltern vorhanden, erbt der überlebende Ehegatte allein. Weiter entscheidend ist für das Er- Güterstand der Gütergemeinschaft brecht der Ehegatten der famlienrechtliche Güter- stand. Im Falle der Gütergemeinschaft bleibt es beim nor- malen gesetzlichen Erbrecht des überlebenden Ehe- Das Ehegattenerbrecht setzt eine rechtsgültige Ehe gatten ohne Zugewinnausgleich, also auch ohne voraus; jedoch kann unter Umständen bereits in ei- erhöhten gesetzlichen Erbteil. nem laufenden Scheidungsverfahren das Erbrecht des überlebenden Ehegatten gefährdet sein. Häufig wird im Ehevertrag zusätzlich vereinbart, dass die Gütergemeinschaft auch nach dem Tod eines Güterstand der Zugewinngemeinschaft Ehegatten zwischen dem Überlebenden und den gemeinschaftlichen Kindern fortgesetzt werden soll Bei der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermö- (fortgesetzte Gütergemeinschaft). Dann wird das gen der Eheleute grundsätzlich getrennt. Lediglich gesamte Vermögen, das die Eheleute gemeinsam bei Scheidung oder Tod wird der Vermögenszu- besessen haben (Gesamtgut), nicht vererbt, sondern wachs, der innerhalb der Ehe gemeinsam erwirt- bleibt gemeinschaftliches Eigentum des überleben- schaftet wurde, geteilt. Nach einer Scheidung er- den Ehegatten und der gemeinsamen Kinder. Nur folgt eine genaue Berechnung; im Todesfall wird als diejenigen Vermögensgegenstände, die dem Ver- einfachere Lösung der Erbteil pauschal um ein Vier- storbenen allein gehört haben (Vorbehalts- oder Son- tel erhöht. dergut) fallen in den Nachlass und werden vererbt. Demnach erhält der Ehegatte neben Kindern Bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft erfolgt kei- bzw. Enkeln des Erblassers zusätzlich zum gesetz- ne frühzeitige Teilung des Vermögens; die Kinder er- lichen Erbteil von einem Viertel ein weiteres Vier- ben erst, wenn der überlebende Ehegatte stirbt. tel als pauschalen Zugewinnausgleich, also ins- gesamt die Hälfte des Nachlasses. War die Ehe Nichteheliche Lebensgemeinschaft kinderlos, erbt der Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung und neben Großeltern drei Da das Bürgerliche Gesetzbuch die nichteheliche Viertel der Erbschaft, neben entfernteren Verwand- Lebensgemeinschaft bislang ignoriert hat, sind nicht- ten erbt er allein. eheliche Lebenspartner weder erb- noch pflichtteils- berechtigt. Die Rechtsprechung hat unverheiratete Will der überlebende Ehegatte einen genau berech- Lebenspartner jedoch in zwei Regelungen mit ein- neten Zugewinnausgleich geltend machen, muss er bezogen, sofern eine nichteheliche Lebensgemein- die Erbschaft innerhalb der Frist (meist sechs Wochen schaft auch tatsächlich vorliegt. nach dem Todesfall) ausschlagen. Dann können so- wohl der Zugewinnausgleich als auch ein Pflichtteil Nach dem Gesetz ist der Erbe verpflichtet, Famili- von den verbleibenden Erben verlangt werden. enangehörigen des Erblassers, die bis zum Tod des Erblassers im gemeinsamen Haushalt gelebt und von Beim ehelichen Güterstand ist zu berücksichtigen, ihm Unterhalt bezogen haben, 30 Tage nach dem dass der Zugewinnausgleich neben den Freibeträ- Erbfall Unterhalt zu zahlen und während dieser Zeit gen immer erbschaftsteuerfrei ist, während der Erb- die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsge- teil des überlebenden Ehegatten bei Gütertrennung genstände zu gestatten (sogenannter Dreißigster). (siehe nachfolgend) mangels Zugewinnausgleich Diese Regelung wurde von der Rechtsprechung nach Abzug der Freibeträge erbschaftsteuerpflich- auch auf einen nichtehelichen Lebenspartner an- tig ist. gewendet. 8
Ebenfalls aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung Richtigkeit des Erbscheins wird also vermutet. Auch tritt nach dem Tod des Mieters der Ehegatte in das genießt der Erbschein öffentlichen Glauben, so dass Mietverhältnis ein. Nach der Rechtsprechung kann ein gutgläubiger Erwerb vom Nichterben möglich ist, auch der überlebende Partner einer eheähnlichen wenn sich später herausstellt, dass der vorgelegte Gemeinschaft in den Mietvertrag des Verstorbenen in Erbschein unrichtig war. Zu Unrecht erteilte Erbschei- entsprechender Anwendung des Gesetzes eintreten. ne sind vom Nachlassgericht einzuziehen oder für kraftlos zu erklären. Dies kann beispielsweise vorkom- „ Wer seinen nichtehelichen Lebenspartner nach seinem Tod absichern möchte, muss dies mit einem men, wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein jüngeres Testament gefunden wird. Testament oder Erbvertrag tun. Bei Patchwork-Kons- Ergänzend zum Erbschein gibt es das europäische tellationen empfiehlt es sich besonders, rechtliche Nachlasszeugnis. Dieses Zeugnis ist in grenzüber- Beratung für die Gestaltung eines Testaments oder schreitenden Fällen hilfreich. Erbvertrags einzuholen. Die Rechtsanwälte von Au- ren stehen Ihnen hierbei gerne zur Verfügung. “ Erbengemeinschaft Annahme / Ausschlagung der Erbschaft Sind mehrere Erben vorhanden, erwerben diese die gesamte Erbschaft gemeinschaftlich, also ungeteilt (Gesamthandsgemeinschaft). Alle Erben bilden eine Eine Erbschaft muss nicht angenommen werden; mit Erbengemeinschaft, die das Vermögen gemein- dem Tode des Erblassers und ohne weitere Erklärung schaftlich verwaltet und auch nur gemeinschaftlich wird jemand Erbe. Diese automatisch eintretende darüber verfügen kann. Daran ändert auch eine tes- Erbenstellung kann ungewollt sein. In einem solchen tamentarisch verfügte Teilungsanordnung nichts, da Fall kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen. Eine diese nur für die Auseinandersetzung relevant ist. Ausschlagung kommt in Betracht, wenn der Nach- lass überschuldet ist. Die Erbengemeinschaft ist eine Zwangsgemein- schaft. Vorrangiges Ziel der Erbengemeinschaft ist Eine Ausschlagung der Erbschaft muss jedoch form- die Auseinandersetzung. und fristgerecht erfolgen. Die Ausschlagungsfrist be- trägt sechs Wochen (in sehr wenigen Fällen sechs Der einzelne Erbe kann allein nur über seinen Erb- Monate). Die Frist beginnt nach Eintritt des Erbfalls, anteil insgesamt verfügen: er kann ihn verschenken und zwar nachdem der Erbe von seiner Erbschaft oder verkaufen, auch an einen Dritten. Bei einem Kenntnis erlangt hat. Die Ausschlagung ist vor dem zu- Verkauf des Erbanteils haben die Miterben jedoch ständigen Nachlassgericht (Amtsgericht) zu erklären. ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Erbschein Haftung für Nachlassverbindlichkeiten Da für Außenstehende nicht sicher festzustellen ist, wer nach dem Tod des Erblassers Erbe geworden ist, Zu unterscheiden sind Erblasserschulden, Erbfall- können die Erben beim Nachlassgericht die Ausstel- schulden und Nachlasserbenschulden. Erblasser- lung eines Erbscheins verlangen. Dies ist ein amtliches schulden sind vom Erblasser herrührende Schulden, Zeugnis, das den Erben die Verfügungsmacht über z. B. Steuerschulden, Unterhaltspflichten, Haftung das ererbte Vermögen gibt. In einfach gelagerten aus Bürgschaften. Erbfallschulden sind die den Erben Fällen genügt oft auch eine beglaubigte Kopie des als solchen treffenden Schulden, die aus Anlass Testaments oder des gerichtlichen Eröffnungsproto- des Erbfalls entstehen, z. B. Erbersatzansprüche, kolls. Des Weiteren ist der Erbschein regelmäßig nicht Pflichtteilsrechte, Vermächtnisse, Beerdigungskos- erforderlich, wenn ein notarielles Testament vorliegt. ten, Erbschaftsteuer, Kosten des Testamentsvoll- streckers. Nachlasserbenschulden entstehen durch Ein gemeinschaftlicher Erbschein weist alle Erben Rechtshandlungen des Erben anlässlich des Erb- mit den jeweiligen Anteilen aus. Es kann aber auch falls, z. B. Kosten der Betriebsschließung bei einem jeder Einzelne einen Teilerbschein beantragen, der geerbten Betrieb oder notwendige Reparaturen nur seinen Erbanteil ausweist. bei einem zum Nachlass gehörenden Haus. Wer einen Erbschein vorlegen kann, gilt bis zum Grundsätzlich haften die Erben gemeinschaftlich für Beweis des Gegenteils als rechtmäßiger Erbe; die alle Nachlassverbindlichkeiten. Allerdings kann der GRUNDZÜGE DES ERBRECHTS 9
Erblasser bestimmen, dass einer seiner Erben eine Gehört zum Nachlass ein Handelsgeschäft, sind die Nachlassverbindlichkeit allein zu erfüllen hat. Haftungsvorschriften des Handelsgesetzbuches zu beachten. Diese sind unterschiedlich ausgestaltet, Die Erben sind verpflichtet, aus dem Nachlass zu- je nach Rechtsform des Unternehmens und je nach- nächst die Nachlassgläubiger zu befriedigen, bevor dem, ob das Geschäft fortgeführt wird oder nicht. der Nachlass verteilt wird. Reicht das hinterlassene Vermögen nicht aus, die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen, haften die Erben vorläufig unbeschränkt, Ausgleichspflicht also auch mit ihrem Privatvermögen. Die Haftung ist jedoch auf den Nachlass beschränkbar, wenn Machen Eltern ihren Kindern, Großeltern oder ihren durch das Nachlassgericht Nachlassverwaltung an- Enkeln bereits zu Lebzeiten Zuwendungen, kann geordnet ist oder bei Überschuldung das Nachlass- dies zu einer Ungleichbehandlung im Erbfall führen. insolvenzverfahren eröffnet wird. Bei Dürftigkeit des Das Gesetz sieht daher unter bestimmten Voraus- Nachlasses, wenn also nicht einmal genug für die setzungen eine Ausgleichspflicht vor. Ausgleichs- genannten Verfahren vorhanden ist, kann der Erbe pflichtig ist die Ausstattung des Abkömmlings, z. B. auch die sogenannte Dürftigkeitseinrede erheben Finanzierung der Wohnung, Aussteuer, aber auch und so seine Haftung auf den Nachlass beschränken. der Unterhalt und Aufwendungen für die Berufs- ausbildung, wenn sie über das übliche Maß hinaus- Die genannten Haftungsbeschränkungen sind aller- gehen. dings nicht mehr möglich, wenn der Erbe die Aufstel- lung der bei Eintritt des Erbfalls vorhandenen Vermö- Bei der Zuwendung können die Eltern bzw. Groß- gensgegenstände und Verbindlichkeiten (Inventar) eltern bestimmen, dass die Ausgleichspflicht ausge- trotz Fristsetzung nicht oder absichtlich unrichtig er- schlossen wird. Die übrigen Geschwister werden in stellt hat. diesem Fall benachteiligt. 10
NACHLASSPLANUNG: TESTAMENT UND ERBVERTRAG 11
Testament erfolgen. Ein öffentliches, nicht eigenhändiges Testa- ment verliert seine Gültigkeit, wenn es dem Testieren- Das Gesetz unterscheidet zwischen dem eigenhän- den persönlich vom Amtsgericht ausgehändigt wird. digen Testament und dem öffentlichen Testament. Wenn mehrere Testamente nebeneinander existie- Das eigenhändige Testament ist vollständig in der ren, gilt grundsätzlich das zuletzt errichtete. Um im eigenen Handschrift zu verfassen und mit vollstän- Erbfall sicherzugehen, dass nicht mehrere, sich viel- digem Namen (Vor- und Familienname) zu unter- leicht noch widersprechende Testamente vorliegen, schreiben. Die Orts- und Datumsangabe ist zwar über deren Wirksamkeit zudem noch Zweifel beste- keine Wirksamkeitsvoraussetzung, erleichtert aber hen, sollte bei Widerruf, Änderungen und Ergänzun- bei Vorliegen von mehreren Testamenten die Ent- gen stets ein neues Testament verfasst werden, das scheidung, welches das letzte und somit gültige Tes- alle testamentarischen Verfügungen enthält. Außer- tament ist. dem sollten vorsorglich alle früher errichteten Testa- mente ausdrücklich aufgehoben werden. Das öffentliche oder notarielle Testament wird vor ei- nem Notar errichtet, der darüber eine Niederschrift Das gemeinschaftliche Testament anfertigt, die vom Notar und vom Testierenden un- terschrieben wird. Ein notarielles Testament liegt Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehe- auch vor, wenn der Erblasser dem Notar eine offene leuten errichtet werden. Es enthält den letzten Willen oder verschlossene Schrift übergibt mit dem Hinweis, beider Ehegatten. In privatschriftlicher Form wird es dass dies sein letzter Wille sei. eigenhändig von einem Ehegatten geschrieben und von beiden Ehegatten jeweils persönlich unterschrie- Um sicherzugehen, dass das eigenhändige Testa- ben. Der Klarheit halber sollte der zweite Ehegatte ment im Todesfall auch gefunden und beim Nach- vor seine Unterschrift folgenden Satz ergänzen: „Dies lassgericht abgegeben wird, sollte es bei den per- ist auch mein Testament.“ sönlichen Papieren aufbewahrt werden. Wenn die Ehepartner sich gegenseitig als Erben Sicherer ist allerdings die amtliche Verwahrung bei einsetzen (Berliner Testament), liegt eine wechsel- einem Amtsgericht. Die Hinterlegung des Testaments bezügliche Verfügung vor. Solche Verfügungen kann am Wohnort des Erblassers erfolgen. Hierzu sind gegenseitig bindend und können daher nicht muss der Erblasser sein Testament, den Personalaus- einseitig geändert werden. Ein gemeinschaftliches weis und die Geburtsurkunde vorlegen. Es fallen Ge- Testament darf also nur gemeinschaftlich geändert bühren von derzeit 75,00 EUR an. werden. Das Amtsgericht informiert das Standesamt des Ge- Der Widerruf durch einen Ehepartner ist nur in nota- burtsorts des Erblassers, das wiederum im Sterbefall rieller Form möglich. Ist ein Ehepartner gestorben, das Amtsgericht benachrichtigt. kann der andere nicht mehr widerrufen. Wechsel- bezügliche Verfügungen (z. B. Erbeinsetzung der gemeinsamen Kinder nach dem Tod des Länger- Widerruf, Änderungen und Ergänzungen lebenden) können nach dem Tod des ersten Ehe- gatten von dem anderen nicht mehr geändert Ein einmal wirksam errichtetes Testament behält werden, es sei denn, dies wird ihm im gemeinschaft- grundsätzlich seine Gültigkeit, auch wenn die Le- lichen Testament ausdrücklich gestattet. bensumstände sich ändern. Daher sollte ein Testa- ment regelmäßig und insbesondere bei besonderen Auch Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Anlässen daraufhin überprüft werden, ob die Ver- Testament errichten. Die vorstehende Darstellung fügungen noch dem tatsächlichen Willen entspre- gilt auch für sie. chen. Besondere Anlässe können sein: Vorversterben einer begünstigten Person, wesentliche Änderung der Vermögensverhältnisse des Erblassers, so dass Erbvertrag der Personenkreis oder die Aufteilung des Nachlasses geändert werden muss, erhöhte Bedürftigkeit einer Testamente sind einseitige letztwillige Verfügungen bedachten Person. von einzelnen Personen und von diesen jederzeit frei widerrufbar. Ein Erbvertrag dagegen ist ein Vertrag Wie die Testamentserrichtung kann der Widerruf zwischen zwei oder mehreren Personen, in dem zu- des Testaments nur höchstpersönlich erfolgen. Dies mindest eine Person letztwillige Verfügungen trifft. kann entweder durch Vernichtung des Testaments Wie alle Verträge kann auch ein Erbvertrag nicht oder durch die Errichtung eines Widerruftestaments einseitig geändert werden. Der Erbvertrag ist vor 12
einem Notar abzuschließen. Im Erbvertrag können des Erblassers (Erbengemeinschaft) und zwar zu den bindende und einseitige Verfügungen getroffen vom Erblasser bestimmten Bruchteilen. Die Erbenge- werden. In jedem Fall sollte die Art der Verfügung meinschaft muss sich anhand der Quoten auseinan- ausdrücklich klargestellt werden, weil nur einseitige dersetzen. Verfügungen frei widerrufbar sind. Bindende Verfü- gungen in einem Erbvertrag können dagegen nur Mit einer Teilungsanordnung gibt der Erblasser An- durch eine einvernehmliche Vertragsaufhebung weisungen für die Auseinandersetzung unter den rückgängig gemacht werden. Miterben in der Form, dass er hinsichtlich der we- sentlichen Vermögensgegenstände verfügt, wer Erbeinsetzung diese erhalten soll. Die Teilungsanordnung bewirkt jedoch keine Veränderung der Erbquoten, so dass Die Erbeinsetzung im Testament kann sich entweder es unter den Erben zu Ausgleichsansprüchen kom- auf den gesamten Nachlass beziehen (Alleinerbe) men kann, wenn die zugeteilten Gegenstände im oder auf einen Bruchteil. Eine Erbeinsetzung hinsicht- Wert voneinander abweichen. Der Erblasser kann al- lich einzelner Vermögensgegenstände gibt es nicht; lerdings im Testament anordnen, dass kein Ausgleich dies kann nur durch die Anordnung eines Vermächt- erfolgen soll. Auch kann er vorgeben, wie einzelne nisses erfolgen. Vermögensgegenstände zu bewerten sind. Der oder die Erben treten die Gesamtrechtsnach- Jeder Miterbe hat Anspruch auf Einhaltung des an- folge des Erblassers an, übernehmen also auch die geordneten Teilungsmodus. Gemeinsam können die Verbindlichkeiten. Enthält das Testament nur Ver- Erben jedoch mit Einverständnis aller eine davon ab- mächtnisse, aber keinen Erben, gilt für den Rest des weichende Aufteilung vornehmen und dabei auch Vermögens die gesetzliche Erbfolge. Für den Fall, Abfindungszahlungen vereinbaren. Möchte der Er- dass ein testamentarisch eingesetzter Erbe wegfällt, blasser dies verhindern, ist die Einsetzung eines Testa- kann im Testament ein Ersatzerbe benannt werden. mentsvollstreckers sinnvoll. Bei handgeschriebenen und ohne professionelle Hilfe Ergänzend zu einer Teilungsanordnung oder statt ei- erstellten Testamenten ist manchmal unklar, was der ner solchen kann der Erblasser Vorausvermächtnisse Erblasser wollte. Wer sollte zu welchem Anteil Erbe anordnen. Bei einem Vorausvermächtnis erhält ein werden? Diese Frage nach dem Tod klären zu müs- Erbe vorab einen bestimmten Gegenstand aus dem sen, ist naturgemäß schwierig und führt oft zu ver- Nachlass. Der Wert dieses Gegenstands muss dabei meidbarem Streit. grundsätzlich nicht ausgeglichen werden. Vermächtnis Vor- und Nacherbschaft Durch ein Vermächtnis wird einem Dritten ein Ver- Will der Erblasser den Verbleib seines Vermögens mögensgegenstand ohne weitere Verpflichtung zu- über mehrere Generationen oder verschiede- gewandt. Der Bedachte (Vermächtnisnehmer) wird ne Erben nacheinander steuern, kann er Vor- und nicht automatisch Eigentümer des Vermächtnisses, Nacherbschaft anordnen. Der eingesetzte Vorerbe sondern muss seinen Anspruch geltend machen. wird zunächst Erbe des Erblassers, aber nur für eine bestimmte Zeit. Danach erhält der Nacherbe das Das Vorausvermächtnis ist ein Vermächtnis an einen Vermögen des Erblassers. Der Erblasser wird also Erben, das nicht auf seinen Erbteil angerechnet wird. zweimal beerbt. Dadurch wird dieser Erbe gegenüber den anderen bevorzugt. Die Vor- und Nacherbschaft wird oft in Patch-Work- Auflage Konstellationen gewählt. Dadurch kann der zweite Ehegatte des Erblassers bis zu seinem Tod Erbe sein Mit einer Auflage werden Erben und/oder Ver- und so abgesichert werden. Im Anschluss erben mächtnisnehmer zu einer Leistung an Dritte oder zu dann regelmäßig die Kinder des Erblassers, die so- einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflich- wohl aus der ersten Ehe als auch aus der zweiten Ehe tet. Nicht selten werden damit Anordnungen für die stammen können. Grabpflege getroffen. Es kann einen oder mehrere Nacherben geben. Die Teilungsanordnung oder Vorausvermächtnis Nacherbschaft kann für den gesamten Nachlass oder nur für eine bestimmte Quote angeordnet wer- Sind bei einem Erbfall mehrere Erben vorhanden, den. Nicht möglich ist allerdings die Einsetzung eines werden alle gemeinsam Gesamtrechtsnachfolger Nacherben für einen bestimmten Gegenstand. NACHLASSPLANUNG: TESTAMENT UND ERBVERTRAG 13
Der Erblasser kann den Eintritt des Nacherbfalls zeit- auch Anordnungen für die Vermögensverwaltung lich festlegen oder von einem bestimmten Ereignis getroffen werden. Unter Umständen ist jedoch auch abhängig machen (z. B. Tod des Vorerben). Ein nicht die Einsetzung eines Pflegers oder Testamentsvoll- befreiter Vorerbe muss die Erbschaft ungeschmälert streckers sinnvoll. in ihrem Bestand für die Nacherben erhalten, so dass erhebliche Verfügungsbeschränkungen bestehen. Ratschläge für die Errichtung eines Testaments Nur die Nutzung und der Verbrauch der Erträge, z. B. Miet- oder Zinseinnahmen, sind ihm gestattet. Der Das Testament sollte frei von Emotionen und Motiven Erblasser kann jedoch in seinem Testament verfü- formuliert werden. Zu schreiben, wen und warum gen, dass der Vorerbe über den Nachlass weitge- man jemanden leiden oder nicht leiden kann, bringt hend frei verfügen kann. nur unnötige Verärgerung unter den Erben hervor. Die Entscheidung, warum man jemanden zum Erben Aufgrund der schwierigen Abwicklung der Vor- und einsetzt, ist nicht zu begründen. Nacherbschaft sollte von diesem Instrument nur Ge- brauch gemacht werden, wenn die Konsequenzen Das Testament ist der falsche Platz für Sterbefall- für alle Beteiligten klar sind. anordnungen. Viele Testamente, besonders die in Verwahrung des Gerichtes gegebenen, werden erst Testamentsvollstreckung Wochen oder Monate nach dem Erbfall eröffnet. Wünsche hinsichtlich der Ausgestaltung der Toten- Um sicherzustellen, dass die Bestimmungen des messe oder Anordnungen zur Organspende können Testaments oder des Erbvertrages auch eingehal- so nicht mehr berücksichtigt werden. Sterbefall- ten werden, ist die Einsetzung eines Testamentsvoll- anordnungen sind deshalb mit den nahen Ange- streckers sinnvoll. Dieser hat den Nachlass nach hörigen zu besprechen und diesen möglichst schrift- dem Tod des Erblassers zu verteilen und muss ihn lich zu übergeben. unter Umständen zumindest für einige Zeit auch ver- walten. Das Testament sollte nicht dazu benutzt werden, Überraschungseffekte erzielen zu wollen. Besser ist es, dies innerhalb der Familie zu besprechen und Die Berufung des Testamentsvollstreckers muss im- wenn möglich die Wünsche der Angehörigen zu be- mer in einem Testament oder Erbvertrag erfolgen. rücksichtigen. Das Testament darf nicht allein unter Eine sonstige mündliche oder auch schriftliche Ein- dem Gesichtspunkt, Erbschaftsteuer zu sparen, ab- setzung ist unwirksam. Es kann ein Testamentsvoll- gefasst werden. Ebenso wichtig ist die Sicherheit der strecker berufen werden; es können aber auch zivilrechtlichen Gestaltung. Außerdem sind die ein- mehrere Testamentsvollstrecker eingesetzt werden. kommen- und umsatzsteuerlichen Folgen der Nach- Sinnvoll ist unter Umständen die Benennung eines folgeregelungen zu berücksichtigen. Ersatz-Testamentsvollstreckers, insbesondere wenn der erstgenannte bereits älter ist und er den Todes- Mehrere Erben, insbesondere mehrere Kinder, sollten fall des Erblassers eventuell nicht mehr erlebt. wirtschaftlich nicht auf lange Zeit zusammengebun- den werden. Besser ist es, jedem Erben möglichst Die Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers einen selbstständigen Vermögensteil zur Alleinbe- sollten schriftlich festgelegt und mit ihm besprochen rechtigung zuzuweisen. Dadurch kann meist von werden. Der Testamentsvollstrecker muss sich in den vornherein ein Streit unter den Erben vermieden Vermögensverhältnissen des Erblassers auskennen werden. und darf mit dessen Verwaltung fachlich nicht über- fordert sein. In regelmäßigen Zeitabständen (3–5 Jahre) ist zu prüfen, ob die getroffenen Regelungen noch den Die Vergütung der Testamentsvollstreckung muss an- gegenwärtigen familiären und wirtschaftlichen Ver- gemessen sein. Die Gebühren sollten im Testament hältnissen entsprechen. Sowohl Veränderungen in oder Erbvertrag festgelegt und mit dem Testaments- der Familie als auch in der Vermögenssubstanz vollstrecker abgesprochen sein. machen möglicherweise eine Anpassung des Tes- taments notwendig. Sicherheitshalber sollte man in Weitere Anordnungen dem neuen Testament alle früher errichteten Testa- mente widerrufen. Für minderjährige Kinder kann im Testament ein Vor- mund benannt werden. Das Vormundschaftsgericht Es ist zu vermeiden, dass Nachlassgegenstände von ist grundsätzlich daran gebunden. Wenn ein minder- den Erben bewertet werden müssen, weil dies fast jähriges Kind Vermögen erbt, können im Testament immer zu Meinungsverschiedenheiten führt. Sinnvoll 14
ist daher z. B. eine Teilungsanordnung verbunden mit Digitaler Nachlass der Anordnung, dass ein Wertausgleich unter den Er- ben nicht stattfinden soll, oder die Anordnung von Durch im Internet gespeicherte e-mails oder die Vorausvermächtnissen. Mitgliedschaft in sozialen Netzwerken (facebook, twitter, xing, etc.) dürfte mittlerweile jeder über digi- Bei der Testamentserrichtung sind nicht nur die ge- talen Nachlass verfügen. Ein digitaler Nachlass lässt genwärtigen Gegebenheiten, sondern auch zu- sich nicht vermeiden. künftige Änderungen und Entwicklungen möglichst vorausschauend und umfassend zu berücksichti- Ein digitaler Nachlass kann aus einem vermögensre- gen. Die Möglichkeit, dass auch nahe Angehörige levanten Bereich (z. B. werthaltige websites, virtuelle durch Tod, Unfall oder Krankheit als Erben wegfallen, Währungen) und aus Daten bestehen, die das Per- wird in vielen Fällen nicht beachtet. Auch den Fall sönlichkeitsrecht betreffen (insbesondere E-Mail- des gleichzeitigen Versterbens oder des kurzfristigen Anbieter und soziale Netzwerke). Der vermögens- Nacheinanderversterbens von Eheleuten gilt es zu relevante Bereich betrifft die Erben. Über den Be- berücksichtigen. reich, der das Persönlichkeitsrecht betrifft, dürfen in aller Regel die Angehörigen entscheiden. Oft sind In manchen Fällen empfehlen sich besondere For- die Erben auch die Angehörigen. men von Testamenten. Soll z. B. ein Mensch mit Behinderung etwas erhalten, empfiehlt sich ein so- Die E-Mail-Anbieter und die sozialen Netzwerke ha- genanntes Behindertentestament. Dies schützt alle ben allgemeine Geschäftsbedingungen, die auch beteiligten Personen und auch das Vermögen selbst; Regelungen für den Tod eines Nutzes enthalten. es können Regelungen getroffen werden, so dass Diese Geschäftsbedingungen weichen von Anbieter der Mensch mit Behinderung auch weiterhin staat- zu Anbieter häufig stark ab. Außerdem sind sie dem lich unterstützt wird. Weiterhin sind bei bedürftigen Nutzer unbekannt und können sich ändern. Auch Erben Regelungen gestattet, die es ermöglichen, die gesetzlichen Regelungen hierzu sind nicht im- dass der Staat nicht vom Vermögen des Erblassers mer eindeutig und aktuell passend für den digitalen profitiert. Nachlass. Schließlich sollte auch ausdrücklich bestimmt wer- den, welches staatliche Recht für den Erbfall gelten Manche Anbieter löschen (soweit dies im Internet soll. Sollte keine ausdrückliche Bestimmung getroffen möglich ist) die Daten bei Tod des Nutzers. Bei an- sein, gilt das Recht des Staates des gewöhnlichen deren Anbietern wird das Nutzerprofil in einen soge- Aufenthaltes des Erblassers im Todeszeitpunkt. Wenn nannten Gedenkzustand versetzt. der Erblasser wünscht, dass das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, gelten soll, ist Die Erben und/oder Angehörigen sollten wissen, eine testamentarische Anordnung hierzu erforderlich. welchen Umgang der Erblasser mit seinem digita- len Nachlass wünscht. Ist er eher daran interessiert, Oftmals empfiehlt es sich, zeitgleich mit dem Testa- dass seine Spuren im Internet verschwinden oder ment über die Errichtung einer Patientenverfügung möchte er „auf ewig“ im Internet weiterleben? oder einer Vollmacht für den Fall nachzudenken, Wegen der unklaren Rechtslage und der unter- dass eine Situation eintritt, in der man selbst seine schiedlichen Geschäftsbedingungen der Anbieter diesbezüglichen Anweisungen und Wünsche auf- empfiehlt es sich, dass der Erblasser hierzu zu Leb- grund seiner aktuellen gesundheitlichen Situation zeiten klare Vorstellungen äußert und den Ange- nicht mehr artikulieren kann. Eine solch komplette hörigen und Erben seine Zugangsdaten zu allen Regelung seiner Belange für „den Fall der Fälle“ hat Anbietern oder den Ort der Aufbewahrung der oftmals eine befreiende Wirkung sowohl für diejeni- Zugangsdaten mitteilt. Nur dann können die Ange- ge Person, welche die Anordnungen trifft, als auch hörigen/Erben schnell die Wünsche des Erblassers für deren Angehörige, da für diese der Wille der ver- soweit möglich umsetzen. Ansonsten kann der Fall sterbenden oder schon verstorbenen Person eindeu- eintreten, dass der Anbieter (des sozialen Netzwerks) tig ist und so etwaige Zweifel schon weit im Vorfeld eine vom Erblasser eigentlich nicht gewollte Ent- ausgeräumt werden können. scheidung nach seinen Bedingungen trifft. NACHLASSPLANUNG: TESTAMENT UND ERBVERTRAG 15
PFLICHTTEILSRECHT 16
Das Pflichtteilsrecht garantiert den nächsten Ange- teilsberechtigte den Angaben nicht vertraut, hat er hörigen ein „Mindesterbrecht“ für den Fall, dass der Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis. Erblasser sie durch Testament oder Erbvertrag nicht bedacht hat. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Sobald der Bestand des Nachlasses feststeht, haben gesetzlichen Erbteils und ist lediglich ein sofort fälliger die Erben den Nachlass zu bewerten. Bei Geldbe- Geldanspruch gegen den oder die Erben. Pflicht- trägen stellt dies keine Schwierigkeit dar. Bei Gegen- teilsberechtigte sind – anders als der oder die Erben ständen wie Immobilien, Fahrzeugen oder sonstigen – nicht am Nachlass beteiligt. Der Pflichtteilsberech- wertvollen Gegenständen kann sich der Erbe mit tigte hat damit keinen Anspruch darauf, einen be- dem Pflichtteilsberechtigten über die anzusetzenden stimmten (wertvollen oder mit Erinnerungen verbun- Werte einigen. Ansonsten erfolgt die Wertermittlung denen) Gegenstand aus dem Nachlass zu erhalten. im Regelfall durch Sachverständige. Die meist nicht unerheblichen Kosten hierfür sind aus dem Nachlass Der Erbe hat gegen den Pflichtteilsberechtigten ei- zu tragen und belasten somit die Erben als auch den nen Anspruch auf Stundung, wenn er ein Haus oder Pflichtteilsberechtigten. ein Unternehmen geerbt hat und die Pflichtteilserfül- lung für den Erben eine „unbillige Härte“ darstellen Wenn auch der Wert des Gesamtnachlasses (gege- würde. Es widerspricht häufig dem Willen des Erblas- benenfalls erweitert um Werte für lebzeitige Schen- sers, wenn der Erbe das ihm verschaffte Heim oder kungen, siehe unten) feststeht, ist im Anschluss der das Unternehmen sofort veräußern müsste, damit er Pflichtteil auszuzahlen. den Pflichtteilsanspruch auszahlen kann. Ansonsten ist der Pflichtteil auf Verlangen des Berechtigten so- fort zu erfüllen. Zusatzpflichtteil Wer in einem Testament wertmäßig unterhalb seiner Wem steht der Pflichtteil zu? Pflichtteilsquote bedacht ist, kann gegenüber den übrigen Erben einen Ausgleichsbetrag bis zur Höhe Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge des Erb- seines Pflichtteils (Zusatzpflichtteil) verlangen. Auch lassers, also Kinder und Kindeskinder, seine Eltern dies ist nur ein Anspruch in Geld. und der überlebende Ehegatte. Voraussetzung für den Pflichtteilsanspruch ist allerdings, dass derjenige auch erbberechtigt wäre. Wenn ein Erblasser eige- Was ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch? ne Kinder hat, sind die Eltern des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen; sie sind damit Hat der Erblasser schon zu Lebzeiten Schenkungen dann auch nicht pflichtteilsberechtigt. an einen Dritten vorgenommen, steht dem Pflicht- teilsberechtigten ein Pflichtteilsergänzungsanspruch Ein im Testament oder Erbvertrag bedachter Erbe zu. Dieser Anspruch richtet sich zunächst gegen den kann den Pflichtteilsanspruch auch dadurch herstel- oder die Erben, in besonderen Fällen auch gegen len, dass er die Erbschaft ausschlägt und den Pflicht- den Beschenkten. teil geltend macht. Dies kann sinnvoll sein, wenn er bestimmten testamentarischen Anordnungen nicht Zur Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs folgen will oder wenn er sofort Geld benötigt, dies werden grundsätzlich alle Geschenke, die der Er- nach dem Testament aber erst später vorgesehen blasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod ist. gemacht hat, dem Nachlass hinzugerechnet. Die Höhe der Hinzurechnung hängt vom Zeitpunkt der Zuwendung ab. Bei einer Schenkung im ersten Jahr Wie wird der Pflichtteil geltend gemacht? vor dem Erbfall erfolgt eine Hinzurechnung in voller Höhe des übertragenen Gegenstands. Jährlich ver- Der Pflichtteil muss gegenüber den Erben ausdrück- ringert sich die Hinzurechnung um jeweils 10 %, so dass lich geltend gemacht werden. Der Pflichtteilsbe- z. B. mehr als sieben aber weniger als acht Jahre rechtigte hat Anspruch auf Auskunft, Wertermittlung nach der Schenkung noch eine Hinzurechnung mit und Zahlung. 30 % erfolgt. Nach dieser (fiktiven) Hinzurechnung wird der erhöhte Pflichtteil berechnet. Die Differenz Die Auskunft verpflichtet die Erben, ein vollständiges zur Hälfte des gesetzlichen Erbteils (= Pflichtteil) ist Nachlassverzeichnis zu erstellen. Hierin sind insbeson- der Pflichtteilsergänzungsanspruch. dere die Vermögensgegenstände, die Schulden des Erblassers, die Erbfallkosten (beispielsweise Beerdi- Wenn die Schenkung an einen Ehegatten erfolgt, gungskosten) sowie lebzeitige Schenkungen und Le- beginnt die vorgenannte Zehnjahresfrist nicht vor bensversicherungen anzugeben. Wenn der Pflicht- der Auflösung der Ehe. Dies wird häufig übersehen PFLICHTTEILSRECHT 17
mit der Folge, dass im Erbfall – meist entgegen dem blassers auf seinen Erb- bzw. Pflichtteil verzichten. Willen des Erblassers – der (manchmal mehr als zehn Dies ist nur durch einen notariell beurkundeten Ver- Jahre) zuvor geschenkte Gegenstand dennoch voll trag zwischen Erblasser und Verzichtendem möglich. auf die Pflichtteilsergänzung angerechnet wird. Normalerweise wird aber nur auf solch einen An- spruch verzichtet, wenn als Gegenleistung entwe- Schenkungen zwischen Eheleuten bleiben bei der der eine Abfindung oder Vorteile im Testament oder Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs un- Erbvertrag dafür angeboten werden. berücksichtigt, wenn sie den Unterhalt oder die Al- tersversorgung des Ehepartners sichern sollen. Es ist daher ratsam, dies im Fall einer solchen Überlassung Wie kann man sich bzw. seine gewünsch- auch schriftlich festzuhalten. ten Erben sonst schützen? Zuwendungen sind auf den Pflichtteil anzurechnen, Der Pflichtteil kann reduziert werden, indem der Erb- wenn der Erblasser dies bei der Zuwendung be- lasser bereits zu Lebzeiten Vermögen auf andere stimmt hat. Um darüber im Erbfall Streit zu vermei- Personen überträgt. Hierbei ist darauf zu achten, den, empfiehlt sich eine schriftliche Erklärung zum dass der Beschenkte nicht nur zivilrechtlich, sondern Zeitpunkt der Schenkung. Der Pflichtteilsanspruch des auch wirtschaftlicher Eigentümer wird. Ein Nieß- Beschenkten wird dadurch geringer. brauchsvorbehalt (der oft aus steuerlichen Gründen empfohlen und auch ratsam sein kann) oder ein vor- Kann der Pflichtteil ausgeschlossen behaltenes Wohnrecht sind in diesem Fall schädlich. Dies kann dazu führen, dass die Zehnjahresfrist nicht werden? zu laufen beginnt (siehe auch Pflichtteilsergänzungs- Als Erblasser ist es kaum möglich, den Pflichtteil aus- anspruch). zuschließen. Dies geht nur unter sehr engen Voraus- setzungen, z. B. dann, wenn der Pflichtteilsberech- In Ehegattentestamenten werden oft sogenannte tigte dem Erblasser oder einer dem Erblasser sehr „Pflichtteilsstrafklauseln“ verwendet. Dies soll verhin- nahestehenden Person gegenüber eine schwere dern, dass Kinder der Ehegatten beim Tod des erst- Verfehlung begeht. Außerdem müsste der Erblasser versterbenden Elternteils den Pflichtteil vom überle- hierzu eine testamentarische Regelung treffen. benden Elternteil fordern. Die Pflichtteilsstrafklausel bietet einen gewissen wirtschaftlichen Anreiz, den Möglich ist jedoch der Verzicht. Ein Erb- bzw. Pflicht- Pflichtteil beim Tod des erstversterbenden Elternteils teilsberechtigter kann bereits zu Lebzeiten des Er- nicht zu fordern. 18
ERBSCHAFT- UND SCHENKUNGSTEUER – GRUNDZÜGE 19
In steuerlicher Hinsicht wird nicht zwischen einer kann z. B. eine Ausgleichzahlung an Geschwister Schenkung unter Lebenden (Schenkung) und dem oder die Übernahme von Restverbindlichkeiten bei Erwerb von Todes wegen (Erbschaft) unterschie- Schenkung eines Grundstücks sein. Auch die Bestel- den. Beide Vorgänge sind im Erbschaftsteuergesetz lung eines Nießbrauchs zugunsten des Schenkers (ErbStG) geregelt und bis auf kleinere Besonderhei- oder eines Dritten ist eine solche Gegenleistung. ten meist auch gleich behandelt. Eine Schenkung unter Auflage liegt vor, wenn der Beschenkte eine Verpflichtung erfüllen soll. Was ist ein Erwerb von Todes wegen? Sowohl bei einer gemischten Schenkung als auch bei einer Schenkung unter Leistungsauflage wird nur Hierunter fällt primär eine Erbschaft eines Erben oder die tatsächliche Bereicherung des Schenkers be- Erbteil eines Miterben. Erbe ist, wer entweder als steuert. Die Gegenleistung wird bei Ermittlung der Erbe aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Bereicherung in Abzug gebracht. Erblassers (Testament, Erbvertrag) als Erbe eingesetzt wurde oder wer mangels Existenz einer letztwilligen Der Nießbrauch oder ein Wohnrecht zugunsten des Verfügung als gesetzlicher Erbe berufen ist. Hat der Schenkers wird vom Wert der Schenkung in Abzug Erblasser durch Testament oder Erbvertrag einer gebracht. Insofern kann die Übertragung von Privat- anderen Person einen Vermögensvorteil zugewen- vermögen (z. B. bei Grundstücken) zu Lebzeiten det, ohne diese als Erben einzusetzen, liegt ein Ver- unter Nießbrauchsvorbehalt mit Hinblick auf die mächtnis vor, das ebenfalls der Erbschaftsteuer Schenkungsteuer attraktiv sein. unterliegt. Aber auch sonstige Zuwendungen des Erblassers im Wie wird der Wert der Schenkung oder Zusammenhang mit seinem Ableben wie beispiels- Erbschaft ermittelt? weise Schenkungen auf den Todesfall, Stiftungs- anordnungen des Erblassers oder eine Abfindung Besteuert wird nur die objektive Bereicherung (Net- wegen Ausschlagung einer Erbschaft oder eines tovermögen), welche stichtagsbezogen auf den Vermächtnisses sind als Erwerb von Todes wegen Todestag oder stichtagsbezogen auf den Tag der steuerpflichtig. Auch Pflichtteilsansprüche und der Schenkung zu ermitteln ist. Erwerb aufgrund eines Vertrags zugunsten eines Drit- ten (z. B. Bezugsberechtigung aus einer Lebensver- Übergehende Verbindlichkeiten des Erblasser (z. B. sicherung des Erblassers) unterliegen der Erbschaft- Darlehensverbindlichkeiten) und auch Kosten im Zu- steuer. Auch im gesellschaftsrechtlichen Bereich sammenhang mit dem Erbfall selbst (Beerdigungs- kann bei Ausscheiden des Erblassers aus der Ge- kosten, Grabsteinkosten, Erbscheinkosten etc.) wer- sellschaft ohne wertentsprechende Abfindung eine den im Ergebnis abgezogen und mindern die Berei- steuerpflichtiger Erwerb von Todes des Erblassers an cherung. Ist der Erbe mit dem Vermächtnis belastet, die Mitgesellschafter vorliegen (z. B. bei „Abfindung wird dessen Wert ebenfalls als Nachlassverbindlich- zum Buchwert“). keit abgezogen. Auch ein geltend gemachter Pflicht- teil mindert den Nachlasswert des Erben. Was ist eine Schenkung unter Lebenden? Bei der Wertermittlung der Bereicherung ist grund- Als Schenkung unter Lebenden gilt jede freigiebige sätzlich vom tatsächlichen Wert der übergehenden Zuwendung unter Lebenden, soweit der Beschenk- Vermögensgegenstände auszugehen. Während bei te hierdurch auf Kosten des Schenkers bereichert Geldbeträgen oder Gegenständen mit den durch- wird. Der klassische Fall ist z. B. eine Geldschenkung, schnittlichen Marktpreisen (z. B. gebrauchte Kfz) der Grundstücksschenkung, Schenkung eines Gegen- objektive Wert einfach festzustellen ist, ist dies bei an- standes oder Schenkung von Gesellschaftsanteilen. deren Erwerbsgegenständen, die keinen Marktpreis haben, schwieriger. Eine Schenkung liegt vor, wenn der Beschenkte ohne wertentsprechende Gegenleistung unentgelt- Für Grundstücke und den Wert von Unternehmen lich einen Vermögensvorteil zugewendet bekommt. und Betrieben (Betriebsvermögen) gibt es schema- Ein spezieller Fall der Schenkung ist eine „gemischte tisierte Bewertungsverfahren im Bewertungsgesetz, Schenkung“. Diese liegt vor, wenn der Erblasser zwar mit denen näherungsweise der tatsächliche Wert einen Vermögensvorteil zugewendet bekommt, er ermittelt wird. Soweit sich der Wert aus zeitnahen dadurch auch eine Gegenleistung erbringen muss, Verkäufen unter Nichtverwandten (fremden Dritten) die jedoch unter dem Wert des übertragenen Ge- vor dem Besteuerungstag ableiten lässt, ist dieser genstands zurückbleibt. Eine solche Gegenleistung maßgeblich. 20
Einzelheiten zur Bewertung ergeben sich aus schaft. Sonstige Lebenspartnerschaften („wilde dem Bewertungsgesetz (BewG). Hier wird auch Ehe“) unterliegen auch bei jahrelangem Zusammen- die Art und Weise der Ermittlung des Wertes von leben der ungünstigen Steuerklasse III. Renten, Kapitalforderungen, Nießbrauchsrechten oder Wohnrechte für steuerliche Zwecke geregelt. Was ist der zusätzliche Versorgungs- Der Erwerber hat auch die Möglichkeit, über Gut- freibetrag im Todesfall? achten von anerkannten Sachverständigen den Wert des Schenkungsgegenstandes nachzuweisen Bei Erbfällen erhalten Ehegatten und eingetragene (z. B. Grundstücksgutachten, Unternehmenswert- Lebenspartnerschaften zusätzlich zum persönlichen gutachten). Diese sind jedoch oft teuer, so dass die Freibetrag einen besonderen Versorgungsfreibetrag Kosten mit der möglichen Steuerersparnis abgewo- von 256.000 EUR. Der Versorgungsfreibetrag verringert gen werden müssen. sich allerdings um die Höhe des dem Ehegatten/Le- benspartner aus Anlass des Todes seines Ehegattens/ Von der Bereicherung sind dann zunächst eventuell Lebenspartners zustehenden, nicht der Erbschaft- anwendbare sachliche Befreiungsvorschriften und steuer unterliegenden Versorgungsbezügen (wie z. B. anschließend die persönlichen Befreiungsvorschrif- Witwen/Witwerrenten bei der gesetzlichen Renten- ten abzuziehen. Der danach verbleibende steuer- versicherung, berufsständischen Versorgungswerken pflichtige Erwerb wird mit dem von der Steuerklasse oder Beamtenpensionen). Kinder bis maximal dem abhängigen Steuersatz versteuert. Der steuerpflichti- 27. Lebensjahr erhalten ebenfalls einen nach Alter ge Erwerb wird auf volle 100,00 EUR abgerundet. gestaffelten Versorgungsfreibetrag von 10.300 EUR bis maximal 52.000 EUR. Was sind Steuerklassen und persönliche Freibeträge? Wie werden mehrere Erwerbe im Laufe der Jahre behandelt? Die Steuerklassen sind maßgebend für die Höhe des persönlichen Freibetrags und die Höhe des Alle innerhalb von zehn Jahren von einem Erwerber anzuwendenden Steuersatzes. Die Einstufung in erfolgenden Vermögenserwerbe (Schenkungen und eine Steuerklasse ist hierbei abhängig vom Ver- Erbschaften) werden für die Berechnung der Erb- wandtschaftsgrad. Das Erbschaftsteuergesetz unter- schaft- und Schenkungsteuer zusammengerechnet scheidet grundsätzlich drei Steuerklassen (Steuer- und die Steuer aus der Summe des Gesamterwerbes klasse I, II und III). ermittelt. Den Ehegatten gleichgestellt sind gleichgeschlecht- Für spätere Erwerbe steht ein neuer persönlicher liche Partner einer eingetragenen Lebenspartner- Freibetrag zur Verfügung. Insofern kann alle zehn Übersicht über die Steuerklassen und persönliche Freibeträge bei unbeschränkter Steuerpflicht Steuerklasse I Ehegatte, Lebenspartner (bei eingetragener Lebenspartnerschaft) 500.000 € Kinder und Stiefkinder 400.000 € Kinder verstorbener Kinder und Stiefkinder Kinder lebender Kinder und Stiefkinder 200.000 € Steuerklasse I Weitere Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder (Urenkel u.a.) 100.000 € Eltern und Voreltern bei Erwerb von Todes wegen Steuerklasse II Eltern und Voreltern bei Schenkungen, Geschwister, Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern, Stiefeltern, Schwiegerkinder, 20.000 € Schwiegereltern, geschiedener Ehegatte, ehemalige Lebenspartner (bei aufgelöster eingetragener Lebenspartnerschaft) Steuerklasse III Alle übrigen Erwerber und die Zweckzuwendungen 20.000 € ERBSCHAFT- UND SCHENKUNGSTEUER – GRUNDZÜGE 21
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