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VetsuisseNEWS
www.vetsuisse.ch                                                          Nr. 2   September 2021

 Über den Dächern Berns         Seite 5   Ricola – Die Dame des Hauses                Seite 24

 Der fliegende Aschi Seite 14             Popcorn                                    Seite 29

 Kehrricht als Wärmespender	   Seite 20   Smiling Gecko                               Seite 31
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VetsuisseNEWS                    Nr. 2, September 2021                                                                       Impressum

Bild Rückseite:

« Dale ist ein männliches Jemenchamäleon, das in einer Reproduktionsstudie seine 20 weiblichen Artgenossen über Pheromone
und Hautfarben-Kommunikation zur Ovulationen stimulieren soll».

Foto: Michelle Aimée Oesch

    Herausgeber
    Vetsuisse-Fakultät                                   Redaktion
                                                                                                     Irene Schweizer (is) Layout, Zürich
    Universität Bern/Universität Zürich                  Thomas Lutz (tal) Text, Zürich
                                                         Andrea Bischofberger (ab) Text, Zürich      Michelle Aimée Oesch (ma) Fotos, Zürich
                                                         Marlen Tschudin (mt) Text, Zürich
                                                         Meike Mevissen (mm) Text, Bern              E-Mail
                                                         Michael H. Stoffel (mhs) Text, Bern         irene.schweizer@vetcom.uzh.ch
                                                         Leonore Küchler (lk) Text, Bern
    Titelbild: Michelle Aimée Oesch		                    Nicole Widmann (nw) Text, Bern und Zürich   Tel.: 044 635 81 30
                                                         Judith Harder (JH) Text, Zürich

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VetsuisseNEWS         Nr. 2, September 2021                      Inhaltsverzeichnis

Inhalt
Über den Dächern Berns
Mauersegler und Alpensegler                                                   Seite 5
Frank Mutschmann Award
Matthias Licheri und Francesco Origgi                                         Seite 9
Geschichte der Abteilung Zoo-, Heim- und Wildtiere
Ewald Isenbügel erzählt                                                      Seite 11
Der fliegende Aschi
Neues hochmodernes 3-Tesla-Gerät                                             Seite 14
Spendenaktion
Für die Stiftung für Kleintiere                                              Seite 18
Kehrricht als Wärmespender
Entstehung einer unterirdischen Verteilzentrale für Fernwärme                Seite 20
Ricola – Die Dame des Hauses
Ein Portrait zum zehnjährigen Jubiläum am Tierspital                         Seite 24
VETPHARM Symposium 2021
Am 9./10. September 2021 fand das VETPHARM Symposium in Zürich statt         Seite 26
Popcorn, ein Terrier unter Kleintierlern
Haustiere unserer Mitarbeiter*innen                                          Seite 29
Smiling Gecko
Schweizer Schweinezucht in Kambodscha                                        Seite 31
Rezept
Hefeschnecken mit Zwetschgenmus und Zimt                                     Seite 35

                                                                                     3
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VetsuisseNEWS          Nr. 2, September 2021                                                         Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Studierende,
liebe Leserinnen und Leser,

Die Strohkuh, die Sie auf dem Titelbild sehen, war DIE      der anderen sechs Fakultäten der UZH und erfreute
Attraktion der letzten Tage! Und das hat sie auch ver-      diese nach einem etwas strengen Austausch über die
dient, denn sie wurde sorgfältig und mit viel Inbrunst      neuen Corona-Massnahmen.
für die Nachdiplomfeier der Zürcher Absolvent*innen
erbaut. Die zündende Idee hatte Roger Stephan, unser        Wir hoff(t)en sehr, dass die Nachdiplomfeier, die natür-
Dekan in Zürich. Viktor Haus und Michael Steigmeier,        lich – wie vieles andere – eine Folge der Corona-Ein-
unsere beiden Gärtner, haben sich daraufhin mächtig         schränkungen im vergangenen Winter war, eine der
ins Zeug gelegt und zusammen mit Jeanne Peter und           letzten Veranstaltungen ist, die pandemie-bedingt so
Michelle Aimée Oesch von der Vetcom im Google nach          und eben nicht anders durchgeführt werden musste.
«Strohkuh» recherchiert….                                   Aus aktueller Sicht (Stand 15. September; wir haben uns
                                                            daran gewöhnt, in kleinen Zeitskalen zu denken und zu
Viktor konnte von einem Bauer drei grosse Strohrund-        reagieren) müssen wir wirklich sagen, es ist offensicht-
ballen ausleihen; der Rest des Strohs und Heus stammt       lich, dass uns die Viren nicht loslassen und wir weiter
aus der Fakultät. Dann kam der Hühner-Draht von             mit Massnahmen leben müssen, die wir uns vor 20 Mo-
Jeanne für die Befestigung der Hörner und des Halses,       naten nicht träumen liessen.
das Anbringen einer Glocke, der Zunge und die Gestal-
tung der Ohrmarken. Warum die Kuh keine offensicht-         Aber schauen wir nach vorne! An der Vetsuisse-Fakul-
lichen Augen hat, fragen Sie sich vielleicht nun? Ja, das   tät beginnt nämlich – zumindest was die Lehre betrifft
sehe dann irgendwie comicmässig aus, das fanden je-         – eine neue Zeitrechnung, denn auf dieses Herbstse-
denfalls die Parasitolog*innen von vis-à-vis.               mester wird ja das neue Curriculum eingeführt. Drü-
                                                            cken wir uns selbst die Daumen, dass alles problemlos
Dann ging es weiter mit dem Blumenbouquet und dem           von Beginn an klappen wird. Falls es doch stressig wer-
Schriftzug. Michelle Aimée besorgte Hartschaumplat-         den sollte, empfehlen wir allen, sich ein paar ruhige Mi-
ten im Vetsuisse-rot, Jeanne druckte die UZH Schrift        nuten mit dieser neuen Ausgabe der VetsuisseNEWS
auf A3 und Viktor schnitt gekonnt mit einem Teppich-        zu gönnen!
messer die Buchstaben aus. Die Kuh steht ziemlich gut
da! – auf einer selbstgemachten Holzkonstruktion. Und       Thomas Lutz und Marlen Tschudin
sie hat sogar zu Essen. Ein grosses Bravo an das Team!

Nicht nur die Absolvent*innen und ihre Gäste erfreuten
sich an ihr, nein, die Kuh erreichte auch die Dekanate

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VetsuisseNEWS               Nr. 2, September 2021                                                       Vögel

Über den
Dächern Berns
                                                    Nachdem die Mauersegler bereits südwärts gezogen sind,
                                                    werden uns bald auch die Alpensegler wieder verlassen – und
                                                    damit geht der Sommer zu Ende. Haben Sie in den vergangenen
                                                    Wochen die Gelegenheit genutzt, einen Moment innezuhalten,
                                                    um die Flugkünste dieser aussergewöhnlichen Vögel zu be-
                                                    staunen? Dass dies in den Gassen und über den Dächern Berns
                                                    jedes Jahr möglich ist, ist nicht zuletzt der «Berner Ala» zu
Autorenschaft: Alfred Engeler und
Michael H. Stoffel
                                                    verdanken, der Berner Sektion der «Schweizerischen
                                                    Gesellschaft für Vogelkunde und Vogelschutz».

D
Fotos: Michael H. Stoffel
           enn wer am Morgen oder
           an einem warmen Früh-
           lingsabend den Blick in den
Himmel erhebt, sieht mit ein wenig
Glück einen Schwarm schwarzer
Vögel, die weit oben kreisen. Plötz-
lich taucht die Gruppe ab, und ein
paar Sekunden später spielt sich vor
den Augen des staunenden Beob-
achters ein Spektakel ab, welches
seinesgleichen sucht. In atemberau-
benden Tempo, und unter lauten
«sriii sriii»-Rufen sausen die Vögel
heran, verschwinden hinter der
nächsten Hausecke, tauchen wenig
später wieder auf und – man fürch-
tet schon ein Unheil – drehen haar-
scharf am Gebäude vorbei. Aber
kaum dem Blick entschwunden,
tauchen sie über dem Haus wieder
auf und wiederholen das Schau-
spiel, bis sich der Schwarm mühelos
wieder hinaufschraubt und hoch
über den Dächern weiterjagt.
Die Rede ist von den Seglern, die bei
uns Ende April oder Anfang Mai
auftauchen und so vielen Menschen,
vor allem in städtischer Umgebung,                  Abbildung 1: Alpensegler über der Uni-Terrasse

                                                                                                                5
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                                                                                             langsames Fliegen geeignet sind,
                                                                                             bevorzugen die Segler Nistplätze ab
                                                                                             sechs Metern Höhe und mit freiem
                                                                                             An- und Abflug. Das Verhältnis der
                                                                                             überaus langen Flügel zu den sehr
                                                                                             kurzen Beinen ist dafür verantwort-
                                                                                             lich, dass die Segler, einmal am Bo-
                                                                                             den, nur schlecht wieder auffliegen
                                                                                             können. Neben den Mauerseglern
                                                                                             können auch die Alpensegler in
                                                                                             Bern beobachtet werden. Sie sind öf-
                                                                                             ters über der Uniterrasse oder über
                                                                                             dem Kornhausplatz zu sehen. Im
                                                                                             Gegensatz zu den Mauerseglern be-
                                                                                             sitzen sie einen weissen Bauch, und
Abbildung 2: Die Einfluglöcher für die Alpensegler sind am Uni-Hauptgebäude gut zu sehen.
                                                                                             sie sind auch leicht an ihrem Ruf,
                                                                                             der an eine Trillerpfeife erinnert,
                                                                                             von ihren kleineren Verwandten zu
als Sommerboten gelten. Während                        torpedoförmigen Körper an, der ge-    unterscheiden.
die Mauersegler (Apus apus) schon                      gabelte Schwanz ist ein perfektes     Zu uns kommen die Segler also, um
Ende Juli wieder in Richtung Win-                      Steuerinstrument, der kurze Schna-    ihrem Brutgeschäft nachzugehen.
terquartier im südlichen Afrika auf-                   bel kann beim Fang von Insekten       Ab Mitte Mai legen die Segler drei
brechen, bleiben die grösseren Al-                     wie ein Käscher weit geöffnet wer-    Eier in das napfförmige Nest. Dieses
pensegler (Apus melba) noch etwas                      den. Die Beine sind kurz, weil der    ist mit Speichel aus Material zusam-
länger (Abb. 1). Die Segler kommen                     Vogel sie nur braucht, um im Nest-    mengeklebt, das sie in der Luft auf-
für die Aufzucht in die Nordhemi-                      bereich herum zu klettern. Da die     fangen: Federchen, Hüllen von
sphäre und müssen sich deshalb                         langen schmalen Flügel nicht für      Blattknospen, Halme. Nach 20 Ta-
notgedrungenerweise auf festem
Grund niederlassen. Im Winterhalb-
jahr hingegen bleiben sie durchge-
hend in der Luft, ohne jemals Boden
unter den Füssen zu spüren. Diese
erstaunliche Tatsache zeigt, dass die
«Ferraris der Lüfte» unglaubliche
Leistungen vollbringen. Sie sind
nicht nur Flugkünstler und Kunst-
flieger – ihr Repertoire umfasst
Rolle, Looping, Rückenflug – nein,
sie paaren sich auch in der Luft und
schlafen im Flug, ohne abzustürzen.
Offenbar sind sie in der Lage, eine
Hirnhälfte abzuschalten, während
die andere die Steuerung über-
nimmt. Die Insektenjäger sind Al-
leskönner in ihrem Lebensraum. Ihr
Körperbau ist vollkommen an ihre
Lebensweise angepasst. Lange, si-
chelförmige Flügel setzen an einem
                                                       Abbildung 3: Alpensegler im Abflug.

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gen schlüpfen die Jungen, noch                          Lüftungsziegeln und an ähnlichen         standorte am Uni-Hauptgebäude
nackt und blind. Nun beginnt die                        Orten. Dies gilt auch für die Alpen-     und im Rathaus den Alpenseglern
Fütterung. Die Eltern jagen in der                      segler, die an sich Felsenbrüter sind.   überlassen.
Luft Insekten, die sie im Kehlsack                      Felsenbruten gibt es jedoch nur          Der kleine Mauersegler, nur 50 g
zu einem kleinen Bällchen sammeln                       noch im Wallis und im Tessin. Als        schwer, aber mit einer Spannweite
und nach einiger Zeit den Jungen                        Kulturfolger haben sie sich sehr gut     von ca. 42 cm, vollbringt in seinem
bringen. Bei der Übergabe schiebt                       im Siedlungsraum etabliert und ihr       Leben gewaltige Leistungen! Dabei
der Altvogel den Insektenballen,                        Verbreitungsgebiet erstreckt sich        gilt es auch, Gefahren auszuwei-
der bis zu 600 Insekten enthalten                       über das Schweizer Mittelland bis        chen. In der Luft können ihnen der
kann, in den Schlund des Jungvo-                        nach Süddeutschland. Allein in           Baumfalke und zuweilen auch der
gels. Bis zu 30 Mal pro Tag fliegen                     Bern gibt es etwa 20 Standorte, un-      Wanderfalke gefährlich werden, am
die Eltern mit Nahrung zum Nest.                        ter anderem beim Uni-Hauptge-            Boden, wo Mauersegler nur unfrei-
Nach 6 Wochen sind die Jungen aus-                      bäude (Abb. 2), im Rathaus, im his-      willig landen, sind es Katzen und
gewachsen. Meist beim Eindunkeln                        torischen Museum und auch im             andere vierbeinige Jäger, am Nest
starten sie dann zu ihrem Jungfern-                     Bundeshaus. Zwar jagen Mauerseg-         Marder und neuerdings auch Turm-
flug. Von diesem Moment an sind                         ler und Alpensegler oft gemeinsam.       falken, die gelernt haben, Nistkäs-
sie selbstständig und bilden eine                       An den Brutstandorten kommt es           ten auszuräubern. Die Hauptgefahr
Gruppe von Jungvögeln, die bald                         jedoch gelegentlich zur Verdrän-         droht den Vögeln aber durch
ins Winterquartier aufbricht. Erst                      gung der Mauersegler, da diese in        schlechtes Wetter. Lange Kälte- und
wenn der letzte Jungvogel ausgeflo-                     ihren Ansprüchen heikler sind als        Regenperioden bedeuten Nah-
gen ist, ziehen auch die Eltern weg.                    die Alpensegler. Bei den Mauerseg-       rungsmangel, und das kann in ext-
Sie werden jedoch in den folgenden                      lern braucht jedes Brutpaar seinen       remen Fällen zum Hungertod füh-
Jahren immer wieder im gleichen                         eigenen, abgetrennten Brutplatz,         ren. Zwar sind die Nestlinge mit der
Nest brüten. Als Höhlenbrüter su-                       während die Alpensegler auch in ei-      Fähigkeit ausgestattet, solche Hun-
chen die Mauersegler Nistplätze in                      nem gemeinsamen Raum brüten. So          gerperioden bis zu einer Woche und
Mauernischen und Estrichen, unter                       haben die Mauersegler ihre Brut-         länger zu überstehen, indem sie die
                                                                                                 Körpertemperatur und den ganzen
                                                                                                 Stoffwechsel auf ein Minimum ab-
                                                                                                 senken (in kleinerem Mass haben
                                                                                                 auch die erwachsenen Vögel diese
                                                                                                 Fähigkeit). Dennoch hat es schon
                                                                                                 Jahre mit einem totalen Ausfall der
                                                                                                 Bruten gegeben. Nichtbrüter kön-
                                                                                                 nen Schlechtwetterlagen auswei-
                                                                                                 chen, indem sie über halb Europa
                                                                                                 ziehen und bei besseren Verhältnis-
                                                                                                 sen wieder zurückkommen. In den
                                                                                                 letzten Jahren ist der Rückgang der
                                                                                                 Insekten zum Thema geworden.
                                                                                                 Obwohl dieser Rückgang drama-
                                                                                                 tisch ist, scheinen die Vögel vorläu-
                                                                                                 fig noch genügend Nahrung zu fin-
                                                                                                 den, um nicht nur sich selbst
                                                                                                 erfolgreich über die Runden zu
                                                                                                 bringen, sondern auch ihre Jungen
                                                                                                 aufzuziehen. Das könnte sich in den
                                                                                                 nächsten Jahren aber durchaus än-
                                                                                                 dern.
Abbildung 4: Pfeilschnell verlassen die Alpensegler ihre Brutplätze.

                                                                                                                                    7
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           Abbildung 5: Ersatznistkästen am Gerüst des Uni-Hauptgebäudes.

Das grösste Problem der Segler ist                hebung erfolgt durch Zählung der         Gerüst angebracht, und diese wur-
seit Jahrzehnten der Schwund an                   Brutpaare und der Jungvögel di-          den glücklicherweise auch ange-
geeigneten Nistplätzen. Schon in                  rekt, sofern die Nistplätze einsehbar    nommen (Abb. 5). Daran zeigt sich,
den antiken Städten im Mittelmeer-                sind, oder indirekt durch Erfassung      wie wichtig eine enge Zusammen-
raum hatten diese Vögel die mensch-               der benutzten Einfluglöcher (Abb. 3      arbeit mit den Behörden ist. Erfreu-
lichen Siedlungen als idealen Ort                 und 4). Während der Mauersegler-         licherweise geniessen die Schutz-
zum Nisten entdeckt. Bis in die                   bestand schleichend zurückgeht,          massnahmen für die Segler bei
50er-Jahre des 20. Jahrhunderts ist               hat der Bestand der Alpensegler seit     Stadtgrün Bern eine hohe Priorität,
dem auch so geblieben. Mit den                    1983 stetig zugenommen. Waren es         so dass die Segler bei vielen
neueren Bautechniken ist seither je-              vor etwa 40 Jahren gerade mal 60         Umbauten rechtzeitig umgesiedelt
doch ein Mangel an Nistplätzen                    Brutpaare, gibt es in Bern zurzeit ca.   werden konnten. Im Laufe der
entstanden. Neubauten bieten keine                260 Alpensegler-Brutpaare, dies bei      letzten Jahre hat Ala Bern den Mau-
Bruthöhlen, Altbauten werden                      einem schweizerischen Gesamtbe-          erseglern etwa 2'500 neue Nist-
bei Renovationen gegen «Eindring-                 stand von ungefähr 2'000 bis 2'500       gelegenheiten anbieten können. Die
linge» hermetisch abgedichtet.                    Brutpaaren. Ein langjähriges Mit-        Ansiedlung bleibt aber eine an-
Gemäss wissenschaftlichen Schät-                  glied von Ala Bern ist Alfred Enge-      spruchsvolle Aufgabe, die nicht im-
zungen beträgt der Bestandsrück-                  ler. Er ist seit den 80er-Jahren mit     mer gelingt. So wurden nicht alle
gang seit damals rund ein Drittel.                dabei, und aufgrund seiner umfas-        Nistplätze angenommen, die als Er-
Vogelschutzorganisationen haben                   senden Erfahrung wird er immer           satz für die Brutplätze in der alten
diese Problematik vor Jahrzehnten                 wieder als Experte beigezogen,           Kehrrichtverbrennungsanlage oder
erkannt und unternehmen alles, um                 wenn es bei Neubauten, Umbauten          jene in der Lorrainebrücke angebo-
mit künstlichen Nisthilfen dieser                 oder Renovationen um Schutzmass-         ten wurden. Trotz schöner Erfolge
Entwicklung entgegenzuwirken. In                  nahmen für die Segler geht. So ge-       bleibt also noch viel zu tun, damit
unserer Stadt werden die Segler von               schehen beim Uni-Hauptgebäude.           sich auch künftige Generationen an
der Berner Ala betreut. Diese Gruppe              Erst beim Gerüstbau wurde reali-         den Flugspielen der Mauersegler er-
besteht aus rund 30 Personen,                     siert, dass dadurch den Alpenseg-        freuen können! – denn was wäre ein
die sich mit der Bestandes-                       lern der Zugang zu ihren Nestern         Sommer ohne Mauersegler und Al-
zählung befassen und Nistmöglich-                 verbaut wurde. In aller Eile wurden      pensegler?
keiten bereitstellen. Die Bestandser-             deshalb Ersatznistkästen direkt am

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 Frank Mutschmann
 Award
                                               The German working group AG ARK (Arbeitsgemeinschaft
                                               Amphibien- und Reptilienkrankheiten), a subgroup of the
                                               DGHT e.V. (Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und
                                               Terrarienkunde), has more than 500 members in Germany,
                                               Austria and Switzerland with two annual conferences for
                                               up to 200 participants and several intensive seminars for
                                               students.

To honor the late founding member              2020 recipients of the Frank Mutsch-     in free ranging frogs and toads
of the association, Dr. Frank Mutsch-          mann award. The winning article is       (Origgi et al., 2017/18), there is a gro-
mann who was an internationally                entitled “Consensus PCR protocols        wing interest in these two agents in
known and very dedicated specia-               for the detection of amphibian her-      the amphibian medicine commu-
list in amphibian Medicine, the AG             pesviruses (Batrachovirus)” and it       nity. The newly developed PCR pro-
ARK decided to award an internati-             has been published in the Journal of     tocols will allow to detect all the al-
onal prize (https://ag-ark-1.jimdo-            Veterinary diagnostic Investigation.     ready known and ideally yet to be
site.com/award/).                              The article describes the develop-       discovered amphibian herpesvi-
The Dr.-Frank- Mutschmann-Award                ment of consensus PCR protocols          ruses thanks to the use of degene-
is given to the best paper on amphi-           for the detection of herpesviruses in    rate primers in any research and di-
bian medicine published within the             amphibians. Amphibians are un-           agnostic laboratory around the
last 12 months.                                dergoing an alarming decline glo-        world. The paper was presented at
A jury of veterinarians specialized            bally, and infectious agents have        the annual AG ARK conference this
in amphibian medicine decides                  surfaced as relevant stressors contri-   last April.
every autumn on the awarding                   buting to this major loss of biodiver-
which is then planned for the an-              sity. Amphibian herpesviruses have
nual conference of the association.            been relatively poorly investigated.
Francesco Origgi and his master                However, following the recent dis-
student, Matthias Licheri, are the             covery of two novel herpesviruses

                                                                                                                               9
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 Matthias Licheri                                      Francesco Origgi

 Licheri M, Origgi FC. Consensus PCR protocols for     Origgi FC, Schmidt BR, Lohmann P, Otten P, Akdesir
 the detection of amphibian herpesviruses (Batracho-   E, Gaschen V, Aguilar-Bultet L, Wahli T, Sattler U,
 virus). J Vet Diagn Invest. 2020 Nov;32(6):864-872.   Stoffel MH. Ranid Herpesvirus 3 and Proliferative
 doi: 10.1177/1040638720951134. Epub 2020 Aug 28.      Dermatitis in Free-Ranging Wild Common Frogs
 PMID: 32856553; PMCID: PMC7649549.                    (Rana Temporaria). Vet Pathol. 2017 Jul;54(4):686-
                                                       694. doi: 10.1177/0300985817705176. Epub 2017 May 11.
                                                       PMID: 28494706.

                                                       Origgi FC, Schmidt BR, Lohmann P, Otten P, Meier
                                                       RK, Pisano SRR, Moore-Jones G, Tecilla M, Sattler U,
                                                       Wahli T, Gaschen V, Stoffel MH. Bufonid herpesvi-
                                                       rus 1 (BfHV1) associated dermatitis and mortality in
                                                       free ranging common toads (Bufo bufo) in Switzer-
                                                       land. Sci Rep. 2018 Oct 3;8(1):14737. doi: 10.1038/
                                                       s41598-018-32841-0. PMID: 30283010; PMCID:
                                                       PMC6170376.

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Geschichte
der Abteilung
Zoo-, Heim- und
Wildtiere
                                                 April 1963 – die ehrwürdige Veterinärhochschule zieht aus dem
                                                 alten Standort Selnau in die neue Fakultät am Irchel um.

                                                 Ein denkwürdiges Frühjahr, unser Staatsexamen, das mit einer
                                                 Kutschfahrt vom Selnau nach Rapperswil endete, der
                                                 zugefrorene Zürichsee und die Geburt des ersten Schweizer
                                                 Elefäntli – Sahib Fridolin, bei der unser Semester dabei war.

I
Autor: Ewald Isenbügel
    ch hatte bei Prof. Leemann so-
    fort nach dem Abschlussexamen
    eine Stelle in der inneren
Pferdemedizin erhalten und den
Auftrag, aus der Bibliothek des alten
Tierspitals nur die notwendigsten
Bücher zu zügeln. Ein wahrlich
schwieriges Unterfangen, da die
Bücherzahl begrenzt war und die
schöne alte holzgetäferte Bibliothek
so manchen Schatz barg.
Mit Erlaubnis der Professoren durfte
ich am Abend noch einmal Nachlese
halten und wertvolle Bücher, hand-
kolorierte Pferdebücher zum Teil
aus dem 17. Jhd., bergen. Viele die-
ser Bücher gingen später wieder an
die Fakultät zurück.
                                                 Abbildung 1: Eines der zahllosen Findelkinder – die Postkrähe, die blieb.

                                                                                                                                      11
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Mit dem einzigen Tierpfleger Weber
betreute ich den Stall B , was mich
aber nicht auslastete. In der freien
Zeit hatte ich unter der Regie von
Dr. Barbara Kammermann in der
Kleintierklinik auszuhelfen.
In den siebziger Jahren wurden in
51% aller schweizerischen Haushal-
tungen Heimtiere gehalten und das
waren bei weitem nicht nur Hunde
und Katzen. Durch die zunehmen-
den Haltungsauflagen von Hunden
und Katzen im modernen Woh-
nungsbau der Städte wurden nun
zunehmend Kleinsäuger, Vögel,
Reptilien, Amphibien und Fische
gepflegt.
Der Aufwand für die Haltung und
Ernährung betrug in diesen Jahren
1,8 Milliarden CHF.
Die Änderung der menschlichen Le-
bensweise hin zur Urbanisierung
liess    den    natürlichen   Infor-
mationsfluss über Mensch-Tier-
Beziehungen und die Kenntnisse
der einfachsten Haltungsansprüche
                                                    Abbildung 2: Der Islandspitz Nonni und das Rosenköpfchen Philippo – Wegbegleiter
von Tieren abbrechen.
Der Artenreichtum und die oft
fremdländische Herkunft der Heim-             der Kleintierpraxis eine starke Zu-              Nebenbei stellte man mir in der
tiere, sowie ihre zunehmende Ver-             nahme dieser Heimtierpatienten                   Kleintierklinik einen Tisch für die
marktung erschwerten die pflegeri-            feststellte.                                     Behandlung exotischer Heimtiere,
sche und medizinische Betreuung               Für die fachkundige Beratung bei                 am Anfang vor allem Vögel und
dieser Heimtiere.                             diesen Tieren sind Grundlagen der                Kleinsäuger im Rahmen der Klein-
Zahlreiche internationale Schutzbe-           Zoologie, der Ethologie, der                     tiersprechstunde, zur Verfügung –
stimmungen (Washingtoner Arten-               Fütterung und der tierartspez-                   Als die «Isenbügelsche Kanarien-
schutzabkommen) eidgenössische                ifischen     veterinärmedizinischen              vogelbeinepraxis» belächelt – heute
(Tierschutzgesetz) und kantonale              Kenntnisse notwendig.                            unter der Leitung von Prof. J.M.
Reglemente (Kt. ZH Exotische                  Diese wurden in den siebziger Jah-               Hatt im Dept. Zoo-, Heim- und
Heimtiere) versuchten, Missstände             ren im Ausbildungsplan der Vet.                  Wildtiermedizin – ein Kronjuwel
in der Heimtierhaltung zu verhin-             Med. noch nicht vermittelt.                      der Fakultät.
dern, setzten aber bei ihrer Anwen-           Nach einem Arbeitsaufenthalt in
dung Sach – und Artenkenntnis vo-             einem Elefantenprojekt im Krüger                 In den Kriegsjahren 1942 bis
raus.                                         Nationalpark wurde ich von Prof.                 1945 konnte ich keine Schule
Eine Schlüsselstellung auf diesem             Winzenried nach Zürich zurückbe-                 besuchen, pflegte aber eine grosse
schnell wachsenden Gebiet der Hal-            ordert und als Nachfolge von                     Vogelsammlung im elterlichen
tung und Vermarktung kam dem                  Dr. Weihe mit der Leitung der                    Garten, hielt Fasanen, Zwerg-
Tierarzt* zu, der in kurativer und            Labortierzuchtstation betraut.                   hühner, Prachtfinken, Agaporniden,
präventiver Medizin nicht nur in                                                               Kanarienvögel, einheimische Wild-

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vögel und züchtete sie. Eichhörn-
chen und Schildkröten ergänzten
den kleinen Zoo. Dabei erwarb ich
mir den grünen Daumen und das
handling für meine spätere vet.
med. Arbeit.
Als ich Ende der Siebzigerjahre mei-
nen Traum vom Zootierarzt
begrub, baute ich die Kanarien-
vogelbeinepraxis zur Abteilung
Zoo-, Heim-und Wildtiere mit der
vollen Unterstützung von Prof. Pe-
ter Rüesch und Prof. Ueli Braun
aus, in deren Departement ich in-
zwischen angestellt war.
Die Abteilung gewann immer mehr
an Bedeutung, nicht nur auf kurati-
vem oder beratendem Gebiet, son-
dern auch als Sachratgeber in Ge-
setzgründungsgremien von Bund
und Kanton. Der Zürcher Tierschutz                      Abbildung 3: Kurt Zimmermann, Obertierpfleger und mit seiner Sachkenntnis
                                                        wesentlich am Erfolg der Klinik beteiligt..
installierte ein tägliches Beratungs-
telefon und finanzierte damit eine             fältig in London und den USA auf               mieren, legte ich die Falknerprü-
Assistentenstelle.                             meine Nachfolge vorbereitet hatte,             fung ab.
1970 erreichte mich ein folgen-                wurde neuer Zoodirektor, aber ich              Zahlreiche Publikationen und Buch-
schweres Telefon von Dr. Peter Wei-            hatte ja in meinem langjährigen Mit-           kapitel aus dem Gebiet der Greifvo-
lenmann, Zootierarzt Zoo Zürich.               arbeiter Dr. J.M. Hatt einen bewähr-           gelmedizin zeugen von erfolgrei-
Er sei zum Direktor des Zoo Zürich             ten Nachfolger.                                cher Arbeit auf diesem Spezialgebiet
gewählt, und ich würde sein                                                                   der Veterinärmedizin Medizin, die
Zootierarzt werden.                            Während meiner Studienzeit in                  auch Thema meiner Antrittsvorle-
Bis dato hatte ich ihn einige                  Hannover arbeitete ich im Greifvo-             sung an der Universität war.
Male – offenbar zur Zufriedenheit –            gelschutz der Vogelwarte Helgo-                Das heute so reichhaltige Vorle-
im Zoo vertreten.                              land, für die ich als Schüler schon            sungsangebot auf dem Gebiet der
Mit Freuden sagte ich unter einer              einige Jahre als Vogelwart auf ost-            Zoo-, Heim- und Wildtiere, der
Bedingung zu, ich möchte meine                 friesischen Inseln tätig gewesen               Ethologie und die nun fast 50 Jahre
Abt. Zoo-, Heim- und Wildtier-                 war.                                           durchgeführten Sommerkurse in
medizin mit der Zooarbeit verbin-              Die Mitarbeit in der Bartgeierstif-            Zootiermedizin im Zürcher Zoo
den, und so eine win-win Situation             tung und die über vierzigjährige               und die ebensolange erfolgreiche
für das Tierspital und Zoo in                  erfolgreiche Zusammenarbeit mit                Vorlesung für Hörer*innen aller Fa-
Sachen tiermedizinischer Betreu-               Veronika von Stockar und der                   kultäten über Biologie und Erkran-
ung, Lehre und Forschung herstel-              Greifvogelstation in Berg am Irchel            kungen der Wildtiere zeigen den
len. Diese Verbindung hat sich au-             führten zur Anerkennung der Zoo-,              Wandel und die Bedeutung dieses
sserordentlich bewährt und wird                Heim- und Wildtierklinik als Refe-             Fachgebietes.
von meinem Nachfolger Prof. J.M.               renzzentrum des Bundes für Greif-              Das 50-jährige Bestehen des stets
Hatt in dieser Form weitergeführt.             vogelmedizin. Um das Handwerk                  sofort ausgebuchten Zootierkurses
Dr. Alex Rübel, der 14 Jahre mein              der Haltung und Pflege dieser so               wird am 29. September 2021 mit ei-
Oberassistent in der Zootierklinik             anspruchsvollen Patienten zu opti-             nem Festakt in der Aula der Univer-
im Tierspital war und den ich sorg-                                                           sität gewürdigt.

                                                                                                                                    13
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Der fliegende Aschi
                                                      Hoch über dem Dach des Tierspitals von Bern wurde Anfang
                                                      Juni 2021 unser alter Magnetresonanztomograph abtrans-
                                                      portiert. Dieser wurde 10 Tage später durch ein hochmodernes
                                                      3-Tesla-Gerät ersetzt.
                                                      Lesen Sie die spannende Geschichte dazu.

Autor*innenschaft: Nadine Pels,
Radiologiefachfrau HF,
Sarah Krähenbühl, med. vet.

N
und Doktorandin Radiologie
         ach 10 Jahren guter und
         zuverlässiger Zusammen-
         arbeit hat uns der offene
1 Tesla Magnetresonanztomograph
verlassen. Wo er künftig im Einsatz
sein wird, hat uns die Übernahme-
firma nicht verraten. Da der Umbau
für das neue 3-Tesla-MRT vier Wo-
chen andauerte, beschloss die Abtei-

 Dafür musste Anfang Juni
 2021 das sieben Tonnen
 schwere Gerät mit Hilfe
 eines Kranes durch die
 eröffnete Decke der
 Kleintierklinik aus dem
 faradayschen Käfig
 rausgehoben werden.

lung Radiologie, für die Übergangs-
zeit einen mobilen MRT-Truck zu
mieten. Der Truck wurde bei einem
bestehenden Magnetfeld von 1.5
Tesla mittels Lastkraftwagen aus
England über den Ärmelkanal zu
uns in die Schweiz gefahren und auf
dem Parkplatz neben dem Pferde-

Abbildung 1: Der alte 1-Tesla-Magnetresonanzto-
mograph wird mittels Kran über den Dächern vom
Tierspital Bern abtransportiert.
Foto: Daniela Schweizer
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                                                                                                           Software von Philips zu Siemens
                                                                                                           war eine zusätzliche Herausforde-
                                                                                                           rung. Ebenfalls musste eine ein-
                                                                                                           wandfreie Kommunikation zwi-
                                                                                                           schen den Mitarbeitenden im Truck
                                                                                                           und den Radiologen und Radiolo-
                                                                                                           ginnen im Befundraum gewährleis-
                                                                                                           tet werden. Mit der Unterstützung
                                                                                                           unseres Anästhesieteams konnten
Abbildung 2: Sicht auf den MRT-Truck, welcher über 6 Wochen auf dem Parkplatz vor der Pferdeklinik         alle Patienten sicher anästhesiert
stand. Foto: Daniela Schweizer
                                                                                                           und mit qualitativ hochwertigen
                                                                                                           MRT-Bildern untersucht werden.
                                                                                                           Ein Vorteil des Trucks war, dass auf-
zirkel abgestellt. Dieser Truck wird                   Vollnarkose gelegt werden. Für den                  grund des grossen Eingangstors die
normalerweise für Humanspitäler                        ca. 65 m langen Weg von der Klinik                  Mitarbeiter/innen im Truck wäh-
gebraucht. Deshalb mussten die                         bis zum Truck wurde eine Trans-                     rend dieser Zeit den Sommeranfang
Mitarbeiter/innen der Radiologie                       portliege mit Sauerstoffanschluss                   an der frischen Luft geniessen konn-
und der technische Dienst vom Tier-                    benötigt und die Liege wurde dann                   ten. Ebenfalls waren Mittagessen
spital Bern den Truck so umbauen,                      mit dem Aussenlift (sehr langsam...)                auf der eigenen «Terrasse», dem Au-
dass er sicher für Tiere in Anästhesie                 auf Höhe des Untersuchungs-                         ssenlift, coronakonform möglich.
genutzt werden konnte. Die Schwie-                     raumes gefahren. Sicherheitshalber                  Somit konnten die neuen Heraus-
rigkeit bestand darin, dass der Truck                  wurde der Transport immer von                       forderungen gut gelaunt gemeistert
danach wieder im Originalzustand                       drei Personen durchgeführt; zwei                    werden.
an die Firma zurückgegeben wer-                        Personen waren für den sicheren                     Zeitgleich wurde erneut mittels
den musste. Damit die Anästhesie-                      Transport verantwortlich und die                    Kran über das eröffnete Dach der
maschine im Truck genügend Platz                       dritte Person überwachte während                    Kleintierklinik der neue 3-Tesla-Sie-
hatte, musste beispielsweise eine                      des Transportes den narkotisierten                  mens-Magnet hineintransportiert.
grosse Holzplatte, welche als Tisch                    Patienten. Da die Feldstärke des                    Obwohl die Dimensionen des Gerä-
diente, vom technischen Dienst ent-                    MRTs im Truck stärker als bisher ge-                tes etwas kleiner sind, war die er-
fernt werden. Ebenfalls wurden die                     wohnt war, mussten sich die Radio-                  neute Öffnung und die Pneu-kran-
Human-Untersuchungsprotokolle                          logie-Fachpersonen intensiver um                    lösung      die    einfachste    und
durch den Applikationsspezialisten                     die Sicherheit der Mitarbeitenden                   kostengünstigste Lösung. Unser
so angepasst, dass qualitativ hoch-                    kümmern. Auch die Umstellung der                    neues Gerät ist ungefähr 2-jährig
wertige MRT-Bilder von 3 kg schwe-
ren Katzen bis zu über 60 kg schwe-                    Abbildung 3: Die Patienten wurden mithilfe einer Hebebühne, welche am MRT-Truck angebracht war, in
                                                       Vollnarkose ins MRT gebracht. Foto: Daniela Schweizer
ren Hunden angefertigt werden
konnten. Mit den angepassten
MRT-Untersuchungsprotokollen
und dem für die Anästhesie umge-
bauten Truck konnten, ein paar Tage
nach Anlieferung des Trucks, unsere
tierischen Patienten untersucht wer-
den.
Der Untersuchungsablauf eines Pa-
tienten im Truck verlief ein wenig
anders als gewohnt. Aufgrund der
Sicherheit für die Patienten mussten
diese noch in der Kleintierklinik in

                                                                                                                                                        15
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                                                     nach dieser langen und herausfor-
                                                     dernden Zeit zu erkennen.
                                                                                                             Der neue Magnet ist
                                                     Für die ersten zwei Wochen war
                                                                                                             dreimal so stark wie unser
                                                     stets ein Applikationsspezialist an-
                                                                                                             voriges Gerät.
                                                     wesend. Er schulte während dieser
                                                                                                             Anders ausgedrückt ist er
                                                     Zeit die Radiologie-Mitarbeitenden
                                                                                                             60'000-mal stärker als
                                                     am neuen Gerät und erstellte für
                                                                                                             das Magnetfeld der Erde!
                                                     unsere kleinen und grossen Patien-
Abbildung 4: Entspanntes coronakonformes Mittag-     ten optimale Untersuchungsproto-
essen bei sonnigem Wetter auf der «Terrasse» des
1.5 Tesla MRT-Truck. Foto: Sarah Krähenbühl          kolle. Auch dem Applikationsspezi-                    Tierspital Bern wurde ein Sicher-
                                                     alisten begegneten durch die Vielfalt                 heitskonzept erstellt. Jeder Mitar-
                                                     der Patientengrösse unterschied-                      beitende muss neu einen Fragebo-
                                                     lichste Herausforderungen in der                      gen ausfüllen, bevor der MRT-Raum
 Von Anfang an waren die                             Protokollerstellung. Im engen Kon-                    betreten werden darf. Für Mitarbei-
 Radiologen und Radio-                               takt mit unseren Radiologen muss-                     tende, welche regelmässig im MRT-
 loginnen von der ausge-                             ten deren Wünsche und die Mög-                        Raum arbeiten, wurde zusätzlich
 zeichneten Bildqualität des                         lichkeiten des neuen Gerätes                          eine einstündige Sicherheitsschu-
 neuen MRT begeistert.                               besprochen werden. Dies hatte zum                     lung durchgeführt. Dabei konnte
 Vereinzelt waren auch                               Ziel, dass in Zukunft auch mit dem                    beispielsweise mit einem Tennis-
 Freudentränen nach dieser                           neuen Gerät qualitativ hochwertige                    ball, welcher mit Magneten gefüllt
 langen und heraus-                                  Bilder in kürzerer Untersuchungs-                     wurde, die Stärke des neuen Mag-
 fordernden Zeit zu                                  zeit erstellt werden können.                          neten eindrucksvoll gezeigt und
 erkennen.                                           Wichtig zu wissen ist, dass der neue                  von den Personen gefühlt werden.
                                                     Magnet dreimal so stark ist, wie un-                  Auch für die tierischen Patienten
und war vorher schon in Indien in                    ser voreriges Gerät. Anders ausge-                    stellten sich während der Anästhe-
einem Humanspital im Einsatz. Der                    drückt ist er 60'000-mal stärker als                  sie neue Herausforderungen. Da
Magnet wurde danach in Oxford                        das Magnetfeld der Erde! Deshalb                      durch den stärkeren Hochfrequenz-
bearbeitet und im Siemenswerk Er-                    mussten neue und zentrale Sicher-                     impuls mehr Energie im Körper de-
langen neu zusammengesetzt. Hier                     heitsvorkehrungen getroffen wer-                      poniert wird, kann sich die Körper-
am Tierspital musste das Magnet-                     den. Für die Mitarbeitenden vom                       temperatur des Patienten schneller
feld zuerst in der neuen Umgebung
homogenisiert werden. Vor dem
Einsatz mit lebenden Tieren kalib-
rierte der Techniker die diversen
Untersuchungsspulen mit Wasser-
phantomen. Am 5. Juli 2021 war nun
nach langer Vorfreude der Tag, an
dem unser erster Patient im neuen
MRT untersucht werden konnte. Es
handelte sich dabei um einen 36 kg
schweren Schnauzer, welcher für
eine Knieuntersuchung angemeldet
war. Von Anfang an waren die Ra-
diologen und Radiologinnen von
der ausgezeichneten Bildqualität
des neuen MRT begeistert. Verein-
zelt waren auch Freudentränen
                                                     Abbildung 5: Einer der ersten narkotisierten Patienten, fotografiert kurz vor der MRT-Untersuchung im
                                                     neuen 3 Tesla MRT. Foto: Nadine Pels

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VetsuisseNEWS                 Nr. 2, September 2021                                                                                               MRT

                                                      Schümli und Hans-Ruedi die unter-                    Zeit in der gesamten Umbauphase
                                                      schiedlichsten Namensvorschläge                      durften wir viel Neues lernen und
                                                      dabei. Schliesslich wurde unser                      erleben. Speziell wichtig während
                                                      neues MRT nach dem verstorbenen                      dieser Zeit war der Zusammenhalt
                                                      Schweizer Nobelpreisträger Ri-                       im Team und die gute und vertrau-
                                                      chard R. Ernst, Kosename Aschi, der                  ensvolle Zusammenarbeit zwischen
                                                      die Entwicklung der medizinischen                    den Abteilungen Radiologie und
                                                      Magnetresonanztomographie ge-                        Anästhesie. Ebenfalls durften wir
                                                      prägt hat, benannt. Deshalb tauften                  von der Abteilung Neurologie und
                                                      wir am 18. Juli 2021 unser neues                     der Kleintierklinik sehr viel Geduld
                                                      MRT-Gerät auf den Namen «Aschi».                     und Verständnis erfahren. Auch der
Abbildung 6: Sagittaler T2-gewichteter Schnitt
durch das Gehirn desselben Pferdes, das wegen         Rückblickend auf diese herausfor-                    technische Dienst unterstützte uns
eines Vestibulärsyndroms mit dem neuen 3-Tesla-
                                                      dernde, lehrreiche und interessante                  in all unseren speziellen Wünschen
MRT untersucht wurde
                                                                                                           und suchte jederzeit nach Lösun-
                                                                                                           gen. Durch die speditive Arbeit der
                                                       Schliesslich wurde unser                            Bauunternehmen und die Zusam-
und stärker erhöhen. Dies benötigt
                                                       neues MRT nach dem                                  menarbeit mit dem Architekten und
eine enge Zusammenarbeit zwi-
                                                       verstorbenen Schweizer                              Siemens-Projektleiter war der Um-
schen den Anästhesisten und Anäs-
                                                       Nobelpreisträger Richard                            bau optimal im Zeitplan.
thesistinnen und Radiologie-Fach-
                                                       R. Ernst, Kosename Aschi,                           Aschi freut sich auf alle zukünftigen
personen.     Eine     regelmässige
                                                       der die Entwicklung der                             Patienten, welche er in den nächsten
Überprüfung der Rektal- und Ober-
                                                       medizinischen Magnet-                               Jahren untersuchen darf!
flächentemperatur ist in Zukunft im
                                                       resonanztomographie
MRT noch wichtiger.
                                                       stimuliert hat, benannt.
Wir durften ebenfalls bereits die ers-
ten Pferde im neuen MRT untersu-
chen. Auch hier stellen sich für uns
neue Herausforderungen, welche
professionell und mit viel Elan be-
wältigt werden. Während der Un-
tersuchung muss hierfür neu der
MRT-Untersuchungstisch Kontakt
zum Magneten behalten. Jedoch ist
dieser Tisch nur für 200 kg schwere
Patienten geeignet, so dass unser
Pferdetisch neu über diesen Tisch
geschoben werden muss. Die exzel-
lente Bildqualität und die grossar-
tige Detailerkennbarkeit überzeugt
auch bei den MRT-Scans der Pferde-
beine und Pferdeschädel die Radio-
logen und Radiologinnen.
Bei unserem kleinen Begrüssungsa-
péro durften die Mitarbeitenden
vom Tierspital Bern Namensvor-
schläge für unser neues MRT in ei-
nem Gefäss hinterlegen. Es waren
von Olaf, Covida, Galoppi zu                          Abbildung 7: Lagerung des ersten Pferdes, welches für eine Untersuchung des Schädels bei uns war.
                                                      Foto: unbekannt

                                                                                                                                                          17
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Spendenaktion
für die Stiftung für
Kleintiere
                                                   In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen von drei Mädchen aus
                                                   dem Glarus berichten, welche freiwillig und aus Liebe zu
                                                   den Tieren Geld für die Stiftung für Kleintiere der Vetsuisse-
                                                   Fakultät gesammelt haben.

Autorin: Jutta Bachofner
Im März diesen Jahres meldete sich                 Pferde im Reitstall bereits einmal      Ich begrüsste die Mädchen, die
eine Mutter aus dem schönen Gla-                   Patient im Tierspital war.              Mütter und die kleine Schwester
rus, mit dem Anliegen, das Geld,                                                           von Valeria. Patrick Kircher kam
das ihre Tochter und zwei Freundin-                Patrick Kircher, der Ärztliche Direk-   kurz darauf hinzu, ebenso wie Hilke
nen für Tiere gesammelt hatten, der                tor, und ich luden die Mädchen mit      Johannsen (Leiterin Pflege Klein-
Stiftung für Kleintiere spenden zu                 ihren Müttern nach Zürich zu einem      tiere). Es war wirklich rührend zu
dürfen. Kurzerhand griff ich zum                   Besuch im Tierspital ein. Dabei         sehen, wie sehr sich die drei bemüht
Telefon und nahm mit der Mutter                    sollte auch die Übergabe der Spende     hatten! Für die Pflegerinnen und
Kontakt auf. Es zeigte sich, dass die              stattfinden. Vor lauter Aufregung –     Pfleger des Tierspitals hatten sie
drei Mädchen namens Leandra,                       fast schlaflos in der Nacht vor der     auch noch einen Korb mit Snacks
Nina und Valeria aus Liebe zu Tie-                 Anreise – kamen die Freundinnen         zur Stärkung mitgebracht und sich
ren ganz allein auf die Idee gekom-                glücklich und gespannt am 5. Mai        bei ihnen mit einem selbst entworfe-
men waren, eine Spendenaktion für                  2021 mittags in Zürich an.              nen Brief für ihre Arbeit bedankt.
Tiere zu starten. Dafür hatten sie ge-
backen, getanzt und Müll gesam-
melt. Als der stattliche Betrag von
CHF 340.00 zusammengekommen
war, stellte sich die Frage, wohin
das Geld gespendet werden sollte.
Die Wahl fiel auf die Stiftung für
Kleintiere, welche dem Universitä-
ren Tierspital der Vetsuisse-Fakultät
UZH angehängt ist. Grund dafür
war, dass Nina reitet und eines der

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Patrick Kircher, Hilke Johannsen und die Mädchen Valeria, Nina und Leandra vor der Spendenwand im Tierspital Zürich.

Stellvertretend für die Mitarbeiten-                   gebenden Diagnostik. Dort konnten                          Es war alles in allem ein sehr gelun-
den des Spitals nahm Hilke Johann-                     unsere Gäste die grosse Röntgenan-                         gener Nachmittag und es ist toll,
sen den Korb und die Karte entge-                      lage, das MRI und CT bestaunen.                            wenn man sieht, wie drei Mädchen
gen.                                                   Davon waren alle sehr beeindruckt!                         im Alter von 10 Jahren es schaffen,
                                                                                                                  sich so für das Tierwohl zu engagie-
Nach der Übergabe führte Patrick                       Zum Abschluss spendierte Patrick                           ren. Und scheinbar standen auf der
Kircher die kleine Gruppe durch                        Kircher den Mädchen noch ein Eis                           Rückreise nach Glarus die Münder
das Tierspital. Zunächst zeigte er                     aus der Cafeteria, worüber sie sich                        keinen Moment still – der Tag wird
die Krankenstationen für Hunde                         sehr gefreut haben.                                        sicherlich allen in schöner Erinne-
und Katzen. Die Kinder durften die                                                                                rung bleiben…
schon fast genesenen Patienten an-
schauen und zum Teil auch strei-
cheln. Danach ging es weiter zur
Intensivstation. Dort ist es sehr leise,
damit die Tiere nicht gestört wer-
den.                                                     Intensivmedizin rettet Tierleben.
Die Führung ging weiter über den                         Dank Ihrer Spende.
Campus, vorbei an der Nutztierkli-                       Spendenkonto: Zürcher Kantonalbank: IBAN CH83 0070 0110 0007 8442 9

nik mit einem Blick in den Kuhstall,                     Vermerk: Stiftung Kleintiere

zu den Pferdeställen und zur Bild-                       www.stiftung-kleintiere.ch

                                                                                                                                                    19
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Kehrricht als
Wärmespender
                                                    Im November 2020 wurde in Bern unmittelbar neben dem
                                                    Campus eine gewaltige Baugrube ausgehoben, mit welcher
                                                    Mitarbeitende, Studierende und Tierbesitzer seither täglich
                                                    konfrontiert werden. Hier entsteht eine unterirdische Verteil-
                                                    zentrale für Fernwärme, die auch unserer Fakultät zugute-
                                                    kommen soll.

B
Autor: Michael H. Stoffel
       ereits vor dem Beschluss,
       sich von fossilen Energieträ-
       gern für das Beheizen von
Gebäuden zu verabschieden, star-
tete Energie Wasser Bern (ewb) ein
Grossprojekt, um die Quartiere
Brünnen, Bethlehem, Bümpliz,
Kleefeld, Holligen, und Länggasse
mit Fernwärme zu versorgen.
Dazu wurde am Stadtrand, beim
Forsthaus im Bremgartenwald,
zusammen mit der neuen Kehricht-
verbrennungsanlage eine Energie-
zentrale gebaut. In dieser schweiz-
weiten Pionieranlage wird die
Kehrichtverwertungsanlage mit ei-
nem Holzheizkraftwerk und einem
Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk
kombiniert. Umweltschonend und
mit einem Wirkungsgrad von rund
80% werden so aus Kehricht, regio-
nalem Holz und Erdgas Fernwärme
und Strom erzeugt. Damit stellt
diese Anlage ein zentrales Element
                                                          Abbildung 1: Verlegen der Transportleitungen für den Hochtemperatur-
für den Ausstieg aus der Kernener-                        kreislauf
                                                          1.     Stahlrohr mit erster Isolationsschicht
gie und eine wichtige Vorausset-                          2.     Zweite Isolationsschicht mit Blechmantel
                                                          3.     Betonsohle
                                                          4.     Beton U-Profil

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zung für den Umstieg auf eine CO2-
neutrale Wärmeversorgung auf
Stadtgebiet dar. Die Energiezentrale
ist in Betrieb und bis zum Jahr 2035
sollen die Quartiere am nordwestli-
chen Stadtrand sukzessive an die
Fernwärme angeschlossen werden.
In einem ersten Schritt werden die
Transportleitungen im Länggass-
Quartier verlegt, und diese Etappe
soll bereits Ende 2023 abgeschlossen
sein. Bloss: wie lässt sich die Wärme
zu den Abnehmern bringen?
Zunächst muss festgehalten wer-
den, dass der Umstieg auf Fern-
wärme auf Freiwilligkeit beruht,
dass also alle Hauseigentümer auch
weiterhin die Wahl haben, mit wel-
chem Energieträger sie ihre Woh-                Abbildung 2: Schematische 3D-Darstellung der Zentrale
nungen beheizen möchten. Das                    1.    Niedertemperatur Gebäudeaustritt (Blau/Rot)
                                                2.    Röhrentauscher
EWB muss somit nicht nur jene Lie-              3.    Hochtemperatur Gebäudeeintritt (Grün/Orange)
                                                4.    Expansionsanlage
genschaften erschliessen, die sich
jetzt bereits für Fernwärme ent-
schieden haben, sondern gleichzei-
tig die grossräumigen Vorausset-
zungen schaffen, um auch später
hinzukommende Abnehmer zu ver-
sorgen. Dazu werden zurzeit die
Hauptleitungen verlegt. Von der
Energiezentrale gehen diese Trans-
portleitungen entlang der Bremgar-
tenstrasse bis zum Kreisel und von
dort zur Wendeschleife der Buslinie
20.
Aus Gründen der Energie-Effizienz
verlässt das Heizwasser die Ener-
giezentrale über Transportleitungen
bei einer Temperatur von 195°C. Die
entsprechenden Stahlrohre werden
in Abschnitten von 200 m auf einer
Betonsohle verlegt, dick isoliert, mit
einer mobilen Heizzentrale vorge-
dehnt, zugeschüttet und dann
zum Schutz der Umgebung und
insbesondere der Fahrbahn vor
thermischen Schäden mit einem Be-
tondeckel und Betonwänden gewis-
sermassen eingemauert (Abb. 1).
                                                Abbildung 3: Die Baugrube aus der Vogelschau

                                                                                                                21
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                                                                                           Abbildung 4: Einblick in den Rohbau
                                                                                           1.    Bohrpfähle
                                                                                           2.    Äussere Betonwand
                                                                                           3.    Isolationsschicht
                                                                                           4.    Grundwasserfassung

Unvermeidlich sind hingegen trotz              sehen sein darf und für die Pflanzen   Und damit kann nun der Innenaus-
Vordehnung die Auswirkungen                    auf dem Deckel der Zentrale noch 2     bau erfolgen. Fragt sich bloss, über
der Temperaturschwankungen auf                 m Erdreich liegen müssen! Darum        welchen Zugang man mit all dem
die Rohre selber – ähnlich wie bei             wurde eine gewaltige Baugrube          Material in die Verteilzentrale ge-
den Eisenbahngeleisen. Deshalb                 ausgehoben (Abb. 3). Die Grundflä-     langen kann. Auch hier galt die Auf-
werden in regelmässigen Abstän-                che der Zentrale beträgt 25 m x 15 m   lage, dass oberirdisch nichts zu se-
den Dehnungsbögen eingebaut,                   bei einer Raumhöhe von 4 m, besitzt    hen sein darf. Deshalb musste eine
welche die Schwankungen in der                 also eine Kubatur von 1'500 m3. Da     erste Variante mit einer wetterge-
Längenausdehnung auffangen. Pas-               bei 2,5 m Tiefe bereits der Grund-     schützten Treppe verworfen wer-
send zur schwierigen Zugänglich-               wasserspiegel     erreicht   wurde,    den zugunsten eines riesigen Auf-
keit ist die Nutzung dieser einbeto-           musste das ganze Gebäude entspre-      zugs und einer Nottreppe, deren
nierten Leitungen auf 80 Jahre                 chend abgedichtet werden. Als ers-     Aufbauten bodenbündig versenkt
ausgelegt.                                     tes wurden mit einer mächtigen,        werden können. Ebenso sollen am
Da die Endverbraucher mit Heiz-                optisch wie akustisch eindrückli-      Ende die Abluftkamine mit Pflan-
wasser bei 95°C versorgt werden,               chen Maschine die Bohrpfähle ge-       zen getarnt werden.
muss die Wassertemperatur vor-                 setzt, also Kernbohrungen angelegt,    Zeitlich musste der Rohbau der Ver-
gängig in der Verteilzentrale in Röh-          die armiert und mit Beton ausge-       teilzentrale genau mit den Anforde-
rentauschern abgesenkt werden                  gossen wurden. Innen an den Bohr-      rungen des ÖV koordiniert werden.
(Abb. 2). Und genau diese Verteil-             pfählen entstand eine erste Beton-     Während der Bauzeit konnten die
zentrale entsteht unter der Wende-             wand, es folgte eine Innenisolation    Busse von Bernmobil beim Kreisel
schleife der Buslinie 20 direkt vor            und eine weitere Betonwand auf der     an der Kreuzung Länggassstrasse/
dem Campus der Vetsuisse-Fakul-                Innenseite (Abb. 4). Zudem wird        Bremgartenstrasse wenden. Weil
tät. Ein wichtiger Grund für die               das Grundwasser entsprechend der       dort jedoch eine weitere Baugrube
Wahl des Standorts liegt darin, dass           gesetzlichen Vorgaben kontinuier-      angelegt werden muss und die Post-
dieses Grundstück der Stadt gehört.            lich abgepumpt und abgeleitet. Um      autokurse nur während der Som-
Gleichzeitig war der Bau der Zent-             den Bäumen die geforderte, zwei        merferien eingeschränkt werden
rale jedoch an einschneidende Be-              Meter dicke Erdschicht zu bieten,      können, war es zwingend notwen-
dingungen geknüpft. Die wichtigste             wurden zuletzt die Bohrpfähle auf      dig, die Wendeschleife zum Ferien-
Auflage besteht darin, dass vom ge-            der gewünschten Höhe mit riesigen      beginn wieder nutzen zu können.
samten Bau oberirdisch nichts zu               Trennscheiben abgesetzt (Abb. 5).

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Abbildung 5: Einkürzen der Bohrpfähle damit den Pflanzen überall mindestens 2 Meter Erdreich zur Ver-
fügung stehen.

Das Kreislaufvolumen des Heiz-                         Von der Schwimmhalle gehen die                   Sommer damit passiert, wenn diese
wassers beträgt um die 400 m3, so                      Leitungen dann weiter bis zum                    Energie gar nicht benötigt wird.
dass auch temperaturbedingte                           Viererfeld, wo ja bis 2027 ein neues             Auch dafür ist vorgesorgt, entsteht
Volumenänderungen aufgefangen                          Quartier entsteht.                               doch bei der Energiezentrale im
werden müssen. Dazu gibt es ent-                       Und wie steht es mit unserem Cam-                Forsthaus ein Geospeicher. So kann
sprechende Expansionsanlagen in                        pus? Aktuell beziehen wir die                    die in den Sommermonaten unge-
der Verteilzentrale (Abb.2)                            Wärme vom Lindenhofspital (siehe                 nutzte Abwärme bis zum folgenden
Von der Verteilzentrale ausgehend                      VetsuisseNEWS 2021/01). Der ent-                 Winter in einer Tiefe zwischen 200
werden jetzt sukzessive die voriso-                    sprechende Wärmeverbund-Vertrag                  und 500 Metern im Sandstein ge-
lierten Rohre für Niedertemperatur-                    läuft jedoch aus, und das Linden-                speichert werden. Als Energieträger
wasser in der Länggassstrasse, der                     hofspital wird sich voraussichtlich              dient dabei heisses Wasser, das die
Hochfeldstrasse bis zur Neubrück-                      der Fernwärme anschliessen. Das-                 Gesteine im Untergrund aufwärmt.
strasse und von dort bis zur im Bau                    selbe ist auch für unsere Gebäude
befindlichen Schwimmhalle verlegt.                     zu erwarten, auch wenn die ent-
Dadurch sind auch zeitliche Vorga-                     sprechenden Verträge noch nicht in               Mein grosser Dank gilt Herrn
ben gesetzt. Das neue Hallenbad                        trockenen Tüchern sind. Die Vor-                 Walter Burch, EWB-Projektleiter,
soll den Betrieb im Frühjahr 2023                      aussetzungen sind jedenfalls gege-               der mich in einer ausführlichen
aufnehmen, so dass die Wärmever-                       ben.                                             Zoom-Besprechung bereitwillig in
sorgung bereits Ende 2022 funkti-                      Bei so viel Wärmeproduktion stellt               die spannenden Hintergründe die-
onstüchtig und erprobt sein muss.                      sich natürlich die Frage, was im                 ses Vorhabens eingeweiht hat.

                                                                                                                                        23
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Ricola – Die Dame
des Hauses
                                                     Ein Portrait zum zehnjährigen Jubiläum am Tierspital

                                                     Wer am Tierspital Zürich den Kuhstall betritt, dem fällt sie
                                                     sofort auf, die schokoladen-braune, gemütlich dreinschauende
                                                     Braunvieh Kuh mit den weissen Haaren rund ums Flotzmaul.
                                                     Ricola bereichert seit zehn Jahren den Alltag an der Nutztier-
                                                     klinik und kennt die Klinik mit Sicherheit besser als manch
                                                     ein Assistenzarzt oder eine Assistenzärztin.
Autorin: Judith Harder
Fotos: wurden freundlich zur Verfügung
gestellt von von Karl Nuss
Im Dezember 2007 geboren und auf-
gewachsen am idyllischen Greifen-
see, wurde die schöne und gutmü-
tige Ricola 2011 entdeckt und vom
Departement für Nutztiere erwor-
ben, wo sie zukünftig als Panselfis-
telkuh für die Klinik tätig sein sollte.
Nach erfolgreicher Implantation der
Pansenfistel, es war das Zitat: «beste
Fistel», die Professor Karl Nuss,
Chefarzt der Nutztierchirurgie je
eingesetzt hat, konnte Ricola nun
also ihren Dienst antreten. Seit her
hat sie unzähligen Kühen Pansenin-
halt gespendet und damit massgeb-
lich zu deren Genesung beigetra-
gen.
Zu den Aufgaben von Ricola ge-
hörte lange Zeit jedoch nicht zur das
regelmässige Spenden von Pansen-
inhalt. In ihren zehn Jahren am Tier-
spital hat Ricola hunderte von Pro-
pädeutikstunden bestritten und
durch ihre ruhige und gemütliche
Art sicherlich die eine oder andere
Unsicherheit im Umgang mit 600
Kilogramm Rind beseitigt. Stets die                  Abbildung 1: Ricola, vor der Pansenfistel-OP

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                                                                                           Klauenpflege, wird sie deshalb alle
                                                                                           drei Monate mit dem Kipptisch ab-
                                                                                           gelegt.
                                                                                           Nicht nur die Abteilung für Chirur-
                                                                                           gie kennt Ricola als Patientin, auch
                                                                                           die Gynäkologie, zu welcher Ricola
                                                                                           offiziell gehört, hat sich schon mehr
                                                                                           als einmal Sorgen machen müssen
                                                                                           um ihre vierbeinige Mitarbeiterin,
                                                                                           so Ulrich Bleul. Nach mehreren
                                                                                           Mastitiden, welche mutmasslich
                                                                                           durch Euter-Propädeutikstunden
                                                                                           und Ziehkälbern ausgelöst wurden,
                                                                                           wurde Ricola nun von diesen Diens-
                                                                                           ten suspendiert, der Gesundheit zu
                                                                                           liebe.
                                                                                           Ricola hat selbst fünf Kälber gebo-
                                                                                           ren, vier davon am Tierspital. Von
                                                                                           den am Tierspital geborenen Kälber
                                                                                           ist ein am 6. Dezember geborenes
                                                                                           Stierkalb «Ricolaus» getauft wor-
         Abbildung 2: Ricola als Zieh-Mami für ein Wagyu-Kalb                              den, und das einzige Kuhkalb hört
                                                                                           auf den schönen Name Rusina, nach
                                                                                           der besamenden Studentin Ursina
Ruhe selbst, liess sie sich geduldig               am wohlsten. Obwohl sie täglich auf     benannt.
von Studierenden führen, anbin-                    die grosse Weide darf, und oft eine     Auch wenn die eigenen Kälber nicht
den, auskultieren und natürlich                    Kollegin dabei hat, scheint sie dies    bei Ricola geblieben sind, hat sie
ausgiebig kraulen und kuscheln.                    nicht sehr zu schätzen. Sobald es et-   ihre Mutterqualitäten, wie oben
Für Streichel- und Krauleinheiten                  was warm wird oder zu viele Flie-       kurz angesprochen, durchaus unter
ist Ricola immer zu haben, egal zu                 gen sie belästigen, bekundet Ricola     Beweis stellen können und ist schon
welcher Tages- oder Nachtzeit.                     laut stark, dass sie nun gerne wieder   einige Male als Ersatzmutter für
Viel Zuwendung erfahren jedoch                     hinein möchte. Diese tut sie mit sol-   schlecht trinkende kranke Kälber
nicht nur die Studierenden und An-                 cher Intensität, dass sich durchaus     eingesprungen (siehe Abbildung 2).
gestellten der Nutztierklinik von Ri-              schon Nachbarn über die Schreie         Wer partout nicht aus der Flasche
cola, sondern auch die wechselnden                 beschwert haben, so erinnert sich       trinken wollte, bekam eine letzte
Stallnachbarinnen, um die sie sich                 Professor Ulrich Bleul, Leiter der      Chance an Ricolas Euter, dies hat
hingebungsvoll kümmert. So kann                    Grosstierreproduktion.                  nicht selten geklappt und Kälberle-
man nicht selten beobachten, wie                   Ricolas Weidegang wird jedoch           ben gerettet!
Ricola ihre kranken Nachbarinnen                   nicht nur durch sich gestört füh-       Als beinahe Pensionistin, wird Ri-
liebkost und man könnte meinen,                    lende Anwohner*innen limitiert,         cola am Tierspital bleiben und mit
ihnen gut zuredet und sie beim Ge-                 sondern auch durch die Gesundheit       rauer Zunge und wachen Augen
sundwerden unterstützt. Und wenn                   von Ricolas Klauen. Seit einigen        den Alltag von Pfleger*innen, Stu-
dann eine Nachbarin nach Wochen                    Jahren sind die Klauen von Ricola       dierenden und Tierärzt*innen berei-
am Tierspital nach Hause entlassen                 ihre Schwachstelle und benötigen        chern und sich Streicheleinheiten
wird, geschieht dies oft nicht ohne                regelmässige und intensive Pflege.      und extra Portionen Heu einholen,
ein Abschieds-Muhen!                               So gutmütig Ricola im Alltag ist, so    obwohl sie eigentlich auf Diät ist,
Im Stall, wo ihre Kolleginnen sind,                vehement verweigert sie den Gang        aber wer kann der liebenswerten Ri-
fühlt sich Ricola dementsprechend                  in den Klauenstand. Für die nötige      cola auch widerstehen…?

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