Welche Energie wird die Mobilität der Zukunft an treiben? Die Antwort fällt schwer, weil Benzin und Diesel so rasch nicht zu ersetzen sind ...
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Welche Energie wird die Mobilität der Zukunft antreiben? Die Antwort fällt schwer, weil Benzin und Diesel so rasch nicht zu ersetzen sind. J A H R ESB E R I C H T
U Kennzahlen U Die Erdöl-Vereinigung in Kürze 1 Eckwerte 2 Editorial 4 Das Jahr im Überblick Inhalt 6 Leitartikel: Die Revolution des Treibstoffmarktes lässt auf sich warten 10 Gespräch zwischen Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, und Daniel Hofer, Präsident der Erdöl-Vereinigung ERDÖL IN DER SCHWEIZ 16 Robuster Absatz trotz höherer Preise 20 Die Energiewende wird Realität – doch zu welchem Preis, ist unklar 25 Erdölversorgung besteht Härtetest erfolgreich 30 Stabile Struktur der Erdölimporte 34 Erfolgreiche Qualitätsprüfungen für Diesel und Benzin E R D Ö L I N T E R N AT I O N A L 36 Rohölpreis erholt sich, Erdöl reserven und -förderung stabil O R G A N I SAT I O N 40 Vorstand, Geschäftstelle und Mitglieder 45 Glossar S TAT I ST I K E N 46 Tabellen
Kennzahlen 2016 2017 2016/2017 in Tonnen % Inlandabsatz 10 061 298 10 373 189 3.1 Benzin- und Dieselabsatz 5 185 807 5 159 007 −0.5 Absatz von Heizölen 2 578 694 2 878 713 11.6 Absatz von übrigen Produkten 583 214 580 425 −0.5 Importe von Rohöl und Erdölprodukten 10 653 405 10 573 735 −0.7 Importe von Rohöl 2 875 500 2 837 636 −1.3 Importe von Erdölprodukten 7 777 906 7 736 099 −0.5 Exporte von Erdölprodukten 1 073 140 1 031 480 −3.9 Ausstoss der Inlandraffinerie 2 958 581 2 836 287 −4.1
Die Erdöl- Vereinigung in Kürze Zum anderen vertritt die Erdöl- Vereinigung in allen branchenre levanten Fragen die Anliegen der Mineralölwirtschaft nach aussen. Dazu gehören insbeson- dere die qualitative N ormierung von Erdölprodukten, der Erhalt Die Erdöl-Vereinigung (EV) setzt oder die Schaffung des freien sich als Verband der schweizeri schen Erdölwirtschaft für die Wettbewerbs zwischen den Ener- gieträgern, die Behandlung von ▸ Wahrung und Förderung der In- Gesetzgebungsvorhaben und teressen ihrer Mitglieder ein. Die Vollzugsfragen im Energie-, Um- 27 Mitglieder t ätigen rund 95% welt- und Fiskalbereich, PR der schweizerischen Importe von und Werbung für Erdölprodukte Rohöl und Erdölprodukten. sowie die Unterstützung inno vativer Energieforschung im Erd- Die Aufgabe der Erdöl-Vereini- ölbereich. gung besteht zum einen d arin, für die allgemeine Öffentlichkeit, Die Erdöl-Vereinigung steht zu wie auch für die Branche selbst, einer demokratisch fundierten, eine Drehscheibe für Informatio- liberalen und privatrechtlich ge- nen zum Energieträger Erdöl zu stalteten Wirtschaftsordnung sein. Für alle Fragen, die den und greift in keiner Weise in den Transport, die Verarbeitung und brancheninternen Wettbewerb den Einsatz von Erdölproduk- ein. Sie ist politisch neutral ten betreffen, ist die Erdöl-Verei- und betreibt weder Handelsge nigung die erste Anlaufstelle schäfte noch bezweckt sie in der Schweiz. einen Gewinn.
1 911 748 Eckwerte 2017 hat die Pipeline Sappro 911 748 Tonnen Erdölpro- dukte befördert. Importe über die Pipeline Sappro waren seit 2003 nicht mehr so hoch. 55 % 1,64 513 % Der Absatz von Biotreibstoffen ist letztes Jahr wiederum um Die globale mehr als 50% gestiegen. Nachfrage nach Erdöl ist 1650 Mrd. 2017 um 1,64% gestiegen. Im Durchschnitt kostete eine 96 Tonne importiertes Rohöl und Die weltweit nachgewiesenen Erdölprodukte 513 Schweizer Erdölreserven wurden per Franken. Das sind 23% mehr Ende 2017 auf rund 1650 Mil als im Vorjahr. liarden Fass geschätzt. Die Reichweite der gesicherten 3382 Reserven beträgt somit 50 10 bis 60 Jahre. Am 1. Januar 2018 betrug die Der Bund entschied im Anzahl öffentlich zugäng- Sommer 2017, die CO2-Abgabe licher Tankstellen 3382. auf Gas und Heizöl per Dies entspricht einem Rück- Anfang 2018 auf 96 Franken gang von 42 Anlagen gegen- pro Tonne anzuheben. 25 über dem Vorjahr. 60 Ein Preisauf- schlag von bis zu E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 10 Rappen an der Zapfsäule ist laut Bund die Die 60. Mitgliederversamm- lung der Erdöl-Vereinigung % Folge des neuen fand am 30. Juni 2017 im Hotel Bellevue Palace Der Anteil der Inland- raffinerie am Inlandabsatz CO2-Gesetzes. in Bern statt. betrug im Jahr 2017 25%.
2 Editorial Ein global funktionierender Markt Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser Der steigende Ölbedarf hat vor allem mit dem zunehmenden Wohlstand in den grossen, bevölkerungsrei- chen Ländern Asiens und Südameri- kas zu tun. Die Bevölkerung dieser Länder leistet sich zunehmend indi viduelle, motorisierte Mobilität und privaten Konsum, beides Treiber des Ölverbrauchs. Dass diese Nach- frage noch lange befriedigt werden Dem früheren saudischen Ölminis- kann, zeigt die zeitliche Reichweite ter wird folgender Spruch nachge- der nachgewiesenen und zu heu sagt (sinngemäss): «Das Steinzeital- tigen Kosten förderbaren Ölreserven. ter ging nicht zu Ende, weil plötzlich Seit 2011 beträgt diese immer mehr keine Steine mehr da waren.» So als 50 Jahre. Zum letzten Mal unter wird es auch mit dem Erdölzeitalter der kritischen Marke von 40 Jahren sein. Ob, wie viel und wie lange war diese Kennzahl in den 1970er- Öl gefördert und verbraucht wird, und 1980er- Jahren des vorigen Jahr- bestimmen nicht so sehr die Produ- hunderts. E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 zenten, sondern eher die Konsu- menten. Weltweit denken diese aber In der schweizerischen Energiepo noch nicht an ein Ende des Erdöl- litik werden die fundamentalen Tat- zeitalters, steigt doch die Nachfrage sachen des Energiemarktes syste- nach dem schwarzen Gold kons- matisch aus der Wahrnehmung tant jedes Jahr um 1–2%. verbannt. 2016 betrug der Welt-Erd-
3 Editorial Welt-Erdölverbrauch in Millionen Fass pro Tag 100 001 80 08 60 06 40 04 20 02 0 Energiepreise angewiesen sind. Jede 0 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 staatliche Intervention in den pri- vatwirtschaftlich organisierten Ener- giekreislauf führt zu einer Verteue- rung der Energie. Wir Schweizer haben einmal mehr Glück, denn wir können das Scheitern einer dirigis tischen Energiepolitik sehr gut bei unserem nördlichen Nachbarland be- obachten. Wir hätten jetzt eigentlich die Chance, die gleichen Fehler zu ölverbrauch 4418 Mio. Tonnen, wäh- vermeiden, indem wir den Marktkräf- rend die Schweiz gerade einmal ten wieder mehr Bedeutung schen- 10 Mio. Tonnen Öl oder leicht mehr ken würden. Das bedeutet im Klar- als 2 Promille verbrauchte. Trotz- text keine faktischen Technologie- dem glauben unsere Behörden und verbote und eine Bepreisung von ein Teil unserer Parlamentarier CO2, die sich an einem international ernsthaft, sie könnten mit einer diri- gängigen Preisniveau orientiert. gistischen CO2-Gesetzgebung die In der Botschaft des B undesrates an Welt vor einer Klimaerwärmung von das Parlament zur Novelle des CO2- mehr als 2 Grad schützen. Gesetzes sind beide Forderungen nicht erfüllt. Wir haben also noch E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 Solche Sichtweisen zeugen nicht nur viel zu tun. von einer unverständlichen Selbst überschätzung, sondern auch von einer unüberlegten Arroganz gegen- über denjenigen, die in ihrem tägli- DA N I E L H O F E R chen (Über-)Leben auf günstige P R Ä SI D E N T D E R E R D Ö L-V E R E I N I G U N G
4 Das Jahr im Überblick Hafenfest Vom 19. bis 21. Mai findet in Birsfelden das Hafenfest statt. Die Tanklager der Varo und TAU stellen sich der Bevölkerung mit März Das Jahr einer Begegnungs-Lounge vor. 2017 im Europäischer Emissionshandel Die EU-Staaten einigen sich auf eine Reform Überblick des Emissionshandels. Die Zahl der an die Industrie und Stromerzeuger abgegebenen Emissionsrechte wird ab 2021 jährlich um 2.2% verringert. KELS gescheitert Der Nationalrat beschliesst stillschweigend, nicht auf das Klima- und Energielenkungs- system einzutreten. Energiestrategie Am 21. Mai sagt das Stimmvolk ja zum neuen Energiegesetz. Dieses ist ein wichtiger Bestandteil der Energiestrategie 2050 des April Bundes. Ab 2020 dürfen Neuwagenflotten nur 95 g CO2 pro km ausstossen. Fernwärmenetze Die Lauterkeitskommission sieht im «Hand- Juni Januar schellen-Inserat» der Erdöl-Vereinigung keinen unlauteren Wettbewerb. Das Inserat mache auf real existierende Probleme aufmerksam, die beim Anschlusszwang Ölpreis Erdölpreis an Fernwärmenetze entstehen. Der Rohölpreis erreicht am 22. Juni den Der Erdölpreis stagniert bei rund 50 Dollar Jahrestiefststand von 44 Dollar pro Fass. pro Fass. Energiestatistik US-Pipeline-Projekte Erdöl deckt weiterhin rund die Hälfte des US-Präsident Trump deblockiert den Bau Energiebedarfs der Schweiz ab. Der Treib- zweier Erdöl-Pipelines: Keystone-XL für stoffverbrauch ist leicht rückläufig, der Ver- den Transport von Bitumen aus der Provinz brauch an Flugpetrol nimmt weiterhin zu. Alberta an den Golf von Mexiko, Dakota- Access zwischen North Dakota und Illinois. Elektromobilität Der Bundesrat beschliesst, die Rahmenbe- dingungen zur Schaffung eines leistungs- starken Netzes von Ladestationen entlang Februar der Nationalstrassen zu verbessern. Mai 30. Juni: Mitgliederversammlung Strassenfinanzierung gesichert der EV in Bern Am 12. Februar sagen Volk und Stände ja zur Sie wählt Martin Thomsen als Vertreter der Schaffung eines Nationalstrassen- und Jungfernfahrt der MS Diamant BP in den Vorstand. Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF). Damit auf dem Vierwaldstättersee E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 wird sichergestellt, dass das Verkehrsnetz Dank des neuartigen Hybridantriebs kann in der ganzen Schweiz verbessert werden rund 20% Energie gegenüber einem kann. Der Fonds wird in Zukunft durch Preis konventionellen Schiff eingespart werden. aufschläge beim Treibstoff finanziert. Das Projekt wurde auch mit Fördermitteln des EV-Forschungsfonds unterstützt. Widerstand gegen die Energiestrategie 12. Mai: Delegiertenversammlung Das Referendum gegen das revidierte Ener- von Swissoil giegesetz kommt zustande. Es wurde u. a. Gastreferent war der Solothurner Stadtpräsi- von Swissoil aktiv unterstützt. dent und FDP-Nationalrat Kurt Fluri.
5 Das Jahr im Überblick Oktober Energiegesetz Basel-Stadt Am 1. Oktober tritt in Basel ein neues kan tonales Energiegesetz in Kraft. Mit fossilen Brennstoffen betriebene H eizungen sollen Juli nach Ablauf ihrer Betriebsdauer durch erneuerbare Systeme oder durch den An- Förderbeschränkung zur Stützung des Rohölpreises schluss ans Fernwärmenetz ersetzt werden. Die Opec-Staaten und ihre Partner des Mobility Pricing Förderabkommens führen die im November Ausbildung 2016 beschlossene Produktionsbeschrän- Der Bundesrat verzichtet auf Pilotversuche. Am 9. und 10. Oktober führte die Erdöl- kung für ein weiteres Jahr fort. Förderstaaten, Verschiedene offene Punkte wie der Daten- Vereinigung für die Lernenden des 2. und die nicht dem Abkommen unterliegen, schutz müssen zuerst abgeklärt werden. 3. Lehrjahres in der Branche den alljähr dehnen ihre Förderung hingegen massgeb- lichen Branchenkurs durch. Er fand in Mag- CO2-Abgabe lich aus. glingen statt und war mit einem Besuch Der Bundesrat beschliesst, die CO2-Abgabe der Raffinerie Cressier verbunden. Klimaschutz auf Brennstoffen per 1. Januar 2018 von 84 auf 96 Franken pro Tonne CO2 zu erhöhen. Vom 6. bis 17. November findet in Bonn die Was tanken wir in Zukunft? UN-Klimakonferenz COP23 statt. Sie hat Erneut wurden die Reduktionszwischenziele Am 25. Oktober führt die Erdöl-Vereinigung zum Ziel, erste Schritte für die Umsetzung gemäss geltendem CO2-Gesetz knapp ver- in Zürich einen Branchentag unter dem des Pariser Abkommens zu definieren. fehlt. Motto «Treibstoffe der Zukunft» durch. Ver- treter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik diskutierten mit dem Publikum über August die Vor- und Nachteile verschiedener Dezember Antriebsenergien. Bahnunterbruch bei Rastatt CO2-Gesetz Zwischen dem 12. August und dem 1. Oktober Am 1. Dezember legt der Bundesrat die Bot- konnten keine Züge mehr die wichtigste schaft für die Totalrevision des CO2-Gesetzes Strecke der Verkehrsachse Rotterdam-Genua vor. Für die EV ist der Vorschlag nicht ziel befahren. Eine Freigabe von Pflichtlagerbe- führend: trotz hoher Kosten für Wirtschaft ständen lässt sich dank Koordination in der und Privathaushalte entsteht kein wirksamer Mineralölbranche trotzdem vermeiden. Beitrag zum Klimaschutz. Arbeitnehmerschutz September Am 13. Dezember wurde der Gesamtarbeits- vertrag der Tankstellenshops vom Bundesrat für allgemeinverbindlich erklärt. Damit Medienreise nach Cressier November geht eine 5 Jahre dauernde Verhandlungs- phase erfolgreich zu Ende. Am 12. September organisierte die Erdöl- Vereinigung eine Medienveranstaltung in Cressier, die der Besichtigung derRaffinerie Auto-Zürich diente und dem Thema Versorgungssicher- Zusammen mit weiteren Partnern informiert heit gewidmet war. Movi-mento an der Auto-Zürich über das Potenzial von Wasserstoff in der Mobilität. E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 Toyota, Hyundai und Honda präsentieren ihre Brennstoffzellen-Modelle. © Bilder: EV; Hyundai Erdölpreis Der Rohölpreis war während des ganzen Jahres nie höher als am 31. Dezember: 65 Dollar pro Fass.
6 Leitartikel Antriebsenergien, die als ernsthafte Kandida- ten für den Ersatz der Fossilen gehandelt werden wollen, müssen also anhand folgender Kriterien beurteilt werden: — Der Energieeinsatz soll für Industrie und Private wirtschaftlich tragbar sein. Die Revolution — Der Energieträger soll hinsichtlich seiner Speicherung anpassungsfähig sein und resili- im Treibstoff- ente w Versorgungspfade bieten. — Nicht nur der Verbrauch, sondern auch die markt lässt auf Produktion der Energie soll im Einklang stehen mit den Anforderungen des Natur-, Umwelt- sich warten und Gesundheitsschutzes. Werden Batterien die Mobilität Welche Energie wird die dominieren? Mobilität der Zukunft Batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) schnei den in diesem Wettbewerb bei einigen der ge- antreiben? Die Antwort nannten Kriterien verhältnismässig schlecht ab fällt schwer, weil Benzin und dürften deshalb bis auf Weiteres eine Ni- schenanwendung bleiben. Zunächst einmal wird und Diesel so rasch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Belas- nicht zu ersetzen sind. tung, die der Aufbau eines flächendeckend funk tionsfähigen Mobilitätsstromnetzes mit sich bringen würde, noch viel zu selten in die Gesamt- beurteilung der Elektromobilität einbezogen. Von den Netzbetreibern in Deutschland sind beispiels- weise in jüngster Zeit alarmierende Sig- Durch den eindi nale zu vernehmen: das heutige Strom- netz ist auf einen Boom von Elektromobilen mensionalen Fokus nicht vorbereitet. Um Engpässe, Blackouts auf den CO2-Aus- und Überlastungen zu vermeiden, sind In- stoss gehen die un- vestitionen in den Netzausbau in der Höhe übertroffenen Vor- von mehreren Milliarden Euro notwendig, teile der fossilen schätzen die Experten. Batterien, Biotreibstoffe u , synthetische Treib- Energieträger gerne Vor 2025 bis 2030 wird zudem die Bat- stoffe, Gas und Wasserstoff: sie alle werden als vergessen. terietechnologie keinen entscheidenden Kandidaten gehandelt, die dereinst Benzin und Fortschritt machen, weder bezüglich Ener- Diesel ablösen sollen. Bei ihrer Bewertung steht in giedichte noch beim Ersatz von Kobalt. Das heisst, u B I OT R E I B - der Regel allein ein Kriterium ganz oben auf der STO F F E dass die BEV in den kommenden Jahren mit der Liste: die Reduktion des CO2-Ausstosses v. Fragt Mehr dazu ▸ S. 45 bekannten Reichweitenproblematik zu kämpfen sich bloss, weshalb die alternativen Treibstoffe haben werden. Der massenhafte Einsatz von Ko- und Technologien trotz dieses scheinbar entschei- v CO 2- AU SSTOSS balt zeigt exemplarisch einige der Probleme dieser Siehe dazu auch die denden Vorteils nach wie vor ein Nischendasein Infografiken zu den Technologie auf: E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 führen. Durch den eindimensionalen Fokus auf CO2-Emissionen bei — Mehr als 50% der weltweiten Kobaltvorkommen den CO2-Ausstoss gehen die unübertroffenen Vor- Treibstoffen und liegen in der demokratischen Republik Kongo, Brennstoffen in der teile der fossilen Energieträger gerne vergessen. Schweiz und im oft kontrolliert von lokalen Banden oder War- Für den Endkonsumenten äussern sich diese Vor- globalen Vergleich lords. Der Abbau in diesen Gegenden ist zu teile in der Selbstverständlichkeit, jederzeit, über- ▸ S. 23 grossem Teil Kinderarbeit und erfolgt ohne jeden all und mit geringem Aufwand kostengünstige Gesundheits- und Umweltschutz. Wir sollten Energie nutzen zu können. Dazu kommt die strate- w R ESI L I E N Z auf der Suche nach einer besseren Welt nicht auf Die Resilienz ist die gische Bedeutung der Lager- und Speicherfähig- Fähigkeit, Krisen zu eine Technologie setzen, die uns von solchen keit fossiler Energieträger. bewältigen. Ressourcenquellen abhängig macht. ▸
7 Absatz Biotreibstoffe in der Schweiz Seit der Einführung einer Kompensationspflicht Leitartikel im Jahr 2013 wächst der Absatz von Biotreib stoffen rasant (in Millionen Liter, Daten: Carbura). 2011 2012 2013 2014 5,0 4,0 3,8 7,5 9,8 11,0 12,0 23,0 2015 2016 2017 28,6 43,2 34,7 44,9 81,8 137,3 Bioethanol Biodiesel Kompensation CO2 Dank dem Einsatz von Biotreibstoffen können erhebliche Mengen CO2 im Verkehr eingespart werden (Daten: Biofuels) in Tausend Tonnen CO2 500 400 E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 300 200 100 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
8 Leitartikel — Die Resilienz der Lieferkette ist besorgniserre- gend: 42% der Verhüttungskapazitäten von Ko- balterzen liegen in China, was zwangsläufig zu einer Abhängigkeit von einer Regierung führt, die für ihre harte und protektionistische Wirt- schaftspolitik bekannt ist. Vor dem Hintergrund Es spricht einiges der wachsenden geopolitischen Spannungen dafür, dass bis im asiatischen Raum sollten wir vorsichtig Mitte des nächsten damit sein, unsere Wirtschaft regulatorisch in Jahrzehnts die solche Abhängigkeiten zu drängen. den nächsten Jahren wird die heute noch — Auch in der Preisentwicklung bei den Batterien Hybridfahrzeuge sehr bescheidene Palette an Fahrzeugen wird sich wesentlich weniger bewegen als ge- dominieren. mit Brennstoffzellen erweitert, sowohl bei meinhin vermutet wird. Zwar werden die Pro- den PKW wie auch bei den LKW. Gerade für duktionskosten für die Aggregate sinken, diese den Schwerverkehr ist die Technologie wegen der Zugewinne werden aber von den steigenden Grenzen der Batterie von besonderem Interesse. Rohstoffpreisen wieder zunichte gemacht wer- Konsequenterweise wird aus all diesen Gründen den. Im Oktober 2016 lag der Weltmarktpreis auch die Zahl der H2-Tankstellen in den nächsten für ein Kilo Kobalt bei rund 26 Franken, im Früh- Jahren ansteigen. jahr 2018 bei deutlich über 60 Franken. Bedeutende Hybridtechnologie Die «alternative Elektromobilität» Auch die ermutigenden Signale aus der Wasser- Die Nachteile der batteriebetriebenen Die Nachteile der stoff-Welt sollten indes nicht dazu verleiten, den Fahrzeuge brauchen allerdings keine Ab- batteriebetriebenen Verbrennungsmotor abzuschreiben. Betrachtet sage an die Elektromobilität als solche Fahrzeuge brauchen man den Zeitraum 2018–2025, werden nicht die nach sich zu ziehen. Elektromotoren sind Elektrofahrzeuge zur massgeblichen Absenkung keine Absage an zweifellos attraktiv, aus energiepolitischer der Emissionen beitragen, sondern die Hybride. die Elektromobilität wie aus Konsumentensicht. Falls die Elekt- Als grosser nächster Schritt steht uns die Reduk- als solche nach sich romobilität einen bedeutenden Marktan- tion der Flottenemissionen von heute 130 g/km teil x erzielen sollte, wird es aus den ge- zu ziehen. auf 95 g/km bevor, eine Emissionsreduktion also nannten Gründen von Vorteil sein, dass um rund 20–25%. Zulieferer der Automobilbran- diese Fahrzeuge ihre Energie über eine zum Bei- che wie Bosch oder Continental haben in den letz- spiel mit Wasserstoff (H2) betriebene Brennstoff- ten Jahren stark in die Entwicklung von 48-Volt- zelle (Fuel Cell) beziehen. In der Praxis haben Bordsystemen investiert und beginnen nun die «Fuel Cell Cars» einiges zu bieten: Der Antrieb ist Serienproduktion hochzufahren. Sogenannte Mild E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 elektrisch, aber die Ladezeit ist vergleichbar zum x M A R K TA N T E I L hybride y könnten die genannte 20%-Reduktion herkömmlichen Tankvorgang, es besteht kein zu- E L E K T R O M O B I im Alleingang schaffen. Bei diesen Systemen han- L I TÄT sätzlicher Platzbedarf am Ort der Betankung und Siehe dazu auch Info- delt es sich um klassische Verbrennungsantriebe, es braucht dort auch keine zusätzlichen Investitio- grafiken «Neue In die über das 48-V-Bordsystem diverse Strategien nen in die Stromversorgung. Das für die Tankstel- verkehrssetzungen» zur Emissionsminderung ermöglichen. Je nach und «Strassenfahr- len entscheidende Argument lautet: betankt wird Ausführung und Dimensionierung dieser Systeme zeugbestand» ▸ S. 18 dieses Elektromobil an der Tankstelle. Hier befin- wird auch ein rein elektrisches Fahren im urbanen den sich das Know-how, die Infrastruktur und die y MILDHYBRIDE Raum bei tieferen Geschwindigkeiten möglich Logistik, um mit dem Treibstoff H2 umzugehen. In Mehr dazu ▸ S. 45 sein.
9 Leitartikel Mit dem stetig Mildhybride kommen im Vergleich zu wachsenden Anteil den Plug-in-Hybriden ohne grosse Batte- der Biotreibstoffe rien aus, was nicht nur die Kosten senkt, geht eine beacht- sondern auch massiv Gewicht spart. Bei der Systemintegration bestehen keine liche Reduktion der Hürden, da keine zusätzliche Infrastruktur CO2-Emissionen benötigt wird. Verhaltensänderungen des einher. Konsumenten sind ebenfalls nicht not- wendig; Autofahrer können solche Fahrzeuge nor- mal betanken und nutzen, ohne sich über die Technologie in ihrem Fahrzeug Gedanken machen zu müssen. Kurz: Es spricht einiges dafür, dass bis Mitte des nächsten Jahrzehnts die Hybridfahr- zeuge die Neuwagenflotten dominieren. Biosprit und synthetische flüssige Treibstoffe Vor einigen Jahren hat die Mineralölwirtschaft be- gonnen, den fossilen Treibstoffen innerhalb der Norm biogene Komponenten beizumischen. Seit- her wächst der Anteil der Biotreibstoffe z konti Im Markt der Ener- nuierlich von Jahr zu Jahr. Damit einher geht einer- gieträger wird es seits eine beachtliche Reduktion des durch den bis zur Mitte des Strassenverkehr verursachten CO2-Ausstosses {. nächsten Jahrzehnts Gleichzeitig sammeln Mineralölbranche und Be- voraussichtlich hörden Erfahrungen, die sich für die Beimischung keine grossen Ände- auf der Basis von Elektrolysewasserstoff von CO2-armen Komponenten in Zukunft als nütz- rungen geben, und gasförmigem CO2 zu synthetisieren lich erweisen dürften. was den Produkt- (Power-to-Liquid). Der Treibstoffsektor Das Potenzial der biogenen Treibstoffe ist be- wird hier von Synergieeffekten mit der che- mix angeht. grenzt. Für den europäischen Raum beziffern es mischen Industrie profitieren. In den Jah- die meisten Studien mit einem Marktanteil im tie- ren ab 2020 werden wir in Europa die ers- fen zweistelligen Prozentbereich. Auf dem Schwei- ten grösseren Pilotanlagen für die Produktion zer Markt würde das bis ins Jahr 2025 ein Wachs- solcher flüssigen Kohlenwasserstoffe sehen. tum um 50 000 bis 80 000 Kubikmeter Biotreibstoff In dieser Beimischung, kombiniert mit Hybrid- bedeuten. Nach dessen Ausschöpfung dürften technologien, liegt wohl der Schlüssel zur nach- vermehrt synthetische Beimischkomponenten haltigen und langfristig vollumfänglichen CO2- E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 zum Einsatz gelangen. Reduktion im Mobilitätssektor. Im Markt der In der aktuellen Debatte rund um die Emis Energieträger wird es bis zur Mitte des nächsten z ANTEIL BIO sionsreduktion beim Strassenverkehr geht bei- T R E I B STO F F E Jahrzehnts voraussichtlich keine grossen Ände- nahe vergessen, dass auch die chemische Indust- Siehe dazu auch Info- rungen geben, was den Produktmix angeht. Der rie in Europa auf flüssige Kohlenwasserstoffe als grafiken «Absatz gesamte Treibstoffabsatz dürfte zwar zurückgehen, Biotreibstoffe in der Rohstoff angewiesen sein wird. Auch in diesem wie viel, ist aber schwer zu sagen. Möglicherweise Schweiz». ▸ S. 7 Sektor soll eine Abkehr von Mineralöl stattfinden. wird der Rückgang bei wenigen Prozent liegen – Unabhängig vom Bedarf im Strassenverkehr wer- { CO 2 -AU SSTOSS wenn er nicht durch das weiterhin erwartete den Ansätze verfolgt, flüssige Kohlenwasserstoffe Mehr dazu ▸ S. 23 Wachstum der Verkehrsleistung gar stabil bleibt. ■
10 Interview Schweizer Wirt- schaft hat die Ausstieg aus den Subventionen schaffen, nament- Hausaufgaben lich aus der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV). Dies interessiert uns aus der Sicht der KMU gemacht ganz besonders. Weil diese Betriebe meist nicht zu den energieintensiven Unternehmen gehören, ist ihnen der freie Wettbewerb versperrt. Der Direktor des Schwei- D A N I E L H O F E R : Wir waren gegen das Energie- zerischen Gewerbever- gesetz, weil wir in ihm den ersten Schritt sehen für eine Energie- und Klimapolitik, deren Zielsetzun- bands und der Präsident gen unserer Wirtschaft und unserer Branche scha- der Erdöl-Vereinigung den. Wir sagten uns «Wehret den Anfängen». Wir teilen aber die Meinung, dass das Gesetz keine äussern sich im Gespräch Energiewende bewirken wird, es beinhaltet auch zur energie- und klima keine Strategie, wie es immer geheissen hat, son- dern es ist einfach ein Strommarktgesetz mit politischen Lage. einigen Zusätzen. Es enthält Elemente, die uns de- HANS-ULRICH finitiv keine Freude bereiten, zum Beispiel die ver- BIGLER ist Direktor des schärften Emissionsvorschriften für Fahrzeuge. Schweizerischen Ge- Auch die Energieverbrauchsziele des Bundes, wie werbeverbands sgv, sie nun festgehalten sind, erscheinen uns nach Vorstandsmitglied wie vor als unrealistisch. im Hauseigentümer- verband des Kantons B I G L E R : Das Energiegesetz ist tatsächlich nicht Zürich, Nationalrat das Gelbe von Ei, es wird nicht alle Probleme lösen. FDP und Vizepräsi- Die Befürworter sind zum Beispiel davon ausge- dent der Energie- Agentur der Wirt- gangen, dass nun zumindest keine neuen Subven- schaft. Hans-Ulrich tionstatbestände geschaffen werden. Wenn wir Bigler hat Volks- und aber schauen, was aktuell bei der Diskussion um Betriebswirtschafts- lehre an der Universi- die Wasserkraft geschieht, müssen wir festhalten, 2017 war die Abstimmung über das Energiegesetz tät Bern studiert und dass die Voraussetzungen dafür erneut nicht er- im Mai das wesentliche energiepolitische Ereig- sich an der Harvard füllt werden. Wir beurteilen auch die Ziele im Ener- Business School im nis. Der Schweizerische Gewerbeverband und die giegesetz als sehr ambitiös. Die Hoffnungen ruhen Bereich Executive Erdöl-Vereinigung engagierten sich nicht auf Education weiterge- hier auf Innovation und neuen technologischen derselben Seite. Haben sich die Hoffnungen der bildet. Verfahren. Befürworter oder die Befürchtungen der Gegner H O F E R : Das grundsätzliche Problem der Sub- erfüllt? DANIEL HOFER ventionen ist ja, dass sie einzelne Technologien ist seit Sommer 2016 E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 H A N S - U L R I C H B I G L E R : Wir haben damals die bevorzugen und andere benachteiligen. Damit Präsident der Erdöl- Ja-Parole gefasst. Das ganze Gesetz wurde ja viel- Vereinigung (EV) mit wird die Entwicklung von staatlichen Behörden ge- fach als Energiewende bezeichnet. Meiner Mei- Sitz in Zürich. Seit steuert, die gar nicht wissen können, welches die 2003 ist Daniel Hofer nung nach ist dies eine Überbewertung. Es handelt beste Technologie ist und was sich noch entwi- CEO der Migrol AG sich um eine Fortsetzung der Energiegesetzge- und in dieser Funk- ckeln kann. Als Branche, die sich im Markt dem bung, wie wir sie schon vorher kannten. Mit dem tion auch Mitglied freien Wettbewerb stellt, könnten wir solche Ein- des Vorstands der EV. alten Gesetz befanden wir uns in einer Subven griffe nicht befürworten. Insofern müssten wir dem Ab 2014 war er zudem tionswirtschaft. Das neue Gesetz bietet zumindest als deren Vizepräsi- Energiegesetz zustimmen, falls es wirklich zu we- die Chance, dass wir einen zeitlich definierten dent tätig. niger Subventionen führt. ▸
Hans-Ulrich Bigler und 11 Interview Daniel Hofer sind in Sachen Klimaschutz einig: Dem Klima ist es egal, wo man das CO₂ einspart. Die starren Vorgaben des Entwurfs zum CO₂-Gesetz zu Reduktionszielen im In- und Ausland müssen aufgehoben werden. E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017
12 Interview wird sich auch die Wirtschaft dafür einsetzen müs- sen, dass am politischen Willen festgehalten wird, wie er im Energiegesetz zum Ausdruck kommt. «Die Schweizer Wirt- Über den recht deutlichen Volksentscheid wird schaft hat beim man nicht tel quel hinweggehen können. Es gilt, Klimaschutz den Tat- den Volkswillen umzusetzen. beweis erbracht und die vom Bund Im Gegensatz zum Energiegesetz ist das CO2- Gesetz u von grosser Bedeutung für unsere gesetzten Ziele über- Branche wie auch für das Gewerbe und die Be- troffen.» völkerung. Hier werden nun auch die Kosten HANS-ULRICH BIGLER der Klimapolitik ein Thema. H O F E R : Wir haben die Rechnung ja schon ge- macht, was es bei den Treibstoffpreisen bewirkt. Je nachdem, was vom Treibstoffhandel erwartet wird, Werden denn nun Subventionen abgeschafft? kann es eine recht deutliche Verteuerung auslö- Von einem Gegenbeispiel haben wir nun bereits sen. Wir sprechen da schnell einmal von 10 Rap- gehört. pen pro Liter, wenn 15% des CO2-Ausstosses mit H O F E R : Subventionen sind doch immer schwie- Massnahmen im Inland kompensiert werden müs- rig loszuwerden. Subventionen lösen bei den Un- sen. Das ist für unsere Branche vor allem ternehmen Investitionen aus. Nehmen wir das Bei- dann ein Problem, wenn es zu grossen spiel der Biotreibstoffförderung in Deutschland. In «Mit Subventionen Preisdifferenzen gegenüber dem Ausland den vergangenen Jahren haben viele Unterneh- wird die Entwick- führt. Wir verlieren Geschäft im Inland an men in die entsprechende Infrastruktur investiert. lung von staatlichen die ausländischen Nachbarn. Das ist na- Dann wurden relativ kurzfristig die Subventions- Behörden gesteu- türlich auch für den übrigen Detailhandel gelder heruntergefahren, was zu einigen Konkur- ert, die gar nicht ein Thema und nicht zuletzt für die Bun- sen geführt hat. Das kann ja dann auch nicht das wissen können, wel- deskasse ebenfalls. Durch eine allfällige Ziel sein. Wenn der Staat die Privaten erst einmal ches die beste Abwanderung des Treibstoffkonsums ins zu einem von ihm gewünschten Handeln verleitet Technologie ist.» Ausland gehen Einnahmen aus der Mine- hat, kann er sich kaum wieder heraushalten, ralölsteuer definitiv verloren. Solch einsei- DA N I E L H O F E R selbst wenn es sich als Fehlanreiz herausstellen tige Massnahmen erachten wir nicht als sollte. sinnvoll, weil sie ja auch dem Klima über- B I G L E R : Den Tatbestand der Subventionierung haupt nichts nützen. hatten wir bereits im alten Energiegesetz. Die B I G L E R : Genau: das Klima macht ja nicht an Energiewirtschaft ist eine der bestsubventionier- der Schweizer Grenze Halt. Wir pflichten dem E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 ten Branchen, das ist nicht zu bestreiten. Mit dem CO2-Reduktionsziel von 50%, zu dem sich die neuen Energiegesetz haben wir die Chance ge- Schweiz in Paris verpflichtet hat, grundsätzlich bei. nutzt, einen Ausstiegspfad zu definieren. Schluss Nur hat das Gesetz in der jetzigen Form einige Kon- endlich ist es eine Frage des politischen Willens, struktionsfehler: Zum einen ist es zu wenig flexibel ob man tatsächlich aus dem Subventionsmecha- und erlaubt uns nicht Massnahmen zum Klima- nismus aussteigt. Die geschilderten Risiken beste- schutz, die wir im Ausland tätigen und im Ver- hen tatsächlich, aber das Gesetz definiert immer- gleich zu jenen in der Schweiz preisgünstig sind, hin einen Zeitpunkt, an welchem sich das u CO 2- G ESE T Z anzurechnen. Zum anderen berücksichtigt es die Parlament dazu Gedanken machen muss. Dann Mehr dazu ▸ S. 45 enormen Anstrengungen zu wenig, die von den Fir-
13 Interview men bereits in der jetzigen Phase unternommen werden. Der Ansatz mit einem Anreizmodell hat sich als erfolgreich erwiesen, das sehen wir bei «Durch eine allfäl- der Energieagentur der Wirtschaft. Und schliess- lige Abwanderung lich ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb bei des Treibstoff der CO2-Abgabe der Preis pro Tonne CO2 von 120 konsums ins Aus- auf 210 Franken erhöht werden soll. Das sind im in- land gehen ternationalen Vergleich mit Abstand die höchsten Einnahmen aus der CO2-Kosten, und das ausgerechnet in einem Land, Mineralölsteuer das nur gerade knapp ein Promille des weltweiten definitiv verloren.» CO2-Ausstosses v verursacht! Das Gesetz des ab- DA N I E L H O F E R nehmenden Grenznutzens macht den Klimaschutz in der Schweiz so teuer. Wir verteuern die Produk- tionskosten im Inland, ohne dass wir für den Kli- maschutz einen nennenswerten Beitrag leisten können. land: Auch die Biotreibstoffe sind eine Erfolgsge- H O F E R : Wenn wir unsere Energie künst- «Mit dem neuen schichte aus jüngerer Zeit. Wir tun bereits vieles, lich verteuern, verlieren wir an Wettbe- aber man darf den Bogen nicht überspannen, Energiegesetz haben werbsfähigkeit. Das ist für ein Land, das sonst versagt das System. Es braucht ein gesun- wir die Chance ge- bereits hohe Personalkosten hat, nicht des Augenmass sowohl bei der Zielvorgabe als nutzt, einen Aus- sinnvoll. Wir sollten vollständig frei sein, auch bei der CO2-Bepreisung. Bei dieser Gesetzes- stiegspfad aus den wo wir CO2-Reduktion betreiben wollen. vorlage wird nun eindeutig übertrieben. Eine eingesparte Tonne CO2 ist eine einge- Subventionen zu de- B I G L E R : Auch im Gebäudebereich wird der Er- sparte Tonne CO2, für das Klima spielt es finieren.» folg des Gesetzes im Parlament davon abhängen, keine Rolle, wo dies erfolgt. Wir importie- HANS-ULRICH BIGLER ob man einen gangbaren Weg findet zwischen Kli- ren ja auch sehr viel CO2-Emissionen, die maschutz und der wirtschaftlichen Tragbarkeit. im Ausland entstehen, über die Güter. Es Auch hier geht es um die Verhältnismässigkeit der wäre nichts als logisch, in dem Umfang auch Re- Massnahmen. duktionsmassnahmen im Ausland zu finanzieren. Die Bedenken gehen aber dahin, dass wir uns Sprechen wir noch über die zunehmenden Mobi mit Massnahmen im Ausland aus der Verantwor- litätsbedürfnisse unserer Gesellschaft. Wie E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 tung stehlen wollen. sollen sie finanziert werden, wenn sich stets we- B I G L E R : Die Schweizer Wirtschaft ist bereits niger Einnahmen aus der Mineralölsteuer er grün! Sie hat wie gesagt den Tatbeweis beim Kli- v CO2- AU SSTOSS zielen lassen? Siehe dazu auch die maschutz erbracht und die vom Bund gesetzten H O F E R : Man wird sich sehr wohl Gedanken ma- Infografiken zu den Ziele übertroffen. Wir machen im Inland seit 20 CO2-Emissionen bei chen müssen zu den Finanzierungsmodellen des Jahren Ernst mit dem Klimaschutz. Treibstoffen und Individualverkehrs. Im Endeffekt müsste man kon- Brennstoffen in der H O F E R : Und mit Auslandgeschäften verfügen sequenterweise die Strassenbenützung als solche Schweiz und im wir dank der Aktivitäten der Stiftung Klimarappen globalen Vergleich. besteuern, unabhängig davon, mit welchem An- über jahrelange Erfahrung. Aber nochmals zum In- ▸ S. 23 trieb man unterwegs ist. ▸
14 Interview «Infrastrukturpro- bleme entstehen nicht wegen Finan- zierungsengpässen, sondern weil wir in einem Umsetzungs- stau stecken.» B I G L E R : Ich sehe das pragmatisch und sage: HANS-ULRICH BIGLER das Finanzierungsproblem haben wir für die nächsten 20 Jahre mit dem Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds NAF gelöst. Die politische Diskussion ist geführt, es geht nun darum, die Fonds zu alimentieren und keine Zweckentfremdung zuzulassen. Infrastruk- «Eine eingesparte turprobleme entstehen nicht wegen Finan- Tonne CO2 ist eine zierungsengpässen, sondern weil wir in eingesparte Tonne einem Umsetzungsstau stecken. Es han- CO2, für das Klima delt sich in der Regel um sehr langfristige Projekte, die zudem mit Einsprachen wei- spielt es keine Rolle, ter verzögert werden können. wo dies erfolgt.» DANIEL HOFER Müssten also die Einsprachemöglichkei- ten beschränkt werden? B I G L E R : Bei Infrastrukturprojekten, die eine nationale Bedeutung haben, sollte man über eine Straffung der Verfahren nachdenken. Es kann ja nicht sein, dass beispielsweise für die Erweiterung w CARGO SOUS TERRAIN der Nordumfahrung Zürich die Umsetzungsdauer hat zum Ziel, ein 15 bis 20 Jahre beträgt, während Jahr für Jahr die unterirdisches Tun- Staustunden und damit die Produktivitätsverluste nelsystem in der Schweiz zu bauen, in den KMU zunehmen. Einsprachen müssen der um möglichst viel Sache dienen und dürfen nicht für die politische Güterverkehr unter Machtdemonstration missbraucht werden. die Erde zu bringen. H O F E R : Ich bin überzeugt davon, dass diese als wir sie heute haben. Allerdings wird das Bauen Probleme schliesslich durch neue Technologien x PROJEKT im Untergrund politisch nicht a priori einfacher als SW I SSLO O P E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 gelöst werden können. Ich denke da an das Projekt Ein Team von Studie- an der Oberfläche. Eine stete Quelle für Diskussio- Cargo sous terrain w, das grosse Teile des Güter- renden der ETH Zü- nen werden auch die unterschiedlichen Zeitebe- verkehrs unter den Boden bringen kann. Oder das rich entwickelt den nen sein, in denen sich die Akteure bewegen. Poli- Prototyp der Trans- automatisierte Fahren, das eine Frequenzsteige- tiker denken in 4-Jahres-Rhythmen, Technik und portkapsel eines neu- rung auf den Autobahnen zulassen wird. artigen Transportsys- Innovation brauchen dagegen einen sehr viel län- B I G L E R : Oder das Projekt Swissloop x der tems, das dereinst geren Zeithorizont. Das wird immer ein Span- eine Geschwindigkeit Schweizer Hochschulen, das bereits weltweit für nungsfeld bleiben. von 1200 km/h errei- Aufsehen gesorgt hat. Solche Technologien wer- chen soll: des Hyper- den ganz andere Mobilitätskonzepte ermöglichen, loop. Das Gespräch fand am 5. März 2018 statt. ■
15 Inlandabsatz Aufteilung des Absatzes in Kategorien Benzin Erdöl in der Schweiz 2017: 2 372 708 Treibstoffe, Brennstoffe und übrige Produkte; (2000: 3 982 602) die gepunktete Linie stellt den Absatz im Jahr 2000 dar (in Tonnen, Tabelle 1). 2000 2017 Flugpetrol 1 755 044 (1 576 362) Dieselöl 2 786 299 (1 309 320) Treibstoffe 6 914 051 (6 868 284) Total 10 373 189 (11 992 225) Übrige Produkte 580 425 (678 572) Andere Petrole 2070 Flugbenzin (5680) 3229 Paraffine (5582) und Wachse 4020 Brennstoffe (11 522) 2 878 713 Bitumen (4 445 369) White Spirit 270 151 4692 (303 302) (5813) Flüssiggase 176 096 (198 220) Andere Benzine 17 908 (39 537) Petrolkoks 52 289 E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 (46 130) Schmierstoffe 49 969 (62 786) Heizöl Mittel und Schwer 2469 (146 087) Heizöl Extra-Leicht 2 876 244 (4 299 282)
16 Erdöl in der Schweiz Robuster Absatz trotz höherer Preise Höhere Preise haben den Absatz von Mineralöl produkten kaum beein- flusst. Heizölabsatzes in den letzten Monaten bewirkt. Die Konsumenten haben gegen Ende Jahr trotz hö- herer Erdölpreise mehr zugekauft als im Vorjahr. Über einen längeren Zeitraum gesehen nimmt der Heizölabsatz jedoch ab. Höhere Preise In der zweiten Jahreshälfte ist der Preis des Rohöls gestiegen. Der Dollarkurs ist auch in dieser Jahres- zeit höher gewesen, was den Erdölhandel ausser- halb der USA verteuert hat. Diese Faktoren Die Fiskalein- führten in der Schweiz zu höheren Preisen für die Hauptprodukte. nahmen aus dem Der Treibstoffabsatz (Benzin und Diesel) ist 2017 Für 100 Liter Heizöl Extra-Leicht be- Verkauf von Erdöl- weitgehend stabil geblieben (–0,5%). Es wurden zahlte man 2017 bei einer Bezugsmenge produkten be- 5 159 007 Tonnen Diesel und Benzin in der Schweiz von 3000 bis 6000 Litern im Jahresmittel verkauft (2016: 5 185 807). Die höhere Effizienz der trugen 2017 5,6 Milli- CHF 78.92, was gegenüber dem Vorjahr neuen Fahrzeuge hat den Treibstoffverbrauch ge- arden Franken. einer Verteuerung von knapp 13% ent- dämpft trotz erneuter Zunahme der zurückgeleg- spricht. ten Personenkilometer. Ein Liter Benzin bleifrei 95 kostete im Jahres- Der Absatz von Biotreibstoffen u ist letztes durchschnitt CHF 1.51 und somit 2 Rappen mehr Jahr wiederum um mehr als 50% gestiegen: Sie als im Vorjahr. Der mittlere Literpreis für Dieselöl machten knapp 3% des Treibstoffabsatzes aus. lag 2017 bei CHF 1.58 (+13 Rappen). Die Flughäfen Genf und Zürich haben mehr u B I OT R E I B - 2017 betrug die durchschnittliche Jahresteue- Passagiere befördert, obwohl die Anzahl Flugbe- STO F F E rung in der Schweiz 0,5%. Diese Zunahme ist ins- wegungen stabil blieb. Der Absatz von Flugpetrol Flüssige oder gasför- besondere auf höhere Preise für Erdölprodukte zu- mige Treibstoffe, die E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 ist um 2,4% gegenüber dem Vorjahr gewachsen. aus Biomasse her rückzuführen. Die Zunahme der Absätze beim Diesel und gestellt werden. In Flugpetrol (1,5% bzw. 2,4%) kompensieren den der Schweiz werden Einnahmen aus der Mineralölsteuer Biotreibstoffe nur Rückgang des Benzinabsatzes (–2,7%), sodass gefördert, d.h. von sinken sich der gesamte Treibstoffabsatz 2017 kaum ver- der Mineralölsteuer Der Rückgang der Mineralölsteuereinnahmen hat ändert hat. befreit, wenn sie sich 2017 fortgesetzt. Die Fiskaleinnahmen aus strenge ökologische Der Bund entschied im Sommer 2017, die dem Verkauf von Erdölprodukten betrugen 2017 und soziale Min- CO2-Abgabe auf Gas und Heizöl per Anfang 2018 destanforderungen 5,6 Milliarden Franken (8% der Bundeseinnah- nochmals anzuheben. Dies hat einen Anstieg des erfüllen. men). ■
17 Treibstoffverbrauch in der Schweiz Entwicklung des Verbrauchs nach Treibstoffart; Erdöl in der Schweiz der gesamte Treibstoffverbrauch ist seit 2000 leicht zurückgegangen (Tabelle 22). Autobenzine Dieselöl Flugtreibstoffe in Millionen Tonnen 4 3 2 1 0 2000 2017 2000 2017 2000 2017 Fiskalerträge von Treib- und Brennstoffen Der Bund erhebt über die Mineralölsteuer, den Mineralölsteuerzuschlag, Bezugsprovisionen und die Mehrwertsteuer ungefähr 8% seiner Einnahmen (in Millionen Schweizer Franken, Tabelle 18). Weitere Zuschläge Mineralölsteuern Mineralölsteuerzuschlag und Steuern Mineralölsteuer Mineralölsteuerzuschlag Mehrwertsteuer Dieselöl Dieselöl 958,1 1372,2 871,9 Mineralölsteuerzuschlag Mineralölsteuer Benzin Benzin 928,0 1337,6 E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 Bezugsprovisionen 70,0 Mineralölsteuer Mineralölsteuer Mineralölsteuer Mineralölsteuerzuschlag Andere Flugpetrol Brennstoffe und andere Andere Flugpetrol 1,8 37,8 18,2 1,8 25,7
18 Neue Inverkehrssetzungen Bei den Neuzulassungen machen Strassen Erdöl in der Schweiz fahrzeuge mit Verbrennungsmotor oder Hybrid- fahrzeuge den grössten Teil aus (Quelle: BFS). 2014 2017 Hybrid 11 842 (6891) Elektrisch 4929 (1947) Andere Verbrennungsmotor 3 2017: 297 859 (22) (2014: 294 418) Strassenfahrzeugbestand Im Strassenfahrzeugbestand findet eine Evolution, aber keine Revolution statt: Benzin- oder dieselbetriebene Fahrzeuge machen mehr als 99% des Bestandes aus (Quelle: BFS). 2011 2017 Andere 4844 (5623) Verbrennungsmotor Hybrid 2017: 5 232 687 67 904 (2011: 4 782 831) (22 111) Elektrisch 18 674 (3701) E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017
19 Energieträger nach Region Heizöl spielt in allen Schweizer Regionen eine Erdöl in der Schweiz wesentliche Rolle (Angaben von 2015, Anteil am gesamten Heizungsmarkt in Prozent, Quelle: BFS). 15,8 20,0 13,3 Nordwest- 45,0 Zürich 49,3 13,4 schweiz 21,6 21,6 24,3 26,7 29,7 44,7 Espace Zentral- 47,6 Ost- Mittelland 52,1 schweiz schweiz 12,4 11,7 15,3 11,2 7,4 16,9 28,5 36,1 42,8 48,4 Region Tessin Genfersee 7,9 9,3 20,8 6,2 E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 Heizöl Gas Wärmepumpe Andere
20 Erdöl in der Schweiz Die Energiewende wird Realität – doch zu welchem branche insbesondere schärfere Regulierungen Preis, ist unklar im Brenn- und Treibstoffbereich, eine zunehmend unsichere Stromversorgung sowie untragbar hohe Energiekosten für Bevölkerung und Wirtschaft. 2017 stand ganz im Zei- Während die Befürworter des revidierten Energie- chen der Zustimmung zur gesetzes argumentierten, die Kosten der Energie- wende würden sich auf höchstens 40 Franken pro Energiestrategie 2050. Jahr und Haushalt belaufen, gingen die Referen Ein Entscheid mit Signal- dumsführer von Kosten in Höhe von über 3000 Franken pro Jahr aus. Das Stimmvolk schenkte den wirkung und unklaren Bedenken der Gegner allerdings kein Gehör und Folgen. stimmte dem revidierten Energiegesetz und damit der ersten Etappe der Energiestrategie «There ain’t no 2050 am 21. Mai mit 58% Ja-Stimmen deut- lich zu. such thing as a free lunch» – irgend Steigende Kosten jemand wird die Dass die befürchteten hohen Kosten nicht Kosten der Energie- völlig aus der Luft gegriffen waren, zeigte wende tragen sich spätestens im Dezember, als der müssen. Bundesrat den Entwurf für die Revision des CO2-Gesetzes v vorlegte: Dieser sieht unrealistisch ambitionierte CO2-Reduktionsziele im Gebäudebereich vor, die, wenn nicht erreicht, zu einem faktischen Verbot von fossilen Brennstof- Im Sommer 2011, kurz nach dem Atomunfall im ja- fen führen würden. Weiter sieht der Gesetzesent- panischen Kernkraftwerk Fukushima, läutete Ener- wurf eine Erhöhung der CO2-Abgabe um mehr als gieministerin Doris Leuthard den Atomausstieg 100% vor, nämlich von heute 96 auf 210 Franken und damit die sogenannte Energiewende ein. Fünf pro ausgestossene Tonne Kohlendioxid. Auch im lange Jahre dauerten die Verhandlungen über das Treibstoffbereich würde das neue CO2-Gesetz die Gesetzespaket mit dem Namen Energiestrategie Bevölkerung in Form von höheren Zapfsäulenprei- 2050 u, bis es im Herbst 2016 von den eidgenössi- sen mit zusätzlichen Kosten belasten. «There ain’t schen Räten schliesslich angenommen wurde – no such thing as a free lunch», wie man so schön E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 gegen den Willen der grössten Partei im Land, der sagt, und irgendjemand wird die Kosten für die SVP, die daraufhin das Referendum ergriff. ambitionierten Klimaziele der Schweiz tragen müssen. Ob die Bevölkerung immer noch so deut- Energiestrategie findet Mehrheit lich ja sagt, wenn der Preis der Energiewende erst Die Erdöl-Vereinigung und insbesondere der Ver- u E N E R G I E einmal bekannt ist, wird sich weisen. Die Erd- ST R AT EG I E 2050 band des schweizerischen Heizölhandels Swissoil öl-Vereinigung wird die Debatte um das neue Mehr dazu ▸ S. 45 engagierten sich in der darauffolgenden Abstim- CO2-Gesetz auf jeden Fall eng begleiten und mit mungskampagne im Frühling 2017 intensiv für ein v CO ₂- G ESE T Z konstruktiven Beiträgen mithelfen, eine branchen- Nein. Befürchtet wurden seitens der Mineralöl- Mehr dazu ▸ S. 45 verträgliche Lösung herbeizuführen. ▸
21 Brennstoffverbrauch und Heizgradtage Kurzfristig hängt der Heizölverbrauch von Erdöl in der Schweiz der Witterung ab, wie es das Verhältnis zwischen Heizgradtagen und Heizölverbrauch verdeutlicht (Tabelle 2). 2003 Verbrauch von Heizöl Extra-Leicht (in Millionen Tonnen) 5,0 2001 2005 2004 2002 2000 2006 4,5 2010 2008 2009 2007 4,0 2013 3,5 2012 2011 E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 3,0 2014 2015 2016 2017 2700 2800 2900 3000 3100 3200 3300 3400 3500 3600 Heizgradtage
22 Erdöl in der Schweiz Die Aussendienst- mitarbeiter der Erdöl-Vereinigung sind wegen den MuKEn immer MuKEn verunsichern viele wieder mit Anrufen Wie ein Phantom geistern die sogenann- ten Mustervorschriften der Kantone im von verunsicherten Energiebereich (MuKEn 2014) w seit eini- Hausbesitzern kon- gen Jahren durch die energiepolitische De- frontiert. batte der Schweiz: Viele Hausbesitzer haben schon einmal von dem Gesetzespaket ge- hört, wissen aber nicht recht, was sich genau da- hinter versteckt und wann es in ihrem jeweiligen Kanton in Kraft tritt. Leider tragen die regionalen Behörden und Energiefachstellen mit ihrer teil- weise verwirrenden Informationspolitik auch nicht immer zur Aufklärung bei. Und so sind die Aussen- dienstmitarbeiter der Erdöl-Vereinigung, tätig unter dem Label «Heizen mit Öl», immer wieder mit Anrufen von verunsicherten Hausbesitzern konfrontiert. Solide Aufklärungsarbeit ist gefragt! Dabei sind die MuKEn erst in den wenigsten Kantonen tatsächlich in Kraft. 2017 haben nun aber mehrere Kantone mit der Übernahme der Ein effizient funk MuKEn in ihre kantonale Gesetzgebung begonnen. tionierendes und In den Kantonen Solothurn, Luzern und Bern möglichst lücken- haben intensive Parlamentsdebatten stattgefun- loses Strassennetz den. Im Rahmen der MuKEn-Umsetzung sollen in ist für eine hoch- den Kantonen Massnahmen zur Senkung des kompetitive Volks- CO2-Ausstosses wie etwa strengere Regeln beim Ersatz von fossilen Heizungen oder ein Zwang zur wirtschaft wie standhaltung und den Ausbau des schwei- Eigenstromerzeugung in Neubauten gesetzlich die Schweiz unab- zerischen Nationalstrassennetzes finan- verankert werden. Der Kanton Bern sieht in seinem dingbar. zieren. Die Erdöl-Vereinigung hat das neuen Energiegesetz gar ein Verbot von Ölheizun- Ansinnen unterstützt, denn sie erachtet gen in Neubauten vor. Entsprechend intensiv setzt ein effizient funktionierendes und möglichst lü- sich die Mineralölbranche, insbesondere der di- ckenloses Strassennetz als unabdingbar für eine rekt betroffene Verband Swissoil, gegen die Über- w MUKEN hochkompetitive Volkswirtschaft wie die Schweiz. Mehr dazu ▸ S. 45 nahme der MuKEn in die geltenden Gesetze ein. In Zur Finanzierung des NAF soll der Mineralölsteuer- den drei genannten Kantonen wird am Ende das x G AV TA N K zuschlag bei Bedarf um vier Rappen erhöht werden Volk über die Einführung der MuKEn das letzte ST E L L E N SH O PS können. Der NAF wurde dank Unterstützung einer Wort haben – im Verlauf des Jahres 2018 finden Der Gesamtarbeits- breiten bürgerlichen Allianz gegen Widerstand von vertrag Tankstel- E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017 in allen drei Kantonen entsprechende Abstimmun- lenshops wurde links vom Volk deutlich angenommen: 61,9% sag- gen statt. zwischen dem Tank- ten ja. stellenshopverband Ein weiteres Thema, das die Mineralölbranche VTSS und mehreren Deutliches Votum für den NAF Gewerkschaften 2017 intensiv beschäftigte, ist der Gesamtarbeits- Eine weitere für die Mineralölbranche wichtige ausgehandelt. Er re- vertrag (GAV) Tankstellenshops x: Dieser wurde Volksabstimmung war diejenige zum National gelt Mindestlöhne, vom Bundesrat im Dezember allgemeinverbind- Arbeitszeiten und strassen- und Agglomerationsfonds NAF am 12. Fe- lich erklärt und bietet allen Angestellten in den weitere Arbeitsbe bruar 2017. Der NAF soll den bisherigen, zeitlich dingungen für das Schweizer Tankstellenshops zukünftig einheit begrenzten Infrastrukturfonds ersetzen und die In- Shoppersonal. liche und faire Arbeitsbedingungen. ■
23 CO2-Emissionen bei Treibstoffen und Brennstoffen in der Schweiz Erdöl in der Schweiz Im Gegensatz zum globalen Trend sinken die Schweizer Emissionen (Daten: BAFU). in Millionen Tonnen 20 Zwischenziel 2015: im Sektor Verkehr Treibstoffe (Verkehr) Brennstoffe (Gebäude) im Sektor Gebäude 10 0 1990 1995 2000 2005 2010 2016 CO2-Emissionen Schweiz im Vergleich zum globalen Ausstoss Die CO2-Emissionen der Schweiz im Verkehrs- und Gebäudebereich machen 1‰ des weltweiten Ausstosses aus (Daten: BAFU und IEA). 1990 2016 Globaler Ausstoss 2016: 32,1 Gigatonnen (1990: 20,5 Gigatonnen) Brennstoffe Schweiz 13,2 Millionen Tonnen (17,1 Millionen Tonnen) Treibstoffe Schweiz 15,3 Millionen Tonnen (14,9 Millionen Tonnen) E R D Ö L-V E R E I N I G U N G | J A H R E S B E R I C H T 2017
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