Vom Fressen und Gefressenwerden - Globale Container-Schifffahrt: Die Oligopole wachsen in rasantem Tempo - Waterkant
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| WATERKANT | Sonderdruck | 3-17 | Unentgeltliche Verbreitung erlaubt © www.waterkant.info | | 25 | Globale Container-Schifffahrt: Die Oligopole wachsen in rasantem Tempo Vom Fressen und Gefressenwerden Von Peer Janssen Ende August verbreitete der Schifffahrts-Bran- so die drittgrößte Containerreederei, noch in chendienst „hansa online“ das Gerücht, die der ersten Augusthälfte neun Containerschiffe Der Konzentrationsprozess in der internatio- in Genf beheimatete Mediterranean Shipping von bislang einmaliger Größe in Auftrag geben: Company (MSC), weltweit zweitgrößte Contai- Mit einer Kapazität von 22.000 Standardcontai- nalen Seeschifffahrt und insbesondere in der ner-Reederei nach dem dänischen A. P. Møl- nern (TEU) sollen die kommenden Giganten in ler‑Mærsk-Konzern (Mærsk), plane, in Kürze der Rangliste der größten Schiffe den Spitzen- Container-Sparte geht munter weiter, während „bis zu elf 22.000‑TEU‑Frachter“ in Auftrag zu platz erobern. Und nun legt MSC nach. geben. Wenn es stimmt, wäre es so etwas wie die Branche wirtschaftlich (um ein landseitiges die Antwort von MSC auf die Entwicklung der Es ist völlig unerheblich, ob man das derzei- vergangenen Monate und Jahre: Fast alle gro- tige Geschehen eher sportlich als „Wettlauf“ Bild zu verwenden) ebenso munter Achterbahn ßen Konkurrenten stellen neue Schiffe in Dienst oder nach dem Motto „Geschäft ist Krieg“ eher oder geben sie sogar noch in Auftrag, und zwar als „Wettrüsten“ bezeichnet: Die immer wie- fährt. Überkapazitäten? Ja. – Verschrottung? überwiegend im so genannten ULCS‑Segment: der schlagzeilenträchtige Rekordjagd der glo- Die Abkürzung steht für „Ultra Large Container bal führenden Reedereien um den ersten Platz Mäßig. – Neubauaufträge? Immer noch. – Ship“ und meint die Größenklasse von 18.000 in der Blechboxen-Kapazität ihrer Schiffe hat und mehr TEU. nichts mit guinness-ähnlichen Events gemein- Frachtraten? Mal rauf, mal runter, aber insge- Bis Ende Juli 2017 waren nach Angaben der sam. Es geht um knallharten Wettbewerb um Norddeutschen Landesbank 59 ULCS‑Einheiten Fracht, um Weltmarktanteile, ums Verdrängen, samt niedrig. – Die Großen fressen die Kleinen in Dienst gestellt worden (1). Für die nächsten um Profit. drei Jahre, so die Nord‑LB weiter, werde die- Einerseits bestreitet niemand, dass es mas- und die Kranken, gejammert wird auf ses Größensegment auf 109 Einheiten zuneh- sive Überkapazitäten an Frachtraum gibt. Den- men – noch zehn in diesem, 27 im folgenden noch werden immer mehr große Einheiten hohem Niveau. Jahr und die restlichen 13 Schiffe dann 2019. neu in Dienst gestellt oder in Auftrag gegeben, Dabei stellen die Experten beruhigend fest, seit ohne dass vergleichbare Kapazität „am anderen 2015 seien keine weiteren Schiffe im oberen Ende“ abgebaut würde, etwa durch Verschrot- ULCS‑Segment mehr geordert worden. Zwar ten vieler kleinerer Einheiten. Andererseits werde aktuell über eine „Wiederaufnahme der werden die neuen Schiffe immer größer kon- Orderaktivitäten“ in diesem Segment spekuliert; zipiert, obwohl sie dann immer weniger Häfen räumen die Banker ein, dämpfen aber Erwar- voll abgeladen anlaufen können. Selbst die- tungen mit dem Hinweis: „Ähnliche Gerüchte jenigen Terminals, die solche Riesen abzufer- gab es schon öfter.“ tigen vermögen, tun sich zunehmend schwer Seit Anfang Mai 2017 Rekordhalter: Typisch für die skurrile Situation der Bran- – wenn es nicht an Fahrwassertiefe oder Wen- Die „OOCL Hong Kong“, hier in Wilhelmshaven, ist che: Nur wenige Tage nach Veröffentlichung dekreisen hapert, dann doch immer häufiger am mit einer Kapazität von 21.413 TEU bis auf Weiteres des Nord‑LB-Reports bestätigte die franzö- landseitigen Zu- und Ablauf-Verkehr; zudem das größte Containerschiff der Welt. sische Reederei CMA CGM, was die Banker werden auch immer größere Containerbrücken Foto: Dji77 / wikimedia commons gerade noch abgewiegelt hatten: Man werde, benötigt. Folglich befahren die neuen Riesen inter- kontinentale Strecken mit prozentual immer weniger Ladung, um keinesfalls ihren mög- lichen Tiefgang auszuschöpfen, was ihr Akti- onsfeld einschränken würde. Dahinter steckt eine krude Kalkulation: Ein- oder zweitau- send TEU mehr oder weniger auf einem großen Schiff mögen sich auf den Stückpreis pro Con- tainer auswirken – das funktioniert aber nur, solange die Treibstoffpreise nicht rasant stei- gen. Eben das aber ist momentan der Fall: Laut Nord‑LB sind zwar die Frachtraten aus ihrem Kellerloch von Anfang 2016 herausgeklettert, haben aber seit ihrem verhaltenen Anstieg bis zur Jahreswende 2016 / 17 wieder nachgelas- sen und schwanken seit Wochen mit wechseln- dem Ausschlag. Zugleich haben sich jedoch die Treibstoffpreise seit Anfang 2016 mehr als ver- doppelt und „fressen“ so die erzielten Frachtra- tenzuwächse mehr als auf (2).
| 26 | | WATERKANT | Sonderdruck | 3-17 | Unentgeltliche Verbreitung erlaubt © www.waterkant.info | Umstrukturierung der globalen Containerschifffahrt aktueller Stand * Stand nach derzeitigen Fusionsplänen * Transport- Schiffe in Transport- Schiffe in Marktanteil Schiffe in Rang (nach Marktanteil Schiffe in Reederei Kapazität Bau bzw. Reederei Kapazität Bau bzw. (%) Dienst Mio.TEU) (%) Dienst (Mio.TEU) Auftrag (Mio.TEU) Auftrag APM Maersk 16,8 660 3,551 21 1 APM Maersk + HH Süd 19,4 764 4,108 27 MSC 14,7 508 3,107 14 2 MSC 14,7 508 3,107 14 CMA CGM 11,8 489 2,494 15 3 CMA CGM 11,8 489 2,494 15 COSCO 8,5 328 1,810 29 4 COSCO + OOCL 11,6 428 2,471 33 Hapag-Lloyd 7,1 214 1,499 1 5 Hapag-Lloyd 7,1 214 1,499 1 Evergreen 4,9 193 1,046 31 6 NYK + MOL + K Line 6,8 232 1,427 16 OOCL 3,1 100 0,660 4 7 Evergreen 4,9 193 1,046 31 Yang Ming 2,8 97 0,586 5 8 Korean Shipping KSP** 3,2 275 0,681 ? Hamburg Süd 2,6 104 0,557 6 9 Yang Ming 2,8 97 0,586 5 MOL 2,6 78 0,545 2 10 PIL 1,8 137 0,373 13 NYK 2,6 96 0,541 9 11 ZIM 1,7 77 0,368 PIL 1,8 137 0,373 13 12 Wan Hai Lines 1,1 88 0,230 ZIM 1,7 77 0,368 13 X-Press Feeders 0,7 100 0,161 Hyundai M. M. 1,7 60 0,352 2 14 SITC 0,5 73 0,098 6 K Line 1,6 58 0,342 5 15 IRISL Group 0,4 44 0,094 4 Rangliste der 15 größten Reedereien in der globalen Containerschifffahrt: Die anstehenden Fusionen (rot) führen zu einer Machtkonzentration in der Spitzengruppe, während deutlich kleinere Unternehmen (blau) ans Tabellenende nachrücken Zusammenstellung: WATERKANT – Quelle: (u. a.) Alphaliner. * = die Werte links (gerundet) datieren vom 13. September 2017, auf ihrer Grundlage wurden die Neuwerte rechts (rot) berechnet ** = Die südkoreanische Fusion hat 14 Partner, TEU und Schiffe angegeben für zehn davon, der Marktanteil ist geschätzt. Aber es geht immer auch um Anteile, um Schwesterschiffe) werden ihren erst jüngst er- „Norddeutschem Lloyd“, baute in der jünge- „oben oder unten“. Folglich wachsen die Schiffe oberten Spitzenplatz wohl bis auf Weiteres ren Vergangenheit seine Marktposition aus zu- und mit ihnen ihre Transportkapazität momen- behalten. nächst durch Übernahme der Containersparte tan in einem zuvor ungeahnten Tempo. Es Weit weniger konstant indes entwickelt sich der chilenischen CSAV und aktuell der kuwaiti- dauerte rund 30 Jahre seit Beginn der Contai- die Tabelle der weltweit größten Reedereien. schen UASC. nerschifffahrt, bis Mitte der 1990er erstmals Es geht, siehe oben, um Weltmarktanteile, ums – Der chinesische Staatskonzern COSCO wuchs die Kapazitätsgrenze von 5000 TEU „geknackt“ Verdrängen. Das Wachstum der einen, man jüngst bereits durch Einverleibung der eben- wurde. Seither aber geht es geradezu rasant kennt das Gesetz des kapitalistischen Marktes, falls staatlichen CSCL. weiter: Innerhalb von nur etwas mehr als zehn ist der Tod der anderen. Dabei ist es eher die Und dieses Fressen und Gefressenwerden ist Jahren verdreifachte sich die Stellplatzzahl auf Ausnahme, dass ein Unternehmen – wie Süd- noch lange nicht vorbei. rund 15.000 TEU (im September 2006 wurde koreas „Hanjin“ im vergangenen Jahr – einfach COSCO etwa, um am letztgenannten Beispiel die „Emma Mærsk“ in Dienst gestellt). Und vom Markt verschwindet. In der Regel werden anzuknüpfen, will weiter wachsen und berei- in diesem Jahr schlägt der Größenwahn gera- die Kleineren, die Schwächelnden von Größeren tet seit Anfang Juli die Übernahme von Hong- dezu Purzelbäume: Im März übernahm ein geschluckt oder es kommt zu Fusionen zweier kongs OOCL (Orient Overseas Container Line) neues Schiff der japanischen Mitsui O.S.K. Lines oder mehrerer gesunder Unternehmen mit dem vor. Gemeinsam mit dem ebenfalls staatlichen den Spitzenplatz der Größten-Tabelle: Die mehr oder weniger deutlich erklärten Ziel, grö- Hafenbetreiber „Shanghai International Ports „MOL Triumph“ war mit 20.170 TEU das erste ßer zu werden, um andere zu übertrumpfen. Group“ (SIPG) will COSCO dafür 6,3 Milliarden ULCS, das die 20.000‑TEU-Marke „knackte“. Geschäft ist Krieg. Vergleicht man die aktuelle US‑Dollar (umgerechnet 5,7 Milliarden Euro) Nur wenige Wochen später schickte der däni- Liste der führenden Containerreedereien mit zahlen. 90 Prozent der OOCL‑Anteile über- sche Weltmarktführer Mærsk seine neue „Mad- Tabellen vergangener Jahre, so wird schnell nimmt COSCO, die übrigen zehn Prozent gehen rid Mærsk“ mit 20.568 TEU auf Jungfernfahrt, klar, wie da mit harten Bandagen gekämpft an SIPG. um im Folgemonat (Mai 2017) wieder von der wird. Einige Beispiele – ganz ohne Anspruch auf Ranglistenspitze verdrängt zu werde: Die neue Vollständigkeit: Üblicherweise müssen derartige Ge- „OOCL Hong Kong“ befördert bis zu 21.413 TEU. – Die niederländische Traditionsreede- schäfte von den Kartellbehörden jener Län- rei „Nedlloyd“ fusionierte erst mit der briti- der genehmigt werden, die von den Reedereien Kaum waren diese Schiffe in Dienst gestellt, schen P&O, bevor Mærsk 2005 den Konzern bevorzugt angelaufen werden. Aktuell betrifft verkündete CMA CGM seine erwähnte Order übernahm. dies vor allem die USA: Denn mit Vollzug die- von neun 22.000‑TEU‑Schiffen, nunmehr viel- – Das US-Unternehmen „American President ses Zusammenschlusses würde die neue COSCO leicht gefolgt von MSC. Es wird einige Jahre Lines“ (APL) wurde erst an Singapurs „Neptun ihren Marktanteil im transpazifischen Ostasien- dauern, bis diese neuen Riesen für die Franzo- Orient Lines“ (NOL) verkauft, dann an die fran- Nordamerika-Handel mehr als verdoppeln – auf sen und Schweizer über die Meere ziehen – bis zösische CMA CGM. rund elf Prozent bei den Importen in die USA dahin dürfte zumindest der „Wettlauf“ um das – Hamburgs „Hapag‑Lloyd“, selbst eine sehr und auf etwa 8,5 Prozent bei Exporten aus den weltweit größte Containerschiff stagnieren: Die frühe Fusion (1970) aus der „Hamburg-Ame- USA: im aktuellen politischen Kontext mehr als „OOCL Hong Kong“ (und ihre bestellten fünf rikanischen Packetfahrt AG“ und Bremens spannend.
| WATERKANT | Sonderdruck | 3-17 | Unentgeltliche Verbreitung erlaubt © www.waterkant.info | | 27 | Nur wenige Wochen währte der Triumph der „MOL Triumph“, hier mit Kurs auf Hamburg: Sie „knackte“ zwar als erste die 20.000‑TEU‑Marke, ihr Rekord wurde aber sogleich von Mærsk überboten. Foto: buonasera / wikimedia commons Auch für europäische Verhältnisse ist die Fusion bedeutsam. Nicht ohne Argwohn beob- achten Experten schon seit Längerem die Bestrebungen chinesischer Unternehmen, in den logistischen Netzwerken Europas als Anteilseigner und Akteur Fuß zu fassen. Nur beispielhaft sei hier erinnert an das Agie- ren von „Hutchison Ports“ in Europas größ- tem Binnenhafen in Duisburg: Das Engagement dient sowohl der engen Verbindung zu den Rotterdamer Häfen, wo Hutchison zwei Ter- minals betreibt, als auch der Förderung des Anfang 2017 etablierten Prestigeprojekts einer interkontinentalen Schienenverbindung von Südwestchina über Kasachstan bis zum Rhein. Der multiaktive Hutchison-Konzern, dessen Terminal-Sektion nach eigenen Angaben welt- weit 48 Häfen in 25 Ländern betreibt, wird zwar andererseits ihre ohnehin abgehobene Spitzen- Containerschifffahrt rechnen alle drei Unter- maßgeblich von dem Hongkonger Superrei- stellung weiter stärken. nehmen im laufenden Jahr mit Verlusten im chen Li Ka Shing kontrolliert. Dem allerdings Der ebenfalls in Hamburg ansässige Ver- operativen Geschäft. Die geplanten rund drei wird nachgesagt, er verdanke sein Vermögen band Deutscher Reeder (VDR) hat sogleich Milliarden Dollar gemeinsamer Investitionen in nicht zuletzt seinen Beziehungen zu hohen darauf hingewiesen, es bräuchte „große zusätz- den Zusammenschluss sollen jedem der Betei- Funktionären der KP Chinas. Insofern halten liche gemeinsame Anstrengungen aus Politik ligten jährlich rund einer Milliarde Dollar ein- Experten es für gerechtfertigt, die maritimen und Wirtschaft, um Deutschland als Schiff- sparen helfen (3). Hutchison-Aktivitäten in einem Atemzug mit fahrtsstandort dauerhaft im Spitzenfeld zu Und im Sommer dieses Jahres wurde dem Agieren volksrepublikanischer Staatskon- halten“ – nach einem Aus für „Hamburg Süd“ bekannt, dass Südkoreas „Hyundai Merchant zerne aufzulisten. Und dazu zählen sowohl die wäre Hapag‑Lloyd die letzte deutsche Contai- Marine“ (HMM) eine Allianz nationaler Ree- internationalen Hafenaktivitäten von SIPG – ab nerreederei von nennenswertem Rang in der dereien unter dem Namen „Korea Shipping 2021 managen die Chinesen etwa Ausbau und Weltgrößten-Liste, erst auf Platz 68 folgen die Partnership“ (KSP) vorbereitet. Das Vorhaben Betrieb des Hafens von Haifa – als auch das Deutschen Afrika‑Linien (DAL). Aber zumin- wird offiziell von Regierungsseite unterstützt Engagement von COSCO: Es entbehrt nicht einer dest seitens der Politik war bislang von derar- (und mutmaßlich auch subventioniert), denn gewissen Ironie, dass Griechenland ausgerech- tigen Bemühungen nichts zu hören. Allerdings es verfolgt das erklärte Ziel, nach der Hanjin- net auf Druck der EU‑Finanzdiktatoren diesem maulten Teile der Hamburg‑Süd-Belegschaft, Insolvenz mit temporär globalen Folgen das Konzern mehrheitlich seinen Hafen Piräus über- der Verkauf an die Dänen brächte „die deutsche weltweite Vertrauen in die südkoreanische Lini- eignen musste, nachdem COSCO schon etliche Flagge“ weiter in Gefahr. Ohne die berechtigten enschifffahrt wiederherzustellen (4). Insge- andere Terminals entlang der Asien-Europa- Ängste der Beschäftigten kleinzureden: Das ist samt 14 Reedereien sind an dem Deal beteiligt, Route via Suez ausgebaut und ihren Betrieb so nicht haltbar. Die rund 70 Containerschiffe HMM ist die größte (Platz 14 der „Top 15“), nur übernommen hatte. der Oetker-Reederei – Stand Ende 2016 – sind eine weitere (KMTC) verfügt über eine sechs- zwar vergleichsweise neu und entsprechend stellige Flottenkapazität (TEU), neun rangieren Ein anderes Beispiel der jüngeren Vergangen- modern, sie fahren aber zu mehr als 50 Prozent am hinteren Ende aller Tabellen mit Kapazitäten heit soll im kommenden vierten Quartal die- unter den Billigflaggen von Liberia, Madeira, von weniger als 30.000 TEU. Dennoch wird die ses Jahres seinen Abschluss finden: Ende 2016 Marshall-Inseln und Zypern. Summe aller 14 Partner das neue Unternehmen überraschte der Bielefelder Mischkonzern Bleibt noch zu erwähnen, dass sich zu diesen KSP auf einen Schlag wenigstens ins Mittelfeld Dr. August Oetker KG die Branche mit der An- beiden beispielhaft beschriebenen Fusionen der „Top 15“ katapultieren. kündigung, seine traditionsreiche – und rela- aktuell noch zwei weitere gesellen werden: tiv gesunde – Reederei „Hamburg Süd“ an den Schon ab April kommenden Jahres will auch Seit mehr als 15 Jahren stehen die Platz- dänischen Weltmarktführer Mærsk verkaufen Japan seine Position auf dem Weltmarkt aus- hirschen Mærsk (Dänemark), MSC (Schweiz) zu wollen. Wie der Name schon andeutet, ist zubauen versuchen: Die drei Reedereien Nip- und CMA CGM (Frankreich) unangefochten an „Hamburg Süd“ entstanden und stark gewor- pon Yusen KK (NYK), Mitsui O.S.K. Lines (MOL) der Spitze dieser Top-Liste. Nur auf den Plät- den vor allem im Lateinamerika-Geschäft – ein und Kawasaki Kisen Kaisha („K“ Line) sollen zen hinter ihnen konnten, siehe oben, Pleiten Feld, auf dem Mærsk bislang eher schwach sich als Gemeinschaftsunternehmen unter dem oder Fusionen Veränderungen bewirken. Da- aufgestellt ist. Insofern wird die Übernahme Namen „Ocean Network Express“ (ONE) einen mit ist in gewisser Weise vielleicht bald Schluss. des deutlich schwächeren Konkurrenten von Platz im oberen Feld der „Top 15“ erobern. Es ist zwar nicht absehbar, dass irgend je- der Elbe den Dänen einerseits eine geogra- Allerdings ist diese Fusion auch ein Rettungs- mand Mærsks Weltmarktführung ernsthaft an- phische Ausweitung ihres Einflusses bringen, schritt: Unter dem Druck des Preiskampfs in der greifen könnte – die Dänen haben gerade für
| 28 | | WATERKANT | Sonderdruck | 3-17 | Unentgeltliche Verbreitung erlaubt © www.waterkant.info | knapp 7,5 Milliarden US‑Dollar ihre Ölsparte Mærsk Oil an den französischen Total-Konzern verkauft, um sich von dem Erlös stärker aufs schwächelnde Containergeschäft konzentrie- ren zu können. Auch MSC wäre auf Platz 2 nur angreifbar, wenn die Verfolger CMA CGM oder COSCO wesentliche weitere Übernahmen ver- melden könnten: Die aktuell gehandelten Neu- bestellungen der Schweizer dürften deren Platz eher festigen. Anders sieht es schon für die Franzosen aus: Die COSCO‑OOCL-Fusion bringt die Chinesen in eine für CMA CGM aus Marseille bedrohliche Position. Dahinter rangiert zwar derzeit mit Hapag‑Lloyd die, wie erwähnt, letz- te deutsche im Spitzenfeld vertretene Reederei: Die Neusortierung der Japaner und Südkorea- ner auf den weiteren Plätzen erhöht jedoch den Druck für die Hamburger ebenso wie die Pläne von Taiwans „Evergreen“: Unter deren 31 offe- nen Bestellungen sollen nämlich 13 Einheiten der 20.170‑TEU‑Kategorie à la „MOL Triumph“ globale Allianzen, aber kaum mehr als 20 große Die „Rio Madeira“ gehört zu den vielen Schiffen von sein (5), Auslieferung bis Ende 2019. Das könn- Akteure.Ringen um Noch vor 25 Jahren agier- „Hamburg Süd“, die unter Billigflagge fahren: Was te in Verbindung mit den übrigen kommenden ten die rund 30 größten Reedereien unabhän- immer der Reederei-Verkauf an Mærsk für Folgen hat „Evergreen“-Schiffen an Hapag‑Lloyds Platz 5 gig im Markt, bevor im Ringen um Marktanteile – mit „Erhalt deutsche Flagge“ hat das nichts zu tun. der Weltrangliste kratzen. bis Ende der 90er Jahre verstärkt Kooperatio- Foto: WATERKANT nen eingegangen wurden. Existierten 1992 noch Das alles aber ist nur Statistik und damit die keine größeren Zusammenschlüsse, so gab es Marktspitze rasant verändert: Anfang Mai stell- halbe Wahrheit – die andere Hälfte generiert knapp zehn Jahre später bereits vier Allianzen, ten die damaligen „Top 15“ mit 3101 Schiffen und sich aus den seit Jahren in wechselnder Zu- aber nur noch rund 20 große Reedereien (6). 16,996 Millionen TEU Kapazität rund vier Fünf- sammensetzung operierenden so genannten 2005 befuhren drei Allianzen aus insgesamt tel der globalen Containerschifffahrt – 20 Wo- „Allianzen“: Das sind kartell-ähnliche Abspra- zehn Reedereien sowie zehn Einzelunterneh- chen später sind fast dieselben Reedereien mit chen zwischen verschiedenen Linien-Reederei- men die Routen der wichtigsten globalen Ver- 3199 Schiffen und 17,831 Millionen TEU Kapa- en zur effektiveren Gestaltung ihrer Verkehre bindung, Fernost-Europa, mit Schiffen von zität im Geschäft. Aber schon in Kürze werden zwischen bestimmten Häfen. Da werden ver- durchschnittlich 8500 TEU. allein durch die derzeit bekannten Fusionen die bindliche Fahrpläne festgelegt, nach denen Aktuell fahren nur noch drei Allianzen aus elf dann neuen „Top 15“ mindestens 3719 Schiffe Schiffe der beteiligten Konzerne termingerecht Reedereien, die – siehe oben – mit immer grö- und 18,743 Millionen TEU Kapazität stellen (7) bestimmte Häfen anlaufen. Es entsteht ein ßeren Einheiten unterwegs sind. Spitzenrei- – aber unter den ersten zehn wird die Konzent- Netzwerk, das den Partnern eine bessere Kapa- ter sind auch hier die Dänen und die Schweizer: ration erheblich zugenommen haben: Die Oligo- zitätsauslastung beschert und damit ihre Inves- Mærsk und MSC bilden die Allianz „2 M“, nach- pole wachsen in rasantem Tempo – und mit der titionsanforderungen senkt. Zugleich erreicht dem ein geplanter Dreier-Bund mit CMA CGM zunehmenden Marktmacht der großen Reede- man so eine höhere Frequenz und kürzere Tran- kartellrechtlich gescheitert war. An zweiter reien wird es für Häfen wie Hafenstaaten immer sitzeiten zwischen den ausgewählten Häfen, Stelle folgt die „Ocean Alliance“, die CMA CGM schwieriger, der Schifffahrt die Grenzen zu set- ferner gibt es Kostenvorteile durch gemeinsame mit den (noch) konkurrierenden Chinesen von zen, die soziale, ökologische und fiskalische Für- Nutzung von Terminals. Und schließlich wird COSCO und OOCL sowie – ausgerechnet – der und Vorsorge erfordern. durch die gemeinschaftliche Verdichtung des taiwanesischen Evergreen-Reederei formiert Netzwerks erreicht, dass andere Reedereien hat. Und schließlich ist da noch „The Alliance“, abgeschreckt werden, dieselbe Verbindung zu ein Verbund von Hapag‑Lloyd mit den drei dem- bedienen. Übrigens zählen die momentan kriti- nächst fusionierenden Japanern NYK, MOL und Anmerkungen: schen Frachtraten nicht zum gemeinschaftlichen „K“ Line sowie der taiwanesischen Yang Ming. 1. Norddeutsche Landesbank: Shipping Compact, Juli Element: Zumindest offiziell handelt jede Ree- 2017; https://kurzlink.de/nord-lb_2017-07 derei einer Allianz für ihre Schiffe eigene Preise Aber vermutlich wird kein Experte bereit sein, 2. Norddeutsche Landesbank: Shipping Compact, August aus. Nicht zuletzt deshalb unterliegen derartige einen Eid auf den Bestand dieser Bündnisse zu 2017; Linien-Allianzen immer auch der Kartell-Auf- schwören. Schließlich hat es seit dem Jahrtau- https://kurzlink.de/nord-lb_2017-08 sicht der angelaufenen Hafenstaaten. sendwechsel knapp ein Dutzend Änderungen 3. https://kurzlink.de/mcfd_2017-06 Solche Allianzen sind indes eine Entwick- in und zwischen den jeweils aktiven Allianzen 4. https://kurzlink.de/scd_2017-08-10 lung, die erst vor rund 20 Jahren begonnen hat. gegeben – und niemand kann abschätzen, ob 5. https://kurzlink.de/nikk_2017-06-10 Zuvor hatten sämtliche großen Reedereien – die anstehenden Reederei-Fusionen nicht wei- 6. Ernst Russ AG, Quartalsletter 2 / 2017; https://kurzlink. mehr als 30 – weitgehend unabhängig agiert, tere, neue Bündnisse hervorbringen. Sicher ist de/eruss_2017-q2 erst Ende der 1990er führte härter werden- nur: Der Grad der Konzentration nimmt dras- 7. das letzte sind Schätzungen (siehe Tabelle), weil der Wettbewerb zu ersten Zusammenschlüs- tisch zu. Allein in diesem Jahr haben sich inner- der neue KSP-Verbund nicht in allen Teilen erfasst sen. Anfang des Jahrtausends gab es zwar vier halb weniger Monate die Verhältnisse an der werden konnte.
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