Vom Gedicht zum eigenen Text. Sprachfördernder Unterricht in einer multilingualen 2. Klasse
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Hausarbeit zur 2. Staatsprüfung für das Lehramt an Volks- und Realschulen Vom Gedicht zum eigenen Text. Sprachfördernder Unterricht in einer multilingualen 2. Klasse Erstgutachterin: Petra Dalldorf Zweitgutachter: Hartmut Deutelmoser Julia Weißenborn Eulenstraße 26 22765 Hamburg Abgabetermin: 13. September 2006
Inhaltsverzeichnis Einleitung..........................................................................................................................1 1 Theoretische Grundlagen ......................................................................................3 1.1 Die Situation von zwei- oder mehrsprachig aufwachsenden Kindern an deutschen Schulen................................................................................................. 3 1.2 Sprachförderkonzepte in Hamburg - begriffliche Klärung ................................... 5 1.3 Lyrik in der Grundschule ...................................................................................... 7 2 Darstellung des Unterrichtsversuchs.....................................................................9 2.1 Die Lerngruppe und ihre Lernvoraussetzungen.................................................... 9 2.2 Ziele des Unterrichtsversuches ........................................................................... 11 2.3 Sachanalyse der Gedichte ................................................................................... 12 2.4 Didaktische Überlegungen zur Auswahl der Gedichte und zur vorgenommenen Schwerpunktsetzung ............................................................... 13 2.5 Methodische Überlegungen zur Umsetzung der Gedichte und der Spracharbeit ........................................................................................................ 15 2.6 Tabellarischer Überblick..................................................................................... 17 3 Auswertung und kritische Reflexion des Unterrichtsversuches .........................18 3.1 Auswertung der Spracharbeit anhand der Beobachtungen einzelner Unterrichtssequenzen .......................................................................................... 18 3.2 Analyse der Schülertexte und der gestalterischen Umsetzung in den Leporellos............................................................................................................ 23 Schlussbetrachtungen und Ausblick ...............................................................................27 Literaturverzeichnis ........................................................................................................29 Anhang............................................................................................................................30 A1 Schülertexte...............................................................................................................31 A2 Material zur Werkstatt ..............................................................................................34 A3 Material zum Gedicht „Regen“ (H.G. Lenzen) ........................................................35 A4 Material zum Gedicht „Die kleine Hexe“ (Volksgut)...............................................37 A5 Material zum Gedicht „Federchen und Nilpferd“ (J. Ringelnatz) ............................40
Einleitung „In einem Stadtteil wie unserem ist die Sprache der Schlüssel zum Glück.“ (Daschner, 2006, S.1) Diese Aussage trifft im Kern die Situation, mit der ich konfrontiert bin, seitdem ich das Referendariat in einem Brennpunktviertel Hamburgs absolviere. Dort treffe ich in mei- nem Unterricht auf eine multilinguale Schülerschaft mit vor allem türkischer Ausprä- gung. Es sind Kinder mit unterschiedlichem Migrationshintergrund und unterschiedli- chen Sprachständen, die vor allem um eines ringen: um die deutsche Sprache. Im Deutschunterricht der 2.Klasse beteiligen sich die Schüler1 insbesondere bei literari- schen Themen mit hoher Motivation und emotionalem Einsatz. Dieser großen Bereit- schaft steht jedoch oftmals die „Sprachlosigkeit“ im Wege, weil ihnen der Wortschatz und die Sprachstrukturen fehlen, um ihre vielfältigen Ideen, Gefühle und Gedanken angemessen ausdrücken zu können. Vor diesem Hintergrund ist es unabdingbar, jeden Moment des Deutschunterrichts als Ausgangspunkt für Spracharbeit anzusehen, um neben den einzelnen muttersprachli- chen Schülern auch jene mit einer „DaZ-Biografie“ zu erreichen. Neben den zu behan- delnden Inhalten, oder vielmehr an diese geknüpft, muss es immer auch darum gehen, den Schülern die Sprache als solche näher zu bringen, um ihnen langfristig Verstehen und Verständigung zu ermöglichen. Indem Spracharbeit ganz bewusst in die Unterrichtsinhalte integriert ist, wird es mög- lich, den Schülern vermeintlich anspruchsvollere Themen wie beispielsweise Gedichte anzubieten. Gedichte zeichnen sich durch eine besonders konzentrierte Sprache aus und eignen sich gerade in diesem Merkmal als Ausgangspunkt für Sprachbetrachtungen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, exemplarisch an der Unterrichtseinheit zu Gedich- ten, die im Frühjahr 2006 in einer 2.Klasse durchgeführt wurde, die vollzogene Sprach- arbeit auszuwerten. Dabei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden wie die Spracharbeit beschaffen sein und welche Grundzüge sie beinhalten muss, um in den Schülerarbeiten zu fruchten. In diesem Zusammenhang werden zum einen die einzelnen Schritte und Ebenen der Gedichtserarbeitungen zu betrachten sein, um die Merkmale 1 Aus Gründen der guten Lesbarkeit dieser Arbeit wird im Folgenden darauf verzichtet, personenbezoge- ne Aussagen in maskuliner und femininer Form jeweils nebeneinander zu stellen. Wenn also von Schü- lern, Autoren o.ä. die Rede ist, sind beide Geschlechter gleichermaßen gemeint. 1
der Spracharbeit auf den unterschiedlichen Niveaus offen zu legen. Zum anderen sollen die zu einem Gedicht entstandenen Schülertexte unter der Frage ausgewertet werden, inwieweit die Spracharbeit in diese eingeht, inwieweit die Schüler also die angebotenen Hilfen nutzen. Die vorliegende Arbeit ist in vier Kapitel untergliedert. In einem ersten Teil der Arbeit steht der theoretische Bezugsrahmen im Vordergrund. Es wird zunächst der Blick auf die Situation von zwei- oder mehrsprachig aufwachsen- den Kindern an deutschen Schulen gerichtet, um ihre Ausgangslage und die damit ver- bundenen Schwierigkeiten aufzuzeigen. Daran schließt ein grober Abriss des an Ham- burger Schulen geplanten Sprachförderungskonzepts an, anhand dessen wichtige Beg- riffe für die vorliegende Arbeit geklärt werden sollen. Schließlich werden jene spezifi- schen Merkmale der Lyrik herausgestellt, die in Bezug auf die von mir initiierte Sprach- arbeit zum Tragen kommen. In einem zweiten Teil der Arbeit wird sodann die Ausgangslage und Konzeption der Unterrichtseinheit beleuchtet. An die Beschreibung der Lernvoraussetzungen der Schü- ler und der Auflistung der intendierten Lernziele schließen die Sachanalysen der Ge- dichte an. Es folgen dann didaktische Überlegungen zur Auswahl der Gedichte und zur vorgenommenen Schwerpunktsetzung, sowie methodische Betrachtungen in Bezug auf die Umsetzung. Ein tabellarischer Überblick, in dem alle Unterrichtsstunden mit ihren jeweiligen Schwerpunkten erscheinen, steht am Ende des zweiten Kapitels. Den dritten Teil der Arbeit bildet die Auswertung und Reflexion der Gedichteeinheit, wobei es mir wichtig ist, die Aufmerksamkeit auf die Erarbeitung des Gedichtes „Die kleine Hexe“ zu beschränken, um exemplarisch an den Lernprozessen und Produkten zu diesem Gedicht, die Konzeption der vorgenommenen Spracharbeit auszuwerten. Die Schlussbetrachtung fasst die zentralen Ergebnisse der Arbeit zusammen und zeigt mögliche Konsequenzen auf. 2
1 Theoretische Grundlagen 1.1 Die Situation von zwei- oder mehrsprachig aufwachsenden Kindern an deut- schen Schulen Aufgabe der Grundschule ist es, allen Kindern eine grundlegende Bildung sowie Schlüsselqualifikationen zu vermitteln. Das Beherrschen der Sprache ist hierbei eine unabdingbare Voraussetzung, weil die Sprache sowohl Medium als auch Gegenstand des schulischen Lernprozesses ist. An Migrantenkinder sind damit hohe Anforderungen gestellt, weil sie in einer Sprache lernen, die sie zeitgleich erst erwerben (vgl. Belke 2001, S. 18). Ins Auge fällt dabei die Tatsache, dass die besonderen Schlüsselkompetenzen, die mit der Mehrsprachigkeit in aller Regel einhergehen: wie die Fähigkeit sich in mehr als ei- ner Sprache auszudrücken, die Fähigkeit über Sprache nachzudenken und metasprachli- ches Wissen anzueignen, im Schulalltag dieser Schüler nicht genutzt und damit nicht produktiv gemacht werden. Vielmehr sind es die sprachlichen Defizite in der deutschen Sprache, die bei diesen Schülern zum Tragen kommen und sich oftmals negativ auf die schulischen Leistungen in allen Fächern niederschlagen, wie es die Ergebnisse von Pisa zeigen (vgl. Baumert u.a. 2001, S. 376). Wieso gerade die sprachlichen Defizite so große Auswirkungen auf die schulische Ent- wicklung der Kinder mit Migrationshintergrund haben, wird deutlich, wenn man die Rahmenbedingungen betrachtet, denen sie an deutschen Schulen begegnen. Dort sind sie einem Unterricht ausgesetzt, der für muttersprachliche Kinder zugeschnitten ist und dementsprechend weder auf die sprachliche Vielfalt der Schüler eingeht noch eine adä- quate und systematische Förderung in der Zielsprache Deutsch leisten kann. Gogolin spricht in diesem Zusammenhang von dem monolingualen Habitus des bundesdeut- schen Bildungssystems, das dazu tendiert, die durch die Schülerschaft gegebene sprach- liche Vielfalt zur sprachlichen Uniformität werden zu lassen (vgl. Gogolin, 1994). Während Fremdsprachen meist unter Immersionsbedingungen, also additiv zur Mutter- sprache und auf die sprachlichen Fähigkeiten der Schüler abgestimmt, erlernt werden und eine Erweiterung der kognitiven Fähigkeit des Kindes darstellen, erwerben Schüler mit Migrationshintergrund die deutsche Sprache in den sog. multilingualen Regelklas- sen vorwiegend unter Submersionsbedingungen. Das heißt, sie lernen die Sprache unge- steuert in einem Kontext, der nicht auf ihre sprachlichen Bedürfnisse abgestimmt ist, es 3
aber erfordert, dass sie bereits in der zu lernenden Sprache funktionieren (vgl. Belke 1999, S. 25). Beeinträchtigend wirkt sich dabei die Tatsache aus, dass diese Kinder in einer wichtigen Phase der Sprachentwicklung, wie z. B. beim Schuleintritt, weder in der eigenen Mut- tersprache gefördert werden, deren Entwicklung stagniert, noch Kompensation dafür in der Zielsprache erhalten. Dort verfügen sie noch nicht über ein altersgemäßes Reper- toire, um Kenntnisse zu speichern und sprachlich zu verarbeiten. Auf diese Weise kann es bei den Schülern zur sog. „doppelten Halbsprachigkeit“ kommen, insofern weder die Erst- noch die Zweitsprache hinreichend beherrscht wird. Belke weist in diesem Zu- sammenhang auf die Gefahr hin, „dass langfristig die Fähigkeit beeinträchtigt wird, Sprache aktiv zu nutzen, und dass es dadurch zu Störungen in der gesamten sprachli- chen und kognitiven Entwicklung kommt“ (Belke 2001, S.19). Das Ausmaß der sprachlichen Defizite der Kinder aus Migrantenfamilien wird, so Knapp, vor allem in den ersten beiden Grundschuljahren in vielen Fällen unterschätzt (vgl. Knapp 1999, S. 31). Insbesondere Kinder, die im Gastland geboren wurden, verfü- gen über oberflächliche kommunikative Fähigkeiten, die sie in einer Face-To-Face- Kommunikation oder in stark situationseingebundenen Kontexten fehlerfrei anwenden können. In diesen Situationen ist die Sprache durch kontextuelle Hinweise entlastet. Die Möglichkeit der Schüler, sich in diesen Situationen angemessen auszudrücken, verdeckt Sprachschwierigkeiten, die zwangsläufig dann auftreten, wenn Sprache als Werkzeug des Denkens, z.B. bei Problemlöseprozessen, genutzt werden muss (vgl. Belke, 1999, S. 25 f.). Zudem wenden Lernende einer Zweitsprache oft „Vermeidungsstrategien“ an, indem sie sich in Situationen oder bei Themen, die sie sprachlich nur schwer bewältigen können, zurück ziehen. Auch durch anderes Verhalten, wie z.B. schnelles Sprachtempo, Ver- schlucken der Endungen, verschämtes Lachen etc., lenken sie von ihren unzureichenden Deutschkenntnissen ab. Vermeidungsstrategien und die meist gut ausgebildete umgangssprachliche Kompetenz verschleiert ggf. auch Tendenzen zur Fossilierung. Das heißt, die Stagnation des natür- lichen Zweitspracherwerbs, das Sich Verfestigen von strukturellen Fehlern, wird oft- mals von den Lehrenden nicht erkannt (vgl. Rösch, 2003, S. 17). Schließlich stellt sich die Problematik, dass sich in Klassen mit hohem Ausländeranteil kaum eine Möglichkeit eröffnet Sprachvorbilder im Unterricht zu hören. Somit besteht nur begrenzt oder kaum eine korrekte sprachliche Orientierung für die Zweitsprachler- 4
ner. Es kann ggf. sogar dazu kommen, dass eine fehlerhafte Sprachübernahme bei mut- tersprachlichen Schülern eintritt. Oben genannte Ausführungen machen deutlich, welche Herausforderungen an die Leh- renden in den multilingualen Lerngruppen heran treten, sind sie doch vor die Aufgaben gestellt einen Unterricht zu schaffen, der sowohl die Bedürfnisse der muttersprachlichen Schüler als auch jener, die Deutsch als Zweitsprache erst erwerben, berücksichtigt und gerecht wird (vgl. Belke 2001, S. 19). Es gilt die für die Kinder mit Migrationshin- tergrund erforderliche systematische Sprachvermittlung in den Unterricht zu integrieren, ohne den Sprachstand der muttersprachlichen Kinder außer Acht zu lassen. Es gilt fer- ner die Balance im Auge zu halten zwischen den natürlichen Regelbildungsprozessen und der zielgerichteten Förderung im Sinne des Anbahnens von Sprachbewusstsein. Wenn auch der Sprachstand dieser miteinander lernenden Kinder sehr heterogen ist, so gibt es doch gewisse Schnittmengen, aus denen Aufgaben und Ziele erwachsen können, die den Lernbedürfnissen aller gleichermaßen gerecht werden. Dies sind neben anderen die Sensibilisierung für Sprachbewusstsein, das Nachdenken über Sprache und die Be- fähigung sprachliche Strukturen zu durchschauen. 1.2 Sprachförderkonzepte in Hamburg - begriffliche Klärung In der derzeitigen pädagogischen Diskussion ist der Begriff der „Sprachförderung“ von besonderer Aktualität. Fachliteratur und pädagogische Institutionen, die sich um Wege und Konzepte bemühen, um den problematischen sprachlichen Leistungen der Schüler zu begegnen, kommen immer wieder auf den Begriff der „Sprachförderung“ zu spre- chen, der als solcher allerdings unterschiedlichste Ansätze und Vorstellungen vereint. Bezogen auf das Bundesland Hamburg ist das Schreiben von Rosenboom, das jüngst an alle Schulleitungen der allgemein bildenden Schulen Hamburgs gesendet wurde, aussa- gekräftig, wenn es darum geht Konzepte und Maßnahmen der Sprachförderung in Ham- burg zu beleuchten. Ins Auge springen dabei die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die zwischen Schule und der zuständigen Behörde festgelegt werden sollen, um im Zuge der schulischen Sprachförderung eine höhere Verbindlichkeit, eine deutlichere Systema- tisierung und vor allem zuverlässige Kontinuität herzustellen (vgl. Roosenboom 2005, S. 2). Das Konzept zeichnet sich ferner dadurch aus, dass auf verbindliche, bereits in der Pra- xis bewährte Diagnoseinstrumente zurück gegriffen wird, wie z.B. auf HAVAS (fünf- 5
jährige), auf die Hamburger Schreib- Leseprobe (Primarstufe) und auf LAU und KESS (Sekundarstufe I). Ferner stehen individuelle Förderpläne, die auf die speziellen Be- dürfnisse der Schülerschaft einer Schule zugeschnitten sind, im Mittelpunkt. Neu ist schließlich die enger gefasste Zusammenarbeit zwischen Schule, LI2 und entsprechen- der Behörde, und die Möglichkeit auf diese Weise deutlichere Transparenz und genaue- re Evaluation3 herzustellen. Während in dem eben vorgestellten Konzept die Rahmenbedingungen, die Verfahrens- weisen und die Organisation der Sprachfördermaßnahmen festgeschrieben werden, sind im Rahmenplan Deutsch für die Grundschule, insbesondere in der Ergänzung „Deutsch als Zweitsprache in der Regelklasse„ Ziele, Didaktische Grundsätze und Inhalte aufge- führt, die für einen sprachfördernden Unterricht allgemein gelten (vgl. Freie und Hanse- stadt Hamburg 2003, S. 39-46). Neben wichtigen Aspekten, wie der bewusste Umgang mit sprachlicher Heterogenität, die kontinuierliche Sprachübung auf verschiedenen E- benen und das Anwenden einer differenzierten Fehlerkorrektur, wird deutlich, dass es vor allem darum geht, anhand der verbindlichen Unterrichtsinhalte im Klassenverband Spracharbeit zu leisten. Die Unterrichtsinhalte sollen also, wann immer möglich, auch als Ausgangspunkt für das konkrete Herausarbeiten von Sprachphänomenen ergriffen werden (ebd. S.41). Für eine gezielte Sprachförderung sind mittlerweile vielfältige Materialien entstanden, die insbesondere in der frühkindlichen Erziehung und in der Grundschule zum Einsatz kommen sollen. Auch das LI hat diesbezüglich jüngst eine Materialsammlung heraus- gebracht, die sich als Unterstützung für Pädagogen in der unmittelbaren Praxis versteht. Während die verschiedenen Materialien immer auch unterschiedliche Schwerpunkte und Arbeitsformen andenken, so fallen bei einer näheren Betrachtung doch auch Ge- meinsamkeiten auf. Grundsätzlich soll Spracharbeit im inhaltlichen Kontext stehen. Die Thematisierung eines sprachlichen Phänomens ist immer auch mit Inhalten aus der Le- benswelt der Kinder zu verknüpfen (vgl. Rösch 2003, S.24). Dies trägt nicht alleine der Motivation der Schüler Rechnung sondern auch dem ureigenen Merkmal von Sprache, 2 Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung 3 Evaluiert wird anhand eines Systemmonotoring, das die schulspezifischen Förderkonzepte, den Einsatz der Förderressourcen, die individuelle Förderplanung und Fördereffekte zentral erfasst, auswertet und in einem jährlichen Bericht zusammenfasst (vgl. Rosenboom 2005, Anlage1, S.2). 6
„Sinn/ Bedeutung“ zu tragen. Des weiteren fällt auf, dass bei den Materialien immer einzelne Sprachphänomene herausgegriffen werden, die dann im Zentrum der Übung stehen. Der vielfältige Einsatz von Sprachspielen in der Sprachförderung macht schließ- lich deutlich, dass die Sprachförderung an dieser Stelle stark situationseingebunden ist und Aspekte wie Kombinieren, Wiederholen und Automatisieren zum Tragen kommen Im Zusammenhang der vorangegangenen Ausführungen ist es mir abschließend wich- tig, die Begriffe „integrativ“ und „explizit“ aufzuführen und für die vorliegende Arbeit zu definieren. Erstere insbesondere ist in der Sprachdidaktik mehrfach besetzt: Zum einen bezieht sich „integrativ“ auf die „Integration“ nichtdeutscher Kinder in einen ge- meinsamen Deutschunterricht, also darauf, dass Spracharbeit im Klassenverband mit allen Schülern vollzogen wird. Zum anderen bedeutet „integrativ“ aber auch, dass sprachliche Sachverhalte nicht isoliert, sondern im situativen Kontext, handlungs- und inhaltsorientiert bearbeitet werden. Der Begriff „explizit“ in Bezug auf die Spracharbeit meint, dass Sprachphänomene und Strukturen gezielt und ganz bewusst thematisiert werden. Im Folgenden der vorliegenden Arbeit werde ich mich bei der Verwendung dieser Begriffe auf die hier formulierten Definitionen beziehen. 1.3 Lyrik in der Grundschule Die Lyrik als literarische Gattung neben Epik und Dramatik wird aufgrund ihrer Unmit- telbarkeit des Ausdrucks auch als „Urform“ der Dichtung bezeichnet. Der Begriff Lyrik entstammt dem griechischen Wort lyra = Leier. Sie galt ursprünglich als Begleitung vorgetragener Gesänge, was die Nähe lyrischer Texte zur Musik deutlich macht (vgl. Wilpert, S. 399). Die Kinderlyrik, der Grundschulkinder vorwiegend begegnen, wird als eigenständiges Genre innerhalb der Gattung Lyrik gefasst und bezeichnet sämtliche in gebundener, nicht unbedingt gereimter Sprache verfasste sprech-, lese- und z.T. auch singbare Texte, die in Stoff, Form, Intention und Abstraktionsgrad den kindlichen Adressaten berück- sichtigen (vgl. Reger 1990, S.1 f.). Während das Behandeln lyrischer Texte im Rah- menplan Deutsch für die Grundschule festgeschrieben ist, so begegnen Kinder der Lyrik meist schon viel früher in Form von Sprachspielen, Abzählversen, kleinen Sprüchen und Schlaf- und Wiegeliedern (vgl. Schulz 2000, S. 13). Gemeinsam ist diesen Erschei- 7
nungsformen der enge Bezug zur Leiblichkeit, dass sinnliche Erleben, der gestische Charakter. Lyrische Texte zeichnen sich durch ein besonderes Verhältnis zur Sprache aus, die hier verdichtet ist, konzentriert vorliegt und die Aufmerksamkeit auf die Gestaltung selbst lenkt. Sprache wird zum Material und verengt das Verhältnis zwischen Wortgestalt und Wortbedeutung, so wie es ganz besonders in der konkreten Poesie „sichtbar“ wird (vgl. Reger 1990, S. 9). Auch Rhythmus und Klang greifen formgebende Elemente der Spra- che auf, anhand derer Bedeutungen, Stimmungen und Atmosphäre transportiert werden. Neben der sprachlichen Prägnanz der Lyrik, oder vielmehr mit dieser einhergehend, zeichnen sich Gedichte auch durch ihren bildlichen Gehalt aus. Diese sprachlich evo- zierten Bilder regen eigene Vorstellungen der Leser an und lassen vielfältige Deu- tungsmöglichkeiten zu. Schulz betont in diesem Zusammenhang die Wesensverwandt- schaft von Kindern und Gedichten. Kinder nähern sich unbefangen den Metaphern und Symbolen in einem Gedicht, sie verbinden die verborgenen Bilder mit ihrer eigenen Vorstellung, sie lassen neue Bilder vor ihrem inneren Auge entstehen und vermögen es, unbewusst zwischen den Zeilen zu lesen (vgl. Schulz 2000, S.15 ff.). Schulz betont die Dringlichkeit Gedichte für den Grundschulunterricht zu nutzen, da sie für diesen mit ihrem Potenzial „unverzichtbar“ sind. (vgl. ebd., S. 20). Die Auffassungen, in welcher Weise Gedichte in der Grundschule eingesetzt und ver- mittelt werden sollen, sind allerdings divergent. Vertreter des handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichts stellen pro- duktive Verfahren in den Vordergrund, bei denen das Gedicht zum Ausgangspunkt für eigenes Gestalten wird. Neben diesen Meinungen finden sich aber auch Auffassungen wieder, die die Aufmerksamkeit im Unterricht gerade auf das Gedicht in seiner Einzig- artigkeit und Vollkommenheit gelenkt haben wollen. Positionen aus der Mehrsprachig- keitsdidaktik sehen wiederum gerade in der universellen Sprache der Poesie Chancen, Gedichte auch für das Sprachenlernen zu nutzen. Belke verweist in diesem Zusammen- hang auf die Nähe von Poesie und Grammatik, die schon seit der Antike bekannt ist. Sie stellt damit den Umgang mit Gedichten im Unterricht auch als eine Möglichkeit dar, sprachliche Strukturen bewusst zu machen und aufgrund ihrer prägnanten Gestaltung schnell zu merken (vgl. Belke 2004, S. 46). Grundsätzlich ist es m.E. bei der Auseinandersetzung mit Gedichten im Unterricht wichtig, methodische Zugriffsweisen zu wählen, die den Schülern das zu erarbeitende Gedicht näher bringen, statt von diesem wegzuführen. Verfahren also, die den Schülern 8
neue Perspektiven eröffnen, Probleme sichtbar machen, einen eigenen Bezug schaffen und zum Nachdenken anregen. Grundsätzlich gibt es nicht die eine Methode um ein Gedicht zu erschließen, sondern immer mehrere unterschiedliche Wege. Wichtig ist aber, dass die Methode der Gedichtserschließung zu dem jeweiligen Gedicht passt und das Spezifische desselben herausstellt. Ferner sollen die Verfahren offen sein, um den Schülern bewusst zu machen, dass es verschiedene Lesearten und damit verschiedene Sichtweisen der Wirklichkeit gibt. Viele der hier aufgeführten Intentionen können in der Grundschule nur angebahnt wer- den und lassen sich erst im Laufe der Schulzeit erweitern und vertiefen. Wichtig ist es aber die Begeisterung, die Neugierde die Zugänge für diese literarische Gattung bei den Schülern zu wecken, zu nutzen und durch einen lustvollen Umgang zu erhalten. 2 Darstellung des Unterrichtsversuchs 2.1 Die Lerngruppe und ihre Lernvoraussetzungen Die Lerngruppe der Klasse 2a besteht aus 25 Schülern, 12 Mädchen und 13 Jungen zwi- schen 8 und 9 Jahren. Auffallend ist der hohe Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund: 20 der 25 Schü- ler wachsen mehrsprachig auf, davon allerdings alleine 16 mit einer türkischen Mutter- sprache, die damit einen deutlichen Schwerpunkt innerhalb der Lerngruppe bildet. Die Situation der Schüler mit Migrationshintergrund ist in vielen Fällen dadurch gekenn- zeichnet, dass außerhalb der Schule, in Familie und Freundeskreis, die jeweilige Mut- tersprache gesprochen wird. Damit gibt es für die Kinder nur selten Gelegenheit sich in der deutschen Sprache auseinender setzen zu müssen. Auch Anregungen, bzw. sprachli- che Vorbilder in Form von Bilderbüchern, Geschichten und anderen Texten, sind in diesen Familien nur in seltenen Fällen vorhanden, sodass kaum eine literarische Vorbil- dung oder Sozialisation in der deutschen Sprache an diese Kinder herantritt. Das Sprachvermögen in der deutschen Sprache ist in der Klasse 2a damit sehr unter- schiedlich ausgebildet, und für viele der mehrsprachigen Kinder ist es eine große Her- ausforderung dem Unterricht in der deutschen Sprache problemlos zu folgen. Sie befin- den sie sich in einer Sprachlernsituation unter Submersionsbedingungen. 9
In Kreisgesprächen und bei der Erarbeitung neuer Inhalte wird immer wieder deutlich, dass bei diesen Schülern von anderen Voraussetzungen auszugehen ist als bei ihren deutschsprachigen Mitschülern. Das rein inhaltliche Verstehen bereitet teilweise bereits Probleme, sodass viele Wörter eines neuen Inhaltes in ihrer Bedeutung erst erfasst wer- den müssen, bevor mit ihnen im Zusammenhang eines Themas gearbeitet werden kann. Darüber hinaus zeigt sich in den Gesprächen wie sehr diese Schüler um die Sprache ringen, fehlt ihnen doch der Wortschatz für ein differenziertes Ausdrucksvermögen, sodass es ihnen oft schwer fällt, genau zu versprachlichen was sie sehen, meinen und fühlen. Die Schüler greifen dann vielfältig auf Umschreibungen zurück, um sich mittei- len zu können oder wenden Vermeidungsstrategien an, wenn ihnen das Zutrauen in ihre Ausdrucksfähigkeit fehlt. Damit ist ein deutlicher Unterschied zu den deutschsprachi- gen Schülern zu bemerken, die in mündlichen Phasen als Sprachvorbilder fungieren können, und es vermögen, auftretende Fehler bei ihren Klassenkameraden herauszuhö- ren und zu korrigieren. Schriftliche Arbeiten bzw. die Abstraktionen des schriftlichen Sprachgebrauchs, lösen indes allgemein Schwierigkeiten aus, was sich darin zeigt, dass sich die Schüler mög- lichst schon während des Schreibens bei der Lehrkraft absichern wollen, es in den Tex- ten zu deutlich mehr Fehlern oder unvollständigen Sätzen kommt, und die Umschrei- bungen nicht mehr so klar auf das in ihnen Ausgedrückte verweisen. Dennoch sind fast alle Schüler stets bemüht und motiviert ihre Gedanken und Ideen in Texten und phanta- sievollen Geschichten aufzuschreiben und diese in Präsentationsphasen zu veröffentli- chen. Die Wertschätzung ihrer Leistungen und die positive Rückmeldung durch die Mitschüler, schaffen dabei Vertrauen und Motivation sich diesen hohen Anforderungen immer wieder neu zu stellen. In der Klasse 2a unterrichte ich seit Schuljahresbeginn vier Stunden Deutsch in der Wo- che, wobei der Arbeitsschwerpunkt auf der Kompetenzförderung von Lesen und Schreiben liegt. Den angebotenen Inhalten und Themen aus dem literarischen Bereich begegnen die Schüler dieser Klasse mit hoher Motivation und großer Neugierde, wobei ihnen Themen mit emotionalem Bezug besonders liegen. Die in ihnen enthaltenen Ge- fühle, die ausgedrückte Stimmung, die zugrundeliegende Atmosphäre können sie gut aufspüren und sind davon meist berührt. Die Fähigkeit des bildlichen Verstehens, auch wenn diese Bilder sprachlich vorliegen, ist bei den meisten Schüler vorhanden. Besondere Vorliebe zeigt die Klasse für handlungs- und produktionsorientierte Zugriffsweisen, insbesondere auch für Verfahren wie Tafeltheater, und szenisches Spiel, 10
die das persönliche Ausdrucksvermögen, sprachlich entlasten. Auch Zugänge, in denen der persönliche Bezug zum Tragen kommt liegen diesen Schülern sehr. In Bezug auf die Unterrichtseinheit zu Gedichten, sind die Vorerfahrungen mit dieser Gattung bei den Schülern begrenzt. Die meisten Kinder der Klasse kennen Abzählverse und Sprüche als Spielbegleitungen aus Situationen auf dem Schulhof. Auch im Musik- unterricht begegnen die Schüler formalen Elementen der Lyrik wie Rhythmus und Reim, die hier bei Kreisspielen und anhand von Bewegungsliedern an sie heran getra- gen werden und insbesondere die klangliche Seite in den Vordergrund rücken. Die Erfahrung damit, dass Gedichte Geschichten erzählen, dass in ihnen Bilder stecken, die zu entschlüsseln sind, dass sie Vorstellungen in uns als Leser wecken und Aussagen transportieren, haben die Schüler bis zur Unterrichtseinheit zu Gedichten nur wenig gemacht. Gedichte auch unter diesem Aspekt zu erschließen, die Schüler dafür zugäng- lich zu machen, war deshalb eines meiner Anliegen. 2.2 Ziele des Unterrichtsversuches Im Mittelpunkt der Unterrichtseinheit zu Gedichten steht die inhaltliche Auseinander- setzung mit diesen. Das heißt, es geht darum, die in den Gedichten erzählten Geschich- ten zu erschließen und zu verstehen. Dieses Verstehen soll aber nicht auf einer rein re- zeptiven Ebene verweilen, sondern die durch ein Gedicht geweckten Vorstellungen und Bilder sollen in eigenen Gestaltungen produktiv gemacht werden um einen persönlichen Bezug zu den jeweiligen Gedichten herzustellen. Die inhaltliche Erschließung und die eigenen Gestaltungen sollen sich dabei gegenseitig bedingen. Diese vorgenommenen Ziele lassen sich unter den Lernvoraussetzungen der Klasse 2a aber nur dann verfolgen, wenn eine differenzierte Spracharbeit sowohl das Verstehen als auch die textuellen Umsetzungen begleiten und damit entlasten. Die Spracharbeit wird somit zur unabdingbaren Voraussetzung. Sie soll aber für sich betrachtet wiederum eigenen Grundsätzen genügen, das heißt, sie soll an die Voraussetzungen der Schüler anknüpfen, sie soll Sprachphänomene verdeutlichen und das Sprachbewusstsein ausbil- den. Aus den hier formulierten Anliegen lassen sich folgende, global gefasste Lernziele für die Unterrichtseinheit formulieren: 11
Die Schüler sollen: - eine Auswahl von Gedichten als Angebot kennen lernen, ihren Inhalt verstehen und erfahren, dass Gedichte Geschichten erzählen können - durch einen produktiven Umgang mit Lyrik eigene Ideen und Vorstel- lungen entwickeln und in Texten und ästhetischen Produkten ausgestal- ten (Kreativität) - angesichts der Vieldeutigkeit von Gedichten und der unterschiedlichen Aufnahme durch die Rezipienten erfahren, dass viele verschiedene Sicht- weisen gleichwertig nebeneinander existieren - anhand von gezielter Spracharbeit, Sprachbewusstsein entwickeln und erfahren, das Sprache zu „erweben“ ist 2.3 Sachanalyse4 der Gedichte „Regen“ von H. G. Lenzen Inhaltlich handelt dieses Gedicht von einem lyrischen Ich, das, von den Geräuschen des Regens manchmal des Nachts geweckt, sich auf die Geborgenheit seines Bettes besinnt, in welchem es sich mit dem Teddy im Arm nicht zu fürchten braucht. In den zwölf Ver- sen des Gedichtes werden damit anhand von Wörtern und den in ihnen transportierten Assoziationen zwei fast schon gegensätzliche Atmosphären evoziert und miteinander verknüpft: Die kalte, schwarze, regnerische Welt draußen, die dem lyrischen Ich nur deshalb „überhaupt nichts ausmacht“, weil es drinnen die kuschelige, warme Geborgen- heit in der Zweisamkeit mit dem Teddy hat. Verben und Adjektive, die insbesondere die Sinne Hören, Sehen, Fühlen ansprechen, lassen die aufeinanderprallenden Stimmungen in der Vorstellung besonders anschaulich wahrnehmen. Die Unmittelbarkeit des Ge- schehens drückt sich im verwendeten Präsens aus und trägt sich bis zum Gedichtsende, das offen bleibt für eigene Vorstellungen. „Die kleine Hexe“ (Volksgut) Das Gedicht handelt von der kleinen Hexe, die sich während des Vormittags mehreren Tätigkeiten im Haushalt widmet, wobei diese gewohnheitsgemäß zu ganz bestimmten Zeiten verrichtet werden und darin enden, dass die Hexe um zwölf die Kinder zum Mit- tagessen ruft. Der regelmäßige Aufbau der zehn ersten Verse im einfachen Paarreim und die Bindung des Reims an die Zahlen/Uhrzeiten erleichtert das Erschließen und 4 Die Sachanalysen konzentrieren sich auf jene Aspekte der Gedichte, die im Zusammenhang der Unter- richtsreihe wesentlich sind und zielen damit nicht auf Vollständigkeit im Sinne einer Gedichtsanalyse ab. 12
Einprägen des Inhaltes dieser Verse. In der elften Zeile kommt es zu einem Umbruch auf der Ebene des Gedichtsrhythmus´, sodass die letzten vier Verse eine Beschleuni- gung markieren, die in dem auffordernden Ausruf, “Hurtig, Kinder, kommt zu Tisch!“ ihren Höhepunkt erlangt. „Federchen und Nilpferd“ von J. Ringelnatz Dieses scherzhafte Gedicht ist dem Bereich des „lyrischen Humors“ zuzurechnen. Es erzählt die Geschichte eines kecken Federchens, das auf seinem Spazierflug über Land ein am Strand schlummerndes Nilpferd neckt und auf diese Weise zum Lachen bringt. Während eine narrative Struktur das Gedicht prägt, zieht der dritte Vers die Aufmerk- samkeit auf sich, insofern die Feder in der verwendeten direkten Rede „ich will es we- cken“ selber zu Wort kommt. Dieser „dialogische“ Einschub verleiht der Geschichte Lebendigkeit und lässt sie präsenter erscheinen als der Diktus des ansonsten verwende- ten Präteritums. Der regelmäßige Paarreim durchzieht das Gedicht und lässt es sich leicht einprägen. 2.4 Didaktische Überlegungen zur Auswahl der Gedichte und zur vorgenommenen Schwerpunktsetzung Bei der Auswahl der Gedichte meiner Unterrichtsreihe habe ich versucht, mehrere Ge- sichtspunkte gleichzeitig zu berücksichtigen: Oberstes Ziel war es, solche Gedichte auszuwählen, die die Schüler in ihrer Erfah- rungswelt erreichen und es vermögen, ihre Neugierde und ihr Interesse für diese Gat- tung zu wecken. Dabei galt es ihre Lernvoraussetzungen zu berücksichtigen und Ge- dichte zu wählen, die weder besonders lang sind, handelt es sich doch um Leseanfänger, noch komplexe Strukturen und viele unbekannte Wörter enthalten, die den Zugang er- schweren und das Verstehen unnötig behindern. Da mir produktive Zugänge beim Er- schließen der Gedichte wichtig sind, sollten die Gedichte sowohl unterschiedlich als auch offen sein, um sinnvolle und anregende textuelle Weitergestaltungen (Schreiban- lässe) zu ermöglichen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Gedichterschließung und die daran anschließende Textproduktion durch gezielte Spracharbeit unterstützt werden sollte, bzw. es auch darum ging, anhand der Gedichte einzelne sprachliche Phänomene ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken, müssen in den Gedichten ferner sprachli- che Aspekte markant sein, die für eine solche Betrachtung aufgegriffen werden können. Schließlich war es mir auch wichtig, die Reihenfolge, in der die einzelnen Gedichte 13
erarbeitet werden sollten, zu bedenken, um Sprachphänomene, sofern möglich, aufein- ander aufbauend zu betrachten. Dies ließ sich nicht immer stringent realisieren. Am Anfang der Gedichtseinheit steht damit die Auseinandersetzung5 mit der konkreten Poesie. Diese zeichnet sich durch die „Materealisierung“ bzw. der „Verbildlichung“ der Sprache aus und macht in dieser Eigenschaft den Zusammenhang zwischen Wortgestalt und Wortbedeutung explizit sichtbar. Die Schüler können damit im eigenen Gestalten von Piktogrammen (Wortbilder) erfahren, dass Worte Bedeutung tragen, dass sie Vor- stellungsbilder evozieren. Mit dem Gedicht „Regen“ (H.G. Lenzen) lernen die Schüler einen Text kennen, dessen Bilder aus ihrer unmittelbaren Erfahrungswelt stammen, sodass es ihnen leicht fällt sich mit dem lyrischen Ich zu identifizieren. Dabei lassen sich die mit den Substantiven „Nacht“, „Regen“ „Wind“, „Bett“ und „Teddybär“ transportierten Assoziationen ein- fach entschlüsseln und eigene Vorstellungsbilder „hinter“ Worten aufspüren und be- sprechen. Auch die in dem Gedicht evozierten Stimmungen lassen sich gerade in ihrer Gegensätzlichkeit gut herausarbeiten. Indem die Schüler im Anschluss an die Textre- zeption einen Traum aufschreiben, den das Kind des Gedichtes beim Wiedereinschlafen träumt, setzen sie sich erneut mit eigenen Vorstellungsbildern auseinander, die sich in Worten (Substantiven) ausdrücken lassen. Dabei ermöglicht die farbliche Umsetzung des Traumes es Empfindungen gestalterisch auszudrücken. Sprachlich wird neben dem Thema, „Wörter transportieren unterschiedliche Assoziationen“ daran gearbeitet Sub- stantive für den Traum zu sammeln und die richtigen Begleiter zu finden. In dem Gedicht „Die kleine Hexe“ (Volksgut) begegnen die Schüler einer Figur, die sie meist bereits aus Geschichten und Märchen kennen und die aufgrund ihrer verschiede- nen Bedeutungsaspekte zum Phantasieren anregt. Der Schwerpunkt des Gedichtes liegt auf den vielen Tätigkeiten, die die Hexe des Vormittags verrichtet, wobei in jedem Paarreim ein neues Bild dessen, was die Hexe tut, entsteht und in der Abfolge die Ge- schäftigkeit der Hexe deutlich wird. Damit kommen die Verben in ihrer Verwendung in der dritten Person Singular besonders zum Tragen, und es liegt nahe, in einer sprachli- chen Erarbeitung diese herauszugreifen und sie in ihrer Funktion zu thematisieren. Ge- 5 Auseinandersetzung in Form von einer kleinen Werkstatt, die der eigentlichen Erarbeitung der drei fol- genden Gedichte vorausgeht (siehe dazu auch die Tabelle und den Anhang). 14
rade mit der inhaltlichen Überlegung, was die Hexe nun alles am Nachmittag tun könn- te, lässt sich das Sammeln weiterer Verben verknüpfen, die dann Hilfe geben einen ei- genen Text zu schreiben. Die Überarbeitung und weitere Umsetzung dieses entstande- nen Textes in einer Text-Bildfolge eines Leporellos ermöglicht es ferner, die Eigen- schaft des Verbs (etwas das man tut) zu visualisieren. Der besondere Reiz des Gedichtes „Federchen und Nilpferd“(J. Ringelnatz) liegt zum einen in dem Humor, der die Schüler unmittelbar anspricht, kennen sie doch die Lust jemanden zu necken. Zum anderen ist Schülern auch die narrative Struktur leicht zu- gänglich, die in der Verknüpfung mit der wörtlichen Rede des Federchens geradezu zum Spiel auffordert. In dieser Intention, das Gedicht als Tafeltheater nachzuspielen, ergaben sich für die Spracharbeit zwei unterschiedliche Arbeitsfelder: Erstens die Wort- feldarbeit im Zuge des Strandbildes, das als Bühne an der Tafel entstehen sollte. Zwei- tens die Unterscheidung von erzählender und dialogischer Sprache, die in eigenen Dia- logen zwischen Nilpferd und Federchen vertieft werden sollte. Der Anspruch, zwei un- terschiedliche Figuren zum Sprechen zu bringen und dabei die Redeanteile aufeinander zu beziehen, ist gerade in einer schriftlichen Umsetzung ausgesprochen hoch. Eine Ü- berarbeitung der entstandenen Dialoge für das szenische Spiel an einer eigenen erstell- ten „Bühne“ ist sinnvoll und für die Schüler nachvollziehbar. 2.5 Methodische Überlegungen zur Umsetzung der Gedichte und der Spracharbeit In Bezug auf die Umsetzung der Gedichte und der integrativen Spracharbeit im Unter- richt sind mir mehrere Aspekte wichtig, die sich zum einen auf den Umgang mit den Gedichten zum anderen auch auf die Arbeit an der Sprache beziehen: Für die Gedichtserschließung scheinen mir vier aufeinander aufbauende Phasen sinn- voll: Mit einer Einstimmung die über Wortassoziationen, Vorstellungsbilder oder auch der Umsetzung von Stimmung in Bewegung erfolgt, wird es möglich die Vorerfahrungen der Schüler einzubeziehen und ihre Phantasie zu wecken. Bei der Begegnung mit dem Gedicht selbst ist eine Entlastung angebracht, die das in- haltliche Verständnis erleichtert. Das Tafeltheater, Bilder bzw. Gegenstände („roter Fa- 15
den“6), die den Lehrervortrag begleiten, ermöglichen es das rein Gehörte zu visualisie- ren und damit das Verständnis zu fördern. Außerdem ist das Anschauungsmaterial als Merkhilfe beim Auswendiglernen hilfreich. Im Gespräch können die Schüler sich über das Wahrgenommene und über Eigenheiten des Gedichtes austauschen. Es ist mir wichtig, die Gedichtsbegegnung nicht auf einer rein rezeptiven Ebene zu be- lassen, sodass als dritte Phase die individuelle Auseinandersetzung in einer Schreibauf- gabe anschließt. Dabei sollen die Schreibanlässe sich sinnvoll aus der Thematik des Gedichtes ergeben. Eine kreative bzw. gestalterische Umsetzung soll die Auseinandersetzung mit dem Ge- dicht als vierte Phase abschließen. Für die Spracharbeit habe ich drei Grundsätzen Vorrang gegeben: Zum einen soll die Spracharbeit an die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem Thema gebunden werden. Das heißt, die von den Schülern eingebrachten Ideen sind Ausgangspunkt für das Aufgreifen eines sprachlichen Phänomens. Zum anderen ist die Spracharbeit sowohl Entlastung des Verstehens- und Schreibpro- zesses als auch explizite Übung. Schließlich ist es mir ein Anliegen Phasen der Überarbeitung zur Gewohnheit werden zu lassen. Diese rechtfertigen sich insbesondere dann, wenn ein fehlerfreies und kreativ gestaltetes Endprodukt vorliegen kann. 6 Der rote Faden zeichnet sich dadurch aus, dass in chronologischer Reihung das Vorgetragene anhand von markanten Gegenständen oder Bildern visualisiert wird. 16
2.6 Tabellarischer Überblick 17
3 Auswertung und kritische Reflexion des Unterrichtsversuches Wie in der Einleitung bereits erwähnt, konzentriert sich die Auswertung des Unter- richtsversuches auf die Unterrichtsstunden zu dem Gedicht „Die kleine Hexe“ um an diesem exemplarisch die vollzogene Spracharbeit aufzuzeigen. Dabei ergeben sich zwei Schwerpunkte der Analyse: Zum einen geht es darum einzelne Unterrichtssequenzen auszuwerten, um die initiierte Spracharbeit in ihren Möglichkeiten und Grenzen zu re- flektieren. Zum anderen werden die Schülertexte und die gestalterischen Umsetzungen betrachtet, um zu analysieren inwieweit die Spracharbeit in diese eingeht. 3.1 Auswertung der Spracharbeit anhand der Beobachtungen einzelner Unter- richtssequenzen Zunächst soll die Einstimmungsphase in den Blick genommen werden, weil sie die erste sachbezogene Auseinandersetzung zum Thema des Gedichtes darstellt und weil sie wesentliche Aspekte in Bezug auf Spracharbeit aufweist. Indem die Schüler in einer Blitzlichtrunde zum Wort „Hexe“ assoziieren, kommen drei Absichten zum Tragen. Erstens versprachlicht jedes Kind ein inneres Vorstellungsbild, das heißt, es drückt in einem Wort oder einem Satz das aus, was es im Zusammenhang mit dem Begriff „He- xe“ vor seinem inneren Auge sieht. Zweitens stellt die mögliche Vielfalt an Äußerun- gen, sowohl bezogen auf die inhaltliche Idee, als auch bezogen auf das Wort, eine Er- weiterung des Wortschatzes dar. Schließlich ermöglicht der thematische Zusammen- hang der Wörter es, die Wörter besser zu lernen und zu behalten. In Hinblick auf die Lernvoraussetzungen der Klasse 2a sind diese drei Intentionen von entscheidender Be- deutung, und wie meine Unterrichtsbeobachtungen zeigen, haben sie in der Durchfüh- rung gefruchtet. Die Schüler haben alle eine Vorstellung ausgedrückt, auch wenn es zum Teil zu Wiederholungen kam. Dabei bezogen sich die Assoziationen auf ganz un- terschiedliche Aspekte der Hexe, womit eine gewisse Vielfalt zustande kam. Es wurden die Wörter „Buckel, „Warze“, „Pickel“, „krumme Nase“, „graue Strähnen“, „Kopf- tuch“, „Schürze“, „Brille“, „Besen“ genannt, die sich auf das Aussehen der Hexe bezie- hen, ergänzt durch den „Raben“ und die „Katze“. Ferner kamen aber auch Eigenschaf- ten der Hexe ins Gespräch, insofern als dass vom „Zaubern“, „Fliegen“ und „Fluchen“ die Rede war. Im Zusammenhang der gefundenen Wörter fiel schließlich auf, dass die Schüler sich vorwiegend eine Hexe vorstellen, die „böse“ und „gefährlich“ ist. 18
Entscheidend bei dem Blitzlicht waren neben diesen Assoziationen die Worterklärungen durch die Schüler, weil „der Buckel“, „die Warze“ sowie das Verb, „fluchen“ nicht al- len Schülern geläufig war. Insgesamt haben sich die Schüler mit großem Interesse betei- ligt und sich gegenseitig aufmerksam zugehört, was ich daran ersehe, dass neue Ideen gleich auch gerne für vertiefende Gespräche oder weitere Ausführungen aufgegriffen worden wären. Im Zuge eines Blitzlichtes ist dies jedoch nicht vorgesehen. Die Annahme, dass die Schüler zum späteren Zeitpunkt, nämlich im Anschluss an die Gedichtsbegegnung, bei der Ideensammlung für den Schreibanlass auch auf diese Asso- ziationen zurückgreifen, hat sich nicht bestätigt. Nur in zwei Texten finden sich Ideen wieder, die aus den Assoziation gespeist sind (die Katze, und die fliegende Hexe). Dies führe ich darauf zurück, dass die Schüler bei der Ideensammlung für den Schreibanlass sehr nahe an dem Gedicht und damit an dem Hexenbild einer sehr fleißigen, durchaus freundlichen Hexe geblieben sind, die sich von dem Hexenbild ihrer Assoziationen un- terscheidet. Außerdem wurden bei den Imaginationen vornehmlich äußere Merkmale der Hexe genannt, während der Schreibanlass auf die Tätigkeiten der Hexe abzielte, sodass beschreibende Elemente in den Schülertexten kaum vorkommen. Betrachtet man allerdings die Bilder, die im Leporello zu den eigenen Texten entstanden sind, so sind in diesen wiederum einige der benannten Merkmale aus der Assoziationsphase malerisch umgesetzt worden. Damit bestätigt sich für mich, dass eine Aufnahme der Wörter oder zumindest der dahinterstehenden Bedeutungen bei den Schülern stattgefunden hat. Im Zusammenhang mit der Auswertung der Spracharbeit ist es ferner wichtig, die Un- terrichtsequenz, in der die Begegnung mit dem Gedicht initiiert wurde, zu reflektieren. Diese Sequenz ist deshalb in der Reflexion von Bedeutung, weil hier der zweite Grund- satz meiner Spracharbeit zum Tragen kommt nämlich Überlegungen in Bezug auf sprachlich unterstützende Hilfestellungen, die den Verstehensprozess von Kindern mit Migrationshintergrund fördern. Dafür war es zum einen wichtig, jene Wörter des Gedichtes zu visualisieren, von denen ich ausgehen konnte, dass einige Schüler keine begriffliche Vorstellung haben. Ich ent- schied mich in diesem Zusammenhang für eine Visualisierung anhand des „roten Fa- dens“, der den Gedichtsvortrag begleiten sollte. Zum anderen war die Gedichtsstruktur in den Blick zu nehmen, die durch den Umbruch in dem elften Vers das problemlose Verstehen erschwert. Dieser Umbruch macht sich auf der Ebene des Gedichtsrhythmus` bemerkbar. Er besteht darin, dass bis zum elften 19
Vers die angegebenen Uhrzeiten den Tätigkeiten der Hexe voran gestellt werden („Morgens früh um sechs, kommt die kleine Hex“) und mit dem elften Vers genau diese Struktur aufgebrochen wird. Ab hier ist die Uhrzeit der genannten Tätigkeit nachgestellt („feuert an um elfe“). Um dieser Verstehensproblematik vorzubeugen, bereitete ich die Zahlen entsprechend der Uhrzeiten auf Kärtchen vor, die gegebenenfalls im ersten Teil des Gedichts vor und im zweiten Teil hinter die Gegenstände des „roten Fadens“ gelegt werden sollten. Die hier beschriebenen Vorüberlegungen haben sich in der Unterrichtsdurchführung bewährt. Der Gemüseschäler und die Karotten konnten ohne weitere Erklärungen den Vers „schabt sie gelbe Rüben“ veranschaulichen, und so verhielt es sich auch mit den Zeichnungen zu dem Vers „Fröschebein und Krebs und Fisch“. Die mitgebrachte Späne des Verses „Holt sie Holz und Späne“ bedurfte indes eines weiteren Austausches, rief sie zunächst bei einigen Schülern Ekel hervor, insofern ihre Vorstellungen, woher die Späne stammt, äußerst diffus waren. Auf der Ebene der Gedichtsstruktur zeichnete sich tatsächlich die vorausgesehene Prob- lematik ab, insofern ein Schüler beim Wiedergeben des Gedichtsinhaltes zum Gegens- tand der Streichholzschachtel den Beitrag brachte „Ja, da brennt die Hexe die Elbe an“. Dieses Missverständnis konnte anhand der vorbereitete Zahlen aufgedeckt werden, so- dass eben dieser Schüler bei einer zweiten Aufforderung wiedergab, „sie macht Feuer für die Essen“. In seinem späteren Text, der auch unmittelbar Elemente aus dem Ge- dicht aufgreift, wollte dieser Schüler jedoch seine erste Idee „die brennenden Elbe“ un- bedingt mit einbringen. In Bezug auf die initiierten Verstehenshilfen bestätigen mich diese Unterrichtsbeobach- tungen und zeigen mir, dass gerade bei den Lernvoraussetzungen dieser Schüler eine Vorentlastung des Vokabulars bei der Erarbeitung eines neuen Themas unabdingbar ist, um nicht unnötige Barrieren aufzubauen, die die Motivation hemmen. Ferner überzeu- gen mich die Gesprächsanlässe, die sich im Zusammenhang mit Worterklärungen im- mer wieder ergeben, insofern es die Fähigkeiten der Schüler schärft genau zu erklären, bzw. synonyme Wörter zu finden. An die Gedichtserarbeitung schloss die gemeinsame Ideensammlung für den Schreib- anlass an. Diese Sequenz, in der die Schüler gemeinsam ihre Ideen zu der Frage „Was macht die Hexe nach dem Mittagessen“ einbringen sollten, bildet das Kernstück der explizit vollzogenen Spracharbeit. 20
Entscheidend bei dieser Sequenz sind dabei insbesondere zwei Aspekte, die sich auf meine zuvor formulierten Grundsätze zur Spracharbeit beziehen: Erstens ist bei dieser Ideensammlung die Spracharbeit an eine inhaltliche Auseinandersetzung gebunden, insofern die Schüler Vorstellungen für die Nachmittagsbeschäftigung der Hexe suchen, und es die von ihnen genannten Verben sind, die zur Sprachbetrachtung aufgegriffen werden. Zweitens macht es die Reduktion auf den einen Sprachaspekt „Verben“ mög- lich diese explizit zu thematisieren und zu üben, wobei genau diese auch eine Entlas- tung des anschließenden Schreibprozesses darstellt. Meine Unterrichtsbeobachtungen zeigen zu den beiden hier genannten Aspekten Mög- lichkeiten aber auch Grenzen in Bezug auf das Arbeiten an der Sprache auf und sollen hier zusammenfassend beleuchtet werden. Bei der Ideensammlung waren die Schüler sofort mit großer Konzentration bei der Sa- che, was sich an den vielen Meldungen, die unmittelbar an die Fragestellung anschlos- sen, ablesen lässt. Ihre Vorstellungen zu der Fragestellung bezogen sich zum Teil auf das Gedicht, insofern die Hexe nach der ganzen Arbeit am Vormittag „aufräumen“, „putzen“, „wischen“,„fegen“ bzw. „duschen“ und „schlafen“ sollte. Ferner wurde ange- dacht, dass sie erneut „kocht“, „backt“ und „isst“. Ihre Ideen sind aber auch aus ihrer unmittelbar eigenen Erfahrungswelt gespeist, insofern die Vorschläge „sie sieht fern“, „sie geht zu ihren Freundinnen“, „sie spielt mit ihren Freundinnen“ kamen. Diese inhaltliche Ideensammlung macht im Nachhinein zwei Dinge deutlich: Zum einen zeigt sich, dass in dieser Sammlung ein Spektrum an Verben zusammen kommt, auf das ein einzelner Schüler ohne dieses Gespräch nicht zurückgreifen könnte. Zum anderen zeigt gerade die Tatsache, dass nur jene Verben genannt werden, die den Schülern ge- läufig sind, auch die Grenzen dieser Arbeit auf, wäre es doch wünschenswert das Spekt- rum der geläufigen Verben um „andere“ zu bereichern. Diese Problematik lässt sich für mich im Zusammenhang der Ideensammlung allerdings nicht lösen, weil in der Intenti- on dieses Ideensammelns für mich die inhaltlichen Vorschläge Vorrang vor der Wort- schatzerweiterung haben. Denkbar wäre es aber, zu einem anderen Zeitpunkt in diese Ideensammlung einzuhaken und zu den einzelnen Verben noch weitere ähnliche Verben im Sinne einer Wortfeldarbeit zu finden. Dies würde dann allerdings die Spracharbeit aus ihrer inhaltlichen Verknüpfung lösen. Neben den eben genannten Aspekten haben die Unterrichtsbeobachtungen aber auch noch weitere Einsichten geboten. Diese beziehen sich auf die Form der Visualisierung der Verben. Mein Anliegen war es die von den Schülern genannten Ideen als Schlüs- 21
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