Von Apfelbaum bis Zittergras - Gartenbau zwischen Havel und Spree - Gartenbauverband Berlin ...

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Von Apfelbaum bis Zittergras - Gartenbau zwischen Havel und Spree - Gartenbauverband Berlin ...
Von Apfelbaum
 bis Zittergras
 Gartenbau zwischen
 Havel und Spree
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INHALT

VORWORT			 4                                                  FRIEDHOFSGÄRTNEREI
                                                                                 30
                                                               Veckenstedt GmbH Gärtnereibetriebe		 32
                                                               Naturgewordene Erinnerung
FÜR DEN GENUSS			 6
Geschichte des Obst- und Gemüseanbaus
                                       FÜR DIE ZUKUNFT		 34
OBSTBAU UND GEMÜSEBAU			 8             Geschichte um die königliche Lehranstalt und
  Obstgut Müller			10                  die Begründung der deutschen Obstzüchtung
  Mehr Arbeit für geringere Erträge – und trotzdem Bio        FORSCHUNG UND TECHNIK		 36
  Gut Herrenhölzer Mönnich & Streit GbR			 12                  Leibniz-Institut für Agrartechnik
  Genießer mögen die Selbstpflücke                             und Bioökonomie e. V. (ATB)		 38
                                                               Vom Bauchgefühl zur Wissenschaft
WEINBAU			14
                                                               Leibniz-Institut für Gemüse-
  Weinbau Wolkenberg			 16
                                                               und Zierpflanzenbau e. V. 		 40
  Rebstöcke, wo einst Bagger das Land fraßen                   Blick in die Tiefe der Pflanzen
                                                              NACHHALTIGKEIT		42
FÜR DIE SEELE		                                          18    Baumschule Lorberg		                    44
Geschichte des Gartenbaus und der Friedhofskultur              Das Überleben in der Großstadt erlernen
BLUMEN, ZIERPFLANZEN UND DIENSTLEISTUNGEN 			 20              AUSBILDUNG		46
  Nadja Meyer                                                  Ausbildung zum Gärtner		         48
  Agentur für Floristik und Raumgestaltung			 22               Die Welt ein Stück grüner machen
  Ein Rahmen aus Phantasie
  Hermann Rothe Gartenbau			 24
  Farbtupfer für die Großstadt                                NETZWERK GARTENBAU BRANDENBURG		  50
                                                              Institutionen und Ansprechpartner
BAUMSCHULEN			26
  Baumschule Marzahna			28
  “Absolution“ für den gefällten Riesen                       IMPRESSUM		51

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HERZLICH WILLKOMMEN,

    liebe Garten-Freundinnen und -Freunde, liebe Gäste aus Berlin und Brandenburg, liebe Reisende aus nah und fern.

    Die Region Berlin-Brandenburg wäre ohne ihren Gartenbau nur halb so grün. Ohne ihre Gemüse- und Obstprodukte
    wie Beelitzer Spargel, Werderaner Obst, Spreewälder Gurken oder Wesendahler Äpfel wäre sie nur halb so kulinarisch.
    Ohne die gärtnerisch geprägten Kulturlandschaften wie das Havelland und den Spreewald oder ohne ihre Parks in der
    Tradition von Peter Joseph Lenné wäre sie nur halb so anziehend und lebenswert. Mehr noch: Ohne den Gartenbau
    wären die Städte trostlose Betonwüsten.

    Gleichzeitig ist er ein nicht zu übersehender Wirtschaftszweig: Etwa 300 Betriebe arbeiten in Berlin und Brandenburg,
    nicht wenige davon sind seit über 100 Jahren hier verwurzelt. Jeder fünfte landwirtschaftliche Arbeitsplatz findet sich im
    Gartenbau. Im Verbund mit vor- und nachgelagerten Branchen steht er für eine Wertschöpfung von etwa 200 Millionen
    Euro. Nicht so leicht in Zahlen zu fassen ist das Wirken des Gartenbaus für eine gesunde, vielfältige Umwelt und für
    ressourcenschonende Nahrungsquellen. Hier ist der Gartenbau essentiell und unbezahlbar.

    Um dies zu erhalten und weiterzuentwickeln, organisieren sich die Gärtner in unserem Gartenbauverband Berlin-
    Brandenburg e. V. Wir sorgen für Zusammenhalt und Wissensaustausch, kommunizieren mit Politik und Öffentlichkeit,
    um das Gewicht unseres Wirtschaftszweiges zu stärken. Es geht uns um Öffentlichkeit und Anerkennung, die sich in
    fairen Preisen für die Produkte und Leistungen der Gärtnerinnen und Gärtner ausdrücken.

    Die Region Berlin-Brandenburg wäre ohne ihren Gartenbau nur halb so grün – und halb so interessant. Wenn Sie wissen
    möchten, warum in einem ehemaligen Braunkohletagebau Spitzenweine wachsen, was Gehölze in der Baumschule
    lernen, wie Gärtner dem Klimawandel trotzen oder welche Fragen Forscher den Pflanzen stellen, dann lesen Sie die
    Geschichten in diesem Heft. Stellvertretend für die ganze Branche erzählen Ihnen Gärtnerinnen und Gärtner, was sie
    tun – für unseren Genuss, für unsere Seele und für unsere Zukunft.

    Dr. Klaus Henschel
    Präsident des Gartenbauverbandes Berlin-Brandenburg e. V.

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Für den

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OBST                                                           GEMÜSEBAU
von Hochstämmen über Zwergobst bis                             Prinzessin von Oranien-Nassau
zum modernen Obstanbau                                         begründete den Gemüsebau in der Mark

Der Obstbau war lange das Kerngebiet des Gartenbaus. Hin-      Der Gemüseanbau in Schwante kann bis 1665 zurückverfolgt
weise zur Baumveredlung können bis zu den Zisterzienser-       werden, bis in die Zeit Luise Henriettes (1627–1667), geborene
mönchen zurückverfolgt werden, die im 12. Jahrhundert aus      Prinzessin von Nassau-Oranien, verheiratet mit dem Kurfürsten
Frankreich nach Brandenburg kamen. Bis ins 16. Jahrhundert     Friedrich Wilhelm. Luise Henriette begründete die landwirt-
waren lose, auf der Wiese verteilte Hochstämme, heute          schaftliche Produktion im Gebiet Oranienburg und Schwante.
Streuobstwiesen, die einzige Kulturform des Obstbaums. In      Neben dem Schlossgarten Oranienburg ließ sie auch Küchen-
der Renaissance legte man Wert auf regelmäßig angeord-         gärten anlegen, einen davon im Gebiet Schwante in Fehlefanz
nete Baumpflanzungen. Spalier- und Zwergobst wurden im         (heute Vehlefanz).
französischen Barock zur Vollkommenheit entwickelt. Wäh-
rend des Niedergangs des märkischen Weins entwickelte sich
der Obstanbau weiter.

Mit der industriellen Entwicklung wurde es ökonomisch luk-
rativer, die Früchte anzubauen. Besonders in der Region um
Werder an der Havel wurde der Obstanbau zu einem ein-
träglichen Erwerbszweig. Zu den ältesten Obst- und Wein-
baubetrieben im Werderschen zählt die Familie Lindicke.
Schon im 17. Jahrhundert waren die Lindickes in Werder im
Weinbau aktiv. Bis heute hält Familie Lindicke die Tradition
                                des Obst- und Weinanbaus
                                durch aktive Produktion und    Nach dem Dreißigjährigen Krieg war das Land verwüstet und
                                Vermarktung aufrecht.          es fehlte an allem Lebensnotwendigen. Luise Henriette verwal-
                                                               tete persönlich die Mustergüter. Hauptprodukte waren Spargel
                                                               und Kartoffeln. Es ist überliefert, dass sie die ersten Knollen zu-
                                                               sammen mit ihrem Mann pflanzte. Eine brandenburgische Pre-
                                                               miere erfuhr auch der Blumenkohlanbau durch die Kurfürstin.

                                                               Die erste preußische Gärtner-Siedlung wurde 1919 während
                                                               der Weltwirtschaftskrise durch einen Verein für die Gärtner-
                                                               Ansiedlung in Schwante geschaffen. Noch heute existiert am
                                                               Standort Vehlefanz eine Chicoree- und Gemüsejungpflanzen-
                                                               produktion, eine der größten Produktionsstätten in Deutschland.

                                                                                                                                     7
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Mit 917 Hektar Anbaufläche ist der Apfel das bestimmende        In Brandenburg bauen gärtnerische Unternehmen auf
Obst im Land Brandenburg. Angesichts des Klimawandels           6.500 Hektar Gemüse an. Geerntet werden davon jährlich
und gleichzeitig steigender Lohnkosten müssen die Betriebe      rund 90.000 Tonnen. Den bedeutendsten Flächenanteil
Wege finden, ihre Erträge zu steigern und gleichzeitig durch    haben die Landkreise Potsdam-Mittelmark, Oberhavel und
moderne Anbaumethoden zu sichern. Dazu gehören eine             Dahme-Spreewald. Zusammen stellen diese Landkreise
effiziente Bewässerung und Düngung im Sommer, Hagel-            über 70 Prozent der Freilandgemüseflächen Brandenburgs.
schutznetze sowie eine Frostschutzberegnung im Frühjahr.        Die Hauptkultur ist Spargel mit einer Ertragsfläche von
                                                                4.000 Hektar. Neben Niedersachsen und Nordrhein-West-
Im Jahr 2020 wurden 24.560 Tonnen Äpfel geerntet. Zu den
                                                                falen gehört Brandenburg zu den wichtigsten spargel-
führenden der 30 im Einzelhandel angebotenen Sorten in
                                                                anbauenden Bundesländern. Im Jahr 2020 wurden 19.900
Brandenburg gehören Jonagold, Idared und Pinova. Haupt-
                                                                Tonnen der weißen Stangen geerntet. Während in Potsdam-
anbaugebiete sind Potsdam-Mittelmark mit 370 Hektar,
                                                                Mittelmark mit 94 Prozent und in Oberhavel mit 98 Prozent
in Märkisch-Oderland beträgt die Fläche 265 Hektar und um
                                                                der Spargelanbau dominiert, sind im Landkreis Dahme-
Frankfurt (Oder) bewirtschaften Apfelanbauer 265 Hektar.
                                                                Spreewald mit 45 Prozent die traditionsreichen Einlegegur-
Weitere bedeutende Obstarten in Brandenburg sind Süß-           ken vorherrschend. Möhren wachsen auf 500 Hektar und
kirschen mit einer Fläche von 340 Hektar und einem Er-          Speisekürbisse auf 230 Hektar.
trag von 610 Tonnen. Weiterhin wachsen Sauerkirschen auf
                                                                In den Gewächshäusern wächst auf 55 Hektar Gemüse.
83 Hektar, auf denen 440 Tonnen geerntet wurden. Die
                                                                Knapp ein Drittel entfällt auf den Landkreis Potsdam-
Erdbeerfläche beträgt 280 Hektar, in den Handel und die
                                                                Mittelmark. Den größten Anteil haben Tomaten mit rund
Verarbeitung gelangten 2.000 Tonnen. Eine zunehmen-
                                                                60 Prozent, gefolgt von Salatgurken mit 14 Prozent und Pap-
de Bedeutung haben Strauchbeeren, die inzwischen auf
                                                                rika mit 13 Prozent. Insgesamt wurden in den Gewächshäu-
1.151 Hektar wachsen, die Erntemenge betrug 2.680 Tonnen.
                                                                sern 16.800 Tonnen Gemüse geerntet. Auch im Gemüsebau
 Einen bedeutenden Anteil haben die Kulturheidelbeeren
                                                                tragen moderne Produktionsverfahren wie die Abdeckung
mit 387 Hektar Fläche sowie Sanddorn mit 343 Hektar und
                                                                mit Folien, effiziente Tropfbewässerung oder der Einsatz
Aronia mit 200 Hektar Fläche.
                                                                von Nützlingen dazu bei, den Ertrag zu sichern, die Arbeit
Obstgärtner produzieren im Rahmen des Integrierten Pro-         zu erleichtern und die Ressourcen zu schonen.
duktionsverfahrens schmackhafte, gesunde Lebensmittel
im schonenden und verantwortungsvollen Umgang mit
der Natur. Darüber hinaus richten die Obstbauer Blühstreifen
für Bienen sowie Nisthilfen für Vögel ein. Gezielt angelegte
Hecken und Feldgehölze bieten zusätzlich Lebensräume für
Kleintiere und Insekten. Damit fördern die Gärtner die biolo-
gische Vielfalt und tragen so zum Erhalt unserer Kulturland-
schaft und einer Stabilisierung der Ökosysteme bei.

                                                                                                                              9
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OBSTGUT MÜLLER
     Mehr Arbeit für geringere Erträge – und trotzdem Bio
     Ob man nun bei den alten Römern anfängt, in der Bibel          per Hand bearbeitet. Auch die Schläuche für die Tröpfchen-
     oder bei Schneewittchen – den Apfel gibt es seit Men-          Bewässerung müssen höher und damit aufwändiger
     schengedenken. Und es wird ihn wohl bis in alle Ewigkeiten     verlegt werden, um beim Jäten nicht zu stören. Im Kampf
     geben. Was nicht heißt, dass die Apfelerzeuger den Din-        gegen Schädlinge, darunter der tückische Apfelwickler,
     gen einfach ihren Lauf lassen. Die absolute Mehrheit der       dürfen keine Insektizide gesprüht werden. Einziger Aus-
     Brandenburger Obstgärtner betreibt integrierte Landwirt-       weg ist das Aufhängen kleiner Pappkärtchen, die für die
     schaft, nutzt also Methoden, die möglichst geringe Aus-        Insekten verwirrende Gerüche verströmen. Jeder
     wirkungen auf die Umwelt haben.                                   zweite oder dritte Baum bekommt solch ein Kärt-
                                                                         chen; das sind Tausende auf der 20 Hektar
     Einige gehen noch einen Schritt weiter, so unter                         großen Apfelanlage. Und nicht zuletzt das
     anderem das Obstgut Müller in Wesendahl                                   Ausdünnen, bei dem, wenn im Frühsommer
     östlich von Berlin. Anke Wollanik und deren                                zu viele winzige Äpfel an den Zweigen hän-
     Tochter Cathleen Schirmer haben sich ent-                                 gen, der Behang reduziert wird, funktioniert
     schlossen, ihren Betrieb komplett auf Bio-                               anders. Das ginge zwar chemisch – aber für Bio-
     Erzeugung umzustellen. Im Herbst 2022 werden                           Erzeuger nur mechanisch und teilweise mit der Hand.
     sie ihren Kunden im Hofladen und den Händlern,
     die von ihnen beliefert werden, die erste bio-                 Nicht zu vergessen: Die Erträge unter Bio-Konditionen
     zertifizierte Ernte anbieten. Bis dahin gelten die schon       sind geringer als auf konventionell erzeugenden Anlagen.
     nach den neuen Standards erzeugten Früchte noch als            „Während man in Brandenburg mit durchschnittlich 40
     Umstellungsware.                                               Tonnen Äpfeln pro Hektar rechnet, muss sich der konse-
                                                                    quente Bio-Gärtner manchmal mit 20 Tonnen zufrieden-
                                       „Ob wir dieses Risiko ein-   geben“, kalkuliert Anke Wollanik. Auf die Frage, warum
                                       gehen sollten, hat uns       sie den Schritt in Richtung Bio dennoch gegangen ist,
                                       ein paar Jahre beschäf-      antwortet sie überzeugend: „Wir sind Teil der Natur und
                                       tigt“, so Anke Wollanik,     müssen uns um sie sorgen. Mit den erforderlichen Preis-
                                       die nach ihrem Garten-       erhöhungen werden wir ein paar Kunden verlieren – aber
                                       bau-Studium an der Ber-      durch die neue Qualität auch viele dazugewinnen. Da bin
                                       liner Humboldt-Uni das       ich optimistisch.“
                                       Obstgut von ihren Eltern
                                       Franz und Jutta Müller       Ähnlich begründet sie auch ihre Liebe zum Beruf als Obst-
                                       übernommen hat. „Im-         gärtnerin: „Wir leben mit den Jahreszeiten, arbeiten inten-
     merhin ist der Aufwand deutlich höher.“ So kommen keine        siv in den Monaten, in denen uns die Sonne die Energie
     chemischen Unkrautvernichter zum Einsatz. Das bedeutet,        gibt und nehmen uns in den dunkleren Wochen etwas
     dass das insgesamt achtköpfige Stamm-Team des Obst-            zurück. Solche Harmonie schenken nur wenige Berufe.
     gutes zur Hacke greift und die Räume zwischen den Stäm-        Und jedes Jahr birgt andere Herausforderungen – es wird
     men, also dort wo nicht maschinell gejätet werden kann,        nie langweilig.“
10
Für den

Genuss
Obstgut Müller
Dorfstr. 1
OT Wesendahl / 15345 Altlandsberg
E-Mail: info@obstgut-franz-mueller.de
www.obstgut-franz-mueller.de

                                        11
Für den

     Genuss
     Gut Herrenhölzer Mönnich & Streit GbR
     Spargelanbau und -vertrieb
     Gutsstr. 1
     14789 Bensdorf
     E-Mail: gut-herrenhoelzer@t-online.de
     www.herrenhoelzer.de

     GUT HERRENHÖLZER MÖNNICH & STREIT GBR
     Genießer mögen die Selbstpflücke

     Als schnurgerade parallele Linien ziehen sich die                 „Was es da so alles zu tun gab und dass es nie langweilig
     Spargeldämme vielerorts in Brandenburg über die Hügel. Im         wurde, das beeindruckte mich“, erzählt er heute.
     zeitigen Frühjahr akkurat aufgerichtet und mit Folie geschützt,
     von April bis zum Johannistag Ende Juni bevölkert von zahllo-     Aktuell baut das Gut auf 100 Hektar Bleichspargel und auf
     sen Erntehelfern, ab Spätsommer überzogen vom zarten Grün         fünf Hektar Grünspargel an. „Nicht zu vergessen unsere
     der austreibenden Pflanzen, im Herbst gelblich und im Winter      zehn Hektar Erdbeeren der verschiedensten Sorten, die
     dann nur noch zu ahnen.                                           von Mai bis August tragen“, ergänzt Wolter. “Von denen
                                                                       steht der größere Teil in Folien-Tunneln. Die Tendenz
     Um Bensdorf, in der westlich von Potsdam gelegenen Mark           ist steigend, denn so geschützt, müssen wir zum Bei-
     Brandenburg, gehören die Spargelanlagen zum Gut Her-              spiel keine Fungizide gegen Schimmelpilze und keine
     renhölzer. Dieses Gut besteht in dieser oder jener Form           Herbizide gegen Unkraut einsetzen - also sehr um-
     schon seit rund vier Jahrhunderten. Geschäftsführer und           weltfreundlich. Und wenn wir die Folien von den
     Mitinhaber ist Ekhard Wolter. Dass er mal in die Land-            Überdachungen oder den Dämmen nicht mehr
     wirtschaft will, wusste er schon als kleiner Junge, als sein      brauchen, dann holt sie ein professioneller Ent-
     Vater, Brigadier in der LPG, unter der Eiche vor Wolters Haus     sorger hier ab und kümmert sich ums fachge-
     seine Leute zur täglichen Arbeitsberatung zusammenrief.           rechte Recycling.“ Um den Wasserverbrauch so
12
Auf die Tische der Genießer kommen Spargel und Erdbeeren
                                                          aus Bensdorf auf den verschiedensten Wegen. Der Großteil
                                                          der Ernte wird jeden Morgen an die 60 in der Region ver-
                                                          teilten Verkaufshütten geliefert oder direkt im Hofladen an-
                                                          geboten. „Bei den Erdbeeren habe ich mich von den jungen
                                                          Leuten hier am Hof überzeugen lassen, dass wir es mal mit
                                                          Selbstpflücke probieren. Und tatsächlich kamen jede Menge
                                                          Beerenliebhaber und füllten sich ihre Körbe.“ Für den Betrieb
                                                          bedeutet das unter anderem, dass weniger als die bisher 350
                                                          Saisonarbeitskräfte gebraucht werden. Diejenigen, die man
                                                          im Ausland anheuern konnte, finden so geräumigere Unter-
                                                          künfte vor.

                                                          Vom Gut Herrenhölzer werden übrigens nicht nur Spargel,
gering wie möglich zu halten, hat das Gut von Beregnung   Erdbeeren und Heidelbeeren angepflanzt, sondern auch Feld-
auf die unterirdische Tröpfchen-Bewässerung umgestellt,   früchte und Leguminosen, also bodenverbessernde Hülsen-
bei der das kostbare Nass über einen Loch-Schlauch in     früchte. Die Früchte der Lupine oder der Serradella werden
geringstmöglicher Menge direkt an die Wurzel von          an Saatgutfirmen verkauft, die sie in Samenmischungen für
Erdbeer- oder Spargelpflanze befördert wird.              bienenfreundliche Blühstreifen verwenden.
                                                                                                                          13
Für den

     Genuss
14
WEINBAU
Im Land Brandenburg gibt es 31 Winzer, die auf 35 Hektar
Wein anbauen. 95 Prozent der Rebflächen konzentrieren
sich in den südlichen Landesteilen auf die Lausitz, rund um
die Havelseen und in Ostbrandenburg. Besonders wichtig
für den Brandenburger Weinbau und die Entwicklung ihrer
jeweiligen Gemeinden sind die Weinbauvereine. Ziel der
Fachgruppe Weinbau im Gartenbauverband ist es, den In-
teressen der jungen weinbautreibenden Betriebe und Ver-
eine im Land, Gehör zu verschaffen sowie den heimischen
Weinbau einer breiten Öffentlichkeit bekannter zu machen,
wie zum Beispiel durch die Organisation der Brandenburger
Jungweinprobe.
Da klassische Sorten aufgrund ihrer Anfälligkeit gegen pilz-
liche Erreger einen hohen Aufwand zum Pflanzenschutz
erfordern, wurden in Brandenburg viele moderne pilz-
widerstandsfähige (PiWi-) Sorten gepflanzt, wie Johanniter
(als Riesling-Ersatz), Solaris und Helios (als Müller-Thurgau-
Ersatz) sowie Muscaris und Saphira als neue Bukettsorten.
Die rote PiWi-Sorte Regent ist die mit knapp über 5 Hektar
am meisten angebaute Rebsorte in Brandenburg, auch
Pinotin, Rondo und Cabernet Cortis sind von Bedeutung.
An klassischen Weißweinsorten findet man Riesling, Müller-
Thurgau, Ruländer, Weißburgunder, Kernling und andere.
Weitere klassische Rotweinsorten sind Dornfelder und
Cabernet Dorsa.

                                                                 15
Für den

     Genuss
     Weinbau Wolkenberg
     Dreifertstr. 9
     03044 Cottbus
     E-Mail: info@wolkenberg-gmbh.de
     www.wolkenberg-gmbh.de

16
WEINBAU WOLKENBERG
Rebstöcke, wo einst Bagger das Land fraßen
„Vor einiger Zeit kam ein junger Mann angeradelt und zeigte   edlen Tröpfchen aus. Das sind in durchschnittlichen Jah-
sich beim Anblick unserer Reben verblüfft“, erzählt Bettina   ren rund 30.000 Flaschen. Welche Rebsorten ab 2010 auf
Muthmann, Geschäftsführerin des Weingutes Wolkenberg.         dem Brandenburger Weinbau-Neuland gepflanzt werden
„Er war Winzer im Rheinischen und wollte Urlaub                            sollten, wurde gemeinsam mit den Exper-
vom Wein machen. In Brandenburg wähnte er                                   ten der Hochschule Geisenheim und der
sich sicher. Aber unser Wegweiser machte ihn                                 BTU Cottbus festgelegt. Und so wachsen
dann doch neugierig. Er kostete sich durch unse-                             auf dem heute inzwischen 6,2 Hektar gro-
re Weine und war begeistert.“                                                ßen Areal rund 26.600 Rebstöcke, darunter
                                                                             die Weißweine Grauburgunder, Weißbur-
Der Wolkenberg bei Cottbus zählt zu den                                      gunder, Kernling, Schönburger und Roter
Exoten des deutschen Weinbaus. Zwar wuch-                                   Riesling sowie die Roten Rondo, Cabernet
sen in der Nähe vor Jahrhunderten schon mal                                Dorsa und Spätburgunder.
Rebstöcke, aber ein klassisches Anbaugebiet ist die
Region nicht. Im wahrsten Sinne des Wortes tiefschür-              Diese Raritäten erzählen eine völlig neue Weinbau-
fende Eingriffe in die Landschaft unternahm der Braun-             geschichte aus Brandenburg. Und die doch schon mit
kohleabbau. Dörfer mussten Anfang der Neunziger den                eigener Tradition. So betreibt das Weingut an allen
Baggern weichen, zum Beispiel der Ort Wolkenberg. Als              Sonntagen von Mai bis Oktober eine Besenwirtschaft.
die kohlefördernden Ungetüme ans andere Ende des                   Weinfreunde können ein paar Schoppen genießen,
noch aktiven Tagebaus Welzow weiterzogen, wurde re-                mit dem Team fachsimpeln und ihren Blick über die
kultiviert. Jenem Nordhang, der der Mittags- und                        außergewöhnliche Landschaft streifen lassen:
Nachmittags-Sonne zugewandt ist, verpasste die                             durch die Rebreihen, hinunter zu den Feldern
schwere Technik eine Neigung von elf Grad und                              im flachen Tal und hinüber zu den Baggern,
eine Höhe von 30 Metern. Nun stand dessen Zu-                              die in der Ferne noch Kohle abbauen.
kunft als Weinberg nichts mehr im Wege. Eines nur:
Dem geschundenen Boden musste neues Leben einge-
haucht werden. „Über spezielle Pflanzen und den Elefan-
ten-Dung des Cottbuser Zoos gelangen bestimmte Mikro-
organismen in die Erde, die sie immer fruchtbarer und dem
gewachsenen Boden ähnlicher machen“, erklärt Bettina
Muthmann diesen zusätzlichen Aufwand.

Die Chefin kam auf Umwegen zu Weinbau. Fachlichen Bei-
stand findet sie durch ihren Co-Geschäftsführer, den Oeno-
logen Martin Schwarz. In seiner Meißner Weinmanufaktur
am Mariaberg baut er die Trauben vom Wolkenberg zu

                                                                                                                          17
Für die

     Seele
18
WURZELN DES GARTENBAUS
Treptower Gärtnerei -
Soldatenkönig kaufte frisches Gemüse

Selbständige Berliner Erwerbsgärtnereien entwickelten sich
erst mit der bürgerlichen Gesellschaft. Zu ihnen gehört die
Baumschule Späth, 1720 von Christoph Späth gegründet.
Sie ist der älteste produzierende Gewerbebetrieb Berlins. Im
Laufe der Generationen entwickelten die jeweiligen Firmen-
inhaber aus der anfangs kleinen Obst- und Gemüsegärtne-
rei die einst größte Sortimentsbaumschule der Welt mit bis
zu 2.200 Mitarbeitern. Durch diese Wirtschaftskraft war der
Baumschulexperte in der Lage, Pflanzen neu zu züchten, dar-
unter viele Wildobstsorten, von Aronia bis Zierquitte, und die
Pflaumensorte ´Anna Späth´. Ihr Stammsitz in Berlin-Treptow       FRIEDHOFSKULTUR
prägt den Ortsteil Baumschulenweg.
                                                                  Einzelgräber bis Gemeinschaftsanlagen
Es ist überliefert, dass der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I.
gern bei Christoph Späth in der Gärtnerei vorbei schaute, um      Deutschland hat eine einzigartige Friedhofskultur. Sie ge-
frisches Gemüse zu erhalten. Der Betrieb wurde Hoflieferant.      hört seit 2020 zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Friedrich II. engagierte ihn zum Schneiden von Hecken in          Zu den historisch besonders wertvollen Friedhöfen zählt
Sanssouci.                                                        auch der Bornstedter Friedhof in Potsdam-Bornim mit über
                                                                  500 historischen Grabstätten. Bekannt ist der Familienfried-
                                                                  hof der Familienstiftung Hofgärtner Hermann Sello – eine
                                                                  große Besonderheit in Deutschland, weil dies ein privater
                                                                  Teil des Friedhofs – ein Erbbegräbnisplatz ist. Hier findet
                                                                  man auch die Gräber von Peter Joseph Lenné, Friedrich
                                                                  Ludwig Persius und Reinhold Persius, die vor allem in
                                                                  Potsdam ihre Spuren hinterlassen haben.

                                                                  Zu den Friedhofsgärtnern, deren Wirken weit zu-
                                                                  rückverfolgt werden kann, gehört die Familie Spillner
                                                                  in Potsdam. Der Gartenbaubetrieb wurde 1764 bei einer
                                                                  Volkszählung das erste Mal erwähnt. Den Wandel der Fried-
                                                                  hofskultur in Deutschland hat Familie Spillner wesentlich
                                                                  mitbestimmt. Immer beliebter werden heute gärtnerbetreu-
                                                                  te Grabfelder wie „Gärten der Erinnerung“ und „Memoriam
                                                                  Gärten“.
                                                                                                                                 19
Für die

     Seele
20
BLUMEN UND ZIERPFLANZEN,
DIENSTLEISTUNGEN
Die größte Gruppe der Gartenbaubetriebe ist in der Zier-
pflanzenproduktion und -vermarktung tätig.
Sie kultivieren auf 100 Hektar Blumen und Zierpflanzen.
Vorrangig in Gewächshäusern bauen 70 gärtnerische Unter-
nehmen Frühjahrsblüher, Beet- und Balkonblumen sowie
Zimmerpflanzen und in geringem Umfang auch Schnitt-
blumen an.
Um die Verkaufsreife termingerecht zu erreichen, nutzen
die Gärtner moderne Technik. Klimaführung, Bewässerung,
Düngung, Belichtung, Schattierung und Verdunklung werden
oft vollautomatisch gesteuert. Nach Ernte und Aufbereitung
sowie Sortierung und Kennzeichnung erfolgt die Vermark-
tung der Zierpflanzen über regionale Blumengroßmärkte der
Region und den Großhandel an den Blumeneinzelhandel und
andere Anbieter. Neben unternehmerischen Ideen brauchen
die Gärtner auch Mut für Investitionen in moderne
Produktionsanlagen. Dazu gehören Gewächshäuser mit licht-,
wärme- und arbeitstechnisch optimalen Konstruktionen,
Klima- und Düngecomputern, Energieschirmen und energie-
sparenden Heizungsanlagen. So belaufen sich die Kosten für
den Bau von Niedrigenergiegewächshäusern auf 180 EUR/m².
Die Mehrzahl der Zierpflanzenbauunternehmen sind Einzel-
handelsgärtnereien. Sie produzieren und verkaufen nicht nur
Pflanzen, sondern sie bieten auch zahlreiches Zubehör, wie
Erden, Pflanzgefäße und Dekomaterialien. Gefragt sind diese
Gartenfachleute auch mit ihren vielfältigen Dienstleistungen
wie z.B. Gartengestaltung und -pflege, Innenraumbegrünung,
Obstbaumschnitt, Überwinterung von Kübelpflanzen oder
Umtopfarbeiten.

                                                               21
AGENTUR FÜR FLORISTIK UND RAUMGESTALTUNG
     NADJA MEYER
     Ein Rahmen aus Phantasie

     Der romantische Heiratsantrag auf einem Turm, die Gala für       zusammen und gründete 2002 meine Agentur für Floristik &
     2.000 Gäste in einem Ballsaal, die Hochzeit mit Grusel-Faktor,   Raumgestaltung. Nach drei Jahren Pionierarbeit und schnell
     die nostalgische Party im Orient-Express – nichts ist für Nad-   anlaufender Mund-zu-Mund-Propaganda hatte ich meine
     ja Meyer und ihr Team zu anspruchsvoll oder zu abwegig.          ersten Ziele erreicht.“ Heute gehören zum Betrieb neben
     Ihre in Potsdam ansässige Agentur für Floristik und Raum-        dem Lager und der Werkstatt in Luckenwalde Showrooms in
     gestaltung kann allem das passende Ambiente verleihen.           Potsdam und Berlin. Dorthin kommen die Kunden, lassen sich
     Mit Blüten und Pflanzen, aber nicht nur damit. Zum Fundus        inspirieren und beraten. Die meisten haben noch ziemlich
     der Agentur gehört vom robusten hölzernen Leiterwagen            unklare Vorstellungen vom passenden Ambiente. Da frage
     bis zu edlen silbernen Pokalen, von glänzenden Stoffen bis       ich sie erst einmal aus – nach dem Kleid der Braut oder dem
     zu Biergartenstühlen alles, was ein Ereignis auch optisch zum    Thema des Kongresses, nach dem Ort des Geschehens und
     Event werden lässt.                                              nicht zuletzt nach dem Budget. Später unterbreite ich mit-
                                                                      hilfe einer Datenbank aus tausenden Bildern Vorschläge, an
     „Ich bin ein Blumenmädchen“, untertreibt die erfolg-             denen wir solange basteln, bis die Veranstalter sagen „Ja, so
     reiche Unternehmerin manchmal. Unrecht hat sie den-              schön soll es aussehen!“.
     noch nicht: Im elterlichen Blumenfachgeschäft in Lu-
     ckenwalde lernte sie Floristin und stand im Lädchen, um          Rund 300 Veranstaltungen jährlich betreut die Agentur mit
     Sträuße und Kränze zu binden. „Aber irgendwann wur-              ihren drei festen Mitarbeitern. Denen zur Seite stehen ver-
     de mir klar, dass das nicht für Jahrzehnte mein Ding ist.        traglich gebundene Aushilfen und Handwerker. Manchmal,
     Ich schrieb auf, wovon ich träumte, nahm allen Mut               beispielsweise wenn das Frühlings-Blüten-Labyrinth in einer
                                                                      Shoppingmall über Wochen frisch bleiben soll, sind auch
                                                                      Floristen vor Ort eingebunden, um die Kreation zu gießen
                                                                      und zu pflegen.

                                                                      Doch auch die schönsten Blumen sind vergänglich. Bleibt
                                                                      da Raum für Nachhaltigkeit? „Unbedingt“, meint die Floristin.
                                                                      „Der Vintage-Stil kommt uns da sehr entgegen. Und selbst
                                                                      Upcycling, das vermeintlichen Müll in neue Zusammenhän-
                                                                      ge stellt, passt zu uns.“

                                                                      Bliebe die Gretchenfrage: Wie hält es Nadja Meyer ganz pri-
                                                                      vat mit der Floristik? „Ich hatte schon hunderte Brautsträuße
                                                                      in der Hand – aber noch nie meinen eigenen. Und unser
                                                                      Zuhause schmückt mein Liebster mit seinen Kreationen.“

22
Für die

Seele
Nadja Meyer - Agentur für
Floristik und Raumgestaltung
Friedrich-Ebert-Straße 88
14467 Potsdam
E-Mail: info@nadjameyer.de
www.nadjameyer.de

                               23
Für die

     Seele
     Hermann Rothe Gartenbau
     Clayallee 282
     14169 Berlin
     E-Mail: Hermann@Rothe-Gartenbau.de
     www.rothe-gartenbau.de

24
HERMANN ROTHE GARTENBAU
Farbtupfer für die Großstadt
Immer wieder ein Feuerwerk: Weihnachtssterne und Alpen-         Das Stück Natur unter Lutz Grilles Händen ist auf 5.500
veilchen im Herbst, Tulpen, Primeln und Stiefmütterchen         Quadratmetern von Glas überdeckt. Diese Gewächshäuser
im Winter, Pelargonien und Petunien im Frühling… In den         sind der Arbeitsplatz von acht Gärtnerinnen und Gärtnern
Gewächshäusern der Rothe-Gartenbau GmbH in Berlin-Zeh-          sowie sieben Lehrlingen. Rothe ist in Berlin einer der letzten
lendorf sind die Pflanzen der nächsten Saison regelmäßig zu     privaten Ausbildungsbetriebe für künftige Zierpflanzen-
Tausenden am Start. Nachdem die winzigen Sämlinge unter         gärtner. Zum Team gehören außerdem noch Floristinnen
der Obhut der Zierpflanzengärtner an Statur gewonnen ha-        und Gärtner im Verkauf und Außendienst, Handwerker,
ben, treten sie - manche schon in voller Pracht, andere kurz    Fahrer, Bürokräfte. Insgesamt sind in Produktion und Verkauf
vorm Erblühen - ihren Weg in Blumenkästen, auf Fenster-         44 Mitarbeiter zu Gange.
bänke und Beete der Kundschaft an. Einige andere Pflanzen,
beispielsweise Kräuter und Gemüse zieht die Gärtnerei nicht     Als Geschäft eher zweitrangig, aber als Service beliebt ist
selbst heran, aber kauft sie bei Kollegen und vervollständigt   es, dass ein Teil der Gewächshäuser rund 1.000 Kübeln aus
damit ihr Angebot im Gartencenter. Höhepunkt im De-             Berliner Gärten ein winterliches Obdach bietet. Wer Pflan-
zember ist die Weihnachtsschau, während der in mehreren         zen nicht auf Dauer besitzen und pflegen möchte, sondern
Gewächshäusern alles grünt und blüht und leuchtet, was          sie nur mal für ein paar Tage als Dekoration für Messestand
Adventsstimmung verbreitet. „Wir sind nicht die größten         oder Firmenevent braucht, der wird bei der Gärtnerei Rothe
und nicht die billigsten“, umreißt Inhaber Lutz Grille seinen   ebenfalls fündig. Kaum zu glauben, dass Kundenwünsche
Betrieb. „Aber wir laden ein, Pflanzen zu erleben.“             Lutz Grille auch mal ratlos machen können: „Eine Filmge-
                                                                sellschaft, die für Szenenbilder Grünes suchte, brauchte für
Im Herbst 2021 feiert Rothe-Gartenbau das 125-jährige           ein heruntergekommenes Büro mal richtig hässliche und
Bestehen; mit Lutz Grille ist die vierte Generation am Werk.    verkümmerte Zimmerpflanzen. Das war dann wirklich ein
Er weiß von den Wirren und Tragödien des 20. Jahrhunderts       Problem.“
zu erzählen, die seinem heutigen Betrieb und der darin auf-
gegangenen Gärtnerei Grille zu schaffen machten. Viele
Dokumente zur Historie des Betriebes aus Großvaters Zeiten
hat er aufbewahrt: das Tagebuch eines Gärtner-Lehrmädchens
von 1947 mit filigranen Pflanzenzeichnungen, Medaillen von
Gartenschauen und Keramik-Töpfe aus den 30er Jahren, sowie
Jahrzehnte alte Bromelien und Geweihfarne. Grille bekennt:
„Es war für mich eine Selbstverständlichkeit, Gärtner zu wer-
den. Ohne Druck aus der Familie.“ Das Schöne an diesem
Beruf? „Wo auch immer ich über meine Arbeit erzähle – stets
haben meine Gesprächspartner, positive Assoziationen. Ich
bin privilegiert, Natur zu schaffen.“

                                                                                                                                 25
Für die

     Seele
26
BAUMSCHULEN
Auf etwa 1.100 Hektar werden in 50 Baumschulen Gehölze
für unterschiedliche Bedarfe produziert. Diese Bäume und
Sträucher werden später an den Straßen, in Parks und in den
privaten Gärten unserer Städte gepflanzt. Ebenso bilden sie
die Alleen vieler Landstraßen oder sind wichtig für die Ver-
jüngung unserer Wälder. Der Standortvorteil der heimischen
Produktion liegt dabei vor allem darin, dass die Gehölze
bereits an regionale Bedingungen mit ihren speziellen
Boden- und Klimaverhältnissen angepasst sind.
Ein solcher Baum ist das Ergebnis jahrzehntelanger Züch-
tungsarbeit in den Baumschulbetrieben. Und natürlich auch
Ausdruck einer guten Pflege am Endstandort. Dabei ist das
äußere Gestaltungsbild der Bäume nur ein Merkmal. Insbe-
sondere an Straßen und im verdichteten Stadtraum sind an
die Lebensfähigkeit eines Gehölzes hohe Anforderungen
gestellt. So müssen die Stadtbäume oft mit wenig Wurzel-
raum auskommen, langen Trockenperioden und Hitzezeiten
trotzen und nicht selten eine Menge Streusalz vertragen.
Ihre Zweckmäßigkeit ist natürlich nicht das Einzige, was
Pflanzen aus Baumschulen ausmacht. In erster Linie bringt
die gärtnerische Leidenschaft der Baumschulgärtner wun-
derbare und farbenreiche Gehölze hervor, die nicht nur
positive Umwelteigenschaften besitzen, sondern auch den
Betrachter erfreuen und Wohlbefinden schenken.
Vitale Gehölze sind für die Bewältigung der Herausforderun-
gen des Klimawandels von besonderer Bedeutung. Um dies
noch stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, wurde mit
der Baumpflanzaktion #einheitsbuddeln anlässlich des Tags
der Deutschen Einheit eine große Mitmachaktion ins Leben
gerufen. So wurden im Land Brandenburg mit dem #einheits-
buddeln allein im Jahr 2020 30.000 Bäume gepflanzt.

                                                                27
Für die

     Seele
       Baumschule Marzahna
       Schönefelder Str. 8 b
       14929 Marzahna
       E-Mail: baumschule-marzahna@t-online.de
       www.baumschule-marzahna.de

28
BAUMSCHULE MARZAHNA
 „Absolution“ für den gefällten Riesen
                                                                um Jörn Martin. In den beiden Betriebsteilen in Marzahna
                                                                und in Altes Lager, können sich die Kunden, die aus ganz
                                                                Brandenburg und Mitteldeutschland anreisen, aussuchen,
                                                                was bei ihnen grünen und blühen soll: Von der Staude bis
                                                                zum Obstbaum, Zier- und Formschnittgehölze, Solitäre,
                                                                Heckenpflanzen oder Beerensträucher und natürlich Bäu-
                                                                me in großer Auswahl. Selbstverständlich richtet sich das
                                                                Spektrum auch nach den aktuellen Trends. „Beispielsweise
                                                                erinnert man sich wieder an die traditionellen Nutzgärten
                                                                und kauft Obstgehölze“, so Martin. „In vielen Gärten sind
                                                                die mannshohen Hecken aus den Achtzigern inzwischen
                                                                vergreist. Glücklicherweise ersetzt sie kaum jemand wieder
                                                                durch Koniferen, sondern pflanzt lebendige blühende Be-
                                                                grenzungen.“
Manchmal ist es unumgänglich: Wo gebaut wird, fallen
Bäume. Dafür, dass dann an anderer Stelle neue wachsen,         Wer keinen grünen Daumen – oder ein allzu großes Gelände –
sorgt unter anderem die Baumschule Marzahna im Süden            sein Eigen nennt, kauft nicht nur beim Baumschul-Team,
von Brandenburg. „Ausgleichspflanzungen gehören zu              sondern nimmt auch dessen Dienste in Anspruch. „Manch-
unseren Spezialstrecken“, erzählt Inhaber Jörn Martin. „Wir     mal begleiten wir einen Garten, wie ein Hausarzt seine Pa-
informieren die Kunden darüber, wozu sie per Gesetz ver-        tienten“, erzählt Martin. „Dann haben wir zum Kunden ein
pflichtet sind, beraten sie bei der Suche nach einem geeig-     besonders enges Verhältnis. Wir nehmen ihm aber nicht nur
neten Standort, der Auswahl der neuen Bäume und pflanzen        die schwere Arbeit ab, sondern überlegen mit ihm, wie sich
diese dann auch.“ Für das Fällen einer stattlichen 200-jähri-   dieses Stück Natur entwickeln sollte. Wir erleben mit dem
gen Eiche muss ein Bauherr schon mit einer „Absolution“         Kunden die Jahreszeiten, das Wachsen und Absterben der
von fünf bis sechs jugendlichen Bäumen rechnen. Andere          Gehölze. Dieser Wandel ist für mich das Schöne an diesem
Gehölze aus der Baumschule Marzahna säumen später mal           Beruf“, so Martin. Der Geschäftsführer der Baumschule
Alleen oder zieren private Gärten.                              stammt aus einer alteingesessenen Gärtnerfamilie, hat zu-
                                                                        erst Zierpflanzen- und Gemüsebau gelernt, ist dann
Ehe sie an ihrem endgültigen Standort Wurzeln schla-                      in Hannover auf die Baumschul-Gärtnerei umge-
gen, verbringen die Bäume drei bis fünf Jahre auf dem                           stiegen und bildet mittlerweile selbst aus.
weitläufigen Baumschul-Gelände. Den „Kindergar-                                   Vieles läuft bei Martin noch wie seit Jahr-
ten“ nebst Veredelung haben die Winzlinge dann                                  zehnten. Anderem, beispielsweise moderner
schon hinter sich. Als Schüler sollen sie nun an Statur                        Bewässerung, der Nutzung von Folientunneln
gewinnen und lernen, mit der Welt am Straßenrand                               oder der Digitalisierung stellt er sich. Nur ei-
oder im Vorgarten zurechtzukommen. Ihre „Lehrer“ sind                       nem einzigen Trend verweigert sich der Gärtner-
zwei Gärtnermeister und fünf Gärtner aus dem Team                      meister energisch: „Ich lege keine Schottergärten an!“
                                                                                                                                  29
Für die

     Seele
30
FRIEDHOFSGÄRTNER
Die Bestattungskultur erlebt in Deutschland seit einiger Zeit
einen Wandel. Die Anzahl der Bestattungsformen außerhalb
des Friedhofs und des einzelnen Grabes nimmt zu. Darüber
hinaus lassen sich immer mehr Menschen anonym bestat-
ten. Die Angehörigen wüschen sich jedoch einen festen Ort
für ihre Trauer und Erinnerungen. Deshalb ist es gut, sich
bereits zu Lebzeiten mit der „letzten Reise“ auseinanderzu-
setzen.
Wie soll meine letzte Reise aussehen? Möchte ich anonym
bestattet werden, weil ich keinem zur Last fallen will, auf der
grünen Wiese? Aber werden meine Hinterbliebenen mich
wiederfinden? Soll meine Asche als Schmuckstein, als Dia-
mant, Ring oder Anhänger gepresst werden? Wer wird ihn
tragen dürfen? Oder soll meine Asche in alle Winde verstreut
werden? Werde ich in Erinnerung bleiben? Eine weitere Mög-
lichkeit ist der Bestattungswald. Wie sieht es dort im Winter
aus? Gibt es eine Busverbindung? Oder möchte ich auf dem
Friedhof in der Nähe meiner Angehörigen beerdigt werden?
Ich bekomme einen Grabstein, Blumen, Ruhe und jeder kann
mich besuchen, wann er will. Um meine Angehörigen nicht
mit der Pflege zu belasten, aber dennoch ein gepflegtes Grab
zu haben, kann ich mich auch für ein gärtnerisch betreutes
Grabfeld auf einem Friedhof entscheiden. Es ist für jeden gut
erreichbar, barrierefrei, immer gepflegt, im Winter
gestreut und geräumt.

                                                                  31
Für die

     Seele
     Veckenstedt GmbH Gärtnereibetriebe
     Onkel-Tom-Straße 29
     14169 Berlin
     E-Mail: Veckenstedt.R-P@t-online.de
     www.gaertnerei-veckenstedt.de

32
VECKENSTEDT GMBH GÄRTNEREIBETRIEBE
Naturgewordene Erinnerung
                       Wenn ein Mensch für immer geht,             samen Gesprächen helfen wir unserem Gegenüber auch bei
                       wünschen sich die Hinterbliebenen           der Bewältigung seiner Trauer.“
                       einen leisen Ort, an dem sie dem Ver-
                       storbenen begegnen können; solch            Dann erst, wenn die Hinterbliebenen ihre Entscheidungen in
                       einen Ort bietet vielen das Grab. Dieses    all ihren Facetten durchdacht haben, geht es um die Gestal-
                       Stück Erde ist kein gewöhnliches Beet,      tung des Grabes. „Natürlich beziehen wir die aktuellen Trends
                       sondern naturgewordene Erinnerung.          in unsere Beratung ein und lassen uns von Landes- oder Bun-
                       Dafür, dass diese Erinnerung immer          desgartenschauen anregen“, so Veckenstedt. „Im Zeitgeist lie-
                       wach und inspirierend bleibt, sorgen        gen neben den traditionellen Bodendeckern und Randbegrü-
                       auch die Friedhofsgärtner in Berlin und     nungen zunehmend Stauden, Gräser und kleine Laubgehölze.
                       in Brandenburg.                             Das macht die Gräber lebendiger.“

                       An zwei Standorten in Berlin-Zeh-           Was das Interessante an dieser Sparte der Gärtnerei ist, um-
                       lendorf ist das die Friedhofsgärtnerei      reißt Dirk Veckenstedt so: „Die Arbeit des Friedhofsgärtners
                       Veckenstedt. Der 1969 als Einzelunter-      ist ein Mix aus eigenverantwortlicher Arbeit und Teamwork,
                       nehmen von Gärtnermeister Rolf-Peter        unabhängig von Digitalisierung und anderen weitreichenden
Veckenstedt gegründete Betrieb wurde 2003 durch dessen             Änderungen in der Arbeitswelt. Unsere Kunden sind nicht
Sohn Dirk Veckenstedt übernommen. Mit im Boot ist schon            nur Rat-, sondern auch Trostsuchende. Sie erwarten von uns
die nächste Generation: „Seit 2019 schreibt meine Tochter Na-      Lösungen für Probleme und Sorgen, mit denen sie plötzlich
tascha mit an unserer Herzblutgeschichte“, so Dirk Veckenstedt     konfrontiert werden. Nicht zuletzt versuchen wir, ihnen mit
nicht ohne Stolz.                                                  unserem Fachwissen und unserer Phantasie hilfreich zur Seite
                                                                   zu stehen - diese Vielfalt auf meist kleinen Flächen umzuset-
Der Familientradition folgend werden zwar auch Jungpflan-          zen, ist dann die fachliche Herausforderung.“
zen wie Eisbegonien unter Glas gezogen; doch den Großteil
der Arbeit verrichtet das 16-köpfige Team der Gärtnerei auf
vier Friedhöfen in Berlin-Zehlendorf. „Unsere Arbeit beginnt
aber nicht erst mit dem Pflanzen“, so Geschäftsführer Dirk
Veckenstedt. „Sie beginnt schon mit der Beratung der Trau-
ernden. Vor allem, wenn in der Familie nie über den Tod ge-
sprochen wurde, stehen die Hinterbliebenen vor einer Mauer
aus Entscheidungen: Soll es ein traditionelles Grab sein? Oder
eine modernere Variante wie der Memoriam-Garten oder die
Ruhegemeinschaft? Wie soll die Grabstätte aussehen? Ist es
wirklich der Wille der Familie, die spätere Grabpflege in fremde
Hände zu geben oder sich möglicherweise durch eine anony-
me Grabstätte gänzlich zu entpflichten? Mit diesen einfühl-
                                                                                                                                   33
Für die

     Zukunft

34
KÖNIGLICHE                                                     MÜNCHEBERG
GÄRTNERLEHRANSTALT                                             Begründung der deutschen
Erste ihrer Art in Europa                                      Obstzüchtung

Peter Joseph Lenné ist nicht nur                               Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Züchtungs-
der bekannteste Gartenkünst-                                   forschung wurde im Jahr 1928 durch die
ler Deutschlands, er sorgte sich                               Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung
auch um den Nachwuchs und                                      der Wissenschaften in Müncheberg ge-
gründete im Jahr 1823 in Pots-                                 gründet. Wichtige Ziele waren dabei die Ertragssteigerung
dam die erste Ausbildungsstätte                                von Nutzpflanzen und die Entwicklung neuer, gegenüber
für Gartenkultur in Europa. Schon                              Erkrankungen und ungünstigen klimatischen Verhältnissen
Ende des 18. Jahrhunderts wurde                                widerstandsfähiger Sorten. Die Züchtungsforschung geht
öffentlich die Reform der Gärtnerausbildung gefordert. Ziel    bis zum Jahr 1886 zurück, als im Entomologischen National-
war es, Kunstgärtner auszubilden. Die Anfänge einer institu-   museum, die Erforschung land- und forstwirtschaftlicher
tionellen Gärtnerausbildung liegen in den ersten Jahrzehn-     Schädlinge begann. Der Naturwissenschaftler Erwin Baur
ten des 19. Jahrhunderts. Bis dahin war das Gärtnerwesen       legte mit der Institutsgründung den Grundstein für den
eng mit der höfischen Gesellschaft verbunden. An fürst-        Landes-Sortengarten, dessen Bestände bis in das 19. Jahr-
lichen Höfen bildeten Hofgärtner den Nachwuchs aus, be-        hundert zurückgehen und der in seiner Form
vorzugt allerdings ihre eigenen Söhne und wiesen Lehrlinge     in Deutschland einmalig ist.
ab, die nicht Hofgärtnersöhne waren. Die „Königliche Gärt-
nerlehranstalt“ hatte zum Ziel, die Gartenkunst zu fördern.    Im Laufe seiner Geschichte wurden am
Dabei wurden auch Erfahrungen vermittelt, die Lenné auf        Kaiser-Wilhelm-Institut für Züchtungsfor-
seinen weitläufigen Reisen, vor allem nach England, kennen     schung und den Nachfolgeinstituten zahl-
und schätzen gelernt hatte.                                    reiche Kern-, Stein- und Beerenobstsorten
                                                               gezüchtet. Die weit verbreitete Apfelsor-
                                                               te ‚Alkmene‘ ist eine der ersten Sorten-
                                                               züchtungen des Instituts Müncheberg.

                                                                                                                            35
Für die

     Zukunft

36
FORSCHUNG UND TECHNIK
In der Region Berlin-Brandenburg gibt es zahlreiche
Hochschulen und wissenschaftliche Institute, die direkt
und indirekt auf den Gartenbau einwirken und wertvolle
Forschungsarbeit leisten. Die Humboldt-Universität, das
Institut für Agrartechnik und Bioökonomie oder das Institut
für Gemüse- und Zierpflanzenbau sind sicherlich die be-
kanntesten unter ihnen.
Um den Wissenschaft-Praxis-Dialog zu fördern, hat sich
das Land Brandenburg gemeinsam mit den berufsständi-
schen Vertretungen das Ziel gesetzt, das Instrument der
Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) zu nutzen, um
die landwirtschaftliche und gärtnerische Produktivität zu
stärken und nachhaltiger zu gestalten. So wurden in den
letzten fünf Jahren fast 20 Millionen Euro in EIP-Projekte
investiert.
Fast die Hälfte dieser brandenburgischen EIP-Projekte wird
in und mit gärtnerischen Unternehmen umgesetzt. Dies un-
terstreicht den großen Forschungsbedarf und zugleich das
Innovationsvermögen des Gartenbaus. Forschungsthemen
sind beispielsweise die Verbesserung der Wassernutzungs-
effizienz im Obstbau durch internetgestützte Informati-
ons- und Beratungssysteme (AQUA C+), Anbaustrategien
zur Überwindung der spezifischen Bodenmüdigkeit bei
Apfel und Spargel (NewSoil21) oder die Strategieentwick-
lung zur Bekämpfung der Sanddornfruchtfliege (MoPlaSa).
Ebenso stehen technische Innovationen zur Optimierung
der Prozessabschnitte entlang der Versorgungsketten
frischer Lebensmittel im Fokus. Ein Beispiel hierfür sind
Untersuchungen zur sicheren Produktion und anschließenden
Pasteurisierung von Spreewälder Gurken g.g.A.

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LEIBNIZ-INSTITUT FÜR
     AGRARTECHNIK UND BIOÖKONOMIE E. V. (ATB)
     Vom Bauchgefühl zur Wissenschaft

     Wie heiß sollten und dürfen Äpfel gewaschen werden, um           eine Dauer von nur 30 bis 60 Sekunden kann die Mikroflora
     möglichst keimarm in einen Obstsalat geschnippelt zu wer-        auf der Apfelschale effizient reduziert werden – produkt-
     den? Lässt sich eigentlich vorausberechnen, wie lange so ein     schonend und ohne den Einsatz von Chemie vor und wäh-
     Obstsalat genießbar bleibt? Wie intensiv sollten die Blüten an   rend der Verarbeitung.
     einem Obstbaum ausgedünnt werden, damit er alle Früchte
     zur bestmöglichen Qualität reifen lassen kann? Wieviel kühle     In den Labors der etwa 250 Beschäftigten des Instituts wer-
     und sauerstoffarme Luft sollte durch die Kistenstapel eines      den während der Messreihen so mancher Apfel und manche
     Obst- oder Gemüselagers strömen, um Waren lange frisch           Tomate zerschnitten oder zerdrückt, wird in Klimakammern
     zu halten? Wie kann das gemessen werden? Und wie sehen           die Atmung der Frucht gemessen oder unter dem Mikros-
     optimale Folienverpackungen für Lebensmittel aus? Solche         kop ihr Keimbefall betrachtet. In anderen Projekten werten
     und ähnliche Fragen lassen sich von den Gärtnern und Ver-        Experten Drohnenaufnahmen von den Obstanlagen des In-
     arbeitern von Obst und Gemüse natürlich zum Teil mit lang-       stituts und der Praxis-Partner aus. Auf den Bildschirmen ist
     jähriger Erfahrung beantworten. Sozusagen aus dem Bauch          dann unter anderem zu erkennen, wo auf einer Apfelplanta-
     heraus. Doch heutzutage genügt dieses Bauchgefühl nicht          ge trockene und wo feuchte Böden sind, so dass nicht überall
     mehr. Das Bemühen um Nachhaltigkeit verbietet, dass Ton-         gleichermaßen großzügig bewässert werden muss.
     nen verdorbener Früchte auf dem Müll landen oder dass die
     Klimatechnik zu viel Energie schluckt.                           Teilweise müssen die Forschenden des ATB ihre Messgeräte
                                                                      auch erst selbst bauen. Um beispielsweise im Obst-Lager
                                                                      den Luftzug zwischen den Früchten zu ermitteln, wurde ein
                                                                      spezielles Sensorsystem konstruiert. Es besteht aus vier py-
                                                                      ramidenförmig miteinander verbundenen Kunststoffkugeln,
                                                                      in Größe und Position etwa so wie die in Großkisten ver-
                                                                      stauten Äpfel, Zwiebeln oder Orangen. Im Raum zwischen
                                                                      den Kugeln sind Siliziumdioden befestigt. Inmitten ihrer
                                                                      Frucht-„Kollegen“ tief drin in der Kiste erfassen die, wie gut
                                                                      die Luft durch die Kisten strömt und das unerwünschte Rei-
                                                                      fungshormon Ethylen mit sich nimmt. In anderen Projekten
                                                                      reisen solche Stellvertreter-Früchte im LKW mit und senden
                                                                      von unterwegs Daten, die dann über ein Modell den jeweils
                                                                      aktuellen Frischezustand der Ladung berechnen lassen.
     Und hier treten die Forscherinnen und Forscher des
     Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie e. V. (ATB)   Nützlich sind die Forschungs-Resultate für alle entlang des
     in Potsdam in Aktion. Sie haben beispielsweise in Messungen      Lebensweges einer Frucht. Bis hin zum Verbraucher.
     ermittelt: Mit Hilfe einer Heißwasserbehandlung bei 55°C für
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Für die

Zukunft
Leibniz-Institut für Agratechnik
und Bioökonomie e. V. (ATB)
Max-Eyth-Allee 100
14469 Potsdam
E-Mail: atb@atb-potsdam.de
www.atb-potsdam.de

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Für die

     Zukunft
     Leibniz-Institut für Gemüse- und
     Zierpflanzenbau (IGZ) e. V.
     Theodor-Echtermeyer-Weg 1
     14979 Großbeeren
     E-Mail: igzev@igzev.de
     www.igzev.de

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LEIBNIZ-INSTITUT FÜR GEMÜSE- UND ZIERPFLANZENBAU E. V.
Blick in die Tiefe der Pflanzen
Dass Obst und Gemüse gesund sind, hat sich längst herum-             nika Schreiner. „Wir regen die Pflanzen an, ihre eigenen, ganz
gesprochen. Doch welche Inhaltsstoffe aus diesen natürlichen         natürlichen physiologischen und biochemischen Prozesse
Lebensmitteln braucht der Mensch? Welche davon sind be-              zu intensivieren oder abzuschwächen.“
sonders kostbar und wie könnte man Pflanzen anregen, mehr
von diesen zu produzieren? Das sind einige der Themen, an            Ein handhabbares – besser: trinkbares – Ergebnis der For-
denen am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau            schung ist zum Beispiel der „Halo(phyten)-Smoothie“. „Weil
(IGZ) im brandenburgischen Großbeeren geforscht wird.                Frischwasser immer rarer werden wird, müssen wir uns inten-
                                                                     siver Pflanzen zuwenden, die mit Salzwasser leben können“,
Dort ergründen rund 110 Mitarbeiter, wie Mechanismen und             so Schreiner. „Die haben wir zu einem grünen Smoothie
Prozesse innerhalb von Pflanzen sowie zwischen Pflanzen und          gemixt, der leicht salzig schmeckt.“
deren Umwelt funktionieren. Dieses weite Feld ist gegliedert
in vier Kernthemen: „Funktionelle Pflanzenbiologie“, „System         Welche Denkansätze haben die Forscher für die bevorste-
Pflanze-Mikroorganismen“, „Gartenbausysteme der Zukunft“             henden Jahrzehnte, wenn weitere Milliarden Menschen in
und „Pflanzenqualität und Ernährungssicherheit“. Leiterin der        die sich ausdehnenden Städte ziehen und die Produktion
letztgenannten Abteilung ist Prof. Dr. Monika Schreiner. Das         „auf dem Land“ kaum noch ausreicht, wenn weniger
Ziel ihres Teams beschreibt sie so: „Uns treibt an, daran mitzu-     Anbaufläche und Frischwasser zur Verfügung stehen?
wirken, dass vor allem pflanzen-basierte Lebensmittel gesund         Dazu Prof. Schreiner: „Die Produktion wird mit in die Städte
sind, gut schmecken, nachhaltig erzeugt werden – und das für         ziehen. Ich denke an bisher ungenutzte Räume für Pflanzen-
alle Menschen in ausreichenden Mengen.“                              fabriken: Verkehrsbegleitflächen, Industriebrachen, still-
                                                                     gelegte Tunnelsysteme…“
Um dahinter zu kommen, was in Wurzeln, Blättern, Spross-
achsen, Früchten oder Samen abläuft, nehmen die Forscher             Und in 100 Jahren? „Wir werden, weil wir uns von der Massen-
sie (nicht nur) unter die Lupe. Dazu betreiben sie Versuche im       tierhaltung abgewendet haben, durch die Pflanzenwelt und
Freiland, in Gewächshäusern und in Klimaschränken, in An-            andere Nahrungsquellen eine viel buntere Palette an Lebens-
zuchtkammern, in denen Licht, Temperatur und Luftfeuch-              mitteln haben.“
tigkeit reguliert werden können, und in den Labors. Es geht
einerseits darum, Pflanzen in ihrer Vielfalt als Bio-Lieferant von
Inhaltsstoffen zu sehen. Also widmen sich einige Studien bis-
lang kaum genutzten, regionalspezifischen Nahrungspflanzen
beispielsweise heimischen Hülsenfrüchten oder auf salzhalti-
gem Boden lebenden Pflanzen (Halophyten). Andererseits soll
geklärt werden, mit welchen natürlichen Umweltreizen die
Pflanzen zur Produktion besonders wertvoller Inhaltsstoffe
veranlasst werden können. Das wäre zum Beispiel Licht be-
stimmter Farbe und Intensität. „Wir betreiben also keine Züch-
tung und greifen auch nicht in die Genstrukturen ein“, so Mo-
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Für die

     Zukunft
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NACHHALTIGER GARTENBAU
Im Gartenbau spielen Umweltschutz und Nachhaltigkeit
eine große Rolle. Dieser Ressourcenschutz erfolgt zum Bei-
spiel durch die sparsame Verwendung von Wasser, durch
klimafreundliche Konzepte zur Energieeinsparung, durch
den Erhalt der Biodiversität oder auch durch faire Arbeits-
bedingungen für die im Gartenbau tätigen Menschen.
Dazu sind Gartenbaubetriebe ständig auf der Suche nach
neuen Wegen. Diese können ganz trivial sein, wie bspw. der
Einsatz kompostierbarer Schnüre für den Tomatenanbau,
oder auch mit komplexen Untersuchungen vorab einher-
gehen. Um beispielsweise den Straßen- und Alleebaumbe-
stand nachhaltig zu sichern und die Auswirkungen des Kli-
mawandels abzumildern, werden geprüfte, klimaangepasste
Sorten benötigt. Im Rahmen des EIP-Projektes Trees4Streets
werden wurzelechte und klimaangepasste Straßen- und Al-
leebäume für die Baumschulproduktion selektiert, geprüft
und angezogen. Weitere Beispiele sind die zunehmende
Nutzung von Pflanztöpfen aus recyceltem Material, der Ein-
satz von Nützlingen bei der Schädlingsbekämpfung oder im
Rahmen eines weiteren Forschungsprojektes das Ziel, die
Bewässerung so effizient wie möglich zu gestalten.

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