VonWegen - Gottesbilder - Evangelische Stadtmission Freiburg e.V.
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4 |19 | E 9313 von Wegen Evangelische Stadtmission Freiburg e.V. Gottesbilder www.stadtmission-freiburg.de
Editorial Gott ist ganz anders Der alte Pastor kommt nach einem treuen Leben im Dienst der Das Neue Testament will aufzeigen, dass Kirche an die Himmelstür. Doch als Petrus öffnet, kann der mit wir nur in Jesus Christus erkennen kön- dem frommen Mann nichts anfangen, zumal er auf keiner Liste nen, wer Gott ist. „Wer mich sieht, sieht der Neuankömmlinge verzeichnet ist. Der Pastor kann es kaum den Vater“, sagt Jesus im Johannes- glauben, bittet und bettelt sogar in perfektem Latein, doch Pe- evangelium. trus bleibt stur: „Du kommst hier nicht rein.“ – „Dann sag mir Und mit der Geschichte Jesu wird ein wenigstens“, fleht der Geistliche, „wie sieht Gott aus?“ Petrus völlig neues, einmaliges Gottesbild deut- zögert einen Moment, dann flüstert er: „She is black!“ lich: Gott begibt sich herab zu den Men- Das ist natürlich nur ein Witz. Aber einer, der uns provozieren schen – deshalb feiern wir Weihnachten! will: Gott ist weiblich, dunkelhäutig, die himmlische Sprache Er liefert sich ihnen aus – was für eine ist Englisch, und selbst ein Priester scheitert, hineinzukommen. radikale Selbstbeschränkung Gottes. Vielleicht haben Sie zufällig den Kinofilm „Die Hütte“ gesehen? Es bleibt eine lebenslange Aufgabe, die Auch dort findet sich eine ungewöhnliche „Dreieinigkeit Got- eigenen Gottesbilder zu überprüfen und tes“, wie wir Christen Gott verstehen. Auch hier ist „Gottvater“ die unterschiedlichen Bilder von Gott eine Schwarze und die Darstellung der Dreieinigkeit Gottes ist wahrzunehmen, uns an ihnen zu reiben bemerkenswert positiv. Ein lohnender Film. und damit auch im Glauben zu wach- Die Botschaften sind jeweils klar: Gott ist ganz anders, als wir sen. Gott lässt sich nicht vereinnahmen ihn uns vorstellen. Unsere Gottesbilder sind so unterschiedlich oder in einem Bild erfassen, er will im- wie es Menschen gibt, die Fragen nach Gott sind unendlich mer neu von uns gesucht und erkannt vielfältig. werden. In der Bibel nach Gottes Wesen zu forschen, ist fast uner- schöpflich und man findet auch hier ganz unterschiedliche Aspekte seiner Darstellung: Da finden wir den Schöpfergott, den gewaltigen, mächtigen Gott, den zornigen Gott, den Gott, der rettet, den, der heilt, Schutz und Geborgenheit gibt, den Gott, der sich mit dem Namen „ich bin für dich da“ offenbart, den treuen Gott. Ewald Dengler Gott liefert sich den Menschen aus Vorstand der Evangelischen Stadtmission In ganz besonderer Weise hat Jesus Christus selbst seinen Jün- Freiburg e.V. gern Gottes Wesen und Reich bildhaft durch Gleichnisse und Metaphern vor Augen gemalt. In den Begegnungen mit Jesus erleben die Menschen seine Vollmacht, sie spüren, dass in sei- ner Zuwendung eine besondere Radikalität liegt, die herausfor- dert und verändern kann. vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 2
„Wenn ihr erkannt habt, wer ich bin, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Ja, ihr kennt ihn bereits; ihr habt ihn bereits gesehen. Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Johannes 14, 7/ 9b „Wenn ihr erkannt habt, wer ich bin, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Ja, ihr kennt ihn bereits; ihr habt ihn bereits gesehen. Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Johannes 14, 7/ 9b „Wenn ihr erkannt habt, wer ich bin, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Ja, ihr kennt ihn bereits; ihr habt ihn bereits gesehen. Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Grafissimo / istockphoto.com Johannes 14, 7/ 9b
An wen wir Christen glauben Wer oder wie ist Gott? Auf diese Frage er dazu wurde: Er, Gott, hat sie ange- gibt es keine Antwort. Warum? Weil sprochen. Hat den Abraham auf die Rei- das Wort „Gott“ von unterschiedlichen se ins gelobte Land geschickt. Hat ihm Menschen ganz unterschiedlich gefüllt auf wundersame Weise einen Sohn ge- wird. Menschen haben unterschied- schenkt. Isaak tut in allem, was Gott ihm liche Götter und Religionen. Das war befiehlt. Auch sein Sohn Jakob steht mit bereits zu biblischen Zeiten so. Dort diesem geheimnisvollen Gott in Kontakt, wird uns von verschiedenen Gottheiten wie wir aus dem Bericht vom Traum mit und Kulten berichtet. Über 30 Gotthei- der Himmelsleiter erfahren. ten finden in der Bibel Erwähnung. Im Alten Testament spielen die Licht- und Unfassbar und verborgen Glücksgöttin Aschera und der Gott Wer oder wie also ist dieser Gott Ab- Baal, „der Herrscher“, dem man auch rahams, Isaaks und Jakobs? Er ist ein Kinder opferte, eine große Rolle. Diese verborgener Gott. Keiner der Stammvä- Götter der Phönizier und Kanaaniter ter hat ihn zu Gesicht bekommen. Und hatten große Anziehungskraft auch auf auch all den Nachfahren bleibt Gott das jüdische Volk. Im Neuen Testament verborgen. Sich von ihm kein Bild zu werden die griechischen Götter Zeus, machen, wird später das erste der Zehn Hermes und Artemis sowie die römi- Gebote. Und als die Juden unter Kö- sche Göttin Diana erwähnt. nig Salomo ihren Tempel bauen, bleibt Wenn wir also heute in einer multireli- auch der leer. Keine Statue. Nur ein lee- giösen Gesellschaft leben, in der unter- res dunkles Allerheiligstes, in dem die schiedliche Gottheiten verehrt werden, Bundeslade mit den 10 Geboten steht. dann ist das nichts Neues. Der Gott der Warum? Wohl, weil man Gott nicht Bibel war einer von vielen. So wie ande- fassen, nicht in die Hände nehmen, re Stämme und Völker ihre Götter ver- nicht festlegen kann. Gott bleibt ein ehrten, so hatten die Stammväter Israels Geheimnis, das wir nicht in den Griff ihren Gott. Der war aber ein komischer bekommen. Auch all die Bilder, die ““ Ist der ‚liebe Gott‘ ein Gott zum Knuddeln, der uns alles durchgehen lässt?“ Gott: Er hatte keinen Tempel. Es gab in der Bibel benutzt werden, um Gott kein Bild von ihm. Noch nicht mal ei- zu beschreiben – Sonne, Licht, König, nen richtigen Namen. Er war einfach der Hirte, Henne, Burg, Schild usw. sind Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Der letztlich zu klein, um Gott umfassend Gott der Väter. Interessant ist aber, wie beschreiben zu können. >> vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 5
#thema Der Gott der Bibel >> Zu der Verborgenheit Gottes gehört auch, dass er auf Ab- stand bleibt. Das hat einen guten Grund: Gott ist heilig. Und alles Unheilige wird in seiner Gegenwart vernichtet. Deshalb gibt es im ganzen Alten Testament einen Sicherheitsabstand gegenüber Gott. Aber – und das ist der Bibel sehr wichtig – der heilige und verborgene Gott ist ein sprechender Gott. Einer, der Men- schen anspricht, sogar einer, der mit sich reden und rechten lässt. Mose hört ihn zum ersten Mal aus einem brennenden Dornbusch heraus. Und erfährt seinen Namen: Jahwe. Bei Wikipedia findet sich eine endlose Diskussion über die Be- deutung dieses Gottesnamens. Vieles spricht dafür, dass da- rin eine Zusage steckt: „Ich bin (für euch) da!“ Dieser Name passt zu anderen Beschreibungen Gottes: Immer wieder wird er als der Barmherzige, der Gnädige, der Gütige angebetet. Dass Gott tatsächlich für sein Volk da ist, erfährt es bei sei- ner wunderhaften Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten. Immer wieder wird sich das Volk später daran erinnern: Un- ser Gott befreit die Sklaven. Unser Gott sorgt für Gerech- tigkeit. Die Nachkommen der hebräischen Sklaven entwickelten sich zum Volk Israel und gewannen ein Territorium, in dem sie ihren Glauben leben konnten. Umgeben waren sie von Völkern mit anderen Göttern. Deshalb war es immer wie- der Thema, in welchem Verhältnis Jahwe zu den anderen Gottheiten steht. Formulierungen wie „der Gott aller Götter“ machen seine Überlegenheit deutlich. Auch Spott über die Götterstatuen der Nachbarvölker findet sich: Sie sind „nich- tige Götzen, die nichts nützen und nicht retten können“ und deshalb auch keinesfalls verehrt werden sollen. Israel setzt ganz und ausschließlich auf einen Gott: auf Jahwe! Auch die später entstandenen Schöpfungsberichte machen deut- lich: Jahwe ist nicht irgendein Gott. Jahwe ist der Schöpfer unserer Welt. Und deshalb hat er auch Bedeutung für die ganze Welt, für alle Menschen – völlig unabhängig von ih- rer Hautfarbe oder ihrer Religion. Schon zu Abraham hat Gott gesagt: „In dir sollen gesegnet werden alle Völker auf Erden.“ Doch noch im ganzen Alten Testament handelt Gott als parteiischer Gott, der vor allem für sein erwähltes Volk einsteht. Seite 6 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
#thema Gott der ganzen Welt? ten und Lieben? Ich denke, es ist Loya- Später, im Neuen Testament, sagt Je- lität gemeint. Gott bleibt Gott und wir sus, dass er zuerst zu Gottes Volk ge- bleiben Menschen. Er hat uns etwas zu sandt ist. Aber dann hilft er doch: Der sagen. Doch was er sagt, ist durchdrun- kanaanäischen Frau. Dem römischen gen von seiner Menschenliebe. Keine Hauptmann mit dem kranken Kind. unnötigen, nervtötenden Vorschriften, Und anderen. In Jesus Christus wen- sondern Gebrauchsanweisungen fürs det sich der Gott, dessen Name „Ich bin Leben und Zusammenleben! In seiner (für euch) da“ ist, allen Menschen zu. Nähe bekommt unser Leben die richti- Seine Jünger schickt er in die ganze ge Richtung. In seinen Fußstapfen sind Welt, um das Evangelium bekannt zu wir gut für unsere Welt und finden zu- machen und zum Glauben einzuladen. rück zu dem Gott, der uns geschaffen Und bald werden Griechen und Römer, hat. // aus jüdischer Sicht Heiden, von Gottes Geist berührt, lassen sich taufen und werden Christen. Paulus schreibt an seinen Schüler Timotheus: Gott will, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit ge- langen.“ Mit Jesus bricht also eine neue Ära an. Der Gott, der einst Abraham auf den Weg geschickt hat, wird selbst Mensch. Stirbt selbst. Um die Menschen zu retten aus den Verhängnissen ihrer Schuld und Fehler. Und, um sie alle in seine Nähe einzuladen. So offenbart er sein ganzes Wesen und seine gan- ze Haltung gegenüber den Menschen. Gott ist Liebe. Und befreit von seiner Norbert Aufrecht Schuld darf der Mensch Gott vertrau- Geschäftsbereichsleiter ensvoll als Vater ansprechen. Missionarische Dienste Ist der „liebe Gott“ am Ende viel harm- der Evang. Stadtmission loser, als das Menschen jahrhunder- Freiburg telang geglaubt haben? Ein Gott zum Knuddeln, der uns alles durchgehen lässt? „Wir sollen Gott fürchten und lieben…“, so beginnt Martin Luther sei- ne Auslegungen zu den Zehn Geboten. Wie soll das zusammengehen? Fürch- vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 7 >>
Thema Mrsnikon / photocase.de ArminStautBerlin / istockphoto.com Du sollst dir kein Bildnis machen 4 / istockphoto.com Wie können wir das Bilderverbot heute verstehen? Seite 8 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
Ein Foto zu machen, ist heute so ein- nen Götzendienst, der - wie damals fach. Jedes Handy bietet uns diese beim Goldenen Kalb - Gott gegen ein Möglichkeit an. Und auch wenn wir Bildnis austauscht. Befürworter argu- nicht zu denen gehören, die mit einem mentierten, dass nicht das Bildnis ver- Selfiestick durchs Leben gehen und ehrt würde, sondern das, wofür dieses andauernd fotografieren müssen - Bil- Bildnis steht. der sind etwas völlig Selbstverständli- ““ ches. Doch Bilder zu machen, war nicht „Es hat keinen Sinn, immer so einfach. Nicht nur, weil die irgendetwas, das wir in dieser Möglichkeiten in Welt vorfinden, zu vergöttern.“ anderen Zeiten viel mühseliger waren. Sondern auch, weil sich für viele die Frage stellte: Darf Alle Bilder vom Handy verbannen? man das überhaupt? Von irgendetwas Heute macht sich in christlichen Krei- ein Abbild machen? sen wohl kaum noch jemand darüber Denn in den 10 Geboten steht: Gedanken. Bilder, Abbildungen oder „Du sollst dir kein Bildnis noch irgend- Nachbildungen von irgendetwas, was ein Abbild machen, weder von dem, im Himmel, auf der Erde oder im Was- was oben im Himmel, noch von dem, ser ist, sind allgegenwärtig. Was kann was unten auf Erden, noch von dem, uns dieses Gebot also heute sagen? was im Wasser unter der Erde ist.“ Sollten wir alle Bilder von unserem In allen drei großen abrahamitischen Handy verbannen? Weltreligionen findet dieses Gebot sei- Das Verbot von Bildnissen im Alten nen Widerhall in einem eingeschränk- Testament bezieht sich auf die religiö- ten Umgang mit Bildern. Im deutsch- se Praxis, Dinge dieser Welt als Götter sprachigen Raum wurde dieses Gebot zu verehren und ihnen zu Ehren Sta- durch die so genannten Bilderstürmer tuen oder Bildnisse zu errichten. Als auf viele Bilder, Kruzifixe und Figu- Vorbild konnte alles dienen, darum ren angewandt. Dabei wurde manches die Formulierung: im Himmel (Son- einfach nur gewinnbringend verkauft, ne, Mond, Sterne), auf der Erde und im anderes übermalt oder zerstört. Wasser (Berge, Seen, Tiere). Ein ganz Unumstritten war die Darstellung von wichtiger Grundgedanke des Alten Heiligen oder von Jesus selbst nie. Testamentes ist, dass Gott als Schöp- Durch alle Jahrhunderte hindurch zog fer außerhalb der Schöpfung steht. So sich die Diskussion, ob die Verehrung wie ein Maler und sein Bild eine Be- von Bildern und Figuren das Glaubens- ziehung zueinander haben, aber der leben bereichert oder eher ein Verstoß Maler und das Bild klar voneinander gegen das Bilderverbot ist. Die Gegner zu unterscheiden sind. Niemand würde solcher Darstellungen sahen darin ei- die beiden verwechseln. Deswegen hat >> vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 9
#thema Du sollst dir kein Bildnis machen >> es keinen Sinn, irgendetwas, das wir in Bilder sind immer nur Mo- dieser Welt vorfinden, zu vergöttern. mentaufnahmen Im Schöpfungsbericht findet das sei- Damals konnte man den Bau einer Sta- nen Niederschlag, wenn betont wird, tue verbieten und verhindern. Aber dass Gott Sonne, Mond und Sterne als unsere Flut von Bildern ist in keiner Lampen an das Himmelszelt heftet. Das Weise mehr zu stoppen. Deswegen ist steht im deutlichen Gegensatz zu vie- es wichtig, sich bei all den Bildern, die len damaligen Kulturen, wo die Gestir- wir heute sehen, deutlich zu machen, ne als Götter verehrt wurden. dass Bilder nicht die Realität sind und Bilder haben einen großen Einfluss auch gar nicht die Realität darstellen auf unsere Wahrnehmung, besonders, können. Denn sie können immer nur wenn wir gewisse Darstellungen im- einen bestimmten Moment darstellen, mer wieder sehen. Werbung funktio- und auch das nur aus einer bestimm- niert so, manche Regierungssysteme ten Perspektive. Ähnlich wie unsere versuchen mit allgegenwärtigen Dar- Vorstellungen von Gott: Wir verändern stellungen ihrer Führungspersonen uns stetig und ebenso unsere Sichtwei- ihre Untertanen zu beeinflussen. se von Gott. Denn unser Blickwinkel Man denke an die großen Bildnisse verändert sich. Ein Bildnis von Gott zu autoritärer Staaten. Bilder können machen, würde heißen, unseren Glau- sehr stark unsere Vorstellungen ben einzufrieren und diesen Moment prägen. Sie können uns vorgeben, als normativ zu sehen. Das aber wird wie ein Mann oder eine Frau aus- uns nicht gerecht, denn wir entwickeln zusehen hat, was ein erfolgreiches uns. Und das wird Gott nicht gerecht. Leben ist, was wir uns wünschen. Gott können wir nicht umfassend be- Unbewusst werden wir von den schreiben. Unsere wenigen Blickwin- Ralf Berger allgegenwärtigen schlanken, mus- kel, die wir auf ihn haben, sind viel zu Pfarrer der evangelischen kulösen, makellosen Körperdar- klein, als dass sie dauerhaft aussage- Gemeinde dreisam3 stellungen beeinflusst. kräftig sein könnten. Unsere Sichtwei- se ist zu beschränkt, als dass es sich lohnen würde, sie in einem Bildnis festzuhalten. Für mich bedeutet das Verbot der Bild- nisse, die Dinge, die ich sehe, nicht für zu wichtig zu halten und immer bereit zu sein, einen neuen Blick auf mich, die Welt und Gott zu werfen. // Seite 10 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
William Paul Young Lügen, die wir uns über Gott erzählen In seinem neuen Buch lädt der Autor von „Die Hütte“ dazu ein, über Aussa- gen nachzudenken, die wir gemeinhin über Gott haben. Der Autor zeigt, wie wir uns mit unseren Gedanken unsere eigene Welt erschaffen und warum viele unserer Ansichten mehr mit uns selbst als mit Gott zu tun haben. Mit seinen Überlegungen zu diesen scheinbar gültigen Wahrheiten fordert Yo u n g Manfred Lütz den Leser heraus und setzt Impulse für ein neues Gottes- verständnis. Gott Eine kleine Geschichte des € 10,- Größten Unter der Feder von Bestseller- autor Manfred Lütz wird aus der Frage nach Gott ein spannen- des Lesevergnügen, das aufgeklärte Skeptiker wie nachdenk- liche Gläubige gleichermaßen bereichert und klüger macht. Frère Emmanuel Immer wieder unterbricht Lütz seine eigensinnige Reflexion mit Gottes Liebe - größer als hinreißenden Geschichten über Menschen, die es mit dem lie- ben Gott aufnahmen. Und er nimmt Elton Johns Auftritt auf der gedacht Trauerfeier für Lady Di ebenso unter die Lupe wie die Argumen- Warum es notwendig ist, un- te ‚der besten Atheisten der Welt‘ oder die Debatten um Evolu- sere Vorstellungen von tionstheorie und Hirnforschung. Gott zu hinterfragen Ob gläubig, ungläubig oder zweifelnd - € 12,99 jeder Mensch besitzt bewusst oder unbewusst Vorstellun- gen von Gott. Immer beeinflussen sie unsere Überzeugun- gen und unser Handeln. Frère Emmanuel deckt unbewusste Gottesbilder auf und beschreibt, was uns daran hindert, eine lebensbejahende und liebevolle Spiritualität zu entwi- Reinhold Ruthe ckeln. Durch die fruchtbare Begegnung von Psychologie Sehen, was und Theologie führt er zu einem neuen Gottesverständnis, das wieder an die Macht der Liebe glauben lässt. Gott tut Wie man mit Gott Erfahrungen macht € 14,99 Gott erleben, seine Nähe spüren und seine Stimme hören - manche Menschen Thorsten Dietz erleben genau Weiterglauben das. Andere spüren Warum man einen großen Gott Gottes Nähe beim Lesen der Bibel, in der Stille und nicht klein denken kann Einkehr. Und wieder andere fühlen sich von Gott verlassen. In diesem Buch legt Reinhold Ruthe dar, Die Bibel ist die Grundlage des christli- wie der unsichtbare Gott konkret erfahrbar wird. Er ist chen Glaubens. Doch wie kann, darf, muss überzeugt: Welche Erfahrungen man mit Gott macht man mit dem „Buch der Bücher“ umgehen? und wie man darauf reagiert, hängt von verschiedenen Fällt ohne klare Begrenzungen, Regeln und Faktoren ab: Wie sind wir aufgewachsen? Zu (Denk-)Verbote nicht alles wie ein Karten- welchem Persönlichkeitstyp gehören wir? haus zusammen? Und umgekehrt: Wenn die Bibel einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhält, ha- ben die Kritiker nicht doch recht mit ihrer Behauptung, es sei al- € 12 ,- les nur ein Konstrukt? Thorsten Dietz schreibt über lebendigen, gelebten Glauben, der Orientierung bietet und Einsatz fordert. >> €vonWegen 15,- 4/19 – Thema: Gottesbilder www.alpha-freiburg.de Seite 11 Seite 11vonWegen 1|16
#thema Der Held in der Krippe Gedanken über Paul Gerhardts Lied „Fröhlich soll mein Herze springen“ kyrio Seite 12 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
„Das Allerbeste, das Gott dem Menschen steuert. Weihnachten, insbesondere die je tat, das war, dass er Mensch ward.“(1) Freude über das Wunder der Christge- schrieb vor 700 Jahren der Mystiker burt, ist die mit den meisten Liedern be- Meister Eckhart (1260–1327). Gottes dachte Kirchenjahreszeit. Menschwerdung – im Laufe der Kirchen- „Fröhlich soll mein Herze springen…“ geschichte immer wieder im Zentrum Das erste Weihnachten in der neuen Ge- christlichen Glaubens - steht thematisch meinde steht vor der Tür. Armut, Leid, auch im Mittelpunkt eines der tiefgrei- Verzweiflung - auch hier hat der zurück- fendsten Weihnachtschoräle des Evan- liegende Krieg deutliche Spuren hin- gelischen Gesangbuchs: „Fröhlich soll terlassen. Welche Worte sollen da noch mein Herze springen“ (EG 36). Gedich- helfen? Keine reine Nacherzählung der tet hat ihn der evangelische Pfarrer und Weihnachtsgeschichte, eher eine andäch- Lieddichter Paul Gerhardt (1607-1676). tige, ermutigende und zugleich tröstliche Seine unzähligen Trost- und Glaubens- Auslegung des göttlichen Wunders. Mit lieder haben nicht nur die Jahrhunderte dem Jubelgesang der Engel, ihrer Ver- überdauert, sondern sind grenzübergrei- kündigung an die Hirten auf den Feldern fend geworden zwischen konfessionellen vor Betlehem am Anfang, dem eigenen und sprachlichen Schranken. Herz als Mitte der Person, die sich selbst ermuntert, in den Lobpreis der himmli- Er glaubte an den lebendigen Gott schen Heerscharen mit einzustimmen. November 1651: Nach mehreren Stellen- Dann die Freude über die Geburt Jesu wechseln wird Paul Gerhardt zum Pfar- und der Jubel des ganzen Erdkreises rer und Propst in Mittenwalde nahe Ber- („alle Luft“) – angelehnt an das Weih- lin berufen. Wenige Jahre erst, dass der nachtsevangelium des Lukas. 30-jährige Krieg mit seinem Grauen zu Johann Crüger hat dazu eine meister- Ende gegangen ist. Alleine in Deutsch- hafte Melodie komponiert: Das Sprin- land sterben mehr als sechs Millionen gen des fröhlichen Herzens geht gleich Menschen – ein Drittel der damaligen ins Gehör, nimmt die Singenden mit Gesamtbevölkerung, darunter Gerhardts hinein in das Geheimnis der Heiligen Eltern und ein Bruder; seine Heimat Nacht. „Die Botschaft der Christgeburt liegt in Schutt und Asche. Dennoch: ergeht dann in (… ) Abwärtsschritten; Der Geistliche pflegt auch weiterhin die möglicherweise wollte Crüger damit die Kunst der Lieddichtung. Bewunderns- Geburt als Herabkunft und Erniedrigung wert - denn „einer seiner Zeitgenossen andeuten. Eine sehr rhetorisch gebaute sagte: ‚Diese Nöte hätten ihn eher zum Melodie also!“ (3). Mit ihrem Schwung Schreien als zum Singen bringen kön- jedenfalls bewirkt sie, dass sich die Gläu- nen. Und doch war er immer wieder bigen durch alle weiteren Strophen des fröhlich und getröstet, denn er glaubte Liedes „intuitiv (…) von seiner bewegten an den lebendigen Gott.‘“ (2) Freund- Freude anstecken lassen.“ (4) schaft verbindet ihn mit dem Berliner Sodann das Kind in der Krippe als Held, Kantor Johann Crüger (1598-1662), zu der aus seiner Kammer geht (Hinweis dessen Gesangbuch er viele Lieder bei- auf den Mutterleib Marias): Ein kleines >> vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 13
#thema Der Held in der Krippe >> Neugeborenes, schutz- und wehrlos, ge- im „Heilandsruf“ (Matthäus 11, 25ff.) boren fernab von allem Glanz und al- tatsächlich sagen: Lass los, „was dich ler Gloria, nicht wie die „Helden“ dieser quält“, lass los, „was dir fehlt“ – alles, woran du jetzt noch dein Herz ““ hängst, alle Bitterkeit und Schuld, Gott riskiert den Rollentausch, alle verkrampften Vorstellungen. wird klein und verletzlich, wird Dietrich Bonhoeffer, evangeli- Mensch wie du und ich.“ scher Theologe und Märtyrer, schrieb dazu am 4. Advent 1943 aus dem Gefängnis in Berlin-Te- gel: „Es geht nichts verloren, Welt. Gott riskiert den Rollentausch, in Christus ist alles aufgehoben, (…) wird klein und verletzlich, wird durchsichtig, klar, befreit von der Qual Mensch wie du und ich, ein Blutsver- selbstsüchtigen Begehrens. Christus wandter, die Liebe in Person, indem bringt dies alles wieder, und zwar so, er sein Reich schenkt und sogar sich wie es von Gott ursprünglich gemeint selbst – aus reiner Liebe. Nirgends war (…). Das ist ein großartiger und sonst kommt Gott seinen Menschen überaus tröstlicher Gedanke. (…) Und so nah, nirgends sonst zeigt er sein niemand hat das so einfach und kind- freundliches Gesicht so rein und so lich auszudrücken vermocht wie Paul Pfr. Siegbert Thoma klar wie in Jesus, seinem Sohn. So- Gerhardt in dem Wort, das er dem Einrichtungsleiter im Senio- mit kann die Frage „Sollt uns Gott Christuskind in den Mund legt: ‚Ich renpflegeheim Wichernhaus nun können hassen?“ nur rhetorisch bring alles wieder.‘“ (5) // Freiburg sein. Jesus wird auch als erwachsener Mann, als „unser Lamm“, der Liebe des Vaters treu bleiben, schließlich am Kreuz „für uns“ sterben – um diese Welt „aus allem Jammer“ zu erlösen. Was der Dichter dem Kind in den Mund legt, wird der erwachsene Jesus später (1) G. Landauer (Hrsg.), Meister Eckharts mystische Schriften, Berlin 1903 (2) W. Heiner (Hrsg.), Bekannte Lieder – wie sie entstanden, Neuhausen-Stuttgart, 5. 1995 (3) G. Hahn u. J. Henkys, Liederkunde zum Evang. Gesangbuch Bd. 3 Heft 10, Göttingen 2004 (4) M. G. Schneider u. G. Vicktor, Alte Choräle – neu erlebt, Lahr 1993 (5) E. Bethge, D. Bonhoeffer et al., Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, Gütersloh 2011 Seite 14 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
#thema boymonster / istockphoto.com Vater, Sohn und Heiliger Geist Das Geheimnis der Dreieinigkeit „Von Gott reden, wie von ihm wohl geredet wer- Das Reden von der Dreieinigkeit Gottes ist so ein den müsste, ist unmöglich. Noch unmöglicher Stammeln, der Versuch, das biblische Zeugnis ist es, nicht von ihm zu reden – auch wenn wir nachzusprechen und das Geheimnis Gottes in dabei allzumal Stammler bleiben.“ (Kurt Marti). einem Wort zu benennen. >> vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 15
#thema Vater, Sohn und Heiliger Geist >> Eine existentielle Frage Und Jesus Christus? Bei der Frage nach Gott geht es nicht Wie verhält es sich dann aber mit Je- um theoretische Spekulationen, son- sus Christus? Ist er Mensch, zugegeben dern um existentiell Entscheidendes: ein besonders vorbildlicher, aber eben Hält das, was mir Halt verspricht? nur ein Mensch? Gehört er auf die Seite Trägt es in den Höhen und Tiefen des des Geschaffenen? Oder ist er Gott und Lebens und schließlich auch im Ster- kann und darf als Gott angerufen und ben? Werde ich den, an den ich heute angebetet werden (Johannes 20,28)? glaube, nach dem Tod schauen? Oder Die biblische Antwort: Jesus ist bei- werde ich in der Rückschau erkennen: des. Wahrer Mensch und wahrer Gott Ich habe aufs „falsche Pferd“ gesetzt? – unvermischt und ungetrennt haben Christen im 5. Jahrhundert formuliert. Der eine Gott In Jesus verbinden sich in einzigartiger Gott ist einer (Epheser 4,5-6). Ihn sol- Weise Schöpfer und Geschöpf – wie es len wir lieben von ganzem Herzen, von in einem Weihnachtlied heißt: Jesus ist ganzer Seele und mit all unserer Kraft kommen, Grund ewiger Freude; A und (5. Mose 6,4-5). Man kann Gott nicht O, Anfang und Ende steht da. Gottheit aufteilen in verschiedene Götter, die und Menschheit vereinen sich beide; am Ende vielleicht sogar noch mitein- Schöpfer, wie kommst du uns Men- ander in Konkurrenz stehen. Das wäre schen so nah! (EG 66) eine sehr menschliche Vorstellung von Wenn aber auch Jesus Gott ist, wie ver- Gott. Gott wäre nicht Gott, wenn es hält es sich dann mit der Einheit Got- neben ihm noch einen anderen gäbe tes? Glauben Christen an zwei Götter? (Jesaja 45,5). Denn Jesus ist von Gott verschieden. Gott ist der eine Gott. Alles andere ist Das kann man schon daran sehen, dass nicht Gott, sondern geschaffen (1. Mose er zu Gott gebetet und ihn als Vater an- 1,1; Römer 8,38-39), gehört auf die Sei- gerufen hat. te der Kreatur. Geschaffenes hat einen Anfang und ein Ende. Gott der Schöp- Dreieinigkeit in der Bibel fer ist vor allem Anfang und nach al- Im intensiven Ringen um das Verste- lem Ende – von Ewigkeit zu Ewigkeit. hen der Bibel kam die Kirche in den Darum gebührt ihm allein die Anbe- ersten Jahrhunderten zu dem Be- tung. Anbetung des Geschöpfes wäre kenntnis an den dreieinen Gott Vater, Zielverfehlung. Sohn und Heiligen Geist, wie es etwa im Apostolischen Glaubensbekenntnis festgehalten ist. Der Begriff Dreieinigkeit kommt zwar in der Bibel nicht vor, die „Sache“ aber schon. Durchgängig wird im Neuen Testament Gott als der Dreieine be- Seite 16 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
zeugt (Johannes 14,26; Epheser 1,17; 1. eins. Beweise sind das keine, aber Thessalonicher 1,2-5; 1. Petrus 1,2 u. Spuren, die das Geheimnis des drei- ö.) – bis in feste Formeln hinein (Mat- einen Gottes anschaulich machen. thäus 28,19; 2.Korinther 13,13). Auch im Alten Testament finden sich Gott ist Liebe Hinweise, die man auf den dreieinen Gott offenbart sich von Ewigkeit her Gott deuten kann (z. B. 1. Mose 1,26a, als der Dreieine, d. h. als jemand, 1. Mose 18,1ff; Jesaja 6,3). Dieser eine der mit sich in Beziehung steht: Der Gott, der Vater Jesu Christi, ist der Gott Sohn liebt hingebungsvoll den Va- Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott ter. Und der Vater liebt den Sohn in Pfr. Thomas Drumm Moses, Davids und der Propheten. der Kraft des Heiligen Geistes. Gott Leiter der Akademiker-SMD ist der ewig Liebende, ja Gott ist Lie- Die SMD ist ein Netzwerk Spuren der Dreieinigkeit be (1. Johannes 4,14). für Christen in Schule, Drei-einig-keit. Eigentlich ein Un- Gott braucht keine Menschen, um Hochschule und Berufs- Wort. Drei ist nicht eins und eins ist in eine Beziehung zu treten. Und welt. nicht drei. Aber muss ich Gott mathe- doch hat Gott in seiner Freiheit matisch-logisch begreifen? Wohl kann den Menschen geschaffen zu sei- ich über das Geheimnis Gottes anbe- nem Bild (1. Mose 1,27), d. h. fähig tend nachsinnen (Römer 11,33-36). zu kommunizieren und zu lieben. Aus Dann werde ich an vielen Stellen Spu- Liebe wendet sich Gott in seinem Sohn ren entdecken, die mir auch das Verste- den Menschen zu und spricht sie an. hen erleichtern. So erfahre ich etwa das Durch den Glauben an Jesus Christus eine Wasser in drei verschiedenen Zu- werden wir in diese Beziehung der ständen: als kalten Eiswürfel, als spru- göttlichen Kommunikation und Liebe delndes Wasser oder als heißen Dampf. hineingenommen und so zu Kindern Es ist dasselbe Wasser, und doch sind Gottes, in denen sein Geist wohnt (Rö- es drei verschiedene Er¬scheinungsfor- mer 8,14-17). Unerforschlich groß ist men: fest, flüssig oder gasförmig. Oder: dieses Geheimnis (1. Timotheus 3,16). Der eine Raum, in dem ich lebe, besteht Ich glaube an den dreieinen Gott. Auf aus drei Dimensionen: Länge, Breite seinen Namen bin ich getauft. Daran und Höhe. Die eine Zeit aus Vergangen- lasse ich mich gerne erinnern – etwa heit, Gegenwart und Zukunft. Der eine sonntags im Gottesdienst: Es segne und Mensch ist Körper, Seele und Geist. Zur behüte dich Gott der Allmächtige und Liebe gehören einer, der liebt, einer, der Barmherzige, Vater, Sohn und Heiliger geliebt wird, und die Liebe selbst. Und Geist. // Vater, Mutter und Kind machen eine Familie. In der Musik gibt es den Drei- Klang: Der erste, dritte und fünfte Ton bilden den Akkord, der dann als der eine Dreiklang erklingt. Drei und doch vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 17
#thema Glauben wir alle an denselben Gott? Wie verhält sich der christliche Glaube zu den anderen Religionen? Oft steckt hinter dieser Frage der Wunsch, alle an denselben Gott glauben, würden dass die Konflikte und Kriege, die religiös wir friedlich zusammenleben. Dabei wird motiviert sind, endlich aufhören. Denn, so übersehen, dass viele Konflikte und Krie- WinRu / istockphoto.com denken viele, wenn wir erkennen, dass wir ge zwischen Anhängern derselben Religi- Seite 18 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
on ausgetragen wurden und werden Nur ein Stück vom Elefanten? (z. B. Katholiken gegen Protestanten, Eines der beliebtesten Beispiele bei Schiiten gegen Sunniten). Persönlich der Frage nach den verschiedenen stelle ich mir die Frage auch. Vor allem Religionen ist das sogenannte Elefan- dann, wenn ich Menschen begegne, tengleichnis: Mehrere Blinde ertasten die einer anderen Religion angehören, verschiedene Körperteile (Rüssel, Bein, die ganz anders glauben als ich. Wie Ohr…) eines ihnen unbekannten Tie- verhält sich der christliche Glaube zu res, um zu begreifen, was für ein Tier den anderen Religionen? Glauben alle es ist. Anschließend vergleichen sie Religionen an denselben Gott? ihre Erkenntnisse und stellen fest, dass sie zu ganz unterschiedlichen Schluss- Gott = Jahwe = Allah = folgerungen gekommen sind, obwohl Jesus = Brahman? es doch derselbe Elefant war. Zunächst gilt: Wenn zwei dasselbe Übertragen auf unsere Frage, wird es sagen, meinen sie noch lange nicht dazu benutzt, um zu zeigen: Die unter- dasselbe. Wenn zwei von „Gott“ reden, schiedlichen Religionen haben nur ein meinen sie noch lange nicht densel- Stück von (demselben) Gott erkannt. ben. Die Religionen reden ja gar nicht Weitergedacht bedeutet es dann aber von „Gott“; die eine redet von „Jahwe“, auch: Keine Religion ist fähig, Gott von „Gott“ als „Vater“; die anderen wirklich zu erkennen. Jeder von uns von „Allah“; in der dritten steht das hat nur ein kleines Stück der Wahrheit „Brahman“ im Mittelpunkt, sie lehnt in der Hand, keiner erkennt Gott ganz, die Vorstellung von einem persönli- keiner kennt ihn wirklich. Und deshalb chen höchsten Wesen ganz ab. Wenn sind alle Religionen dann auch gleich wir sagen: Allen Religionen geht es um wahr bzw. genauer gesagt gleich un- „Gott“, dann setzen wir voraus: Jahwe wahr. = Allah = Jesus = Brahman… Um he- rauszufinden, ob alle Religionen an Gott – worauf du dich denselben Gott glauben, müssen wir verlassen kannst! zuerst einmal herausfinden, was sie Die Überzeugung, dass alle Religionen über Gott sagen. an denselben Gott glauben, ist in der Es lohnt sich, sein Wissen über ande- Bibel nicht zu finden. Dass es ande- re Religionen zu erweitern und dabei re Götter gibt, ist für die Bibel keine zu entdecken, was uns verbindet und Streitfrage; sehr wohl aber, welcher was den eigenen Glauben einzigartig der vielen Götter denn den Namen macht. Besonders interessant ist dabei Gott verdient; wer es allein verdient, das persönliche Gespräch über Glau- Gott genannt zu werden. (vgl. 1. Ko- bensfragen: Was macht deinen Glau- rinther 8,5-7) Denn bei der Frage nach ben aus? Wer ist Gott für dich? Gott geht es um Leben und Tod: Wer >> vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 19
#thema Glauben wir alle an denselben Gott? >> ist der Gott, auf den ich mich verlassen guten Taten zeigt. Um das zu leben, ist kann im Leben und im Sterben? Wer es unerheblich, ob der eigene Ring der kann mich retten, mir vergeben, mir eine, der echte Ring ist. Dieses Bild hat ewiges Leben geben? Hier geht es nicht bis heute viele Zuschauer und Leser um theoretische Gedankenspiele, son- überzeugt. dern um Fragen, die mich unmittelbar Aber was wäre, wenn die Ringe keine betreffen. Schmuckstücke wären, die man sich Der Gott der Bibel lässt uns eben nicht an den Finger steckt. Was, wenn es im Unklaren mit verbundenen Augen Ringe an einer Felswand wären, in die nach ihm tasten. Er steht nicht stumm die drei Brüder bei einer Klettertour da wie der Elefant im Elefantengleich- ihre Karabiner einhaken? Wenn einer nis. In Jesus Christus wird er Mensch stürzt, über dem Abgrund schwebt, und zeigt uns, wer er ist (vgl. Johannes nur noch von seinem Kletterseil gehal- 1,18). Er macht uns klar, dass wir durch ten, durch den Karabiner im Ring in unsere guten Taten nicht vor ihm be- der Felswand gesichert, dann macht es stehen können und das auch nicht einen Unterschied, ob dieser Ring echt, brauchen. Am Kreuz zeigt er uns, wie stabil und tragfähig ist. Dann hängt sehr er uns liebt und dass er uns ver- das Leben davon ab. „Glauben“ bedeu- gibt. Er lässt uns nicht im Ungewissen, tet, nach seinem hebräischen Sinn, et- was nach dem Tod kommt. Auf diesen was als fest und zuverlässig zu akzep- Gott kannst du dich verlassen. tieren und sich daran festzumachen. Was, wenn ich in Lessings Ring Echte Toleranz einen Karabiner einhake? „Wir glauben doch alle an denselben Lessings „Ringparabel“ hat wie Gott!“ klingt auf den ersten Blick sehr keine andere Geschichte die aufge- tolerant, ist es aber nicht. Toleranz klärte Haltung zur Frage nach den kommt vom Lateinischen „tolerare“, verschiedenen Religionen geprägt. etwas ertragen, aushalten, erdulden. Die Ringparabel aus seinem Stück Wer wirklich tolerant sein will, der „Nathan der Weise“ handelt von sollte die Einzigartigkeit der verschie- drei Brüdern, die je einen Ring von denen Religionen achten und die Un- Jürgen Schmidt ihrem Vater bekommen. Nur ein terschiede aushalten. Die Bibel zeigt Leiter der Schüler-SMD Ring ist echt, keiner weiß welcher, uns einen Gott, der uns nicht im Un- Die SMD ist ein Netzwerk alle sehen sich zum Verwechseln klaren lässt, sondern auf den wir uns für Christen in Schule, ähnlich. Im Lauf der Geschichte verlassen können. An ihn zu glauben, Hochschule und Berufswelt. wird klar, dass das nicht nötig ist: heißt nicht, andere Religionen zu be- Der Kern von Judentum, Christen- kämpfen, sondern die Menschen so zu tum und Islam (dafür stehen die lieben wie Jesus es getan hat. // drei Brüder) ist Liebe, die sich in Seite 20 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
#thema Kangwan Nirach / istockphoto.com Stürmisch, still und immer wieder neu Gottesbilder der christlichen Mystik „Du stilles Geschrei“ - „Fernnaher“ - „Einen Gott hat sich mit dem Menschen verbündet Gott, den es gibt, gibt es nicht“… Die Gottesbilder und gemein gemacht. Der glaubende Mensch der christlichen Mystik: sie sprengen Grenzen vertraut darauf. Manchmal spürt er etwas von und sie sind so zahlreich wie die MystikerInnen, dieser Verbindung und Verbundenheit. Manch- die von ihren Gotteserfahrungen erzählen. Ein mal erinnert er sich daran, dass er früher ein- Beitrag zu diesem Thema kann nicht mehr leis- mal etwas gespürt hat. Und manchmal ist alles ten, als Muster aufzuzeigen, die wie rote Fäden wie weg, und der Glaube wird zu einem dunklen Texte christlicher Mystik durchziehen. Trotzdem-Glauben. Auch wenn ich dich nicht Doch zunächst: Was ist überhaupt christliche spüre, auch wenn ich mich verlassen fühle, auch Mystik? Gott ist Gott und Mensch ist Mensch. wenn du mich nicht zu lieben scheinst: Trotz- Jede theologisch reflektierte Mystik weiß um dem vertraue ich darauf, dass du da bist – in all die Notwendigkeit dieser Unterscheidung. Und meiner Verlassenheit verlässlich. doch: Der Mensch ist nicht getrennt von Gott. >> vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 21
#thema Stürmisch, still und immer wieder neu >> Vorbild Jesus Für christliche Mystik ist Jesus das Vorbild. Unsere menschlichen Erfah- rungen gleichen den seinen. Von der Krippe bis zum Kreuz, von der Wiege bis zur Bahre, vom Anfang bis zum Ende erleben wir Bedrohung und Be- wahrung, Bejahung und Verneinung, Liebe und Hass, Todesangst und Gott- vertrauen… Und bekommen hoffent- lich die Kraft geschenkt, die Hoffnung durchzuhalten, dass Leben und Liebe den österlichen Sieg davontragen – durch alle Gottesfinsternis und Verlas- senheit hindurch. kurze Dialogausschnitt zwischen „Frau Karl Rahner (gest. 1984) zufolge hängt Minne“ (Kraft der Liebe) und „Frau Kö- die Zukunft des Christentums davon nigin“ (prachtvolle Seele) ist in zweifa- ab, dass Menschen Gotteserfahrungen cher Hinsicht stürmisch: Die göttliche machen und diese ernst nehmen. Es ist Liebe erscheint als Frau und stürmt so ein Wagnis, darüber zu sprechen. Men- die herkömmlichen männlichen Got- schen, die das riskieren, stellen fest, tesbilder. Zudem wird ein stürmischer dass die Sprache an Grenzen stößt. Vor Prozess der Reinigung beschrieben, in diesem Hintergrund seien nun eben dem der Seele alles genommen wird, drei Muster aufgezeigt: woran sie hing. Doch sie wird dafür 1. Gottesbilder der christlichen Mystik belohnt, vorerst mit einem einstündi- sind stürmisch. Sie erinnern daran, gen trauten Zusammensein mit dem dass wir uns von Gott kein Bild machen Heiligen Geist. Im weiteren Verlauf sollen. Deshalb braucht es immer neu des Textes kommen noch viele ande- einen Bildersturm. Zugleich beunruhi- re Gotteserfahrungen der Vertrautheit gen die Bilder, sie läuten Sturm – und und Fremde hinzu… Hier nun der Ge- machen so auf die Gefahr geistlichen sprächsausschnitt: Lebens aufmerksam, dass wir erstarren „Frau Minne, nun seid Ihr zu mir ge- und nicht mehr bereit sind, uns über- kommen / und habt mir alles genom- raschen zu lassen von der Ruach, die men, was ich auf Erden je gewann.“ // weht, wo sie will. Hier eine Kostpro- „Frau Königin, Ihr habt einen glück- be der stürmischen Seite christlicher lichen Tausch getan.“ // „Frau Min- Mystik. Sie stammt aus „Das fließen- ne, Ihr nahmt mir meine Kindheit.“ de Licht der Gottheit“ (1. Kapitel im 1. // „Frau Königin, dafür gab ich Euch Buch), dem Hauptwerk der Mechthild himmlische Freiheit.“ // „Frau Minne, von Magdeburg (gest. ca. 1282/94). Der Ihr nahmt mir meine ganze Jugend.“ // Seite 22 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
„Frau Königin, dafür gab ich Euch viel heilige Tugend.“ // „Frau Minne, Ihr nahmt mir Besitz, Freunde und Vertraute.“ // „Frau Königin, das sind erbärmliche Klagelaute.“ // „Frau Minne, Ihr nahmt mir weltliche Ehren, / weltliche Reichtü- mer und die ganze Welt.“ // „Frau Königin, dafür leist ich Foto ©Tamara Burk Euch in einer Stunde Entgelt / auf Erden mit dem Heiligen Geiste, wie es Euch gefällt.“ 2. Kontrast und Ergänzung zum Stürmischen ist die Stil- le, in die hinein Gott erscheint, spricht, schweigt, sich ereig- Dr. Irene Leicht net. Als Beispiel hierfür ein Zitat von Meister Eckhart (gest. Pfarrerin an der Stadtkirche ca. 1327/28) aus einer der deutschen Predigten (Nr. 19): „Der Emmendingen himmlische Vater spricht ein Wort und spricht es ewiglich, und in diesem Worte verzehrt er alle seine Macht, und er spricht in diesem Worte seine ganze göttliche Natur und alle Kreaturen aus. Das Wort liegt in der Seele verborgen, so dass man es nicht weiß noch hört, dafern ihm nicht in der Tiefe Gehör ver- schafft wird; vorher wird es nicht gehört; vielmehr müssen alle Stimmen und alle Laute hinweg, und es muss eine lautere Stille da sein, ein Stillschweigen.“ Das göttliche Wort ist nur in der Stille vernehmbar – ja, es ist selber still, gesprochen von einer „Stimme verschwebenden Schweigens“ (1. Könige 19,12 in der Übersetzung von Buber-Rosenzweig). Widersprüchliche, kreative Gottesbilder 3. In allen Widersprüchen zeigt sich die Kreativität mysti- scher Gottesbilder. „Du stilles Geschrei“ – so der Untertitel des Buches „Mystik und Widerstand“ von Dorothee Sölle (gest. 2003). Stürmisches und Stilles kommen hier zusam- men. In einem anonymen Brief aus dem 15. Jahrhundert (vgl. den Anfang von Sölles Buch) heißt ““ es von Gott: „Du stilles Geschrei, dich kann niemand finden, der dich nicht zu Gott hat sich mit dem lassen weiß“. „Fernnaher“ – so nennt Menschen verbündet und die Mystikerin Marguerite Porete (gest. 1310) den Gott, den sie erfährt - eine gemein gemacht.“ Wortschöpfung, einmalig, noch heute inspirierend. Dietrich Bonhoeffer hat es auf den Punkt gebracht: „Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht.“ Die lebendige göttliche Wirklich- keit ist nicht zu fassen. Und so sind dann auch die Weisen, von ihr zu sprechen oder sie ins Bild zu bringen: immer wie- der neu... // vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 23
#thema „Für den König, für den Herrn, für ihn geben wir uns hin.“ Das Gottesbild der Generation Lobpreis Durch die gesellschaftlichen Veränderungen morgen prägen werden? Wie glauben sie? der letzten Jahre ist auch im Kontext von Und wie stellen sie sich Gott vor? Diesen Fra- / istockphoto.com Kirchen und Freikirchen eine neue, junge, gen sind wir als Forschungsinstitut empirica gläubige Generation herangewachsen, die für Jugend, Kultur & Religion in der Studie WinR / istockphoto.com ein ganz eigenes Profil entwickelt hat. Aber „Generation Lobpreis“ nachgegangen und was sind das für Jugendliche, die selbstbe- haben Spannendes herausgefunden. Einige wusst glauben, die Kirche gut finden, gerne interessante Ergebnisse sollen im Folgenden middelveld ehrenamtlich mitarbeiten und die Kirche von präsentiert werden. Seite 24 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
Warum „Generation Lobpreis“? Das Gottesbild der Generation Lobpreis Uns hat überrascht, wie intensiv der Lob- Das Gottesbild der befragten hochreligiösen Jugendlichen ist preis im Glauben der evangelisch-hoch- sehr positiv besetzt. So sagen 93 %, dass sie „Dankbarkeit religiösen Jugendlichen verortet ist und gegenüber Gott“ empfinden und sich „von Gott geliebt wis- welch tiefe und beispielhafte Bedeutung sen“, 77 % gehen davon aus, dass „Gott in ihr Leben eingrei- er für das eigene Glaubensleben hat. Da- fen kann“ und 73 % fühlen sich „von Gott geborgen“. Gott bei geht es nicht nur um Lobpreis-Mu- gegenüber empfinden sie vor allem Dankbarkeit, Liebe und sik, sondern um das Lebens- und Glau- Geborgenheit. Zwar gehört auch Schuld zu den häufiger vor- bensgefühl, das der Lobpreis vermittelt. kommenden Gefühlen, jedoch wird die Vergebung der Sünden ““ Hierin zeigt sich auch das, was man eine Individualisierung, Emotionalisierung Gott gegenüber empfinden oder Subjektivierung des Glaubens nen- nen könnte. Dies gilt für das Gottesbild sie vor allem Dankbarkeit, (höchster Wert: Gott liebt mich bedin- Liebe und Geborgenheit.“ gungslos) wie für die Glaubenspraxis (Lobpreis ist eine wichtigere Quelle des Glaubens als Gebet und Bibellesen), noch häufiger empfunden. Nur selten ist man enttäuscht von für die Kirche (höchster Wert: Gemein- Gott, gar zornig auf ihn oder hat Angst vor ihm. Diese posi- schaft) oder die Motivation zum Ehren- tiven Gottesbilder passen zu den Gesamtergebnissen der Stu- amt (höchster Wert: weil es Spaß macht). dien und weichen deutlich ab von den Ergebnissen der Eltern und Großeltern (Künkler/Faix 2017). Insgesamt ergibt sich so Generation Lobpreis als ein sehr deutliches Ergebnis: Die hochreligiösen Jugendlichen Teil der Jugendkultur haben ein Bild von Gott, das als liebevoll-empathisch beschrie- Bei der heutigen Jugendgeneration ist ben werden kann. Gott ist zuerst bedingungslose Liebe. Diese eine starke Gegenwartsorientierung fest- Liebe zeigt sich in seiner Gnade und Treue, beziehungsweise zustellen - so auch in der „Generation darin, dass er uns durch das Heilsgeschehen in Jesus Chris- Lobpreis“: Sie hat weniger Interesse an tus von unserer Sünde erlöst. Gott ist Vater und Freund. Er theologischen Themen als viel mehr an ist uns und unseren Bedürfnissen sowie unseren Problemen pragmatischen Lösungen. Scheinbare zugewandt und grundsätzlich positiv eingestellt. Eher im Hin- theologische Widersprüche lösen sie in tergrund, wie ein schwacher Schatten dieses durch und durch ihrem Alltagsglauben auf. Auch wenn guten Wesens, lauert ein auch mal zorniger Gott, der straft und man schaut, aus welchem Milieu die vor dem man auch mal Angst haben kann. Jugendlichen vorwiegend kommen und In den „Feiert Jesus“-Liederbüchern spielt vor allem der Kö- wie sich ihr ästhetisches Empfinden be- nig, der immer da ist, der machtvoll im Hintergrund die Fäden schreiben lässt, kann man dies wie folgt meines Lebens in der Hand hält und für den ich alles tue, als zusammenfassen: Hier liebt man das Metapher eine entscheidende Rolle, wie zum Beispiel in „Für Einfache, Entlastende, die sichere, „hei- den König, für den Herrn, für ihn geben wir uns hin.“ (Feiert le“ Welt. Genau das finden wir teilweise Jesus 2013, 11) oder „Königlich strahlt dein Licht. Du bist ewig- auch in der Lobpreiskultur, in den Tex- lich, niemand kommt dir gleich.“ (Feiert Jesus 2013, 29). Insge- ten, der Musik und der Haltung wieder. samt kommt der König erstaunlich oft vor (Feiert Jesus 2013: >> vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 25
#thema „Für den König, für den Herrn...“ >> 3; 7; 8; 16; 24; 27; 30; 32; 43; Feiert Generation Lobpreis als Hoff- Jesus 2008: 2; 3; 6; 10; 11; 15; 24; nungsträger für die Gemeinde 29; 31; 34; 45) oder auch der Thron Trotzdem lässt sich insgesamt sagen, Gottes (Feiert Jesus 2013: 7; 16; 24; dass wir eine neue Generation an from- 42). Außerdem wird häufig der Vater men Jugendlichen haben, die hochmoti- oder der Schäfer genannt, während viert ist, Gott von Herzen liebt und Ge- Mutter, Ehemann, Geliebte, Begleiter, meinde toll findet. Ihr Glaube ist dabei Krieger, Richter, Fürsprecher, Befrei- sehr erlebnisorientiert und emotional, Dr. Tobias Faix er, Hebamme, Bauer, Wäscherin etc. Lobpreis spielt eine große Rolle, weil Professor für Prakti- kaum Erwähnung finden. Dies gilt man Gott fühlen will, während die Bibel sche Theologie an der dann gleichermaßen für die abge- zwar wichtig ist, aber im Alltag keine so CVJM-Hochschule Kassel deckten Themen, denn Trauer, Ver- große Rolle mehr spielt. Leiter des Forschungsins- zweiflung oder soziale Gerechtigkeit tituts empirica für Jugend, kommen kaum vor. Hier scheint es Die Hintergründe der Studie Kultur & Religion zum einen Nachholbedarf zu geben, In der empirica-Jugendstudie wurden und zum anderen wird auch die 3187 evangelische Jugendliche und große Verantwortung der Lobpreis- junge Erwachsene zwischen 14 und schreiber*innen und Leiter*innen 29 Jahren online befragt. Drei Vier- deutlich, denn sie prägen das Gottesbild tel (2.386) der Befragten konnten als der jungen Generation weit mehr als die hochreligiös identifiziert werden. Das Prediger*innen und Theolog*innen. bedeutet, dass religiöse Inhalte, Deu- tungsmuster und Praktiken für sie ““ besonders relevant sind und „einen Das Gottesbild der strukturierenden Einfluss auf das ge- befragten hochreligiösen samte Erleben und Verhalten“ haben, Jugendlichen ist sehr wie zum Beispiel durch tägliches Gebet und die Erwartung, dass Gott ins eige- positiv besetzt.“ ne Leben eingreifen kann. Zusätzlich wurden 62 ausführliche qualitative Interviews durchgeführt, in denen die Jugendlichen selbst über ihren Glau- ben erzählten.// Mehr zum Text ó Ausführliche Informationen zu Themen wie Kirche, Mission, Ethik oder Ehrenamt gibt es in dem Buch „Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche“, Neukirchener Verlag > Seite 26 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
FatCamera / istockphoto.com „Gott wohnt in der Wolke mit Jesus“ Bibelforscher unterwegs im Evangelischen Kindergarten Ein Teil der religionspädagogischen Arbeit Wie alles begann in unserem Kindergarten ist das wöchent- Ein neues Kindergartenjahr hatte angefan- liche Treffen zum „Bibelforschen“. Daran gen, die Planungen des Erntedankfestes stan- können interessierte Kinder teilnehmen und den an und das Lutherjahr warf seine Schat- sich gemeinsam mit den Erzieherinnen mit ten voraus. Religionspädagogische Inhalte biblischen Inhalten beschäftigen. Eine Zeit, sowie die Feste des Kirchenjahres sind fester um ihrem Wissen und ihren Fragen Raum zu Bestandteil unserer Arbeit, und die Kinder geben und miteinander auf Spurensuche zu erzählten immer wieder von ihren Bibeln und gehen. brachten diese mit. vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 27 >>
#thema „Gott wohnt in der Wolke mit Jesus“ >> Aus diesen Impulsen entstand die Idee, zuordnen kann, selbst wenn man die interessierten Kindern eine Möglichkeit Sprache der Bibel nicht versteht. zu geben, sich näher mit biblischen In- halten zu beschäftigen, ihrem Wissen Wie ging es weiter? und ihren Fragen Raum zu geben und Das Lutherjahr begann und die Bibel- gemeinsam auf Spurensuche zu gehen, forschergruppe beschäftigte sich inten- um die Botschaft Gottes lebendig wer- siv mit Luther. Wer war er, welche Be- den zu lassen. deutung hatte er für uns, wie lebten die Nun galt es die ersten Treffen zu planen Menschen und speziell die Kinder zur und mit den Kindern ins Gespräch zu Zeit Luthers. gehen, die Eltern über unser Vorhaben Die Reformationsschatzkiste mit ent- zu informieren. sprechendem Begleitmaterial wurde an- Schnell wurde klar, dass viele Kinder geschafft. großes Interesse an der Thematik hat- Sie begleitet die Bibelforscher bis heu- ten, und zwei Kolleginnen begannen te und wird immer mit entsprechendem ein wöchentliches Angebot anhand der Material zu den einzelnen Themen und Themen und Interessen der Kinder zu Geschichten bestückt. planen. Die Kinder wurden eingeladen, ihre Bi- Und heute? bel mitzubringen, Bibeln in unterschied- Ein kleiner Einblick in eine „Bibelfor- lichen Sprachen kamen ins Haus. scherzeit“: Die erste Geschichte, die gemeinsam Erzieherin: „Wir hören uns Geschichten erforscht wurde, war die Schöpfungs- an, in denen er vorkommt, wir sprechen geschichte. Gemeinsam mit den Kindern oft über ihn, wir schicken ihm Gebete, wurde festgestellt, dass man allein durch haben vor den Ferien sogar selber wel- die Bilder die Geschichte entdecken und che formuliert…?“ Seite 28 vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder
„Gott“, rufen mehrere Kinder gleichzei- „Wir Kinder können erzählen, was wir tig, „jaaa, Gott.“ schon alles über Jesus und Gott wissen Erzieherin: „Ja, ihr habt recht, Gott ist und Fragen stellen.“ „Wir haben in der gemeint. Ich habe eine Frage an euch, Bibel gelesen, dass Gott allen Menschen wie stellt ihr euch Gott vor?“ hilft.“ L. (5 Jahre): „Er wohnt in der Wolke „Wir wissen, dass Jesus nicht mehr auf mit Jesus und gemeinsam schauen sie der Welt ist, sondern im Himmel, wir auf die Erde und sie schauen, ob es den können ihn in unseren Herzen spüren.“ Menschen gut geht oder ob ihnen etwas „ Wir spielen die Geschichten so ganz fehlt oder ob sie traurig sind, und dann echt und bereiten Feste vor.“ überlegen sie, ob sie was Neues bringen, „Hier bei den Bibelforschern kann man um die Menschen wieder glücklich zu Spaß haben.“ machen.“ „Wir freuen uns, wenn Frau Steidel I. (3): „Gott liest ein großes Buch vor und kommt, mit uns forscht und eine Ge- er liest von Jesus“. schichte mitbringt.“ Z. (5): „In einem Himmelszelt.“ Alle lachen. Und wie geht es weiter? L.: „Gott gibt den Menschen zu essen.“ Seit über zwei Jahren sind die Bibelfor- Le. (5): „Ich danke Gott für das Essen scher nun schon fester Bestandteil in und für Freunde und für Geld.“ unserer Einrichtung. La. (4): „Ich bete an Gott, wenn ich trau- Auch in diesem Kindergartenjahr wer- rig bin.“ den sie sich wieder intensiv mit den „Ich auch!“, rufen einige Kinder hinter- Fragen der Kinder beschäftigen und ge- her. meinsam nach Inhalten und Antworten Erzieherin: „Ihr habt interessante Vor- in der Bibel forschen. stellungen von Gott. Ich habe mir ge- Große Unterstützung erfahren wir dacht, wir könnten noch ein Lied für dabei durch unsere Pfarrerin, Frau Gott singen, fällt euch eins ein?“ Steidel, die als „Pfarrerin zum An- „Ja, Gott hat alle Kinder lieb“, ruft Le. in fassen“ in regelmäßigen Abständen den Raum. an den Diskussionen teilnimmt und Le.: „Hat Gott auch die Räuber lieb?“ dadurch eine sichtbare Brücke zwi- Erzieherin: „ Was für eine spannende schen dem Wort Gottes, der Evan- Frage! Lasst uns gemeinsam nächste gelischen Kirchengemeinde Tiengen Woche zu dieser Frage recherchieren.“ und den Kindern bildet. Uns werden „Warum kommt ihr eigentlich so gerne die Feste des Kirchenjahres wieder Brigitte Eberle zu den Bibelforschern und was wisst ihr begegnen und wir hoffen auf viele Leiterin des Evangelischen noch von den Treffen?“, war eine wei- wissbegierige, fragende und ideen- Kindergartens Frei- tere Frage, die die Kolleginnen an die reiche Bibelforscher*innen.// burg-Tiengen Kinder gerichtet haben. Hier einige Aussagen der Forscher*in- nen: vonWegen 4/19 – Thema: Gottesbilder Seite 29
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