Blätter - Bildung erleben - Neuerkeröder - Evangelische Stiftung Neuerkerode
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Bildung erleben Editorial Poesie weckt Erinnerung Direktor Rüdiger Becker Projekt Weckworte mit der Ostfalia Hochschule Seite 04 Seite 24 Interview Schlüsselkompetenzen erlernen Personalleiterin Jessica Gümmer-Postall Autismuswohngruppe Königslutter Seite 06 Seite 25 Politische Willensbildung Energie und Umwelt Bürgervertretung Aktionsjahr gewinnt Bildungspreis Seite 09 Seite 26 Fachwissen und Erfahrungsaustausch Ausbildung ist Motivationsarbeit Verleger: Mitarbeiterfortbildung Haus der helfenden Hände Evangelische Stiftung Neuerkerode Seite 10 Seite 27 Kastanienweg 3, 38173 Sickte - Neuerkerode Theorie und Praxis: Hand in Hand Geh‘n wir ins Biermanski‘s? Vorstand: Fachschule Dorfgemeinschaftshaus Pfarrer Rüdiger Becker, Direktor Seite 12 Seite 28 Jessica Gümmer-Postall, Personalleiterin Ich will noch viel lernen Ich bin wunderbar! Herausgeber: Berufsbildungsbereich Neuerkeröder Werkstätten GmbH Theater Endlich Pfarrer Rüdiger Becker Seite 16 Seite 29 Mit Spaziergängen zur Toleranz Leben in Neuerkerode Redaktion und Gestaltung: Öffentlichkeitsarbeit Kindertagesstätte Peter und Paul vor hundert Jahren Leiter: Manfred Simon Seite 18 Historische Bilder Stephan Querfurth (V.i.S.d.P.) Wo sich Luchs und Eule gute Seite 30 T 05305.201 251 Nacht sagen Im Protrait F 05305.201 474 Renate Müller oeffentlichkeitsarbeit@neuerkerode.de Diakonie gemeinnützige GmbH Seite 32 Seite 19 Titelbild: Nike Bollok Winnies Welt Echt lecker! Seite 33 Motiv: Die Fachschülerinnen Katja Hillmer Erwachsenenbildung und Marlene Pieper Seite 20 Prisma Seite 34 Auflage: 7.000 Bedarf ist da Neuerkeröder Werkstätten GmbH Spendenprojekt Ausgabe: 1 x vierteljährlich Seite 22 Ein Kiosk für Rainer Wanning Herstellung: oeding print GmbH | Braunschweig Seite 36 Arbeits -und Lebensweltbezogene Termine und Adressen Bezug: Bildungsangebote Seite 38 Kostenlos. Spender erhalten die Neuerkeröder Tagesförderung Blätter automatisch. Wenn Sie keine Zusendung Seite 23 mehr wünschen wenden Sie sich an die Öffentlich- keitsarbeit der Evangelischen Stiftung Neuerkerode. 02 Impressum 03
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, die Evangelische Stiftung Neuerkerode widmet sich ganz gezielt der Aus- einem wichtigen Bildungsort im Herzogtum entwickelt. Lernen zufrieden macht und das ein eigenständiges und und Weiterbildung von Menschen in ganz unterschiedlichen Berufsfel- Bildung wurde dabei ganz modern verstanden als Befä- eigenverantwortliches Leben in unserer Gemeinschaft dern. Eigentlich müsste es aber heißen, die Stiftung bildet Menschen. higung des Menschen für sich selbst sorgen zu können, ohne Bildung fast nicht möglich ist. Bildung eröffnet uns Umfassend. Seit dem ersten Tag der Stiftung lässt sich das nachzeich- sein Leben gestalten zu können. Die hohe Abhängigkeit, den Horizont, um die Welt mit Neugier zu entdecken, nen. Luise Löbbecke, Gustav Stutzer und Oswald Berkhan waren davon auch das nackte Ausgeliefertsein in die Willkür anderer, und um all das, was man sieht, riecht, hört und schmeckt überzeugt, dass auch Menschen mit einer geistigen Behinderung bildbar sollte durch die Bildung der geistig behinderten Schüle- einordnen zu können. Das Christentum war immer mit wären und Bildung ihnen den Zugang zur Gesellschaft leichter machen rinnen und Schüler entgegen gewirkt werden. Über eine der Bildung liiert, der Mensch als Ebenbild Gottes ist würde. Nach den Gründungsjahren der Stiftung, nach Häuserbau und vernünftige Schulbildung und spätere Ausbildung konn- Voraussetzung und zugleich Perspektive des Bildens. Sicherstellung der Ernährung, konnte sich Stutzer der Pädagogik zuwen- te bei vielen die Grundlage dafür gelegt werden, dass sie Der Mensch muss sich selbst verstehen können, sich den. 1874 schreibt er im Jahresbericht: „Unsere Pflegebefohlenen fühlen relativ eigenständig im Dorf Neuerkerode leben konnten. einordnen können, um das Leben zu bewältigen! Aus sich glücklich und die Bildungsfähigen lernen durch Schulunterricht und Das war damals ein großer Fortschritt. Natürlich sind evangelischer Perspektive ist ein Bildungsbaustein dazu andere Unterweisungen nach dem Maße ihrer Kräfte sich zu beschäfti- wir heute, im Vergleich mit der Zeit vor über 120 Jahren der Glaube. gen.“ Auf dieser Grundlage konnte sich Karl Palmer, Direktor der Stiftung wesentlich weiter im pädagogischen und bildnerischen Damit unsere Gesellschaft die Herausforderungen der von 1880 bis 1905, dem Ausbau des Schulwesens in Neuerkerode widmen. Bemühen. Aber der Ausgang ist der gleiche geblieben: kommenden Jahre bestehen kann, ist ihr Gebildetsein 1894 entscheidet die Landesversammlung über neue Schulgesetze, die Jeder Mensch ist zur Bildung fähig. eine Schlüsselkompetenz. Ohne Bildung wird es uns erhebliche Auswirkungen auf Neuerkerode hatten. Allen Kindern, auch Auch 2014 nimmt die Evangelische Stiftung Neuerkerode nicht gelingen, die elementaren Veränderungen bewälti- denen, die infolge ihrer Beeinträchtigung nicht am Unterricht in regulä- ihren Bildungsauftrag ernst. Als attraktiver Arbeitgeber gen zu können. Mit Bildung werden wir es aber schaffen. ren Haupt und Hilfsschulen teilnehmen können, soll eine Schulbildung und vorbildlicher Ausbilder sind wir auf qualifizierte und Insofern kann unser Land auch 2014 davon lernen, was zuteilwerden. Zur Beschulung dieser Kinder sollen für das ganze Herzog- engagierte Mitarbeitende angewiesen. Diese sind die vor 120 Jahren in Neuerkerode entstand. Wir brauchen tum in Neuerkerode entsprechende Einrichtungen zur Verfügung gestellt Voraussetzung dafür, dass wir unserer Tradition folgen vernünftige Schulen, Bildungseinrichtungen und Ausbil- werden. und die von uns betreuten Menschen umfassend an Bil- dungen. Die Evangelische Stiftung Neuerkerode wird mit Es ist interessant, dass gerade Palmer auch derjenige war, der das „An- dung teilhaben lassen. Daher möchten wir Ihnen, liebe ihren Tochtergesellschaften dazu ihren Beitrag leisten. staltsgelände“ deutlich als Dorf betrachtet hat, und die Lebendigkeit und Leserin, lieber Leser, in dieser Ausgabe aufzeigen, wie wir das Vereins- und Festwesen anderer Dörfer nach Neuerkerode übertrug. heute junge Menschen mit und ohne Behinderung auf Die Gestaltung von Festen und Feiertagen, die er zu einem seiner Ar- ihrem Bildungsweg begleiten. beitsschwerpunkte machte, diente ihm als Anschauung und didaktische Das vorliegende Heft der Neuerkeröder Blätter zeigt an Ihr Elementarisierung für Bildungsprozesse. Neuerkerode hatte sich zu vielen Beispielen, was Menschen lernen können, wie das Rüdiger Becker 04 05
Ausbildungschancen in > Viele unserer Auszubildenden schließen mit einem sozialen Unternehmen einer überdurchschnittlich hohen Beurteilung ab. Im Interview: Jessica Gümmer-Postall, Vorstand und Personalleiterin gibt Auskunft. >Das Gespräch führte Manfred Simon, Leiter Öffentlichkeitsarbeit > Fotos: Nike Bollok, Stephan Querfurth > Frau Gümmer-Postall, die Unternehmensgruppe der Betreuen GmbH in der Wohngruppe oder in der Tages- Evangelischen Stiftung Neuerkerode (ESN) hat den förderung und der Neuerkeröder Werkstätten GmbH an. Ruf, eine gute Ausbildungsstätte zu sein. Woran wird Im Rahmen einer Praxisbörse können sich Fachschüler das beispielsweise deutlich? dann informieren und ganz individuell wählen. Alterna- Die Stiftung erweist sich neben den vielseitigen Aus- tiv ist es natürlich möglich, auch andere soziale Einrich- bildungsmöglichkeiten in den unterschiedlichen tungen als Praxisstelle zu wählen. Gesellschaften mit ihrem Stipendiatenprogramm der Anders als an staatlichen Schulen, vermittelt die Neu- Fachschule, mit der Vernetzung im Medienprojekt erkeröder Fachschule für Heilerziehungspflege z.B. fun- „Zukunft Bilden“ der Braunschweiger Zeitung, durch dierte Kenntnisse in PART (Professional Assault Response praxisorientierte Projekte und letztendlich durch eine Training, ein Konzept zum professionellen Umgang in hohe Zahl von Übernahmen junger Menschen nach ihrer Krisenkommunikation) und Interaktion. Die Fachschü- Ausbildung als ein Arbeitgeber mit attraktiven Ausbil- lerinnen und Schüler erlernen auch Module aus dem Be- dungsstellen. reich der unterstützten Kommunikation. Solche Inhalte gehen weit über den Ausbildungsplan hinaus. > In welchen Berufsfeldern bildet die ESN aus? Wie viele Auszubildende betreut die Unternehmensgruppe? > Was unterscheidet die Ausbildung in einem Unter- nehmen der Sozialbranche zu einem Ausbildungs- Insgesamt bildet die ESN gegenwärtig 120 junge Men- betrieb in der Wirtschaft? schen aus. 80 von ihnen besuchen unsere Fachschule für Heilerziehungspflege. Künftig werden wir auch Kaufleu- Zu nennen sind da die vielfältigen Möglichkeiten des te für Büromanagement ausbilden. Diese Ausbildung ist Austausches innerhalb unterschiedlicher Anspruchs- nicht nur in Neuerkerode neu, sondern auf dem gesam- gruppen, wie der Behindertenhilfe, der Eingliederungs- ten Arbeitsmarkt. hilfe, der Altenhilfe oder der Suchthilfe. Außerdem bilden wir Anlagenmechaniker und Köche, Außerdem ist dann die Nähe zu den betreuten Klienten. Kaufleute im Gesundheitswesen und Gärtner aus. Einblicke in unterschiedliche Arbeitsfelder fördern den In diesem Jahr halten wir drei Ausbildungsplätze für Austausch der Auszubildenden untereinander und un- Köche vor. Einen von ihnen wollen wir beispielsweise terstützen ihre Qualifizierung. im Paläon, dem Erlebnis und Forschungszentrum bei Auch hierin zeichnet uns also eine Vielfalt aus. Hinzu Schöningen, dessen Restaurant Flintstone wir betreiben, kommt, dass in der ESN eine eher flache Hierarchie im ausbilden. Damit beziehen wir dann auch die Region um Kontakt zu Vorgesetzten und Leitungskräften wirkt. Helmstedt mit in unseren Ausbildungsbereich ein. Die Auszubildenden melden zurück, dass sie bei uns sehr schnell in den aktiven Arbeitsablauf eingebunden > Wo liegen die Unterschiede der Ausbildung in werden. Ihre Zufriedenheit trägt dazu bei, sich selbst unserer privaten Fachschule für Heilerziehungs- zu erproben und eigenverantwortlich praxisorientierte pflege zu der einer staatlichen Schule? Projekte zu übernehmen. Unsere Ausbilder, die wir im Umgang mit den Auszubildenden schulen, bringen ho- Das ist ganz eindeutig der hohe Praxisanteil. Was in der hes Engagement ein. Nicht zu unterschätzen ist auch die Fachschule in den einzelnen Lernfeldern vermittelt wird, politische Bildung, die beispielsweise über das Projekt kann hier vor Ort in Neuerkerode direkt in der Praxis „Zukunft Bilden“ der Braunschweiger Zeitung, an dem erprobt und umgesetzt werden. Wir bieten Praxisstellen, wir teilnehmen, angeboten wird. beispielsweise in der Neuerkeröder Wohnen und > 06 07
> Engagement für das eigene Lebensumfeld. > Mit Sozialkompetenz ist Teamarbeit, Kommunikationsfähigkeit und Empathie gemeint. > Wie werden Berufsanfänger in der ESN begleitet, gibt es eine Karriereplanung? Karriereplanung ist ein großes Wort. Ich würde lieber Dazu trifft sich die BV regelmäßig alle 14 Tage zu ge- von Perspektivplanung sprechen. Und Perspektiven meinsamen Sitzungen, in denen anliegende Themen be- für den weiteren Berufsweg, die bekommen unsere sprochen und gegebenenfalls Beschlüsse für das weitere Auszubilden in der Tat. Ich denke da an das eben er- Vorgehen gefasst werden. Manchmal wird kontrovers wähnte Stipendiatenprogramm und die von der Stiftung diskutiert und nicht selten geht es durchaus turbulent geförderten Weiterqualifizierungen an der Ostfalia zu. Inhaltlich geht es um alle Belange des Lebens im Hochschule oder die Möglichkeit für Kaufleute im Ge- Dorf – von Straßenbeleuchtung, Parksituation, Mül- > Personalverantwortliche sprechen sich zunehmend sundheitswesen ganz unterschiedliche Bereiche kennen lentsorgung, Mittagessen, Erneuerung kaputter Wege, dafür aus, dass Mitarbeitende neben fachlicher Aus zu lernen: Sie können für sich berufliche Spezialisierun- Öffnungszeiten, Dorfgemeinschaftshaus, Dorferneue- bildung auch über Sozialkompetenzen verfügen. gen wie Verwaltung, Personalmanagement, Kranken- rung bis zur Barrierefreiheit. Bei Bedarf werden Gäste Was ist damit gemeint? hausabrechnungswesen oder Verwaltungsarbeit in der eingeladen, die gemeinsam mit den Bürgervertretern Mit Sozialkompetenz ist Teamarbeit, Kommunikati- Altenpflege wählen. Fakt ist auch, dass viele unserer versuchen, einzelne Probleme zu lösen oder Sachver- onsfähigkeit und Empathie gemeint. Dabei geht es Auszubildenden mit einer überdurchschnittlich hohen halte zu klären. So halten Direktor, Geschäftsführer, beispielsweise um Fragen, wie mit einem Konflikt mit Beurteilung abschließen. Eine unserer Kauffrauen im Kunden und Klienten, mit Kollegen und Vorgesetzten umzugehen ist. Im Wesentlichen geht es darum, Em- Gesundheitswesen hat kürzlich ihre Abschlussprüfung mit „Sehr gut“ bestanden und wird von der Industrie- Politische Wohnbereichs- oder Abteilungsleiter, Werkstattrat und Angehörigenbeirat regelmäßig Kontakt zur Bürgerver- tretung und unterstützen sie bei ihrer Arbeit. Willensbildung pathie aufzubauen. Das wiederum ist die Basis für gute und Handelskammer ausgezeichnet. Gemeinsam kann und konnte so zum Wohl der Neuer- Startchancen in ein eigenverantwortliches und eigen- keröder Bürgerinnen und Bürger viel Positives erreicht ständiges Berufsleben. Das kann die ESN in vorbildlicher > Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft werden. Weise an die Auszubildenden weitergeben. für die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften in Meine Aufgabe als von der BV gewählte Vertrauensper- Beispielsweise kann ein Koch in Ausbildung sich selbst der ESN? Die Bürgervertretung (BV) besteht aus neun von den son besteht u.a. in der Gesprächsführung, Weitergabe ausprobieren, in dem er ein eigenes Speisenangebot Eine Herausforderung der nahen Zukunft auf Grund des Neuerkeröder Bürgerinnen und Bürgern gewählten von Informationen, Erklären schwieriger Sachverhalte im Dorfgemeinschaftshaus anbietet. Dabei lernt er mit demografischen Wandels wird sicherlich sein, genügend Mitgliedern. und dem Schreiben der Protokolle. Rückmeldungen umzugehen und sich selber zu Auszubildende zu bekommen. Spitzt sich die Arbeits- Weitere Grundlagen für eine erfolgreiche Wahrnehmung > Von Jens Zimmermann, Leiter Erwachsenenbildung, Vertrau- reflektieren. marktsituation weiterhin zu, betrifft das auch die zu ensperson der Bürgervertretung > Foto: Stephan Querfurth von Interessen werden in Kursen der Erwachsenen- besetzenden Ausbildungsstellen. Viele Schulabgänger bildung geschaffen. So wird ein Politikkurs angeboten, in > Wie viele der Auszubildenden finden nach der Aus- schreiben sich in Studiengänge ein, die aber lange noch dem einzelne Themen eingehender bearbeitet werden, bildung eine Festanstellung in der ESN oder einer keine Fachausbildung ersetzen, weil ihre Absolventen Die Neuerkeröder Bürgervertretung ist nach unserem als das in den jeweiligen Sitzungen der BV möglich ist. der Gesellschaften und welche Perspektiven bietet zwar über theoretisches Wissen verfügen, aber über Demokratieverständnis das Bindeglied zur Leitung Politische Grundbegriffe oder aktuelle Geschehnisse aus die ESN? keine fachpraktischen Erfahrungen verfügen. Zu beob- und wird von dieser in allen Belangen unterstützt und der Tagespolitik werden dort ebenfalls angesprochen. Rund die Hälfte unserer Auszubildenden finden an- achten ist auch, dass Schulabgänger oft über Lücken ernst genommen. Einzelne Bürgervertreter werden von Regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen und der Aus- schließend einen Berufseinstieg in einer der Gesellschaf- verfügen, die unser Bildungssystem nicht geschlossen nahezu allen Bereichen um ihre Mitwirkung gebeten tausch mit anderen Bewohnervertretungen findet statt. ten der ESN. Einige der Fachschüler erhalten jährlich ein hat. Geeigneten Bewerbern wollen wir künftig helfen, und nehmen diese Angebote auch mit viel Engagement Durch die Mitarbeit in den Behindertenbeiräten der Stipendium. Das bedeutet, dass sie einen Arbeitsvertrag solche Mängel zu bewältigen. wahr. Stadt Braunschweig und des Landkreises Wolfenbüttel erhalten, ihnen Qualifizierung ermöglicht wird oder Wir sind also offen für Auszubildende, die Freude an Eine gute Vor- und Nachbereitung ist notwendig, um setzt sich die BV auch über das Dorf Neuerkerode hinaus dass ihnen eigenverantwortlich ein Projekt anvertraut ihrem Beruf haben, denen Vernetzung und Kommunika- dieser Aufgabe gerecht zu werden. für die Belange von Menschen mit Behinderung ein. wird. Viele der Fachschüler erhalten in der Wohnen und tion wichtig ist und denen es Spaß macht, sich in Neuer- Betreuen GmbH eine Anstellung. kerode ausbilden zu lassen und hier zu arbeiten. 08 09
Fachwissen und Erfahrungsaustausch Stefan Bittner >H eilerziehungspfleger und Fachpädagoge in der Erwachsenenbildung Lernen ist wie Rudern gegen den Strom – sobald man Kommunikation und Deeskalation aufhört, treibt man zurück. „Wer wird denn gleich in die Luft gehen …?!“ > Von Antje Paul, Fortbildungsreferentin > Fotos: Erwachsenen- bildung, Stephan Querfurth Ein aktuelles Fortbildungsthema ist das Deeskalations- training „PART®“ (Professionell Assault Response Training). Fortbildungen für Mitarbeitende werden in der Unter- Ziel ist es, dass jeder Mitarbeitende das Lernangebot Dieses in Kalifornien entwickelte und weltweit bewährte nehmensgruppe umfangreich gefördert und von den erhält, das ihm hilft, die Qualität seiner Arbeit weiter- Training stärkt Mitarbeitende im Umgang mit Konflikt- Mitarbeitenden gut angenommen. Im vergangenen zuentwickeln. So benötigt z.B. ein neuer Kollege ein und Krisensituationen. Jahr sind mehr als 2.300 Anmeldungen zu rund 200 Seminar zur Kommunikationsförderung bei Menschen Überall, wo viele Menschen aufeinandertreffen, sind Kon- Angeboten in der Neuerkeröder Fortbildung eingegan- mit Behinderung, damit er sich mit den von ihm betreu- flikte und Krisen möglich – je professioneller Mitarbeiten- gen. Mitarbeitende aus allen Geschäftsfeldern haben ten Menschen durch Gebärden verständigen kann. Eine de handeln, desto besser können Auseinandersetzungen gemeinsam ihr Fachwissen vertieft und sich durch den Mitarbeiterin der Verwaltung besucht einen Compu- vermieden oder deeskalierend beeinflusst werden. Nachwuchsförderung: Stipendiatenprogramm Erfahrungsaustausch mit Kollegen anregen lassen. terkurs zu einer neuen Software und eine Kollegin aus der Seniorenhilfe vertieft ihr Wissen über pflegerische In der Unternehmensgruppe werden seit 2011 mehrtägige Besonders qualifizierte AbsolventInnen der Fachschu- Die Angebote finden überwiegend in den eigenen Fort- Grundlagen und rückenschonendes Arbeiten. PART®-Grundkurse durchgeführt, mittlerweile wurden fast le für Heilerziehungspflege werden im Rahmen des bildungsräumlichkeiten mitten im Dorf Neuerkerode Neben fachbezogenen Fortbildungen werden auch 500 Mitarbeitende geschult. Im Fokus der Kurse stehen die „Stipendiatenprogramms“ gefördert, um anspruchsvolle zu vielfältigen Themen statt. Von pädagogisch-psycho- Themen der Personalentwicklung gefördert, welche Themen Würde und Sicherheit, Professionalität, Krisen- Projekte oder auch Führungsaufgaben übernehmen zu logischen Inhalten über medizinisch-pflegerische bis persönliche und soziale Kompetenzen betreffen, z. B. kommunikation und Verhalten im Notfall. Durchgeführt können. Sie erhalten Leistungen zur Weiterbildung und hin zu Themen wie EDV und Recht wird alles geboten. Gesprächsführung, Teamarbeit und Zeitmanagement. werden die Kurse von eigens ausgebildeten praxiserfahre- werden über mehrere Jahre kontinuierlich begleitet und Im Programm finden sich Vorträge und Workshops, ein- Das Jahresprogramm ist im Internet verfügbar, Gäste nen TrainerInnen. beraten. und mehrtägige Seminare sowie Kurse. sind willkommen. Auch für diese als „PART®- Inhouse -Trainer“ zertifizierten Stefan Bittner ist einer der zurzeit 10 Stipendiaten der KollegInnen ist regelmäßige Fortbildung selbstverständ- Unternehmensgruppe: lich, um Inhalte und Methoden der Kurse bedarfsgerecht „Im Sommer 2010 habe ich meine Ausbildung an der weiterentwickeln zu können. Fachschule für Heilerziehungspflege abgeschlossen. Als Stipendiat bekam ich direkt im Anschluss eine Stelle in > Grundkurs Kinästhetik : Ausbildungs- der Erwachsenenbildung und das Angebot zur Weiterbil- zertifizierung im Thereseinhof Goslar. dung zum Fachpädagogen der Erwachsenenbildung für Menschen mit geistiger Behinderung. Diese sechswöchige Weiterbildung fand in Ludwigsha- fen und Marburg statt. Schwerpunkt war die Planung und Durchführung mehrtägiger Bildungsangebote für Menschen mit geistiger Behinderung. In der Abschluss- arbeit habe ich mich mit dem Thema Inklusion in der Erwachsenenbildung auseinandergesetzt. Als Fachpädagoge der Erwachsenenbildung biete ich nun in Neuerkerode Kurse für Menschen mit geistiger Behinderung an. Auch Projektarbeiten und die stellver- tretende Begleitung der Bürgervertretung zählen zu meinen Aufgaben.“ >Ü bungen zum deeskalierenden Verhalten in der Trainerausbildung PART® 10 11
Praxisorientierung ist unser Schwerpunkt. Alle drei Mentoren empfinden das Arbeiten mit Schülern als große Bereicherung. Dieses zeigt sich in einem außerordentlich hohen Welchen Aufwand muss ein Mentor in einem Jahr für Praxisanteil während der Ausbildung. Die SchülerIn- den Schüler betreiben? Laura Ragus: „Natürlich ist es nen arbeiten regelmäßig für zwei Tage in der Woche in wichtig, die Schüler in Arbeitsprozesse einzuführen und ihrer jeweiligen Praxisstelle. Ergänzt wird dieses durch Grundlagen zu erklären und den Kontakt zur Fachschule einen 4-wöchigen Praxisblock pro Ausbildungsjahr. Der zu halten, z.B. durch die Teilnahme am Mentorentreffen, Arbeitsbereich wird jedes Jahr gewechselt, um vielfältige was mir bei meiner Tätigkeit sehr hilft.“ Erfahrungen zu ermöglichen. Zusätzlich führt unter- richtsbegleitende Projektarbeit dazu, dass viele theore- Zweimal im Jahr werden die Mentoren von den Praxis- tische Inhalte in der Praxis direkt beobachtet, umgesetzt lehrkräften zu Gesprächen eingeladen, bei denen die und erprobt werden können. Von Seiten der Schule jeweils relevanten Inhalte für die Praxis besprochen erfolgt die Betreuung in der Praxis durch eine Praxis- werden. Hier wird Raum geboten für Austausch, offene lehrkraft, seitens der Praxisstelle steht eine Fachkraft Fragen und Anregungen zur Weiterentwicklung des als Mentor zur Seite. Mentoren haben eine zentrale Praxiskonzeptes. Die jährliche Mentorenfortbildung Bedeutung für die praktische Ausbildung: Die Fachschu- unterstützt neue Mentoren bei der Vorbereitung auf ihre le ist auf engagierte Mitarbeitende in der Praxis ange- Tätigkeit und schafft Einblicke in theoretische Unter- wiesen, da diese die SchülerInnen mit ihren Erfahrungen richtsinhalte. Einmal im Jahr planen die SchülerInnen in und ihrem breiten Wissen begleiten, unterstützen und der Praxis ein didaktisch-methodisches Angebot. Dieses anleiten. Über sie erfolgt auch der Austausch mit den ist individuell und bedürfnisorientiert auf Menschen ih- PraxislehrerInnen der Fachschule. rer Praxisstelle zugeschnitten. Auch hier sind die Mento- Michaela Paul, Praxislehrerin, war mit drei Mentoren im ren gefragt: Hilfe bei der Themenfindung, Begleitung bei Gespräch. „Ich kann mich durch diese Tätigkeit weiter- der Durchführung und der anschließenden Reflektion. entwickeln“, antwortet Laura Ragus auf die Frage, was sie an der Rolle der Mentorin reizt. Für Helge Nolte-Be- > cker ist die Tätigkeit des Mentors ganz klar ein Teil seiner Arbeit. „Durch das Erklären und Anleiten der Arbeitsab- läufe reflektiere ich mich immer wieder selbst“, so Nolte- Becker. „Durch die vielen Jahre in der Wohngruppe ver- liert man manchmal den Blick für Kleinigkeiten. Durch Fragen der Schüler wird dieser wieder geschärft!“, sagt Viola Wessel. „Gerade sehr interessierte und engagierte Theorie und Praxis: Hand in Hand Schüler“, so Nolte-Becker, „ die auch theoretisch Gelern- tes aus der Schule mit in die Praxis einbringen, können dafür sorgen, dass dieses Einfluss auf das Konzept der Die Heilerziehungspflege-Ausbildung ist bunt und Wohngruppe haben kann.“ vielseitig, genau wie der Beruf selber. > Von Michaela Paul, Praxislehrerin und Annegret Jäkel, Schul- leiterin > Fotos: Nike Bollok, Fachschule Durch die „Orte zum Leben“ der ESN bietet sich den und Kommunikationsfähigkeit sowie die Bereitschaft Schülerinnen und Schülern der Fachschule für Heiler- zur Verantwortungsübernahme. ziehungspflege ein interessantes Arbeitsfeld: Assistenz, Wir legen an unserer Schule großen Wert auf fachliche Beratung, Begleitung und Pflege der Menschen findet Qualität. Unsere Lehrkräfte kommen aus der Praxis und > Das A und O sind die Mitarbeit der in Wohngruppen, Kindertagesstätten, Förderschulen, bringen aktuelle Themen ein. Unser Ziel ist es, in einer Werkstätten aber auch im ambulanten Bereich statt. angenehmen Lernatmosphäre Entwicklungsprozesse SchülerInnen im Team und die gute zu initiieren und diese soweit zu begleiten, dass kom- Beziehung zu den Menschen, die hier leben! Die Ausbildung erfordert ein hohes Maß an Kreativität petente und selbstbewusste Fachkräfte unsere Schule und sozialen Kompetenzen wie Einfühlungsvermögen verlassen. Viola Wessel, Wohngruppe Weidenweg 5 12
> Mentor sein bereichert meine Tätigkeit! Helge Nolte-Becker, Wohngruppe Schusterweg 9 Lernorte öffnen Dass Theater als Ort kultureller Bildung. > Martin von Hoyningen Huene, Regisseur und Autor, Leiter des Theaterpädagogischen Zentrums für Braunschweig und die Region > Foto: Stephan Querfurth In Deutschland wurde Theater seit der Aufklärung eben Wenn wir das geschafft haben, wenn wir uns einordnen zu diesem Zweck gemacht: die Besucher aufzuklären. können in diese Welt der Werte und der Arbeit, dann Wichtig ist es, solche Lernorte zu öffnen, so dass nicht haben wir eine Menge gelernt. Und wenn wir dieses > Schüler bringen frischen nur die Menschen davon Nutzen ziehen, die ohnehin mit erworbene Wissen nach außen bringen, damit sich auch Wind in die Arbeit! Bildung versorgt sind. Diese Öffnung ist eine zentrale unsere Zuschauer in diese Relation setzen können, ist Aufgabe des neuen Theaterpädagogischen Zentrums für das Theater seinem Ruf als Bildungsort mehr als gerecht Laura Ragus, Kinderjugendwohngruppe Querum Braunschweig und die Region. Aber es gibt noch einen geworden. weiteren Lerneffekt, der ebenfalls im TPZ genutzt wird: Darum sollten so viele Menschen wie möglich Theater Den für die Mitwirkenden. Im alltäglichen Probenpro- spielen! zess werden Stimme und Sprache trainiert, körperliche Ist der Mentor ganz allein für die Auszubildenden ver- von den Schülern lernen. Es ergeben sich immer wieder Ausdrucksformen ausprobiert, Fantasie und Kreativität antwortlich? bereichernde und interessante Begegnungen.“ gefördert. Selbstbewusstsein und soziale Kompetenzen Viola Wessel: „Auf keinen Fall! Meine Kollegen unter- „Mut gehört schon dazu“, meint Laura Ragus, aber da sind Grundlagen jeder Theaterarbeit. stützen mich sehr gut. Die Schüler können sich jederzeit die Praxislehrkräfte jederzeit erreichbar sind, fühle Manchmal werden sie thematisiert im Stück, wie bei auch an sie wenden.“ man sich nie allein gelassen und so stehe die positive Auch Laura Ragus empfindet die Zusammenarbeit im Herausforderung an erster Stelle. Fragt man nach der den Findlingen, dem Kooperationsprojekt der ESN mit Team als positiv. „Wir tauschen uns im Team regelmä- Zusammenarbeit mit der Fachschule, so zeigen sich dem LOT-Theater (Premiere „Gemeinschaftszimmern ßig über Schüler aus. Meine Kollegen geben während alle zufrieden. Ein gutes Miteinander und ein effizien- / Gem[einsam]sein“ im Juni) oder bei der Nachwuchs- gemeinsamer Dienste ihre Beobachtungen direkt an die ter Austausch sind die Grundlage eines vertrauensvol- gruppe in Neuerkerode mit ihrem neuen Stück zum Schüler weiter.“ So können SchülerInnen natürlich am len Miteinanders. Thema Wünsche“ (Aufführung in Neuerkerode Anfang besten von der Vielseitigkeit eines Praxisteams profitie- Mai). Die beiden Beispiele zeigen schon, dass Theater ren. Und obwohl die Einschätzung der Mentoren über mehr ist als ein Trainingsort: Hier wird geforscht und SchülerInnen sehr ernst genommen wird, vergeben sie recherchiert. Der Probenraum ist ein Laboratorium. keine Zensuren. Das ist Aufgabe der Praxislehrkräfte. Auch das Theater Endlich forscht zurzeit: Das neue Stück Bei der jährlichen Praxisstellenbörse stellen sich enga- heißt „Ich bin wunderbar! (Über unsere Arbeit und unse- gierte Praxisstellen vor und tauschen mit SchülerInnen Wir laden Sie herzlich ein, mehr über unsere ren Wert)“ und wird am 25. April im LOT-Theater Premi- Erwartungen und Wünsche aus. Einig sind sich die Men- Ausbildung, die Mentorentätigkeit oder die ere haben. In der Vorbereitung fragen wir uns: Was hat toren im Gespräch: Motivation ist absolut wichtig! „Selbstkritisch und einfühlsam sein sind meine wei- Fachschule zu erfahren. es auf sich mit der Arbeit? Woher kommt sie? Was heißt teren Erwartungen an einen Schüler“, so Laura Ragus. Sprechen Sie uns an. Inklusion in diesem Zusammenhang? Was kann ich? Wo Für Viola Wessel hat der empathische Umgang mit den kann ich arbeiten? Wie fühle ich mich bei der Arbeit? BürgerInnen und die Zuverlässigkeit der SchülerInnen Was ist an mir besonders wertvoll? www.fachschule-heilerziehungspflege.de einen hohen Stellenwert. Und: Was ist ein Wert? Wie bewerten wir? Auf die Frage, was sie den Auszubildenden gerne mit auf info@fachschule-heilerziehungspflege.de Das sind alles abstrakte Begriffe, die aber so wichtig den Weg geben, antwortet Helge Nolte-Becker: „Immer sind, dass es sich lohnt, sie begreifbar zu machen. wach bleiben und sich inhaltlich immer wieder hinter- Wir erfinden also alte Berufe neu, wir bauen Maschinen, T 05305. 900 23 fragen.“ Und was würden die drei Mentoren anderen besuchen Arbeitsstätten, führen Interviews, bewerten Mitarbeitenden sagen, die selber überlegen, Mentor zu F 05305. 900 25 Tätigkeiten, denken uns Traumberufe aus und machen werden? Bewerbungsgespräche. „Probiert es aus“, so Helge Nolte-Becker, „wir können 14 15
Erik Grothstück Ich will noch viel lernen! > Mit viel Eifer beim Imprägnieren von Insektenhotels. Im Berufsbildungsbereich werden 22 junge Men- Katrin Hartmann sagt von sich, sie sei ein richtiger schen mit Behinderung gefördert. Holzwurm. In ihrer Familie gäbe es einen Tischler und sie habe die Arbeit mit dem Material Holz im Blut. Seit > Von Beate Oertel, Begleitender Dienst der Neuerkeröder Werkstätten GmbH > Fotos: Nike Bollok September 2012 ist sie Teilnehmerin im Berufsbildungs- bereich und wird im Dezember 2014 in den Arbeitsbe- reich der Neuerkeröder Werkstätten GmbH wechseln. Sie ist an allen Arbeitsangeboten interessiert und geht „Ich will noch viel lernen!“ - Mit diesem Satz antwortet mit viel Engagement an neue Aufgaben heran. Sie sei Erik Grothstück mit Nachdruck auf meine Frage, was schon manchmal etwas traurig, sagt sie, weil sie durch er während der Zeit im Berufsbildungsbereich (BBB) ihre starke Sehbehinderung manche Arbeiten nicht erreichen möchte. Da ich in der Neuerkeröder Werkstät- übernehmen könne. Dennoch stellt sie sich immer ten GmbH für den Begleitenden Dienst zuständig bin, wieder neuen Herausforderungen. Diese bestanden spricht er mit mir über seine Erfahrungen, die er wäh- zu Beginn ihrer Zeit im BBB darin, sich in den Kreis der rend des ersten Jahres im BBB gemacht hat. Und was hat Teilnehmenden zu integrieren. Zurzeit nehmen 22 er schon alles geschafft! junge Menschen mit Behinderung an der beruflichen Während des dreimonatigen Eingangsverfahrens hat er Bildungsmaßnahme teil – alles Persönlichkeiten, mit gezeigt, dass er trotz seiner Beeinträchtigungen in der denen sich Frau Hartmann auseinandersetzen musste. Lage ist, verschiedene einfache Aufgaben zu bewältigen. Inzwischen ist sie ein fester Teil der Gruppe, anerkannt Nach der Aufnahme in das erste Jahr des BBB im März und beliebt. Momentan wird mit ihr an ihrer Fein- 2013 konnte er sich bei Konfektionierungsarbeiten für und Grobmotorik gearbeitet. Dazu wird gefilzt. Beim einen Schulbuchversand beweisen. Bei der Herstellung Nassfilzen muss mit viel Kraft gewalkt werden. Für das Herstellen von Filzkugeln, die zum Bespiel für Schmuck Die Neuerkeröder Werkstätten GmbH von Insektenhotels war er für die Holzlasur verantwort- lich. In der Klostergärtnerei Riddagshausen hat er ge- oder zur Dekoration gewendet werden, müssen kleine hat im Braunschweiger Stadtteil Rautheim zeigt, dass er trotz seiner körperlichen Beeinträchtigung Kugeln geformt und in den Handballen fest zusammen- ihren Hauptstandort. Dort werden rund mit viel Freude beim Unkrautrupfen helfen konnte. Und gerollt werden. Wie gewohnt ist Frau Hartmann auch 120 Menschen mit Behinderung im Arbeits- zu den Tätigkeiten, die er erlernt hat, ist ihm noch etwas hier wieder mit vollem Einsatz dabei. Eine willkom- mene Abwechslung ist dann jedes Mal der Besuch von bereich beschäftig. Im Ort Neuerkerode gelungen: nämlich seine Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren, ohne traurig zu sein oder aufzugeben. Tomte, dem Hund eines Bildungsbegleiters, der bald werden in einer Betriebsstätte der Neuer- Gemeinsam erinnern sie sich an seine ersten Berufswün- zu einem Begleithund ausgebildet werden soll. Hier keröder Werkstätten GmbH noch einmal sche. Am liebsten wollte er Pilot werden oder Koch oder zeigt Frau Hartmann ihre sensible Seite. Freundlich und 52 Menschen mit Behinderung, die einen er wollte Eisenbahnen reparieren. Und die beeindru- ruhig begegnet sie Tomte, nimmt ihn selbstverständlich an die Leine und führt ihn in der Frühstückspause auf erhöhten Unterstützungsbedarf haben, ckende Persönlichkeit von Erik Grothstück lässt vermu- dem Gelände der Werkstatt spazieren. Sie könne sich beschäftigt. Katrin Hartmann ten, dass er sein Ziel erreicht hätte – wenn er bei einem Unfall nicht so schwer verletzt worden wäre. Bei der gut vorstellen, auch mal was mit Tieren zu machen, sagt Der Berufsbildungsbereich wird von Beate > Viel Engagement beim Nassfilzen. Erinnerung an seine Wünsche muss er schmunzeln und sie nach ihrer Rückkehr. Aber erst einmal wolle sie in Oertel geleitet. Die Teilnehmenden des Be- erklärt fröhlich: „Na, Pilot kann ich wohl doch nicht wer- der Küche ein Praktikum machen. Hier hatte sie bereits stundenweise reinschnuppern können. Viel Spaß ge- rufsbildungsbereiches sind nach Abschluss den. Mein Arm funktioniert nicht so gut und richtig gut macht habe ihr die Arbeit für die Firma, die Schulbücher ihrer Schulzeit in Förderschulen aus der sehen kann ich auch nicht. Aber ich kann prima kochen – Nudeln, Eier… Vielleicht mach ich ja ein Praktikum in verpackt. Das Zusammenstellen der Materialien sei Region um Braunschweig in den Berufsbil- der Küche.“ Im März 2014 wechselt er in das zweite Jahr ihr leicht gefallen. Aber am liebsten würde sie mit Holz dungsbereich aufgenommen worden. des BBB. Das Erlernte wird durch Wiederholungen ver- arbeiten. Frau Hartmann die Möglichkeit zu geben, sich Der Betreuungsschlüssel liegt bei 1 :6. tieft und die Anforderungen schrittweise erhöht. Man auch in diesem Bereich ausprobieren zu können, wird die nächste Herausforderung für ihren Bildungsbeglei- Zurzeit wird die Förderung durch vier Bil- kann gespannt sein, welche Fähigkeiten durch weitere Praktika – das nächste vielleicht in der Küche - entdeckt ter werden. dungsbegleitungen gewährleistet. werden. 16 17
Mit Spaziergängen zur Toleranz Wo sich Luchs und Eule gute Nacht sagen Bildung ist Voraussetzung für Akzeptanz und Berufliche Perspektiven im Naturwerk der Diakonie- Toleranz in der Evangelischen Kindertagesstätte Gemeinnützige Gesellschaft mbH. Peter und Paul. > Von Marcel Fischer und Lutz Müller, Fachanleiter im Naturwerk > Von Sarah Kanzler und Inna Wolf > Foto: Agentur Hübner > Foto: Nike Bollok Theo, knapp zwei Jahre, sitzt auf dem Schoß einer ihren Möglichkeiten und Stärken an Aktionen und Akti- „In der Wildnis des Harzes mit den Teilnehmern einer Erzieherin und beobachtet aufmerksam das Gesche- vitäten teil. Die Kinder erfahren Einbindung in das Dorf, Qualifizierungsmaßnahme eine berufliche Perspektive hen im Sitzkreis. Dort nehmen andere Kinder gerade indem sie im Frühjahr beispielsweise Blumen aus der zu entwickeln, ist unser Auftrag“ sagt Marcel Fischer nacheinander aus einer Box sogenannte „Nuggets“, Gärtnerei holen und diese auf dem Außengelände in die Fachanleiter im Naturwerk. kleine, bunte Steinchen, heraus und erzählen in diesem Beete pflanzen oder als Tischdekoration aufstellen. Die lange Bergbautradition des Harzes hat ein einzigar- Zusammenhang etwas über sich. Diese Übung dient tiges System von Teichen und wasserwirtschaftlichen dazu, das sprachliche Ausdrucksvermögen und die Kom- Sie erleben Begegnungen bei den Spaziergängen durch Anlagen hinterlassen, die „Oberharzer Wasserwirt- munikation untereinander zu fördern. Nachdem jedes das Dorf Neuerkerode. Dadurch besteht für Kinder, schaft“, ein anerkanntes Unesco-Kulturerbe. Nicht nur Kind seinen „Nugget“ gelegt hat, singen alle das Lied „Im Bürger und Mitarbeiter die Gelegenheit, sich zu treffen die Teiche, auch die zahlreichen touristischen Einrich- Märzenwald“. und Erfahrungen miteinander zu sammeln. In diesem tungen, die Wasserwanderwege, werden durch das Sinne findet Inklusion nicht nur durch Begegnung von Naturwerk gepflegt. Zentraler Standort ist hierfür der Neben der alltäglichen Förderung von Kindern mit und Kind zu Kind, sondern auch von Kind zu Erwachsenem Theresienhof in Goslar, einer Altenpflege Einrichtung der ohne Behinderung, bietet auch die Kreissituation den statt. Die Kinder ebenso wie dei Erwachsenen lernen die Evangelischen Stiftung Neuerkerode. Kirsten Bittner, die Rahmen für Bildung, z.B. das Kennenlernen christlicher Unterschiedlichkeit und Einzigartigkeit von Menschen Geschäftsführerin, sagt, dass die Belebung der Einrich- Festlichkeiten, Rituale und kultureller Werte. Das bedeu- kennen, entwickeln ihre eigene Art der Akzeptanz und tung durch weitere Angebote der Unternehmensgruppe tet für uns Inklusion: Alle Kinder nehmen entsprechend Toleranz und den Umgang bei künftigen Begegnungen. eine wichtige soziale Rolle trüge. Die Maßnahmeteilnehmer, vom Jobcenter vermittelt, können je nach Fähigkeiten die Arbeiten wählen. Das Team muss Sichtachsen freischneiden, Striegelhäuser streichen und alte Gräben instand halten. Ein vielseiti- ger Arbeitstag vor einmaliger Kulisse. Durch gründliche Einweisungen an Maschinen und Ge- räten, Erste Hilfe-Kurse und regelmäßige Fortbildungen für die Mitarbeiter wird die Arbeitssicherheit gewähr- leistet. Ab und zu gibt es auch besondere Arbeitseinsät- ze; wenn z. B. ein Baum im Bereich der Wanderwege ent- fernt werden muss. Die Teilnehmer gewinnen wichtige Einblicke in forstwirtschaftliches Arbeiten. Im gesamten Naturwerk werden rund 85 Personen an 4 Standorten betreut. An frischer Luft können sich diese Menschen, die oft multiple Probleme aufweisen, er- proben und ausprobieren. Fachlich versierte Anleitung, gute Qualifizierung und ein offenes und wertschätzen- des Miteinander von Mitarbeitern und Teilnehmern sind der Schlüssel zum Erfolg. In Braunschweig-Riddagshausen ist die Grünpflege schon seit 2002 in Zusammenarbeit mit Kirchengemein- de, Diakonischen Werk und der Stadt Braunschweig er- folgreich tätig. Ein weiterer Standort befindet sich in der Gärtnerei des Lukas-Werkes in Salzgitter-Ringelheim. 18 19
Echt lecker! Gesundes und leichtes Kochen in der Erwachsenenbildung. > Von Birthe Oelgeklaus > Fotos: Birthe Oelgeklaus Emsiges Klappern von Töpfen und Tellern dringt durch Zwiebeln schneiden ist schon längst keine Herausfor- Die Butter zischt in der heißen Pfanne, Zwiebel, Möhren den kleinen Flur. Hände werden gewaschen und Schür- derung mehr – routiniert schnippelt Roland Lenz feine und Sellerie erfüllen die Küche mir würzigem Aroma und zen umgelegt, reicht das Band nicht um den Bauch, Stückchen, die eine oder andere Träne rinnt dennoch draußen prasselt der Regen gegen die Fensterscheibe. wird sich gegenseitig beim Zubinden geholfen. In der über die Wange. „Den Lauch schneidet man hier bis zur Nachdem das Gemüse angeschwitzt ist, wird mit Brühe Küche der Erwachsenenbildung stehen sechs am Kochen Mitte ein. Wenn man die Blätter nun nach hinten biegt, abgelöscht und mit Salz und Pfeffer gewürzt. Während interessierte Neuerkeröder und betrachten neugierig öffnet sich die Lauchstange wie ein Fächer und man das Gemüse kocht, wird aufgeräumt, Brettchen, Messer einen Weidenkorb mit den Zutaten. Diesen hat Daniel kann auch die Zwischenräume auswaschen“, veran- und Schalen für den Abwasch gestapelt und der Biomüll Schwerdtfeger, Koch bei den Neuerkeröder Wirtschafts- schaulicht Marina Weilbier, „und dann schneiden wir in den Kompost im Garten gebracht. Auch Abfallkunde betrieben, mitgebracht. ihn in feine Ringe“. gehört in den Hauswirtschaftsunterricht. Bunte Plakate Jakob Licht schneidet die Möhren klein und gibt sie zu an den Wänden zeigen, welcher Abfall in welche Müll- „Heute kochen wir einen leckeren Gemüseeintopf“, den Kartoffelstückchen. „Die Möhren sind aber lecker!“, tonne gehört. In einem Holzregal ist eine Ernährungspy- erklärt Marina Weilbier, Hauswirtschaftsanleiterin in sagt Christian Könnemann, der heimlich genascht ramide nachgebaut, die den täglichen Nährstoffbedarf der Erwachsenenbildung. „Der passt heute aber gut hat. „Das sind die Bio-Möhren vom Lindenhof aus dem veranschaulicht. zum grauen Wetter“ freut sich Carla Blumenschein und Nachbarort, die haben immer tolles Gemüse“, erläutert schnappt sich schon mal die Kartoffeln, um sie zu wa- Marina Weilbier und nimmt auch ein Scheibchen. Marga Kolm hat schon wieder den Putzlappen in der schen. Und dann geht es eifrig ans Schnippeln. Jetzt will jeder kosten. Hand und wischt schnell Tische und Arbeitsflächen ab. Die anderen decken den Tisch. Manuel Graunitz öffnet vorsichtig die Dose mit den Bockwüstchen, wer mag kann damit seinen Eintopf verfeinern. Kurz bevor das Gemüse fertig ist, werden diese in nicht kochendem Wasser erhitzt. Zum Schluss kommt noch frische Peter- > Seminare der Erwachsenenbil- silie in den Eintopf. Endlich fertig, der köstliche Duft hat Im Rah men de dung bedeuten individuelle Wei- alle hungrig gemacht. stand d s Progje as beb ktes en „Neuer ilderte t- terentwicklung kerode Ko chbuch Gemütliches Raunen ist zu vernehmen, die dampfenden kocht!“ Teller stehen auf dem Tisch und alle langen kräftig zu. „Echt lecker!“, lobt Carla Blumenschein die gemeinsame Arbeit und alle stimmen nickend zu – schließlich hat jeder gerade den Mund voll. Der Kurs zum Energetischen Kochen Nach der Stärkung geht es gemeinsam an den Abwasch. ist eins von vielen Projekten aus dem Dass auch hier jeder bis zum Schluss hilft, ist Ehrensache. Aktionsjahr Energie und Umwelt, dass die Die Erwachsenenbildung ist bereits seit 1977 in Neuer- Evangelische Stiftung Neuerkerode 2013 kerode fest verankert. Die Bürgerinnen und Bürger kön- ausgerufen hat, um Bürgerinnen, Bürger nen selbstständig aus einem inhaltlich und methodisch differenzierten Angebot von Tages- und Abendkursen, und Mitarbeitende zu einem verantwor- Seminaren und speziellen Veranstaltungen auswählen tungsbewussten und nachhaltig wirksa- und sich im Sinne von Autonomie, Partizipation und men Umgang mit Ressourcen anzuregen. Lebensqualität persönlich weiterentwickeln. Dazu werden ihre Wünsche und Bedürfnisse weitestgehend berücksichtigt. 20 21
Arbeits- und lebensweltbezogene Bildungsangebote In der Neuerkeröder Tagesförderung finden Menschen mit individuellen Fähigkeiten vielfältige Wenn alles klappt, soll Angebote. der neue Berufsbildungs- > Von Sabine Drewes, Begleitender Dienst der Tagesförderung Die Gruppen der Tagesförderung sind über den ganzen Ort Neuerkerodes verteilt. So unterschiedlich, wie sich > Fotos: Nike Bollok bereich im September In den Vorgaben der UN-Konvention wird ein inklusi- die Menschen und die einzelnen Gruppen darstellen, sind auch die Angebote: In der Gärtnerei werden Pflan- 2014 seinen Betrieb ves Bildungssystem und somit Bildung und Zugang zur zen pikiert und umgetopft, Blumensträuße werden Arbeit für alle Menschen gefordert. zusammengestellt und im Blumenladen zum Verkauf aufnehmen. Lässt sich dieser Anspruch der UN-Konvention auf in- angeboten, je nach Jahreszeit fallen verschiedenste Auf- klusive Berufsbildung mit den Erfahrungen der Alltags- gaben an und machen Natur und Umwelt erfahrbar. In realität von Menschen, die aufgrund ihrer Beeinträch- der Villa Luise werden Skulpturen, Bilder und Keramikar- tigungen nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder beiten gefertigt, in anderen Gruppen werden beispiels- in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) tätig weise kleine Holzboote hergestellt, aber auch leichte sein können, in Bezug setzen? Wie kann der geforderte Montage- und Sortierarbeiten für regionale Hersteller Wieso Wolfsburg? Der Anstoß zu den ersten Überlegun- Bildungsanspruch möglichst lebensnah im Rahmen der sowie Beschäftigungs- und basale Angebote finden gen wurde durch Anfragen von Angehörigen gegeben, Tagesförderung umgesetzt werden? Fragen und Heraus- ihren Platz in den Gruppen der Tagesförderung. die sich an das Wolfsburger Büro des Familienentlasten- forderungen. Die Erfahrung, selbst etwas zu bewirken, sowie eigen- den Dienstes (FED) der Wohnen und Betreuen GmbH der ständiges und gemeinschaftliches Tun führen zur Evangelischen Stiftung Neuerkerode gewandt hatten. Ziel der Tagesförderung ist es, in einem „zweiten Lebens- Entwicklung persönlicher Fähigkeiten und stärkt das Welche Maßnahmen stehen den Schülerinnen und raum“ arbeits- und lebensweltbezogene Bildungsange- Selbstwertgefühl. So finden alle ihren Platz in der Schülern nach Abschluss der Förderschule zur Verfü- bote vorzuhalten, die so gestaltet sind, dass sie an die Gemeinschaft, jeder leistet, was er kann. Die Selbst- gung? Gibt es eine Alternative zum Angebot der Lebens- individuellen Ressourcen und Bedürfnisse des Einzelnen ständigkeit wird unterstützt und die Teilhabe als auch hilfe Wolfsburg? Man setzte sich zusammen. Thorsten angepasst sind; zudem vermittelt eine klare, überschau- die Entwicklung zu einem Übergang in ein berufliches Radon, Leiter des FED in Wolfsburg, und Mark Napie- bare Tagesstruktur Sicherheit und Verlässlichkeit. Leben ermöglicht. ralski, Bildungsbegleiter des Berufsbildungsbereichs, begannen damit, den Bedarf zu ermitteln. An einem Elternabend der vor Ort ansässigen Förderschule wurde teilgenommen. Kontakte zu Betrieben und Einrichtun- gen wurden geknüpft um abzuklären, ob grundsätzlich die Bereitschaft zu Kooperationen vorhanden ist. Bedarf ist da Die Informationen wurden zusammengetragen und ausgewertet. Nun geht es in die weitere Planung. Vorbereitende Gespräche mit dem Kostenträger wur- Neuerkeröder Werkstätten eröffnen Berufsbildungs- den geführt. Die Suche nach einem geeigneten Objekt bereich in Wolfsburg. hat begonnen. Der Kontakt zur Lebenshilfe Wolfsburg >Von Beate Oertel, Begleitender Dienst der Neuerkeröder wurde aufgenommen. In einem ersten Austausch war es Werkstätten GmbH >Foto: Nike Bollok wichtig zu klären, dass sich die Neuerkeröder Werkstät- ten GmbH mit einem ausgelagerten Berufsbildungsbe- Der Berufsbildungsbereich (BBB) der Neuerkeröder reich in Wolfsburg als Ergänzung zum bereits bestehen- Werkstätten GmbH möchte in diesem Jahr ein neues den Angebot der Lebenshilfe verstehen. In angenehmer, Angebot realisieren. In Wolfsburg wird nach einem ge- professioneller Atmosphäre sind erste Ideen diskutiert eigneten Mietobjekt gesucht, das Platz für zwei ausge- worden, wie zukünftig eine den Bedürfnisse von Men- lagerte Gruppen des Berufsbildungsbereichs mit je sechs schen für Behinderung entsprechende Kooperation Teilnehmenden bieten soll. zwischen beiden Anbietern gestaltet werden kann. 22 23
Poesie weckt Einnerung Schlüsselkompetenzen erlernen „Weckworte für Menschen mit geistiger Behin- Autismusspezifisches Wohnen und Lernen in derung und Demenz“ ist ein Kooperationsprojekt Königslutter. zwischen der Stiftung Neuerkerode und der Hoch- > Von Birthe Oelgeklaus > Foto: Nike Bollok schule für angewandte Wissenschaften Ostfalia. > Von Stephan Querfurth >Foto: Stephan Querfurth Im August 2013 hat die Neuerkeröder Wohnen und Be- treuen GmbH ein spezielles Angebot für Menschen mit Eine Stunde lang Poesie, Lyrik, Verse, Kalauer. Es ist gen daraus in die Arbeit mit behinderten Menschen Autismus-Spektrum-Störung in Königslutter eröffnet. ein Gang mit Gedichten durch einen Stuhlkreis älterer eingebracht, besonders mit denen, die dementielle Dies ist ein neues Projekt in Kooperation mit der Lavie Menschen. Mehr aber noch ein Weg hin zur Erinnerung. Veränderungen aufweisen. An einem Workshop mit gGmbH, Anbieter für zielgruppenspezifische berufsvor- Zuhörer sind eine Gruppe von Menschen aus Neuer- Ruppel nahmen Mitarbeiter der Evangelischen Stiftung bereitende Bildungsmaßnahmen (BvB). kerode mit dementiellen Veränderungen. „Weckworte Neuerkerode teil. Neben rhetorischer Schulung erfuhren Das Konzept richtet sich an Autisten ab 18 Jahren mit ei- für Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz“ sie neben Rhythmisierung und Reimschemen viel über nem Entwicklungsniveau, das einen Übergang in selbst- nennt sich das Forschungsprojekt das die Evangelische Wirkungen von Inhalt und Emotion bei der Zielgruppe. Stiftung Neuerkerode und Studierende des Fachbe- „Für viele Menschen ist da ein Wiedererkennungspoten- bestimmtere Wohnformen und eine Integration in die reiches Soziales an der Ostfalia in Zusammenarbeit tial durch einzelne Worte vorhanden, das wiederum As- Arbeitswelt zulässt. Die jungen Erwachsenen sollen in durchführen. soziationen und Erinnerungen an die Kindheit auslösen die Lage versetzt werden, neben den Anforderungen des Leiterin des Forschungsprojektes ist Professorin Sandra kann“, berichtet Roland Kremer, einer der Neuerkeröder Arbeitslebens einen Haushalt eigenständig zu führen, Verena Müller von der Osfalia. „Das übergeordnete Ziel Mitarbeiter, der sich zusammen mit Michaela Fritz und soziale Kontakte aufzubauen und zu pflegen sowie des Forschungsprojektes besteht in der Steigerung der Elke Korytowsky in dieser poetischen Arbeit bei Lars einen Ausgleich durch die Wahrnehmung von Freizeit- Lebensqualität von Menschen mit geistiger Behinderung Ruppel fit gemacht hat. aktivitäten zu finden. und Demenz, um ihnen ein würdiges Altern unter sozia- Studierende der Ostfalia beobachten aufmerksam, Bewohner, die noch nicht einer geregelten Arbeit ler Teilhabe zu ermöglichen“, sagt die Wissenschaftlerin. notieren und registrieren die Reaktionen der Neuer- nachgehen, werden durch die Lavie gGmbH betreut. Das Projekt, das eine Vorreiter-Stellung in der Erprobung keröder Bürger. Eine Videokamera zeichnet jeweils die Die Lavie-Reha hat sich auf Menschen mit psychischen von Instrumenten im Rahmen der Demenzdiagnostik Veranstaltung auf. Gelingt es, das Langzeitgedächtnis zu Erkrankungen und Behinderungen spezialisiert und einnimmt, beruht auf Erfahrungen des Slam-Poeten Lars aktivieren, lassen sich Assoziationsketten auslösen, was verfügt über langjährige Erfahrung und umfassende Ruppel. Der Ursprung liegt im Poetry-Slam, modernen sagt die Körpersprache aus? All das wird später analy- Dichterwettkämpfen. Lars Ruppel hat seine Erfahrun- siert und fließt in das Forschungsprojektes ‚Leben mit Kenntnisse in der Akut- und Rehabilitationsarbeit. geistiger Behinderung und Demenz‘ mit ein. Um junge Menschen mit Autismus-Spektrum Störung auf die wachsenden Anforderungen in der Arbeitswelt vorzubereiten, bedarf es auch der Entwicklung und Förderung von berufsübergreifenden Schlüsselkompe- > Rezitation und Erinnerungen tenzen. Gerade in diesem Bereich liegen bei den Teil- bedeuten neue Wege in der Demenz- diagnostik In Kooperation mit nehmern häufig Defizite vor. Hinzu kommt die Schwie- regionalen Betrieben rigkeit, dass junge Menschen mit Autismus-Spektrum Störung allgemeine soziale Regeln im Alltag und am ergeben sich neue Arbeitsplatz häufig nicht automatisch erkennen und diese erst erlernen müssen. Ziel der Berufsvorbereitung Perspektiven der ist die Integration in Ausbildung oder Arbeit. Neben der Förderung berufsübergreifender Grundqualifikationen Zusammenarbeit. beinhaltet die BvB auch Teile einer Berufsausbildung. Die enge Zusammenarbeit mit der regionalen Wirt- schaft soll neben der Aufklärung über die Behinderung, den Betrieben deutlich machen, welche Bereicherung die Beschäftigung für sie bedeuten kann, da die Teilneh- menden meist in den Bereichen Pünktlichkeit, Zuver- lässigkeit, Ehrlichkeit und Regeleinhaltung kaum zu überbieten sind. 24 25
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