VonWegen - (Über)Leben im Netz - Stadtmission Freiburg

 
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VonWegen - (Über)Leben im Netz - Stadtmission Freiburg
3 |19 | E 9313

von
        Wegen                  Evangelische
                               Stadtmission
                               Freiburg e.V.

(Über)Leben im Netz
www.stadtmission-freiburg.de
VonWegen - (Über)Leben im Netz - Stadtmission Freiburg
Editorial

   Leben in der digitalen Welt
    Als „digital natives” (digitale Eingeborene) bezeichnet man           klare biblische Botschaft. Daran müssen
    Menschen, die in der digitalen Welt aufgewachsen sind. Ihre           sich digitale, christliche Projekte messen
    Generation ist von klein auf mit Computerspielen, WhatsApp            lassen.“
    und Smartphones vertraut.                                             Auch die Stadtmission hat sich in ihrer
    Laut einer UN-Statistik ist die Mehrheit der Weltbevölkerung          unternehmerischen Vision 2021 auf die
    inzwischen im Internet, das heißt rund vier Milliarden Men-           Fahne geschrieben, eine offensive Aus-
    schen sind online. Weiter wurde festgestellt, dass sich rund          einandersetzung mit der Digitalisierung
    zwei Milliarden Menschen mindestens einmal im Monat auf               in allen Bereichen zu leben. Dabei wol-
    Facebook einloggen.                                                   len wir unser christliches Leitbild nicht
    Über das Internet lässt sich mittels der „Social-Media“ weltweit      aus den Augen verlieren.
    kommunizieren. Es werden Infos gepostet, es finden virtuelle          Das Thema Digitalisierung ist in seiner
    Begegnungen, Austausch und Diskussionen statt. Inzwischen             Komplexität also unerschöpflich. Wir
    lernt sich gar jedes dritte Paar im Internet kennen. Folglich hat     hoffen dennoch, Ihnen mit diesem „von-
    fast jeder Aspekt unseres Lebens eine digitale Komponente, um         Wegen“ ein paar Erfahrungen, weiter-
    ihn schneller oder effizienter zu machen, ihn zu automatisie-         bringende Gedanken und Anregungen
    ren oder zu planen.                                                   für Ihr digitales Leben geben zu können.
    Weil die Digitalisierung alle Ebenen der Gesellschaft durch-
    drungen hat, geht es nun darum, wie die Nutzung zu gestalten
    ist und welche Regeln eingefordert werden.
    Nicht nur als Christen bewegt uns die Frage, wo unsere Ethik
    und unsere Werte in dieser allumfassenden Digitalisierung
    gelebt und erhalten werden können. Vorbehalte werden laut,
    wenn wir an künstliche Intelligenz denken, an Roboter in Pfle-
    geeinrichtungen oder Kitas oder an eine immer größere Über-
    wachung der Privatsphäre.
   „Kirche im digitalen Wandel“ heißt ein Prozess, in dem sich
    die Evangelische Kirche Deutschland befindet. Dort wird for-
    muliert: „Die Digitalstrategie der EKD dient dem Auftrag der          Ewald Dengler
    Kirche, in Gegenwart und Zukunft das Evangelium in Wort               Vorstand der Evangelischen Stadtmission
    und Tat zu bezeugen.“                                                 Freiburg e.V.
    Guido Falkenberg, einer der Initiatoren von „Gott@Digital“,
    einer Initiative von Christen aus der digital-medialen Ge-
    schäftswelt, plädiert dafür, allen digitalen Projekten das christ-
    liche Menschenbild zugrunde zu legen. Er sagt: „Als Christen
    sollen wir Menschen dienen, nicht kontrollieren. Das ist eine

   vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                       Seite 2
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                       Ich habe 44 Freunde, alles ist in Butter,
                                                                            h
                       darunter auch mein Kumpel und ein Nachbar
                       meiner Mutter,
                       und heut‘ ist wieder einer dieser wundervollen Tage:
                       Ich bekomm ne brandneue Freundschaftsanfrage!
                       Ich glaub, das ist das Mädel von der Supermarktkasse.
                       Klar, dass ich mir die nicht entgehen lasse…
                       Ist doch super, wenn man in der großen Stadt
                       möglichst viele Freunde hat.

                       Ich hab endlich mal Kontakt zu meinem Bruder und
                       den Neffen.
                       Ich brauche die nicht mal in echt zu treffen.
                       Ich merke, dass ich mich mit vielen besser versteh‘,
                       seit ich sie jetzt gar nicht mehr persönlich seh‘.
                       Doch ich bin über alles bestens informiert:
                       Ich weiß, dass Susi online gegen Walfang protestiert.
                       Nee, was ist das schön, auf ne Demo zu gehen,
                       ohne vom Sofa aufzustehn…

                        Bevor ich morgens schnell bei Facebook reinguck,
                        hab ich keine Ahnung, wie‘s mir geht.
                        Bevor ich morgens schnell bei Facebook reinguck,
                        weiß ich nicht, ob sich die Welt noch dreht.

                                       Ç           |              É
                                                                                            Photo by CoinView App on Unsplash

                           +                                                *

Auszug aus dem Songtext „Facebook“ von den Wise Guys; Musik & Text: Daniel „Dän“ Dickopf.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von meinsongbook Verlag GbR
VonWegen - (Über)Leben im Netz - Stadtmission Freiburg
#thema

                                    Mit

                                 Jesus im WorldWideWeb?
                                    Christliche Verantwortung im Digitalzeitalter
Jonathan Schöps / photocase.de

                                  Seite 4                                           vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
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Ich habe sie noch: die Landkarten,           als Christen heute leben wollen, können
Kochbücher, Reiseführer. Wahrschein-         wir nicht einfach die Bibel aufschlagen
lich finde ich auch noch ein altes Le-       und dort auf alles eine Antwort finden.
xikon, wenn ich lange genug suche.           Viele Fragen der Moderne haben sich
Aber eigentlich haben all diese Bücher       zu biblischen Zeiten schlicht nicht ge-
nur noch nostalgischen Wert. Längst          stellt! Was wir machen sollen, ist aber,
sind sie alle ersetzt durch das Internet.    wach durch die Welt zu laufen, anstatt
Und die Apps auf meinem Smartpho-            einfach nur zu tun, was alle tun.
ne können auch ganz viel. Auf meiner         Ein Bibelwort aus dem 1. Thessaloni-
SmartWatch kann ich morgens sehen,           cherbrief (1. Thess. 5,20) finde ich pas-
wie viele Minuten ich im Tiefschlaf          send zu unserem Thema: „Prüft alles
verbracht habe, und abends, wie viele        und behaltet nur das Gute! Haltet euch
Schritte ich gegangen bin. Die digitale      vom Bösen fern – wie auch immer es
Welt kriecht in alle möglichen Winkel        aussieht.“ Da geht es um eine kritische
unseres Lebens. Internet am Home-PC          Distanz, einen heilsamen Sicherheits-
war gestern. Mobiles Internet, Web           abstand: Prüft alles. Schaut euch die
2.0, Cloud Computing und Internet of         Dinge genau an, macht euch ein Bild
the things ist heute. Ist das gut oder       von Ursachen und (Neben-)Wirkun-
schlecht? Und was wird morgen? Und           gen, von Chancen und Risiken - und
– wie gehen wir damit um? Als Men-           dann fällt ein Urteil. Behaltet und be-
schen, deren Rechenleistung nicht be-        nutzt das Gute, geht dem Bösen und
liebig weiter gesteigert werden kann?        Destruktiven aus dem Weg. Für ein
Als Christen, die in der Verantwortung       christliches Prüfen schlage ich als
vor Gott leben wollen?                       Kriterium das Doppelgebot der Liebe
                                             vor: Du sollst Gott von ganzem Herzen
Kein Internet in der Bibel                   lieben, und du sollst deinen Nächsten
Eine Antwort fällt nicht leicht, denn        lieben wie dich selbst. Daraus könnte
die Worte Internet und Digitalisie-          man einen ethischen Kompass ab-
rung kommen in der Bibel gar nicht           leiten: Ist das, was ich da lese, kaufe,
vor. Jesus hat kein Wort über das In-        schreibe oder tue ein Ausdruck der

                        ““    Die digitale Welt ist wie ein riesiges,
                             verlockendes All-you-can-eat-Buffet.“

ternet gesagt. Übrigens: auch nicht zur      Liebe zu Gott und zu meinen Mitmen-
Atomkraft, zum Autofahren oder der           schen? Wird es ihnen - und ich füge
Präimplantationsdiagnostik. Wenn wir         noch hinzu: der Schöpfung - gerecht?        >>
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#thema         Mit Jesus im WorldWideWeb?
         >>
               Oder ist es herabwürdigend, verlogen, diskriminierend, zer-
               störerisch? Und ist es ein Ausdruck von Liebe zu mir selbst?
               Tut mir das gut?

               Verantwortlich durch die digitale Welt surfen
               Können wir so – mit diesem prüfenden Blick – das Internet
               und die ganze Digitalisierung anschauen?
               Ich will vier Bereiche beleuchten:
               • Die digitale Welt ist wie ein riesiges verlockendes All-you-
               can-eat-Buffet. Es bietet unendlich viel mehr, als wir wirk-
               lich brauchen und uns gut tut. Es raubt Aufmerksamkeit und
               Zeit. Und nicht alles, was da im Angebot ist, ist gesund und
               verträglich. Ich denke, wir müssen lernen, Maß zu halten.
               Online-Zeiten begrenzen. Und uns von den Seiten fernhal-
               ten, die wohl eher ungesund sind: Spiele mit Suchtpotenzi-
               al, Gewaltverherrlichendes, Pornografisches und Seiten, die
               Menschen herabwürdigen und beleidigen.
               • Das Internet hat die Grenze des Privaten deutlich ver-
               schoben. Wir sind heute öffentlicher und durchschaubarer
               als früher. Jedenfalls weiß die eingeblendete Werbung of-
               fensichtlich, womit wir uns beschäftigen. Privatheit ist der
               Raum, in dem wir souverän und unbeobachtet handeln kön-
               nen. Der Ort, an dem eigentlich nur Gott Zugang hat. Wollen
               wir diesen Raum preisgeben und uns ganz veröffentlichen,
               z. B. in den Sozialen Medien? Da ist Vorsicht angesagt, den-
               ke ich!
               • Das Internet hat unglaublich viel Gutes bewirkt. Viel mehr
               Menschen haben Zugang zu viel mehr Wissen als je zuvor.
               Menschen, die sich nie treffen können, kommen dennoch
               miteinander in Verbindung. Unterdrückte finden einen
               Kommunikationskanal, auf dem sie sich bemerkbar ma-
               chen können. Digitalisierung hat aber auch hässliche Seiten:
               Kinderarbeit in den Coltanminen im Kongo, riesige Elektro-
               schrotthalden in Afrika und Asien und einen unglaublichen
               Energieverbrauch. Die Frage ist: Können wir nachhaltiger
               und fairer konsumieren, verzichten, unsere Geräte länger
               nutzen?
               An dieser Stelle auch ein paar Worte zum Online-Handel:
               Das Internet ist ein weltweiter Wirtschaftsstandort. Das Ge-
               schäft machen vor allem globale Branchenriesen. Als Chris-

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#thema
                         ten sollten wir uns fragen: Wem wollen
                         wir unser Geld geben? Dem Einzel-
                         händler in der Innenstadt oder - aus
                         Bequemlichkeit - dem Global Player
                         mit seinen dubiosen Geschäftsprakti-
                         ken?
                         • Das Internet kann uns auch in un-
                         serem Glauben helfen. Nie war der
                         Zugang zu Bibelübersetzungen, On-
                         line-Gottesdiensten, Predigten und
                         christlichen Podcasts leichter. Aber
                         auch hier gilt: Prüfet alles! Anders
                         als in einer Bibliothek sind die Inhalte
                         nicht wohlsortiert, sondern kommen
                         bunt durcheinander: Ganz verschiede-
                         ne Aussagen zum gleichen Suchwort.
                         Fundamentalisten, Sekten und Kirchen
                         äußern sich. Man braucht eine gewisse
                         Kompetenz, um einschätzen zu kön-
                         nen, wer mit welcher Brille und Ab-
                         sicht was behauptet. Kritisches Prüfen
                         ist angesagt.
                         Für uns als Gemeinde ist das Internet
                         ein Segen. Die Homepage ist der digi-
                         tale Schaukasten. Podcasts liefern die
                         Predigten nach Hause, wenn jemand
                         den Gottesdienst verpennt hat. Auf
                         Facebook, via Mailgruppen und News-
                         letter kann Gemeinschaft gepflegt und
                         Verbundenheit erlebt werden. Aber:          Norbert Aufrecht
                         Online-Angebote machen das gottes-          Geschäftsbereichsleiter
                         dienstliche Feiern und die Gemein-          Missionarische Dienste
                         schaft nur scheinbar überflüssig. Ich       der Evang. Stadtmission
                         glaube, dass das Mit- und Füreinander       Freiburg
                         in der Gemeinde elementar zu unserem
                         Glauben gehört und dass wir mehr als
                         eine virtuelle Gemeinschaft brauchen.
                         //

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#thema

Glaube im Netz
            Christliche Internetseiten, empfohlen von der „vonWegen“-Redaktion

            Christinnen und Christen finden im Inter-        chen Themen aus christlicher Sicht ausein-
            net eine Fülle von Websites, die sich mit        andersetzen. Die folgenden Seiten können
            dem Glauben, der Bibel und gesellschaftli-       wir aus eigener Erfahrung empfehlen.

              ekd.de
              Die Website der Evangelischen Kirche in Deutschland bietet Infos rund um die Kirche, den
              christlichen Glauben sowie verschiedene inhaltliche Schwerpunkte.

                                                                           evangelisch.de
 Die Seite enthält Infos und Berichte zu Glaube, Kirche, Politik und Gesellschaft aus evange-
 lischer Perspektive. Sie will eine Orientierung im Glauben bieten, über evangelisches Leben
 informieren und Service-Inhalte anbieten.

              erf.de
              Andachten, Reportagen, Interviews, Rezensionen und mehr zu aktuellen Themen rund um
              den Glauben sowie Links zu weiteren Angeboten von ERF Medien.

                                                                                    jesus.de
 Dieses Informations- und Diskussionsportal richtet sich an Christen aus allen Kirchen und
 Gemeindebünden und darüber hinaus an alle, die am christlichen Glauben interessiert sind.

              bibleserver.com
              Hier ist die vollständige Bibel in verschiedenen deutschen und fremdsprachlichen Überset-
              zungen abrufbar, außerdem der griechische und der hebräische Originaltext. Es können ein-
              zelne Bücher und Verse aufgerufen oder Stichworte gesucht werden.

                         die-bibel.de/ueber-uns/unsere-uebersetzungen/basisbibel
 Die crossmediale BasisBibel ist eine neue, urtextnahe Bibelübersetzung - sprachlich genau,
 aber gut verständlich.

          Seite 8                                                     vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
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losungen.de
                 Hier können die Herrnhuter Losungen und der Lehrtext für jeden Tag aufgerufen werden;
                 dazu gibt es Hintergrundinfos, Serviceangebote und eine Bestellmöglichkeit für die ge-
                 druckten Losungen.
                                                                               bibletunes.de
Bibletunes ist ein deutschsprachiger, kostenloser Bibelpodcast zu verschiedenen Büchern und
Themen der Bibel. Fünfmal pro Woche gibt es eine neue 5-10-minütige Podcastfolge.

                 bibeltv.de
                 Auf der Website des Fernsehsenders Bibel TV finden sich eine Programmübersicht, eine Me-
                 diathek und Hintergrundinfos.
                                                               kirchenjahr-evangelisch.de
Die Seite bietet für alle Feiertage Lesungstexte, Lieder zum Nachhören, Psalmen, Predigttexte
und das vorgelesene Evangelium, außerdem Printmaterialien und Downloads zum Kirchenjahr.

                 mindo-magazin.de
                 Unter dem Motto „Und das Leben wird leichter“ richtet sich dieses Online-Magazin an Le-
                 ser*innen zwischen 35 und 60, die Interesse an seelsorgerlichen und psychologischen The-
                 men, alltagsnaher Lebenshilfe und theologischen Fragen haben.

                                                                  frischetheke-podcast.de
Die Macher dieser Podcast-Seite sind auf der Suche nach der Kirche von morgen. Dafür in-
terviewen sie Menschen quer durch die Republik, die frische Ideen haben und sie schon ganz
konkret umsetzen.

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                 ein Abschlussimpuls am Freitag. Wer sich registriert hat, kann seine Gedanken, Fragen und
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                                                                               worthaus.org
              Ziel der Seite ist es, den aktuellen Diskussionsstand der christlichen Hochschul-
theologie einem breiten Publikum verständlich in Video- und Audiovorträgen zugänglich zu
machen.

                 eh-tabor.de/de/fuer-die-gemeinde/unterwegs-podcast
                 Ein Podcast der Ev. Hochschule Tabor zu verschiedenen Themen des Glaubens und der Bibel.

vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                    Seite 9
VonWegen - (Über)Leben im Netz - Stadtmission Freiburg
Thema
Mrsnikon / photocase.de

                                                      Illusionen und Legenden
                                                          Ein Plädoyer für digitale Mündigkeit

                                                          Seit einigen Jahren herrscht viel Aufre-     rorszenarien von totaler Überwachung,
                                                          gung um die Digitalisierung. Die Medien      vom Zusammenbruch des Arbeitsmarktes,
                                                          sind einerseits voll von Paradieserzählun-   wenn die Roboter uns die Arbeit wegneh-
                                                          gen, dass uns Technik immer besser un-       men oder wir die Kontrolle über die Algo-
                                                          sere Wünsche erfüllen soll, digitalisierte   rithmen verlieren. Leider enthalten beide
                          real444 / istockphoto.com

                                                          Medizin besser Krankheiten heilen kann       Extrem-Erzählungen eine Menge von Spe-
                                                          oder Roboter uns die lästigen Arbeiten       kulationen und Übertreibungen, Illusionen
                                                          abnehmen. Andererseits aber gibt es Hor-     und Legenden.

                                                        Seite 10                                               vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
Die erste Legende ist, dass Digitali-        tun wir gar nicht. Denn Computer
sierung etwas dramatisch Neues ist.          entscheiden nicht. Sie spulen ein Pro-
Stimmt aber nicht, denn sie läuft seit       gramm ab, das von Menschen gemacht
mehr als fünfzig Jahren. PCs haben           wurde, von Informatikern und Inge-
die Büros bereits in den 1980er-Jahren       nieuren unter Vorgaben aus Manage-
erobert, das Internet verbreitete sich       ment, Rechtsabteilung und vielleicht
in den 1990ern. Die
Digitalisierung ist
keine abrupte Revo-
lution, sondern eine
allmähliche Trans-
                                  ““Nicht wir müssen uns fit machen
                                 für die Digitalisierung, sondern wir
                                müssen die Digitalisierung nach unse-
formation. Zweitens              ren Vorstellungen gestalten lernen.“
ist die Illusion zu
nennen, dass die
digitalen Dienstleistungen, etwa Such-       einer Ethik-Kommission. Dort wird
maschinen und so genannte Soziale            entschieden, nicht vom Computer. Der
Netzwerke, umsonst genutzt werden            ist nur ausführendes Organ. Wenn es
könnten. Wenn sie wirklich umsonst           Kontrollverlust gibt, dann nicht gegen-
wären, wie könnte die digitale Welt          über der digitalen Technik, sondern ge-
Milliardäre und große Konzerne her-          genüber den Menschen und Institutio-
vorbringen? Weil wir nicht gewohnt           nen, Unternehmen und Berufsgruppen,
sind, die Preisgabe von Daten als Be-        die diese Technik machen. Dort liegen
zahlvorgang zu begreifen, sehen wir          Macht und Verantwortung, nicht im
nicht, wie teuer erkauft ihre Nutzung        Computer.
ist. Und die dritte Illusion: Die Digita-
lisierung ist umweltfreundlich. Digita-      Digitale Technik wird von
le Geräte verbrauchen kaum Energie,          Menschen gemacht
sind klein und smart. Wenige nur den-        Die fünfte Legende wird gerne aus Tei-
ken an den immensen Stromverbrauch           len von Wirtschaft und Wissenschaft
des Internet, kaum an die ungeheuren         propagiert: dass die Digitalisierung
Mengen Elektronikschrott, die vor al-        eine Art Naturereignis ist, an das wir
lem in afrikanischen Ländern landen,         uns anpassen müssen, und zwar mög-
wo unter übelsten Bedingungen nach           lichst rasch. Aber auch das stimmt
ihren wertvollen Bestandteilen gesucht       nicht, denn digitale Technik wird von
wird. Und wer hat schon im Blick, dass       Menschen gemacht, gemäß ihren Wer-
Raubbau getrieben wird mit raren Roh-        ten und Interessen, angepasst an die
stoffen wie den Seltenen Erden?              Vorgaben des Managements ihrer Fir-
Die vierte Legende ist ebenfalls             ma oder einer Behörde. Daher könnten
schwerwiegend: dass wir mit autono-          sie mit anderen Werten und Interessen
mer Technik, etwa selbstfahrenden            auch anders gemacht werden. Das Ge-
Autos, Entscheidungen über Leben             machtsein der Digitalisierung eröffnet
und Tod an Computer delegieren. Das          den Blick auf ein breites Feld möglicher   >>

vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                   Seite 11
#thema                  Illusionen und Legenden
                >>
                                 Alternativen und Gestaltungsmög-       entwickeln und vor allem dann auch
                                 lichkeiten. Wer behauptet, die Di-     zu handeln. Ich wünsche mir, dass die
                                 gitalisierung sei alternativlos, ka-   Nutzer der digitalen Technologien, also
                                 schiert die einfache Tatsache, dass    wir alle, viel stärker unsere Konsumen-
                                 es viele und unterschiedliche Aus-     ten- und Bürgermacht nutzen, um dazu
                                 prägungen der Digitalisierung gibt,    beizutragen, dass die Digitalisierung den
                                 die uns Auswahl und Handlungs-         Menschen dient. Hier gibt es ungeheure
                                 spielraum eröffnen.                    Potenziale, auch in Bezug auf den Glo-
                                 Schließlich, und in gewisser Weise     balen Süden. Dazu braucht es Bildung
                                  auch zusammenfassend, wird in         und Aufklärung zur Mündigkeit. Sie
Prof. Dr. Armin Grunwald          der öffentlichen Debatte, oft von     darf sich nicht darin erschöpfen, be-
Leiter des Büros für              so genannten Visionären, der Ein-     reits kleinen Kindern die Bedienung von
Technikfolgen-Abschätzung         druck erweckt, die Digitalisierung    Apps zu erklären. Das können die übri-
beim Dt. Bundestag, Profes-       sei eine Art Zweck in sich selbst.    gens meist sowieso. Sondern es geht um
sor für Technikphilosophie        Wir Menschen sollen für die Di-       einen selbstbewussten und kritischen
am Institut für Philosophie       gitalisierung arbeiten und uns an     Blick auf Digitalisierung, um gerade
des Karlsruher Instituts für      sie anpassen. Das ist eine groteske   nicht den Illusionen und Legenden zum
Technologie                       Verkehrung. Denn wir sind analoge     Opfer zu fallen.
                                  Wesen und leben in einer analogen     Mündigkeit kommt nicht ohne ein ge-
                                  Welt. Daran ändert sich auch durch    haltvolles Menschenbild aus. Das hohe
                             Digitalisierung nichts – diese soll das    Menschenbild des Christentums, hoch
                             analoge Leben unterstützen und besser      jedenfalls als Anspruch an uns, droht
                             machen. Digitalisierung ist Mittel zum     jedoch in der digitalen Welt einem Ma-
                             Zweck, nicht der Zweck selbst. Nicht       schinenmodell des Menschen zum Op-
                             wir müssen uns fit machen für die Di-      fer zu fallen. Immer öfter werden Men-
                             gitalisierung, sondern wir müssen die      schen als Computer auf zwei Beinen
                             Digitalisierung nach unseren Vorstel-      angesehen, aber Roboter als die besse-
                             lungen gestalten lernen.                   ren Menschen. Hier läuft etwas anth-
                             Digitale Mündigkeit bedeutet für mich      ropologisch schief. Die Verantwortung
                             vor allem, nicht den genannten Legen-      der christlichen Kirchen sehe ich gera-
                             den und Illusionen hinterherzulaufen,      de darin, diese Herausforderung anzu-
                             sondern ganz im Sinne von Immanuel         nehmen. Die Digitalisierung fragt uns,
                             Kant selbst zu denken. Die Zusammen-       anders als traditionelle Technologien:
                             hänge zu durchschauen, eigene Urteile      Wer bist Du, Mensch?//

                       Zum Weiterlesen:
                       ó   Grunwald, Armin (2019): Der unterlegene Mensch. Die Zukunft der Menschheit ange-
                       sichts von Algorithmen, Robotern und Künstlicher Intelligenz. München

            Seite 12                                                        vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
Hannah Fry
Hello World
Was Algorithmen können und
wie sie unser Leben verändern

Algorithmen prägen in wachsendem
Ausmaß unser Leben. Sie sortieren die
Welt für uns und nehmen uns Entschei-
dungen ab - schnell, effektiv, gründlich.
Aber sie tun das, ohne zu fragen. Das öffnet
Menschen, die uns ausbeuten wollen, Tür
und Tor. Es verhindert aber auch, dass wir
bessere Algorithmen bekommen. Solche, die
uns bei Entscheidungen unterstützen, anstatt über uns zu
verfügen. Demokratische, menschliche Algorithmen. Da-               Craig Groeschel
für plädiert dieses Buch - zugänglich, unterhaltsam, hoch-
                                                                    Super vernetzt - oder
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€ 19,95		                                                           Die Kunst, mit Smartphone
                                                                    klug zu leben

                                                                    Die vernetzte Welt formt ein Paradox: Wir leben in einer kontakt-
                                                                    reichen Beziehungsarmut. Aber wollen wir das wirklich? Groe-
                     Ingrid Brodnig                                 schel zeigt, worauf es ankommt: Wir müssen aktiv entscheiden,
                                                                    wann und wie wir die neuen Medien benutzen. Sonst werden
                     Lügen im Netz                                  wir von ihnen benutzt!
                     Wie Fake News, Populisten
                     und unkontrollierte Tech-
                     nik uns manipulieren.                          € 5,-
                       Manipulierte Bilder, erfundene Ge-
                      schichten, üble Gerüchte: Im In-
                       ternet wird mit unfairen Methoden
                       Stimmung gemacht. Online-Expertin
Ingrid Brodnig erklärt, wie man den Durchblick bewahrt,
analysiert die Tricks der Fälscher, veranschaulicht die Me-
                                                                                Erik Händeler
chanismen der modernen Propaganda - und wie man diese
bekämpfen kann. Denn auch in digitalen Zeiten können wir                        Himmel 4.0
an Fakten festhalten, einen kühlen Kopf bewahren und un-                        Wie die digitale
sere Demokratie vor unfairen Methoden verteidigen.                              Revolution zur
                                                                                Chance für das
                                                                                Evangelium wird
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                                                                                Durch die zunehmende
                                                                                Digitalisierung
                                                                                verändern sich die
                                                                                Anforderungen
                     Lars Joppich                                               an die Menschen
                     Willi und die digitale Welt                                hinter den (vernetzten) Maschinen. Gefragt sind
                     Wie wir in 30 Jahren leben werden                          plötzlich ehrliche und offene Kommunikation, flache
                                                                                Hierarchien, Kooperationsfähigkeit sowie eine
                     Wir schreiben das Jahr 2050 - autonom fah-                 effiziente Streitkultur. Daraus ergeben sich ungeahnte
                     rende Autos sind schon lange keine Selten-                 Chancen für die Kirchen. Wenn sie es schaffen, die
                     heit mehr, und auch nahezu alle anderen Be-                sich daraus ergebende neue Offenheit der Menschen
                     reiche unseres Alltags haben sich durch die                zu nutzen, bekommen sie die einmalige Möglichkeit,
                     Digitalisierung grundlegend verändert. Un-                 mit ihrer Botschaft ganz neu Gehör zu finden.
                     sere Welt wird in gerade einmal 30 Jahren
   kaum noch so aussehen wie jetzt. Dieses Buch zeigt anhand
   der Geschichte des Familienvaters Willi Jenkins, welche Verän-               € 10 ,-
   derungen die Digitalisierung uns bringen wird.

   € 9,95
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                                                                                 www.alpha-freiburg.de
                                Seite 13
   vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                             Seite 13vonWegen 1|16
#thema
real444 / istockphoto.com

                                Und führe uns

                            nicht in Versuchung
                                Algorithmen leiten unser Schicksal. Doch wohin?
                                Ach, hätte es Facebook im Jahre null nach   tagram-Story mit ihren Followern teilen
                                christlicher Zählung nur schon gegeben,     können; der Engel hätte nicht aus dem
                                genauso wie Instagram und Twitter, Goo-     Himmel herabsteigen müssen, um die Hir-
                                gle und Amazon! Maria und Josef hätten      ten über die Ankunft des Heilands zu in-
                                die Geburt ihres Sohnes Jesus per Ins-      formieren, er hätte einfach sich und alle

                              Seite 14                                              vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
anderen in einem Facebook-Post mar-
kieren können; Maria hätte auf ihrem
Amazon-Wunschzettel etwas Prakti-
                                                 ““   Die Digitalisierung hat
                                                     ihre auf Optimierung
                                                        programmierten
scheres als Gold, Weihrauch und Myr­                Ordnungsprinzipien an
rhe als Geschenk notieren können;                    Gottes Stelle gesetzt.“
und den Heiligen Drei Königen hätte
Google Maps den Weg gewiesen nach
Bethlehem, „noch drei Kilometer dem          nehmend Algorithmen getreten, die dem
Straßenverlauf folgen“. Es hätte nicht       Menschen wie durch Vorbestimmung
einmal des hellen Sterns am Himmel           nur das zeigen, was der neue liebe Gott
bedurft, nur einer guten Mobilfunk-          namens Algorithmus für ihn bestimmt
netzabdeckung im antiken Palästina.          hat. Er weiß, was der Mensch eigentlich
Moderne Technik hätte es Herodes             will: immer mehr vom Gleichen, ihm
auch leichter gemacht, den Kindsmord         Bekannten, durch Popularität im Netz
auf den GPS-Punkt genau zu befeh-            Verifizierten. Er soll auf Geheiß Silicon
len – er hätte nur die Smartphones           Valleys jede Suche abkürzen. Nicht nur
von Caspar, Melchior und Balthasar           die Suche nach lokalisierbaren geogra-
tracken müssen. Die halbe (eurozen-          fischen Orten, sondern die Suche nach
trische) Menschheitsgeschichte hätte         Antworten schlechthin: Führe uns nicht
umgeschrieben werden müssen: keine           in Versuchung, an etwas anderes glau-
Flucht nach Ägypten, keine Jünger,           ben zu müssen als an Datenanalysen. (…)
kein Neues Testament, kein christlicher      Facebook, zählten die Rechercheure der
Glaube, kein christliches Abendland,         Investigativplattform ProPublica im
kein Papst, keine Kreuzzüge, keine           Jahr 2016, bot zu diesem Zeitpunkt sei-
Inquisition, keine Reformation, kein         nen Nutzerinnen und Nutzern insgesamt
Weihnachten, kein „Konsumfest“, kein         52.000 Verhaltenskategorien an, für die
„Last Christmas“ von Wham, nicht             sie sich interessieren konnten, von „In
einmal „Driving Home for Christmas“          unangenehmen Situationen so tun, als
von Chris Rea. Was für eine Besche-          ob man eine SMS schreibe“ bis hin zu
rung. Die schlechten Seiten der Digita-      „Stillen in der Öffentlichkeit“. Dahinter
lisierung, ihr dual-use case sozusagen,      steckte die Absicht, durch die Likes der
hätten Gottes Handwerk (oder was die         User die Menge der Datenpunkte zu er-
Menschen christlichen Glaubens dafür         höhen, die Facebook über sie besitzt. Je
halten) schon im Ansatz zunichtege-          mehr dieser Datenpunkte die Plattform
macht.                                       ihren Werbekunden anbieten kann, so
Damit sind wir im Heute angelangt: Die       die Verkaufslogik, desto wertvoller wird
Digitalisierung hat ihre auf Optimierung     deren Verknüpfung durch Facebook:
programmierten Ordnungsprinzipien an         Genauer zugeschnittene Zielgruppen für
Gottes Stelle gesetzt und die Menschen       Anzeigen lassen sich nirgendwo sonst
mit all ihren Filterfunktionen ermäch-       finden. Insgesamt 29.000 Kategorien
tigt, jedenfalls war das ein Versprechen.    fand ProPublica in einer Liste, die für
Später sind an die Stelle der Filter zu-     Anzeigenkunden bestimmt war. (…)            >>

vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                   Seite 15
#thema         >>    Und führe uns nicht in Versuchung

Welche Werbung hätte Facebook wohl Jesus gezeigt?              Die meisten Daten, die heute über
Die maßgeschneiderte mathematische Verknüpfung dieser          menschliche Verhaltensmuster gesam-
oft aus Mutmaßungen und statistischen Wahrscheinlichkei-       melt und analysiert werden, dienen
ten (wer erstes mag, mag auch zweites und wünscht sich         bloß deren unmittelbarer Vermarktung
vermutlich drittes und immer so weiter) bestehenden Daten-     zu Werbezwecken. Sie reduzieren den
punkte ist eine Annäherung an die menschliche Existenz.        Menschen auf einen ökonomischen
Doch sie erfasst diese selbstverständlich nicht restlos.       Agenten seiner selbst (auch wenn er
Facebook hat trotz der Komplexität der gesammelten Daten       sich dessen nicht bewusst sein mag).
eine simple Vorstellung vom Menschen als Konsument. Des-       Doch selbst da, wo die Vermessung des
sen möglichst genaue Zielgruppenbestimmung ist das ein-        Daseins gesellschaftlichen Zwecken
zige Angebot, das die Plattform Werbetreibenden am Ende        dient – etwa wenn Bewegungsmuster
macht: Facebook schafft den Zufall in Form des Streuver-       zur Optimierung des Verkehrs analy-
lusts von Werbung ab. Sonst nichts. (…)                        siert werden –, entsteht daraus keine
Wie hätte wohl Jesu Facebook-Werbeschattenprofil aus-          Beschreibung des Menschlichen. (…)
gesehen? Ursprünglicher Wohnort Nazareth (in späteren          Der Algorithmus kann die göttli-
Jahren tendenziell wohnungslos umherziehend), männlich,        che Hand als Ordnungsprinzip und
Muttersprache Aramäisch, Zimmermann (genauer Aus-              Sinnstifter der Welt nicht ersetzen.
bildungsweg unbekannt) und Wanderprediger, arm, kein           Er kann nur den Schrecken des total
Wohnbesitz, Beziehungsstatus mit Maria Magdalena un-           irdischen Zufalls mindern – oder sei-
klar, politisch hochaktiv, keine eigene Internethistorie und   nen eigenen Schrecken auf Erden of-
an Autos völlig desinteressiert; Internet und Pkw waren ja     fenbaren. Der Himmel auch über dem
noch nicht erfunden.                                           Silicon Valley bleibt leer. Außer für
                                                               Tech-Gläubige. //
Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Daten
Dieses Profil beschreibt den Menschen Jesus nicht, egal wie
glaubhaft man die Überlieferungen seines Wirkens findet.
Ein solches Profil beschriebe auch niemanden von uns heu-
tigen Sterblichen, die es nicht bis zum Messias und Religi-
onsstifter schaffen.

 > Auszug aus dem Text „Und führe uns nicht in Versuchung“ von Dirk Peitz, erschienen bei Zeit Online
 am 25.12.2018, 20:22 Uhr. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlages, Zeitverlag Gerd Bucerius
 GmbH & Co. KG. Den vollständigen Text finden Sie hier:
 zeit.de/digital/internet/2018-12/algorithmen-digitalisierung-zufall-gott-schicksal/

          Seite 16                                                 vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
Immer                                                                              #thema

mehr und länger
Statistiken zur Internetnutzung
Wie viele Menschen haben Zugang zum Internet? Wofür und wie lange nutzen sie diesen Zugang?
Welche Unterschiede bestehen zwischen verschiedenen Regionen und Altersgruppen? Zur Nutzung
des Internets kursieren eine Menge unterschiedlicher Zahlen im Netz. Im Folgenden haben wir einige
aktuelle statistische Angaben für Sie zusammengestellt.

 Nach einer Schätzung des Statistikportals statista.de nutzten im Jahr 2018 rund 3,9 Milliarden Personen weltweit
 das Internet, davon 2,16 Milliarden in Asien und rund 705 Millionen in Europa. Dabei entfiel weltweit mehr als die
 Hälfte aller Webseitenaufrufe auf mobile Endgeräte. Am größten war der Anteil in Asien: So waren etwa in Indien
 70 Prozent der Nutzer ausschließlich über mobile Endgeräte online. In Deutschland lag deren Anteil dagegen bei
 nur vier Prozent.
 > de.statista.com/themen/42/internet

 Dagegen gehen nach Angaben der Internetseite deutschland.de schon 66 Prozent aller deutschen Nutzer über ihr
 Smartphone ins Internet. Laut dieser Seite haben in Deutschland 62,4 Millionen Menschen über 14 Jahren Zu-
 gang zum Internet. Das sind 89,8 Prozent der Gesamtbevölkerung. 165 Minuten verbringt jeder Internetnutzer in
 Deutschland durchschnittlich am Tag online. 40 Millionen Menschen in Deutschland kommunizieren jede Woche
 über WhatsApp. Facebook verzeichnet dagegen „nur“ 21 Millionen Nutzer wöchentlich.
 > deutschland.de/de/topic/kultur/internetnutzung-in-deutschland-sechs-fakten
 Nach Angaben der ARD/ZDF-Onlinestudie 2018, die auf der Befragung von rund 2.000 Personen in Deutschland
 basiert, waren im vergangenen Jahr 63,3 Millionen Deutsch Sprechende ab 14 Jahren online - das entspricht
 einem Anteil von 90,3 Prozent. Deutlich gestiegen ist die Zahl der Menschen, die das Internet täglich nutzen:
 Das Plus liegt hier bei 3,8 Millionen. Auch die tägliche Nutzungszeit im Internet steigt weiter. Sie liegt bei 196
 Minuten, 47 Minuten mehr als 2017. Bei den unter 30-Jährigen beträgt sie knapp sechs Stunden, während die ab
 70-Jährigen nicht einmal eine Stunde pro Tag online sind. 82 Minuten werden im Schnitt für die Mediennutzung
 aufgewendet, 87 Minuten für die Individualkommunikation, so etwa bei WhatsApp.
 > ard-zdf-onlinestudie.de/ardzdf-onlinestudie-2018

 Laut einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest von 2018 nutzen Jugendliche zwi-
 schen 12 und 19 Jahren das Internet rund 214 Minuten am Tag. Dabei steht an erster Stelle die Kommunikation
 mit anderen Nutzern (35 Prozent), gefolgt vom Bereich Unterhaltung (31 Prozent), Spielen (25 Prozent) und der
 Suche nach Informationen (rund zehn Prozent).
 > mpfs.de/studien/jim-studie/2018

vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                      Seite 17
#thema

                              Online weniger allein?
                                 Menschliche Beziehungen im digitalen Wandel

                                 Der digitale Wandel bringt faszinierende      zung und Unterhaltung als die mächtigsten
                                 Möglichkeiten mit sich: Schüler haben heute   Menschen der Welt vor 100 Jahren. Zugleich
                                 größere Angebote an Informationen, Vernet-    hat die schöne neue Welt auch Schattenseiten.
ViewApart / istockphoto.com

                                Seite 18                                                vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
# Die rasante Verbrei-                       men, was ihr gelungen ist.
tung digitaler Angebote                      Wer den Satz „JETZT HÖR MIR END-
In den letzten vier Jahrzehnten haben        LICH MAL ZU UND STARRE NICHT
sich digitale Werkzeuge und Angebo-          IMMER NUR AUF EIN VIERECKIGES
te weltweit in hoher Geschwindigkeit         DISPLAY“ hört, merkt eine Schatten-
verbreitet. Mittlerweile ist die Mehrheit    seite davon. Näherstehende Menschen
der Weltbevölkerung im Internet. Laut        fordern Aufmerksamkeit ein, die wir
der ARD-/ZDF-Onlinestudie 2018 sind          der Technik geben.
neun von zehn Deutschen online und           Wie bestimmen wir die optimale Men-
verbringen im Durchschnitt über drei         ge an Aufmerksamkeit für Technik?
Stunden pro Tag im Netz. Ein moder-          Mit dieser Frage befasst sich der Autor
nes Smartphone stellt einen Funkti-          Cal Newport in seinem Buch „Digital
onsumfang bereit, den Sie vor 30 Jah-        Minimalism“. Er schlägt Maßnahmen
ren bestenfalls mit einer Schubkarre         vor, wie beispielsweise Benachrichti-
mit sich führen konnten. Fotoapparat,        gungen auszuschalten oder ein soziales
Entwicklungslabor, Fotoalbum, Fax-           Netzwerk nur am Notebook zu benut-
gerät, Taschenlampe, Tonbandgerät,           zen, um so besser steuern zu können,
Mischpult, Videokamera, Fernseher,           wie viel Aufmerksamkeit wir den Bild-
Mikrophon, Lautsprecher, Pulsmessge-         schirmen geben.
rät, Landkarten, Lexikon, Telefon, Uhr,      Ein weites Meer voller Information
Wecker, Telex, Wasserwaage, Kompass,         kann eine dürre Wüste an Aufmerk-
Sextant, Höhenmesser und noch einige         samkeit sein. Lassen Sie uns bewusst
weitere Geräte waren zu transportie-         machen, wie wir unsere Zeit so einset-
ren. Heute wiegt dieser Funktionsum-         zen, dass es uns und unseren Mitmen-
fang weniger als zwei Tafeln Schokola-       schen guttut.
de und passt in eine Hosentasche. Das
ist sehr nützlich und viele von uns ha-      # Beispiel digitale Partnerbörsen
ben ihr Taschentelefon nahezu immer          Auch Ehen finden ihren Anfang zu-
dabei.                                       nehmend online. Die Zeitschrift „The
Wir sind soziale Wesen und nutzen sozi-      Economist“ widmete eine ganze Aus-
ale Netzwerke: 2,7 Milliarden Menschen       gabe dem Thema „Modern love - Da-
sind weltweit auf Facebook, Instagram,       ting in the digital age“ und beschreibt,
WhatsApp, über 2 Milliarden davon täg-       dass digitale Verabredungen ein sozi-
lich. In Deutschland sind ca. 32 Millio-     ales Experiment massiver Größe sind,
nen Menschen auf Facebook aktiv.             das einen der intimsten und wich-
Werbefinanzierte Angebote haben ein          tigsten menschlichen Lebensberei-
wirtschaftliches Interesse, dass die         che betrifft. Sehr wenige Firmen und
Nutzer möglichst viel Zeit mit diesen        deren Algorithmen haben Einfluss
Dienstleistungen verbringen. Die welt-       auf die Partnerwahl sehr vieler Men-
weit größte Videowebseite arbeitete          schen. Auf die Frage „Wo haben Sie
über Jahre daran, eine Milliarde Stun-       sich kennengelernt?“ waren die drei
den Zuschauerzeit pro Tag zu bekom-          häufigsten Antworten 1940: Freun-          >>

vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                   Seite 19
#thema                           Online weniger allein?
                    >>
                                 de, Schule, Kirche und 2010: Freunde,     3.000 Orten Nachbarn zusammen, zu
                                 Bar/Restaurant, Online. Das Heft nennt    kleinen und zu großen Festen. Auch
                                 Forschungsergebnisse, dass ein Paar,      Kirchengemeinden nutzen dieses Fest,
                                 das online zueinander fand, mit hö-       um Nachbarn einzuladen; z. B. stellte
                                 herer Wahrscheinlichkeit länger und       die Jerusalemkirche in Hamburg ihren
                                 glücklicher verheiratet sein wird als     Garten als Treffpunkt für Menschen
                                 der Durchschnitt an Paaren, die sich      aus der Nachbarschaft zur Verfügung.
                                 offline kennengelernt haben.
                                 Die Journalistin und Lehrerin Lucy        # Keiner bleibt allein
                                 Kellaway erwähnte am 12.07.2019 eine      Einsamkeit nimmt zu. Neben der be-
                                 Formel dazu, wie viele Menschen man       währten Praxis, einsame Menschen in
                                 auf der Straße treffen müsste, um sei-    seiner Kirchengemeinde zu Weihnach-
                                 nen fast perfekten Partner nach Merk-     ten zum Essen einzuladen, gibt es nun
                                 malen wie Ort, Ausbildung etc. zu fin-    die digitale Initiative „#KeinerBleibt
                                 den. Ob die Formel mit z. B. 913.000      Allein“. Dort können sich Gastgeber
                                 Menschen richtig liegt, ist unklar. Das   und Gemeinschaftssuchende digital
                                 diese Größenordnungen digital hand-       melden, um zueinander vermittelt zu
                                 habbarer sind als auf der Straße, ist     werden. 2018 haben über 24.000 Men-
                                 offensichtlich.                           schen eine Nachricht an dieses von
                                 Mehr Menschen nutzen diese Technik,       der Evangelischen Kirche unterstützte
                                 um die Voraussetzungen für eine ge-       Projekt gesendet. Diese digitale Ver-
                                 lingende Partnerschaft zu steigern. Das   mittlung führte dazu, dass über 2.000
                                 deutsche Angebot himmlisch-plau-          Menschen weniger allein waren.
                                 dern.de für Christen auf Partnersuche
                                 berichtet von über 5.300 Personen,        # Fazit
                                 die dort Partner gefunden haben, also     Der digitale Wandel bringt Chancen
                                     etwa acht neue Paare pro Woche.       und Risiken in einer großen Geschwin-
                                                                           digkeit. Damit wachsen die Wirkungs-
                                    # Beispiel Nachbar-                    möglichkeiten jedes einzelnen von uns
                                    schaftsnetzwerke                       an. Lassen Sie uns achtsam gegenüber
                                    Die Plattform nebenan.de vernetzt      den Schattenseiten sein und die posi-
                                    Menschen in Nachbarschaften un-        tiven Möglichkeiten nutzen, mit die-
                                    tereinander. Ob Nachhilfe, Baby-       sen großartigen digitalen Werkzeugen
                                    sitting, Sprachenlernen, Pakete an-    stimmig zu christlichen Werten den
                                    nehmen, Kochabende mit bislang         Menschen zu dienen und die froh ma-
                                    fremden Nachbarn bis hin zum           chende Botschaft von der Liebe Gottes
Christian Sterzik                   Ausleihen einer Bohrmaschine –         auch digital weiterzusagen. Wenn Sie
Leiter der Stabsstelle Digita-      so werden Nachbarschaften digital      hierzu Ideen, Vernetzungsbedarf oder
lisierung der Evang. Kirche         gestärkt. Am „Tag der Nachbarn“        Fragen haben, schreiben Sie gerne an
in Deutschland                      2019 kamen bundesweit an rund          digital@ekd.de. //

               Seite 20                                                        vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
#thema

                                                                                                           Marie Maerz / photocase.de
           Wenn

Christen Smartphones
			                                          bauen

 Interview mit den Gründern der Firma „Shiftphone“
 Seit 2014 stellt die hessische Firma „Shiftphone“     Ursprünglich wollten wir gar kein Smartphone
 modulare Smartphones her. Die Firmengründer           entwickeln. Vielmehr ging es uns um die Her-
 Carsten und Samuel Waldeck haben sich eine            stellung eines Referenzmonitors für unseren da-
 nachhaltige Produktionsweise, faire Arbeits-          maligen Kamerakran iCrane. Erst über diverse
 bedingungen und kundenfreundlichen Service            Umwege und Kontakte sind wir in die Smart-
 auf die Fahnen geschrieben. Für ihre Arbeit           phone-Produktion hineingerutscht. Sonderbare
 spielt ihr christlicher Glaube eine zentrale Rolle.   Zufälle, mögen einige denken. Wir sehen es eher
 „vonWegen“ hat die beiden interviewt.                 als eine gewollte Herbeiführung bestimmter Er-
 Sie haben vor fünf Jahren gemeinsam mit Ih-           eignisse, für die wir sehr dankbar sind.
 rem Vater die Firma Shift GmbH gegründet mit          Plötzlich mit der Smartphone-Thematik kon-
 dem Ziel, „ein nachhaltiges Smartphone unter          frontiert, legten wir damals relativ schnell zwei
 weitestgehend fairen Bedingungen herzustellen“.       für uns grundlegende Voraussetzungen fest:
 Was hat Sie dazu motiviert?                           Unsere Geräte sollten richtig gut aussehen und

                                                                                                     >>
vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                  Seite 21
#thema              Wenn Christen Smartphones bauen
             >>
                    niemand – weder Mensch noch Umwelt        grundsätzlich von anderen unterschei-
                    – sollten unter unseren Geräten leiden    det, ist unser Wunsch, ein 100%-Soci-
                    müssen.                                   al-Business zu sein. Als solches streben
                    Teure und wertvolle Geräte werden zu      wir keine Gewinn-, sondern eine Sinn-
                    schnell durch neue ersetzt, geraten in    maximierung an. Das bedeutet u.a.,
                    Schubladen in Vergessenheit oder wer-     dass wir uns als Firmeninhaber keine
                    den grundlos entsorgt. Unser Ziel war     Gewinne entnehmen und mit unseren
                    es, Geräte zu entwickeln, die, dank       Gehältern im Durchschnitt der Löhne
                    eines modularen Designkonzepts und        unserer Angestellten liegen. Das Ziel
                    dem einfachen Austauschen bzw. Re-        ist demnach nicht der finanzielle Er-
                    parieren von Modulen, möglichst lange     folg, sondern der Wunsch nach Verän-
                    halten. Lange Haltbarkeit und Repa-       derung, den wir auch im Firmennamen
                    rierbarkeit sind wichtige Aspekte in      tragen (SHIFT). Ungewöhnlich ist auch
                    der Einsparung von Elektroschrott und     unsere eigene Fertigung in China, in
                    wirken sich daher positiv auf unser al-   der unsere Angestellten zu Bedingun-
                    ler Fußabdruck aus. (…)                   gen und Konditionen arbeiten, die wir
                    Ihr Firmen-Motto ist: „Wir wollen so      uns für unsere eigenen Arbeitsplätze in
                    viel Gutes wie möglich tun und dabei so   Deutschland genauso vorstellen. Das
                    wenig Schaden wie möglich anrichten.“     betrifft Gehälter, Arbeitszeiten, Ver-
                    Was machen Sie anders oder besser als     sicherungsschutz, familiäres Umfeld
                    die „großen“ Markenfirmen (im Hin-        usw. (Das PRO7-Magazin Galileo hat
                    blick auf Rohstoffverbrauch, Produk-      die Bedingungen vor Ort sehr schön in
                    tionsbedingungen für die Mitarbeiten-     Bewegtbild festgehalten. Eine YouTu-
                    den, Haltbarkeit, Entsorgung…)?           be-Suche lohnt sich.) Auch in Sachen
                    Wir würden eher Abstand von der           Rohstoffverbrauch sowie -gewinnung
                    Haltung nehmen, etwas besser zu tun       gehen wir andere Wege. Das und viele
                    als andere Smartphonehersteller. Eher     weitere Auswirkungen unseres Han-
                    verhält es sich so, dass wir in vielen    delns als Unternehmen stellen wir in
                    Bereichen eine andere Vorgehensweise      unserem kürzlich aktualisierten Wir-
                    bevorzugen, durch die wir unsere Bran-    kungsbericht vor (www.shiftphones.
                    che, anhand von alternativen Vorge-       com/impact).
                    hensweisen und innovativen Konzep-        Besteht bei vielen Smartphone-Nutzern
                    ten, positiv verändern können. Was uns    die Bereitschaft, auf umweltgerechte,

 > Aus Platzgründen können wir hier nur einen Teil der Fragen und Antworten abdrucken. Das vollständige
 Interview können Sie auf unserer Internetseite stadtmission-freiburg.de/vonwegen nachlesen.
 >Informationen zur Firma shiftphone und ihren Produkten gibt es auf deren Homepage unter:
 shiftphones.com.

         Seite 22                                                 vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
faire Produkte umzusteigen? Oder be-         diese Warnung auch selbst?
dienen Sie nur einen Nischenmarkt für        Als Smartphone-Hersteller ist das
die ganz besonders umweltbewussten           natürlich nicht immer so einfach.
Kunden?                                      Unsere Geräte sind echte Arbeitstie-
Es ist überraschend und schön für uns        re, die wir im Job tagtäglich nutzen.
zu erleben, wie viele Kunden sich zu-        Schließlich müssen wir sie sehr
nehmend für die Themen Nachhaltig-           genau kennen, evtl. auftretende
keit und Fairness interessieren. Aktuel-     Schwachstellen ausmerzen und ihre Samuel und Carsten
le Bewegungen wie #FridaysForFuture          Funktionalität im permanenten Waldeck
u.v.a. unterstreichen das sicherlich. Das    Umgang testen. Endet allerdings Gründer der Firma
SHIFTPHONE richtet sich aber nicht           der Arbeitsalltag, nehmen wir uns „Shiftphone“
ausschließlich an besonders umweltbe-        unseren Warnhinweis natürlich
wusste Kunden. Viele zeigen auch da-         auch sehr zu Herzen. Übrigens ein
ran Interesse, dass das Gerät aus dem        wichtiger Ansatz, der die Langle-
nordhessischen Falkenberg stammt             bigkeit des Gerätes fördert.
und unterstützen gerne die deutsche          Welche Rolle hat Ihr christlicher
Smartphone-Herstellung.        Aufgrund      Glaube bei der Idee zur Firmengrün-
der hohen Nachfrage arbeiten wir ak-         dung gespielt? Und wie macht er sich
tuell an einem speziell auf Senioren         bei der Unternehmensführung bemerk-
und Einsteiger optimierten Gerät. Auch       bar?
hier stehen eher Aspekte wie leichte         Unser Glaube ist der entscheidende
Bedienbarkeit und Sicherheit im Vor-         Anker in unserem Leben. Im Kreis der
dergrund. Freiheit ist uns ebenfalls ein     Firmengründer und Geschäftsführer
wichtiges Anliegen. Vielen technik-          sind wir uns einig, dass es die SHIFT
begeisterten Kunden kommt es daher           GmbH ohne ihn nicht geben würde
entgegen, dass sich unsere Geräte ohne       und wir sind sehr glücklich darüber
Garantieverlust öffnen und reparieren        und dankbar dafür, dass er uns dieses
lassen. Auch in der Betriebssystemaus-       Unternehmen ans Herz gelegt hat. Das
wahl soll der Nutzer maximale Frei-          Gespräch mit Gott und seine Einbezie-
heit in Anspruch nehmen können und           hung in unsere Unternehmensthemen
gerne alternative Systeme zu Android         ist ein elementarer Bestandteil unserer
auf seinem SHIFTPHONE testen und             Geschäftsführer-Meetings. Allerdings
installieren. Insofern handelt es sich       ist es uns auch wichtig, unsere Mitar-
eher um das Bedienen vieler einzelner        beiter und Mitarbeiterinnen nicht un-
Nischenmärkte.                               ter Druck zu bringen. Nicht jeder kann
(…)                                          mit unserem Glauben etwas anfangen.
Sie geben Ihren Kundinnen und Kunden         Was uns aber eint, ist der Wunsch,
den Warnhinweis mit, dass Smartpho-          Nächstenliebe zu teilen und einen re-
nes Zeitfresser sein können, die sie von     spektvollen Umgang miteinander zu
Wichtigerem abhalten. Beherzigen Sie         finden. //

vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                 Seite 23
#thema

                              Mit dem

                        Internet aufgewachsen
                              Ein Gespräch mit Jessica Nowak, FSJlerin der Gemeinde dreisam3
                              Das Internet feiert dieses Jahr seinen 30. Ge-    ist. Ganz selbstverständlich, als ob es schon
                              burtstag. So alt bist du noch nicht. Das heißt:   immer da gewesen wäre. Kannst du dich
                              du bist eine sogenannte Digital Native - je-      noch erinnern, wann das Internet zum ersten
zettberlin / photocase.de

                              mand, der mit dem Internet groß geworden          Mal eine Rolle gespielt hat in deinem Leben?

                            Seite 24                                                     vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
Meine erste bewusste Erfahrung mit           der Schule sammeln sollte oder, nun
dem Internet hatte ich in der zweiten        im FSJ, Inspirationen für die Jugend-
Klasse. Ich sollte mein erstes Referat       arbeit. Nicht zu vergessen nimmt ei-
in der Schule halten. Allerdings hat-        nen großen Teil auch die Kommunika-
te meine Mutter zu der Zeit eine Ver-        tion mit Freunden über Soziale Medien
letzung am Fuß, weshalb sie mit mir          in Anspruch. Unnötig, oder besser ge-
leider nicht in die Bibliothek gehen         sagt, die Schwierigkeit am Internet
konnte, um dort nach geeigneten Bü-          finde ich, dass Fehlinformationen viel
chern zu suchen. Daraufhin meinte            zu schnell verbreitet werden und man
mein Vater, ich könnte doch an seinem        sich nie sicher sein kann wie seriös
Computer nach Informationen recher-          eine Quelle ist.
chieren. Ganz erstaunt entgegnete            Wie wäre für dich die Vorstellung, mal
meine kleine Schwester, wie das denn         eine Zeitlang ganz ohne Internet zu le-
möglich sei? Ob in dem Kasten hinter         ben?
dem Bildschirm „Mini-Bücher“ ver-            Das kommt ganz auf den Zeitabschnitt
steckt seien. So gab mir mein Vater die      an und unter welchen Bedingungen.
erste Einführung für die Verwendung          Auf einer Freizeit, mit einer Gruppe
des Internets.                               oder an einem einsamen schönen Ort
Seit wann bist du „selbstständig“ on-        würde ich sofort ohne Internet sein
line, d. h. in welchem Alter hast du         wollen. Jedoch für meinen Alltag stel-
dein erstes eigenes internetfähiges Ge-      le ich mir die Zeit ohne Internet etwas
rät bekommen? Was war das und was            aufwändiger und schwieriger vor. Ich
konnte es?                                   müsste mir erst einmal viele neue
Mein erstes internetfähiges Gerät            Wege erarbeiten, wie ich zum Beispiel
musste ich mir tatsächlich selbst von        an Informationen, Kontakte usw. ge-
meinem Ersparten kaufen. Ich holte           langen kann. Das würde sehr viel Ge-
mir ein Samsung S5 im LaFleur-Mo-            duld fordern.
dell, das unter uns Mädchen total an-        Viele ältere Menschen sehen die digi-
gesagt war. Dazu konnte ich meine            tale Entwicklung mit großer Skepsis.
Eltern überreden, mir zu meiner SMS-         Manche schwärmen gar von den guten
Flat und AldiTalk, auch eine Inter-          alten Zeiten, in denen man noch Briefe
net-Flat zu holen.                           geschrieben hat und im Fernsehen nur
Wozu brauchst du das Internet? Was           drei Programme hatte. Was würdest du
sind dort die wichtigsten Möglichkeiten      sagen, wenn du mit solchen Skeptikern
/ Funktionen für dich? Und was findest       ins Gespräch kämst?
du eher unnötig?                             Ich würde ihnen auf einer Seite zu-
Hauptsächlich nutze ich das Internet         stimmen. Sich Zeit zu nehmen, hinzu-
für Recherchezwecke, seien es Infor-         setzen und sich Gedanken zu machen,
mationen, die ich für einen Vortrag in       von Hand Worte zu schreiben und die-
                                                                                       >>

vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                  Seite 25
#thema                   Mit dem Internet aufgewachsen
                  >>

                          se später auch zur Post zu bringen, ist     Stichwort Datenschutz: Du schickst si-
                          eine wunderbare Geste. Ich schätze es       cherlich allerlei Information durch das
                          sehr, Postkarten von Freunden zu be-        Internet. Machst du dir Sorgen, dass
                          kommen, anstelle von Bildern auf fa-        das von irgendjemand ausgenützt wer-
                          cebook, instagram und Co. zu sehen.         den könnte?
                          Jedoch ist meine Generation anders          Ich mache mir deshalb keine Sorgen.
                          aufgewachsen, und was man nicht             Ich bin mir sicher, dass alle Daten, alle
                          kennt, vermisst man selten. Auch sind       Bewegungen meiner Maus gespeichert
                          viele Nachteile, die Skeptiker sehen,       und genutzt werden. Deshalb schicke
                          für uns Vorteile - wie zum Beispiel,        ich auch nur Informationen durch das
                          mehrere Programme zur Auswahl zu            Internet, bei denen ich keine Angst ha-
                          haben oder sogar mit Hilfe von Netflix      ben muss, später blöd dazustehen.
                          unser individuelles Fernsehprogramm         Hast du schon Erfahrungen damit ge-
                          zu haben.                                   macht, dass man deine persönlichen
                          Die digitale Entwicklung geht immer         Informationen missbraucht hat? Es
                          weiter. Nach WhatsApp und Social            wird auch viel über Cybermobbing ge-
                          Media kommt jetzt das IOT (Internet         redet. Hast du so etwas schon einmal
                          of the Things). Alles Mögliche wird         miterlebt?
                          digitalisiert, von der Armbanduhr bis       Leider ja. Auf meiner ehemaligen
                          zum Kühlschrank. Autos haben WLAN           Schule wurden viele peinlich bearbei-
                          und Alexa beantwortet deine Fragen          tete Fotos von Schülern und Lehrern
                          auf Zuruf. Dazu kommen künstliche           herumgeschickt. Auch die Ausgren-
                          Intelligenz, selbstfahrende Autos und       zung von Schülern in Gruppen auf
                          anderes mehr. Was glaubst du, wird          verschiedenen Sozialen Medien oder
                              hilfreich sein, wo siehst du Risiken?   das Lästern und Beschimpfen kam
                              Ich denke, dass viele Probleme          häufig vor. Das Schlimme finde ich
                              behoben werden können, die der          daran, dass man selber zu leicht zum
                              Mensch verursacht, wobei uns die        „Mittäter“ gemacht werden kann, in-
                              digitale Entwicklung helfen kann.       dem einem Bilder geschickt werden
                              Ein Beispiel wäre die Verkehrssi-       oder man Mitglied einer Gruppe wird.
                              cherheit durch „digitale“ Autos.        //
                              Aber ebenso sehe ich die große
                               Gefahr, wenn alles online geht. Da
                               sind Hackerangriffe vorprogram-
Jessica Nowak                  miert, die großen Schaden anrich-
FSJlerin der Evang. Gemein-    ten können.
de dreisam3

              Seite 26                                                     vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz
#thema

Kontakt halten                  und die Zeit vertreiben
Seniorinnen und Senioren im Internet

Ein Leben ohne Internet – für die einen ein Albtraum, für        treib mit der Nutzung von Spieleapps
die anderen Normalität. Die digitalisierte Welt begegnet auch    auf dem Tablet. Doch auch das will
den Bewohnerinnen und Bewohnern des SeniorenWohnens              erstmal gelernt sein: „Ich habe gedacht,
am Adelhauser Klosterplatz in ihrem Alltag.                      dass es viel einfacher wäre - da verliere
20 Uhr: „Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Ta-       ich die Lust, Neues zu lernen, weil es zu
gesschau. Laut der Gesellschaftsstudie D21-Digital-Index         schwierig ist. Besonders die neuen Pro-
2018/19 benutzen 45 % der Deutschen über 70 Jahren das           grammversionen und Updates machen
Internet. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.       es kompliziert. Beim Online-Banking
tagesschau.de.“ Und die anderen 55 %, die nicht im Netz un-      habe ich große Angst, Fehler zu ma-
terwegs sind, müssen sich mit den Informationen aus dem          chen“, sagt eine Bewohnerin.
Fernsehen zufriedengeben.                                        Sie erzählt weiter: „Bei Fragen oder ei-
Dies fällt auch den Seniorinnen und Senioren am Adelhau-         nem neuen Programm helfen die En-
ser Klosterplatz auf. So berichtet eine von ihnen: „Ich ver-     kel gerne, sie haben es aber eilig, sind
misse das Internet höchstens, wenn weitere Informationen         bald verschwunden und das erlernte
nur dort zu finden sind. Sonst brauche ich das Internet nicht    Programm auch. Über ein seniorenge-
mehr. Ich habe genug mit meinem Alltag zu tun und brauche        rechtes Programm zum Kennenlernen
meine Kraft, um den Tag gut zu überstehen.“                      und den Umgang mit der digitalisierten
Für andere ist das Internet mit seinen Möglichkeiten aber        Welt würde ich mich freuen.“
doch auch attraktiv. Zum Beispiel wird über das Internet         Der Text stammt von Studierenden des Inter-
mit Familie und Freunden in weiter Entfernung durch das          generativen Wohnprojekts der Evangelischen
Verschicken von Fotos, E-Mails und Videotelefonie Kontakt        Hochschule und der Evangelischen Stadtmis-
gehalten. Manch eine/r nutzt das Internet auch zum Zeitver-      sion Freiburg.   //

vonWegen 3/19 – Thema: (Über)Leben im Netz                Seite 27
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