Waldzustandsbericht 2020 - NW-FVA - Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein Waldzustandsbericht 2020 NW-FVA Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
Vorwort Liebe Leserin und lieber Leser, ich freue mich, Ihnen den Waldzustandsbericht für Schleswig-Holstein 2020 vor- stellen zu können. Der Waldzustandsbericht bestätigt leider unsere Vermutung aus dem letzten Jahr: Unserem Wald in Schleswig-Holstein geht es nicht gut. 11 % der Fläche in Schleswig-Holstein sind mit Wald bedeckt. Unsere Sorge aus dem letzten Jahr hat sich leider bestätigt, auch wenn wir im Vergleich mit anderen Bundesländern verhältnismäßig wenig Schäden an unseren Waldbäumen zu ver- zeichnen haben. Besonders die Sitkafichte hatte in diesem Jahr mit der Fichtenröhrenlaus zu kämp- fen. Trockene und nadellose Sitkafichten sind überall im Land zu sehen. In der Regel werden diese Schäden erst im Frühsommer sichtbar, wenn die Nadeln von innen her verbräunen und abfallen, die Spitzen aber meist grün bleiben. Die Forstbetriebe haben in den letzten Jahren alle Hände voll zu tun, um Schäden zu beseitigen und die Verkehrssicherheit im Wald zu erhalten. Viele Waldbesitzer, Unternehmer und Forstleute arbeiteten in diesem Jahr trotz Corona-Pandemie über ihre Kräfte. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Der Wald ist nicht nur ein Paradies für Jogger und Hundebesitzer. Gerade in dieser Zeit ist der Wald für viele Menschen ein Wohlfühlraum und Rückzugsraum – und frei von Corona-Ängsten. Ein Spaziergang im Wald in Zeiten von Corona zeigt uns, dass wir Menschen nach wie vor ein Teil der Natur und extrem abhängig von ihr sind. Der aktuelle Waldzustandsbericht belegt, was vielerorts bereits auch für Laien sicht- bar war: Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer haben dem Wald massiv zugesetzt, und die Mehrfachbelastungen aus den letzten Jahren haben sich gegenseitig ver- stärkt. Schleswig-Holstein ist ein waldarmes Land. Für eine intakte Umwelt ist gerade bei uns ein gesunder, vielfältiger und klimastabiler Wald wichtig. Maßnahmen des Waldumbaus und der Wiederbewaldung müssen in den kommenden Jahren zent- raler Kern der forstlichen Förderung bleiben. Fördermittel des Bundes und des Landes werden dabei helfen, private und kommu- nale Waldbesitzer dabei zu unterstützen, auf wissenschaftlicher Basis klimaresiliente und standortgerechte Laub- oder Mischwälder aufzubauen. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) leistet hierbei einen wesentlichen Beitrag. Ich lade Sie alle ein, sich anhand der ausgewählten Themenbeiträge über aktuelle Forschungsergebnisse der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt zu in- formieren. Jan Philipp Albrecht Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein 2
Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort 2 Inhaltsverzeichnis 3 Hauptergebnisse 4 Inge Dammann und Uwe Paar Forstliches Umweltmonitoring 6 Johannes Eichhorn, Inge Dammann und Uwe Paar WZE-Ergebnisse für alle Baumarten 8 Inge Dammann und Uwe Paar Buche 10 Eiche 12 Fichte 14 Kiefer 15 Andere Laub- und Nadelbäume 16 Witterung und Klima 18 Johannes Sutmöller Entscheidungshilfen zur klimaangepassten Baumartenwahl 22 Hermann Spellmann, Johannes Sutmöller und Ralf-Volker Nagel Samenplantagen und Mutterquartiere als Beitrag zur Biologischen Vielfalt 29 Matthias Paul, Wilfried Steiner, Samuel Schleich, Meinolf Lau, Dagmar Leisten, Matthias Moos und Carola Schmidt Stoffeinträge 33 Birte Scheler Literaturverzeichnis 35 Impressum 36 3 Foto: NW-FVA
Hauptergebnisse Waldzustandserhebung (WZE) Die Ausfallrate ist 2020 doppelt so hoch wie im langjährigen Mittel. Es sind vor allem Fichten und Eschen entnommen Das Jahr 2020 brachte keine Entlastung für die Wälder in worden. Schleswig-Holstein. Mit einer mittleren Kronenverlichtung Die Baumartenverteilung in der WZE-Stichprobe in Schles- von 21 % ist gegenüber dem Vorjahr keine Verbesserung wig-Holstein ergibt für die Buche einen Flächenanteil von eingetreten. 25 %, die Fichte ist mit 17 %, die Eiche mit 14 % und die Kie- Bei den älteren Buchen und Kiefern sowie bei der Gruppe fer mit 6 % an der WZE-Stichprobe vertreten. Die anderen der anderen Laubbäume (alle Alter) sind die Verlichtungs- Laub- und Nadelbäume nehmen zusammen einen Anteil werte im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Die älte- von 38 % ein. ren Fichten und Eichen behalten das Vorjahresniveau bei, für die Gruppe der anderen Nadelbäume hat sich der Kro- nenzustand verschlechtert. Witterung und Klima Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung zeigen einen Im Vegetationsjahr 2019/2020 setzte sich die Trockenheit deutlichen Alterstrend: Die mittlere Kronenverlichtung der in Teilen des Landes im dritten Jahr in Folge unvermindert über 60-jährigen Waldbestände liegt mit 25 % fast doppelt fort. Mit einer Mitteltemperatur von 10,4 °C (+2,0 K) war so hoch wie die der jüngeren Waldbestände (13 %). das Jahr wiederum außergewöhnlich warm. Ein Vergleich Der Anteil starker Schäden für den Gesamtwald in Schles- der aktuellen Referenzperiode 1961-1990 mit der neuen wig-Holstein erreicht mit 4,7 % den Höchststand in der Zeit- Periode von 1991-2020 zeigt deutlich, dass die Klimaverän- reihe der Waldzustandserhebung. Die Spanne reicht von derung in Schleswig-Holstein bereits zu einer signifikanten 1,2 % (Kiefer) bis zu 11,6 % (andere Nadelbäume). Erwärmung geführt hat. Die Jahresmitteltemperatur ist von Die diesjährige Absterberate liegt mit 0,3 % nur wenig über 8,4 °C auf 9,4 °C in den letzten dreißig Jahren angestiegen. dem langjährigen Durchschnitt (0,2 %). Am höchsten ist die Im Vegetationsjahr 2019/2020 fielen im Flächenmittel des Absterberate 2020 bei der Gruppe der anderen Laubbäume Landes 805 mm Niederschlag. Dies entspricht dem langjäh (1,1 %). Buchen, Eichen und Kiefern sind 2020 nicht abge- rigen Niederschlagssoll der Klimanormalperiode 1961-1990. storben. Foto: J. Evers 4
Hauptergebnisse Samenplantagen und Mutterquartiere als Beitrag zur Biologischen Vielfalt Samenplantagen und Mutterquartiere sind eine wichtige Quelle für die Bereitstellung von forstlichem Vermehrungs- gut. Die NW-FVA unterhält in ihren Trägerländern über 200 Samenplantagen mit Laub- und Nadelbäumen sowie Straucharten. Auf diesen Flächen wird für forstliche Zwe- cke und für Naturschutzaufgaben höherwertiges Vermeh- rungsgut produziert, das zur Erhaltung und Nachzucht von genetisch vielfältigen Waldbeständen benötigt wird. In Mutterquartieren werden von der NW-FVA auf Artrein- heit geprüfte Pappeln und heimische Weiden von gefähr- deten Vorkommen erhalten und vegetativ vermehrt. Stoffeinträge Aufgrund der Filterwirkung der Baumkronen für Gase und Partikel (trockene Deposition) sind die Einträge luftbürtiger Nähr- und Schadstoffe im Wald höher als im Freiland. 2019 war in Bornhöved ein überdurchschnittlich nieder- schlagsreiches Jahr, die Niederschlagsmenge betrug rund Foto: M. Mahrenholz 110 % des Mittels der Jahre 1989-2018, die Höhe der Stoff einträge war in der Folge höher als im Vorjahr. Trotzdem reichten die Niederschläge nicht aus, um die De- Der Sulfatschwefeleintrag je Hektar war 2019 mit 4,1 kg un- fizite der letzten Jahre auszugleichen. Von der Trockenheit ter Buche und 2,6 kg im Freiland 1,0 (Bestand) bzw. 0,9 kg je besonders betroffen sind die südlichen und östlichen Lan- Hektar (Freiland) höher als 2018. desteile von Schleswig-Holstein. Die Stickstoffeinträge (Ammonium und Nitrat) haben auf der langjährig untersuchten Buchenfläche ebenfalls signi- Entscheidungshilfen zur klimaangepassten fikant abgenommen. 2019 betrug der anorganische Stick- Baumartenwahl stoffeintrag je Hektar 17 kg unter Buche (+4,7 gegenüber Die Klimaanpassung der Wälder ist derzeit die größte Her 2018) und 8,3 kg (+1,9) im Freiland. ausforderung der Forstbetriebe. Die in Vorbereitung be- Zwar sind die Stoffeinträge 2019 im Vergleich zu 2018 ge- findlichen Entscheidungshilfen der NW-FVA zur klimaan- stiegen, betrachtet man jedoch die Zeitreihe, handelt es sich gepassten Baumartenwahl sollen im kommenden Jahr die beim Sulfateintrag um den zweitniedrigsten und beim an- bisherige standortsbezogene Zuordnung der Baumarten, organischen Stickstoffeintrag um den fünftniedrigsten Wert die auf Kombinationen der Nährstoff- und Wasserhaus- seit 1989. haltsziffern basieren, um die so genannte Standortswas- serbilanz in der Vegetationszeit (SWBVZ) ergänzen. Dabei wird das Trockenstressrisiko der Wälder unter zukünftigen Klimabedingungen des Klimaszenarios RCP8.5 anhand der SWBVZ abgeschätzt. Zwischen den Baumarten gibt es hinsichtlich der Ansprü- che an die Standortsbedingungen deutliche Unterschiede. Zur Potenzialabschätzung der Baumarten wurde an der NW-FVA eine Zuordnungstabelle entwickelt. Darin wird die Stellung der Baumarten in Mischwäldern entsprechend ih- rer Wasser- und Nährstoffansprüche nach der SWBVZ und der Nährstoffziffer eingeordnet. In der Regel ergeben sich unter künftigen Klimabedingungen mehrere Optionen für die Wahl geeigneter Mischbestandstypen. Sie werden in Form von Waldentwicklungstypen (WET) beschrieben, die im letzten Jahr in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Vertretern/innen des Ministeriums, des Privat-, Kommunal- und Landeswaldes sowie der NW-FVA für die waldbauliche Planung unter Berücksichtigung des Klimawandels und der spezifischen Belange der Waldbesitzarten erarbeitet wur- den. Ihre Anzahl ist gegenüber heute allerdings weitaus ge- ringer, weil ein nicht unerheblicher Teil der Waldstandorte in Schleswig-Holstein sich bezüglich der SWBVZ schon bis zur Mitte des Jahrhunderts in Bereiche verschlechtert, die die Auswahl möglicher WET stark einschränken. Foto: M. Mahrenholz 5
Forstliches Umweltmonitoring Johannes Eichhorn, Inge Dammann und Uwe Paar Wie ist das Ausmaß der Schäden mit Blick auf die Verän- derungen der Wälder über die Jahre richtig einzuordnen? Worin liegen die Besonderheiten der Witterung in den ex- tremen Jahren 2018 bis 2020? Ist der Wald als Ganzes be- troffen oder unterscheiden sich Regionen? Reagieren die Baumarten gleich sensitiv? Antworten auf diese Fragen zu geben, ist eine wesentliche Aufgabe des Forstlichen Um- weltmonitorings. Grundsätzlich werden im Forstlichen Umweltmonitoring folgende Kategorien unterschieden: • nem waldflächenrepräsentative Übersichtserhebungen auf ei- systematischen Stichprobenraster (Level I), • die intensive Dauerbeobachtung ausgewählter Waldöko- systeme im Rahmen verschiedener Beobachtungspro- gramme (Bodendauerbeobachtungsprogramm (BDF), Level II, Waldökosystemstudie Hessen (WÖSSH)) sowie • Experimentalflächen, z. B. Vergleichsflächen zur Boden- schutzkalkung (Level III). WZE-Aufnahmeteam Foto: M. Spielmann Das Forstliche Umweltmonitoring berät Verwaltung und Politik auf fachlicher Grundlage und erarbeitet Beiträge für Die Stichprobe der Waldzustandserhebung vermittelt auch Entscheidungshilfen der forstlichen Praxis. Die rechtliche ein zahlenmäßiges Bild zu dem Einfluss von Stürmen, Witte- Grundlage für Walderhebungen in der Forstlichen Umwelt- rungsextremen und Insekten- und Pilzbefall. Lokale Befunde kontrolle stellt § 41a des Gesetzes zur Erhaltung des Waldes wie sturmgefallene Bäume oder Befall durch Insekten oder und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz– Pilze können von dem landesweiten Ergebnis abweichen. BWaldG) dar. Dies wird konkretisiert durch die Verord- nung über Erhebungen zum Forstlichen Umweltmonitoring Waldzustandserhebung – (ForUmV 2013) und durch das Durchführungskonzept Forst- Methodik und Durchführung liches Umweltmonitoring (BMEL 2016). Die Rechtsgrundla- gen sichern eine methodische Vergleichbarkeit über lange Aufnahmeumfang Zeiträume und über Ländergrenzen. Die Waldzustandserhebung erfolgt auf mathematisch-sta- Die methodischen Instrumente der Ökosystemüberwa- tistischer Grundlage. Auf einem systematisch über Schles- chung sind europaweit harmonisiert nach den Grundsätzen wig-Holstein verteilten Rasternetz werden seit 1984 an je- des ICP Forests (2016). dem Erhebungspunkt 24 Stichprobenbäume begutachtet. Die Waldzustandserhebung (WZE) ist Teil des Forstlichen Für den Zeitraum 1984-2012 beträgt die Rasterweite des Umweltmonitorings in Schleswig-Holstein. Sie liefert als landesweiten Stichprobennetzes 2 x 2 km, 2 x 4 km, 4 x 2km Übersichtserhebung Informationen zur Vitalität der Wald- und 4 x 4 km mit 148 bis 200 Erhebungspunkten. Alle Stich- bäume unter dem Einfluss sich ändernder Umweltbedin- probenbäume wurden mit gleicher Gewichtung bei der Be- gungen. Das Stichprobenraster der WZE ist darauf ausge- rechnung der Ergebnisse berücksichtigt. legt, die gegenwärtige Situation des Waldes landesweit Im Vorfeld der Erhebung 2013 wurde ein landesweit ein repräsentativ abzubilden. Ergebnis ist das Gesamtbild des heitliches Erhebungsraster (4 km x 2 km) mit jetzt 129 Waldzustandes für das Bundesland. Stichprobenpunkten eingerichtet. 2020 konnten 127 Erhe bungs punkte in die Inventur einbezogen werden. Dieser Auf nahmeumfang ermöglicht repräsentative Aussagen zum Waldzustand auf Landesebene sowie Zeitreihen für die Baumarten Buche, Eiche, Fichte, Kiefer und die Gruppen der anderen Laub- und Nadelbäume. Die Aufnahmen zur Wald- zustandserhebung erfolgten im Juli und August 2020. Sie sind mit qualitätssichernden Maßnahmen sorgfältig über- prüft. Für den Parameter mittlere K ronenverlichtung zeigt die Tabel le Seite 7 die 95 %-Konfidenzintervalle (Vertrauensbereiche) für die Baumarten und Altersgruppen der WZE-Stichprobe 2019. Je weiter der Vertrauensbereich, desto unschärfer sind die Aussagen. Die Weite des Vertrauensbereiches wird im Wesentlichen beeinflusst durch die Anzahl der Stichproben- punkte in der jeweiligen Auswerteeinheit und die Streuung der Kronenverlichtungswerte. Für relativ homogene Auswer- teeinheiten (z. B. Eiche bis 60 Jahre) mit relativ gering streu- Tensiometer zur Messung der Bodenfeuchte Foto: J. Weymar 6
Forstliches Umweltmonitoring Abbrechen von Kronenteilen durch Wind) gehen nicht in die Berechnung der Ergebnisse der Wald- zustandserhebung ein. Die Kronenverlichtung ist ein unspezifisches Merk- mal, aus dem nicht unmittelbar auf die Wirkung von einzelnen Stressfaktoren geschlossen werden kann. Sie ist daher geeignet, allgemeine Belas- tungsfaktoren der Wälder aufzuzeigen. Bei der Be- wertung der Ergebnisse stehen nicht die absoluten Verlichtungswerte im Vordergrund, sondern die mittel- und langfristigen Trends der Kronenent- wicklung. Zusätzlich zur Kronenverlichtung werden weitere sichtbare Merkmale an den Probebäumen wie der Vergilbungsgrad der Nadeln und Blätter, die aktuelle Fruchtbildung sowie Insekten- und Pilzbefall erfasst. Foto: M. Mahrenholz Mittlere Kronenverlichtung enden Kronenverlichtungen sind enge Konfidenzintervalle auch bei Die mittlere Kronenverlichtung ist der arithmeti- einer geringen Stichprobenanzahl sehr viel leichter zu erzielen als für sche Mittelwert der in 5 %-Stufen erhobenen Kro- heterogene Auswerteeinheiten (z. B. Eiche, alle Alter), die sowohl in nenverlichtungswerte der Einzelbäume. der Altersstruktur als auch in den Kronenverlichtungswerten ein brei- tes Spektrum umfassen. Starke Schäden Aufnahmeparameter Unter den starken Schäden werden Bäume mit Kronenverlichtungen über 60 % (inkl. abgestorbe Bei der Waldzustandserhebung erfolgt eine visuelle Beurteilung ner Bäume) sowie Bäume mittlerer Verlichtung des Kronenzustandes der Waldbäume, denn Bäume reagieren auf (30-60 %), die zusätzlich Vergilbungen über 25 % Umwelteinflüsse u. a. mit Änderungen in der Belaubungsdichte und aufweisen, zusammengefasst. der Verzweigungsstruktur. Wichtigstes Merkmal ist die Kronenver- lichtung der Waldbäume, deren Grad in 5 %-Stufen für jeden Stich- Absterberate probenbaum erfasst wird. Die Kronenverlichtung wird unabhängig von den Ursachen bewertet, lediglich mechanische Schäden (z. B. das Die Absterberate ergibt sich aus den Bäumen, die zwischen der Erhebung im Vorjahr und der aktu- 95 %-Konfidenzintervalle für die Kronenverlichtung der Baumartengruppen ellen Erhebung abgestorben sind und noch am und Altersstufen der Waldzustandserhebung 2020 in Schleswig-Holstein. Stichprobenpunkt stehen. Durch Windwurf und Das 95 %-Konfidenzintervall (= Vertrauensbereich) gibt den Bereich an, in Durchforstung ausgefallene Bäume gehen nicht in dem der wahre Mittelwert mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % liegt. die Absterberate, sondern in die Ausfallrate ein. Baumarten- Anzahl Anzahl 95%-Konfidenz- Altersgruppe Raster Ausfallrate gruppe Bäume Plots intervall (+-) Buche alle Alter 751 70 4x2 km 3,4 Das Inventurverfahren der WZE ist darauf ausge- bis 60 Jahre 204 25 4x2 km 3,0 legt, die aktuelle Situation der Waldbestände un- über 60 Jahre 547 49 4x2 km 3,0 ter realen (Bewirtschaftungs-) Bedingungen abzu- Eiche alle Alter 419 61 4x2 km 3,6 bilden. Daher scheidet in jedem Jahr ein Teil der bis 60 Jahre 114 20 4x2 km 2,0 Stichprobenbäume aus dem Aufnahmekollektiv über 60 Jahre 305 48 4x2 km 2,9 aus. Der Ausfallgrund wird für jeden Stichproben- baum dokumentiert. Gründe für den Ausfall sind Fichte alle Alter 522 57 4x2 km 4,3 u. a. Durchforstungsmaßnahmen, methodische bis 60 Jahre 156 18 4x2 km 7,4 Gründe (z. B. wenn der Stichprobenbaum nicht über 60 Jahre 366 41 4x2 km 4,9 mehr zu den Baumklassen 1-3 gehört), Sturmschä- Kiefer alle Alter 170 21 4x2 km 2,0 den oder außerplanmäßige Nutzung aufgrund von bis 60 Jahre 25 5 4x2 km 3,2 Insektenschäden. über 60 Jahre 145 16 4x2 km 1,6 Dort, wo an den WZE-Punkten Stichprobenbäu- andere Laub- alle Alter 705 77 4x2 km 3,7 me ausfallen, werden nach objektiven Vorgaben bäume bis 60 Jahre 413 38 4x2 km 3,6 Ersatzbäume ausgewählt. Sind aufgrund großflä- über 60 Jahre 292 47 4x2 km 6,4 chigen Ausfalls der Stichprobenbäume keine ge- andere alle Alter 457 49 4x2 km 7,1 eigneten Ersatzbäume vorhanden, ruht der WZE- Nadelbäume bis 60 Jahre 165 18 4x2 km 13,0 Punkt, bis eine Wiederbewaldung vorhanden ist. über 60 Jahre 292 33 4x2 km 6,4 Die im Bericht aufgeführte Ausfallrate ergibt sich alle alle Alter 3024 126 4x2 km 2,0 aus den infolge von Sturmschäden, Trockenheit Baumarten bis 60 Jahre 1077 57 4x2 km 3,0 und Insekten- oder Pilzbefall am Stichprobenpunkt über 60 Jahre 1947 93 4x2 km 2,0 entnommenen Bäumen. 7
WZE-Ergebnisse für alle Baumarten Inge Dammann und Uwe Paar Mittlere Kronenverlichtung Die Waldzustandserhebung 2020 weist wie im Vorjahr eine mittlere Kronenverlichtung für die Waldbäume in Schles- wig-Holstein (alle Baumarten, alle Alter) von 21 % auf. Nachdem in den ersten drei Erhebungsjahren (1984-1986) relativ geringe Verlichtungswerte (11 %) ermittelt wurden, stiegen in den Folgejahren die Verlichtungswerte an, am höchsten waren sie 2004 (24 %). Die Zunahme der Kronen- verlichtung im Jahr 2004 ist bei allen Baumartengruppen aufgetreten. Buchen, Eichen, Fichten und Kiefern hatten im Anschluss an das Extremjahr 2003 die höchsten Verlich- tungswerte in der Zeitreihe. In den Folgejahren gingen die Verlichtungswerte zurück, am stärksten bei den Fichten und für die Gruppe der anderen Nadelbäume. Die Trockenheit 2018 führte bei den anderen Laubbäumen zu Trockenstresssymptomen und einem Anstieg der Kro- nenverlichtung. 2019 stiegen auch die Verlichtungswerte der Fichten und Buchen an. 2020 sind die Buchen, Kiefern und die anderen Laubbäume wieder besser belaubt. Für Foto: M. Mahrenholz Fichten und Eichen ist 2020 keine Veränderung gegenüber Anteil starker Schäden 2019 feststellbar. Die anderen Nadelbäume zeigen 2020 eine mittlere Kro- Für den Erhebungszeitraum 1984-2020 liegt der durch- nenverlichtung von 22 %, dies sind 9 Prozentpunkte mehr schnittliche Anteil an starken Schäden bei 2,3 %. Im Jahr als im Vorjahr. Vor allem die Sitkafichten weisen in diesem 2020 wurden 4,7 % der Waldfläche als stark geschädigt Jahr Schäden auf. eingestuft. Die Spanne reicht von 1,2 % (Kiefer) bis 11,6 % Die Buchen und die anderen Laubbäume zu denen u. a. Bir- (andere Nadelbäume). ke, Esche und Ahorn gehören, nehmen zusammen fast 50 % Mit einer Kronenverlichtung über 60 % sind im Vergleich zu der Waldfläche in Schleswig-Holstein ein. Die Ergebnisse einer vollbelaubten Baumkrone Begrenzungen der Versor- der Waldzustandserhebung für den Gesamtwald sind daher gung der Bäume mit Wasser und Energie verbunden. Das stark durch die Verlichtungswerte der Buchen und der an- Vermögen der Bäume, sich an wechselnde Bedingungen deren Laubbäume geprägt. anzupassen, wird eingeschränkt. Alle Baumarten Einen bedeutsamen Einfluss auf das Gesamtergebnis hat die mittlere Kronenverlichtung in % Altersstruktur der Waldbestände, denn in den jüngeren bis Mittlere Kronenverlichtung in % 40 60-jährigen Beständen sind Schadsymptome sehr viel weni- ger verbreitet als in den älteren über 60-jährigen Waldbe- 35 ständen. Die mittlere Kronenverlichtung der über 60-jähri- 30 über 60 Jahre gen Waldbestände liegt mit 25 % fast doppelt so hoch wie 25 25 die der jüngeren Waldbestände (13 %). Im WZE-Kollektiv alle Altersstufen 20 sind zwei Drittel der Stichprobenbäume älter als 60 Jahre. 13 21 15 11 10 13 bis 60 Jahre 9 5 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl.(inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume),Bäume), alle Baumarten, alle Alter in % alle Baumarten, alle Alter in % 5 4,7 4 3 2 1 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Foto: H. Heinemann 8
WZE-Ergebnisse für alle Baumarten Absterberate JährlicheAbsterberate Jährliche Absterberate (stehende (stehende Bäume), Bäume), Zur Absterberate werden Bäume gezählt, die zum Zeitpunkt alleBaumarten, alle Baumarten, allealle AlterAlter in % in % 1,0 der Erhebung noch stehen, aber abgestorben sind. Im Mit- tel der Beobachtungsjahre ergibt sich mit 0,2 % eine sehr 0,8 geringe Absterberate. Mit 0,3 % überschreitet die Abster- berate 2020 für den Gesamtwald in Schleswig-Holstein den 0,6 langjährigen Durchschnittswert geringfügig. Überdurch- schnittlich hohe Absterberaten sind 2020 nur bei den ande- 0,4 0,3 ren Laubbäumen festzustellen. 02 Ausfallrate Die Ausfallrate ist das Ergebnis der infolge von Sturmwurf, 0 84-85 85-86 86-87 87-88 88-89 89-90 90-91 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Trockenheit, Insekten- und Pilzbefall am Stichprobenpunkt entnommenen Bäume. Im Zeitraum 1997-2020 liegen die jährlichen Ausfallraten zwischen 0,02 und 5 %, im Mittel bei Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als (als Schadholz Schadholz entnommene entnommene Bäume), 0,7 %. Durch die Orkane „Christian“ und „Xaver“ im Herbst/ Bäume), alle Baumarten, alle Baumarten, alle Alter in %alle Alter in % Winter 2013 waren die Ausfälle durch Sturmschäden bei der 6 WZE 2014 höher als in anderen Jahren. Vor allem Fichten und die Gruppe der anderen Nadelbäume waren betroffen. 5 2020 sind 1,4 % der Stichprobenbäume ausgefallen. 4 3 2 1,4 1 0 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 Anteil an den Vergilbungsstufen, AnteilBaumarten, alle an den Vergilbungsstufen, alle%Baumarten, alle Alter in % alle Alter in 7 Stufe 1 (11 - 25 % der Nadel-/Blattmasse) 6 Stufe 2 (26 - 60 % der Nadel-/Blattmasse) Stufe 3 (über 60 % der Nadel-/Blattmasse) 5 4 3 2 1 0,4 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Vergilbungen Vergilbungen der Nadeln und Blättern sind im Beobach- tungszeitraum insgesamt wenig aufgetreten. Der Anteil an Bäumen mit Vergilbungen über 10 % der Nadel- bzw. Blatt- masse liegt zwischen 0,3 und 6 %. Ein zeitlicher Trend zeich- net sich nicht ab, seit 2008 sind aber durchgehend niedrige Vergilbungswerte ermittelt worden. Fazit Die mittlere Kronenverlichtung für den Gesamtwald in Schleswig-Holstein ist 2020 gegenüber dem Vorjahr unver- ändert. Der Anteil starker Schäden und der Anteil der als Schadholz entnommenen Bäume (Ausfallrate) sind 2020 doppelt so hoch wie die langjährigen Mittelwerte. Die Ab- sterberate ist gegenüber dem Mittelwert leicht erhöht. Foto: M. Mahrenholz 9
Buche Buche Ältere Buche mittlere Kronenverlichtung Mittlere in % Kronenverlichtung in % 40 Die mittlere Kronenverlichtung der älteren Buchen ist 2020 mit 26 % um 7 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. 35 über 60 Jahre In den ersten beiden Erhebungsjahren war die Belaubungs- 30 dichte der Buchen vergleichsweise niedrig, in den F olgejahren 25 26 stiegen die Kronenverlichtungswerte sprunghaft an. Höchst- 20 werte der Kronenverlichtung traten in den Jahren 2000 und 2004 auf. Seit 1987 liegen die Verlichtungswerte der älte- 15 ren Buchen relativ hoch und erhebliche Schwankungen von bis 60 Jahre 10 6 Jahr zu Jahr sind typisch für die Zeitreihe. Eine Ursache für 5 7 die zunehmende Variabilität der Verlichtungswerte ist die 2 0 Intensität der Fruchtbildung. 2019 hat die intensive Frucht- 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 bildung der älteren Buchen zu erhöhten Verlichtungswerten beigetragen. Da die Buchen 2020 kaum Früchte ausbildeten, sind sie in diesem Jahr wieder besser belaubt, erreichen aber Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. (inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume), Bäume), nicht das niedrige Niveau der Jahre 2017 und 2018. alle Alterin in alle Alter %% 12 Jüngere Buche Buche 10 alle Baumarten Bei den Buchen sind die Unterschiede in der Belaubungs- dichte zwischen jüngeren und älteren Beständen besonders 8 stark ausgeprägt. Die jüngeren Buchen wiesen seit 2010 ein geringes Kronenverlichtungsniveau um 5 % auf. 2019 war 6 der Wert erhöht (9 %), hob sich aber nicht deutlich von den 4 Befunden früherer Jahre ab. 2020 beträgt die mittlere Kronenverlichtung 7 %. Da die 2,0 2 Blühreife der Buche erst mit einem Alter von 40-60 Jahren einsetzt, wird die Kronenentwicklung der jüngeren Buchen 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 kaum durch die Fruchtbildung beeinflusst. Starke Schäden Jährliche Absterberate (stehende Bäume), Wie beim Verlauf der mittleren Kronenverlichtung, treten Jährliche alle AlterAbsterberate in % (stehende Bäume), alle Alter in % auch beim Anteil starker Schäden bei den Buchen (alle Al- 2,5 ter) im Beobachtungszeitraum erhebliche Schwankungen Buche (zwischen 0,2 und 10,8 %) auf. 2020 liegt der Anteil stark 2,0 alle Baumarten geschädigter Buchen mit 2 % unter dem langjährigen Mittel (2,8 %). 1,5 1,0 0,5 0 0 84-85 85-86 86-87 87-88 88-89 89-90 90-91 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), Bäume), alle Alter alle Baumarten, in % alle Alter in % 20 18 Buche 16 alle Baumarten 14 12 10 8 6 4 0,4 2 0 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 Foto: J. Evers 10
Buche Foto: H. Heinemann Absterberate auf. 2019 haben 77 % der älteren Buchen mittel oder stark Obwohl die Anteile starker Schäden bei den Buchen in ein- fruktifiziert. Dies ist der zweithöchste Wert in der Zeitrei- zelnen Jahren angestiegen waren, führte dies nicht zu einer he seit 1996. 2020 haben die älteren Buchen kaum Früchte Steigerung der Absterberate. Im Vergleich zu den anderen ausgebildet. Geht man davon aus, dass eine starke Mast er- Hauptbaumarten weisen die Buchen die niedrigste Abster reicht wird, wenn ein Drittel der älteren Buchen mittel oder berate auf. Im Mittel der Jahre 1984-2020 liegt sie bei 0,05 %. stark fruktifiziert, ergibt sich rechnerisch für den Zeitraum 2020 ist keine Buche im Stichprobenkollektiv der WZE abge 1996-2020 alle 2,5 Jahre eine starke Mast. Literaturrecher- storben. chen (Paar et al. 2011) hingegen ergaben für den Zeitraum 1839-1987 Abstände zwischen zwei starken Masten für Ausfallrate 20-Jahresintervalle zwischen 3,3 und 7,1 Jahren. Die durchschnittliche Ausfallrate ist bei den Buchen ver- gleichsweise niedrig (0,2 %). 2014, 2015 und 2018 sind durch Anteil mittel und stark fruktifizierender älterer Sturmschäden überdurchschnittlich viele Buchen ausgefal- Anteil mittel Buchen inund % stark fruktifizierender älterer Buchen in % len. 2020 sind 0,4 % der Buchen als Schadholz entnommen 100 worden. 80 Fruchtbildung 60 Die Ergebnisse zur Fruchtbildung im Rahmen der Waldzu- standserhebung zeigen für die Buchen die Tendenz, in kur- 40 zen Abständen und vielfach intensiv zu fruktifizieren. Dies steht im Zusammenhang mit einer Häufung warmer Jahre 20 sowie einer erhöhten Stickstoffversorgung der Bäume. Die intensivste Fruchtbildung wurde 2011 festgestellt, 87 % der 0 0 älteren Buchen wiesen mittlere und starke Fruchtbildung 2000 2005 2010 2015 2020 11
Eiche Ältere Eiche Die Zeitreihe der mittleren Kronenverlichtung der älteren Ei- chen weist zu Beginn relativ niedrige Verlichtungswerte aus, es folgt ein rascher Anstieg der Verlichtung mit besonders hohen Kronenverlichtungswerten in den Jahren 1999 sowie 2004 und 2005. Seitdem sind die Werte nur leicht zurückge- gangen. Ab 2008 wird ein relativ konstanter Kronenverlich- tungswert (2020: 25 %) ermittelt. Die Entwicklung des Kronenzustandes der Eichen wird durch Insekten- und Pilzbefall beeinflusst. Die periodische Ver- mehrung von Insekten der so genannten Eichenfraßgesell- schaft trägt maßgeblich zu den Schwankungen der Belau- bungsdichte der Eichen bei. Seit 2014 wurden kaum mittlere oder starke Schäden durch Insektenfraß beobachtet. Jüngere Eiche Die Kronenentwicklung der Eichen in der Altersstufe bis 60 Jahre zeigt einen sehr viel günstigeren Verlauf als die Entwicklung der älteren Eichen. Von 1984-2003 wurden Verlichtungswerte zwischen 2 und 8 % ermittelt, nach dem Trockensommer 2003 lag die mittlere Kronenverlichtung höher (8 bis 12 %), seit 2012 werden wieder niedrigere Ver- lichtungswerte festgestellt (2020: 8 %). Eiche mittlere Kronenverlichtung Mittlere in % Kronenverlichtung in % 40 35 30 über 60 Jahre 25 25 20 15 10 5 bis 60 Jahre 5 8 2 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Foto: J. Weymar Starke Schäden Der Mittelwert der starken Schäden in der Zeitreihe liegt für die Eiche (alle Alter) bei 1,3 %. Eine Phase mit erhöhten An- teilen starker Schäden (bis 3,9 %) wird für die älteren Eichen im Zeitraum 1996-1999 in Verbindung mit intensivem Insek tenfraß verzeichnet. Anschließend sind die starken Schäden wieder zurückgegangen, 2020 liegt der Anteil bei 1,9 %. Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. (inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume), Bäume), alle Alterinin alle Alter %% 12 Eiche 10 alle Baumarten 8 6 4 1,9 2 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Foto: J. Weymar 12
Eiche Absterberate Im Mittel der Jahre 1984-2020 ist die Absterberate der Ei- chen niedrig (0,1 %). Überdurchschnittliche Absterberaten wurden vor allem im Anschluss an starken Insektenfraß er- mittelt, am höchsten war die Absterberate 1997 (0,5 %) und 2013 (0,4 %). 2020 ist keine Eiche abgestorben. Jährliche Absterberate (stehende Bäume), Jährliche alle AlterAbsterberate in % (stehende Bäume), alle Alter in % 2,5 Eiche 2,0 alle Baumarten 1,5 1,0 Foto: M. Spielmann 0,5 Ausfallrate 0 0 Die Ausfallrate der Eichen ist sehr niedrig und liegt in allen 84-85 85-86 86-87 87-88 88-89 89-90 90-91 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Erhebungsjahren unter dem Wert für den Gesamtwald in Schleswig-Holstein. 2014 (0,9 %) und 2018 (0,9 %) gab es Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), Abweichungen vom Mittelwert der Ausfallrate (0,2 %). 2019 Bäume), alle Alter alle Baumarten, in % alle Alter in % und 2020 ist keine Eiche außerplanmäßig (aufgrund von 20 Sturmschäden oder Insektenbefall) entnommen worden. 18 Eiche 16 alle Baumarten Fruchtbildung 14 Die Fruchtbildung der Eiche ist zum Zeitpunkt der Wald- 12 zustandserhebung im Juli und August nur schwer einzu- 10 schätzen, weil die Eicheln dann noch sehr klein sind. Im 8 Zuständigkeitsbereich der NW-FVA wurde daher für WZE- 6 Punkte mit mindestens 17 Eichen im Alter über 60 Jahre im 4 8 km x 8 km-Raster eine zusätzliche Erfassung im Septem- 2 ber durchgeführt. Die Eichen an diesen Referenzpunkten, 0 bestehend aus 13 WZE-Punkten, haben 2020 zu 31 % mittel 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 und stark fruktifiziert. Foto: J. Evers 13
Fichte Fichte Ältere Fichte mittlere Kronenverlichtung Mittlere in % Kronenverlichtung in % 40 Im gesamten Beobachtungszeitraum werden für die älte- ren Fichten anhaltend hohe Kronenverlichtungswerte bis 35 30 zu 37 % (2006) festgestellt. Ab 2012 ist ein deutlicher Rück- 30 27 gang der mittleren Kronenverlichtung zu verzeichnen. Seit über 60 Jahre 25 2019 setzt sich diese Entwicklung nicht fort, die mittlere 20 Kronenverlichtung steigt 2020 auf 27 %. 15 13 17 bis 60 Jahre Jüngere Fichte 10 Für die Fichten ist ein deutlicher Alterstrend festzustellen, in 5 den letzten Jahren nähern sich die Verlichtungswerte beider 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Altersgruppen allerdings an. Für die jüngeren Fichten be- trägt die mittlere Kronenverlichtung aktuell 17 %. Starke Schäden Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. (inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume), Bäume), alle Alterin in alle Alter %% Insgesamt (alle Alter) ergibt sich im Mittel aller Erhebungs- 12 jahre ein durchschnittlicher Anteil an starken Schäden von Fichte 2,4 %. Die Werte schwanken im Erhebungszeitraum ohne 10 alle Baumarten zeitlichen Trend zwischen 0,6 % und 4,7 %. 2019 und 2020 8 liegen die Anteile stark geschädigter Fichten (4 %) über dem langjährigen Mittel. 6 Absterberate 4 4,0 Die Absterberate der Fichten liegt im Mittel der Jahre 1984- 2 2020 bei 0,2 %. Die höchste Absterberate (1 %) für die Fich- ten wurde 1994 ermittelt. Im Jahr 2020 ist die Absterberate 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 durchschnittlich. Ausfallrate Jährliche Absterberate (stehende Bäume), Jährlich fallen im Mittel (1997-2020) 1,1 % der Fichten in der Jährliche alle AlterAbsterberate in % (stehende Bäume), alle Alter in % WZE-Stichprobe durch Sturmschäden oder Insektenbefall 2,5 aus. Nach den Orkanen „Christian“ und „Xaver“ fielen 2014 Fichte besonders viele Fichten aus (4,8 %). 2020 ist die Ausfallrate 2,0 alle Baumarten ebenfalls überdurchschnittlich (2,9 %). 1,5 1,0 0,2 0,5 0 84-85 85-86 86-87 87-88 88-89 89-90 90-91 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), Bäume), alle Alter alle Baumarten, in % alle Alter in % 20 18 Fichte 16 alle Baumarten 14 12 10 8 6 4 2,9 2 0 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 Foto: M. Mahrenholz 14
Kiefer Kiefer mittlere Kronenverlichtung in % Ältere Kiefer Mittlere Kronenverlichtung in % 40 Die älteren Kiefern weisen seit 1986 niedrigere Kronenver- lichtungswerte auf als die älteren Buchen, Eichen und Fich- 35 ten. 2020 beträgt die mittlere Kronenverlichtung 16 %. 30 über 60 Jahre 25 Jüngere Kiefer 20 In den letzten Jahren hat die Anzahl der bis 60-jährigen Kie- 15 13 16 fern im Stichprobenkollektiv so stark abgenommen, dass 10 keine Ergebnisse für diese Altersstufe dargestellt werden. bis 60 Jahre Für den Zeitraum bis 2014 zeigen sich kaum Unterschiede 5 4 im Kronenverlichtungsgrad zwischen den Altersgruppen. 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Die Entwicklung jüngerer und älterer Kiefern verläuft weit- gehend parallel. Starke Schäden Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. (inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume), Bäume), alle Alter in % alle Alter in % Der Anteil starker Schäden liegt bei den Kiefern (alle Alter) 12 im langjährigen Mittel der Erhebungsjahre bei 0,8 % und Kiefer bleibt durchgehend unter dem Wert für alle Baumarten. 10 alle Baumarten Im Erhebungszeitraum treten kaum Schwankungen auf. Im 8 Jahr 2020 wurden 1,2 % der Kiefern als stark geschädigt ein- gestuft. 6 Absterberate 4 Die Absterberate der Kiefern schwankt im Erhebungszeit- 2 1,2 raum zwischen 0 und 0,7 %, im Mittel der Zeitreihe beträgt sie 0,2 %. 2020 ist keine Kiefer abgestorben. 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Ausfallrate Die durchschnittliche Ausfallrate beträgt 0,4 %. Höhere Aus- Jährliche Absterberate (stehende Bäume), fälle in den Jahren 2000 und 2015 sind durch Sturmschäden Jährliche alle AlterAbsterberate in % (stehende Bäume), alle Alter in % bedingt. 2019 und 2020 mussten keine Kiefern als Schad- 2,5 holz entnommen werden. Kiefer 2,0 alle Baumarten 1,5 1,0 0,5 0 0 84-85 85-86 86-87 87-88 88-89 89-90 90-91 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), Bäume), alle Alter alle Baumarten, in % alle Alter in % 20 18 Kiefer 16 alle Baumarten 14 12 10 8 6 4 2 0 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 Foto: J. Evers 15
Andere Laub- und Nadelbäume In Schleswig-Holstein werden bei der Waldzustandserhe- bung als landesweite flächendeckende Stichprobeninven- tur 29 Baumarten erfasst. Neben den Hauptbaumarten Kiefer, Fichte, Buche und Eiche kommt in den Wäldern Schleswig-Holsteins eine Vielzahl weiterer Baumarten vor. Jede Baumart für sich genommen ist in der Stichprobe der Waldzustandserhebung allerdings zahlenmäßig so gering vertreten, dass allenfalls Trendaussagen zur Kronenentwick- lung möglich sind. Bei der Darstellung der Ergebnisse der Waldzustandserhebung werden sie daher in den Gruppen andere Laubbäume und andere Nadelbäume zusammen- gefasst. Zu den anderen Laubbäumen gehören u. a. Birke, Esche und Erle, bei den anderen Nadelbäumen handelt es sich vorwiegend um Lärchen und Sitkafichten. Mittlere Kronenverlichtung 2019 erreichte die mittlere Kronenverlichtung der anderen Laubbäume (alle Alter) einen Höchststand (24 %) in der Zeitreihe der Waldzustandserhebung. 2020 hat sich die Si- tuation leicht verbessert, mit 20 % ist die mittlere Kronen- verlichtung aber immer noch vergleichsweise hoch. Die mittlere Kronenverlichtung der anderen Nadelbäume (alle Alter) ist gegenüber dem Vorjahr um 9 Prozentpunkte angestiegen. Dies ist nach 2008 der zweithöchste Wert in der 37-jährigen Zeitreihe. Starke Schäden Der Anteil starker Schäden (alle Alter) liegt für die Gruppe der anderen Laubbäume im Erhebungszeitraum im Mittel bei 3,2 %. Seit 2010 wird dieser Durchschnittswert fortlau- fend überschritten. 2020 werden 6,1 % der anderen Laub- bäume als stark geschädigt eingestuft. Lärche Foto: H. Heinemann Für die anderen Nadelbäume (alle Alter) gibt es starke Andere Laub- und Nadelbäume Schwankungen beim Anteil starker Schäden, im Mittel sind mittlere Kronenverlichtung Mittlere in % Kronenverlichtung in % es 2,3 %. Erhöhte Werte sind 1984 und 2008 aufgetreten. 40 2020 sind besonders viele Bäume stark geschädigt (11,6 %). 35 andere Laubbäume, alle Altersstufen andere Nadelbäume, alle Altersstufen 30 25 22 20 20 15 12 10 5 5 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. (inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume), Bäume), alle Alterin in alle Alter %% 12 11,6 andere Laubbäume 10 andere Nadelbäume alle Baumarten 6,1 8 6 4 2 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Erle Foto: J. Weymar 16
Andere Laub- und Nadelbäume Absterberate Die Absterberate der anderen Laubbäume ist 2020 n iedriger als 2019, liegt mit 1,1 % aber weiter über dem langjährigen Mittel (0,6 %). Die Absterberate der anderen Nadelbäume liegt im Erhe- bungszeitraum durchgehend unter 0,5 %. Dies ist auch 2020 der Fall (0,2 %). Ausfallrate Bei den anderen Laubbäumen wird seit 2014 eine über- durchschnittliche Ausfallrate festgestellt. 2020 sind 3,3 % der Bäume als Schadholz entnommen worden. Hierbei spie- len sowohl Sturmschäden als auch Entnahmen wegen des Eschentriebsterbens eine Rolle. Die Gruppe der anderen Nadelbäume war 2014 stärker als alle anderen Baumartengruppen durch Sturmschäden be- troffen. Anschließend blieb die Ausfallrate niedrig (0 bis 0,4 %). Esche Die WZE-Ergebnisse der Eschen (alle Alter) heben sich deutlich von denen der anderen Baumarten ab. Durch das Eschentriebsterben liegt die mittlere Kronenverlichtung der Esche 2020 bei 39 %, 25 % sind stark geschädigt und 4,5 % abgestorben. Auch die Ausfallrate (16 %) ist höher als bei anderen Baumarten. Sitkafichte Bei der Sitkafichte haben die Schäden in diesem Jahr er- Birke Foto: NW-FVA heblich zugenommen. Die mittlere Kronenverlichtung (alle Alter) beträgt 50 % und 37 % der Sitkafichten weisen starke Jährliche Absterberate (stehende Bäume), Schäden auf. Die Absterberate bleibt relativ niedrig (0,7 %) Jährliche alle Absterberate Alter in % (stehende Bäume), alle Alter in % und keine Sitkafichte wurde als Schadholz entnommen. 2,5 andere Laubbäume 2,0 andere Nadelbäume alle Baumarten 1,1 1,5 0,2 1,0 0,5 0 84-85 85-86 86-87 87-88 88-89 89-90 90-91 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), Bäume), alle Alter alle Baumarten, in % alle Alter in % 20 18 andere Laubbäume 16 andere Nadelbäume 14 alle Baumarten 12 10 8 6 0,4 4 3,3 2 0 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Eschentriebsterben Foto: J. Evers 17
Witterung und Klima Johannes Sutmöller Für eine flächenhafte Aussage für das Land Schleswig-Hol- stein werden die klimatologischen Größen Niederschlag und Temperatur anhand der Messstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ausgewertet, indem die Messwerte mit einem kombinierten Regionalisierungsverfahren (In verse Distance Weighting, Höhenregression) auf ein 200 m- Raster interpoliert werden. Die Mitteltemperaturen werden in Grad Celsius (°C) und die Abweichung in Kelvin (K, ent- spricht °C) angegeben. Im Waldzustandsbericht wird die Witterung des aktuellen Vegetationsjahres beschrieben. Das Vegetationsjahr umfasst die Monate Oktober des Vor- Foto: J. Weymar jahres bis einschließlich September des aktuellen Jahres. Es folgte ein extrem niederschlagsreicher und milder Feb- Im Vegetationsjahr 2019/20 setzte sich die Trockenheit ruar. Mit 5,4 °C (+4,7 K) war der Februar 2020 in Schleswig- im dritten Jahr in Folge in Teilen Schleswig-Holsteins fort. Holstein einer der wärmsten seit Messbeginn im Jahr 1881. Obwohl die Nichtvegetationszeit von Oktober 2019 bis Wiederholt wurden in den tieferen Lagen Tageshöchst- April 2020 überdurchschnittlich hohe Niederschläge brach- temperaturen von über 15 °C gemessen. Zahlreiche Tief- te, konnte die Trockenheit der Waldböden dadurch nicht druckgebiete führten dazu, dass landesweit sehr viel Nie- vollständig ausgeglichen werden. Dies ist einerseits in der derschlag fiel. Im Mittel wurden rund 137 mm gemessen. ungleichen Niederschlagsverteilung begründet (nur in den Dies entspricht rund dem dreifachen der üblichen Nieder- Monaten Oktober, Januar und Februar fiel deutlich mehr schlagsmenge, so dass die Böden zum Ende des Winters Niederschlag als im langjährigen Mittel), andererseits wa- gut durchfeuchtet waren. Neben den hohen Niederschlags- ren alle Monate der Nichtvegetationszeit teilweise deutlich mengen traten im Februar mehrere Sturmereignisse auf. wärmer im Vergleich zur Periode 1961-1990, so dass auch Der Orkan „Sabine“ am 9. und 10. Februar sorgte auch in die Verdunstungsleistung der Wälder überdurchschnittlich Schleswig-Holstein für zahlreiche Schäden. Frostperioden hoch war. blieben während des gesamten Winters 2019/20 in Schles- Das Vegetationsjahr 2019/20 war mit 10,4 °C im Landesmit- wig-Holstein eine Ausnahme. tel von Schleswig-Holstein ähnlich warm wie die Jahre zuvor Auch im März setzte sich die milde Witterung zunächst fort. und zählt damit ebenfalls zu den wärmsten seit Messbe- Erst in der letzten Märzdekade führte eine mehrere Tage ginn im Jahr 1881. Mit 805 mm Jahresniederschlag wurde andauernde Ostwetterlage dazu, dass vielfach die tiefsten das langjährige Mittel von 782 mm leicht übertroffen. Dabei Temperaturen des Winters gemessen wurden. Trotzdem wurden in der Vegetationszeit nur rund 80 % der langjähri- war der März mit einer Mitteltemperatur von 5,6 °C um gen Niederschlagssumme gemessen, während in der Nicht- 2,4 K zu warm. Die Niederschlagshöhe betrug rund 46 mm vegetationszeit rund 20 % mehr als im Mittel der Referenz- und entsprach damit knapp 90 % des langjährigen Mittels. periode fiel. Im sonnigsten April seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1951 fielen im Flächenmittel von Schleswig-Holstein Witterungsverlauf von Oktober 2019 bis nur 20 mm Niederschlag. Dies entspricht nicht einmal der September 2020 Hälfte der üblichen Niederschlagsmenge. Die vielfach son- Im Oktober führten Westwindwetterlagen zu häufigen nige Witterung sorgte gepaart mit hohen Temperaturen – und flächendeckenden Niederschlägen. Mit 100 mm im die Monatsmitteltemperatur lag mit 8,9 °C um 2,3 K über Flächenmittel des Landes war der Monat nass (37 % über der mittleren Niederschlagsmenge). Mit einer Monatsmit- Abweichungen von Niederschlag und T emperatur vom teltemperatur von 10,6 °C war der Oktober 1,1 K wärmer als Mittel der Klimareferenzperiode 1961-1990 (durchge im langjährigen Durchschnitt (Abb. rechts, Tab. Seite 19 ). zogene schwarze Linie) in Schleswig-Holstein, Monats Im November setzte sich die milde Witterung fort. Die Mo- werte für das Vegetationsjahr 2020 (Oktober 2019 natsmitteltemperatur betrug 5,9 °C (+0,8 K). Das Gegen- bis September 2020) % spiel von Hochdruckgebieten über Osteuropa und tiefen Niederschlag 350 Luftdruck über Westeuropa führte zu einem Wechsel aus 300 250 wechselhaften und trockenen Witterungsphasen. Insge- 200 samt fielen im Mittel 79 mm Niederschlag und damit fast 150 genauso viel wie im langjährigen Mittel. 100 Der Dezember war aufgrund häufiger Südwest-Wetterla- 50 gen mit 5,0 °C deutlich zu warm (+3,2 K) und mit 53 mm K 0 Niederschlag trockener als üblich (73 %). 5 Temperatur Im Januar dominierten weiterhin Westwind-Wetterlagen, 3 so dass der Monat sehr mild und nass ausfiel. Die Abwei- chung betrug +5,1 K. Es fielen mit 84 mm rund 35 % mehr 1 als üblich. Aufgrund der hohen Temperaturen blühten Hasel -1 und Erle 2 bis 3 Wochen früher als im Mittel der Jahre 1961- -3 1990. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Mrz. Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Daten des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach 18
Witterung und Klima der vieljährigen Durchschnittstemperatur – für relativ hohe Verduns- 1990. Damit beendete der Mai eine 11- monatige tungsraten. In der Folge trockneten die Oberböden bereits im April Andauer zu warmer Monate. Die Eisheiligen mach stark aus, so dass insbesondere in den südöstlichen Landesteilen die ten in diesem Jahr ihrem Namen alle Ehre, da um Trockenheit zu Vegetationsbeginn ähnlich wie im Vorjahr zu ungüns- den 10. Mai verbreitet nochmals Frost auftrat. tigen Startbedingungen für die Pflanzen führte. Aufgrund der warmen Der Juni war warm bei durchschnittlichen Nie- Witterung kam es wie in den Vorjahren zu einem vorzeitigen Austrieb derschlägen. Die Monatsmitteltemperatur von der Vegetation. 16,9 °C lag um 1,9 K über dem langjährigen Mittel Im Mai setzte sich die Trockenheit fort, da mit 27 mm nur rund 50 % für Schleswig-Holstein. Mit 71 mm im Landesmit- der üblichen Niederschlagsmenge fiel. Die Mitteltemperatur betrug tel wurde das übliche Soll erreicht. 11,2 °C und lag damit 0,3 K unter dem Durchschnitt der Jahre 1961- Der Juli zeigte ein ausgeprägtes Nord-Süd-Ge- fälle in Deutschland. Während der Norden häufig Temperaturmittelwerte und Niederschlagssummen für das Vegetationsjahr 2019/20 (Oktober 2019 bis September 2020) sowie die langjährigen Mittel- von Tiefausläufern überquert wurde, waren diese werte der Referenzperioden 1961-1990 und 1991-2020 in der Mitte und im Süden Deutschlands nur ab- geschwächt wirksam. Die Niederschlagsmenge im Temperatur (°C) Niederschlag (mm) landesweiten Mittel betrug 83 mm und lag damit 1961 – 1991 – 1961 – 1991 – etwas über der vieljährigen Niederschlagsmenge. 2019/20 2019/20 1990 2020 1990 2020 Auch bei den Temperaturen gab es ein Nord-Süd- Oktober 10,6 9,5 9,9 100 73 74 Gefälle. Im Flächenmittel lag die Temperaturab- November 5,9 5,1 5,6 79 82 70 weichung bei -0,5 K und einer Mitteltemperatur Dezember 5,0 1,8 2,8 53 73 76 von 15,8 °C. Der August begann mit einer Hitzewelle. Teil- Januar 5,4 0,3 1,9 84 62 70 weise wurden an mehreren Tagen hintereinander Februar 5,4 0,7 2,1 137 42 54 Höchsttemperaturen von über 30 °C gemessen. März 5,6 3,2 4,3 46 52 53 Infolgedessen war der August mit einer Mittel- temperatur von 19,6 °C um 3,4 K wärmer als im April 8,9 6,6 8,2 20 48 39 Mittel der Referenzperiode 1961-1990. Zahlreiche Nicht- vegetationszeit 6,7 3,9 5,0 519 432 436 Starkniederschlagsereignisse sorgten dafür, dass Mai 11,2 11,5 12,2 27 55 54 im Flächenmittel das Niederschlagssoll annä- hernd erreicht wurde. Juni 16,9 15,0 15,4 71 68 73 Zum Abschluss des Vegetationsjahres 2019/20 Juli 15,8 16,3 17,7 83 80 83 folgte ein warmer, sehr trockener und sonnen- August 19,6 16,2 17,5 68 74 84 scheinreicher September. Die Temperatur lag September 14,4 13,3 14,1 37 73 72 1,1 K über dem Durchschnittswert und die Nie- derschlagsmenge erreichte nur die Hälfte des Vegetationszeit 15,6 14,5 15,4 286 350 366 Niederschlagssolls. Vegetationsjahr 10,4 8,4 9,4 805 782 802 Vergleich der Klimareferenzperiode zu kalt* -5 K -3 K -1 K +1 K +3 K +5 K zu warm* 1961-1990 mit 1991-2020 zu nass* 175 % 150 % 125 % 75 % 50 % 25 % zu trocken* Mit dem Jahr 2020 endet die aktuell international *Abweichung zur Periode 1961-1990 gültige Klimanormalperiode 1961-1990. Ab dem nächsten Jahr wird diese durch die neue Referenz Abweichungen von Niederschlag und Temperatur vom Mittel periode 1991-2020 abgelöst. Ein Vergleich der ak- der Klimareferenzperiode 1961-1990 Abweichungen von Niederschlag und gleitendes und Temperatur vom Mittel der 30-jähriges tuellen Referenzperiode 1961-1990 mit der neuen Klimareferenzperiode 1961-1990 und gleitendes 30jähriges Mittel in Schleswig-Holstein, Mittel in Schleswig-Holstein, Jahreswerte für das Vegetations- Jahreswerte für das Vegetationsjahr (Oktober-September) Periode von 1991-2020 für das Vegetationsjahr jahr (Oktober-September) mm zeigt deutlich, dass die Klimaveränderung in 1100 Schleswig-Holstein bereits zu einer signifikanten Mittel der Klimareferenzperiode 1961–1990 Niederschlag gleitendes 30jähriges Mittel 1000 Erwärmung geführt hat. Die Jahresmitteltempe- 900 ratur ist in den letzten dreißig Jahren von 8,4 °C 800 auf 9,4 °C angestiegen (Tab. links). Dies betrifft 700 sowohl die Nichtvegetationsperiode als auch die 600 Vegetationsperiode. In allen Monaten hat sich die 500 Temperatur im Zeitraum 1991-2020 gegenüber °C der Periode 1961-1990 erhöht. Besonders stark 11 Temperatur erwärmt haben sich die Monate Januar, Februar, 10 März, April, Juli und August mit bis zu 1,6 K. In den 9 Monaten Juni, Oktober und November ist die Er- wärmung dagegen weniger stark ausgefallen. 8 Bei den Niederschlägen kam es zu einer leichten 7 Zunahme von 782 mm auf 802 mm in der Jahres- 6 summe. Dabei sind besonders die Monate Januar, 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Februar und August deutlich feuchter geworden, Daten des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach Daten des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach 19
Sie können auch lesen