Wechselwirkungen Medikamente

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I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l          v o m    2 2 . 0 1 . 2 0 1 5

Wechselwirkungen Medikamente
Medikamente sind wichtig, um den Verlauf einer Krankheit zu verlangsamen oder so-
gar zu stoppen. Ebenso unverzichtbar sind sie bei der Linderung von Beschwerden
wie zum Beispiel Schmerzen, mit denen viele Menschen täglich leben müssen. Was
aber, wenn sich mit zunehmendem Alter immer mehr Erkrankungen einstellen, die mit
Arzneien behandelt werden müssen?

Nach einer Studie der Krankenkasse Barmer         die Rentnerin ist skeptisch, glaubt nicht
GEK aus dem Jahre 2013 schluckt jeder             recht an diese Erklärung. Sie erzählt dem
Dritte über 65 Jahre jeden Tag mehr als fünf      Doktor, schon lange und ohne Probleme
verschiedene Präparate. Die Frage nach ge-        nimmt sie Tabletten für Herz und Blutdruck
fährlichen Wechselwirkungen stellen sich          ein. Doch dann fällt ihr ein, seit einiger Zeit
viele Patienten. Die Angst ist begründet.         ist noch etwas Neues dazugekommen. Weil
Jährlich sterben 58.000 Menschen in deut-         sie starke Rückenschmerzen hat, schluckt sie
schen Kliniken an unerwünschten Medika-           zusätzlich Schmerzmittel mit Ibuprofen. Die
mentenwirkungen.                                  Mediziner werden hellhörig. Könnte die
                                                  Wechselwirkung der Arzneien die Nieren
Der Fall: Todkrank durch Wechselwir-              angegriffen haben? Der Verdacht bestätigt
kungen                                            sich! Der Arzneimittelmix hat die Nieren der
Renate F. schwebt in Lebensgefahr. Mit            Rentnerin überfordert. Diagnose Nierenver-
Blaulicht wird sie als akuter Notfall ins Ham-    sagen durch Wechselwirkungen! Diese Ge-
burger Uniklinik Eppendorf eingeliefert. Der      schichte ist kein Einzelfall. Schmerzmittel
Zustand der Rentnerin hatte sich bereits seit     wie Diclofenac oder Ibuprofen werden milli-
einiger Zeit aus unerklärlichem Grund ver-        onenfach verschrieben. Je älter die Patienten
schlechtert. Etwas stimmte mit ihrem gan-         sind und je mehr Medikamente sie wegen
zen Körper nicht mehr. Sie konnte nicht           anderer Erkrankungen nehmen müssen,
mehr essen und bekam schlecht Luft. Dann          desto höher das Risiko für ein Nierenversa-
musste sie erst andauernd Wasser lassen           gen. Fatal: Wenn Schmerzmittel die Arbeit
und auf einmal kam gar kein Urin mehr. In         der Niere belasten, tut das nicht weh. Nur
der Notaufnahme wird Blut entnommen.              durch eine regelmäßige Blutuntersuchung
Die Nierenwerte sind extrem hoch - Ver-           können Schäden rechtzeitig erkannt wer-
dacht auf Nierenversagen. Die Suche nach          den. Doch die wird oft nicht vorgenommen.
dem Auslöser beginnt. Die Ärzte fragen            Und dabei kann man bei ersten Anzeichen
Renate F., welche Medikamente sie täglich         auf weniger nierenbelastende Schmerzmittel
einnimmt, vermuten hier die Ursache. Doch         ausweichen, um das Organ zu schonen.

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Renate F. hat trotz allem Glück gehabt. Ihre     auf NSAR angewiesen sind, können Blut-
Nieren haben sich mit der Zeit wieder erholt.    druckmittel des Typs Calciumkanalmodula-
Jetzt bekommt sie weniger Medikamente            toren oder zentral wirkende Hochdruckarz-
und keine Schmerzmittel mehr.                    neien eine Alternative sein. Sie reagieren am
                                                 wenigsten mit NSAR.
Blutdruckmittel und Schmerzmittel
Wenn der Computer des Apothekers vor             Vorsicht mit Wassertabletten
potentiellen     Wechselwirkungen     warnt,     Zur Senkung des Blutdrucks oder zur Be-
steckt in den meisten Fällen eine Kombina-       handlung von Herzschwäche wird häufig
tion eines Blutdrucksenkers mit bestimmten       eine Kombination aus verschiedenen Arz-
Schmerzmitteln dahinter. Etwa ein Drittel        neien gegeben. Vereinfacht gesagt, versucht
aller Warnmeldungen betreffen diesen Arz-        man auf diese Weise, an verschiedenen
neimittelmix. Entstehen kann er übrigens         „Stellschrauben“ des Herz-Kreislauf-Systems
auch ohne Verordnung über ein Rezept             nur leicht zu drehen, statt an einer einzigen
durch die Einnahme freiverkäuflicher Medi-       ganz stark. Der Arzt stimmt individuell für
kamente. Es geht konkret um Schmerzmittel        jeden Patienten ab, welcher Mix der Arznei-
aus der Gruppe der sogenannten „nicht            en zur Behandlung ideal ist. Bestimmte
steroidalen Antirheumatika“ (NSAR). Sie          Kombinationen können für einige gefährlich
werden oft in der Behandlung von Rheuma,         werden. Bei Patienten mit eingeschränkter
Arthritis, Arthrose, Gicht und so weiter ein-    Nierenfunktion, Diabetes mellitus und ande-
gesetzt. Neben den vom Arzt verordneten          re könnte eine Kombination aus ACE-
Wirkstoffen wie Parecoxib, Etoricoxib oder       Hemmern und sogenannten kaliumsparen-
Celecoxib zählen auch beliebte freiverkäufli-    den Diuretika (Wirkstoffe Spironolacton,
che Produkte wie Aspirin, Ibuprofen oder         Amilorid, Triamteren) zu einem gefährlichen
Diclofenac zu den NSAR. Die Mittel agieren       Effekt führen. Durch diese Kombination
besonders mit Blutdrucksenkern des Typs          scheidet der Körper vermehrt Salz aus, wäh-
„ACE – Hemmer/AT-II-Antagonisten“ (zum           rend die Ausscheidung von Kalium vermin-
Beispiel Wirkstoffe Captopril, Enalapril oder    dert wird. Der Elektrolythaushalt des Kör-
Lisinopril). Etwas schwächere Wechselwir-        pers gerät im Extremfall in ein gefährliches
kungen sind aber auch mit Wassertabletten        Ungleichgewicht. Es kommt innerhalb we-
(Diuretika) und Betablockern beobachtet          niger Tage zu Symptomen wie Blutdruckab-
worden. NSAR treiben den Blutdruck leicht        fall, Herzrhythmusstörungen, Herzstillstand
nach oben, was die Wirkung der Blut-             und Muskelbeschwerden und Missempfin-
druckmittel abschwächt. Für Patienten, die       dungen (Gefühl Ameisenlaufen) der Haut.

Arzneien gegen Depressionen
Antidepressiva reagieren mit vielen anderen häufig verordneten Mitteln. Besonders bei einer
Kombination mit Herz-Kreislauf-Arzneien sollten sie den Arzt auf mögliche Wechselwirkungen
ansprechen. Große Vorsicht ist auch bei gleichzeitiger Einnahme von Johanniskraut-Präparaten
geboten. Zusammen mit Antidepressiva kann es zu einem sogenannten Serotoninsyndrom (sero-
tonerges Syndrom) kommen. Es führt zu Symptomen wie einer veränderten psychischen Verfas-
sung, großer Ruhelosigkeit, rasche unwillkürliche Muskelzuckungen, gesteigerte Reflexbereit-
schaft, Schwitzen und Schüttelfrost.

Lebensmittel und Arznei – Gefährlicher           Trinken können die Wirkung von Arzneistof-
Mix!                                             fen so verändern, dass es gefährlich wird. So
Dass zwischen verschiedenen Medikamen-           verstärkt zum Beispiel Alkohol die Wirkun-
ten Wechselwirkungen auftreten können,           gen und Nebenwirkungen zahlreicher Mit-
wissen die meisten. Doch auch bestimmte          tel, wie zum Beispiel gegen Allergie (Antihis-
Lebensmittel ergeben mit manchen Arznei-         taminika), Epilepsie (Anitepileptika) oder
en eine riskante Mischung. Denn Essen und        gegen psychische Probleme (Psychopharma-

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ka). Alkoholische Getränke stören auch die        schen, die Schmerzmittel des Typs NSAR
Behandlung der Zuckerkrankheit mit Antidi-        (Ibu, ASS) einnehmen, sollten nicht mit Al-
abetika. Sie führen zu einer gefährlichen         koholischem kombinieren. Andernfalls ris-
Unterzuckerung, da Alkohol die Zuckerneu-         kieren sie Schädigungen der Magenschleim-
bildung in der Leber hemmt. Auch Men-             haut.

Grapefruit: Schon vor über zwanzig Jahren zeigten kanadische Forscher, dass Grapefruitsaft
im Körper den Abbau von 85 Medikamenten bremsen kann. Folge – sie wirken stärker als
erwartet, auch Nebenwirkungen sind schwerer. Bei anderen Arzneien wiederum wird die Wir-
kung schwächer. Gefährlich vor allem bei Blutfettsenkern, Blutdrucksenkern und Medikamen-
ten, die das Immunsystem hemmen.
Cranberrysaft: Der herb-süße Saft der Cranberries gilt als vitaminreich. Angeblich wirkt er
gegen Bakterieninfektionen. Allerdings enthält er sogenannte Flavonoide, und die verstärken
die Wirkung von Blutgerinnungshemmern wie etwa Warfarin.
Lakritze: Lakritze wird aus dem Extrakt der Süßholzwurzel gemacht. Und der kann Einfluss
auf den Blutdruck nehmen. Blutdrucksenker wirken dann nicht mehr so effektiv wie geplant.
Milchprodukte: Milch und Käse sind gut für die Knochen, weil Kalzium drinsteckt. Aber:
Kalzium bildet mit bestimmten Medikamenten sogenannte Komplexe, sie werden dann nicht
richtig aufgenommen. Vorsicht geboten ist vor allem bei Antibiotika und Osteoporose-
Medikamenten.
Grünes Gemüse: Das Problem in Grünkohl, Brokkoli oder Rosenkohl ist das enthaltene Vita-
min K. Wird extrem viel davon gegessen, schwächt das die Wirkung von Blutgerinnungshem-
mern, etwa beim bekannten Marcumar. Fazit – Medikamente immer mit Wasser schlucken.
Bei neuen Verordnungen mit dem Arzt auch über Ernährungsgewohnheiten sprechen.

So nehmen Sie Arznei richtig ein!                 dort Schleimhautschäden verursachen. Bei
Medikamente sollten ausschließlich mit ei-        der zeitlichen Einnahme halten Sie sich am
nem Glas Leitungswasser geschluckt wer-           besten immer genau an die Empfehlungen
den. Mineralwässer enthalten zum Beispiel         des Arztes und der Packungsbeilage. Denn
zu viel Calcium, welches die Aufnahme der         der Einnahmezeitpunkt spielt eine wichtige
Wirkstoffe zum Teil massiv beeinträchtigen        Rolle, damit Arzneien optimal wirken kön-
kann. Achten Sie darauf, bei der Einnahme         nen und nicht mit Nahrung oder anderen
aufrecht zu sitzen, damit Tabletten nicht in      Medikamenten interagieren.
Mund und Speiseröhre kleben bleiben und

Was heiß eigentlich, …
auf nüchternen Magen          = frühestens zwei Stunden nach einer Mahlzeit
vor dem Essen                 = halbe Stunde vor der Mahlzeit
zum Essen                     = während der Mahlzeit oder als Abschluss der Mahlzeit
nach dem Essen                = siehe Packungsbeilage, dort genau oft Stundenangaben
unabhängig vom Essen          = Einnahme jederzeit möglich

Dr. Smartphone als Arzneimanager                  ten, Ihre Therapie planen und sogar nach
Mal ehrlich – haben Sie im Kopf, was Sie          Wechselwirkungen suchen. Wir haben uns
alles für Pillen in ihrer Hausapotheke haben?     15 Apps für iPhone und Android mal näher
Oder – wann genau Sie welches Medika-             angesehen. Unser Fazit – viele praktische
ment einnehmen müssen? Wenn Sie ein               Apps erleichtern Ihnen die Therapie. Und
Smartphone besitzen, können Sie mit den           das Beste ist – die meisten kosten nicht mal
passenden Apps Ihre Medikamente verwal-           was.

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Die erste Gruppe sind reine „Medika-                Die dritte Gruppe Apps ist eine Art Mul-
menten-Verwalter“:                                  titalent.
Darunter fällt auch eine App, die – „Haus-          Die App „Apotheke vor Ort“ sagt Ihnen
apotheke“ heißt. Mit der Kamera des                 zum Beispiel, wo Sie die nächste Apotheke
Smartphones scannen Sie den Strichcode              finden. Sie können dort Medikamente vor-
aller Packungen ihres Medizinschränkchens           bestellen oder sie von dort liefern lassen.
ein. Der Name des Medikaments erscheint             Außerdem werden ständig News und In-
automatisch auf einer Liste. Per Hand kön-          formationen angeboten. Aber die App kann
nen Sie noch das Haltbarkeitsdatum eintip-          was, das andere nicht können. Auch hier
pen. Wenn es abläuft, wird man von der              können Sie nämlich den Strichcode auf der
App rechtzeitig gewarnt. So haben Sie auch          Packung einscannen. Die App erkennt das
unterwegs immer eine Liste aller Medika-            Medikament und findet im Netz den pas-
mente aus der Hausapotheke dabei. Prak-             senden Beipackzettel, falls Sie den mal ver-
tisch, wenn zum Beispiel Arzt oder Apothe-          legt haben. Und – sie warnt vor Wechsel-
ker danach fragen.                                  wirkungen.

Die zweite Gruppe Apps fällt unter die              Unter die vierte fallen die Spezialisten.
Kategorie „Medikamenten-Planer“:                    Wenn Sie so richtig viel über Medikamente
Apps, die Sie an die Einnahme von Tablet-           wissen wollen, so viel wie Ihr Arzt oder Apo-
ten erinnern, gibt es massenhaft. Auch hier         theker, dann laden Sie sich diese Art Apps.
müssen Sie erst einmal alle Pillen, auf die Sie     Mit „Arznei aktuell“ kriegen Sie für jedes
angewiesen sind, in eine Liste aufnehmen.           Medikament auf dem Markt alle nur denk-
Uhrzeit der Einnahme einstellen und dann            baren Infos. Die App ist erst einmal kosten-
erinnert Sie die App jeden Tag, dass es Zeit        los, Funktionen wie der Wechselwirkungs-
für Ihr Medikament ist. Wenn Sie die Arznei         Check müssen aber zugekauft werden. Das
geschluckt haben, einfach bestätigen –              Ganze ist vor allem was für Profis.
dann sind Sie immer sicher, dass Sie die            (Andere Apps: „Arznei check“, „Arznei mo-
Arznei wirklich genommen haben. Die meis-           bil“)
ten dieser „Pillenwecker“ sind kostenlos.
Allerdings blenden einige von ihnen Wer-            Unser Rat
bung ein oder haben nur eingeschränkte              Wer viele Medikamente einnehmen muss,
Funktionen. Zum Beispiel, dass die Anzahl           sollte vor allem den Überblick behalten.
der Medikamente, die Sie eintragen können,          Dazu sind Medikamentenpläne in Papier-
begrenzt ist. Interessant ist, dass einige          form ein Muss. Wer diese Liste zu jedem der
Apps Ihnen eine Übersicht über die Tablet-          ihn behandelnden Ärzte und auch zum
teneinnahme der letzten Wochen anzeigen             Apotheker mitbringt, ist gut beraten. Wer
und auch für Ihren Arzt einen Bericht erstel-       sich zudem unabhängigen Rat zu seinem
len.                                                Medizinmix einholen möchte, kann die kos-
(andere Apps: „MediSafe“, „RePill Intl“,            tenlosen Arzneimittelberatungsstellen kon-
„Meine Medizin“, „Medikamenten Tage-                taktieren:
buch“, „Pill Reminder“, „My Therapy“, „Me-
di Reminder“, „Arzneiwecker“ etc.)

Arzneimittelberatung der Unabhängige Patientenberatung Deutschland UPD

Arzneimittelberatungsdienst
Tel. 0800 0 11 77 25 (gebührenfrei im Festnetz)

Montag, Dienstag, Donnerstag:        09:00 bis 16:00 Uhr
Mittwoch und Freitag:                09:00 bis 13:00 Uhr

http://www.patientenberatung.de/arzneimittelberatung

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Gäste im Studio
Dr. med. Ursula Wolf, Fachärztin für Innere Medizin, Universitätsklinikum Halle
Göran Donner, Apotheker, Vizepräsident der Sächsischen Landesapothekerkammer
Jutta Werner, Patientin

Buchtipps
Wertvolle Tipps, wie Sie dank einfacher Hausmittel Ihre Selbstheilungskräfte aktivieren und Ihren
Körper wieder ins Gleichgewicht bringen können, finden Sie auch im neuen Hauptsache Ge-
sund-Buch „Meine besten Hausmittel“.
ISBN: 978-3-89883-272-4; 19,95 Euro
Erhältlich im Buchhandel und im MDR-Shop.

Anschrift/ Thema der nächsten Sendung
MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“
Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund;
E-Mail: hauptsache-gesund@mdr.de
Thema der Sendung vom 29.01.2014: “ Grüner Star: Schmerzlos und heimtückisch“

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