Weisheiten und Dummheiten

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Weisheiten und Dummheiten
054_058_Junger_alter_Hund         29.06.2005     14:28 Uhr      Seite 2 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005

      UNSERE HUNDE

      WAS LERNT DER JUNGE VOM ALTEN HUND?

      Weisheiten und
      Dummheiten
      Irgendwann steht für den langjährigen Jagdhelfer der Nachfolger in der Tür, und es beginnt erneut
      der lange Weg der Ausbildung. Stellt sich die Frage, was der junge Hund vom alten Kämpen lernen
      kann – Gutes wie Schlechtes? Erfahrene Hundeführer erzählen aus ihrer Praxis.

      Bernd-Dieter Jesinghausen                      als der alte Hund nicht mehr da war. Das      Wendelstein“, ein lebhafter, quirliger, klei-
                                                     enge Zusammenleben der zwei hatte je-         ner Welpe und Neffe der Hündin. Bei wei-

      A
             rno vom Wendelstein“, genannt           doch nicht nur zu einer klaren Rangord-       tem nicht so brav, zurückhaltend und an-
             „Arco“, war ein 15 Jahre alter Klei-    nung und Rollenverteilung auf der Jagd ge-    passungsbereit wie „Dorka“ zuvor beim
             ner Münsterländer und hatte einen       führt. Da war noch mehr!                      „Arco“ zeigte sich „Eras“ als junger Hund
      Milztumor. Die Diagnose vom Tierarzt war          Die KlM-Hündin trauerte nämlich, wur-      von ganz anderer Natur und Passion. Wie
      eindeutig und damit war das nahe Ende ei-      de zusehends inaktiver, nahm ab, verhielt     lange würde das gutgehen auf der Jagd, und
      ner langen Jagdkameradschaft und Zusam-        sich missmutig und ließ sich nur noch ge-     wann würde der Rüde im Revier die
      menarbeit besiegelt. Sechs Monate später       legentlich mit Arbeiten im Revier aufmun-     Führung an sich reißen? „Dorka“ war näm-
      war es dann soweit: Der Tumor brach auf        tern. Der hinzugezogene Tierarzt bestätig-    lich eine fürsorgliche „Mutter“ und auch
      und „Arco“ wechselte in die ewigen Jagd-       te unseren Verdacht: „Die Hündin ist kör-     im Wesen wieder wie ausgewechselt.
      gründe über. Die zwei Jahre junge Hündin       perlich kerngesund, nur ihr Gemüt scheint        Wir sollen uns jedoch täuschen. „Dor-
      „Dorka vom Wendelstein“ wurde meine            krank zu sein!“ Also kann Alleinsein nicht    ka“ und „Eras“ entwickelten sich zu einem
      „Nr. 1“ auf der Jagd, stellte sich von einem   nur Menschen krank machen.                    Super-Gespann. Bestens aufeinander ein-
      auf den anderen Tag um und zeigte nun ein                                                    gestellt, wechselten sie die Führung beim
      Selbstbewusstsein sowie eine Initiative im     Somit war klar, „Dorka“ braucht wie-          Einsatz in Feld und Wald, je nachdem, wer
      Revier, wie wir sie vorher nicht kannten.      der einen Gefährten an ihrer Seite. Der war   bei welcher Arbeit der Leistungsfähigere
      Der „Knoten“ war plötzlich aufgegangen,        schnell gefunden und hieß „Eras vom           war. So hatte „Eras“ die feinere Nase, das

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Weisheiten und Dummheiten
054_058_Junger_alter_Hund        29.06.2005       14:28 Uhr     Seite 3 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005

        bessere Vorstehen und die größere Schnel-
        ligkeit. Die erfahrene „Dorka“ war dagegen
        ruhiger, planvoller und ging intelligenter
        zur Sache.
           In den ersten zwei Jahren machte der
        Jüngere der Älteren vieles nach, was uns die
        Ausbildung vor allem in den Gehorsams-
        fächern erheblich erleichterte: Hereinkom-
        men auf Pfiff, bei Fuß gehen, Ablegen,
        Standruhe, alleine Daheim- und Im-Auto-
        bleiben waren keine Probleme. Insbeson-
        dere Frauchen, dem die beiden Hunde häu-
        fig überlassen blieben, war für die „Erzie-    Bernd-Dieter Jesinghausen ist Präsident der Verbandes für Kleine Münsterländer. Als Führer
        hungshilfe“ durch die Hündin sehr dank-        und Ausbilder schätzt er das Zusammenspiel seiner Vorstehhunde in der Praxis
        bar. Hier wurde uns deutich vor Augen ge-
        führt, dass es einen großen Unterschied        ten, die Nase gezielter einzusetzen, an den    arbeitete „Eras“ konzentriert, sorgfältig
        machen kann, ob ein Welpe zu einer jun-        richtigen Stellen nach Hasen zu suchen         aber mit Volldampf die Spur. „Dorka“ ar-
        gen Hündin ins Haus kommt und das fa-          und gründlich die Deckung sowie schutz-        beitete dagegen mit Intelligenz und Auge
        miliäre Zusammenleben teilt oder ob ein        bietenden Büsche, Sträucher und Jung-          solange hinter dem Jüngling her, alle Ha-
        Welpe zu einem alten Rüden kommt, der          fichten zu überprüfen. Nach einer gerau-       ken abschneidend, bis der Hase ver-
        plötzlich die Aufmerksamkeit und Zuwen-        men Lern- und Übungszeit war der Erfolg        schwunden war und „Eras“ aufgab. Es kam
        dung seiner menschlichen Familie mit ei-       des Gespanns bei Treib- und Drückjagden        allerdings auch vor, dass Lampe sich in ei-
        nem jungen Eindringling teilen soll. „Ar-      eindrucksvoll. Treiberwehr und die beiden      ner Deckung versteckte, „Eras“ wieder ein-
        co“ hatte es nämlich der jungen „Dorka“        Hunde hatten zumeist den gleichen Anteil       mal die Spur überschoss und verzweifelt
        lange Zeit sehr schwer gemacht. Er war oft     an hochgemachten beziehungsweise vor-          seinen Hasen suchte, während die langsam
        eifersüchtig, abwehrend und immer auf          gestandenen Hasen und Füchsen, manch-          nacharbeitende „Dorka“ das Langohr in
        Distanz bedacht.                               mal ging sogar der größere Teil auf das Kon-   seiner Deckung fing, apportierte sowie ge-
           Aber es ist nicht allein der Gehorsam,      to des Hundeteams.                             mütlich und sichtbar stolz ihrem Führer
        der sich beim jungen Hund leichter ein-                                                       zutrug.
        stellt. „Eras“ lernte schneller, im Wasser     Im Feld ging es umgekehrt herum: Die               So ist es eben zuweilen auch auf der Jagd:
        und im Schilf zu arbeiten und vor allen        ältere Hündin hatte gelernt, dass „Eras“       Mit Bedacht und Intelligenz geht es besser
        Dingen im Wald zu stöbern! Mit seiner ho-      mehr Wild fand als sie, und so wartete sie     als mit Passion und Geschwindigkeit! Übri-
        hen Schnelligkeit und sehr guten Nase war      geduldig und aufmerksam ihren „Junior“         gens: Als ich eben Frauchen fragte, welche
        er zwar im Feld leicht erfolgreich, konnte     beobachtend, bis dieser vorstand. Dann         Unarten „Eras“ denn von seiner „Dorka“
        Wild finden und festmachen. Im Wald            erst rannte sie los, um „nachzuschauen“        gelernt haben könnte, erhielt ich die Ant-
        konnte er zwar noch mehr Wittrung finden       und mitzumachen. Hielt der Hase nicht so       wort: „Meine Dorka hat keine Unarten!“
        – dafür aber viel weniger Wild. Und so lern-   lange aus, bis „Dorka“ angekommen war          Naja, dann muss „Eras“ die seinen wohl
        te er von der „Dorka“ langsamer zu arbei-      und ging hakenschlagend aus der Sasse, so      woanders gelernt haben.

                           Das Vorstehen gezeigt bekommen
                                                                                                        Mathias Kellner
               Mathias Kellner, Geschäftsführer
               des Deutschen Pointer-Clubs,
               bei Vorstehübungen mit seinen
               Hunden im Feld
                                                                                                        D    ie Frage, ob der ältere Hund bei der
                                                                                                             Junghundausbildung generell da-
                                                                                                        bei sein soll, kann man nicht pauschal
                                                                                                        mit „ja“ oder „nein“ beantworten. Es
                                                                                                        hängt von der Rasse, dem Charakter des
                                                                                                        Hundes und der jeweiligen Übung ab.
                                                                                                           Ich besitze mehrere Pointer und ver-
                                                                                                        fahre generell folgendermaßen: Der
                                                                                                                                                       F OTOS : S EEBEN A RJES , P RIVAT (2)

                                                                                                        Welpe ist nach einer kurzen Eingewöh-
                                                                                                        nungsphase ständig mit den älteren
                                                                                                        Hunden zusammen. Anfangs unter Auf-
                                                                                                        sicht und später auch allein. Der Jung-
                                                                                                        hund lernt durch den ständigen Kontakt
                                                                                                        sehr schnell, den Althund zu respektie-
                                                                                                        ren.
                                                                                                                                               ➙
                                                                                                                      WILD UND HUND 14/2005      55
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      UNSERE HUNDE

      Im Zwinger können die Hunde miteinan-            Vorher habe ich am Feldrand einen Tau-        Hand. Nach und nach verlängern sich die
      der spielen, aber außerhalb des Zwingers         benwerfer so positioniert, dass die Hunde     Vorstehphasen. Erst wenn der junge Hund
      spiele ich mit dem Junghund nur alleine,         beim Entlanglaufen des Weges genau in die     zuverlässig vorsteht, lasse ich beide Pointer
      um ihn besser auf mich zu fixieren. Bei          Wittrung laufen. Der ältere Hund läuft vor    im Feld suchen. Wenn ich mir sicher bin,
      Spielen, die die Vorstufe zur praktischen        und bleibt sofort stehen, sobald er Witt-     dass der Azubi weiß, worum es geht, darf er
      Jagd bilden, ist der ältere Hund natürlich       rung hat. Der Junghund, der gelernt hat,      alleine suchen. Aber erst dann – denn sonst
      wieder mit dabei, zum Beispiel das Vorste-       auf den älteren zu achten, wird das Gleiche   besteht die Gefahr, dass der Hund dem Äl-
      hen an der Dressurangel. Der Junghund            tun. Nachdem die Hunde anfangs nur ganz       teren einfach nur nachläuft, ohne wirklich
      lernt dadurch, das Verhalten des Älteren         kurz gestanden haben, lasse ich die Taube     seine Nase zu benutzen.
      nachzuahmen. Sobald der junge Hund si-           frei. Dabei halte ich das Ende der langen        Für mich steht fest, dass ein gut ausge-
      cher an der Dressurangel vorsteht, gehe ich      Leine, die in dieser Ausbildungsphase noch    bildeter Althund eine große Hilfe bei der
      mit beiden ins Revier.                           am Junghund ist, zur Sicherheit in der        Einarbeitung des jungen Hundes ist.

           Vertrauen für die Arbeit unter Tage schaffen
                                                                             Gorch-Peter Nolte,      ständlichkeit ist. Bald darf der zukünftige
                                                                             Vorsitzender der        Jagdgefährte im Revier Durchlässe alleine
                                                                             Gruppe Rheinland-       kontrollieren und den einen oder anderen
                                                                             Pfalz-Saarland im       Kunstbau revidieren, wenn der ältere Hund
                                                                             Verein Jagdteckel,      diesen vorher inspiziert hat. Wenn alles
                                                                             arbeitet seit über 40   klappt, darf er dort dann auch alleine auf
                                                                             Jahren mit Erd- und     Erkundung gehen. Wichtig ist, dass diese
                                                                             Vorstehhunden           Kunstbaue dann auch so angelegt sind,
                                                                                                     dass man jederzeit am Kessel eingreifen
                                                                             ge- und Sozialisie-     kann. So sollten sowieso alle angelegt sein.
                                                                             rungsphase (8 bis 12    Solange der Alte noch fit ist und der Junge
                                                                             Woche) in die neue      sich mit ihm gut verträgt, ergibt sich aus
                                                                             Meute des Welpen-       dieser Einarbeitung oftmals ein gutes Bau-
                                                                             käufers über. Welch     jagdteam.
                                                                             ein Segen, wenn be-
                                                                             reits ein guter und     Auch zum Stöbern wird der Junghund
                                                                             gehorsamer, älterer     vom Älteren lernen können. Man sollte an-
                                                                             Hund präsent ist.       fangs aber viel Zeit mitbringen. Zieht der
                                                                             Bald wird sich der      erfahrene Hund anfangs den jungen mit in
                                                                             Jüngere an ihm ori-     den abzusuchenden Bereich und bleiben
                                                                             entieren. Der Jung-     sie ohne Wildkontakt, kommen beide
                                                                             hund lernt im Team,     recht bald zurück – häufig der junge sogar
                                                                             Gutes aber auch Un-     früher. Aber solange der ältere Meutekum-
      Gorch-Peter Nolte                                erwünschtes. Das muss der Jäger mit kluger    pan die Suche nicht aufgibt, wird es den
                                                       Voraussicht steuern.                          Lehrling auch immer wieder in die

      A    ls Jagdhundeführer erwarten wir von
           unseren vierbeinigen Helfern, dass die-
      se uns bei der Arbeit im Revier unterstüt-
                                                          Damit sich der zukünftige Bauhund an
                                                       die Gegebenheiten unter der Erde ge-
                                                       wöhnt, sollte er recht bald bei Reviergän-
                                                                                                     Dickung ziehen. Völlig anders sieht das
                                                                                                     aus, wenn der Junghund seine ersten Kon-
                                                                                                     takte zu warmen Fährten erfährt. Der alte
      zen. Ja häufig die Tätigkeiten, die wir selbst   gen mit dem älteren und erfahrenen Hund       Hund bricht, aus der Erfahrung, dass er aus
      nicht ausführen können, für uns überneh-         erste einfache Durchlässe inspizieren und     dem Wirkungsbereich des Jägers ist, die
      men. Unsere Teckel und Terrier, die Spezia-      passieren dürfen. Wichtig ist, dass man die   Verfolgung ab. Der Azubi ist anfangs so fas-
      listen unter den Jagdhunden arbeiten un-         Durchlässe und Unterquerungen kennt,          ziniert, dass er den Rest der Welt vergisst.
      ter der Erde im Bau am Raubwild oder stö-        damit man die Hunde nicht in Gefahr           Dann heißt es, mit dem alten Hund am
      bern Wild in dichtem Verhau auf und brin-        bringt. Recht bald wird der Junghund voll-    Platz des Schnallens warten, oft Stunden,
      gen es dem Jäger schussgerecht.                  er Vertrauen seinem Vorbild folgen und        bis der junge Hund zurückgefunden hat.
                                                       sich an die Dunkelheit gewöhnen.                 Vieles ist aber auch rasseabhängig.
      Welpen aus jagdlicher Zucht bringen                 Auch auf der Schliefanlage kann der        Teckel, als kleine Bracken, sind fast immer
      schon eine ganze Menge durch ihre Anla-          junge Hund vom alten lernen. Werden bei-      Einzeljäger. Terrier dagegen jagen gerne in
      gen mit. Auch der Züchter kann noch die          de zusammen am abgeschieberten Fuchs –        der Meute, das heißt junge Hunde orien-
      Entwicklung der Passion für die zukünfti-        gegenüber liegend – angesetzt, wird der       tieren sich erfolgreich am Verhalten der äl-
      gen Aufgaben der Jagdhunde in der Wel-           Junghund schnell begreifen, dass das ver-     teren. Allerdings ist der Aktionsradius der
      penmeute stark beeinflussen. Meist geht          hasste Raubwild „nur“ verbellt wird und       Terrierrassen normalerweise auch bedeu-
      der junge Hund im Übergang zwischen Prä-         dass Ausdauer im Vorliegen eine Selbstver-    tend größer.

      56   WILD UND HUND 14/2005
Weisheiten und Dummheiten
054_058_Junger_alter_Hund        29.06.2005      14:28 Uhr      Seite 5 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005

         Der Alte muss es auch können
        Bernd Krost                                    und in sein zukünftiges Jagdrepertoire
                                                       übernehmen. Die unbestreitbaren Vorteile

       G     erade für die Einarbeitung des jungen
             Hundes in den Stöberfächern (Wald
        und Wasser) kann der „alte Praktiker“ ein
                                                       des Anleitens verkehren sich so allerdings
                                                       für den Junghund in ihr genaues Gegenteil.
                                                       Manche Führer haben ihren Spaß daran,
        exzellenter Helfer sein. Der noch unerfah-     den „Schlag“ ihres Autos zu öffnen und ih-
        rene Vierläufer muss zunächst einmal in        re Hunde mit „Jiff-Jiff“ im Wald ver-
        der (dunklen) Dickung an Wild gebracht         schwinden zu sehen. Die jungen Hunde
        werden, um damit überhaupt erst zu er-         lernen so, dass es sich ohne Führer für sie
        fahren, was dort Aufregendes auf ihn war-      am besten jagen lässt. Schlimmeres kann
        tet. Dies geschieht spielerisch und ohne       man eigentlich sich selbst und der Einar-
        Druck, wenn der Alte ihn dort mit hin-         beitung seines angehenden Gebrauchs-
        ein1zieht. Der junge Hund verhält sich         hundes nicht antun.
        hierbei entsprechend seinem meutebe-
        dingten Folgedrang.                            Für das Stöbern mit oder ohne Ente bei
           Bei dieser Eigenschaft handelt es sich      der Wasserarbeit gilt dasselbe. Auch hier
        um ein Erbe des Urvaters Wolf. Auch er ar-     wird der Junghund vom Alten geradezu
        beitet auf diese Weise seine Nachkommen-       mit unsichtbarer Hand ins Wasser „gezo-
        schaft im Jagen ein. Der junge Hund lernt,     gen“, wird ohne Zwang vertraut mit dem
        dass er dort mit dem Einsatz seiner Nase       nassen Element und dessen Besonderhei-
        und systematischer Suche Wittrung und          ten. Der Alte zeigt ihm das Jagdrevier der
        dann auch das dazu gehörige Wild finden        beschilften Uferzone mit den unterschied-
        kann. Hierbei wird der Junghund seine Pas-     lichen Wildwittrungen. Der Junge lernt
        sion sowie Führigkeit leicht entwickeln        auch hier, seine Nase einzusetzen, die        Bernd Krost, 1. Vorsitzender des Vereins
        und dabei das Jagen erlernen, wie es ihm       Schwimmspur zu arbeiten und Kontakt zu        Jagdgebrauchsspaniels, schätzt gerade bei
        kein Führer beibringen kann.                   seinem Führer zu halten (Führigkeit), sich    der Wasserarbeit die Hilfe des alten Hundes
                                                       notfalls lenken zu lassen und auf Pfiff zu
        Natürlich wird der Junge hierbei nur           kommen.                                       Der alte Hund lehrt den jungen das Jagen,

                                                                                                                                                   F OTOS : H ELGA N OLTE , P RIVAT (1)
        das lernen, was der Alte kann – wie Na-           Auch bei der Arbeit mit zwei Hunden        also die Arbeit vor dem Schuss, und hierin
        seneinsatz, planvolles Abrevieren, Bogen-      muss jeder einzelne Arbeitsgang exakt und     liegt der Vorteil, wenn man einen alten,
        reinheit, Hereinkommen auf Pfiff und vie-      konzentriert angegangen und als solcher       führigen und gehorsamen Hund als Kön-
        les mehr. Wenn letzterer ein übler Rehhet-     auch so abgeschlossen werden. Der Jung-       ner zur Einarbeitung des Junghundes zur
        zer ist und lediglich eine Einzelfährte auf-   hund muss lernen, dass er letztlich doch      Verfügung hat. Die Dressur und die Arbeit
        nimmt, um diese über den Horizont zu ja-       nur mit seinem Führer zum Jagdvergnügen       nach dem Schuss sollten dagegen eher in-
        gen, wird der Junge ihm das nachmachen         respektive Jagderfolg kommen kann.            dividuell gestaltet werden.
Weisheiten und Dummheiten
054_058_Junger_alter_Hund         29.06.2005       14:28 Uhr       Seite 6 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005

      UNSERE HUNDE

                                             Lernen durch Vorbild
      Hartmut Roth                                     dings des öfteren anzuleinen, um seinem         gen. Falls dann noch erkennbar durch die
                                                       Nachfolger Gelegenheit zu kontrollierten        Arbeit des Seniors etwas zur Beute wird,

      B   racken als die klassischen Vertreter der
          Waldhunde haben ihre Arbeit als „freie
      Mitarbeiter” vor dem Schuss bei der Stö-
                                                       Fehlern zu geben. Der alte Hund wird dem
                                                       (zunächst angeleinten) Junior den einen
                                                       oder anderen Hasen oder Fuchs vorjagen,
                                                                                                       und dieser das ausgiebige Lob des Chefs
                                                                                                       einheimst, animiert dies seinen designier-
                                                                                                       ten Nachfolger, es ihm gleichzutun. Für
      berjagd, als Jagd- und Pirschbegleiter auf       der dann auch mal zur Strecke kommt.            den Ausbilder hat dieses Abkupfern den
      der Einzeljagd sowie am Schweißriemen            Während Senior unterwegs ist, wird der          großen Vorteil, dass er seinen Vierläufer
      auf Nachsuche und Hetze zu absolvieren.          Azubi am langen Riemen, dem wichtigsten         nicht zur Suche schieben muss.
      Und selbst im Alter können sie noch Er-          Ausbildungsutensil, nachgeführt. Er wird           Bei der Schweißarbeit kann der Jung-
      staunliches leisten. Irgendwann kommt            sehr rasch im Eifer oder aus Jagdpassion sei-   hund schon recht früh mitlaufen und so er-
      aber der Zeitpunkt, wo wir uns Gedanken          nen Fährtenlaut entdecken und das Tempo         fahren, wie sich das Gespann abmüht, bis
      über die Nachfolge machen.                       seiner eigenen Nasenleistung oder der           am Ende möglichst das Ziel der Begierde ge-
                                                       Kondition des Führers anpassen, also            funden ist. Der ältere Hund wird in aller Re-
      Der Hund als Meutewesen ist zum Er-              schnell lernen, die Fährte nicht zu über-       gel seinen jungen Genossen tolerieren und
      langen von Fähigkeiten beziehungsweise           schießen. Der ältere Hund weiß aus seinem       sich von ihm nicht ablenken lassen.
      Fertigkeiten auf die Kommunikation mit           Berufsleben, welche Wildarten zur Beute         Kommt es zu einer Situation, wo der Jüng-
      seiner Umgebung angewiesen. Hierzu sind          werden und wird diese auch bevorzugt ja-        ling doch stören könnte, ist das Anleinen
      ihm Grundmuster mit in die Wurfkiste ge-         gen. Bei allem anderen Wild ertönt das          kein Problem.
      legt, wo sie aber gefunden und durch ent-        schon bekannte „Pfui, schone“, wobei Se-
      sprechenden Umgang aktiviert werden              nior auch entsprechend reagiert.                Ist die Nase und der Finderwillen weit ge-
      müssen. Nach der ersten Entwicklungsstu-            Auf der Stöberjagd hält sich der junge       nug entwickelt, wird mit der Einzelausbil-
      fe bei der Mutterhündin, wo tägliche Kon-        Hund zunächst bei seinem Herrn am Stand         dung des jungen Hundes auf der Schweiß-
      takte mit den Geschwistern in der gesi-          auf und macht oft nur kurze Ausflüge in die     fährte begonnen. Selbst wenn er später nur
      cherten Umgebung ihn anregten, kommt             Umgebung. Wenn dann der Senior vorbei-          noch selten Gelegenheit zur Nachsuche
      er nun zum neuen Besitzer in eine ihm            kommt, hängt Nachwuchs sich schnell             hat und ohne fortgeführtes Üben keine be-
      fremde Umgebung wie in Einzelhaft. Aber          dran. Der Erfahrung nach ist die ältere         sondere Leistung mehr zu erwarten ist,
      wenn er Glück hat, trifft er hier auf einen      Bracke aber bald verschwunden, und der          wird hier dem Junghund das zielgerichte-
      Artgenossen, der den ersten Schock mil-          Kleine muss alleine zurückfinden. Das übt       te, gemeinsame Arbeiten bis zur Beute ver-
      dert.                                            die Selbstständigkeit, bis der Azubi irgend-    mittelt. Der Hund wird durch diese Be-
         Bracken werden als Solojäger geführt.         wann die Sache selbst „in die Pfote nimmt“      schäftigung führiger, ohne ihm im alten
      Das schließt aber keinesfalls aus, dass der      und zu suchen beginnt. Hilfreich ist hier,      Sinne Dressur angedeihen lassen zu müs-
      Junghund neben oder hinter dem älteren           wenn der Führer im Einstand bleibt, und         sen. So wird die Zeit zwischen den Herbst-
      eingearbeitet wird. Hier ist der Senior aller-   die Hunde das Wild um ihn herum bewe-           jagden sinnvoll genutzt. Bei der Hetze darf
                                                                                                       man sich nicht gleich auf den Jungen ver-
                                                                                                       lassen. Er sollte besser nachgeschnallt wer-
                                                                                                       den, wobei er neben dem alten Hund aus
                                                                                                       der Sicherheit heraus den Umgang mit
                                                                                                       krankem Wild lernt.
                                                                                                           Es wird sich einspielen, dass der Junior
                                                                                                       neben der Laufarbeit immer mehr die Auf-
                                                                                                       träge des alten Hundes übernimmt. So
                                                                                                       kann auch Senior weiterhin dabei sein und
                                                                                                       das Pensionärsdasein genießen. Ich beob-
                                                                                                       achte derzeit, wie Großvater mit 16 Jahren
                                                                                                       sich an seinem Sohn mit zwölf Jahren ori-
                                                                                                       entiert, während wiederum dessen Sohn
                                                                                                       mit vier Jahren immer auch noch neben
                                                                                                       Vatern sowohl im Gespann wie auch
                                                                                                       solo arbeitet.

                                                                                                       Der Zuchtbuchführer des Deutschen
                                                                                                       Bracken-Clubs, Hartmut Roth, bei einer fast
                                                                                                                                                       F OTO : J ULIA N UMSSEN

                                                                                                       alltäglichen Prozedur – der Vorbereitung
                                                                                                       einer Nachsuche. Sowohl seine
                                                                                                       Westfälischen Dachsbracken als auch
                                                                                                       Deutschen Bracken legt er zur Fährte und
                                                                                                       setzt sie auf Bewegungsjagden ein

      58   WILD UND HUND 14/2005
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