Weisheiten und Dummheiten
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054_058_Junger_alter_Hund 29.06.2005 14:28 Uhr Seite 2 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005 UNSERE HUNDE WAS LERNT DER JUNGE VOM ALTEN HUND? Weisheiten und Dummheiten Irgendwann steht für den langjährigen Jagdhelfer der Nachfolger in der Tür, und es beginnt erneut der lange Weg der Ausbildung. Stellt sich die Frage, was der junge Hund vom alten Kämpen lernen kann – Gutes wie Schlechtes? Erfahrene Hundeführer erzählen aus ihrer Praxis. Bernd-Dieter Jesinghausen als der alte Hund nicht mehr da war. Das Wendelstein“, ein lebhafter, quirliger, klei- enge Zusammenleben der zwei hatte je- ner Welpe und Neffe der Hündin. Bei wei- A rno vom Wendelstein“, genannt doch nicht nur zu einer klaren Rangord- tem nicht so brav, zurückhaltend und an- „Arco“, war ein 15 Jahre alter Klei- nung und Rollenverteilung auf der Jagd ge- passungsbereit wie „Dorka“ zuvor beim ner Münsterländer und hatte einen führt. Da war noch mehr! „Arco“ zeigte sich „Eras“ als junger Hund Milztumor. Die Diagnose vom Tierarzt war Die KlM-Hündin trauerte nämlich, wur- von ganz anderer Natur und Passion. Wie eindeutig und damit war das nahe Ende ei- de zusehends inaktiver, nahm ab, verhielt lange würde das gutgehen auf der Jagd, und ner langen Jagdkameradschaft und Zusam- sich missmutig und ließ sich nur noch ge- wann würde der Rüde im Revier die menarbeit besiegelt. Sechs Monate später legentlich mit Arbeiten im Revier aufmun- Führung an sich reißen? „Dorka“ war näm- war es dann soweit: Der Tumor brach auf tern. Der hinzugezogene Tierarzt bestätig- lich eine fürsorgliche „Mutter“ und auch und „Arco“ wechselte in die ewigen Jagd- te unseren Verdacht: „Die Hündin ist kör- im Wesen wieder wie ausgewechselt. gründe über. Die zwei Jahre junge Hündin perlich kerngesund, nur ihr Gemüt scheint Wir sollen uns jedoch täuschen. „Dor- „Dorka vom Wendelstein“ wurde meine krank zu sein!“ Also kann Alleinsein nicht ka“ und „Eras“ entwickelten sich zu einem „Nr. 1“ auf der Jagd, stellte sich von einem nur Menschen krank machen. Super-Gespann. Bestens aufeinander ein- auf den anderen Tag um und zeigte nun ein gestellt, wechselten sie die Führung beim Selbstbewusstsein sowie eine Initiative im Somit war klar, „Dorka“ braucht wie- Einsatz in Feld und Wald, je nachdem, wer Revier, wie wir sie vorher nicht kannten. der einen Gefährten an ihrer Seite. Der war bei welcher Arbeit der Leistungsfähigere Der „Knoten“ war plötzlich aufgegangen, schnell gefunden und hieß „Eras vom war. So hatte „Eras“ die feinere Nase, das 54 WILD UND HUND 14/2005
054_058_Junger_alter_Hund 29.06.2005 14:28 Uhr Seite 3 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005 bessere Vorstehen und die größere Schnel- ligkeit. Die erfahrene „Dorka“ war dagegen ruhiger, planvoller und ging intelligenter zur Sache. In den ersten zwei Jahren machte der Jüngere der Älteren vieles nach, was uns die Ausbildung vor allem in den Gehorsams- fächern erheblich erleichterte: Hereinkom- men auf Pfiff, bei Fuß gehen, Ablegen, Standruhe, alleine Daheim- und Im-Auto- bleiben waren keine Probleme. Insbeson- dere Frauchen, dem die beiden Hunde häu- fig überlassen blieben, war für die „Erzie- Bernd-Dieter Jesinghausen ist Präsident der Verbandes für Kleine Münsterländer. Als Führer hungshilfe“ durch die Hündin sehr dank- und Ausbilder schätzt er das Zusammenspiel seiner Vorstehhunde in der Praxis bar. Hier wurde uns deutich vor Augen ge- führt, dass es einen großen Unterschied ten, die Nase gezielter einzusetzen, an den arbeitete „Eras“ konzentriert, sorgfältig machen kann, ob ein Welpe zu einer jun- richtigen Stellen nach Hasen zu suchen aber mit Volldampf die Spur. „Dorka“ ar- gen Hündin ins Haus kommt und das fa- und gründlich die Deckung sowie schutz- beitete dagegen mit Intelligenz und Auge miliäre Zusammenleben teilt oder ob ein bietenden Büsche, Sträucher und Jung- solange hinter dem Jüngling her, alle Ha- Welpe zu einem alten Rüden kommt, der fichten zu überprüfen. Nach einer gerau- ken abschneidend, bis der Hase ver- plötzlich die Aufmerksamkeit und Zuwen- men Lern- und Übungszeit war der Erfolg schwunden war und „Eras“ aufgab. Es kam dung seiner menschlichen Familie mit ei- des Gespanns bei Treib- und Drückjagden allerdings auch vor, dass Lampe sich in ei- nem jungen Eindringling teilen soll. „Ar- eindrucksvoll. Treiberwehr und die beiden ner Deckung versteckte, „Eras“ wieder ein- co“ hatte es nämlich der jungen „Dorka“ Hunde hatten zumeist den gleichen Anteil mal die Spur überschoss und verzweifelt lange Zeit sehr schwer gemacht. Er war oft an hochgemachten beziehungsweise vor- seinen Hasen suchte, während die langsam eifersüchtig, abwehrend und immer auf gestandenen Hasen und Füchsen, manch- nacharbeitende „Dorka“ das Langohr in Distanz bedacht. mal ging sogar der größere Teil auf das Kon- seiner Deckung fing, apportierte sowie ge- Aber es ist nicht allein der Gehorsam, to des Hundeteams. mütlich und sichtbar stolz ihrem Führer der sich beim jungen Hund leichter ein- zutrug. stellt. „Eras“ lernte schneller, im Wasser Im Feld ging es umgekehrt herum: Die So ist es eben zuweilen auch auf der Jagd: und im Schilf zu arbeiten und vor allen ältere Hündin hatte gelernt, dass „Eras“ Mit Bedacht und Intelligenz geht es besser Dingen im Wald zu stöbern! Mit seiner ho- mehr Wild fand als sie, und so wartete sie als mit Passion und Geschwindigkeit! Übri- hen Schnelligkeit und sehr guten Nase war geduldig und aufmerksam ihren „Junior“ gens: Als ich eben Frauchen fragte, welche er zwar im Feld leicht erfolgreich, konnte beobachtend, bis dieser vorstand. Dann Unarten „Eras“ denn von seiner „Dorka“ Wild finden und festmachen. Im Wald erst rannte sie los, um „nachzuschauen“ gelernt haben könnte, erhielt ich die Ant- konnte er zwar noch mehr Wittrung finden und mitzumachen. Hielt der Hase nicht so wort: „Meine Dorka hat keine Unarten!“ – dafür aber viel weniger Wild. Und so lern- lange aus, bis „Dorka“ angekommen war Naja, dann muss „Eras“ die seinen wohl te er von der „Dorka“ langsamer zu arbei- und ging hakenschlagend aus der Sasse, so woanders gelernt haben. Das Vorstehen gezeigt bekommen Mathias Kellner Mathias Kellner, Geschäftsführer des Deutschen Pointer-Clubs, bei Vorstehübungen mit seinen Hunden im Feld D ie Frage, ob der ältere Hund bei der Junghundausbildung generell da- bei sein soll, kann man nicht pauschal mit „ja“ oder „nein“ beantworten. Es hängt von der Rasse, dem Charakter des Hundes und der jeweiligen Übung ab. Ich besitze mehrere Pointer und ver- fahre generell folgendermaßen: Der F OTOS : S EEBEN A RJES , P RIVAT (2) Welpe ist nach einer kurzen Eingewöh- nungsphase ständig mit den älteren Hunden zusammen. Anfangs unter Auf- sicht und später auch allein. Der Jung- hund lernt durch den ständigen Kontakt sehr schnell, den Althund zu respektie- ren. ➙ WILD UND HUND 14/2005 55
054_058_Junger_alter_Hund 29.06.2005 14:28 Uhr Seite 4 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005 UNSERE HUNDE Im Zwinger können die Hunde miteinan- Vorher habe ich am Feldrand einen Tau- Hand. Nach und nach verlängern sich die der spielen, aber außerhalb des Zwingers benwerfer so positioniert, dass die Hunde Vorstehphasen. Erst wenn der junge Hund spiele ich mit dem Junghund nur alleine, beim Entlanglaufen des Weges genau in die zuverlässig vorsteht, lasse ich beide Pointer um ihn besser auf mich zu fixieren. Bei Wittrung laufen. Der ältere Hund läuft vor im Feld suchen. Wenn ich mir sicher bin, Spielen, die die Vorstufe zur praktischen und bleibt sofort stehen, sobald er Witt- dass der Azubi weiß, worum es geht, darf er Jagd bilden, ist der ältere Hund natürlich rung hat. Der Junghund, der gelernt hat, alleine suchen. Aber erst dann – denn sonst wieder mit dabei, zum Beispiel das Vorste- auf den älteren zu achten, wird das Gleiche besteht die Gefahr, dass der Hund dem Äl- hen an der Dressurangel. Der Junghund tun. Nachdem die Hunde anfangs nur ganz teren einfach nur nachläuft, ohne wirklich lernt dadurch, das Verhalten des Älteren kurz gestanden haben, lasse ich die Taube seine Nase zu benutzen. nachzuahmen. Sobald der junge Hund si- frei. Dabei halte ich das Ende der langen Für mich steht fest, dass ein gut ausge- cher an der Dressurangel vorsteht, gehe ich Leine, die in dieser Ausbildungsphase noch bildeter Althund eine große Hilfe bei der mit beiden ins Revier. am Junghund ist, zur Sicherheit in der Einarbeitung des jungen Hundes ist. Vertrauen für die Arbeit unter Tage schaffen Gorch-Peter Nolte, ständlichkeit ist. Bald darf der zukünftige Vorsitzender der Jagdgefährte im Revier Durchlässe alleine Gruppe Rheinland- kontrollieren und den einen oder anderen Pfalz-Saarland im Kunstbau revidieren, wenn der ältere Hund Verein Jagdteckel, diesen vorher inspiziert hat. Wenn alles arbeitet seit über 40 klappt, darf er dort dann auch alleine auf Jahren mit Erd- und Erkundung gehen. Wichtig ist, dass diese Vorstehhunden Kunstbaue dann auch so angelegt sind, dass man jederzeit am Kessel eingreifen ge- und Sozialisie- kann. So sollten sowieso alle angelegt sein. rungsphase (8 bis 12 Solange der Alte noch fit ist und der Junge Woche) in die neue sich mit ihm gut verträgt, ergibt sich aus Meute des Welpen- dieser Einarbeitung oftmals ein gutes Bau- käufers über. Welch jagdteam. ein Segen, wenn be- reits ein guter und Auch zum Stöbern wird der Junghund gehorsamer, älterer vom Älteren lernen können. Man sollte an- Hund präsent ist. fangs aber viel Zeit mitbringen. Zieht der Bald wird sich der erfahrene Hund anfangs den jungen mit in Jüngere an ihm ori- den abzusuchenden Bereich und bleiben entieren. Der Jung- sie ohne Wildkontakt, kommen beide hund lernt im Team, recht bald zurück – häufig der junge sogar Gutes aber auch Un- früher. Aber solange der ältere Meutekum- Gorch-Peter Nolte erwünschtes. Das muss der Jäger mit kluger pan die Suche nicht aufgibt, wird es den Voraussicht steuern. Lehrling auch immer wieder in die A ls Jagdhundeführer erwarten wir von unseren vierbeinigen Helfern, dass die- se uns bei der Arbeit im Revier unterstüt- Damit sich der zukünftige Bauhund an die Gegebenheiten unter der Erde ge- wöhnt, sollte er recht bald bei Reviergän- Dickung ziehen. Völlig anders sieht das aus, wenn der Junghund seine ersten Kon- takte zu warmen Fährten erfährt. Der alte zen. Ja häufig die Tätigkeiten, die wir selbst gen mit dem älteren und erfahrenen Hund Hund bricht, aus der Erfahrung, dass er aus nicht ausführen können, für uns überneh- erste einfache Durchlässe inspizieren und dem Wirkungsbereich des Jägers ist, die men. Unsere Teckel und Terrier, die Spezia- passieren dürfen. Wichtig ist, dass man die Verfolgung ab. Der Azubi ist anfangs so fas- listen unter den Jagdhunden arbeiten un- Durchlässe und Unterquerungen kennt, ziniert, dass er den Rest der Welt vergisst. ter der Erde im Bau am Raubwild oder stö- damit man die Hunde nicht in Gefahr Dann heißt es, mit dem alten Hund am bern Wild in dichtem Verhau auf und brin- bringt. Recht bald wird der Junghund voll- Platz des Schnallens warten, oft Stunden, gen es dem Jäger schussgerecht. er Vertrauen seinem Vorbild folgen und bis der junge Hund zurückgefunden hat. sich an die Dunkelheit gewöhnen. Vieles ist aber auch rasseabhängig. Welpen aus jagdlicher Zucht bringen Auch auf der Schliefanlage kann der Teckel, als kleine Bracken, sind fast immer schon eine ganze Menge durch ihre Anla- junge Hund vom alten lernen. Werden bei- Einzeljäger. Terrier dagegen jagen gerne in gen mit. Auch der Züchter kann noch die de zusammen am abgeschieberten Fuchs – der Meute, das heißt junge Hunde orien- Entwicklung der Passion für die zukünfti- gegenüber liegend – angesetzt, wird der tieren sich erfolgreich am Verhalten der äl- gen Aufgaben der Jagdhunde in der Wel- Junghund schnell begreifen, dass das ver- teren. Allerdings ist der Aktionsradius der penmeute stark beeinflussen. Meist geht hasste Raubwild „nur“ verbellt wird und Terrierrassen normalerweise auch bedeu- der junge Hund im Übergang zwischen Prä- dass Ausdauer im Vorliegen eine Selbstver- tend größer. 56 WILD UND HUND 14/2005
054_058_Junger_alter_Hund 29.06.2005 14:28 Uhr Seite 5 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005 Der Alte muss es auch können Bernd Krost und in sein zukünftiges Jagdrepertoire übernehmen. Die unbestreitbaren Vorteile G erade für die Einarbeitung des jungen Hundes in den Stöberfächern (Wald und Wasser) kann der „alte Praktiker“ ein des Anleitens verkehren sich so allerdings für den Junghund in ihr genaues Gegenteil. Manche Führer haben ihren Spaß daran, exzellenter Helfer sein. Der noch unerfah- den „Schlag“ ihres Autos zu öffnen und ih- rene Vierläufer muss zunächst einmal in re Hunde mit „Jiff-Jiff“ im Wald ver- der (dunklen) Dickung an Wild gebracht schwinden zu sehen. Die jungen Hunde werden, um damit überhaupt erst zu er- lernen so, dass es sich ohne Führer für sie fahren, was dort Aufregendes auf ihn war- am besten jagen lässt. Schlimmeres kann tet. Dies geschieht spielerisch und ohne man eigentlich sich selbst und der Einar- Druck, wenn der Alte ihn dort mit hin- beitung seines angehenden Gebrauchs- ein1zieht. Der junge Hund verhält sich hundes nicht antun. hierbei entsprechend seinem meutebe- dingten Folgedrang. Für das Stöbern mit oder ohne Ente bei Bei dieser Eigenschaft handelt es sich der Wasserarbeit gilt dasselbe. Auch hier um ein Erbe des Urvaters Wolf. Auch er ar- wird der Junghund vom Alten geradezu beitet auf diese Weise seine Nachkommen- mit unsichtbarer Hand ins Wasser „gezo- schaft im Jagen ein. Der junge Hund lernt, gen“, wird ohne Zwang vertraut mit dem dass er dort mit dem Einsatz seiner Nase nassen Element und dessen Besonderhei- und systematischer Suche Wittrung und ten. Der Alte zeigt ihm das Jagdrevier der dann auch das dazu gehörige Wild finden beschilften Uferzone mit den unterschied- kann. Hierbei wird der Junghund seine Pas- lichen Wildwittrungen. Der Junge lernt sion sowie Führigkeit leicht entwickeln auch hier, seine Nase einzusetzen, die Bernd Krost, 1. Vorsitzender des Vereins und dabei das Jagen erlernen, wie es ihm Schwimmspur zu arbeiten und Kontakt zu Jagdgebrauchsspaniels, schätzt gerade bei kein Führer beibringen kann. seinem Führer zu halten (Führigkeit), sich der Wasserarbeit die Hilfe des alten Hundes notfalls lenken zu lassen und auf Pfiff zu Natürlich wird der Junge hierbei nur kommen. Der alte Hund lehrt den jungen das Jagen, F OTOS : H ELGA N OLTE , P RIVAT (1) das lernen, was der Alte kann – wie Na- Auch bei der Arbeit mit zwei Hunden also die Arbeit vor dem Schuss, und hierin seneinsatz, planvolles Abrevieren, Bogen- muss jeder einzelne Arbeitsgang exakt und liegt der Vorteil, wenn man einen alten, reinheit, Hereinkommen auf Pfiff und vie- konzentriert angegangen und als solcher führigen und gehorsamen Hund als Kön- les mehr. Wenn letzterer ein übler Rehhet- auch so abgeschlossen werden. Der Jung- ner zur Einarbeitung des Junghundes zur zer ist und lediglich eine Einzelfährte auf- hund muss lernen, dass er letztlich doch Verfügung hat. Die Dressur und die Arbeit nimmt, um diese über den Horizont zu ja- nur mit seinem Führer zum Jagdvergnügen nach dem Schuss sollten dagegen eher in- gen, wird der Junge ihm das nachmachen respektive Jagderfolg kommen kann. dividuell gestaltet werden.
054_058_Junger_alter_Hund 29.06.2005 14:28 Uhr Seite 6 Armin Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_14_2005:Junger_alter_Hund_14_2005 UNSERE HUNDE Lernen durch Vorbild Hartmut Roth dings des öfteren anzuleinen, um seinem gen. Falls dann noch erkennbar durch die Nachfolger Gelegenheit zu kontrollierten Arbeit des Seniors etwas zur Beute wird, B racken als die klassischen Vertreter der Waldhunde haben ihre Arbeit als „freie Mitarbeiter” vor dem Schuss bei der Stö- Fehlern zu geben. Der alte Hund wird dem (zunächst angeleinten) Junior den einen oder anderen Hasen oder Fuchs vorjagen, und dieser das ausgiebige Lob des Chefs einheimst, animiert dies seinen designier- ten Nachfolger, es ihm gleichzutun. Für berjagd, als Jagd- und Pirschbegleiter auf der dann auch mal zur Strecke kommt. den Ausbilder hat dieses Abkupfern den der Einzeljagd sowie am Schweißriemen Während Senior unterwegs ist, wird der großen Vorteil, dass er seinen Vierläufer auf Nachsuche und Hetze zu absolvieren. Azubi am langen Riemen, dem wichtigsten nicht zur Suche schieben muss. Und selbst im Alter können sie noch Er- Ausbildungsutensil, nachgeführt. Er wird Bei der Schweißarbeit kann der Jung- staunliches leisten. Irgendwann kommt sehr rasch im Eifer oder aus Jagdpassion sei- hund schon recht früh mitlaufen und so er- aber der Zeitpunkt, wo wir uns Gedanken nen Fährtenlaut entdecken und das Tempo fahren, wie sich das Gespann abmüht, bis über die Nachfolge machen. seiner eigenen Nasenleistung oder der am Ende möglichst das Ziel der Begierde ge- Kondition des Führers anpassen, also funden ist. Der ältere Hund wird in aller Re- Der Hund als Meutewesen ist zum Er- schnell lernen, die Fährte nicht zu über- gel seinen jungen Genossen tolerieren und langen von Fähigkeiten beziehungsweise schießen. Der ältere Hund weiß aus seinem sich von ihm nicht ablenken lassen. Fertigkeiten auf die Kommunikation mit Berufsleben, welche Wildarten zur Beute Kommt es zu einer Situation, wo der Jüng- seiner Umgebung angewiesen. Hierzu sind werden und wird diese auch bevorzugt ja- ling doch stören könnte, ist das Anleinen ihm Grundmuster mit in die Wurfkiste ge- gen. Bei allem anderen Wild ertönt das kein Problem. legt, wo sie aber gefunden und durch ent- schon bekannte „Pfui, schone“, wobei Se- sprechenden Umgang aktiviert werden nior auch entsprechend reagiert. Ist die Nase und der Finderwillen weit ge- müssen. Nach der ersten Entwicklungsstu- Auf der Stöberjagd hält sich der junge nug entwickelt, wird mit der Einzelausbil- fe bei der Mutterhündin, wo tägliche Kon- Hund zunächst bei seinem Herrn am Stand dung des jungen Hundes auf der Schweiß- takte mit den Geschwistern in der gesi- auf und macht oft nur kurze Ausflüge in die fährte begonnen. Selbst wenn er später nur cherten Umgebung ihn anregten, kommt Umgebung. Wenn dann der Senior vorbei- noch selten Gelegenheit zur Nachsuche er nun zum neuen Besitzer in eine ihm kommt, hängt Nachwuchs sich schnell hat und ohne fortgeführtes Üben keine be- fremde Umgebung wie in Einzelhaft. Aber dran. Der Erfahrung nach ist die ältere sondere Leistung mehr zu erwarten ist, wenn er Glück hat, trifft er hier auf einen Bracke aber bald verschwunden, und der wird hier dem Junghund das zielgerichte- Artgenossen, der den ersten Schock mil- Kleine muss alleine zurückfinden. Das übt te, gemeinsame Arbeiten bis zur Beute ver- dert. die Selbstständigkeit, bis der Azubi irgend- mittelt. Der Hund wird durch diese Be- Bracken werden als Solojäger geführt. wann die Sache selbst „in die Pfote nimmt“ schäftigung führiger, ohne ihm im alten Das schließt aber keinesfalls aus, dass der und zu suchen beginnt. Hilfreich ist hier, Sinne Dressur angedeihen lassen zu müs- Junghund neben oder hinter dem älteren wenn der Führer im Einstand bleibt, und sen. So wird die Zeit zwischen den Herbst- eingearbeitet wird. Hier ist der Senior aller- die Hunde das Wild um ihn herum bewe- jagden sinnvoll genutzt. Bei der Hetze darf man sich nicht gleich auf den Jungen ver- lassen. Er sollte besser nachgeschnallt wer- den, wobei er neben dem alten Hund aus der Sicherheit heraus den Umgang mit krankem Wild lernt. Es wird sich einspielen, dass der Junior neben der Laufarbeit immer mehr die Auf- träge des alten Hundes übernimmt. So kann auch Senior weiterhin dabei sein und das Pensionärsdasein genießen. Ich beob- achte derzeit, wie Großvater mit 16 Jahren sich an seinem Sohn mit zwölf Jahren ori- entiert, während wiederum dessen Sohn mit vier Jahren immer auch noch neben Vatern sowohl im Gespann wie auch solo arbeitet. Der Zuchtbuchführer des Deutschen Bracken-Clubs, Hartmut Roth, bei einer fast F OTO : J ULIA N UMSSEN alltäglichen Prozedur – der Vorbereitung einer Nachsuche. Sowohl seine Westfälischen Dachsbracken als auch Deutschen Bracken legt er zur Fährte und setzt sie auf Bewegungsjagden ein 58 WILD UND HUND 14/2005
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