Weniger Ökonomie, mehr Medizin

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Weniger Ökonomie, mehr Medizin
Politik

„Weniger Ökonomie, mehr Medizin“
Regierungskommission legt Krankenhauskonzept vor

Nicht weniger als eine Revolution der stationären Versorgung        Sind Häuser „Level I i“ noch Krankenhäuser?
verspricht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im             Krankenhäuser des Levels I i soll eine Schlüsselrolle auf dem
Rahmen seiner geplanten Krankenhausreform. Vorschläge hier-         Weg zur Überwindung der zu häufig noch stationärer-ambulant
für hat nun die 17-köpfige „Regierungskommission für eine           getrennten Gesundheitsversorgung zukommen. Deshalb emp-
moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“, die             fiehlt die Regierungskommission, sie sektorenübergreifend regi-
der Gesundheitsminister im Mai dieses Jahres ins Leben geru-        onal zu planen, sie vollständig aus dem DRG-System herauszu-
fen hatte, am 6. Dezember 2022 vorgelegt. Den Empfehlungen          nehmen und über Tagespauschalen zu vergüten. Zudem soll
der Experten zufolge, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit –     durch entsprechende gesetzliche Änderungen ermöglicht wer-
und weitgehend ohne Beteiligung der Krankenhäuser – Eck-            den, dass sie unter pflegerischer Leitung stehen können.
punkte einer Reform entworfen haben, soll „die Behandlung           Grundversorger mit Notfallversorgung (Level I n) haben dabei
von Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern künftig            einen Sicherstellungsauftrag für die stationäre internistische
mehr nach medizinischen und weniger nach ökonomischen               und chirurgische Basisversorgung, Basis-Notfallversorgung und
Kriterien erfolgen.“                                                je nach Bedarf auch Geriatrie oder Palliativmedizin und ist für
Hierfür empfiehlt die Kommission eine Neuordnung der Kran-          Regionen vorgesehen, in denen das nächstgelegene Kranken-
kenhausfinanzierung. Das neue System soll den Vorschlägen           haus der Regel- und Schwerpunktversorgung bzw. der Maxi-
nach aus zwei Säulen bestehen: einer leistungsunabhängigen          malversorgung weiter als 30 Minuten Pkw-Fahrzeit entfernt ist
Vorhaltefinanzierung, die an die Versorgungsstufe einer Klinik      oder bei denen das Bundesland einen besonderen Versorgungs-
und an die verschiedenen Leistungsgruppen gekoppelt ist, und        auftrag sieht.
einer mengenabhängigen Komponente (R-DRG). Damit soll der           Level I i kommt auf dem Weg zu einer sektorenübergreifenden
ökonomische Druck gemindert werden. 40 % der Betriebskos­           und integrierenden Gesundheitsversorgung eine Schlüsselrolle
ten sollen künftig durch Vorhaltepauschalen, 60 % weiter über       zu, heißt es in den Kommissionsempfehlungen. Sie sollen
Fallpauschalen abgerechnet werden. In einigen Bereichen, wie        „wohnortnah zumeist allgemeine und spezialisierte ambulante
etwa der Kindermedizin, soll die Vorhaltefinanzierung sogar bis     fachärztliche Leistungen mit Akutpflegebetten, in denen Patien­
zu 60 % betragen.                                                   tinnen und Patienten zum Beispiel zur Beobachtung und Basis-
Ausgenommen sollen Grundversorgungskliniken mit ambu-               therapie oder nach der Verlegung aus einem Haus der Regel-/
lant-stationärer Versorgung sein. Hier soll es sachgerecht kalku-   Schwerpunkt- oder Maximalversorgung stationär überwacht
lierte Tagespauschalen für die Akutpflege geben, einschließlich     und gepflegt werden können. Die Leitung kann durch qualifi-
aller anderen Personal- und Sachkosten.                             zierte Pflegefachpersonen mit Zusatzweiterbildung, zum Bei-
                                                                    spiel ANP, nach einer entsprechend zu schaffenden gesetz-
Krankenhaus-Versorgungsstufen                                       lichen Regelung erfolgen.“
Künftig sollen Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und          Zwar werden auch diese in den Empfehlungen und auch in
entsprechend gefördert werden:                                      Erläuterungen Karl Lauterbachs konsequent als Krankenhäuser
I. Grundversorgung – medizinisch und pflegerische Basisver-         genannt. Wohlmöglich, weil eine ehrlichere Benennung in der
     sorgung, zum Beispiel grundlegende chirurgische Eingriffe      Bevölkerung wohl eher für Unmut sorgen könnte: De facto wä-
     und Notfälle.                                                  ren Level I i-Einrichtungen keine Krankenhäuser mehr. Die
II. Regel- und Schwerpunktversorgung – Krankenhäuser, die           Hälfte von rund 1000 Krankenhäusern der Grundversorgung
     im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere Leistungen       wäre damit zu Gesundheitszentren umzuwandeln und im Prin-
     anbieten.                                                      zip als Kliniken „vom Tisch“.
III. Maximalversorgung – zum Beispiel Universitätskliniken.
Für jede Ebene sollen einheitliche Mindestvoraussetzungen gel-      Einführung von definierten Leistungsgruppen
ten, also einheitliche Standards für die apparative, räumliche      Die lediglich grobe Zuweisung von Fachabteilungen (wie „In-
und personelle Ausstattung.                                         nere Medizin“) zu Krankenhäusern soll durch genauer defi-
Den Krankenhäusern des Levels I wird eine besondere Bedeu-          nierte Leistungsgruppen abgelöst werden (zum Beispiel „Kardi-
tung zugemessen. Sie müssen flächendeckend eine wohnortna-          ologie“). Behandlungen sollen künftig nur noch abgerechnet
he Versorgung garantieren. Sie werden daher unterteilt in Kran-     werden können, wenn dem Krankenhaus die entsprechende
kenhäuser, die Notfallversorgung sicherstellen (Level I n) und      Leistungsgruppe zugeteilt wurde. Voraussetzung für die Zutei-
solche, die integrierte ambulant/stationäre Versorgung anbie-       lung ist die Erfüllung genau definierter Strukturvoraussetzun­
ten (Level I i).                                                    gen für die jeweilige Leistungsgruppe, etwa bezüglich perso-

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Weniger Ökonomie, mehr Medizin
Politik

Prof. Dr. Tom Bschor, Koordinator der Kommission (links) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Vorstellung der Stellung-
nahme der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung am 6. Dezember 2022. Foto: picture
­alliance/SZ Photo/Jürgen Heinrich

neller und apparativer Ausstattung. Je nach Komplexität wird
für jede Leistungsgruppe festgelegt, ob sie an Krankenhäusern              Auftrag der Regierungskommission für
aller drei Level erbracht werden darf oder nur an Krankenhäu-              eine moderne und bedarfsgerechte
sern höherer Level (II und III oder nur III). Das Konzept sieht            ­Krankenhausversorgung
128 definierte Leistungsgruppen vor – eine äußerst feinglie­               Laut Koalitionsvertrag sollte die Regierungskommission
drige Differenzierung. Für jede Leistungsgruppe wird ein Vor-              Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Kranken-
halteanteil festgelegt. Damit gehen die Vorschläge sogar weit              hausfinanzierung vorlegen, die das bisherige System
über die novellierte Krankenhausplanung des Landes                         um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Re-
Nordrhein-West­  falen hinaus, das Nordrhein-Westfalens Ge-                gel-, Maximalversorgung, Universitätsklinika) differen-
sundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bereits im Som-                 ziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen
mer 2021 vorstellte. Für die Krankenhausplanung in NRW sind                ergänzt. Die Regierungskommission wurde im Mai 2022
67 Leistungsgruppen vorgesehen.                                            eingesetzt und hat seitdem zu verschiedenen Themen
Nun sind zunächst konkrete Mindestanforderungen für die je-                (u. a. auskömmliche Finanzierung von Pädiatrie und
weiligen Leistungsgruppen zu definieren. Der Medizinische                  Geburtshilfe, Krankenhaustagesbehandlung) Stellung-
Dienst wird die Erfüllung der Strukturanforderungen prüfen.                nahmen vorgelegt, die im Krankenhauspflegeentlas­
Ein enormer Bürokratie-Tzunami könnte den Kliniken bevor-                  tungsgesetz umgesetzt wurden.
stehen, ehe die Reform der Krankenhausstrukturen nach den                  Die Stellungnahme der „Regierungskommission für eine
Kommissionsvorschlägen umgesetzt wäre.                                     moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“
Die Regierungskommission empfiehlt, die Regelungen in einer                steht unter folgendem Link zum Download bereit:
Konvergenzphase von fünf Jahren schrittweise einzuführen.                  www.bundesgesundheitsministerium.de/
Damit bleibe Krankenhäusern, Ärzten, Krankenkassen und                     krankenhauskommission-stellungnahme-
Ländern ausreichend Zeit, sich auf das veränderte Finanzie-                krankenhausverguetung.pdf
rungssystem einzustellen, heißt es.

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Politik

DKG: Krankenhausreform darf nicht auf                              einem nicht einfachen Diskussionsprozess von Bund, Ländern
­struktureller Unterfinanzierung aufsetzen                         und den umsetzenden Verbänden und Akteuren geprägt sein.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die bei der Ent-       Wir Krankenhäuser stehen für diesen Prozess bereit. Aber uns
wicklung der Reformvorschläge weitgehend außen vor geblie-         läuft auch die Zeit davon. Krankenhäuser brauchen verlässliche
ben war, reagierte zurückhaltend auf die Vorschläge der Exper-     Perspektiven und Planungssicherheit. Die aktuelle Lage ist eher
tenkommission Krankenhausreform. Zwar werde damit end-             trostlos“, erklärt Gaß.
lich die Reformdiskussion eingeleitet. Aber: „Die grundsätzlich
richtigen Gedanken der Kommission basieren aber auf einer          DKG-Vorschlag mit drei Säulen
falschen Grundprämisse. Die Reform soll nach Vorstellung der       Die DKG hat selbst drei wesentliche Säulen der Finanzierung
Kommission die aktuellen Mittel nur umverteilen. Basis sind        vorgeschlagen: Demnach soll zum einen das leistungsbezogene
die Zahlen aus dem Jahr 2021. Damit basiert die Finanzreform       Entgeltsystem umgehend mit einer Komponente flankiert wer-
aber bereits auf einer strukturellen Unterfinanzierung und ist     den, die die Vorhaltefinanzierung berücksichtigt. Die DKG
damit im Prinzip schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt.         schlägt dafür Vorhaltepauschalen vor, die den Krankenhäusern
Das Erlösvolumen der Krankenhäuser muss zum Start der Fi-          Sicherheit geben, und sieht hier durchaus Schnittmengen zum
nanzierungsreform sachgerecht und vollständig ausfinanziert        Reformvorschlag der Kommission.
werden. Das heißt konkret, dass die aktuelle Basis inflationsbe-   Die zweite Säule ist die adäquate Vergütung von klinisch-am-
dingt um mindestens 15 Mrd. € bei den Betriebskosten und           bulanten Leistungen. „Das bedeutet aber, dass die gerade in
jährlich 4 Mrd. € bei den Investitionskosten aufgestockt wer-      einer Nacht-und-Nebel-Aktion im Krankenhauspflegeentlas­
den muss“, erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald         tungsgesetz beschriebenen Hybrid-DRGs noch einmal über-
Gaß.                                                               prüft werden müssen. Zu diesem Komplex kommt kein Vor-
Bei allen Einzelvorschlägen brauche es nun ein tragfähiges Ge-     schlag der Kommission, was angesichts der Chancen einer kli-
samtkonzept für eine Reform, die insgesamt auch mit den Län-       nisch-ambulanten Versorgung am Krankenhaus eher enttäu-
dern konsentiert werden muss. „Es dürfen jetzt keinesfalls ein-    schend ist. Ein zukunftsfähiges Vergütungssystem muss also
zelne Regelungen vorgezogen und mit der Brechstange umge-          die Vorhaltung von bedarfsnotwendigen Versorgungsangeboten
setzt werden, bevor die Reform insgesamt vereinbart ist. Denn      stärker als bisher berücksichtigen, die Notfallversorgung der
ständig einzelne Veränderungen herauszulösen, führt zu mehr        Bevölkerung zu jeder Zeit sicherstellen, die ambulanten Be-
Verwerfungen als zu Fortschritt im System. Deshalb wird es         handlungsmöglichkeiten der Krankenhäuser stärker nutzen
Zeit, Finanzierung, Planung, Entbürokratisierung und Perso-        und die notwendige Flexibilität bieten, in den Regionen gleich-
nalfragen zusammen zu denken und zusammen zu reformie-             wertige Lebensverhältnisse zu erreichen“, so Gaß.
ren. Nur so kann eine nachhaltige konsistente Reform gelin-        Die dritte Säule ist eine Investitionskostenfinanzierung, die die
gen“, so Gaß.                                                      tatsächlichen Bedarfe deckt. Auch die Regierungskommission
Gerade in der Finanzierungsfrage werden sich die Reformvor-        beklagt den eklatanten Mangel bei der Investitionsförderung
schläge aus Sicht der Krankenhäuser daran messen lassen müs-       der Länder. Hier springt, so die DKG, die Kommission aber zu
sen, ob sie tatsächlich nachhaltig eine Verbesserung für die       kurz. Es reiche nicht, das Problem zu benennen und auf eine
Versorgung der Patienten, die Krankenhäuser und die dort Be-       notwendige Lösung in der Zukunft zu verweisen. Nachhaltige
schäftigten bringen. Die Reform solle dazu beitragen, dass die     und auskömmliche Investitionsfinanzierung sei der Ausgangs-
Krankenhausversorgung und -vergütung nachhaltig stabilisiert       punkt für eine patientenorientierte, moderne und effiziente
wird. Die von der Regierungskommission vorgestellten Verän-        Krankenhausversorgung. Die unzureichende Investitionsförde-
derungen in der Finanzierung bedeuten, anders als von Minis­       rung sei eine der Hauptursachen für die angespannte wirt-
ter Lauterbach wiederholt angekündigt, nicht die Abschaffung       schaftliche Lage vieler Krankenhäuser und die knappe Perso-
noch Überwindung des Fallpauschalensystems, sondern die            naldecke. Die DKG schlägt ein Anreizsystem vor, das jene Län-
auch von der DKG geforderte Ergänzung der DRGs um eine             der durch Kofinanzierungen des Bundes belohnt, die Investi­
leistungsunabhängige Vorhaltefinanzierung. Komplett soll der       tionsmittel in einer Höhe zur Verfügung stellen, die dem
Leistungsanreiz aus dem reformierten Vergütungssystem je-          tatsächlichen Investitionsbedarf nahekommt.
doch nicht gestrichen werden.
Das Fazit der DKG zu den Vorschlägen der Kommission lautet:        „Der Geist kleinteiliger Regulierung“
Grundsätzlich richtige Gedanken zur Novellierung der Finan-        Zur Krankenhausplanung finden sich in den Vorschlägen der
zierung, aber deutlich zu kurz gesprungen, weil die Hybrid-        Regierungskommission Ansätze, die auch in den Vorschlägen
DRGs zur Ambulantisierung am Krankenhaus, die strukturelle         der DKG zu finden sind. „Für uns war klar, dass regionale Ver-
Unterfinanzierung und die Defizite bei der Investitionsförde-      sorgungsnetzwerke, die strukturiert miteinander arbeiten und
rung schlicht ausgeblendet werden. In der Krankenhauspla-          dabei verschiedene Versorgungsebenen und Niveaus miteinan-
nung verliert sich die Kommission in kleinteiligen Planungsvor-    der verbinden, zentrale Basis einer zukünftigen Versorgungs-
gaben und Regelungen und erschwert damit die Einigung zwi-         struktur sein müssen. Krankenhäuser sind dabei die zentralen
schen Bund und Ländern. Die nächsten Monate werden von             Knotenpunkte der regionalen Netzwerkstrukturen“, so Gaß. u

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Politik

NRWs Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der eine Reform der Krankenhausplanung in NRW längst in Angriff genommen hat, forderte
mit Nachdruck: „Krankenhausplanung muss Ländersache bleiben“. Eine Krankenhausplanung vom „Grünen Tisch in Berlin“ aus könne den Be-
dürfnissen der unterschiedlichen Regionen mit gewachsenen Strukturen und nicht gerecht werden. Foto: Land NRW/Ralph Sondermann

Die Kommission verbinde die Finanzierungsreform mit einer           Karl Lauterbach, der sich gern als Bollwerk gegen Partikularin-
neuen Krankenhausplanung und will über die bundeseinheit-           teressen von Lobbyisten geriert, sagte bei der Pressekonferenz
liche Definition der Versorgungsstufen (Level) hinaus auch fest-    zur Vorstellung der Kommissionsvorschläge: „Hätten wir die
legen, welche Leistungsgruppen in den verschiedenen Versor-         Lobbygruppen mitgenommen, wäre nichts herausgekommen.“
gungsstufen zulässigerweise behandelt werden. Dieser sehr           Zudem betonte er, selbst die ehrgeizigste Krankenhausplanung
weitgehende Eingriff in das Krankenhausplanungsrecht der            der Länder sei nicht ehrgeizig genug.
Bundesländer dürfte mit den dort Verantwortlichen kaum zu           NRWs Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der eine Re-
konsentieren sein. Die DKG plädiert für einen bundeseinheit-        form der Krankenhausplanung in NRW längst in Angriff ge-
lichen Orientierungsrahmen und vergleichbare Maßstäbe, wo-          nommen hat, forderte mit Nachdruck: „Krankenhausplanung
bei für die landesspezifischen Besonderheiten und die regio-        muss Ländersache bleiben“. Eine Krankenhausplanung vom
nalen Versorgungsnotwendigkeiten aber ein ausreichender             „Grünen Tisch in Berlin“ aus könne den Bedürfnissen der un-
Handlungsspielraum bestehen bleiben soll. „Die Vorschläge der       terschiedlichen Regionen mit gewachsenen Strukturen und
Kommission zur Krankenhausplanung atmen den Geist der               nicht gerecht werden. Die Einbindung der beteiligten Kranken-
kleinteiligen Regulierung und erschweren damit ohne Not die         häuser und ihrer Expertise hätte in NRW am Anfang des Pro-
Umsetzung der angestrebten Finanzierungsreform“, so Gaß.            zesses gestanden. „Mit meinem Demokratieverständnis ist es
An dem Verfahren der Einsetzung der Expertenkommission am           nicht vereinbar, wenn Planungen, die die wichtigsten öffent­
Beginn des Reformprozesses, ohne die für die Krankenhauspla-        lichen Einrichtungen betreffen, von Gremien ohne demokra-
nung verantwortlichen Bundesländer und die Vertreter der            tische Legitimation vorgenommen werden“, so der NRW-Ge-
Krankenhäuser einzubeziehen, gab es heftige Kritik vonseiten        sundheitsminister. Die Politik und ihre gewählten Vertreter
der Länder und Krankenhausverbände. „Einen Konsens zu fin-          müssten ihre Entscheidungen den Menschen in den Regionen
den, mit den Ländern und denen, die die Reform am Ende um-          gegenüber nachvollziehbar begründen und rechtfertigen.
setzen müssen, hätte am Anfang des Prozesses stehen müs-            Seine Amtskollegin aus Niedersachsen, Gesundheitsministerin
sen“, kritisierte Gaß einmal mehr am Tag der Verkündung im          Daniela Behrens (SPD), begrüßt die vorgestellten Pläne für
Rahmen des KGNW-Forums in Düsseldorf. Er sprach von der             eine Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach
Regierungskommission als „Blackbox“.                                und der Regierungskommission „in weiten Teilen“, und erklärt:

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Politik

„Insbesondere der Umstieg auf Vorhaltepauschalen, die in vie-       heiten in den Bundesländern darin abgebildet werden. Zudem
len Bereichen an die Stelle der Einzelfallabrechnungen des          wird es einen Systemwandel nicht zum Nulltarif geben. Daher
DRG-Systems treten sollen, hat das Potenzial, wirtschaftlichen      ist wichtig, dass die erforderlichen Investitionen über einem
Druck von den Kliniken zu nehmen. Dies käme unmittelbar             Strukturfonds finanziert werden. Doch auch kurzfristige Finan-
den Patientinnen und Patienten zugute. Mit der Eingruppierung       zierungsmaßnahmen sind erforderlich, zumal die Vorhaltepau-
aller Krankenhäuser in drei Versorgungsstufen der Grund-,           schalen erst ab 2024 gezahlt werden sollen. Die zugesagten
Schwerpunkt- und Maximalversorgung folgt der Bund mit sei-          Hilfen zum Energiekosten- und Inflationsausgleich werden
nem Vorschlag einem Modell, das wir bei der Novelle unseres         nicht ausreichen, um alle bedarfsnotwendigen Kliniken sicher
Krankenhausgesetzes für Niedersachsen in diesem Jahr bereits        durch das Jahr 2023 zu bringen. Es muss sichergestellt werden,
beschlossen haben.“ Behrens sieht Niedersachsen mit seinem          dass die für 2023 prognostizierten Personalkostensteigerungen
Krankenhausgesetz in einer Vorreiterrolle, insbesondere bei der     über den Veränderungswert hinaus refinanziert werden, damit
Überwindung der starren Grenzen von ambulanter und statio-          die Kliniken nicht weiter in finanzielle Schieflage geraten und
närer Versorgung auf der Ebene der Grundversorger. „Die Vor-        damit der kalte Strukturwandel keine schlimmen Lücken reißt.
schläge der Regierungskommission müssen nun möglichst               Schließlich dürfen die neuen Krankenhausstrukturen nicht zu
schnell in einen konkreten Gesetzentwurf münden, damit sie          einem starren System werden. Sie müssen über die notwendige
zwischen Bund und Ländern gemeinsam im Detail beraten und           Flexibilität verfügen, um sich an die Demografie, an Krisen und
offene Fragen geklärt werden können. Niedersachsen wird sich        Innovationen anpassen zu können.“
an diesem Prozess sehr konstruktiv beteiligen“, so Behrens.         Die vorgelegten Empfehlungen zur übergreifenden Kranken-
                                                                    hausreform seien eine gute Grundlage für die Evolution des
Weitere Stimmen                                                     Gesundheitssystems, sagt Christoph Radbruch, Vorsitzender
Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen             des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV):
Krankenhausverbands Deutschlands (kkvd), erklärt zu den             „Bei der Umsetzung der Vorschläge ist aber ein Praxischeck der
Vorschlägen der Regierungskommission: „Das wäre ein wich-           Auswirkungen auf die Versorgung vor Ort zwingend nötig. Fer-
tiger Fortschritt, mit dem die Daseinsvorsorge und gleichwer-       ner braucht es ausreichend Zeit für eine sorgfältige Prüfung der
tige Lebensverhältnisse in der Gesundheitsversorgung gut abge-      Versorgungs- und Finanzauswirkungen dieser neuen Finanzie-
sichert werden können. Wichtig ist, dass die Patientinnen und       rungsmaßnahmen. Auch müssen wir uns die Zeit für eine ein-
Patienten sowie ihre bestmögliche Versorgung wieder ins Zen-        gehende gesellschaftspolitische Debatte mit unterschiedlichen
trum rücken. Gleichzeitig ist es sinnvoll, die Wirtschaftlichkeit   gesellschaftlichen Gruppen nehmen. Ihre heterogenen Perspek-
nicht völlig außer Acht zu lassen. Diesem Prinzip folgen die        tiven auf die stationäre Versorgung sind regelhaft zu hören. Der
freigemeinnützigen Einrichtungen von jeher, vor allem da            Bundesgesundheitsminister muss dafür Raum geben. Denn bei
kirchliche Krankenhäuser gerade auch in strukturschwachen           den krankenhausregulatorischen Maßnahmen liegt meist die
Regionen die Gesundheitsversorgung sicherstellen. Daher füh-        Tücke im Detail. Mögliche Fehlanreize zeigen sich häufig erst
len wir uns mit den Vorschlägen der Regierungskommission            zeitversetzt und Lücken in der Regelung treten erst bei der Pra-
bestärkt und unterstützt.                                           xisanwendung hervor.“
Eine endgültige Bewertung des neuen Konzepts hängt davon            Die bestmögliche und verlässliche Versorgung der Patienten
ab, wie es umgesetzt wird und wie die regionalen Besonder-          muss im Zentrum jeder Krankenhausreform stehen. „Ein klares

                                          kkvd-Geschäfts­
                                          führerin Bernadette                                                DEKV-Vorsitzender
                                          Rümmelin.                                                          Christoph Rad-
                                          Foto: kkvd                                                         bruch. Foto: DEKV

                 | 1.2023                                                                                                         9
Politik

                                                                   werden. Dass der Bundesminister die Akteure und die Beteili-
                                                                   gten als Lobbyisten abstempelt und sie außen vor halten will,
                                                                   ist in keiner Weise nachvollziehbar und wirkt nicht vertrauens-
                                                                   erweckend. Ohne die Erfahrung der Praktiker wird es nicht ge-
                                                                   lingen, ein funktionierendes Konzept umzusetzen.“ Das gelte
                                                                   umso mehr, als die Regierungskommission einen sehr tiefgrei-
                                                                   fenden Umbau der Krankenhauslandschaft anstrebe. Diese Re-
                                                                   form dürfe aber nicht die Trägervielfalt bei den Krankenhäu-
                                                                   sern gefährden.
                                                                   Auch die privaten Krankenhausträger sehen in den Kommissi-
                                                                   onsempfehlungen positive Elemente und „durchaus kluge neue
                                                                   Impulse“. Dies gelte vor allem für den Fokus auf mehr ambu-
                                         KGNW-Präsident            lante Versorgung, die geplanten Vorhaltepauschalen und auch
                                         Ingo Morell.              für die stärkere Gewichtung auf Behandlungs- und Ergebnis-
                                         Foto: DKG
                                                                   qualität. Entscheidend seien letztlich aber nicht die Ankündi-
                                                                   gungen, sondern die gesetzgeberische Umsetzung. Ob eine zen-
                                                                   trale Regulierung der Versorgungsstufen aus Berlin am Ende
                                                                   zum Versorgungsauftrag des einzelnen Krankenhauses aus der
Leitbild, für welchen Bedarf die Krankenhäuser eine umfas-         Krankenhausplanung passe, müsse sich erst zeigen. Entlas­
sende Gesundheitsversorgung sicherstellen sollen, ist Voraus-      tungen für die angespannte wirtschaftliche Lage der Kranken-
setzung für eine in die Regionen passende Krankenhauspla-          häuser ergeben sich auch nicht aus einer Umverteilung der bis-
nung. Mit der in Nordrhein-Westfalen gewählten Planungs­           her unterfinanzierten Betriebs- und Investitionskosten. Insofern
systematik, die jetzt in regionalen Verhandlungen mit Leben        wird zusätzliches Geld nötig sein.
gefüllt wird, kann genau dies gelingen: Wir wollen ein zu-         Die Krankenhäuser in privater Trägerschaft betreiben mittler-
kunftsfähiges Angebot sicherstellen, das den Menschen echte        weile jedes dritte Krankenhaus in Deutschland – in allen Ver-
Daseinsvorsorge bietet und zugleich den Zugang zu Spitzenme-       sorgungsstufen vor allem auch in ländlichen Regionen. Inhalt-
dizin ermöglicht“, erklärte Ingo Morell, Präsident der Kranken-    lich liegen die Vorstellungen der privaten Krankenhäuser mit
hausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, anlässlich der am Diens-     den Vorstellungen der Bundesregierung zur Reform der Kran-
tag vorgestellten Reformvorschläge der Regierungskommission        kenhauslandschaft nicht weit auseinander, so BDPK-Hauptge-
zur Krankenhausversorgung. Die Konzepte der Wissenschaftle-        schäftsführer Thomas Bublitz in einer Kolumne auf der BDPK-
rinnen und Wissenschaftler erforderten eine kritische Prüfung.     Website. Viele der heute geltenden Regelungen für die statio-
Gerade aus nordrhein-westfälischer Sicht werde es entschei-        näre Behandlung seien nicht mehr zeitgemäß und müssten
dend sein, den hier mit allen Beteiligten erzielten Konsens über   modernisiert oder abgeschafft werden. „Dazu gehören vor
die neue Krankenhausplanung nicht zu gefährden. „Mit dem an        allem die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versor-
medizinischen Überlegungen orientierten Konzept von Leis­          gung und die Abschaffung der Mindestverweildauer. Das Be-
tungsgruppen und Leistungsbereichen als Grundlage der Kran-        sondere an der Krankenhausbehandlung ist sicher nicht die
kenhausplanung haben die Beteiligten hier in NRW den rich-
tigen Weg für eine zukunftsfeste Gesundheitsversorgung be-
schritten“, betonte KGNW-Präsident Morell. Das beinhalte
auch den umfassenden Blick auf die jeweilige Situation in den
Regionen, die beispielsweise mit teils sinkender Praxisdichte
nicht nur aus Klinikperspektive betrachtet werden dürften:
„Diese Perspektive kann keine vom grünen Tisch in Berlin
kommende Planung einnehmen. Ein drastisches Beispiel sind
die akuten Probleme in der Kinder- und Jugendmedizin. Des-
halb müssen die Bundesländer hier weiter die Entscheidungs-
gewalt behalten. Nordrhein-Westfalen ist bereits entscheidende
Schritte gegangen.“
Die Regierungskommission begründet ihre Reformvorschläge                                                    BDPK-Hauptge-
                                                                                                            schäftsführer Tho-
nach eigener Darstellung auf wissenschaftlicher Basis. Welche                                               mas Bublitz. Foto:
evidenzbasierten Quellen genutzt wurden, ist bisher unklar.                                                 Ines Lindenau/BDPK
KGNW-Präsident Morell betonte: „Eine Krankenhausreform
kann nur mit den Ländern, mit den Beteiligten der Selbstver-
waltung und insbesondere mit den Krankenhäusern zum Erfolg

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Politik

Übernachtung, sondern die umfassende medizinische Versor-         Letztlich bedeuteten die Reformvorschläge massive Eingriffe in
gung mit allem, was die moderne Medizin zu bieten hat“, so        die Länderhoheit mit Blick auf die Krankenhausplanung. Die
Bublitz. Auf lange Sicht könnten solche Reformansätze Kran-       Reform sehe bundesweite Vorgaben vor, an denen die Länder
kenhäuser sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten.       sich zu orientieren und die Einhaltung von entsprechenden
Thomas Lemke, Vizepräsident des BDPK, betonte, dass private       Maßnahmen zu überprüfen hätten. Hier werde sich der Bund
Krankenhausträger weiterhin ihren Beitrag zur Sicherstellung      kompromissbereit zeigen müssen, um schnellstmöglich länder-
zu einer hochwertigen Patientenversorgung in Deutschland          gerechte Konzepte für die regionale Versorgung entwickeln und
leis­ten werden: „Eine hohe medizinische und pflegerische Ver-    langfristig garantieren zu können, so der HKG-Chef.
sorgungsqualität der Patienten an unseren Standorten, die ge-     Prof. Jens Scholz, 1. Vorsitzender des Verbandes der Universi-
messen und für die Patienten nachvollziehbar sein muss sowie      tätsklinika Deutschlands (VUD): „Mit der Einteilung in ver-
die Sicherstellung der Versorgung an unseren Standorten blei-     schiedene Level schärft die Regierungskommission die künftige
ben unsere Handlungsmaxime. Wir private Krankenhausträger         Rolle der einzelnen Krankenhäuser. Mit der Abkehr vom
werden unseren Beitrag zu einer Reform des Krankenhauswe-
sens leisten und konstruktiv daran mitarbeiten.“
Dr. Steffen Gramminger, Geschäftsführender Direktor der Hes-
sischen Krankenhausgesellschaft (HKG), sagt: „Der Reformvor-
schlag des Bundesministeriums verfolgt durchaus richtige An-
sätze, denn die Krankenhäuser in Hessen und bundesweit be-
nötigen jetzt wirtschaftliche Entlastung. Nun steht die prak-
tische Umsetzung dieser theoretischen Vorschläge an: Ihre
Qualität wird vor allem auch von der Einbeziehung der Länder
sowie des Wissens und der Erfahrung aus der Praxis abhängen.
Beides ist bislang zu kurz gekommen. Auf die Umsetzbarkeit
und Praktikabilität wird es jedoch maßgeblich ankommen.“
Bisher mangele es jedenfalls an Vorschlägen für die Übergangs-
                                                                                                             Der 1. Vorsitzende
zeit. Gramminger warnt vor einem kalten Strukturwandel, der                                                  des VUD, Prof. Jens
längst in Gang gesetzt ist: „Keinesfalls zu vernachlässigen ist                                              Scholz. Foto: VUD
die Übergangsphase bis zur Umsetzung der Vorschläge. Erfor-
derlich wäre primär eine unmittelbare Stabilisierung der Fi-
nanzlage gewesen, um ein unstrukturiertes Krankenhausster-
ben zu vermeiden. Ein Wandel ist nur möglich, solange eine        100%-Ansatz bei der DRG-Finanzierung und Einführung einer
Basis vorhanden ist, auf der aufgebaut werden kann.“              Vorhaltevergütung, die an Leistungsgruppen und zugehörigen
Darüber hinaus fehlten bislang jegliche Details über die Finan-   Qualitätsanforderungen gekoppelt wird, wählt sie einen viel-
zierung des Vorhabens. „Zu sehen ist lediglich eine Umvertei-     versprechenden Ansatz für die Neuausrichtung der Kranken-
lung der Gelder – und eine solche wird keineswegs zu der ge-      hausversorgung.“ Mit der Festlegung der Versorgungsstufen
wünschten ‚Revolution‘ führen“, ergänzt Gramminger.               ordne die Kommission den jeweiligen Stufen unterschiedliche
                                                                  Mindeststrukturvoraussetzungen zu. Für die Universitätsmedi-
                                                                  zin halte sie fest, dass diese neben ihrem vollumfänglichen Ver-
                                                                  sorgungsangebot die dringend erforderliche übergeordnete
                                                                  Steuerung und Koordination in der regionalen Versorgung und
                                                                  auch weitergehende System- und Zukunftsaufgaben überneh-
                                                                  men muss. „Die Regierungskommission erkennt zutreffend die
                                                                  herausragende Rolle der Universitätsklinika für unser Gesund-
                                                                  heitssystem an. Es ist folgerichtig, die Universitätsklinika an die
                                                                  Spitze des Versorgungsstufenmodells zu stellen und eine zu-
                                                                  sätzliche Finanzierung dabei vorzusehen. Mit diesen Vorschlä-
                                                                  gen hat Minister Lauterbach eine sehr gute Grundlage, um eine
                                                                  echte Krankenhausreform in die Wege zu leiten“, so Prof. Scholz.
                                         Dr. Steffen Gram-        Die von Prof. Lauterbach geplante Umsetzung des Reformkon-
                                         minger, Geschäfts-
                                         führender Direktor
                                                                  zeptes werde heftige Diskussionen in den Kliniken auslösen,
                                         der HKG. Foto: HKG       prophezeit der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirek-
                                                                  toren Deutschlands, Dr. Josef Düllings: „Vieles bleibt wage,
                                                                  einige vorgesehene Regelungen greifen tief in die Krankenhaus-
                                                                  planung der Länder ein, das Problem der gesetzlich unge­­

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Politik

                                                                                                             Helmut Dedy,
                                                                                                             Hauptgeschäftsfüh-
                                         VKD-Präsident Dr.                                                   rer des Deutschen
                                         Josef Düllings.                                                     Städtetags. Foto:
                                         Foto: VKD/Lopata                                                    Laurence Chaperon

nügenden Investitionsmittel der Länder für die Krankenhäuser       nert, Stationen verlegt oder aufgelöst werden“ sagte Dedy. Die
wird nur am Rande erwähnt. Hier liegt aber ein Schlüssel zur       Vorschläge der Kommission wirkten erst in einigen Jahren. Da-
Lösung vieler Probleme. Die investive Mangelernährung der          her müssten Bund und Länder rasch Geld in die Hand zu neh-
Kliniken muss beendet werden.“ Düllings.                           men, um aktuell zu unterstützen.
Erschreckend für den VKD ist zudem, dass die Basis für die         Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) unterstützt die Kom-
künftigen Budgets das Jahr 2021 sein soll – „Ein Jahr, in dem      missionsvorschläge, die Versorgung zukünftig über Versor-
bereits mehr als 60 % der Krankenhäuser in roten Zahlen steck-     gungsstufen und Leistungsgruppen zu organisieren: „Nur be-
ten. Man will also eine Reform aus einer extremen Krise heraus     darfsgerechte und qualitativ hochwertige Krankenhäuser
starten und gleichzeitig den Startpunkt bereits mit hohen Defi-    sollten künftig für die Versorgung der Bevölkerung in Frage
ziten belasten.“ Auf die Praktikabilität der Vorschläge komme      kommen. In der Praxis wird es darauf ankommen, eine solche
es aber maßgeblich an. Es werde dazu noch viele Diskussionen       qualitätsorientierte Versorgung konsequent in der Landeskran-
geben müssen – bevor ein Gesetz aus dem Reformpapier der           kenhausplanung umzusetzen“, so Ulrike Elsner, Vorstandsvor-
Regierungskommission wird. „Denn das benötigt angesichts           sitzende des vdek.
der komplexen Veränderungen innerhalb und außerhalb der            Das Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung (DNVF) be-
Krankenhäuser sowie der Auswirkungen auf die Gesundheits-          grüßt die Reformvorschläge der Regierungskommission mit den
versorgung insgesamt, die hier vorgesehen sind, die Erfah-         Kernpunkten klar definierter Krankenhaus-Level und Leis­
rungen, Kenntnisse und Innenansichten der Praktiker“, so Dül-      tungsgruppen sowie des Zwei-Säulen-Modells „Vorhaltung und
lings weiter.                                                      DRG“.
Der Deutsche Städtetag hat Vorschläge für grundlegende Re-         Der zentrale Reformschritt der Aufsplittung der Krankenhaus-
formen bei der Finanzierung der Kliniken begrüßt, fordert aber     Level in Level Ii und Level In erfordert aus Sicht des DNVF die
auch schon eine raschere Stabilisierung. Gegenüber der Deut-       weitestgehenden Veränderungen etablierter Planungs- und Ver-
schen Presse-Agentur (dpa) sagte Städtetags-Hauptgeschäfts-        gütungsstrukturen. Diese Reform berge die Chance für ein stär-
führer Helmut Dedy: „Wir brauchen ein Rettungspaket, das           keres Zusammenwachsen der ambulanten und stationären Ver-
schnell wirkt. Sonst wird es in fünf Jahren viele wichtige Kran-   sorgungsbereiche, indem sektorenübergreifende Strukturen für
kenhäuser nicht mehr geben. Die finanzielle Notlage der Kran-      eine wohnortnahe medizinische und pflegerische Versorgung
kenhäuser war noch nie so groß wie heute.“ Dedy sagte, die         geschaffen werden.
Kommission liege völlig richtig, dass der allerletzte Zeitpunkt    Der Erfolg der von der Kommission genannten Reformschritte
gekommen sei, das Ruder herumzureißen. Es sei gut, dass nun        hänge zum einen davon ab, dass sie tatsächlich umgesetzt wer-
konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen:                          den, wofür Bundes- und Landespolitik zusammenwirken und
„Die Krankenhäuser sind für die Menschen vor Ort unverzicht-       entsprechende Gesetzesvorhaben zügig umsetzen müssen,
bar, sie gehören zur Daseinsvorsorge.“ Dies in den Vordergrund     mahnt das Netzwerk. Zum anderen sollten die einzelnen Re-
zu stellen, sei der richtige Ansatz. Dabei nähmen kommunale        formschritte von Beginn an als komplexe mehrteilige Interven-
Kliniken ihre Verantwortung seit Jahrzehnten wahr und böten        tionen in Richtung auf eine integrierte Versorgung angesehen
Leistungen etwa in der Geburtshilfe und Kinderheilkunde an,        werden, die detailliert geplant und kontinuierlich evaluiert wer-
mit denen sich keine großen Gewinne erwirtschaften lassen.         den müssen.
Die Folge sei eine dramatisch verschlechterte wirtschaftliche
Lage. „Die Zahlen sind tiefrot. Klinken mussten bereits verklei-   Katrin Rüter                                                  n

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