Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe

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Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
Kinder- & Jugendhilfe           Pflegelehre
           Betreuungs-                     Mogelpackung
           komplexität                     statt wirklicher
           erheblich gestiegen             Problemlösung

Das Mitglieder-Magazin der Hauptgruppe 1                            1/2020

       Wer regiert Österreich?
                  Wie die ÖVP „ihr Ding“ durchzieht –
               und grüne Themen auf der Strecke bleiben

Einsetzen. Durchsetzen. Umsetzen.                             Hauptgruppe 1
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
Hauptgruppe 1
                                                                                                                                                                                            3
teamwork 01/2020

                                                                                                                                                                 Editorial

HG 1-Service
& rasche Info                                                                                                Liebe Leserin,
Dienstrecht
Julia Fichtl
                                                                                                             Lieber Leser,
julia.fichtl@wien.gv.at                                                                                                           in dieser Ausgabe befassen wir uns mit „Neuem“.
Kurt Mrzena-Merdinger                                                                                                             Zunächst mit einer neuen Bundesregierung. Erst-
kurt.mrzena-merdinger@wien.gv.at                                                                                                  mals regieren zwei Parteien, die von Grund auf
                                                                                                                                  verschieden sind. Wie Tag und Nacht. Profitmaxi-
                                                                              BILD: © RENÉEDELMISSIER/HG 1

                                                                                                                                  mierung trifft auf radikalen Umwelt- und Klima-
Pensionsrecht                                                                                                                     schutz, Konservatives auf Alternatives, Autofah-
Günter Unger                                                                                                                      rerInnen auf RadfahrerInnen, Migrations­skepsis
guenter.unger@wien.gv.at
                                                                                                                                  auf Migrationsfreundlichkeit. In ­ihrem Regie-
Margit Pollak                                                                                                                     rungsprogramm soll nun „das ­Beste“ aus beiden
margit.pollak@wien.gv.at                                                                                     Karin Zauner-        Welten vereint werden. Doch was ist dieses Beste?
                                                                                                             Lohmeyer             Und für wen ist was das Beste? D
                                                                                                                                                                 ­ iesen Fragen ge-
Frauen, Jugend & Diversität                                                                                  Chefredakteurin      hen wir in unserer Cover Story nach (S. 6–8).
                                                                                                             teamwork
Regina Müller
regina.mueller@wien.gv.at                                                                                                            Im teamwork-Interview analysiert der renommier­
                                                                                                             te Politikwissenschafter Thomas Hofer die politi­sche Lage in Öster-
                                                                                                             reich, den Machtpolitiker Sebastian Kurz, die – seiner Meinung nach
Kollektivverträge &                                                                                          – Demütigung der Grünen und erklärt, warum sich Gewerkschaften,
                                                                                                             Sozial­partner und die Sozialdemokratie in Österreich dringend erneu-
Soziale Arbeit                                                                                               ern müssen (S. 10–11). Ganz und gar nicht neu ist der massive Mangel
Elisabeth Jarolim                                                                                            an Pflegekräften in Österreich, über den sich Querraunzerin Wilma
elisabeth.jarolim@wien.gv.at
                                                                                                             aufregt. Sie kriti­siert die fehlende gesellschaftliche Anerkennung und
                                                                                                             Wertschätzung der Altenpflege, die Arbeitsbedingungen und Entloh-
HG1 Organisation &                                                                                           nung. Umso bemerkenswerter findet sie den Arbeitskampf der Pflege-
                                                                                                             rinnen und Pfleger für eine faire Bezahlung und kürzere Arbeitszeiten
­Veranstaltungen                                                                                             (S. 9).
Michael Witzmann
michael.witzmann@wien.gv.at                                                                                  Neu seit Jahresbeginn ist Manfred Obermüller als Vorsitzender der
                                                                                                             Hauptgruppe 1. Über seine Schwerpunkte und was ihm in der politi-
Nähere Informationen entnehmen Sie bitte                                                                     schen Arbeit wichtig ist, lesen Sie in seinem Leitartikel „Stark aus Zu-
unserer Homepage www.hg1.at
                                                                                                             sammenhalt“ (S. 5). Ja, und neu ist auch die Serie mit dem Titel „Stadt-
                                                                                                             politikerIn in zwei Minuten“, die unsere Ressortverantwortlichen von
   In unserer letzten Ausgabe 04/2019                                                                        einer persönlichen und privaten Seite zeigen. Wir beginnen in dieser
   ist uns auf Seite 16 im Artikel von                                                                       Ausgabe mit Ulli Sima und Kathrin Gaál (S. 26).
   Mag.a Elisabeth Jarolim ein bedauerli­
   cher Irrtum unterlaufen. Wir haben bei                                                                    Ich hoffe, es ist Ihnen noch etwas Neues aufgefallen. Das Layout u
                                                                                                                                                                              ­ nseres
   der Entlohnung der Ärzte ein falsches
                                                                                                             Magazins! Neue Schrifttypen, etwas feiner, jünger, frischer, mehr
   Gehaltsband angeführt. Richtig ist
                                                                                                             Struktur und eine kreative Inhaltsangabe auf der Rückseite.
   aufgrund einer mit Wirksamkeit vom
   1.1.2020 gültigen gesetzlichen Ände-
   rung das Gehaltsband W4/3 mit einem                                                                       Ich hoffe, es gefällt Ihnen. Wir freuen uns auf jeden Fall über Feedback.
   Einstiegsbezug von 5.004,95 Euro.                                                                         Viel Spaß beim Lesen!
   Wir ersuchen um Nachsicht.
                                                                                                                                                                 teamwork@fsg-hg1.at

 Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz Impressum Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: FSG in der younion _ Die Daseinsgewerkschaft – Landesgruppe Wien – Hauptgruppe 1, 1090 Wien,
Maria-Theresien-Straße 11, Tel.: (01) 31316-83700, DVR.Nr. 0046655, ZVR.Nr. 576 43 93 52 Vorsitzender: Manfred Obermüller StV.: Margit Pollak, Günter Unger Redaktionskomitee: Erwin ­Feichtelbauer,
Gerhard Heczko, Marianne Klepac-Baur, Regina Müller, Manfred Obermüller, Beate Orou, Gerhard Pled, Margit Pollak, Melanie Orou, Felix Steiner, Günter Unger, Andreas Walter, Michael Witzmann
­Chefredaktion: Karin Zauner-Lohmeyer Layout: esberger | strategie & kommunikation Erscheinungsort: Wien ­Erscheinungsart: m     ­ indestens vier Mal jährlich Hersteller: Druckerei Jentzsch, 1210 Wien
 Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht mit der Meinung des Herausgebers übereinstimmen. Jede Vervielfältigung von Texten und/oder Fotos bzw. Illustrationen ist nur mit schriftlicher
 Genehmigung des Herausgebers gestattet. Coverfotos: Petra Spiola; depositofotos

  Einsetzen. Durchsetzen. Umsetzen.                                                                                                                                    Hauptgruppe 1
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
4      Politik & Gewerkschaft                                                                                                                        teamwork 01/2020

                                 Europa

                                            Des Kanzlers Veto-Keule
                                            beim EU-Budget
                                            Alle sieben Jahre das gleiche Spiel: Was mit dem Schutz der Steuerzahler
                                            vor der gierigen EU beginnt, endet mit dem Kampf um die Kommastellen.
                                            Der Kanzler reitet wieder medienwirksam gegen ­Brüssel.

                                            M
                                                     it dem Gesamtvolumen                                                                                       Rechtsstaatlichkeit in einzelnen
                                                     des EU-Budgets und                                                                                         Mitgliedstaaten nicht auch noch
                                                     der Höhe der Beiträge                                                                                      gefördert wird.
                                            der Mitgliedstaaten werden die
                                            Zielsetzungen und die politische                                                                                    Geplante Mittelverteilung
BILD: © ROBERT RUBA

                                            Schwerpunktsetzungen in der EU                                                                                      In Österreich tragen Arbeitneh-
                                            festgelegt. Wenn uns die EU Ant-                                                                                    merInnen rund 80 Prozent zum
                                            worten auf die großen Fragen,                                                                                       Gesamtsteuerauf kommen bei.

                                                                                                                       BILD: © SYMBOLBILD SHUTTERSTOCK / NITO
                                            von Klimaschutz über Jugendar-                                                                                      Trotzdem kam bisher nur ein klei-
                      Thomas Kattnig        beitslosigkeit bis zur Migration,                                                                                   ner Teil der EU-Budgetförderun-
                      Bereichsleiter EU     geben soll, muss das finanziert                                                                                     gen den Beschäftigten zugute –
                      und Internationales   werden.                                                                                                             mit abnehmender Tendenz. Ich
                      der younion_Die                                                                                                                           setze mich daher in Brüssel für
                      Daseinsgewerk-        Was sind die Fakten?                                                                                                eine Neuverteilung der Mittel im
                      schaft, Mitglied                                                                                                                          Interesse der ArbeitnehmerInnen
                                            Der mehrjährige Finanzrahmen –
                      im Europäischen
                                            das EU-Budget – wird für die         Statt billigem Populismus braucht                                              ein.
                      Wirtschafts- und
                      Sozialausschuss
                                            Jahre 2021 bis 2027 erstellt. Die    es Investitionen in Arbeit                                                        Die Maßnahmen zur Eindäm-
                                            kolportierte Gesamtsumme von                                                                                        mung der Erderwärmung, In-
                                            knapp mehr als 1 Billion Euro um-                                                                                   vestitionen in erneuerbare und
                                            fasst daher sieben Jahresbudgets.    Zum Vergleich: In der EU gehen                                                 nachhaltige Infrastruktur und
                                            Die Vorstellungen der Institutio-    jährlich 1 Billion Euro durch lega-                                            Innovation erhalten einen hohen
                                            nen sind noch recht unterschied-     le und illegale Steuervermeidung                                               Stellenwert. Mit der Schaffung
                                            lich. Die Kommission schlägt eine    verloren. Ich würde mir daher ein                                              eines Fonds für einen sozial ge-
                                            Erhöhung des Budgets von 1,0         ebenso energisches Auftreten des                                               rechten Übergang konnte ein ge-
                                            Prozent auf 1,114 Prozent des        Kanzlers bei der Frage der Steu-                                               werkschaftlicher Erfolg errungen
                                            Bruttonationalprodukts vor, das      ergerechtigkeit wünschen. Damit                                                werden.
                                            Parlament will eine Erhöhung auf     wären wichtige Zukunftsinves-
                                            1,3 Prozent. Der Ratsvorschlag,      titionen und sozialer Ausgleich                                                Agrarlobby wird bedient
                                            also jener der Mitgliedstaaten,      jedenfalls gesichert und die Feil-                                             Das türkis-grüne Regierungspro-
                                            liegt derzeit bei 1,074 Prozent,     scherei ums Budget beendet.                                                    gramm zeigt deutlich, welchen
                                            was sich noch ändern kann.                                                                                          Schwerpunkt die Regierung bei
                                            Selbst der Kanzler zeigt sich nun    Finanzierung durch                                                             den Verhandlungen zum EU-­
                                            weit kompromissbereiter und          EU-Eigenmittel                                                                 Finanzrahmen setzt. Die Mittel
                                            sieht einen Spielraum von 1,0 bis    Eine Erhöhung der Eigenmittel                                                  für die gemeinsame Agrarpoli-
                                            1,11 Prozent. Eine Einigung mit      der EU könnte die Lösung der                                                   tik für Österreich sollen auf dem
                                            dem Parlament ist wohl erst in ei-   Nettozahler-Debatte sein. Finanz-                                              bishe­r igen Niveau sichergestellt
                                            nigen Wochen zu erwarten.            transaktionssteuer, Plastiksteuer                                              werden. Bei einer allfälligen
                                                                                 oder ein vernünftiges System des                                               Kürzung soll es einen Ausgleich
                                                                                 Emissionshandels wären dafür                                                   geben – also Gelder aus dem na­
                                                                                 die probaten Mittel. Gleichzei-                                                tionalen Budget: Das ist Klientel-
                            „EU-weite Steuerhinterziehung                        tig muss die Rechtsstaatlichkeit                                               politik auf dem Rücken der Ar-
                                                                                 an Budget und an die Verteilung                                                beitnehmerInnen.
                                  kostet jährlich so viel wie                    von Fördergeldern geknüpft wer-
                                sieben EU-Jahresbudgets.“                        den, damit ein Aushebeln der                                                   thomas.kattnig@younion.at
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
Politik & Gewerkschaft
                                                                                                                                 5
teamwork 01/2020

                                                                                                              Leitartikel

     ­
                        Mehr denn je braucht es klare Kante gegen Sparzwänge,
                        Kontrollwahn und krank machende Arbeitsbedingungen.

                                         Stark aus
                                       Zusammenhalt

          A
                  nfang des Jahres habe ich als ­neuer                            und Kollegen. Wir wollen auf Augenhöhe
                  Vorsitzender der Hauptgruppe 1                                  mit der Dienstgeberin die Spielregeln der
                  ein großartiges Team übernom-                                   Arbeitswelt mitgestalten, das Know-how
          men, das sich tagtäglich mit viel Herzblut                              und die gebündelte Kraft unserer Ge-
          für die Rechte der Kolleginnen und Kol­                                 werkschaftsmitglieder einbringen. Stark
                                                                             BILD: © PETRA SPIOLA/HG1

          legen einsetzt. Die Hauptgruppe 1 ist ei-                               sind wir nur, wenn wir zusammenhalten
          ne selbstbewusste, starke Bewegung, die                                 und gemeinsam auftreten – wie wir seit
          immer klare Kante zeigt, wenn Arbeits-                                  mehr als hundert Jahren wissen.
          rechte beschnitten, Arbeitsbedingungen
          verschlechtert oder „Neuausrichtungen“               Manfred            Um unsere Forderungen d     ­ urchzusetzen,
          bzw. „Organisationsreformen“ auf Kosten            Obermüller           müssen wir aber auch mit der Dienst-
          der Kolleginnen und Kollegen gegangen              Vorsitzender         geberin reden. Der gute sozialpartner-
          sind oder gehen. Mit uns geht so etwas            Hauptgruppe 1         schaftliche Dialog hat in Wien Tradition,
          nicht! Für die Arbeit in der Gewerkschaft                               ich halte ihn für immens wichtig, und er
          braucht es Geradlinigkeit, Handschlagqualität und           findet nicht auf der Straße statt. Setzen wir uns zu-
          Gestaltungswillen.                                          sammen, wenn’s irgendwo „Bröseln“ gibt, gestalten
                                                                      wir gemeinsam und finden wir Lösungen.
          Ja, es braucht Mut, die Dinge direkt und sachlich an-
          zusprechen, auch wenn das manchmal u      ­ nangenehm       Viele fragen sich: „Na, wie wird er es anlegen, der
          ist. Eine menschliche Arbeitswelt entsteht nicht von        Manfred, als neuer Vorsitzender?“ Vor allem: konse­
          selbst. Sie ist das Produkt aus hartnäckiger Ziel­          quent! Wir kämpfen für den Erhalt einer starken,
          strebigkeit und vor allem Gestaltungswillen. Wir            öffentlichen Daseinsvorsorge und für eine Gesell-
          benötigen in der Zeit von Digitalisierung und vielen        schaft, in der das Wohlergehen der Menschen mehr
          damit einhergehenden organisatorischen Verän­               zählt als die Profitmaximierung. Es gibt noch viel
          derungen Gesetze und Regeln, die Arbeitnehmerin-            zu tun, sehr viel: Alters­teilzeit, gesundes Arbeiten,
          nen und Arbeitnehmer schützen, wir brauchen aber            Nachbesserungen bei der Besoldungsreform, Wei-
          auch die Kontrolle, dass diese Gesetze eingehalten          terentwicklung des bestehenden Systems etc. Die
          werden.                                                     Themen gehen uns nicht aus. Und wer mich näher
                                                                      kennt, weiß: Ich mag Ausdauersport.         ☺
          Das ist die Aufgabe unserer Personalvertretung.
          Wir achten darauf, dass die Personalvertreterinnen          manfred.obermueller@wien.gv.at
          und -vertreter, bestens geschult, den Kolleginnen
          und Kollegen zur Seite stehen, um negative Ent-
          wicklungen in der Dienststelle rasch zu erkennen
          und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Oft geht es um              „Als Gewerkschaft brauchen wir
          Personalmangel, Sparzwänge, Führungskultur und
          absurde Ideen von Unternehmensagenturen, denen
                                                                      die gebündelte Kraft unserer
          mehr Vertrauen geschenkt wird als den Kolleginnen          ­Mitglieder.“
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
6      Politik & Gewerkschaft                                                                                 teamwork 01/2020

                                          Thema

                                                  Wer regiert Österreich?
                                                  Türkises Spiel mit der Macht
                                                  Das Regierungsprogramm zeigt: Die ÖVP wird „ihr“ Ding
                                                  durchziehen, während grüne Themen vage bleiben.
                                                  Was sich ändern wird. Eine Analyse.

                                                      A
                                                                bschieben. Jetzt em­is­   für Arbeitslose, eine Arbeit an-       weisen. Bei einem Wirt­schafts­ab­
                                                                sionsfrei!“ – Das war     zunehmen, werden verschärft.           schwung hat die Regierung ­einen
                                                  „             auf dem Cover der
                                                     deutschen Tageszeitung „taz“ zu
                                                                                          Positiv ist die Absicht der Bun-
                                                                                          desregierung, die Niedriglöhne
                                                                                                                                 Spielraum für ein temporä­res De-
                                                                                                                                 fizit. Via Green Bonds und einer
BILD: © RENÉEDELMISSIER/HG 1

                                                     lesen, als die neue türkis-grüne     zu bekämpfen und ein Mindest-          „Bürgerstiftung Klimaschutz“, die
                                                     öster­reichische ­Bundesregierung    niveau von Löhnen einzuführen.         Bürgeranleihen anbietet, sollen
                                                  in Wien präsentiert wurde. Der                                                 sich InvestorInnen und BürgerIn-
                                                  ­Tenor des Artikels: Die ÖVP w ­ erde   Armutsbekämpfung                       nen an der Klimawende finanziell
                                                   „ihr Ding“ durchziehen – „Law          Der Kindermehrbetrag wird von          beteiligen können.
                               Karin Zauner-       and Border“, Steuergeschenke für       250 auf 350 Euro pro Kind ange­
                               Lohmeyer            Reiche, Kopftuchverbot, Siche-         ho­b en. Geplant ist ein Lück­e n­     Frauen
                               Chefredakteurin     rungshaft und all das mit mehr         schluss im Unterhaltsrecht. Frauen     Ambitionsloses Kapitel: ein Be-
                               teamwork            Klimaschutz und etwas mehr             und Kinder sollen nach Trennun-        kenntnis zu Gewaltschutz und
                                                   Transparenz und Menschlichkeit.        gen zu „ihrem“ Geld kommen.            eine 40-Prozent-Frauenquote in
                                                   That’s it! Damit hat die „taz“ wohl    Kein Wort von einer Änderung im        Aufsichtsräten für Unternehmen
                                                   nicht ganz Unrecht. Sieht man es       Bereich der Sozialhilfe.               in öffentlicher Hand.
                                                   nüchtern, so haben es die Grünen
                                                   mit einem übergroßen, von der          Extremismus                            Klimaschutz
                                                   Industrie tatkräftig unterstützten,    Ein jährlicher Extremismusbericht      Österreich soll bis 2040 klima­
                                                   gewieften, machterprobten Geg-         und die „Wiederaufnahme der            neutral werden. Ein österreich-
                                                   ner zu tun.                            Beobachtung und Einschätzung           weites Öffi-Ticket und der Aus-
                                                        Werner Kogler und seine Mann-     rechtsextremer Burschenschaften“       stieg aus Öl und Kohle in der
                                                   und Frauenschaft haben sich            sind geplant. Zudem soll das Do-       Raumwärme sowie ein Klima­
                                                   ­dennoch dazu entschieden, mit         kumentationsarchiv des öster-          check für Gesetze sollen kommen.
                                                  Sebastian Kurz einen Kompromiss         reichischen Widerstands (DÖW)          Österreich tritt für europäische
                                                  finden zu wollen, um vor allem          gestärkt werden und eine Doku-         CO2 -Zölle ein, um den Wettbe-
                                                  den Klimaschutz voranzubringen.         mentationsstelle für den politi-       werb fairer zu machen und um die
                                                  Auf 326 Seiten sei „das Beste aus       schen Islam entstehen.                 Einfuhr von umweltbelastenden
                                                  beiden Welten“ verschriftlicht                                                 Produktionen aus Dritt­staaten zu
                                                  worden, nicht ohne Koglers Zu-          Familie                                verhindern. Ökosoziale Vergabe-
                                                  satz: „Es gibt nur eine Welt.“ Was      Türkis-Grün bekennt sich zu ei-        kriterien sollen bindend für die
                                                  dieses „Beste“ für uns alle be-         nem flächendeckenden Ausbau            bundesweite ­Beschaffung sein.
                                                  deutet, das wollen wir in diesem        der Kinderbetreuung in Kinder-
                                                    ­A rtikel kompakt ­analysieren.       gärten. Der Beruf der Kinder­gar­      Migration
                                                                                          tenpädagogin bzw. des -pädago­­        Ziele sind die „klare Trennung
                                                  Arbeitsrecht                            gen soll aufgewertet werden.           zwischen Asyl und Arbeitsmigra-
                                                  Ein kurzes Kapitel. Es fehlen die       Väterkarenz und Papamonat ­sollen      tion“ und die „Integration durch
                                                  Antworten auf die großen Her-           attraktiver werden. Bei Scheidun-      Leistung“. Die Rot-Weiß-Rot-Card
                                                  ausforderungen der Arbeitswelt          gen soll die gemeinsame Obsorge        soll reformiert werden, um mehr
                                                  wie Prekarisierung, Digitalisie-        zum Regelfall werden.                  „qualifizierte Arbeitskräfte“ nach
                                                  rung, Crowdwork, Mobile Work­                                                  Österreich zu bringen. Das Kopf-
                                                  ing etc. Der 12-Stunden-Tag und         Finanzen und Budget                    tuchverbot an Schulen wird bis
                                                  die 60-Stunden-Woche bleiben.           Das Budget soll über den Konjunk-      zum 14. Lebensjahr ausgeweitet
                                                  Die ­Zumutbarkeitsbestimmungen          turzyklus hinweg kein De­­fizit auf-   und an Kinderbetreuungsstätten,
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
Politik & Gewerkschaft
                                                                                                                     7
teamwork 01/2020

                                                                                                           Thema

                                                                                                                         BILD: © GEORGES SCHNEIDER / PICTUREDESK.COM
Ungleiche Partnerschaft: Die ÖVP hat viele FPÖ-Positionen übernommen und den Grünen den Klimaschutz
als Feigenblatt überlassen

insbesondere islamischen, soll es    stellen. Ein großer Schwerpunkt       nehmen, die Körperschaftssteuer,
verstärkte Kontrollen geben. Eben-   ist die Bekämpfung der Cyber­         soll von 25 Prozent auf 21 Prozent
so soll eine verfassungskonforme     kriminalität. Im Innenministe-        reduziert werden. Davon werden
„Sicherungshaft“ kommen, eine        rium sollen künftig sogenannte        vor allem große Unternehmen
Art Präventivhaft für „potenziell    „Cyber Cops“ zum Einsatz kom-         profitieren. Durch die Steuerre-
gefährliche AsylwerberInnen“.        men und ein „staatliches Cyber­       form ergibt sich ein Steuerge-
                                     sicherheitszentrum“ entstehen.        schenk von mehr als zwei Milliar-
Parteienfinanzierung                 Das Bundesamt für Verfassungs-        den Euro für die oberen 100.000.
Vermögen, Schulden, Einnahmen        schutz und Terrorismusbekämp-
und Ausgaben müssen Parteien         fung (BVT) soll reformiert wer-       Verwaltung
künftig offenlegen und Geldflüs-     den, um „Vertrauen seitens der        Ein neuer Finanzausgleich wird
se innerhalb der Parteiorganisa-     Bevölkerung und von Partner-          kommen, das Amtsgeheimnis
tionen ausweisen. Geheime Kre-       diensten“ wiederherzustellen.         wird abgeschafft und die Informa-
dite, heimlich verschobenes Geld                                           tionsfreiheit soll als einklagbares
oder geheime Goldbarren­lager        Steuern                               Recht verfassungsrechtlich ver-
würden damit illegal. Bei der        Ver­m ögens- und Erbschaf ts-         ankert werden. Das gilt für staat-
Überschreitung der Wahlkampf-        steuern werden nicht kommen.          liche Stellen sowie Unternehmen,
kostenobergrenze soll es scharfe     Die Steuersätze der ersten drei       die der Kontrolle des Rechnungs-
Sanktionen geben.                    Tarifstufen der Lohn- und Ein-        hofs unterliegen. Informationen
                                     kommenssteuer sollen reduziert        „von allgemeinem Interesse“ sind
Sicherheit                           werden. GeringverdienerInnen          zu veröffentlichen, „insbesondere
Mehr Personal gibt’s bei der Po-     (unter ca. 15.500 Euro) haben         Studien, Gutachten, Stellungnah-
lizei: 2.300 zusätzliche Plan- und   von der Steuersenkung nichts.         men, Verträge ab einem festzule-
2.000 zusätzliche Ausbildungs-       Die Einkommenssteuer der Unter-       genden Schwellenwert“.
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
8      Politik & Gewerkschaft                                                                                                              teamwork 01/2020

            Thema

                                                                       BILD: © APA PICTUREDESK

                                                                                                                                                                     BILD: © APA PICTUREDESK
 Österreichweites Öffi-Ticket um 3 Euro pro Tag, also 1.095 Euro                                 Der 12-Stunden-Tag sowie 60-Stunden-Woche als Höchstarbeitszeit
­jährlich, kommt                                                                                 bleiben

                        Wohnen                                     Investitionsanreize bei Sanierun-                             t orInnen erwarten sich eine
                                                                                                                               ta­
                        Türkis-Grün will das g   ­ esamte          gen schaffen und den Miet-Kauf                              strin­gente Weiterführung einer
                        Wohnrecht reformieren, das Be-             attraktivieren.                                             kon­servativen Politik für Gutver­
                        stellerprinzip bei den Maklerpro­                                                                      die­nende.
                        visionen einführen, die Wohnbau­           Fazit: „Schau ma mal.“
                        förderung wieder zweckwidmen,              Viele ExpertInnen und Kommen­                                Vieles „Grüne“ klingt in dem Pro-
                                                                                                                                gramm auf den ­ersten Blick nahe-
                                                                                                                                zu epochal, wie eine CO2-Steuer.
                                                                                                                                Doch durch die Steuersenkun-
                             Regierungsprogramm 2020 bis 2024                                                                   gen entgehen dem Staat hohe
                                                                                                                                Einnahmen. Wie wird die Re-
                             „Österreich ist ein wunderbares Land“, so beginnt die Präambel des                                 gierung dann ihre M ­ aßnahmen
                             türkis-grünen Regierungsprogramms 2020 bis 2024, das den Titel                                    ­fi nanzieren?
                             „Aus Verantwortung für Österreich“ trägt. Die Regierung setzt sich
                             acht Ziele:                                                                                       Es bleibt zu hoffen, dass Kurz und
                                                                                                                               Kogler die S ­ ozialpartnerschaft
                             1. Eine spürbare Entlastung für arbeitende Menschen.                                              in Österreich wieder auf leben
                             2. Die Bekämpfung des Klimawandels und die Einhaltung der                                         lassen, wie es im Kapitel Arbeit
                                Klimaziele von Paris.                                                                          steht: „Wir werden einen breiten
                             3. Einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschafts­standort.                                gesellschaftlichen Dialog u  ­ nter
                             4. Die soziale Sicherheit und Armutsbekämpfung.                                                   Einbindung aller r­elevanten
                             5. Einen konsequenten Kurs im Bereich Migration und Integration.                                  Stake­h older (Sozialpartner, Zi-
                             6. Die beste Bildung für alle.                                                                    vilgesellschaft etc.) über die
                             7. Nachhaltige Finanzen, notwendige Investitionen und einen                                       Zukunft der Arbeit und dabei
                                ausgeglichenen Haushalt.                                                                       vor allem über die Aspekte Di-
                             8. Mehr Transparenz im öffentlichen Bereich.                                                      gitalisierung, Vereinbarkeit von
                                                                                                                               Familie und B ­ eruf, Arbeits- und
                             In der türkis-grünen Bundesregierung stellt die ÖVP den Bundes­­­kanz­                            Lebensqua­l i­t ät führen.“ Schau
                             ler, zehn MinisterInnen und einen Staatssekretär, die Grünen stellen                              ma mal.
                             vier MinisterInnen und eine Staatssekretärin.
                                                                                                                               teamwork@fsg-hg1.at
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
Politik & Gewerkschaft
                                                                                                                                9
teamwork 01/2020

                                                                                                           Meinung

                                                      Querraunzerin

                                              Es geht
                                             ums Ganze!

          D
                   as sagt sich schnell und lebt sich                           die durchschnittliche Lebenserwartung
                   schwer: „Es geht ums Ganze!“                                 steigt weiter. Das ist gut so. Nicht gut ist,
                   Das ist nicht nur der Titel einer                            dass es in einem so reichen Land wie Ös-
           Bewusstseins-Kampagne der ­„younion“,                                terreich noch immer nicht gelungen ist,
           sondern bittere Erfahrung der vergan-                                für eine würdige Betreuung von jenen
           genen Jahre. Jahrzehnte muss man                                     Seniorinnen und ­Senioren zu sorgen, die
           schon sagen. Denn seit neoliberales Ge­                              sie verdient haben. Und für die Bezahlung
          danken­­gut in die ­Blutbahnen der ­Politik                           jener, die diese verantwortungs- und hin-
           eingeimpft ­  w orden ist – bei manchen                              gebungsvolle Aufgabe übernehmen. Bis
           Parteien in mehrfacher Dosis –                                                    2050 werden laut Sozialmi-
           werden selbstverständ­l iche        „Eine würdige Betreuung nisterium rund 40.000 neue
          ­L eistungen in Frage gestellt.                                                    ­P flegekräfte benötigt. Es gilt
           Öffentliche Pensionen zum
                                                    von Seniorinnen und                       jedoch nicht nur, neues Perso-
           Beispiel, die öffentlich orga-          ­Senioren muss ein so                      nal zu lukrieren, sondern die
           nisierte Pflege, der ­öffentliche                                                  bereits Beschäftigten auch in
           Wohnungsbau etwa oder in
                                                      ­reiches Land wie                       der Pflege zu halten.
           nicht unwesentlichen Berei-            ­Österreich schaffen.“
           chen sozialversicherungs-                                                          „Bei uns geht’s jeden Tag ums
           rechtliche Leistungen und die Selbstverwaltung. Es        Ganze“ heißt die Kampagne, mit der die „younion“
           sind Anschläge auf die Solidargemeinschaft.               auf diesen tiefen G ­ raben zwischen Anspruch und
                                                                     Wirk­lich­keit hinweist. Wir müssen tun, was zu tun
           Und das ist der Hintergrund, vor dem sich gerade          ist; jede Einzelne und jeder Einzelne von uns. Uns
           eine „Branche“ auf die Hinterfüße stellt: die Pflege-     stark machen für die Daseinsvorsorge, stark machen
           rinnen und Pfleger, die jetzt eine 35-Stunden-Woche       gegen jene, die Solidarität ins Private zurückdrän-
          einfordern. Sie sind es, die für viel zu geringe Ent-      gen wollen und den Zusammenhalt der Gesellschaft
          lohnung dort zupacken, wo alte, kranke Menschen            untergraben und an die Wand drücken wollen. Stark
          dringend Hilfe brauchen. 45 Prozent der Pflegenden         machen für jene, die helfen, für andere da sind. Es
          werden ausschließlich von Angehörigen der Familie          geht dabei wirklich jeden Tag ums Ganze!
          betreut, 31 Prozent mit Hilfe von mobilen Diensten
          und rund 16 Prozent in Einrichtungen. Die Pflege ist
          nach wie vor weiblich. Knapp drei Viertel der Pflege-
          leistung wird von Frauen übernommen. Ihr Durch-
          schnittsalter liegt bei 62 Jahren; berufstätig ist mehr
          als die Hälfte dieser pflegenden Frauen nicht mehr.
          Immer mehr Menschen erreichen ein höheres A        ­ lter,
Wer regiert Österreich? - Hauptgruppe
10       Politik & Gewerkschaft                                                                                teamwork 01/2020

                                          Interview

                                                                      „Es kann auch rasch in die
                                                                        Gegenrichtung gehen!“
                                                           Warum sich Gewerkschaften, Sozialpartner und die Sozialdemokratie
                                                           dringend erneuern müssen und was die ÖVP derzeit so stark macht,
                                                                               erklärt Thomas Hofer im teamwork-Interview.

                                                  Welchen Eindruck haben Sie von        nicht vorhersehbar. Klar h
                                                                                                                 ­ ingegen     In einigen Kapiteln des
                                                  der Bundesregierung nach den          war, dass nach der Implosion der       Regierungs­programms fehlt die
                                                  ersten Wochen?                        Liste Pilz die Grünen wieder in        grüne Handschrift völlig. Sehen
                                                  Die ÖVP agiert in den ersten Wo-      den Nationalrat kommen werden.         Sie das auch so?
BILD: © RENÉEDELMISSIER/HG 1

                                                  chen der Regierung sehr ­w uchtig,    Und natürlich war auch logisch,        Aus meiner Sicht wurden die
                                                  angriffig, offensiv und ohne          dass mit der Fridays for Future-       G rünen zum Beispiel bei den
                                                                                                                               ­
                                                  Rück­sicht auf den Imageverlust       Bewegung, mit Greta Thunberg           ­T hemen Migration, Kopftuchver-
                                                  der Grünen. Es geht der ÖVP dar-      und auch dem gefühlten Ankom-           bot, Siche­r ungshaft, koalitions-
                                                  um, das abzusichern, was man in       men des Klimawandels in der             freier Raum, UN-Migrationspaket
                               Karin Zauner-      den letzten beiden Wahlkämpfen        Lebensrealität der Menschen der         richtiggehend gedemütigt. Es
                               Lohmeyer           an Stimmen von der FPÖ gewon-         Klimaschutz ein absolut aufstei-        wurden Positionen festgeschrie-
                               Chefredakteurin    nen hat. Das ist aus Parteisicht      gendes Thema ist. Das alles ist         ben, die diametral der grünen
                               teamwork           nachvollziehbar, aber gefährlich      den Grünen entgegengekommen.            Position entgegenstehen. Solche
                                                  aus Regierungssicht.                                                          Demütigungen gibt es auf der
                                                                                        Wie bewerten Sie die Regierungs-        Seite der ÖVP nicht. Es gibt na-
                                                  Was meinen Sie mit angriffig?         verhandlungen?                          türlich Themen im Regierungs-
                                                  Etwa den offenen Widerspruch,         Um es sarkastisch mit Toni ­Pfeffer     programm, die nicht ausdefiniert
                                                  wenn sich Grüne zu Wort m  ­ elden.   zu sagen: Die Grünen haben die          sind, wie zum Beispiel eine öko-
                                                  Außenminister Schallenberg            Verhandlungen nicht gerade              soziale Steuerreform. Da kann es
                                                  richtet Sozialminister Anschober      hoch gewonnen. Da wäre mehr             für die ÖVP-Klientel noch unan-
                                                  öffentlich aus, es sei nicht rele-    drinnen gewesen. Ein Außenres-          genehm werden.
                                                  vant, was er zur Seenotrettung        sort, eine Frauenministerin und
                                                  sage. Im Gegenzug mischt sich         ein Staatssekretär im Finanzmi-        Was sind aus Ihrer Sicht die
                                                  das Kanzleramt offensiv bei der       nisterium zum Beispiel. Wichtig        ­Stärken von Sebastian Kurz?
                                                  grünen Justizministerin ein. Das      wäre es gewesen, dort jemanden          Die sind vielschichtig. Er formu-
                                                  ist eine schon sehr selbstbewusste    zu ­haben, denn im BMF wird die         liert verständlicher und auf e­ ine
                                                  ÖVP.                                  Politik gemacht. Das sind nur ei-       Weise, wie es sehr wenige in
                                                                                        nige von vielen Druckpunkten,           ­Ö sterreich können. Er hat eine
                                                  War es vorhersehbar, dass die         die nicht genutzt wurden. Das            politische Nase – im Gegensatz
                                                  Grünen in Österreich so               war zum einen sicherlich einer           etwa zu Christian Kern, der ähn-
                                                  ­aufsteigen?                          logischen Überforderung nach             lich kommunikativ talentiert ist
                                                   Nicht in der Dimension, es war ja    der Parlamentsabsenz geschuldet          und auch ein überzeugender Bun-
                                                   auch der frühe Neuwahltermin         und zum anderen einem über-              deskanzler hätte werden können.
                                                                                        mächtigen ­Verhandlungspartner.          Es war 2017 bei der Wahl völlig
                                                                                        Die erste Fehleinschätzung bei           klar und bereits die Jahre zuvor:
                                                                                        den Grünen war wohl, zu glau-            Die Leute wollen eine Richtungs-
                                                                                        ben, dass Kurz wieder mit der            änderung. Sie waren schon ange-
                                                                                        F P Ö zusa m menge hen w i rd.           fressen, wie Politik grundsätzlich
                               „Die erste Fehleinschätzung bei den                      Die Veränderungserzählung des            gemacht wird. Kurz ist darauf
                                                                                        Herrn Kurz hätte massiv darunter         eingegangen und hat die Themen
                                     Grünen war wohl, zu glauben,                       gelitten. Er ­hatte in Wahrheit kei-     gesetzt. Da machen die SPÖ und
                                                                                        ne Alternative. Die Grünen ­haben        andere im linken Bereich ­schwere
                                      dass Kurz wieder mit der FPÖ                      es verabsäumt, das für sich zu           Einschätzungsfehler: Kurz hat
                                            ­zusammengehen wird.“                       ­nutzen.                                 nicht nur das Sicherheits- und
Politik & Gewerkschaft
                                                                                                                                                11
teamwork 01/2020

                                                                                                                                 Interview

                                                                                                      von Anfang an in seiner Partei
                                                                                                      umgerührt, hart und tough im
                                                                                                      Sinne von Leadership, und ­gegen
                                                                                                      die Entscheidungsschwäche der
                                                                                                      Politik klare Kante gezeigt. Das
                                                                                                      kann man nun mögen oder
                                                                                                      nicht. Machtstrategisch aber ist
                                                                                                     ­Sebastian Kurz ein Profi.

                                                                                                     Wie wird es nun mit der Sozial-
                                                                                                     partnerschaft in Österreich
                                                                                                     ­weitergehen?
                                                                                                      Ich glaube, dass Kurz seinen –
                                                                                                      in Anführungszeichen – Kampf
                                                                                                      gegen die Sozialpartnerschaft
                                                                                                      zwar weiter fortführen wird:
                                                                                                      Aber natürlich gibt es Unter-
                                                                                                      schiede zu Türkis-Blau. Es wird
                                                                                                      darauf ankommen, worauf man
                                                                                                      sich mit den Grünen einigt. Der
                                                                                                      Sozial­minister will ja wieder eine
                                                                                                      ­Stärkung der Sozialpartnerschaft.
                                                                                                       Diese Entwicklungen sollten für
                                                                                                       die Sozialpartner ein Ansporn
                                                                                                       sein, sich strategisch und in-
                                                                                                       haltlich zu erneuern, denn das
                                                                                                       21. Jahrhundert ist davon ge-
                                                                                                       prägt, welche kommunikative
                                                                                                       Wucht Institutionen entwickeln.
                                                                                                       Wie bringt man Themen in die
                                                                                                       Öffentlichkeit? Wie bleibt man
                                                                                                       präsent und wesentlich? Wie
                                                                                                       treibt man Themen voran?

                                                                                                      Wie steht diese Bundesregierung
                                                                                                      Ihrer Einschätzung nach zur
                                                                           BILD: © PHILIPP TOMSICH

                                                                                                      ­Gewerkschaft?
                                                                                                       Kurz steht der S
                                                                                                                      ­ ozialdemokratie
                                                                                                       insgesamt kritisch gegenüber
                                                                                                       und verortet die ­Gewerkschaften
                                                                                                       ­logischerweise im sozialdemo-
                                                                                                        kratischen Einflussbereich. Bei
                                                                                                        den Grünen ist es sicher a
                                                                                                                                 ­ nders.
Migrationsthema. Er hat der SPÖ       Pflegedebatte. Da lernt er aus                                    Man muss sich aber immer
auch das Gerechtigkeitsthema          Fehlern von ­Wolfgang Schüssel.                                ­a n­schauen, welche Vorfeldorga­
weggenommen.                          Es ist falsch zu sagen, er sei nur                              nisationen und Anspruchsgrup-
                                      ein Marketingprodukt. Er hat                                    pen es in e­ iner Partei gibt. Die
Sie meinen den Leistungsbegriff?      genau geschaut, wo er der SPÖ
Ja, indem er gesagt hat: Ge-          das Wasser abgraben kann. Für
rechtigkeit für Leistungsträger.      mich ist die durchorchestrierte
Er strahlt auch in den sozialde-      Gerechtigkeitserzählung ein zen-
mokratischen Bereich hinein.          traler Beleg dafür. Kurz hat am
Er versucht Themen wegzudrü-          Beginn Bedingungen formuliert,
cken, die heikel sein könnten         was Kern und Rendi-Wagner                                      „Es wurden Positionen fest­
und macht sich dadurch schwe-         nicht gemacht haben. Man ist
rer ­angreifbar. Stichwort: soziale   am Beginn am stärksten. C ­ hange
                                                                                                     geschrieben, die diametral der
Kälte, wie Pensionsreform und         party, change country. Er hat                                  ­grünen Position entgegenstehen.“
12         Politik & Gewerkschaft                                                                                     teamwork 01/2020

               Interview

                              Gewerkschaften waren nie ein gro­
                              ßes Aufmarschgebiet der Grü­nen.
                              Das ist eher der NGO-Be­reich. Ich
                              würde aber nicht sagen, dass die
                              Grünen gewerkschaftsfeindlich
                              sind.

                               Gibt es überhaupt noch so etwas
                               wie eine klassische Arbeitneh-
                               merInnenbewegung?
                               Nein, die gibt es definitiv nicht
                               mehr. Die Berufswelten sind mitt-
  Zur Person                   lerweile so divergierend, dass
                               das natürlich nicht mehr über
  Dr. Thomas                   einen Kamm zu scheren ist. Das
  Hofer M.A.                   hat man auch beim Thema des
                              ­12-Stunden-Arbeitstags gesehen.
         Geboren und           Auch da gab es unter den Arbeit-
     ­aufgewachsen in          nehmerInnen völlig ­verschiede­ne
   ­Judenburg, Steier-         Zugänge und Emotionen. Die
    mark, verheiratet,         Kommunikation in Richtung „der“
          zwei Kinder.         ArbeitnehmerInnen ist eine sehr
   Er hat Kommunika­           komplexe. Betrachtet man das
    tionswissenschaft          Wahlverhalten, dann ist die SPÖ
  und Anglistik an der         heute eher die Partei der Pensio-
      Universität Wien         nistinnen und Pensionisten und
        ­sowie Political       die FPÖ die Partei der klassischen
 ­Management an der
                               Arbeiter. Sebastian Kurz ist es
  George Washington
 University, Washing-
                               gelungen, auch tief in ehemalige
     ton D.C., studiert.       Wählerschichten der SPÖ einzu-
                               dringen. Das heißt im Umkehr-
  Hofer war von 1998           schluss aber auch: Wenn man
  bis 2003 Innenpoli-          sich anders aufstellt und andere

                                                                                                                                               BILD: © PHILIPP TOMSICH
    tik-Redakteur des          Schwerpunkte setzt, sich per-
   Nachrichtenmaga-            sonell und inhaltlich erneuert,
 zins „profil“. Danach         dann kann es rasch auch in die
  war er als Politiker­
                               Gegenrichtung gehen.
  berater in verschie-
 denen Firmen tätig.
                              Wie wird es mit der SPÖ weiter­
          Seit 2008 ist er    gehen?                                                               „Es ist eine Frage: Wie stellt
  ­Geschäftsführer der        Wir haben noch vor drei Jahren
       Firma H&P Public­      diskutiert, wie rettbar die ÖVP
                                                                                                    man sich strategisch auf?“
      ­Affairs und gilt als   ist. Kurz hat bei Macron gesehen,
­einer der renommier-         dass es möglich ist, in extrem
    testen Politikexper-
                              kurzer Zeit eine eigene politische
        ten in Österreich.
                              Bewegung einfach so aus dem
        Hofer lehrt am        ­B oden zu stampfen. Und damit
   ­ tudiengang Jour­
    S                          hat er sich gesagt: Ich r­ eformiere   Es gibt Stimmen, die vom Tod der     Wie stellt man sich strategisch
 nalismus & Medien­­           die alte Tante ÖVP. Das wäre           Sozialdemokratie sprechen.           auf? Wie professionell geht man
management an der              bei Christian Kern auch möglich        Ich denke, dass man im 21. Jahr-     es an? Und da ist es so, dass ge-
       FH Wien und ist         gewesen. Er hat es nur nicht ge-       hundert mit Aussagen, wie „Es        rade in der ­S ozialdemokratie
     ­Autor zahlreicher
                               macht. Was die Reform der SPÖ          ist aus mit der ArbeitnehmerIn-      massive Fehler passier t sind
 ­Publikationen. Sein
aktuelles Buch „Wahl
                               betrifft: Da bin ich in der aktuel­    nenbewegung, mit der Gewerk-         und weiter passieren. Aber das
  2019“ (gemeinsam             len Konstellation sehr skeptisch.      schaft, mit der Sozialdemokratie“    heißt nicht, dass sich das nicht
mit Barbara Tóth) ist          Die SPÖ hat ihr Zentrum ­verloren,     sehr vorsichtig sein muss. Ich bin   ändern kann.
      im Verlag ecowin         was an der fortgesetzten Obleute­      kein Freund von apodiktischen
           ­erschienen.        debatte abzulesen ist.                 Zuspitzungen. Es ist eine Frage:     teamwork@fsg-hg1.at
Hauptgruppe 1
                                                                                                                                                   13
teamwork 01/2020

                                                                                                Dienststellen

Für das gute Zusammenleben
im Gemeindebau!

W
           er im Gemeindebau sei-
           nen Hund nicht an die
           Leine nimmt, ­   s einen
Sperrmüll ablagert oder am Klein-
kinderspielplatz zur ­  Z igarette
greift, verstößt gegen die gelten-
den Bestimmungen von Hausord-
nung und Wiener Reinhaltegesetz.
Damit die gemeinsamen Regeln
für das gute Zusammenleben
in den Wiener Gemeindebauten
auch eingehalten werden, kont-
rollieren die OrdnungsberaterIn-
nen von Wiener Wohnen bis zu
100 Wohnhausanlagen pro Tag.

Rücksichtnahme fördern
Seit 2009 sind die Ordnungs­
beraterInnen mittlerweile in den

                                                                                                                                                             BILD: © PETRA SPIOLA/HG1
Gemeindebauten im Einsatz.
Sie ahnden „Fouls an der Haus-                                                                                    BILD: © PID/VOTAVA

gemeinschaft“ genauso wie die
Einhaltung des Wiener Reinhal-
tegesetzes. Allein im letzten Jahr         Ordnungsberaterin Michaela Wohlmuth und ihr Kollege, Personal­                              Birgit Kern
wurden mehr als 16.000 Kontrol-            vertreter Karl Klauda, sind bei jedem Wetter im Einsatz                                     Vorsitzender-Stell-
len durchgeführt.                                                                                                                      vertreterin Wiener
    Wird zum Beispiel ein Verstoß                                                                                                      Wohnen
gegen das Wiener Reinhaltegesetz      lang im Freien unterwegs. Der            „Durch unsere Arbeit tragen
geahndet, kann ein Organmandat        Tag beginnt also immer mit der        wir viel dazu bei, dass das Sicher-
in der Höhe von 50 Euro ausge-        Frage: Was ziehe ich an? Da wir       heitsgefühl und die Sauberkeit im
stellt werden. „Wer sein Geld für     täglich sechs Stunden der Witte-      Gemeindebau zunehmen“, erzählt
wichtigere Dinge braucht, sollte      rung ausgesetzt sind, ist eine gute   Karl Klauda stolz. ­„ Der persönli­
daher die leere Cola-Dose lieber      Bekleidung das Um und Auf für         che Kontakt mit den Menschen
im Mistkübel entsorgen!“, meint       unseren Job.“                         ist für mich der wichtigste und
Karl Klauda, seit 2013 Ordnungs-                                            auch der schönste Aspekt unserer
berater und Personalvertreter         Fingerspitzengefühl gefragt           Tätigkeit – wir bekommen viele
bei Wiener Wohnen. Bei einer          Besonders belastend sind die Kon-     positive Rückmeldungen von den
­A nzeige, etwa wegen illegaler       fliktsituationen beim notwendigen     MieterInnen, die sich freuen, dass
 Sperrmüllablagerungen, können        Verhängen von Ordnungsstrafen.        wir OrdnungsberaterInnen ihre
 die Kosten sogar bis auf 2.000       Wenn trotz einfühlsamen Umgangs       Wohnqualität verbessern!“
 Euro steigen.                        die Situation eskaliert, sind diese
                                      nur noch mit Polizeiunterstützung     birgit.kern@wien.gv.at
Bei jedem Wetter im Einsatz           zu bewältigen. Die a  ­ llermeisten
„Eine oft unterschätzte Heraus-       VerursacherInnen sind aber ein-
forderung für die Ordnungsbe­         sichtig und nach einem aufklären-
raterInnnen ist auf jeden Fall das    den Gespräch ver­stehen sie, dass     „Wo Menschen zusammenleben,
Wetter“, weiß Karl Klauda. „Wir       das gute Miteinander im Gemein-
sind bei Eiseskälte, bei Regen und    debau vom Verhalten jedes/r Ein-
                                                                            sind Rücksichtnahme und Ver­
auch bei brütender ­Hitze stunden­    zelnen abhängt.                       ständnis füreinander sehr wichtig.“
14        Hauptgruppe 1                                                                                        teamwork 01/2020

                                        Dienststellen

                                                Mehr als nur ein
                                                Lippenbekenntnis?
                                                Im Regierungsprogramm wurden zentrale Forderungen der ­younion
                                                für Elementarpädagogik aufgegriffen, in den Beirat zur österreich­
                                                weiten Zusammenarbeit sind die Gewerkschaften nicht eingeladen.

                                                D
                                                        as Bekenntnis der Bun-
                                                        desregierung lässt hoffen:
                                                        „Bildung ist eine unserer
                                                wichtigsten Investitionen in die
                                                Zukunft. Sie ermöglicht die Ent-
BILD: © PETRA SPIOLA/HG1

                                                faltung der Persönlichkeit und
                                                Talente, bewirkt mehr Chancen-
                                                gerechtigkeit, ebnet den Weg zu
                                                einer passenden Berufswahl und
                           Margit Pollak        schafft so das Fundament für öko-

                                                                                                                                                                  BILD: © SYMBOLBILD SHUTTERSTOCK / IAKOV FILIMONOV
                           Vorsitzender-        nomische Unabhängigkeit sowie
                           Stellvertreterin     für ein selbstbestimmtes Leben“,
                           Hauptgruppe 1        so die einleitenden Worte zum
                                                Kapitel Bildung im Regierungs-
                                                programm.
                                                   Es freut uns, dass in einem Re-
                                                gierungspapier zum ersten Mal
                                                von Bildungseinrichtungen ge-
                                                sprochen wird. Auch die geplante
                                                Gründung eines Beirats für Ele-
                                                mentarpädagogik ist ein Schritt            1 Prozent des BIP muss sich auch Österreich für Elementarpädagogik
                                                in die richtige Richtung. In der           und die Zukunft unserer Kinder leisten können
                                                Auflistung der angedachten Mit-
                                                glieder – NGOs, ExpertInnen und
                                                Länder bzw. Gemeinden – fehlen       ¾ Vor- und Nachbearbeitungszeit        lem in Form berufsbegleitender
                                                aber die Gewerkschaften.                 sowie Reflexionszeiten und         Kollegs, soll ebenfalls starten. Da
                                                                                         ausreichend Zeitressourcen für     kann sich die Bundesregierung an
                                                Einheitliche Mindeststandards            Leitungspersonal innerhalb der     Wien ein Beispiel nehmen, wo be-
                                                Es ist schon bemerkenswert, dass         Dienstzeit                         reits seit 2008 auf Erwachsenen-
                                                man auf uns „vergessen“ hat.         ¾   Ganztägige Öffnungszeiten          ausbildung gesetzt wird. Mit ei-
                                                Denn Forderungen, die von yo-        ¾   Erwachsenen-Kind-Schlüssel         nem Bundesrahmengesetz wären
                                                union und Personalvertretung         ¾   Reduzierte Kinderanzahl pro        verbindliche Qualitätsstandards
                                                schon seit mehr als zehn Jahren          geführter Gruppenform              in der Ausbildung auch öster-
                                                erhoben werden, wurden sehr          ¾   Räumliche Erfordernisse (In-       reichweit gewährleistet.
                                                wohl ins Regierungsprogramm              nen- und Außenbereiche)
                                                übernommen:                          ¾   Ausbau von Kinderbildungs-         Die younion fordert daher, wie in-
                                                ¾ Einheitliches Bundesrahmen-            einrichtungen nur mit dem          ternational üblich, endlich 1 Pro­
                                                   gesetz für elementarpädago-           notwendigen Fachpersonal           zent des BIP (Bruttoinlandspro­
                                                   gische Bildungseinrichtungen      ¾   Ausreichendes medizinisches        dukt) für die Elementarpädagogik
                                                   und Horte mit „Mindeststan-           Fachpersonal in heilpädago-        und Horte zu investieren, anstatt
                                                   dards“                                gischen Gruppen                    nur 0,67 Prozent.
                                                ¾ Einheitliche Ausbildung und
                                                   Berufsbezeichnung für das            Eine Ausbildungsoffensive für       margit.pollak@wien.gv.at
                                                   unterstützende Personal           ElementarpädagogInnen, vor al-         judith.hintermeier@younion.at
Hauptgruppe 1
                                                                                                                                                                             15
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                                                                                               Dienststellen

Stillstand ist
Rückschritt
Die Schließung der
­Heime vor mehr als
20 Jahren war ein
 ­Meilenstein – aber was
  ist seither passiert, und

                                                                                                                BILD: © SYMBOLBILD SHUTTERSTOCK / OLESIA BILKEI
  wie geht es Sozial­
  pädagogInnen in ihrer
  ­heutigen Tätigkeit?

E
       ine Langzeitstudie, durch-
       geführt von der Wirtschafts-          Immer mehr Kinder brauchen spezielle Betreuungsangebote
       universität Wien, zur Situ­
a­tion in den Einrichtungen der
Wiener Kinder- und Jugendwohl-        öfter beschimpft, bespuckt, auch     Betreuungsangebote, die im Rah-
fahrt belegt, was unsere KollegIn-    körperlich attackiert. Die rasan-    men der Wiener Kinder- und Ju-
nen tagtäglich berichten.             ten technologischen Entwicklun-      gendhilfe nicht mehr abgedeckt
                                      gen haben ebenfalls einen großen     werden können.
Betreuungskomplexität                 Einfluss auf die tägliche Arbeit,

                                                                                                                                                                                    BILD: © PETRA SPIOLA/HG1
Die Betreuungskomplexität in          Kinder sind heute stark in der       Spezialisierungen
Wohngemeinschaften und Krisen-        ­d igitalen Welt zuhause. Sozial-    ­ermöglichen
zentren hat stark zugenommen,          pädagogInnen brauchen entspre-      Wir brauchen dringend mehr Per-
die Belastungen in der sozialpäd-      chende Schulungen, um angemes-      sonal – vor allem in den Krisen-
agogischen Arbeit sind heute dop-      sen damit umgehen zu können.        zentren ist eine Personalaufsto-                                                       Andreas Walter
pelt so hoch. Wien wächst, auch        Der Aufwand bei der Vernetzung,     ckung unumgänglich. Auch in den                                                        Vorsitzender
die ­gesellschaftlichen Anforde-       der Elternarbeit, der Kommuni-      Wohngemeinschaften braucht es                                                          DA 116 – Wiener
rungen verändern sich laufend.         kation mit den Helfer- und Her-     in der Kernzeit unbedingt Dop-                                                         Kinder- und
Immer mehr Kinder und Jugend-          kunftssystemen sowie der Suche      pelbesetzungen sowie z­ usätzliche                                                     Jugendhilfe
liche können in e­ iner Wohnge-        nach relevanten Betreuungsan-       SpringerInnenposten, um die
meinschaft gar nicht mehr be-          geboten steigt ebenfalls. Und die   Überstunden zu verringern. Aber
treut werden.                          ständig zunehmende Bürokratie       auch Spezialisierungen müssen in
                                       durch immer umfangreichere Do-      unseren Einrichtungen möglich
Neue Herausforderungen                 kumentationspflichten kostet zu-    werden, um engagierte KollegIn-
Kinder mit Behinderungen, Pfle-        sätzlich Ressourcen. Es bleibt zu   nen nicht an die private Konkur-
gestufen und psychiatrischen           wenig Zeit für direkte Betreuung.   renz zu verlieren.
Diagnosen finden sich mittler-
weile in fast allen Einrichtungen.    Mehr Personal                        andreas.walter@wien.gv.at
Aufgrund der gleichgebliebenen        2018 mussten MitarbeiterInnen
Rahmenbedingungen sind indivi-        mehr als 10.000 Überstunden
duelle Angebote aber unmöglich.       leisten, zusätzlich zur 45-Stun-
Auch die Aggressionsbereitschaft      den-Woche, 2019 ist die Zahl         „Es bleibt zu wenig Zeit für die
unter den zu Betreuenden ist          auf fast 14.000 Überstunden an-
sprunghaft angestiegen: Sozial­       gestiegen. Außerdem brauchen
                                                                           ­direkte Betreuung und Förderung
pädagogInnen werden immer             immer mehr Kinder spezielle           der Kinder und Jugendlichen.“
16        Hauptgruppe 1                                                                                              teamwork 01/2020

                                       Dienststellen

                                                  Unsichtbar, aber
                                                  ­unverzichtbar!
                                                  Sauberkeit und gepflegte Büros sind für Arbeitsklima und KundInnen-
                                                  verkehr enorm wichtig. Die Stadt Wien leistet sich dafür eigenes
                                                  ­Personal. Denn umsichtige Reinigung ist weit mehr als nur putzen.

                                                  R
                                                          und 700 MitarbeiterInnen
                                                          der MA 34 – Ämterreini-
                                                          gung und Gruppe Rathaus
                                                  sind die guten Seelen der Magist-
                                                  ratsabteilungen in der Stadt. Ver-
BILD: © PETRA SPIOLA/HG1

                                                  teilt auf viele Standorte leisten sie
                                                  wertvolle Arbeit, zuverlässig, um-
                                                  sichtig und professionell, damit
                                                  die MitarbeiterInnen in einem ge-
                           Sabine Grün            pflegten Umfeld arbeiten können.
                           Vorsitzende DA 131 –      Fast unsichtbar und beinahe
                           Ämterreinigung und     lautlos erledigen sie täglich ­einen
                           Gruppe Rathaus         Job, der für alle wesentlich und

                                                                                                                                                                       BILD: © HARRY MANNSBERGER
                                                  meist ganz selbstverständlich ist.
                                                  Verschütteter Kaffee am Schreib-
                                                  tisch, Kuchenbrösel am Boden,
                                                  Fingerabdrücke an der Glastür,
                                                  Staub unter den Schränken oder
                                                  leere Seifenspender im Sanitär-               Zuverlässig und diskret: KollegInnen der MA 34 wissen, worauf es
                                                  bereich – auf die MitarbeiterIn-              ankommt
                                                  nen im Reinigungsdienst ist Ver-
                                                  lass, dass am Tag darauf all das
                                                  und noch weit mehr wieder sau-          Mit der regelmäßigen Reinigung         rin garantiert ein fixes, pünktlich
                                                  ber ist.                                tragen sie außerdem auch noch          ausbezahltes Einkommen und
                                                                                          wesentlich zum Erhalt von Räum-        günstige Arbeitszeiten, um Kin-
                                                  Gründlichkeit und Diskretion            lichkeiten und Büromöbeln bei.         derbetreuung und familiäre Ver-
                                                  Worauf sich die Bediensteten der           Die KollegInnen sind stolz da-      pflichtungen unter einen Hut zu
                                                  Stadt Wien aber ebenfalls ver-          rauf, wenn in ihrem Arbeitsbe-         bringen. Arbeitsbedingungen, die
                                                  lassen können, ist die Diskretion       reich alles in Ordnung ist. Und es     in dieser Branche nicht selbstver-
                                                  und Verschwiegenheit der Kol-           freut sie, wenn sie nach dem Ur-       ständlich sind.
                                                  legInnen im Reinigungsdienst.           laub zum Beispiel hören: „Ist aber
                                                  Denn Datenschutz ist nicht nur          schön, dass Sie wieder da sind ...“.   Auch auf die Gesundheit der Mit-
                                                  ein EDV-Thema – was die Mit-            Weil der Sessel wieder dort stand,     arbeiterInnen wird geachtet. Es
                                                  arbeiterInnen der MA 34 sehen           wo er hingehört oder das Tele-         werden kostenlose Impfungen
                                                  oder hören, bleibt bei ihnen.           fon wieder an seinem Platz war         im Infektionsbereich angeboten,
                                                                                          – hilfreiche Aufmerksamkeiten          aber auch Lungenfunktionsüber-
                                                                                          erledigt waren, von denen die Ur-      prüfungen im Bereich des Tiefen-
                                                                                          laubsvertretung natürlich nichts       speichers im Rathaus. Außerdem
                              „Sauberkeit schafft Wohlbefinden                            wissen konnte.                         werden regelmäßig Gesundheits-
                                                                                                                                 zirkel angeboten und Schulungen
                                     und gibt Sicherheit in allen                         Faire Arbeitsbedingungen               zur Vermeidung von Arbeitsun-
                                                                                          Die MitarbeiterInnen im Reini-         fällen abgehalten.
                                ­Bereichen des Lebens, auch am                            gungsdienst arbeiten gerne für
                                                  ­Arbeitsplatz!“                         die Stadt Wien. Die Dienstgebe-        sabine.gruen@wien.gv.at
Hauptgruppe 1
                                                                                                                                             17
teamwork 01/2020

                                                                                                 Dienststellen

Motor auf dem Weg zur
Digitalisierungshauptstadt
Die digitale Transformation des Wiener Magistrats entlastet BürgerInnen
und Unternehmen. Applikationen machen die Verwaltung flexibler,
­nutzungsfreundlicher und transparenter.

A
        m 26. September 2019
        wurde im Wiener Gemein-
        derat die „Digitale Agenda
Wien 2025“ beschlossen. Mit klu-
gen Maßnahmen und zwölf Prin-
zipien will Wien der Digitalisie-
rung sämtlicher Lebensbereiche
Rechnung tragen und diese mit-
gestalten, anstatt auf den Verän-
derungsprozess nur zu reagieren.
Das oberste Ziel: Wien soll die Di-
gitalisierungshauptstadt Europas

                                                                                                                   BILD: © GETTYIMAGES.COM
werden. Die Stadt ist diesbezüg-
lich gut aufgestellt, und die MA
01 ist der starke Motor auf diesem
Weg.
                                           Digitale Projekte verknüpfen technologische mit sozialen Innovationen
Weltspitze beim „Smart City
Strategy Index“
Zahlreiche Applikationen der MA        Arbeitsplatz-Endgeräte, 9.460 TB      „Wir sind auf einem guten Weg,
01 „Wien Digital“ in den Berei-        Storage, 5.400 Datenbanken mit
chen eGovernment, eHealth und          1.185 TB Speicher und 69.000
                                                                             aber wir dürfen nicht auf die
Bildungsnetz wie z. B. Digitale       ­Telefone.                             Menschen dahinter vergessen.“
Baueinreichung, mein.wien und
Sag‘s Wien, Elektronisches Park-      Engagierte MitarbeiterInnen
pickerl, Digitales Klassenzimmer,     „Wir sind auf einem guten Weg,        Auch am Service Desk sind 20
Elektronische PatientInnenakte,       aber bei all diesen Zahlen dürfen     MitarbeiterInnen in einem Vier-
Medizintechnik und Geoinfor-          wir nicht auf die Menschen da-        schichtbetrieb im Einsatz. „Die
mationssysteme haben dazu ge-         hinter vergessen, die mit ihrem       Personalvertretung achtet dar-
führt, dass Wien seit 2019 den        unermüdlichen Einsatz dafür           auf, dass der Motor nicht durch
ersten Platz unter weltweit 153       sorgen, dass der Maximal-Ausfall      übermäßige Arbeitsbelastung
Städten im „Smart City Strategy       unseres Rechenzentrums trotz 7        ins Stottern kommt“, versichert
Index“ belegt.                        x 24 Stunden Betriebs weniger         Dienststellenausschuss-Vorsitzen-
                                      als eine Stunde pro Jahr beträgt“,    der Franz Haag.
Imponierende Zahlen                   verweist Herbert Mayerhofer,
Die technischen Kennzahlen, die       stellvertretender Vorsitzender        helmut.hashemi-kepp@wien.gv.at
dahinter stecken, sind beeindru-      des Dienststellenausschusses 132
ckend: insgesamt rund 1.100 Mit-      „Wien Digital“, auf die Leistung
arbeiterInnen der MA 01, 86.000       der KollegInnen.                           ¾ Digitales Wien https://digitales.wien.gv.at/site
AnwenderInnen im Magistrat,              Der fast störungsfreie Betrieb          ¾ Digitale Agenda Wien 2025 https://digitales.
dem Krankenanstaltenverbund           wird durch zahlreiche Wochen-                wien.gv.at/site/files/2019/09/20190830_
und dem Bildungsnetz der Stadt        enddienste und die Ruf bereit-               DigitaleAgendaWien_2025.pdf
Wien, 4.000 m² Rechenzentrums-        schaft von rund einem Fünftel
flächen, 5.100 Server, 113.000        der Belegschaft gewährleistet.
18      Hauptgruppe 1                                                                                                                                                                                          teamwork 01/2020

          Personelles

                                                                                                                                                                                                                               BILD: © PID/CHRISTIAN JOBST
                                                   BILD: © PID/CHRISTIAN JOBST

                                                                                                                                                          Walter Hillerer, Gruppenleiter für An-
Werner Sedlak zum                                                                                                                                         gelegenheiten von Sofortmaßnahmen
                                                                                                                                                          und Stadtservice mit Weisungsrecht,
Stadtrechnungshof-                                                                                                                                        übernimmt neben seinen bisherigen
direktor bestellt                                                                                                                                         Zuständigkeiten auch die Führung des
                                                                                                                                                          Einsatzteams Stadt Wien als Teamleiter.
                                                                                                                              BILD: © PETRA SPIOLA/HG 1

Werner Sedlak, Leiter der MA 35 (Ein-                                                                                                                     Das Einsatzteam mit speziellen Agenden
wanderung und Staatsbürgerschaft)                                                                                                                         für die Bereiche „Gewerbe und Märkte“,
wurde von Bürgermeister Michael                                                                                                                           „Straßenkunst, Bettelei und Menschen-
Ludwig im Beisein von Personalstadtrat                                                                                                                    handel“, „Bauen und Wohnen“, „Ver-
Jürgen Czernohorszky und Magistratsdi-                                                                                                                    kehr“ sowie „Umwelt und Sicherheit“ ­
rektor Erich Hechtner zum Bereichsleiter                                                                                                                  ist zentrale Anlaufstelle für Bürgerinnen
für Angelegenheiten im Zusammenhang                                              Manfred Obermüller                                                       und Bürger, Einsatzkräfte und Ver­
mit Einwanderung und Staatsbürger-                                                                                                                        waltungseinheiten.
schaft bestellt. Sedlak wird in dieser
                                                                                 zum neuen HG 1-Vor-
Funktion mit einem Weisungsrecht lt.                                             sitzenden bestellt
§ 10 Abs. 3 der Geschäftsordnung für                                                                                                                                         Herbert
den Magistrat der Stadt Wien ausgestat-                                          Norbert Pelzer hat nach elf Jahren den                                                      Aschenbrenner,
tet. Diesem Weisungsrecht unterliegen                                            Vorsitz der Hauptgruppe 1 an seinen                                                         seit 1995 im Dienst
alle Geschäftsbereiche der Wiener Stadt-                                         langjährigen Stellvertreter Manfred                                                         der Stadt Wien, seit
                                                                                                                                                                              BILD: © PID/WALTER SCHAUB-WALZER

verwaltung, ausgenommen der Finanz-                                              Obermüller, Dienststellenausschuss-                                                         2002 Abteilungs­
direktor der Stadt Wien.                                                         Vorsitzender der Magistratischen                                                            leiter-Stellvertreter
                                                                                 Bezirksämter, Bezirksvorstehungen und                                                       in der MA 54 und
                                                                                 der MA 63 und seit 1990 bei der Stadt                                                       seit 2004 auch
                    Leopold Bubak,                                               Wien, übergeben, der ab nun für den                                                         Leiter des Ver­
                    Gruppenleiter für                                            Vorsitz der Hauptgruppe 1 verantwort-                                                       gabecenters, wurde
                    Angelegenheiten                                              lich zeichnet.                                                           nach erfolgreichem Hearing zum Leiter
                BILD: © PID/WALTER SCHAUB-WALZER

                    im Verkehrswesen                                                                                                                      der MA 54 – Zentraler Einkauf bestellt.
                    (Geschäftsgruppe
                    Stadtentwicklung,                                                                Norbert Pelzer,
                    Verkehr, Klima-                                                                  1979 in den Dienst                                                         Eva Persy,
                    schutz, Energiepla-                                                              der Stadt Wien ein-                                                        in den Jahren
                    nung und Bürge-                                                                  getreten und 2007                                                          2005 bis 2008 als
rInnenbeteiligung) sowie Projektleiter                                                               zum Vorsitzenden                                                           ­stellvertretende
                                                                                                  BILD: © PETRA SPIOLA/HG 1

für „Wien gibt Raum“, wurde ergänzend                                                                der Hauptgruppe 1                                                           Tierschutz­ombuds­
                                                                                                                                                                            BILD: © PID/CHRISTIAN HOUDEK

zum Sonderbeauftragten mit unmittel-                                                                 gewählt, ist seit                                                           person tätig, wurde
barer und unverzüglicher Berichtspflicht                                                             1. Jänner General-                                                          bereits 2015 das
an den Bürgermeister der Stadt Wien                                                                  direktor der Kran-                                                          erste Mal zur
ernannt. Seine in der Bestellung vom 18.                                                             kenfürsorgeanstalt                                                        ­Wiener Tierschutz­
Dezember 2017 festgelegten Agenden                                               der Bediensteten der Stadt Wien (KFA).                                                          ombudsfrau
werden damit ausgeweitet, alle anderen                                           Am 24. Februar fand seine Amtseinfüh-                                    bestellt und nun in dieser Funktion
Agenden bleiben unberührt.                                                       rung statt.                                                              wiederbestellt.­
Hauptgruppe 1
                                                                                                                                                                               19
teamwork 01/2020

                                                                                                                                            Frage & Antwort

Wie hoch sind Ausgleichszulage                                       Pflegeurlaub?                                                          Warum gibt es im W-BedG keine
& Pensionsbonus ab 2020?                                             ... gibt es nicht!                                                     ­Nebengebühren mehr?

                                              BILD: © PETRA SPIOLA

                                                                                                                     BILD: © PETRA SPIOLA

                                                                                                                                                                                          BILD: © PETRA SPIOLA
W                                                                    A                                                                      W
          enn nur eine sehr niedrige Pen-                                    lle Jahre wieder werden uns Fra-                                          ir alle kennen ihn, den Neben-
          sion bezogen wird, wird diese                                      gen gestellt wie etwa: Wieviel                                            gebührenkatalog. Er ist dick
          mit der Ausgleichszulage so                                        Pflegeurlaub hat man im Jahr?                                             wie ein Telefonbuch und un-
weit erhöht, dass sie dem gesetzlich ge-                             Muss ich mit der Person, die ich pflege,                               übersichtlich, weil es zu viele Zusatzleis­
regelten Mindesteinkommen entspricht.                                an derselben Adresse gemeldet sein?                                    tungen der MitarbeiterInnen gibt, die
Der Gesamtbetrag aus Pension und Aus-                                Wen darf ich pflegen? Ich habe drei Kin-                               extra abgegolten werden. Außerdem sind
gleichszulage wird oft als „Mindestpen­                              der, gilt die Regelung pro Kind?                                       diese Nebengebühren auch abhängig von
sion“ bezeichnet.                                                       Zur Klarstellung: Einen Pflegeurlaub                                der Anwesenheit der Bediensteten bzw.
   Sie bekommen die ­Ausgleichszulage,                               gibt es nicht! Der rechtlich richtige Begriff                          der Tätigkeit, die genau an diesem Tag
wenn Sie im Inland leben und Ihr monat­                              heißt Pflegefreistellung, denn jemanden                                ausgeübt wird.
liches Einkommen als Alleinstehen-                                   zu pflegen ist kein Erholungsurlaub.                                       Die younion hat es geschafft, im Zuge
de/Alleinstehender weniger als EUR                                      Das gesetzliche Höchstausmaß für                                    der Ausarbeitung des Wiener Bedienste-
933,06 und als Ehepaar weniger als EUR                               eine Pflegefreistellung im Ausmaß von                                  tengesetzes diese „ehemaligen Nebenge-
1.398,97 beträgt (Stand 2019).                                       sechs Werktagen im Kalenderjahr, sofern                                bühren“ auf ein Minimum zu reduzieren,
   Ab 2020 können ein/e Alleinstehende/r                             dieser bereits verbraucht wurde, in Son-                               indem diese weitgehend in das Grundge-
mit 30 Arbeitsjahren EUR 1.080, mit 40                               derfällen von weiteren sechs Werktagen,                                halt inkludiert wurden.
Arbeitsjahren EUR 1.315 und Ehepaa-                                  hängt vom jeweiligen Anlassfall ab. Eine                                   Zusatzleistungen, die noch extra ab­
re mit 40 Arbeitsjahren EUR 1.782 als                                Mutter zum Beispiel, deren drei Kinder                                 ge­­golten werden, findet man nun sehr
Pen­sionsbonus erhalten. Im Rahmen der                               nacheinander eine Woche lang krank                                     übersichtlich in der Vergütungsverord-
erforderlichen 30 bzw. 40 Arbeitsjahre                               sind, kann nicht für jedes Kind das ge-                                nung. Dazu gehören Überstunden, Sonn-
können fünf Jahre durch Kindererzie-                                 setzlich normierte Höchstausmaß der                                    und Feiertagsvergütungen bzw. -ablöse,
hungszeiten und ein Jahr durch Präsenz-                              Pflegefreistellung in Anspruch nehmen.                                 Nacht­a rbeit, Bereitschaftsdienste und
und Zivildienst ersetzt werden.                                                                                                             auch Vortragshonorare, welche nach wie
   Die Ausgleichszulage und der Pen­sions­­                             Einige Verbesserungen, die wir in den                               vor extra verrechnet werden dürfen und
bonus sind ab 2020 steuerpflichtig.                                  letzten Jahren erreichen konnten:                                      in ihrer Vielfältigkeit aufgeschlüsselt
   Vorteil dieser Maßnahme: Armutsver-                                  Ein krankes Kind, welches das ­zehnte                               sind.
meidung im Alter und ein stärkerer An-                               Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
reiz, mit Arbeitsjahren länger ins System                            kann nun bei einem stationären Aufent-                                    In jenen Bereichen, wo steuerliche
einzuzahlen. Profitieren werden jene, die                            halt in einer Heil- und Pflegeanstalt be-                              ­ orteile vorhanden sind, wurden ­e xtra
                                                                                                                                            V
viele Jahre hart gearbeitet haben, aber                              gleitet werden. Auch für minderjährige                                 Gehaltsschemata eingezogen. Diese er-
trotzdem nur eine geringe Pension er-                                Kinder, die nicht im gemeinsamen Haus-                                 halten aufgrund der mit der Tätigkeit
halten – etwa wegen eines geringen Ein-                              halt ­wohnen, haben Bedienstete nun An-                                verbundenen besonderen Erschwernisse
kommens oder langer Teilzeitbeschäfti-                               spruch auf eine Pflegefreistellung, wenn                               zusätzlich eine Erschwernisabgeltung
gung, wie sie häufig bei Frauen und bei                              diese krank sind und Betreuung brau-                                   von EUR 150 oder EUR 200. Die Ver­
Müttern vorliegt.                                                    chen.                                                                  teilung dieser regelmäßig gleichbleiben-
                                                                                                                                            den Zahlungen über das gesamte Jahr
   Ob Sie Anspruch auf die erhöhte Aus-                                  Detaillierte Auskünfte zur Pflegefrei-                             wirkt sich sowohl rechnerisch als auch
gleichszulage haben, kann Ihnen die                                   stellung erhalten Sie von Ihrem/Ihrer                                 administrativ positiv für die Bedienste-
Pensionsversicherungsanstalt sagen.                                  ­Personalvertreter/in.                                                 ten aus.

margit.pollak@wien.gv.at                                             kurt.mrzena-merdinger@wien.gv.at                                       julia.fichtl@wien.gv.at
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