Werkstatt:Aktuell Ausgabe Sommer 2020 - Themen

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Werkstatt:Aktuell Ausgabe Sommer 2020 - Themen
Werkstatt:Aktuell       Ausgabe Sommer 2020

    Themen:
    Bonner Werkstätten zeigen Solidarität / S. 9
    Peer Counseling / S. 24
    Quiz 2020: Sommerrätsel / S. 33
Werkstatt:Aktuell Ausgabe Sommer 2020 - Themen
Aktuelles

Impressum:                                                       Werkstattrat:
Bonner Werkstätten Lebenshilfe Bonn gemeinnützige GmbH           Werkstattrat Werk 1:       Ursula Gronemeier
Allerstraße 43, 53332 Bornheim-Hersel                                                       Christoph Schäfer
                                                                                            Stephanie Schäfer
Tel.: 02222/83 02-0
                                                                                            Daniel Siegmund
www.bonnerwerkstaetten.de
                                                                 Werkstattrat Werk 2:       Mario Assmann
                                                                                            Sebastian Görgens
Redaktion:
                                                                                            Christina Kessenich
Elternbeirat, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie P
                                                     ­ ersonal                              Nicole Simon
der Bonner Werkstätten und
                                                                 Werkstattrat Werk 3:       Tom Rafael Gloniki
Claudia Körber-Ziemer (freie Mitarbeiterin)
                                                                                            Julia Lellek
                                                                                            Tobias Schaetzer
Ansprechpartner:
                                                                 1. Vorsitzender            Mario Assmann
Werk 1: Claudia Hoffmann 02222/83 02-152
                                                                 2. Vorsitzende             Julia Lellek
hoffmann.claudia@bonnerwerkstaetten.de
                                                                 Frauenbeauftragte: Nicole Simon / Werk 2
Werk 2: Andreas Müller 02222/83 02-210, -335                                                Christina Kessenich (Stellv. / Werk 2)
mueller.andreas@bonnerwerkstaetten.de
Werk 3: Frank Böing 02222/83 02-327                              Elternbeirat:
boeing.frank@bonnerwerkstaetten.de                               Werk 1 – Hersel
                                                                 Barbara Schumacher                               0228/25 42 75
Satz und Layout:                                                 Dr. Helmut Kötting                               0228/44 11 84
Druckvorstufe Werk 3 Meckenheim
                                                                 Werk 2 – Bonn-Beuel
                                                                 Marianne Saaß                                    0228/23 29 21
Druck:                                                           Manfred Vogt (Sprecher)                          0228/48 02 17
PRIMUS international printing GmbH, Großschirma
                                                                 Werk 3 – Meckenheim
Beiträge, die mit vollem Namen der Verfasser                     Gerhard Bank                                       02226/52 24
                                                                 Hans-Ulrich Lellek                               0228/25 22 06
gekennzeichnet sind, geben ausschließlich deren
persönliche Meinung wieder.                                      Berufsbildungsbereich Bonn-Beuel
Bei Leserzuschriften behalten wir uns das Recht –                Monika Hartmann (stellv. Sprecherin)             0228/23 87 43
auch auszugsweise – zum Abdruck vor.                             Karin Jansen                                     0228/33 05 45
Werkstatt:Aktuell Ausgabe Sommer 2020 - Themen
Vorwort
                                                                                   Werkstatt:Aktuell 2/2020   3

Liebe Leserinnen und Leser,
wirtschaftlich, sozial und persönlich – die Corona-­    und anderen Trägern tätig (Seite 9). Unsere
Krise fordert uns alle heraus! Und so gut wie jedes    ­Zentralküche in Werk 2 bereitete zusätzlich für die
Unternehmen und jede Branche wird finanziell            Wohnheime das Mittagessen zu (Seite 10). Eine
­davon betroffen sein.                                  ­intensivere Zusammenarbeit zwischen der Lebens-
                                                         hilfe und den Bonner Werkstätten ist außerdem für
Die Bonner Werkstätten konnten mit einem                 die Arbeitsbereiche Qualitätsmanagement und IT
­schnellen Krisenmanagement organisatorisch gut          vorgesehen.
 auf die neue Situation reagieren. Seit Beginn der
 Corona-Krise Anfang/Mitte März 2020 sind wir in       Mit einem flexiblen und zielgerichteten Unter­
unserem Unternehmen aktiv: In der Näherei              nehmensmanagement werden wir auch über
(Werk 2) werden Gesichts-Schutzmasken her­             die Corona-Krise hinaus die Interessen aller
  gestellt und das Personal übernahm in allen drei     ­Beschäftigten, unserer Kooperationspartner und
  Werken die Aufgaben der Mitarbeitenden (Seite 6),     Kunden bündeln und optimieren.
 die ­aufgrund des Betretungsverbots nicht in die
 ­Werkstatt kommen durften.                             Von der Handhygiene über den Mindestabstand bis
                                                        zu Plexiglastrennscheiben – für unsere Mitarbeite-
                                                        rinnen und Mitarbeiter haben wir den Teileinstieg in
                                                        den Werkstattalltag Mitte Mai 2020 professionell
                                                       vorbereitet. Gerne hätten wir alle Mitarbeitenden am
                                                       Arbeitsplatz begrüßt, doch die Gesundheit geht vor.
                                                       Wir freuen uns bereits darauf, nach und nach alle
                                                       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund und
                                                       ­motiviert an ihrem Arbeitsplatz wiederzusehen.

                                                       Ein großes Lob möchte ich dem Personal der
                                                       ­Bonner Werkstätten für die beispielhafte Solidarität
                                                        in den letzten Wochen aussprechen. Sie haben mit
                                                        ihrem lebendigen Engagement nicht nur dazu
Bonner Werkstätten unterstützen Mitarbeitende in den    ­beigetragen, den Wiedereinstieg der Mitarbeitenden
Wohnheimen der Lebenshilfe                               bestmöglich vorzubereiten, sondern leisten darüber
                                                         hinaus einen wichtigen Beitrag, die Krise
Solidarisches und entschlossenes Handeln haben           ­gemeinsam zu meistern.
auch die Kooperation zwischen den Gesellschaften
der Lebenshilfe Bonn und den Bonner Werkstätten        Bleiben Sie gesund!
gestärkt. Gemeinsam beraten wir über mögliche
Maßnahmen für die uns anvertrauten Menschen
und entwickeln neue Strategien. So waren kurz­
fristig 50 Kolleginnen und Kollegen aus den Bonner     Andreas Heß
Werkstätten in den Wohnheimen der Lebenshilfe          Geschäftsführung
Werkstatt:Aktuell Ausgabe Sommer 2020 - Themen
Inhalt
Aktuelles
4     Werkstatt:Aktuell 2/2020

Vorwort ................................................................. 3   Werkstattleben.................................................... 11

Aktuelles ......................................... . . . . 6                 Keine Mitarbeitenden in den Werken!
                                                                              Was sagt das Personal dazu? .............................. 11
Die Werkstatt ist geschlossen, aber die Arbeit
geht weiter ....................................... . . . . . 6               Einsam in Beuel ................................................... 12

Wie sich die Werkstatt während Corona                                         Zuhause bleiben wegen Corona –
veränderte .. ..................................... . . . . . 8               wie fühlt sich das an? ........................................... 14

Bonner Werkstätten zeigen Solidarität in                                      Arbeit im Wohnheim ............................................. 16
­Corona-Zeiten .................................... . . . . 9
                                                                              Familienleben in der Corona-Krise ...................... 17
Das Gebot der Stunde lautet: Abstand halten! . . . 10
                                                                              Video-Interview mit Lina Hagemann .................... 18
Beschwerdemanagement in den
Bonner Werkstätten . . ............................ . . . 10                  Virtuelle Sportangebote ....................................... 19

                                                                              Ein etwas anderer Arbeitsplatz ............................ 20

                                                                              BiAp bei der Stadt Meckenheim ........................... 21

                                                                              Die Überleitung auf den allgemeinen
                                                                              Arbeitsmarkt ......................................................... 22

                                                                              Peer Counseling in den Bonner Werkstätten ........ 24

                                                                              Expertise: Autismus-Spektrum ............................ 26

                                                                              Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
                                                                              geht weiter! ........................................................... 28
Werkstatt:Aktuell Ausgabe Sommer 2020 - Themen
Aktuelles
                                                                                                                          Werkstatt:Aktuell 2/2020                  5

                                                                     Unterhaltung ....................................................... 37

Maike Falkner stellt sich vor ................................. 30   Buch-Empfehlung:
                                                                     „Licht in tiefer Nacht“ von Nora Roberts .............. 37
Kunstausstellung „Vielfalt“ in Alfter ....................... 31
                                                                     Garten-Tipp:
14. Fußball-Werkstattcup: Das Gartenteam ist                         Das Gartenjahr (Teil 1) ......................................... 38
nach vielen Jahren wieder Sieger ........................ 32

Quiz 2020:
Sommerrätsel zum Knobeln und Mitraten ............ 33                Nachruf(e). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Karneval 2020/21 – Motto gesucht! ...................... 35

                                                                         Die nächste Ausgabe der ­Werkstatt:Aktuell
                                                                         erscheint Mitte September.
                                                                         Bitte senden Sie uns Ihre Artikel bis zum
                                                                         4. August 2020 zu.
Werkstatt:Aktuell Ausgabe Sommer 2020 - Themen
Aktuelles
6   Werkstatt:Aktuell 2/2020

Die Werkstatt ist geschlossen, aber die Arbeit geht weiter!
Verpacken, verschrauben und montieren
in Werk 1
In der Verpackung liefen die Aufträge weiter:
Es wurden beispielsweise in der Lebensmittel­
verpackung Basenpulver, Gewürze und Tee
­abgefüllt. Da hier viele Maschinen eingesetzt
 ­werden, klappte das ganz gut. Außerdem wurde
  mit Maschineneinsatz Schokolade geraspelt und
  ­anschließend verpackt. Im Bereich der Nicht-­
   Lebensmittel-Aufträge wurden z. B. Deckel und
   Schalen etikettiert und eingetütet oder umverpackt.
   Hier halfen viele Personaler aus anderen ­
   ­Bereichen mit und mussten feststellen, dass man
    sich bei dieser Arbeit ganz schön konzentrieren
    muss!

Im Bereich der Elektronik wurden Aufträge der
Stammkunden weiter bearbeitet. Die Firma bar
GmbH ist eine unserer ältesten Kunden, für die wir       Unterstützung in Werk 1 von Vartan Sarkissian
z. B. Endlagenrückmelder bauen. Produkte der             (stellv. Bereichsleitung E-Recycling)
­Firma Treif sind u. a. Brotschneidemaschinen, die
 auch bei Discountern für die Kunden zur Verfügung       Sie blieben teilweise auf dem Gelände des Gartens
 stehen. Hier wurden die Steuerungen dieser              in Dransdorf und erledigten Pflegearbeiten auf dem
 Brotschneidemaschinen montiert. Auch die                Grundstück oder halfen in der Werkstatt bei der Re-
 ­anderen Aufträge liefen weiter und wurden dank         paratur von unseren Gartengeräten und ­-maschinen
  der Personaler zügig abgearbeitet.                     oder fuhren täglich mit den Gruppen­leitungsteams
                                                         auf die Baustellen und arbeiteten dort mit. Es war
Im Garten stand bei vielen Kunden die Jahres­pflege      eine große Hilfe, dass wir die Unter­stützung der Mit-
an. Die musste gemacht werden. Daher f­uhren die         arbeitenden hatten.
Gruppenleitungen in 2er-Teams zu den Kunden.
­Außerdem gab es im Garten vier Mit­arbeiter, die         Ein neues Produkt aus Werk 2:
 nicht zu Hause betreut werden konnten.                   Gesichts-Schutzmasken
                                                          Auch in Werk 2 wurde es seit dem 19. März 2020
                                                         stiller. Unsere erste Priorität lag darauf, weiterhin
                                                         unsere Mitarbeitenden zu unterstützen. Deshalb
                                                         meldeten sich einige Personaler, um in den
                                                         ­Wohnheimen zu arbeiten, denn dort mangelte es
                                                          jetzt an Betreuungskapazitäten.

                                                         Darüber hinaus versuchten wir mit dem ver­
                                                         bleibenden Personal die Produktion aufrecht­
                                                         zuerhalten, um unseren Kunden dabei zu helfen,
                                                         ihre Existenz zu sichern. Insbesondere im
                                                         AB ­Metall und der Verpackung hatten wir sehr viel
Nähen von Gesichts-Schutzmasken in Werk 2                zu tun. Es wird augenscheinlich, welche Leistung
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Aktuelles
                                                                                          Werkstatt:Aktuell 2/2020   7

   unsere Mitarbeitenden erbringen, denn wo
   214 Hände fehlen, müssen 10 Gruppenleitungen
ganz schön schwitzen, um dies zu kompensieren.
Aber auch in der Näherei gab und gibt es
­besonders viel zu tun. Neben den regulären
 ­Aufträgen sind wir nun auch in die Produktion von
  ­Gesichts-Schutzmasken eingestiegen.

     Im Werk 3 packten alle mit an, um die Aufträge      Fleißige Hände in Werk 3
     umzusetzen
     Lange haben wir in Werk 3 ohne Mitarbeiterinnen     nen Bereichen lernten sich besser kennen und es
und Mitarbeiter gearbeitet. Es war ungewohnt still       entstand ein neues Wir-Gefühl. Trotz der aufrecht-
auf den Fluren. Beim Mittagessen saßen alle              zuerhaltenden räumlichen Distanz sind alle ein
­Personaler weit auseinander und haben die               Stück näher zusammengerückt und ziehen mehr
 ­Abstandsregeln zum Schutz vor Corona                   denn je an einem Strang.
  ­ein­gehalten. Das war ein komisches Gefühl. In den
   ersten Tagen wurde viel organisiert und alle haben    Es wurde jeden Tag neu entschieden, wo der
   sich bereichsübergreifend in der Produktion           ­Arbeitseinsatz am dringendsten gebraucht wird. So
   ­unterstützt, um so gut wie möglich die bestehenden    brauchten wir zum Beispiel durch einen dringenden
    Kundenaufträge abzuarbeiten. Vor allem im             Kundenauftrag plötzlich viele Hände in der
    ­Holzbereich gab es einige Aufträge zu bewältigen.    ­Verpackung. Die verfügbaren Kolleginnen und
                                                           ­Kollegen packten sofort mit an. (Stand: Mai 2020)
Durch die bereichs- aber auch werksübergreifenden
Kooperationen haben sich einige schöne Effekte                                                     Tanja Laidig
eingestellt: Die Gruppenleitungen aus verschiede-                              Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bettina Linden beim Konfektionieren von Weckdeckeln      Tatkräftige Mitarbeit in der Schreinerei
in Werk 1                                                (Werk 3)
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8    Werkstatt:Aktuell 2/2020

Wie sich die Werkstatt während Corona veränderte –
Sportlehrerinnen und -lehrer in der Näherei
Am 19. März 2020 änderte sich alles. Die Corona­-
Krise brachte auch das Arbeitsleben in der Werk-
statt für uns vollkommen durcheinander. Auf einmal
waren die Flure, die Hallen und der Speise­saal leer
und wir standen nun in dieser ungewohnten Stille
und fragten uns: was nun? Schnell wurde klar,
dass die Produktion weiterlaufen soll.
Das ­Personal wurde in die verschiedenen Hallen
eingeteilt. Wir vom Sport waren im April 2020 in der
Näherei, um bei der Produktion zu helfen. Und was
produzieren N         ­ ähereien in der Krise? Natürlich!
­Gesichts-Schutzmasken. Und neben den ganzen                 Die normalen Aufgaben gehen weiter! Zuschneiden …
 anderen A       ­ uf­trägen, wie z. B. Yogamatten,
 ­steigerten sich die Anfragen nach den Masken von           Bereiche erstaunlich schnell ein eingespieltes
  zunächst e      ­ inigen Hundert bis dann zu mehreren      Team entwickelte, das dem hohen Produktions-
  Tausend. Mittlerweile unterstützten Personaler aus         druck standhielt. Wir arbeiteten Hand in Hand,
  den v­ erschiedenen Arbeitsbereichen, die mit              bis die ersten 1.500 fertigen Maske unter Jubel
  ­Nadel, F    ­ aden und Nähmaschine umzugehen              ausgeliefert wurden. So ging es Schlag auf Schlag
   ­wussten, die nun sehr umfangreiche Produktions-          weiter – und wir machten eine wertvolle Erfahrung,
    kette. E ­ rstaunlich für uns war, aus wie vielen        die wir in unserer sonstigen Arbeit als Sport­
    ­Arbeitsschritten eine einzelne Maske gefertigt wird:    lehrerinnen und -lehrer häufig erleben. Eine gute
     ­Erstellen einer Schnittvorlage, Stoffzuschnitt,        Anleitung, stetiges Üben, eine gute Gruppen­
      ­Einnähen der Falten, Bügeln des Stoffes, Abketteln,   atmosphäre führen zu guten E   ­ rgebnissen.
       Gummis zuschneiden und an­nähen, Endkontrolle         Hey, das ist ja wie im Sport! T
                                                                                           ­ eamgeist ist alles!
       und Fäden abschneiden. Zuerst war der Stoff grün,
       dann himbeerfarben und jetzt hellblau.                               Birgit Anders, Claudia Hucklenbruch
                                                                                               und Björn Mones
Die Kolleginnen aus der Näherei ermöglichten,                                          Begleitender Dienst/Sport
dass sich aus den Personalern der verschiedenen                                                          Werk 2

… das Nähen nach Vorlage …                                   … und das Beziehen von Yogamatten
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                                                                                          Werkstatt:Aktuell 2/2020   9

Bonner Werkstätten zeigen Solidarität in Corona-Zeiten
WfbM unterstützt die Wohnheime der Lebenshilfe
Bonn bei der Betreuung und produziert Gesichts-­
Schutzmasken in der hauseigenen Näherei.

Inzwischen haben die Bonner Werkstätten
­aufgrund der C ­ orona-Pandemie seit über Wochen
 ihre T
      ­ üren für die Beschäftigten geschlossen.
 Die Beschäftigten leben seither in den Wohn­
 heimen, ihren eigenen Wohnungen oder zu Hause
 bei ihren Angehörigen. Gerade in den Wohn­heimen         Mathias Meyka (stellv. Werksleitung und SD von Werk 2)
 müssen neue Tagesstrukturen und Beschäf­
 tigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Dies ist         bedingten Schutz bieten, helfen sie dabei, die
 nicht nur für die Bewohnerinnen und Bewohner,            ­Ansteckungsgefahr für die Bewohnenden zu
 sondern auch für das Betreuungspersonal eine              ­reduzieren. Knapp 300 sind schon fertiggestellt
 hohe Herausforderung und eine extrem belastende            und werden jetzt an die Wohnheime ausgeliefert“,
 Situation.                                                 so Andreas Heß.

Angestellte der WfbM helfen in den                        Produktion geht weiter
­Wohnheimen aus                                           Aber auch über die Näherei in Beuel hinaus stehen
 Um hier Solidarität zu zeigen und für Entlastung zu      die Maschinen und Produktionsbänder in der
 sorgen, unterstützen derzeit über 50 Angestellte der     ­Bonner Werkstatt den Menschen mit Behinderung
 Bonner Werkstätten ihre Kolleginnen und Kollegen          nicht still: Damit den Beschäftigten mit Beeinträchti-
 in den Wohnheimen der Lebenshilfe Bonn und in             gung auch in Zukunft gute Teilhabeleistungen und
 Wohnheimen anderer Kooperationspartner. „Dabei            viele interessante berufliche Tätigkeiten angeboten
 handelt es sich vor allem um Fachpersonal aus den         werden können, arbeiten derzeit Angestellte aus
 Arbeitsbereichen für Menschen mit hohem Unter-            ­anderen Bereichen sowie der Verwaltung in der
 stützungsbedarf“, so Andreas Heß, Geschäftsführer          Produktion mit und sorgen so dafür, dass die
 der Lebenshilfe Bonn, zu der auch die Bonner               ­Aufträge der Kunden fertiggestellt werden. Andreas
 Werkstätten gehören. „Sie kennen sich sehr gut mit          Heß: „Außerdem wollen wir mit unseren Bildungs-
 den Herausforderungen aus, die jetzt in den                 und Beschäftigungsangeboten über unsere
 ­Wohnheimen angegangen werden müssen und                    ­Homepage und auf Facebook dafür sorgen, dass
  sind daher eine echte temporäre Bereicherung der            auch den­jenigen, die bei ihren Familien oder alleine
  Teams vor Ort. Die Wohnheime sind sehr froh für             wohnen, nicht langweilig wird.“
  die Unterstützung und wir sind unseren Kolleginnen          „Die Situation ist für alle belastend – für Angestellte,
  und Kollegen sehr dankbar für ihr Engagement.               Beschäftigte und die Betreuenden in den Wohn­
  Das ist nämlich nicht selbstverständlich“, findet der       heimen, aber wir sind uns sicher, dass wir die
  Geschäftsführer.                                            ­Situation gemeinsam bewältigt bekommen. Und wir
                                                               freuen uns schon, wenn wir nach Ende des
Gesichts-Schutzmasken aus der Näherei für                      ­Betretungsverbotes unsere Beschäftigen wieder
die Wohnheime                                                   bei uns begrüßen dürfen. Dann gibt es bestimmt
Unterstützung in ihrer neuen Tätigkeit erhalten sie             auf ­allen Seiten eine Menge zu erzählen“, fasst
dabei von den Kolleginnen und Kollegen aus der                  ­Geschäftsführer Andreas Heß zusammen.
Näherei der Bonner Werkstätten, die derzeit
­sogenannte Gesichts-Schutzmasken für die                                                          Tanja Laidig
 ­Wohnheime nähen. „Auch wenn diese nur einen                                  Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Werkstatt:Aktuell Ausgabe Sommer 2020 - Themen
Aktuelles
10   Werkstatt:Aktuell 2/2020

Das Gebot der Stunde lautet: Abstand halten! Und doch
sind wir näher zusammengerückt …
… dies gilt zumindest für die Bonner Werkstätten            Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durften nicht
und einen Teil der Wohnhäuser der Lebenshilfe               mehr zu uns zum Essen kommen, also musste das
Bonn. Die Bonner Werkstätten sind gemeinsam                 Essen zu den Mitarbeitenden kommen. Gemein-
mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in viel-        sam mit der Verbundleitung Ambulant Unterstütztes
fältigen Branchen am Markt aktiv. Unter anderem             Wohnen entwickelten wir auf dem „kleinen Dienst-
auch im Bereich des Verpflegungsmanagements.                weg“ Bestell- und Rechnungsabläufe und legten
Was sich auf den ersten Blick sehr wissenschaft-            mit unserem Logistiker, der Firma Gesell, neue
lich liest, dient der Befriedigung eines der                Routen sowie die Abläufe vor Ort fest. Wir starteten
­wichtigsten Grundbedürfnisse aller Menschen,               am Freitag (20. März 2020) die Belieferung und
 dem Essen!                                               ­bereits eine Woche später lief alles rund. Nun sind
 Das Inkrafttreten des Betretungs­verbotes der             schon Wochen ins Land gegangen, in denen sich
 ­Bonner Werkstätten brachte nicht nur für die Werk-       eine Win-win-Situation für alle Beteiligten
  stätten selbst, sondern auch für die Einrichtungen,      ­entwickelte.
  in denen ein Teil unserer Mit­arbeitenden lebt, große
  Veränderungen. Menschen, die gewöhnlich von             Und einmal mehr hat sich gezeigt, dass die
  morgens bis ­nachmittags an ihrem Arbeitsplatz          ­Corona-Zeit eben auch positive Dinge ins Rollen
  ­ihren Beitrag für das Erreichen der Unternehmens-       bringt. In diesem Fall sind zwei gemeinnützige
   ziele leisten, mussten in ihrem Zuhause bleiben.        ­Einrichtungen wieder ein weiteres Stück
   ­Infolge dessen verlagerte sich die Erwartung auf        ­zusammengewachsen.
    ein leckeres, w ­ armes Mittagessen vom Beschäfti-
    gungsort in die Wohnheime. Diese sind aber nicht                                       Markus Rödiger
    alle infra­strukturell und personell für diese         Bereichsleitung Küche/Verpflegungsmanagement
    ­Herausforderung gerüstet. Was nun?                                                           Werk 2

                    Beschwerdemanagement in den Bonner Werkstätten
                                  Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

   Schwierigkeiten und Missverständnisse am Arbeitsplatz kommen schon mal vor. Am einfachsten ist es,
  sie gemeinsam zu besprechen. Seit Anfang 2016 haben wir ein umfassendes und computergestütztes
  ­Beschwerdemanagement in unserem Unternehmen.

  Bitte kommen Sie zu uns, wenn:

  ► Sie sich falsch behandelt fühlen.
  ► Ihre Anliegen nicht ernst genommen werden.
  ► Sie mit der Betreuung nicht einverstanden sind.
  ► Sie sich in der Werkstatt nicht wohlfühlen.

  Wir haben ein offenes Ohr für Sie.

  Wenden Sie sich an den Sozialen Dienst in Ihrem entsprechenden Werk oder an eine Person, der Sie
  ­vertrauen.
Werkstattleben
                                                                                   Werkstatt:Aktuell 2/2020   11

Keine Mitarbeitenden in den Werken!
Was sagt das Personal dazu?
„Für uns fühlt sich das sehr komisch an. Man ist g
                                                 ­ ewohnt an Gespräche, Lachen,
Weinen, Ruhe und Lärm. Jeden Tag gibt es eine neue ,Herausforderung‘ – sowohl
im Positiven als auch im Negativen.
Jetzt lernt man neue Bereiche kennen und weiß auch, was unsere Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter jeden Tag dort leisten. Respekt, was die alles k­ önnen!“

Oliver Conrady, Gruppenleitung/Springer ABSB/BBSB in Werk 1

                       „Ohne Mitarbeitende fühlt sich die Werkstatt manchmal wie eine ,Geisterstadt‘ an.
                       Die Räume sind kalt und leer. Es fehlt das alltägliche ,­Gewusel‘, Lachen und es
                       wird wenig gesungen. Es wird Zeit, dass unsere Mitarbeiterinnen und M  ­ itarbeiter
                       bald wieder in unserer Werkstatt betreut werden dürfen!“

                       Tim Kastner, Gruppenleitung ABSB in Werk 1

„Ich erfülle seit Jahren einen dualen Arbeitsauftrag. Das sind zum einen Kochen
und Produzieren und zum anderen Betreuen, Anleiten, Bilden und ­Weiterentwickeln
der Mitarbeitenden. Ohne unsere Mitarbeiterinnen und M   ­ itarbeiter fehlt mir der
­soziale und emotionale Teil meiner Tätigkeit. Damit fühle ich mich während der
 ­Arbeit auch ein bisschen wie ein halber Mensch!“

Michaela Gast, Gruppenleitung Großküche in Werk 2

                       „Ich weiß, dass die aktuelle Situation nur eine v­ orübergehende ist und dass wir
                       ­sicher bald die ersten Mitarbeitenden wieder begrüßen können. Viele erprobte
                        und gut funktionierende Abläufe sind ohne unsere Mitarbeitenden zusammen-
                        gebrochen und mussten kurzfristig neu strukturiert werden. Das Fehlen unserer
                        Mitarbeiterinnen und ­Mitarbeiter macht sich überall in der Produktion b
                                                                                               ­ emerkbar.
                        Ich blicke positiv nach vorn, um die kommenden Herausforderungen, die uns
                        ­erwarten, meistern zu können.“

                       Andreas Schroeder, stellv. Bereichsleitung Großküche in Werk 2
Werkstattleben
Werkstattleben
12   Werkstatt:Aktuell 2/2020

Einsam in Beuel
Ruhig und dunkel sind die Flure am Morgen. Zu            ­ orgendlichen Ritualen ab – und kurz danach
                                                         m
­ruhig und viel zu wenig belebt. Keine Menschen-         viele Kolleginnen und Kollegen sich solidarisch in
 seele – außer meiner Seele – schweift durch das         die Wohnstätten der Mitarbeitenden begaben,
 Werk 2. Selbst der Duft von frischem Kaffee ist         ­verwaiste das Werk im trubeligen Beuel. Abstand
 nicht auszumachen.                                       halten war spontan kein Thema, da viele Menschen
                                                          nicht in der Werkstatt waren und sich auch noch
                                                          weit verteilen konnten und verteilten.

Zu viele freie Plätze im Flur

Es war schon vorher am Morgen auffällig.
Kein Stau, keine Schulkinder, keine Helikopter-
­Mamas im SUV, die den Weg zur Schule ver­
 stopfen. 7:20 Uhr treffe ich „pathologisch“ genau wie
fast an jedem Tag in der Werkstatt ein. Eigentlich ist
das eine perfekte Zeit, um sich seinen Parkplatz am      Vor Corona wäre die Schüssel nicht lange gefüllt geblieben
Werk 2 in Beuel noch aussuchen zu können.
In diesem Frühling gibt es auch um 8:00 Uhr noch         Mein Arbeitsplatz war sehr viel ruhiger, als ich es
Parkplätze!                                              gewohnt bin. Meine Gruppe im ABSB und im BBSB
                                                         ist ohne Mitarbeitende und Teilnehmende. Mir feh-
                                                         len die Menschen, die mir morgens erzählen, wie
                                                         es ihnen ergangen ist, die vielen Pausen, die ich
                                                         nicht habe, die Aufsichten, in denen ich Menschen
                                                         aus anderen Arbeitsbereichen treffe, und auch das
                                                         eigentliche Arbeiten mit Menschen.

„Wilde Tiere“ erobern die Werkstatt

Nachdem die Werkstatt für die meisten Mit­
arbeitenden schon Mitte März geschlossen war –
meine Ungenauigkeit hierbei weicht sehr von              Wenn es nur nicht tausende Einheiten wären
Werkstattleben
                                                                                    Werkstatt:Aktuell 2/2020   13

Zu tun habe ich trotzdem genug. Ich habe viele          nur zum Erhalt der Produktion. In dieser W
                                                                                                 ­ oche
dutzend Paletten gemeinsam mit Kolleginnen und          ­haben Lena Busch und ich, die ­Deeskalationstrainer
Kollegen in der Verpackung bearbeitet. Auspacken,        aus Werk 2, sich nochmal intensiv auf die
befüllen, einpacken – ein Rhythmus. Ein wenig            ­anstehenden Schulungen vorbereitet.
fade, da mir die Zusammenarbeit mit den Mitarbei-
tenden fehlt und da auch in den Hallen reichlich        Ich hoffe sehr, dass spätestens im Sommer wieder
Abstand ­gehalten wird. Bestimmte Produkte aus          der alte Trubel herrscht oder zumindest ein wenig
Leverkusen mag ich auch nicht mehr sehen. Für           davon – quasi ein Trübelchen. Meinetwegen auch
Sanitär­anlagen fühle ich mich kompetent genug,         mit allen besonderen Maßnahmen, mit Maske und
um über Flachs und Co. zu beraten.                      mit Abstand. Oder versetzten Zeiten, Plätzen und
                                                        was auch immer nötig sein sollte. In diesem Sinne
Nach über einem Monat Isolation und                     bleibt gesund und munter und blickt voller Erwar-
„social ­distancing“ freue ich mich sehr darauf,        tung in die Zukunft.
­wieder in ein volles Haus zu kommen. Klar haben
 wir N
     ­ otgruppen. Und ja, wir lockern einige Be-                                        Elmar Kampmann
 schränkungen. Die Arbeit vor Corona fehlt mir trotz-                                Gruppenleitung ABSB
 dem ungemein. Dennoch nutzen wird die Zeit nicht                                                  Werk 2

Es geht weiter und wir sind vorbereitet
Werkstattleben
Werkstattleben
14    Werkstatt:Aktuell 2/2020

Zuhause bleiben wegen Corona –
wie fühlt sich das an?
Annerose Sarach aus dem ABSB in Werk 2 hat                                                 Sie wollte wissen, wie sie mit den Einschränkungen
die viele freie Zeit in der Corona-Krise genutzt und                                       umgehen.
eine Mitbewohnerin und einen Mitbewohner
­interviewt.

 Britta Kuster,
 Arbeitsbereich Verpackung in Werk 2
 Wie fühlst du dich bei der Corona-Krise im Haus? Fährst du immer noch in den K        ­ indergarten?
 Ich fahre hin, aber betrete nicht den Kinder­garten, und stecke die ausgemalten M
                                                                                 ­ andala-­Bilder in den
 Briefkasten und fahre dann wieder zurück.
 Hast du normalerweise Kontakt zu den K      ­ indern?
 Ja, wenn ich Urlaub habe oder Brückentag ist. Ende Juli sollte ich eigentlich ein Praktikum dort
 ­machen, weiß aber nicht, ob dies jetzt klappt.
 Was machst du denn so momentan?
 Ich male immer noch Mandalas! Und höre viel M    ­ usik über das Internet. Eigentlich ist mir nicht
 ­langweilig, aber seit einiger Zeit denke ich doch manchmal darüber nach, wie schön das wäre,
  in die Stadt zu fahren, einfach so zum Bummeln.
  Aber netterweise bieten uns unsere Betreuer oft an, Dinge mitzubringen.
 Vermisst du die Arbeit?
 Ich vermisse die Arbeit nur ein klitzekleines b
                                               ­ isschen.
 Hast du regelmäßig Kontakt zu deiner F   ­ amilie?
 Ja, wir telefonieren regelmäßig und skypen.
 Durch das Skypen habe ich das Gefühl, bei m ­ einer ­Familie zu sein.
 Hast du Angst, dass du selbst erkrankst?
 Ja, ein bisschen. Wenn es die schwere Form von Corona ist.

 SOZIAL/KOMPETENT/LEISTUNGSSTARK – Wir sind eine anerkannte Werkstatt für Menschen
 mit Behinderungen und Partner für Industrie, Handel und Handwerk an vier Standorten.                                    UNSER BEREICH LAGER / LOGISTIK

 Für die Auftragsabwicklung stehen über 1.100 Mitarbeiter/-innen mit unterschiedlichsten
 Qualifikationen zur Verfügung. Bei einer Auftragsvergabe können gemäß § 140 SGB IX,
 50 % der anrechenbaren Arbeitsleistung auf eine eventuell zu zahlende Ausgleichsabgabe
 angerechnet werden. Unsere Produktionsbereiche sind:

 •   Büro- und Versanddienste/EDV                 •   Küche/Verpflegungsmanagement
 •   Druckerei                                    •   Lager/Logistik
 •   Elektronik                                   •   Metallverarbeitung
 •   E-Recycling                                  •   Montage
 •   Garten- und Landschaftsbau                   •   Näherei
 •   Holzbe- und -verarbeitung                    •   Verpackung

                                                       Gemeinnützige GmbH
                                                       Zentralverwaltung
                                                       Allerstraße 43, 53332 Bornheim-Hersel
                                                                                                        IHR PARTNER FÜR
                                                       Tel.: 02222/83 02-0
                                                       www.bonnerwerkstaetten.de                   INDUSTRIE UND HANDEL
Werkstattleben
                                                                                   Werkstatt:Aktuell 2/2020   15

 Volker Wank,
 Arbeitsbereich Bürodienste in Werk 3
 Wie geht es dir in Zeiten des Corona-Virus?
 Mir geht es relativ gut, weil wir bis jetzt das große Glück hatten, im TZ kein Fall von Corona zu haben.
 Wir sind auch gut aufgestellt mit Betreuern.
 Wie geht es dir ohne die Fahrten zu den F­ ußballspielen?
 Momentan vermisse ich den Fußball sehr! Aber die Maßnahme ist aus Sicherheitsgründen notwendig.
 Wie hältst du den Kontakt zu deinen A  ­ ngehörigen?
 Wir telefonieren bis zu zweimal am Tag.
 Wie beschäftigst du dich?
 Bin viel in der Gruppe. Schaue nur einmal am Tag die Nachrichten.
 Hast du denn Kontakt zu deiner Familie?
 Wir telefonieren momentan bis zu zweimal am Tag.

Volker Wank freut sich über den Besuch von Annerose Sarach
Werkstattleben
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16   Werkstatt:Aktuell 2/2020

Arbeit im Wohnheim
Seit der Schließung der Werkstatt unterstützen               auch die Frage auf, wann denn die Werkstatt
­insgesamt vier Betreuende aus den Bonner                    ­wieder öffnet. So kam dann Simone Bender und
 ­Werkstätten die Arbeit im Lebenshilfe Wohnheim              mir die Idee, die Arbeit ins Wohnheim zu holen.
  ­Ingeborg-Krieger-Haus. Wir begleiten die                   Gemeinsam haben wir Kontakt mit Norbert Spitzer
   ­Bewohnerinnen und Bewohner in ihrem Alltag und            (Bereichsleitung Verpackung in Werk 3) auf­
    bei der Pflege. Zusätzlich versuchen wir Ablenkung       genommen und überlegt, welchen Auftrag wir ins
    zu schaffen, sei es mit Gesellschaftsspielen,            Wohnheim holen könnten. Im Gemeinschaftsraum
    kurzen Spaziergängen in Einzelbetreuung und              wurden Arbeitsplätze eingerichtet und das Arbeits-
    ­Gesprächen. Doch mehr ist zurzeit leider nicht          material aus der Werkstatt abgeholt.
     ­möglich. So kann zum Beispiel das gemeinsame
      Kochen, was zu Beginn eine Abwechslung                 Das Angebot, wieder der bekannten Arbeit
      ­darstellte, momentan nicht mehr stattfinden.          ­nachzugehen, wurde von vielen Bewohnerinnen
       Auch fehlt vielen der direkte Kontakt zu ihren         und Bewohnern mit Begeisterung aufgenommen.
       ­Freunden, Angehörigen, Familien sowie ­Kolleginnen    So kehrt in dieser für alle sehr ungewohnten
        und Kollegen.                                         ­Situation ein bisschen Bekanntes in den Alltag
                                                               ­zurück. (Stand: Mitte Mai 2020)
Die gewohnte Tagesstruktur fehlt und wir wurden
häufig gefragt, was denn die Kolleginnen und                                                   Andreas Müller
­Kollegen in der Werkstatt machen. Immer mehr                                         Heilpädagogischer Dienst
 kam bei vielen Bewohnerinnen und Bewohnern                                                      Werk 2 und 3

 „Das war mir zu langweilig ohne Arbeit. Ich bin froh, dass ich wieder arbeite. Ich arbeite gerne.“
 Marion Thelen

 „Bin auch froh über die Arbeit, aber die Werkstatt ist besser.“
 Bettina Roddau

 „Bin froh, wenn ich wieder nach Meckenheim kann. Aber ich verschweiße jetzt auch gerne.“
 Hendrik Höver
Werkstattleben
                                                                                               Werkstatt:Aktuell 2/2020   17

Familienleben in der Corona-Krise
  Ich lebe zusammen mit meinem Sohn Jonas (12),
meinem Partner Michael und den zwei Hunden
Heidi und Jagger in einer Gemeinschaft.
Als Corona auftrat und zunächst die Schulen
­geschlossen wurden, war es anfangs schon eine
 Umstellung, da nicht nur die Schule ein paar Tage
 brauchte, um den Unterricht und die Aufgaben
 ­digital zu organisieren, sondern wir auch.

  Zwei Tage nach der Schulschließung kam dann
  auch die Schließung der Werkstatt, was mich
  ­persönlich die ersten Tage völlig aus dem
   ­gewohnten Alltag gerissen hat. Ich muss zugeben,
    dass mir zu Anfang mit dem Wegfallen meines
    ­Arbeitsplatzes ein wenig die Tagesstruktur fehlte.
     Jonas dachte, er hätte Ferien. Michael richtete sich
     sein Home-Office bei mir ein, um bei uns sein zu
     können.
     Ich war plötzlich ohne feste Aufgabe nur zu Hause.
     Um wieder Struktur in unseren Alltag zu b       ­ ringen
     und Jonas auch klar zu machen, dass C         ­ orona nicht
     Ferien bedeutet, sondern die Schule weitergeht,
     ­unterstützte uns Michael. Wir stehen morgens um
      7:00 Uhr normal auf und trinken n     ­ ormal unseren
Kaffee zusammen. Michael beginnt mit seiner
­Arbeit, da er in einem systemrelevanten
 ­Unternehmen arbeitet, und Jonas beginnt um
      7:55 Uhr nach Stundenplan mit der Schule.
      So ist ein strukturierter Tagesablauf im Grunde gut
      ­möglich. Um den Nachmittag auch noch gut hinzu-             auch wenn es mal schwierig ist. Corona zeigt mir
       bekommen, gestalten wir unsere ausgedehnten                 einmal mehr, dass wir nicht immer nur höher,
       Spaziergänge mit Jagger und Heidi als Familien-             schneller und weiter im Leben müssen, sondern
       ausflug. Die gesamte Freizeitgestaltung für Jonas           auch ganz gut mit dem zufrieden sein können, was
       ist ja weggefallen. Er trifft sich eigentlich viel          wir haben. Nämlich meine kleine Familie, die
       ­draußen mit Freunden und ist bei der Jugend­               ­gesund und munter ist. Ich wäre nicht das, was ich
        feuerwehr aktiv.                                            heute bin, wenn meine zwei Männer in meinem
                                                                    ­Rücken nicht wären. Es sind halt die kleinen Dinge,
Durch Corona besinnen wir uns auf uns selbst und                     die uns reich und glücklich machen – nicht die
das Wesentliche im Leben. Wir lernen uns auch                        ­großen!
mal von einer anderen Seite kennen. Zum Beispiel
hätte ich nicht gedacht, dass mein Sohn sich selbst                                                 Ursula Gronemeier
so gut organisieren kann, wie er es momentan                                                    Mitarbeiterin Elektronik
macht. Wir haben immer alle Spaß miteinander,                                                                    Werk 1
Werkstattleben
Werkstattleben
18   Werkstatt:Aktuell 2/2020

Video-Interview mit Lina Hagemann
Ich habe gehört, dass du BB Online schon                 oder Apfelkuchen. Oder Nudeln mit Bolognese
­ausprobiert hast. Was hast du ausprobiert?              oder Lasagne oder Bratkartoffeln mit Fisch­
 Ich habe die Quark-Ölteig-Schnecken ausprobiert.        stäbchen. Und Gurkensalat und Pizza und Burger.
 Ich habe zweimal gebacken. Einmal mit Schinken          Geschichten schreiben und lesen finde ich auch
 und Zwiebeln und einmal mit Erdbeeren und               noch gut. Das fehlt mir.
 ­Mango. Und das Sportprogramm habe ich
  ­ausprobiert. Ich habe auch das Arbeitsblatt zum       Hast du einen Tipp für die anderen, was sie auf
   Brandschutz ausprobiert. Bei dem Video war ein        BB online unbedingt ausprobieren sollen?
   Huhn, das war lustig.                                 Das Sportprogramm könntet ihr mal ausprobieren.
                                                         Und die lustigen Videos anschauen. Ihr könnt auch
Wie hat es dir gefallen?                                 mal die Quark-Ölteig-Schnecken ausprobieren.
Der Ostertanz von der Sportgruppe war am besten.         Da kann man verschiedene Sorten ausprobieren.
Das Video zum Brandschutz war auch sehr lustig.          Die sind superlecker.
Das schaue ich mir nochmal an. Das Backen hat
mir auch großen Spaß gemacht. Das habe ich öfter         Möchtest du noch etwas hinzufügen?
gemacht. Schreiben hat mir auch Spaß gemacht.            Ich habe ja jetzt viel Zeit. Ich spiele oft auf meinem
Die Lücken zum Schreiben waren manchmal zu               Kontrabass und auf meinem Tenorhorn, zum
klein. Bei ­manchen Arbeitsblättern ist die Schrift zu   ­Beispiel „Oh when the saints go marching in“ und
klein. E
       ­ inige Wörter waren zu schwer. Viele              „Oh! Susanna“. Ich finde es toll, wenn wir in der
­Aufgaben waren leicht.                                   Werkstatt nach Corona eine Band gründen.

Welches Lernangebot fehlt deiner Meinung                 Ich vermisse euch alle.
noch bei BB online?
Ich würde gerne noch mehr kochen und backen.                                                 Sabine Friesen
Ich hätte Lust auf zum Beispiel Pflaumenkuchen                                          Zugangsmanagement

Sabine Friesen im Gespräch mit …                         … Lina Hagemann
Werkstattleben
                                                                                      Werkstatt:Aktuell 2/2020   19

Virtuelle Sportangebote
In Zeiten von Corona ist alles anders. Keine Mit­
arbeitenden kommen morgens zur Arbeit und damit
können wir kein Sportangebot aktiv durchführen.
Vorbereitungen, die für Turniere oder Tanzauffüh-
rungen geplant waren, mussten vorerst gestoppt
werden. Geplante Veranstaltungen konnten leider
nicht durchgeführt werden. So arbeiteten die
­Sportlehrerinnen und -lehrer in unterschiedlichen
 Arbeitshallen und halfen bei der Produktion mit.
 Elektromontage, Verpackung oder die Näherei sind
 nur einige unserer Betätigungsfelder.

Zunächst hofften wir auf eine kurze Einschränkung.
Als es deutlich wurde, dass dieses Betretungs­
verbot länger dauern würde, war es nur folgerichtig,
dass der Sport ein kleines v­ irtuelles Angebot
­startete, das sich gut in das BB Online-Angebot
 einfügt und über den bekannten Link abrufbar ist.
 Die technischen Schwierigkeiten waren zu über-
 winden und dann konnten rasch die Planungen für
 diese Video-Einheiten eingeleitet werden.
 Jedes Werk drehte und dreht nun kleine Filme über
 ganz unterschiedliche Themen. Ein O   ­ ster- und
 ­Mai-Tanz, eine kleine morgendliche Sport-Einheit
  usw. wurden gedreht. Ob in Werk 1, in Werk 2 oder
  in Werk 3: Es fing etwas holprig an, aber mit der
  Zeit ging es mit wachsender Routine, Kreativität
  und Elan gut voran – und immer mit viel Freude!
  ­Einige Rückmeldungen haben uns schon erreicht          zurückzukehren. Auch wird es bestimmt ein
   und freuen uns sehr. Neben den kurzen Bewe-            (den Umständen angepasstes) Sportangebot
   gungsanleitungen drehen wir zurzeit zusätzlich klei-   ­geben. Wir alle freuen uns jetzt schon darauf, denn
   ne Videos für die Zeit nach dem Betretungsverbot.       so schön virtuelle Bewegungsangebote auch sind,
   Erklärungsangebote über die neuen Wegeregeln            es geht doch nichts über ein gemeinsames
   oder Hygieneregeln usw.                                 ­Bewegungserlebnis.

Bald wird es zumindest in eingeschränkter Form für                                             Die Sportteams
manche möglich sein, zur Arbeit in die Werkstatt                                               Werk 1, 2 und 3
Werkstattleben
Werkstattleben
20   Werkstatt:Aktuell 2/2020

Ein etwas anderer Arbeitsplatz
Florian Peters* ist ein junger Mann mit komplexer        Die Auseinandersetzung mit dem Würfel ist für
Behinderung. Es fällt ihm schwer, für längere Zeit       ­Florian Peters* interessant. Auch die Tatsache,
auf einem Stuhl zu sitzen. Viel lieber lässt er sich      dass er auf dem Boden sitzend arbeiten kann,
auf den Boden gleiten und beschäftigt sich dort mit       kommt seiner Vorliebe entgegen. Gleichzeitig bietet
Dingen, die ihn interessieren: Das können Tisch-          die Beschäftigung mit dem Würfel zahlreiche
oder Stuhlbeine sein oder andere große Gegen-             ­Förderungsmöglichkeiten, wie bspw.:
stände, die er im wahrsten Sinne des Wortes
„be-greifen“ kann. Zu den herkömmlichen Arbeiten         • Erfahrung von Materialkompetenz
findet er noch keinen Zugang. Daher wirft er diese       •	Förderung der Greiffunktionen
oftmals direkt vom Tisch.                                    (palmares Greifen, Pinzettengriff)
                                                         • Hand-Auge-Koordination
Die Frage lautete nun: Wie kann der Arbeitsplatz         • Förderung der Konzentration
gestaltet werden, dass er zu den Fähigkeiten und         • Förderung des Reiz-Reaktions-Schemas
dem Interesse von Florian Peters* passt? Der erste       •	Entwicklung von Handlungskompetenz
Versuch, das Arbeitsmaterial anzupassen, hat nicht           (ich kann etwas beeinflussen)
gut funktioniert. Zwar wurde das Material dergestalt     •   Entwicklung von Eigenaktivität
angepasst, dass ein Auf-den-Boden-werfen nicht
mehr möglich war, aber auch dies änderte nichts
an der Tatsache, dass Florian Peters* keinen
­Zugang zu der angebotenen Tätigkeit fand.

Der erste Versuch einen Arbeitsplatz zu gestalten,       Florian Peters* freut sich über den „busy-cube“
der ­Fähigkeiten und Interessen miteinbezieht

Eine genauere Analyse der Fähigkeiten und des            * Name von der Redaktion geändert!
­Interessengebietes machte deutlich, dass sowohl
 der Arbeitsplatz als auch das Beschäftigungs­                                                  Martina Karwig
 material angepasst werden musste. So entstand                                            Bereichsleitung ABSB
 der „busy-cube“: ein Würfel, der unterschiedliche                                                       Werk 3
 Materialien zum Entdecken und “Be-greifen“
 ­beinhaltet. Gleichzeitig ist der Würfel aus stabilem
  Material, sodass er räumlich nicht so leicht
  ­verändert werden kann.
Werkstattleben
                                                                                    Werkstatt:Aktuell 2/2020   21

BiAp bei der Stadt Meckenheim
Oft hört man in der Werkstatt das Wort „BiAp“, aber
was bedeutet es? BiAp ist die Abkürzung für
­„Betriebsintegrierter Arbeitsplatz“. Bei einem BiAp
 arbeitet man in einem anderen Betrieb, der nicht zur
 Werkstatt gehört. BiAp wird deswegen auch Außen-
 arbeitsplatz genannt. Ganz wichtig dabei zu wissen
 ist, wenn man auf einem BiAp ist, bleibt man Mit­
 arbeiterin bzw. Mitarbeiter der Bonner Werkstätten.
 Der Mitarbeitende fährt alleine zur Arbeitsstelle.
 Das JOBSTER.team unterstützt die Mitarbeitenden
 dabei. Das JOBSTER.team besteht aus der
 ­Integrationsassistentin Judith Rieger und dem
  ­Jobcoach Matthias Kühl.                              Nach einem Vorstellungsgespräch bot die Stadt mir
                                                        einen Praktikumsplatz an. Das Praktikum lief dann
  Ich arbeite seit Oktober 2019 auf einem BiAp bei      richtig gut. Bei meinem Abschlussgespräch bei der
  der Stadt Meckenheim. Mein Ziel ist es, irgendwann    Stadt Meckenheim sagte ich, dass ich sehr gerne
  die Werkstatt zu verlassen, um dann ganz auf den      wieder auf den ersten Arbeitsmarkt wechseln
  allgemeinen Arbeitsmarkt zu wechseln. Seit            ­möchte. Zurück in der Werkstatt schrieb ich eine
  ­Oktober 2005 bin ich Mitarbeiterin bei den Bonner     Bewerbung für einen BiAp und mir wurde eine
Werkstätten. Nach meinem Berufsbildungsbereich           ­Stelle angeboten. Letztes Jahr im Oktober begann
(BBB) in Bonn-Beuel habe ich in den Arbeitsbereich        ich dann meinen BiAp bei der Stadt Meckenheim.
Bürodienste in Meckenheim gewechselt.                     Ich habe einen ganz tollen Arbeitsplatz mit einem
Nach einiger Zeit brauchte ich eine neue Heraus­          eigenen Büro. Aufgrund meiner Sehbehinderung
forderung. So habe ich mit meiner Betreuerin              habe ich eine spezielle Software auf meinem
­überlegt, welche Möglichkeiten ich habe. Ich habe        ­Rechner. Die Software JAWS liest mir alles vor.
 eine Sehbehinderung, so blieben die Aufgaben, die         Ich habe auch eine spezielle Tastatur mit
 ich machen konnte, natürlich begrenzt. Ich hatte es       ­Markierungspunkten. Zu meiner Ausrüstung
 mir in den Kopf gesetzt am PC zu arbeiten.                 gehört außerdem noch ein Scanner. Momentan
 ­Natürlich hatte ich keinerlei Erfahrung, mit meiner       ­digitalisiere ich für das Archiv Dokumente.
  Sehbehinderung einen PC zu bedienen. Ich habe              Ich erstelle aus eingescannten Büchern eine
  dann ganz viel am Computer geübt.                          ­Word-Tabelle.

Ich meldete mich bei der Überleitungsgruppe an.         Die Arbeit bei der Stadt Meckenheim macht mir
Nur wenn man an einer Überleitungsgruppe teil­          sehr große Freude, ich habe immer einen festen
genommen hat, kann man ein Praktikum machen.            Ansprechpartner vor Ort und sehr nette Kolleginnen
In dem Kurs lernt man, was es heißt, auf dem            und Kollegen, die mir bei allen Fragen helfen.
­ersten Arbeitsmarkt zu arbeiten. Wir fanden dabei      Ich bin richtig gut in das Team integriert!
 heraus, dass ein Arbeitsplatz in der Verwaltung zu     Ich kann wirklich jedem nur empfehlen, wenn er
 mir passen würde. Ich schrieb eine Bewerbung für       ­genau wie ich den Wunsch hat außerhalb der
 eine Praktikumsstelle an die Stadt Meckenheim.          ­Werkstatt zu arbeiten, wendet euch an eure
 Dann begann eine für mich sehr lange Wartezeit.          ­Betreuenden oder den Sozialen Dienst.
 Nach ein paar Wochen bekam ich endlich e  ­ inen
 ­Anruf von der Stadt Meckenheim. Ich wurde zu                                               Inge Zimmer
  ­einem Vorstellungsgespräch eingeladen.                 Mitarbeiterin der Büro- und Versanddienste/EDV
   Die erste Hürde war geschafft!                                                                 Werk 3
Werkstattleben
Werkstattleben
22   Werkstatt:Aktuell 2/2020

Planen – Umsetzen – Überprüfen – Handeln
Die Überleitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
Der Plan, außerhalb der Werkstatt zu arbeiten,
­beginnt oft am Arbeitsplatz des Mitarbeitenden.
 Die tägliche Arbeit in den verschiedenen Arbeits­
 bereichen fordert den Mitarbeitenden nicht genug.
 Die Ziele der Förderpläne werden immer
 ­anspruchsvoller. Eine Veränderung muss her. Dann
  beginnt man einen Blick nach draußen zu riskieren.
  Zusammen mit der Gruppenleitung, Bereichsleitung
  und dem Sozialen Dienst wird entschieden, dass
  die bzw. der Mitarbeitende an einer Überleitungs-
  gruppe teilnimmt.

Die Auswahl der Teilnehmenden einer Überleitungs-
gruppe (diese ist aufgeteilt in sechs Module) erfolgt
nach folgenden Kriterien: körperliche, fachliche und
soziale Kompetenz. Eine Eignung sollte in allen
­Bereichen vorliegen, bevor ein Mitarbeitender an
 ­einer Überleitungsgruppe teilnimmt.
                                                        schaut, wie man das Arbeiten dort einfacher
Es wäre sinnvoll, wenn die Wünsche und Absichten        ­machen kann. Welche Optimierungen müssen am
des Teilnehmenden schon vor Beginn der Über­             Arbeitsplatz nun vorgenommen werden?
leitungsgruppe festgelegt wären. Das soll heißen:
                                                        Die Prüfphase ist eine Phase des Analysierens:
•	Warum möchte die Teilnehmende bzw. der               War das Praktikum erfolgreich? War die bzw. der
   ­ eilnehmer ein Praktikum machen?
   T                                                    Mitarbeitende zuverlässig und ehrgeizig? Hat der
• Warum außen arbeiten?                                 Betrieb Interesse an einem BiAp (Betriebs­
• Was sind die eigentlichen Beweggründe?                integrierter Außenarbeitsplatz)? Wie viele Tage in
•	Wo möchte die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter     der Woche sind für den Mitarbeitenden sinnvoll?
   ein Praktikum machen?                                Wie ist die finanzielle Situation des Mitarbeitenden?
• Wo liegen die Wünsche und Sehnsüchte?
•	Für welchen Arbeitsbereich ist die Mitarbeiterin      Wenn ein Arbeitsplatz außerhalb der Werkstatt
   bzw. der Mitarbeiter qualifiziert?                    ­angestrebt wird, dann werden nun in der Hand-
• Was sind die eigentlichen Kompetenzen?                  lungsphase die Rahmenbedingungen miteinander
                                                          festgelegt. Es finden Gespräche mit dem Mit­
Die Phase des Umsetzens beinhaltet die aktive            arbeitenden, ggf. dem gesetzlich Betreuenden
­Begleitung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters      (oder auch Eltern), der Bereichsleitung,
 während ihres/seines Praktikums durch den              der G ­ ruppenleitung, dem Sozialen Dienst, der
 ­Jobcoach. Vor Beginn des Praktikums wird vom          ­Inte­grationsassistenz und dem Jobcoach statt.
  Jobcoach nochmals überprüft, ob alle informiert
  wurden. Der Jobcoach begleitet die Mitarbeiterin      In dieser Phase wird vereinbart, ob eine Mit­
  bzw. den Mitarbeiter sowohl am ersten Tag des          arbeiterin bzw. ein Mitarbeiter auf einem Außen­
  Praktikums als auch während der gesamten              arbeitsplatz (BiAp) arbeiten möchte und auch gut
  ­Praktikumszeit. Zusammen mit dem Mitarbeitenden      könnte. Sollten sich alle einig sein, dass die Mit­
   verbessert man den Außenarbeitsplatz. Man redet      arbeiterin bzw. der Mitarbeiter im BiAp arbeiten
   mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort und         ­gehen kann, wird der Beginn des BiAps festgelegt.
Werkstattleben
                                                                                                                        Werkstatt:Aktuell 2/2020      23

Bei der Arbeit im BiAp wird jede bzw. jeder                                              immer da: Gruppenleitung, Sozialer Dienst oder
­Mit­arbeitende sehr regelmäßig durch den                                                auch das JOBSTER.team.
 ­Jobcoach und die Integrationsassistenz betreut.
  Der Jobcoach begleitet die Mitarbeitenden sehr                                         Gerade in diesen besonderen Zeiten der
  viel und schaut, ob alle Arbeiten gut erledigt                                         ­Corona-Krise wird das Konzept des BiAps sehr
  ­werden können.                                                                         ­interessant für Betriebe und Firmen. Eine
                                                                                           ­Zusammenarbeit mit den Bonner Werkstätten und
• Können wir nun handeln?                                                                   die Übernahme von Mitarbeitenden in BiAps ­könnte
•	Möchte die bzw. der Mitarbeitende bei der Firma                                          eine große Chance für uns alle sein.
    arbeiten?
•   Gefällt die neue Arbeit?                                                             Ein BiAp wird normalerweise für ein bis zwei Jahre
                                                                                         eingerichtet. Denn das Ziel eines jeden Betriebs­
Wichtig ist an dieser Stelle: Ein BiAp ist ein                                           integrierten Arbeitsplatzes (BiAp) ist die Vermittlung
­besonderer Vertrag. Die bzw. der Mitarbeitende                                          in ein sozialversicherungspflichtiges
 bleibt Mitarbeiter der Werkstatt. Man muss sich                                         ­Beschäftigungsverhältnis.
 ­keine Sorgen machen und man kann immer zurück
  auf seinen Arbeitsplatz in der Werkstatt. Hilfe ist                                                                  Euer JOBSTER.team
                                                                                                             Judith Rieger und Matthias Kühl

    SOZIAL/KOMPETENT/LEISTUNGSSTARK – Wir sind eine anerkannte Werkstatt für Menschen                         UNSER BEREICH KÜCHE/VERPFLEGUNGSMANAGEMENT
    mit Behinderungen und Partner für Industrie, Handel und Handwerk an vier Standorten.

    Für die Auftragsabwicklung stehen über 1.100 Mitarbeiter/-innen mit unterschiedlichsten
    Qualifikationen zur Verfügung. Bei einer Auftragsvergabe können gemäß § 140 SGB IX,
    50 % der anrechenbaren Arbeitsleistung auf eine eventuell zu zahlende Ausgleichsabgabe
    angerechnet werden. Unsere Produktionsbereiche sind:

    •   Büro- und Versanddienste/EDV                     •   Küche/Verpflegungsmanagement
    •   Druckerei                                        •   Lager/Logistik
    •   Elektronik                                       •   Metallverarbeitung
    •   E-Recycling                                      •   Montage
    •   Garten- und Landschaftsbau                       •   Näherei
    •   Holzbe- und -verarbeitung                        •   Verpackung

                                                        Gemeinnützige GmbH
                                                        Zentralverwaltung
                                                        Allerstraße 43, 53332 Bornheim-Hersel
                                                                                                       IHR PARTNER FÜR
                                                        Tel.: 02222 / 83 02-0
                                                        www.bonnerwerkstaetten.de
                                                                                                  INDUSTRIE UND HANDEL
Werkstattleben
Werkstattleben
24   Werkstatt:Aktuell 2/2020

Peer Counseling in den Bonner Werkstätten
Jede Kollegin und jeder Kollege im Sozialen Dienst     Peer Counseling ist in den Bonner Werkstätten
hat ein bestimmtes Thema, mit dem wir uns neben        also eine Beratungsmethode für Menschen mit
unseren allgemeinen Tätigkeiten beschäftigen (zum      ­Behinderungen.
Beispiel „Leichte Sprache“, „Übergang auf den           Die Beratenden sind geschult und können die
­allgemeinen Arbeitsmarkt“, „Gewaltprävention“,         ­Arbeit (in dem Fall die Beratung) mit der eigenen
 ­„ Autismus-Spektrum-Störungen“). Diese Themen          ­Betroffenheit gut verbinden. Hierdurch haben die
  nennen wir „Expertisen“, das bedeutet, dass man         ­Beratenden einen besseren Zugang zu den
  sich mit einem Thema sehr intensiv beschäftigt und       ­Problemen und Fragestellungen der Person, die
  gut auskennt, um andere zu beraten und zu                 Rat sucht.
  ­informieren.
                                                       Warum ist das Thema wichtig in den Bonner
Durch die Tätigkeit der Vertrauenspersonen des         Werkstätten?
Werkstattrates und der Begleitung der Streit­          •	Die Teilhabe und Selbstbestimmung von
schlichterinnen und Streitschlichter sind Frank           ­Menschen mit Behinderung wird gefördert.
­Lindemann (Werk 1) und Sabine Krause (Werk 3)         •	Menschen mit Behinderung lernen, ihre
 gemeinsam für das Thema „Peer Counseling“                 ­Wünsche, Standpunkte und Rechte selbst zu
 ­verantwortlich.                                           vertreten.
                                                       •	Die Mitarbeitenden übernehmen mehr Ver­
                                                            antwortung für sich selbst und andere Menschen
                                                            (z. B. Arbeitskolleginnen und -kollegen).
                                                       •	Die Selbstvertretung innerhalb der gesetzlichen
                                                            Vorgaben (durch die Werkstätten-Mitwirkungs-­
                                                            Verordnung, schreibt sich abgekürzt „WMVO“)
                                                            wird umgesetzt.

                                                       Die Umsetzung von Peer Counseling erfolgt in
                                                       den Bonner Werkstätten:
                                                       •	durch den Werkstattrat und die Frauen­
                                                          beauftragte und ihre Stellvertreterin
                                                       •	durch die Streitschlichterinnen und
                                                          ­Streitschlichter
Der Begriff „Peer Counseling“ stammt aus Amerika.      •	durch die Internen Auditoren (das sind Mit­
Das Wort „Peer“ (gesprochen „Pier“) in der                 arbeitende, die als Prüferinnen und Prüfer die
­englischen Sprache kann sowohl gleich-artig               Arbeitsbereiche in a­ llen Werken besuchen und
 als auch gleich-rangig bedeuten.                          Fragen stellen)
 „Counseling“ (gesprochen „Kaunseling“) ist das        • durch die Bereichssprecherinnen und -sprecher
 englische Wort für „Beratung“.
 Zusammengenommen meint Peer Counseling,                Der Werkstattrat (wird abgekürzt WR
 dass die ratsuchende Person und die beratende          ­geschrieben) und die Frauenbeauftragten
 Person eine Gemeinsamkeit haben, zum Beispiel           (wird abgekürzt FB geschrieben)
 eine Beeinträchtigung.                                  Der WR und die FB arbeiten auf der Grundlage der
 Das bedeutet: „Beratung von Betroffenen durch           neuen WMVO. Seit 1. Januar 2017 gibt es
 ­Betroffene“.                                         ­Änderungen durch die Einführung des BTHGs.
                                                        Das heißt z. B., dass es jetzt 11 Werkstatträte statt
                                                         wie vorher 7 Werkstatträte gibt und dass 2017 eine
Werkstattleben
                                                                                         Werkstatt:Aktuell 2/2020   25

Frauenbeauftragte und eine Stellvertreterin von               Die Streitschlichter
den weiblichen Mitarbeitenden gewählt wurde,                  Die Streitschlichter in den Bonner Werkstätten
die es vorher nicht gab.                                      ­nahmen 2016, nachdem sie in einer Fortbildung
Unterstützt wird der WR von 2 Vertrauenspersonen            ­geschult worden waren, ihre Tätigkeit auf.
(Frank Lindemann und Sabine Krause), die beiden              Die Streitschlichter werden von den Mitarbeiterin-
Frauenbeauftragten erhalten Unterstützung von                nen und Mitarbeitern seitdem nur selten in
­Simone Stamm (­ Heilpädagogischer Dienst,                   ­Konfliktsituationen angesprochen, obwohl es regel-
Werk 2).                                                      mäßige Gesprächsangebote in jedem Werk gibt.

Die geänderte WMVO soll die Teilhabe und                    Es finden regelmäßige werksübergreifende Aus-
­Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung              tauschtreffen statt, bei denen Strategien (= Ideen)
 stärken.                                                   überlegt werden, um eine bessere Inanspruch­
                                                            nahme und Akzeptanz der Streitschlichtenden zu
Die Werkstatträte haben nun für bestimmte                   ­erlangen. Gleichzeitig werden Fortbildungen
­Angelegenheiten (Arbeitsentgelte, Urlaubsplanung,           ­organisiert, um das gelernte Wissen zu vertiefen.
 Verpflegung, ­soziale Aktivitäten, Gestaltung der
 Aufenthalts- und Sanitärräume) das Recht auf Mit-          Wir möchten an dieser Stelle noch einmal
 bestimmung. Das bedeutet, dass der WR gefragt              ­ausdrücklich Werbung für die Streitschlichterinnen
 und umfassend informiert werden muss, bevor                 und Streitschlichter machen und dazu ermutigen,
 ­bestimmte ­Veränderungen in der Werkstatt                  die Beratungsangebote zu nutzen!
  ­umgesetzt werden können. Dies geschieht zum               Die Personaler bitten wir, in Konfliktsituationen die
   Beispiel auf der Grundlage von betrieblichen              Streitschlichtenden als U
                                                                                     ­ nterstützer anzubieten und
   ­Vereinbarungen oder Beschluss­vorlagen zwischen          ­regelmäßig auf sie hinzuweisen (z. B. bei den
    Geschäftsführung und W   ­ erkstattrat.                   ­arbeitsplatzbezogenen Gesprächen).
    Die Frauenbeauftragte und ihre Stellvertreterin
    ­treten für die Rechte und die Gleichstellung der       Wir sehen unsere Aufgabe zum Thema „Peer
     ­Mitarbeiterinnen ein und bieten in allen Werken       Counseling“ vor allem darin, sowohl die Werkstatt-
      ­regelmäßig Gespräche und Beratungen an.              räte als auch die Streitschlichterinnen und
                                                            Streitschlichter zu einer größtmöglichen Hand-
Die Werkstatträte sind für einen sehr großen Teil           lungsautonomie (bedeutet selbstständiges Handeln
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erster                 ohne Hilfe) zu bringen, um allen anderen Mit­
­Ansprechpartner bei Fragen/Unsicherheiten/­                arbeiterinnen und Mitarbeitern beispielhaft zu
 Problemen, die Themen sind vielfältig, teilweise           ­zeigen, dass auch sie Experten (bedeutet
 umfassend oder schwierig – wenn es z. B. um                 ­Fachleute) in eigener Sache werden können.
 ­Konflikte mit Personalern oder verschiedene
  ­Meinungen zwischen Geschäftsführung und                                Frank Lindemann und Sabine Krause
   ­Werkstattrat geht. Hier gilt es, die Werkstatträte zu                                    Sozialer Dienst
    beraten und zu stärken.                                                                    Werk 1 und 3
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