Windeln oder Pudern? Das ist hier die Frage! - Imkerschule SH
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Tipps & Tricks
Fragen an
XY fragt nach Pia Aumeier zu aktuellen
Themen
Windeln oder Pudern? Das ist hier die Frage!
Zu wissen, wieviele Varroamilben sich im Bienenvolk befinden, schützt vor unliebsamen Überraschungen.
Doch wie kommt man ihnen auf die Spur?
Christian fragt nach Blickt man in geschlüpfte Brutzellen, Denn:
Eine Imkerkollegin hat ein Volk verloren. erkennt man oft auch Häutungsreste ● gelingt es Muttermilben nicht,
Beim Untersuchen der Reste erkann- von der Erwachsenenhäutung der Nachkommen zu erzeugen, so koten
ten wir kleine weiße Punkte in den Biene auf dem Zellboden. Diese sind sie ausschließlich direkt auf die Puppe
Brutzellen. Ein Vereinsmitglied meinte, jedoch kaum mit Kot zu verwechseln, (Abb.2). Die schlüpft oder wird von
Pia Aumeier dass die Varroamilbe Ausscheidungen sie sind knäulig-locker (ein kleines Ammen eleminiert, und weg ist der Kot.
hinterlässt. Findet man diese Punkte in Stückchen ist zu erkennen auf Abb.1 ● Zudem erkennt, wer genau hin-
den Brutzellen könne man sicher sein, rechts neben dem Kothaufen) und kön- sieht, in jedem, auch in gesunden
dass Varroa die Todesursache ist. Kann nen mit einer feinen Pinzette als kleines Bienenvölkern solche Häufchen.
das stimmen? Hartelijke groeten Wollfadenhäufchen oft als Ganzes ent- „Kot in Brutzellen” ist damit ein Hin-
nommen werden. weis auf den Befall dieser einen Brut-
Am Kotplatz kopulieren Zuckerkriställchen – sie liegen oft in zelle mit einer reproduktiven Varroa-
den Brutzellen, nachdem ein Volk wäh- milbe, die Todesursache „Varroose”
Tatsächlich koten Milben in die Brut- rend des Sterbens von anderen Völkern kann man mangels Quantifizierbarkeit
zellen. Zunächst nur die Muttermilbe, ausgeräubert wurde – erkennt man dieser Erscheinung nicht ableiten.
später setzen auch alle Nachkommen mit einer guten Lupe als solche und
ihren Kot ordentlich auf einen Haufen – anders als Milben-AA und Bienen- Todesursache Varroose? –
in die Nähe des Zellgrundes (Abb.1). Häutchen schmecken sie süß. Restbienen analysieren
Das Spannende dabei: ist das Milben- Guten Appetit!
männchen wenige Tage vor Bienen- Deutlich sinnstiftender kann es sein,
schlupf als Erstes erwachsen, lungert Milbenkot ist keine geeignete die im verstorbenen Volk verbliebenen
es in der Nähe des Kotplatzes herum Diagnosehilfe Restbienen – meist sind es weniger als
und verpaart dort seine Schwestern. 1000, also nur ein Honigglas voll – in
Obduziert man ein totes Bienenvolk, Seifenlauge auszuwaschen. Findet man
Der Milbenkot sieht feuchtglänzend- kann man natürlich diese Gelegenheit auf 500 Bienen 30 Milben, ist der Fall
schmutzigweiß aus und besteht aus auch nutzen, um in die Brutzellen zu klar. Aber auch schon eine einfache
winzigen übereinander und nebenein- sehen und etwas über Varroa-Biologie Inspektion des Totenfalls im Boden hilft
ander abgesetzten Pünktchen, die ein zu lernen. Aber: als Diagnosehilfe auf weiter (Abb.3).
bisschen kuppelförmig wirken, so ähn- der Suche nach
lich wie ein Tropfen Wasser auf einer der Todesursache
trockenen Oberfläche aufgrund der ist Kot eindeutig
Oberflächenspannung. nicht geeignet.
Abb.1 – Blick in eine Brutzelle nach Entfernen der Bienenpuppe. Ein Milbenei
und drei Nymphen sitzen im oberen Zellbereich. Links der milchig-weiße Kleckse-
Kothaufen (Foto: Dr. Peter Rosenkranz). Abb.2 – Infertile Milben koten direkt auf die Puppe.
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Tipps & Tricks Vorbeugen statt Leichenschau Mein Ziel ist es, möglichst wenige Obduktionen vornehmen zu müssen. Dabei hilft es, den Varroabefall indivi- duell in jedem einzelnen Volk ab Ende Juli und bis Jahresende mit mehre- ren Analysen zu überwachen. Und rechtzeitig zu reagieren, sobald er die Schadschwellen übersteigt. Ohje soviel Arbeit, höre ich immer wie- der. „Warum denn volksindividuell?“ Dies hat mehrere gute Gründe: – von März bis Oktober kann sich die Gesamtmilbenzahl im Volk alle drei Wochen verdoppeln. Besonders steil ist die Befallsentwicklung dabei in starken Völkern, die viel brüten und Abb.3 – Varroen und verkrüppelte Bienenstadien im bienenarmen Totenfall. damit den Milben optimale Reproduk- Hier deutet alles auf „Tod durch Varroose“. tionsmöglichkeiten bieten. „Gute“ Wirt- schaftsvölker erbrüten locker 10.000 Oder machen SIE „vorsichtshalber“ all- oder Bienenproben oder alternativ die Varroen jährlich, direkt daneben ste- monatlich eine Antibiose? Gemülldiagnose. Beide sind geeignet, hen Völker mit unproblematischen 300 – Abhängig von Außenfaktoren und unsere vergleichenden Studien offen- Milben. Sind schon der Februar und volksinternen Gegebenheiten (z.B. Brut- barten jedoch auch Schwachpunkte. März angenehm warm, finden sich menge, Anteil frischen Futters) kön- Hält sich der Imker nicht an die zeitlichen im Vergleich mit Durchschnittsjahren nen auch umsichtig durchgeführte Be- Vorgaben, ist eine Gemülldiagnose nur jetzt im Herbst doppelt bis viermal handlungen, insbesondere mit Amei- mit Ölwindeln aussagekräftig. Bei den so viele Milben. Auch imkerliches sensäure, schlecht wirken. Erstaunlich Bienenproben jedoch, gibt es gleich Missmanagement stärkt die Varroa- dabei: schwächere Völker zeigen im- zwei große Fehlerquellen, die auch Explosion: wer keine Mittelwände nutzt mer einen deutlich besseren Behand- umsichtige Imker nicht ausmerzen kön- und damit viel Drohnenwildbau zulässt, lungserfolg als stärkere. Aber genau nen: a) das Gewicht der Bienen: eine oder aber auf akkurates Schneiden der die letzteren haben viele Varroen auf- Biene leer wiegt 80 mg, vollgesogen Drohnenrahmen verzichtet, der kämpft gezogen. Um nicht überrascht zu wer- nach Rauchgabe bis zu 150 mg. „50 g bereits im Juli mit an Varroose sterben- den, überprüfe ich bei jedem Volk mehr- Bienen“ können also 625 Bienen sein, den Völkern. fach den natürlichen Milbenfall und den oder auch nur 333. b) fast alle Varroen, – Jede chemische Behandlung kann Behandlungserfolg. Volksindividuell. die nicht gerade zur Vermehrung in auch schaden. Bienen, Brut und Königin den Brutzellen sitzen, halten sich auf umbringen oder aber bei fettlöslichen Windeln oder pudern? Ammenbienen auf, diese sollte man Varroaziden Bienenprodukte verunrei- also erwischen. Nicht die Flugbienen, nigen und Resistenzen erzeugen. Zwei Techniken sind weit verbreitet um die gemütlich abends in der Traube im Weniger ist daher mehr. Prophylaktische den Varroabefall eines Bienenvolkes zu Beutenboden sitzen. Doch wie? In der Behandlungen entbehren jeden Sinnes. erfassen. Die Untersuchung von Brut- Übersichtsgrafik „Diagnose des Varroa- Abb.4 – Links die Bienen nach CO2-Betäubung. Sie sind durch Regurgitation klebrig nass und bewusstlos. Rechts die Bienen nach Puderzucker: ver- Abb. 5 – Varroamilben haben Form, Größe und Wölbung eines verlorenen klebt, blind, leckerer Wespensnack, später haarlos. Wachsschüppchens. BIENENZUCHT 08/2021 357
Tipps & Tricks
Befallsgrades – aber wie?“ finden Sie von hinten möglichst bienendicht ● Nutzen Sie wenn nötig eine Lupe.
die Möglichkeiten im Vergleich (Abb.4). unter das Gitter zu schieben ● Zählen Sie alle Milben, sowohl die
● Windel nur für die Diagnose (3 Tage) dunklen Muttermilben, als auch
Varroabefallserfassung einschieben. Während Diagnosezeit die helleren Tochtermilben (Abb.5),
state of the art nicht gleichzeitig Honigwaben put- den Wert durch die Anzahl der
zen, Futterwaben umtragen lassen, Diagnosetage (3) teilen, ergibt den
Eine immer größere Anzahl an Im- da sonst viel zusätzliches Gemüll natürlichen Milbenfall pro Tag.
kernden möchte zuverlässige Varroa- entsteht. ● Zählen Sie in 5er-Gruppen. Mit
befalls-Werte bienenfreundlich erarbei- ● Stets jedes Volk etwas Übung kann das menschli-
ten und bei Unsicherheit Diagnosen ● Vor Einschub der Windel eventuellen che Auge und Gehirn gleichzeitig 5
auch mehrfach wiederholen. Ich nutze Totenfall aus Gitterboden entfernen Varroen erfassen und als „1“ zählen.
dafür ausschließlich den täglichen (im Nov-Dez notwendig) Sind es mal in einer Gruppe nur 4,
natürlichen Milbentotenfall. Er verrät mir ● Windeln live auszählen – putzen – dann sind es in der übernächsten
ob und wann ich behandeln muss und fertig. Einzig ein plötzlicher Regen- im Schnitt 6 Varroen…so geht das
ob die Behandlung gewirkt hat. Denn guss, Zeitdruck oder starker Wind Zählen 5-mal so schnell.
zwischen der Anzahl der pro Tag an sind Gründe, Windeln nicht vor Ort ● Verwenden Sie wenn nötig ein
„Alterschwäche” oder nach Einwirkung auszuwerten. Wer Windeln einpackt Handzählgerät. So müssen Sie
der Bienen gestorbenen Milben und der um sie zu Hause gemütlich zu bear- Zahlen nicht aufwändig mitdenken
im Volk vorhandenen Gesamtzahl leben- beiten, sollte das Gemüll mit einem oder laut mitsprechen, sondern nur
der Milben besteht ein Zusammenhang. weißen DIN-A3-Blatt belegen und mit dem Daumen klicken.
eine saubere Windel als Fixierung
Der Umrechnungsfaktor ist variabel: oben auflegen (funktioniert nur mit So durchgeführt…
je höher der aktuelle Brutstand oder stapelbaren Windeln mit Rand). ● bildet der tägliche natürliche Mil-
der Befallsgrad, desto kürzer leben Sonst finden sich Milben überall, nur benfall verlässlich den Gesamtmil-
die Milben. Desto niedriger also der nicht mehr auf den Unterlagen. Evtl. benbefall ab und zeigt an, wann die
Umrechnungsfaktor kann man auch ein Foto machen. Schadschwellen überschritten sind
Ich kenne keine Varroazähl-App, die (Abb.6),
Tipps für die erfolgreiche simpel zu bedienen ist und zuverläs- ● kann der Behandlungserfolg direkt
Gemülldiagnose sig zählt. erfasst werden,
● Einfacher Gitterboden ohne Quer- ● Zählen Sie in Bahnen. So überse- ● ist das Milbenzählen bienenfreund-
streben, Kläppchen oder anderen hen Sie niemanden und tun sich lich, da kein Eingriff ins Volk, kein
Firlefanz; Edelstahlgitter 3 mm leichter. Unterteilen Sie dazu die Ge- Rauch, keine Räuberei, keine Gefähr-
Maschenweite samtfläche der Windel mit weichem dung der Königin und
● Windel weiß aus Plastik mit Rand, Bleistift oder Folienmarker ● imkerfreundlich, da keine Stichge-
fahr, schnell und einfach zu jeder
Tageszeit und Witterung wiederhol-
bar.
Wer Milben zählt, erlebt keine
bösen Überraschungen
Von Januar eines jeden Jahres bis
Ende Juli interessiert mich der Var-
roabefall meiner Völker gar nicht. Denn
in diesem Zeitraum kann die Milben-
zahl gar nicht problematisch sein.
Schließlich erfuhren die Völker eine
korrekte winterliche Restentmilbung
im Dezember, sowie von April bis
Juli gewissenhaften Drohnenschnitt
in Wirtschafts-, bzw. eine Oxalsäure-
Spühbehandlung der Jungvölker in ihrer
brutfreien Phase.
Jetzt jedoch, im Spätsommer und
Herbst, besonders im August und
September, achte ich darauf, dass der
Varroabefall die Schadschwellen nicht
übersteigt. Falls doch, greife ich volks-
individuell ein und prüfe – beim Ein-
Abb.6 – Die Gemülldiagnose ermöglicht einfach und sicher die volksindivi- satz von Ameisensäure unverzichtbar –
duelle Bewertung von Behandlungsnotwendigkeit, Gesamtmilbenbefall, und auch immer den Behandlungserfolg
Behandlungseffizienz. (Abb.6).
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