WIR LANDTAGSWAHL 2019 - Die Grünen
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MAC H E N WIR Z U KU N F RO T GRAMM P WAHL WAHL 2019 LANDTAGS
INHALT WAHLPROGRAMM VORWORT 4 1 RAUS AUS DER KLIMAKRISE 5 1.1. DAS GRÜNE KLIMARETTUNGSPAKET FÜR DIE STEIERMARK 7 1.2. DIE STEIERMARK VOM KLIMA-NACHZÜGLER WIEDER ZUM SPITZENREITER MACHEN 10 2 INTAKTE UMWELT: DIE ÖKOLOGISCHEN GRENZEN RESPEKTIEREN 12 2.1. ARTENVIELFALT ERHALTEN – NATUR SCHÜTZEN 14 2.2. KREISLAUFWIRTSCHAFT FÖRDERN UND ABFALLPOLITIK GESTALTEN 15 2.3. NACHHALTIGES BAUEN UND ZUKUNFTSFÄHIGE RAUMORDNUNG 16 2.4. UMWELTRECHT DURCHSETZEN 16 3 FÜR EINE BIOLOGISCHE LANDWIRTSCHAFT, GESUNDE LEBENSMITTEL UND TIERSCHUTZ 18 3.1. STRUKTURWANDEL RICHTUNG NACHHALTIGER BIO-LANDWIRTSCHAFT 20 3.2. FÜR MEHR TIERWOHL UND TIERSCHUTZ 22 4 BILDUNGSGERECHTIGKEIT SCHAFFEN, ZUKUNFTSCHANCEN ERHÖHEN 24 4.1. VON KLEIN AUF: DER ERFOLGREICHE START INS BILDUNGSLEBEN 25 4.2. SCHULE: KEIN KIND ZURÜCKLASSEN 26 4.3. HOCHSCHULEN FÜR DIE ZUKUNFT 27 5 JUNGE MENSCHEN GESTALTEN DIE GEGENWART UND UNSER ALLER ZUKUNFT 29 5.1. JUGENDPOLITIK: DIE WEICHEN RICHTUNG ZUKUNFT STELLEN 30 6 NACHHALTIG WIRTSCHAFTEN: ERFOLGREICH INNERHALB DER ÖKOLOGISCHEN GRENZEN 32 6.1. WIRTSCHAFTEN JENSEITS DES WACHSTUMSZWANGS 33 6.2. UMSTEUERN: STEUERGERECHTIGKEIT STATT STEUERPRIVILEGIEN 35 6.3. FAIRER HANDEL: NACHHALTIG UND SOZIAL 35 6.4. NACHHALTIGE FINANZEN UND BUDGETS 36 6.5. GRÜNE INDUSTRIEPOLITIK 36 6.6. NACHHALTIGER TOURISMUS 37 7 DIE ZUKUNFT DER ARBEIT 38 7.1. GREEN JOBS – ARBEIT MIT ZUKUNFT 39 7.2. VON ARBEIT LEBEN KÖNNEN 40 7.3. ARBEITSZEIT: FAIR UND ZUKUNFTSGERECHT 40 7.4. ARBEITNEHMER/INNEN/RECHTE UND MITBESTIMMUNG 40 8 INNOVATION, FORSCHUNG, DIGITALISIERUNG: VERÄNDERUNG GESTALTEN 42 8.1. DIE CHANCEN DER DIGITALISIERUNG NUTZEN 43 8.2. INNOVATION, FORSCHUNG UND TECHNOLOGIEPOLITIK 44 9 MENSCHENRECHTE: ZUSAMMENHALTEN STATT GESELLSCHAFT SPALTEN 45 9.1. ARBEITSMIGRATION GESTALTEN 46 9.2. IN INTEGRATION INVESTIEREN 46 9.3. GLEICHE RECHTE FÜR LGBTIQ 47 9.4. INKLUSION – BARRIEREFREI LEBEN 48 2
10 EIN LEISTBARES LEBEN FÜR ALLE SCHAFFEN – ARMUT VERHINDERN 50 10.1. KINDERARMUT VERHINDERN 51 10.2. EIN LEISTBARES LEBEN FÜR ALLE SCHAFFEN – SOZIALE SICHERHEIT GEWÄHRLEISTEN 52 10.3. GUTES UND BEZAHLBARES WOHNEN FÜR ALLE 53 11 GESUNDHEIT UND PFLEGE DÜRFEN KEIN PRIVILEG SEIN 54 11.1. SOLIDARISCHE UND VORAUSSCHAUENDE GESUNDHEITSVERSORGUNG 55 11.2. PFLEGE: MOBIL VOR STATIONÄR UND ANGEHÖRIGE STÄRKEN 57 12 FRAUENPOLITIK: GLEICHSTELLUNG ENDLICH DURCHSETZEN 59 13 FÜR EINE FREIE, VIELFÄLTIGE UND OFFENE MEDIEN-, NETZ- UND KULTURLANDSCHAFT 62 14.1. NETZPOLITIK: FREIHEIT UND SICHERHEIT IM NETZ 63 14.2. NEUE IMPULSE IN DER KUNST- UND KULTURPOLITIK 64 3
VORWORT LIEBE STEIRERIN, LIEBER STEIRER, w7ir alle spüren die Klimakrise mittlerweile am eigenen Leib. Wir merken, dass etwas schief läuft in unserer Steiermark. Die Hitzetage werden immer mehr, Unwetter zerstören unsere Ernten, Murenabgänge und Überschwemmungen häufen sich. Die Steiermark ist das grüne Herz Österreichs. Doch wir laufen Gefahr, das alles zu verlieren. Täglich wird unsere Natur zu- betoniert und die grüne Lunge zerstört. Immer weniger Bienen finden sich auf unseren Wiesen, das Artensterben nimmt bedrohliche Ausmaße an. Die Luft wird verpestet mit giftigen und klimaschädlichen Abgasen. Ist das die Welt, die wir den nächsten Generationen hinterlassen wollen? Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Das wissen die vielen jungen Menschen, die mahnend auf die Straße gehen. Sie fordern ihr Recht auf einen gesunden Planeten und auf eine lebenswerte Zukunft ein. Wir Grüne haben bei der letzten Wahl den klaren Auftrag bekommen, Österreich zum Klimaschutzland zu machen und uns für eine bessere Zukunft einzusetzen. Und genau das wollen wir auch für die Steiermark: eine mutige und zuversichtliche Umwelt- und Klimapolitik. Es geht jetzt um alles – Klimakrise oder lebenswerte Zukunft. Nutzen wir die vielen Chancen, die in der Klimarettung stecken: sichere Arbeitsplätze, saubere Energie, günstige und gute Öffis, intakte Natur, gesundes Essen sowie ein friedliches und gerechtes Miteinander. DAFÜR SETZEN WIR GRÜNE UNS MIT GANZER KRAFT EIN. DAFÜR ZÄHLT JEDE EINZELNE STIMME. DENN NUR GEMEINSAM MACHEN WIR ZUKUNFT. SANDRA KRAUTWASCHL 4
1 RAUS AUS DER KLIMAKRISE HERAUSFORDERUNG Die Klimaveränderung ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Gelingt es uns nicht, die Klimakrise erfolgreich zu bekämpfen, haben wir als PolitikerInnen und als Gesellschaft versagt. Die jungen Menschen und alle kommenden Gene- rationen werden uns daran messen, ob wir diese Herausforderung bewältigt und damit ihre Zukunft gesichert haben. Im Zentrum unserer Politik steht daher: Raus aus der Klimakrise und hinein in eine nachhaltige Zukunft. Denn dieser Weg ist eine Chance für alle. Die Klimakrise ist auch in Österreich und in der Steiermark angekommen: Hitzewellen, Unwetterkatastrophen, Dürren und Ernteausfälle sind nur die unmittelbaren Folgen und erst der Anfang einer dramatischen Entwicklung. Der Juni 2019 war der heißeste Juni, der in Österreich je gemessen wurde; das Monatsmittel lag dabei um 4,7 °C über einem durch- schnittlichen Juni. In den letzten beiden Jahren gab es in Österreich etwa doppelt so viele Hitzetote wie Verkehrstote zu beklagen. Der Klimaschutz wird zur Überlebensfrage. Zu Recht fordern immer mehr Menschen wirkungsvolle Maßnah- men, denn die politische Verantwortung kann nicht an Einzelne ausgelagert werden. Österreich ist seit Jahren Nachzügler beim Thema Klimaschutz: Die aktuellen Treibhausgasemissionen liegen nach wie vor über dem Niveau des Jahres 1990, anstatt deutlich gesunken zu sein. Besonders wenig hat sich bisher in Österreich im Problemsektor Nr. 1, dem Verkehr, getan: Hier sind die Emissionen seit 1990 um fast 75 Prozent gestiegen. Alle Einsparungen durch eine verbesserte Effizienz der Fahrzeuge wurden zunichte- gemacht: Durch den Mehrverbrauch immer größerer PKW, den Anstieg des LKW-Verkehrs sowie durch insgesamt mehr gefahrene Kilometer. Daher müssen wir das System vom Kopf auf die Füße stellen – Österreich braucht eine von Grund auf neue Verkehrspolitik, die das Verkehrssystem umweltfreundlicher und nachhaltiger gestaltet. Die kommenden Jahre werden entscheiden, ob in Österreich und in der Steiermark eine Trendwende beim Klimaschutz erreicht und damit das Pariser Klimaabkommen eingehalten werden kann. Europa hat eine enorme Verantwortung bei der Reduktion der Treibhausgase – rund ein Viertel der bisherigen welt- weiten CO2-Emissionen stammt aus den 28 EU-Staaten. Die Grünen sind als einzige politische Partei konsequent und europaweit geschlossen auf Klimaschutzkurs und stehen seit vielen Jahren auf europäischer Ebene, in Österreich und in der Steiermark für ambitionierte Klimapolitik. In den kommenden Jahren wird dies wichtiger sein denn je. 5
KLIMANEUTRALITÄT – EIN KLARES ZIEL, EIN KLARER HANDLUNGSAUFTRAG Klimaneutralität ist für uns Grüne ein zentraler Auftrag für aktives politisches Handeln. Er bedeutet: Keine zusätzlichen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre blasen! Das Ziel ist ein Gleichgewicht zwischen dem Ausstoß von Treibhausgasen und der Bindung von Treibhausgasen etwa durch CO2-Senken (z.B. Wälder, die CO2 binden), damit wir Menschen den Treibhauseffekt nicht noch weiter verstärken. Unbedingte Voraussetzung dafür ist der Ausstieg aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas. Immer mehr Länder verankern Klimaneutralität in ihren Gesetzen. Doch wichtig ist nicht nur das Ziel, sondern auch eine rasche Reduktion der Treibhausgasemissionen, Daher braucht es zur Erreichung der Pariser Klimaziele, zu welchen sich auch Österreich verpflichtet hat, ein fixes CO2-Budget, das die noch zur Verfügung stehenden Emissionen festlegt und Kurskorrekturen ermöglicht, um die globale Temperaturerhöhung möglichst unter 2 °C zu halten. Denn bereits ein halbes Grad globaler Temperaturerhöhung würde einen enormen Unterschied in Bezug auf mögliche Folgen bedeuten. Österreich stößt jährlich rund 80 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent aus. Somit haben wir anteilig an den weltweiten Emissionen nur noch rund 800-1.000 Millionen Tonnen zur Verfügung. Würden wir weitermachen wie bisher, müssten wir bereits in ca. 10 Jahren bei null angekommen sein. Wir müssen also dringend handeln. Im Sinne von Gesellschaft und Wirtschaft wollen wir einen entschlossenen, geplanten Übergang mit einem klaren Pfad und entsprechenden Maßnahmen. UNSERE VISION Die Geschichte zeigt: Die Energieversorgung war stets im Wandel. Jetzt geht es darum, sich rasch von fossilen Energie- trägern der Vergangenheit und der ökologisch wie ökonomisch untragbaren Nuklearenergie zu lösen. Als Alternative müssen wir dem schon begonnenen Zeitalter der erneuerbaren Energie zum Durchbruch verhelfen. „Raus aus Kohle, Erdöl und Gas!“ wird zum Leitmotiv einer Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Quellen und eines geringeren Energieverbrauchs. Wir wollen daher eine sozial gerechte Wirtschaft – die Wirtschaft der Zukunft, die vollständig auf sauberer, erneuerbarer Energie beruht. Die Energiegewinnung aus Sonne, Windkraft, Biomasse, Geothermie und natur- verträglicher Wasserkraft wird ausgebaut – daneben ist ein zentraler Baustein unserer Strategie, den Energieverbrauch insgesamt konsequent zu verringern. Wichtige Voraussetzungen, um europaweit aus der Atomkraft und der Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas aussteigen zu können, sind Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie in ein intelligentes Energieversorgungssystem, zukunftsfähige Stromnetze, innovative Speichertechnologien und die Integrati- on von Strom, Wärme und Mobilität. Die Energieeversorgung soll dezentralisiert und demokratisiert werden. Klimaschutz ist nur in Verbindung mit Klimagerechtigkeit und Mitgestaltung möglich. Für uns steht im Vordergrund, möglichst viele Menschen einbinden zu können und jegliche Klimapolitik unter dem Blickwinkel der sozialen Gerechtig- keit zu betrachten. In jenen Bereichen, in denen die Menschen von fossilen Energien besonders abhängig sind, müssen wir den Übergang durch Investitionen und Abfederungsmaßnahmen unterstützen. Es ist die Verantwortung von Politik und Gesellschaft, die Betroffenen damit nicht alleine zu lassen. Nicht die fossilen Großkonzerne und autoritäre Staaten sollen profitieren, sondern die Menschen. Unser Klimaplan ist eine große Chance für Österreich und für die Steiermark. Anstatt weiter energie- und damit außen- politisch von russischen Konzernen und Öl-Scheichs abhängig zu sein und Geld in neuen, milliardenschweren Öl- und Gaspipelines zu investieren, können wir einen eigenständigen Entwicklungsweg gehen. Dieser Weg ermöglicht ein gutes Leben für alle Menschen und sichert unsere wirtschaftliche Basis. Energieeffizientes Bauen ermöglicht leistbares Woh- nen, selbst wenn Energiepreise steigen. Ein echter Energieeffizienzmarkt bietet auch der Wirtschaft neue erfolgreiche Dienstleistungen und Chancen. Gleichzeitig sinkt so der fossile Energieverbrauch und wir erreichen unsere klimapoliti- schen Ziele. Diese Chancen gilt es jetzt zu nutzen! Der Auto- und Flugverkehr ist für zahlreiche Umweltprobleme verantwortlich. Wir wollen, dass Menschen nicht auf das Auto angewiesen sind. Sie sollen durch entsprechende Infrastruktur für umweltfreundliche Verkehrsmittel, moderne Angebote, saubere Technologien, intelligente Planung und Fairness in der Tarif- und Steuergestaltung echte Wahlfreiheit erhalten. 6
Wir wollen ein Verkehrssystem, das den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird und unser aller Lebensquali- tät steigert. Ein System, welchem Kostenwahrheit zugrunde liegt und das so die Umwelt entlastet und die notwendigen Mittel für Investitionen in Alternativen aufbringen kann. Dabei tun sich Riesenchancen auf, wenn es gelingt, eine nachhal- tige Verkehrsinfrastruktur zu schaffen: für jene Menschen, die nicht mehr vom teuren Auto abhängig sein wollen, für die Gesundheit, die Wirtschaft sowie für die Arbeitsplätze der Zukunft. Ein besseres öffentliches Verkehrsnetz und weniger Autoverkehr werden Staus, Luft- und Umweltverschmutzung verringern, geteilte Mobilitätsformen unser Leben positiv verändern. Alle noch erforderlichen Fahrzeuge sollen zu emissionsfreien Verkehrsmitteln werden. Die Elektromobilität wird dabei ein wichtiger Baustein sein, aber eine Dekarbonisierung (Umstellung auf eine Wirtschaftsweise in Richtung eines niedrigen Umsatzes von Kohlenstoff) allein reicht nicht: Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Mobilität. UNSER ZUKUNFTSPLAN 1.1. DAS GRÜNE KLIMARETTUNGSPAKET FÜR DIE STEIERMARK Wir Grüne wollen, dass die Steiermark das Klimaschutzland Nr. 1 wird. Dafür reduzieren wir bis 2030 die klimaschädli- chen Emissionen, wofür ein verbindlicher Reduktionsplan mit messbaren Zielen, klaren Zuständigkeiten, Zeitplänen und entsprechender Finanzierung sorgen soll. Jedes Gesetz und jede Verordnung werden einem Klimacheck unterzogen. Wir beenden die Abhängigkeit von Öl und Gas und sorgen dafür, dass die Steiermark zu 100 Prozent mit Erneuerbarer Energie versorgt und der öffentliche Verkehr massiv ausgebaut wird. Die Menschen können sich mit gesunden und fair produzierten Lebensmitteln versorgen und können sich sicher sein, dass hohe Tierschutzstandards eingehalten werden. Wie wissenschaftlich schon längst bewiesen ist, wirken sich Klimaschutzmaßnahmen auch positiv auf die Wirtschaft aus: Zehntausende neue Arbeitsplätze („Green Jobs“) können dadurch entstehen. Konkret fordern wir dazu die rasche Umsetzung von 41 Maßnahmen: UMWELTFREUNDLICHE MOBILITÄT FÜR ALLE Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und zur Luftreinhaltung. Ein leistbarer öffentlicher Verkehr bedeutet Lebensqualität und muss unabhängig von finanziellen Möglichkeiten zugänglich sein. Somit ist es eine soziale sowie umweltpolitische Frage, ein leistbares und gut ausgebautes öffentliches Verkehrs- netz zu gewährleisten. Ohne deutliche Anreize im öffentlichen Verkehr werden die klimapolitischen Ziele unerreich- bar bleiben. Der Verkehr ist in Österreich der zweitgrößte Verursacher der schlechten Klimabilanz. Die Emissionen im Verkehrssektor haben seit 1990 um 74 Prozent zugenommen und stehen den Klimaschutzzielen in besonders hohem Ausmaß entgegen. Die Grünen wollen das 365-Euro-Ticket für die Steiermark, nach dem Vorbild der Bundesländer Wien und Vorarlberg einführen. Gute Angebote verändern das Mobilitätsverhalten. In Graz wurde mit Anfang des Jahres 2015 das 228-Eu- ro-Jahresticket eingeführt. Die Zahl der verkauften Jahreskarten hat sich dadurch nahezu vervierfacht: von 12.285 im Jahr 2014 auf 41.500 im Jahr 2018. Die Einführung des günstigen Jahrestickets in Graz im Jahr 2015 führt vor Augen, dass ein ansprechendes steiermarkweit geltendes Jahresticket fehlt. Die kleinteilige Zonierung der gesamten Steiermark mit hohen Preisen in Randlagen wird von der Bevölkerung überwiegend als ungerecht empfunden. Aber auch für Pend- lerInnen aus dem Bezirk Graz-Umgebung wird die Regelung als negativ wahrgenommen: Weder können sie mangels Hauptwohnsitzes in Graz mit der günstigen Grazer Jahreskarte unterwegs sein, noch gibt es ein kostengünstiges Ange- bot für ihre Pendelstrecke. Derzeit zahlen Personen, die nach Graz pendeln und in zwei Verbundzonen unterwegs sind, für eine Jahreskarte 658,- Euro. Für die Strecke Weiz – Graz kostet eine Jahreskarte gar 1.038 Euro, für Deutschlands- berg - Graz ganze 1.228 Euro. Wir wollen: ÒÒ eine umfassende Ausbauoffensive für den öffentlichen Verkehr mit einer Mobilitätsgarantie für Gemeinden ab 250 EinwohnerInnen ÒÒ eine massive Erhöhung des Landesbudgets für den öffentlichen Verkehr ÒÒ Wiederinbetriebnahme und Modernisierung der Steirischen Regionalbahnen ÒÒ die Einführung eines 365-Euro-Tickets für den gesamten öffentlichen Verkehr in der Steiermark ÒÒ eine Ausbauoffensive für Radverkehr und Fußwege ÒÒ eine Verdreifachung des Radverkehrsbudgets ÒÒ Vorbild Öffentliche Hand: Jobticket für MitarbeiterInnen und Umstellung der Dienstwagen auf E-Fahrzeuge KLIMASCHUTZ DURCH SPARSAMEN UND EFFIZIENTEN EINSATZ VON ENERGIE Die Maßnahmen zu Energieeffizienz und -einsparung sind ein wichtiger und notwendiger Beitrag, um die Klimaerwär- mung auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. 7
Fakt ist, dass es bisher nicht gelungen ist, den Energieverbrauch zu senken. Das hat auch zur Folge hat, dass es zwar einen Anstieg an Erneuerbaren Energien gegeben hat, laut aktuellem Energiebericht des Landes Steiermark der Anteil an der Energiebilanz aufgrund des steigenden Energieverbrauchs sogar gesunken ist. Wirksamer Klimaschutz setzt im Gebäudebereich an: hier kann man sowohl Energie als auch Emissionen einsparen. Ge- bäude spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer CO2-armen Zukunft. Heizung, Warmwasser, Beleuch- tung und Kühlung gehören zu den großen Verbrauchern fossiler Energien. Derzeit ist ein Rückgang der Sanierungstä- tigkeiten zu verzeichnen. Daher sind dazu weitere Anstrengungen und ein abgestimmtes Konglomerat an Maßnahmen erforderlich. Ein rascher Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe bei einer gleichzeitig deutlichen Verbesserung der Gebäudeeffizienz in Richtung CO2-neutraler Gebäude sind auf den Weg zu bringen. Wir wollen: ÒÒ Erhöhung der Sanierungsrate auf vier Prozent (Forderung bereits im Klimaschutzplan 2010 des Landes Steiermark enthalten) ÒÒ 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien bis 2030 ÒÒ Umstellungen von Heizungssystemen auf erneuerbare Energie, Raus aus Öl und Gas ÒÒ Wohnbauförderung verstärkt auf Klimaschutz, Energieeffizienz und Energieberatung ausrichten ÒÒ Heizungsumstellungsoffensive, soziale Staffelung ÒÒ Vorbild Öffentliche Hand: klimaneutrale Landesverwaltung KLIMASCHUTZ DURCH RAUMPLANUNG UND BODENSCHUTZ Raumplanungsinstrumente spielen im Klimaschutz eine sehr wichtige Rolle. Eine Vermeidung weiterer Zersiedelung und Bodenversiegelung muss endlich umgesetzt werden. Ökologisch bedeutsame Freiräume wie unzerschnittene naturnahe Räume und Korridore müssen erhalten bzw. revitalisiert werden. In den Plänen und Konzepten des Landes Steiermark zum Klimaschutz wird die wichtige Rolle der Raumordnung als Querschnittsmaterie betont und eine Reihe von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel vorgeschlagen. Unter anderem wird darin die verstärkte Sicherung von ökologisch bedeutsamen Freiflächen und die Minimierung weiterer Lebensraumzerschneidungen sowie die Vermeidung weiterer Bodenversiegelung genannt. In der Realität passiert genau das Gegenteil: Weiterhin werden Einkaufszentren an der Peripherie gebaut, welche die traditionellen Ortskerne zerstören. Nach wie vor werden öffentliche Gelder ineffizient in Bauprojekte investiert, welche die Landschaft und damit auch die Grundlagen für Tourismus und Lebensqualität künftiger Generationen zerstören. Eine koordinierte Baukulturpolitik gibt es trotz eindeutiger Erkenntnisse aus der Baukulturenquete im Landtag nicht. Die notwendigen Kompetenzen sind auf unzählige Akteure zersplittert. Das Ergebnis sind ausgestorbene Ortszentren und zubetonierte Landschaften mit enormen ökologischen Folgewirkungen und einer Explosion der Infrastrukturkosten. Es muss uns gelingen, den negativen Trend der galoppierenden Bodenversiegelung umzudrehen, denn anderwei- tig ist der Hochwasserschutz ebenso gefährdet (gesunde Böden sind die besten Wasserspeicher) wie das Ziel einer weitgehenden Ernährungssouveränität im Bereich der Landwirtschaft. Wir brauchen beim Bodenschutz und damit einhergehend auch bei der Raumplanung dringend eine Gesamtstrategie sowie verbindlich messbare Zielsetzungen mit konkreten Umsetzungszeitplänen. Wir wollen: ÒÒ Schluss mit dem Einkaufszentren-Wildwuchs, diese werden am Ortsrand und auf der grünen Wiese nicht mehr genehmigt ÒÒ Neuwidmungen bremsen und den Grünraum schützen (In der Steiermark gibt es seit Jahren einen enormen Bau- landüberhang) ÒÒ Brachflächen in Wert setzen (durch Nachnutzung oder Entsiegelung) ÒÒ Vorbehaltsflächen für den sozialen Wohnbau festlegen ÒÒ Der Natur den Raum zurückgeben (Renaturierungsprojekte, Hochwasserschutz, Flüsse, mehr Naturschutzflächen) KLIMASCHUTZ DURCH KREISLAUFWIRTSCHAFT Die natürlichen Ressourcen unseres Planeten sind begrenzt und daher unvergleichbar wertvoll. Und dennoch leben wir in einer Wegwerfgesellschaft. Wir gehen mit den Ressourcen so sorglos um, als seien sie unerschöpflich. Jährlich landen allein in der EU fast drei Milliarden Tonnen hochwertiger Stoffe auf Müllhalden und in Verbrennungsanlagen - Tendenz steigend. Daher sind Abfallvermeidung und die „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ die obersten Gebote: Produkte mit einer möglichst langen Lebensdauer einfach zu reparieren oder wiederzuverwenden ist der größte Beitrag zur Ressourcenschonung. Recycling ist ein wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft. Dabei wird versucht, Rohstoffe so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten („cradle to cradle“). 8
Es gilt also einerseits das Wertstoffpotential der Altstoffe zu nutzen, andererseits aber auch Gegenstände, die noch funktionsfähig oder reparierbar sind, beispielsweise über Re-Use-Shops den Menschen weiter zur Verfügung zu stellen. Damit werden einerseits Arbeitsplätze, aber auch günstige Einkaufsmöglichkeiten für Menschen mit geringem Einkom- men geschaffen. Auch in der Steiermark zeigen die jährlichen Abfallbilanzen, dass zwar durch die getrennte Sammlung das Restmüll- aufkommen reduziert werden konnte, die Gesamtmengen jährlich jedoch nach wie vor zunehmen. Derzeit wirft jeder Mensch in der Steiermark pro Jahr ca. 450 Kilo Abfall in die Mülltonne, davon auch viele Lebensmittel. Hier muss es über verschiedene Maßnahmen gelingen, diese Mengen deutlich zu reduzieren. Allerdings muss eine Entwicklung im Sinne einer echten Kreislaufwirtschaft weit über den Bereich der Abfallwirtschaft hinausgehen, denn Abfallvermeidung, aber auch Weiter- und Wiederverwendung von Produkten haben mit anderen Bereichen wie etwa reparaturfreundlichem Produktdesign bis hin zu wiederverwendungsfreundlichen Beschaffungsrichtlinien oder Förderung von Re-Use- und Repair-Betrieben zu tun. Wir fordern daher: ÒÒ Pfandsystem für alle Getränkeverpackungen inkl. Ausbau von Mehrwegsystemen ÒÒ Maßnahmen zur Verringerung von Lebensmittelabfällen ÒÒ Kreislaufwirtschaft fördern, Ressourcenverbrauch mindern (u.a. durch eine CO2-Bepreisung im Rahmen einer ökosozialen Steuerreform, Leasing-Modelle) ÒÒ Förderung der Sozialwirtschaft ( Förderung von Re-Use und Repair) ÒÒ In jedem Abfallwirtschaftszentrum eine Re-Use-Annahmemöglichkeiten, ein Re-Use-Shop oder ein Repair-Café mitberücksichtigen ÒÒ Österreichweite Reparaturförderung forcieren und die Mehrwertsteuer auf Reparaturen senken ÒÒ Vorbild öffentliche Hand: alle Veranstaltungen verpflichtend nach den „Gscheit-Feiern“-Kriterien ausrichten KLIMAFREUNDLICHE ERNÄHRUNGSWENDE – OHNE TIERLEID UND OHNE GIFT Die Landwirtschaft ist ein zentraler Hebel für Umweltschutz und Gesundheit. Sie ist die Grundlage für unsere Lebens- mittelversorgung, trägt aber durch Fehlentwicklungen in den letzten Jahrzehnten zum Verlust der Artenvielfalt, dem Anstieg von Treibhausgasen und zur Belastung von Böden und Gewässern durch Schadstoffe und Arzneimittel aus der Massentierhaltung bei. Es ist nicht egal, von wem, wie und unter welchen Bedingungen unsere Lebensmittel erzeugt werden. Vor allem ist die Landwirtschaft auch die wirtschaftliche Grundlage für unsere Bäuerinnen und Bauern. Diese haben ein Recht auf ein angemessenes Einkommen – genauso, wie die KonsumentInnen ein Recht auf qualitätsvolle, gesunde Lebensmittel haben. Wir wollen endlich raus aus den tierquälerischen Praktiken der Massentierhaltung. „Aus artgerechter Haltung“ darf keine Besonderheit der Bioproduktion mehr darstellen, sondern muss Standard und Voraussetzung für jede Tierhaltung in Österreich sein. Wir wollen: ÒÒ Mehr Geld für Bio-Landwirtschaft (Umschichtung der Agrarförderungen) ÒÒ 100 Prozent Bio-Produkte in Kindergärten und Schulen ÒÒ Reduzierung der Pestizide auf das absolut geringste nötigste Maß ÒÒ Förderung von Bio-Kennzeichnung in Gastronomiebetrieben und von Kennzeichnungen der Herkunft tierischer Produkte ÒÒ Steigerung der Bodenfruchtbarkeit – CO2-Bindung durch Humusaufbau ÒÒ Agrarförderungen an hohe Tierwohlstandards binden ÒÒ Verstärkte Kontrollen von Tiertransporten und Schlachthöfen ÒÒ Vorbild öffentliche Hand: Landeseigene Einrichtungen, 50 Prozent Bioanteil bis 2030 und Einhaltung von Tierwohl- standards ARTENVIELFALT ERHALTEN – NATUR SCHÜTZEN Die Klimakrise steht im Mittelpunkt der Umweltpolitik, sie ist jedoch nicht die einzige Umweltfrage, die unser Leben auf dem Planeten bedroht. Sie ist Teil einer ökologischen Krise, die sich unter anderem auch im Massensterben von Tier- und Pflanzenarten, der Flächenversiegelung, der Luft- und Wasserverschmutzung und der Zerstörung von Naturräumen äußert. In den letzten Jahren verdichten sich die Hinweise auf ein weltweites Artensterben. Auch die Steiermark ist von einem anhaltenden Verlust bestimmter Tier- und Pflanzenarten betroffen. Laut Naturschutzbund gibt es in Österreich ca. 65.000 Pflanzen- und Tierarten, wovon 30.000 gefährdet sind. Diese Entwicklung ist alarmierend. Besonders deutlich ist der Rückgang von Insekten- und Vogelarten in der Agrarlandschaft. 9
Es gibt immer weniger Nahrungsquellen für Insekten – u.a. durch veränderte Landschaften, jahrelangen Einsatz von Pes- tiziden und Düngemitteln, Monokulturen, Klimaveränderung und fortschreitende Bodenversiegelung. Die Ursachen für das Sterben von Bienen, Wildbienen, Schmetterlingen und vielen anderen Insekten sind vielfältig. Insekten sind wieder- um die Nahrungsgrundlage vieler Vögel. Mit den Insekten und den Lebensräumen in und um landwirtschaftlich genutzte Flächen verschwinden auch viele Vögel (aktuellstes Beispiel ist die Blauracke in der Oststeiermark). Wir wollen: ÒÒ Schrittweise Verringerung des Pestizideinsatzes ÒÒ Aktionsprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt ÒÒ Verstärkte Bildungsarbeit zur Artenvielfalt ÒÒ Schutz der Gewässer: In der Steiermark befinden sich nur 34 Prozent aller Fließgewässer in gutem ökologischen Zustand. ÒÒ Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu Artenvielfalt, insektenfreundlichen Privatgärten und zur Schaffung insekten- freundlicher Schulgärten ÒÒ Schaffung eines Biotopverbundes (Artenvielfalt braucht vernetzte Naturräume) ÒÒ Deutliche Erhöhung des Naturschutzbudgets ÒÒ Vorbild öffentliche Hand: Auf öffentlichen Grünflächen ist für Artenreichtum zu sorgen. 1.2. DIE STEIERMARK VOM KLIMA-NACHZÜGLER WIEDER ZUM SPITZENREITER MACHEN KLARE KLIMAZIELE UND EIN ECHTER PLAN: DIE STEIERMARK KLIMANEUTRAL MACHEN Die Steiermark braucht Klarheit, um beim Klimaschutz wieder den Ton angeben und dazu beitragen zu können, dass Europa beim Klimaschutz eine globale Führungsrolle übernimmt und das Pariser Abkommen aus dem Jahr 2015 in die Tat umgesetzt wird. Ziel ist es, Klimaneutralität europaweit bis spätestens 2050 und in Österreich und der Steiermark bereits bis 2040 zu erreichen, um federführend das Solarzeitalter einzuläuten. Damit werden „Netto-Null“ Treibhausga- semissionen erreicht. Bis 2030 sind die Treibhausgase in der Steiermark um 50 Prozent (auf Basis 1990) zu verringern. Ein verbindlicher Re- duktionsplan mit klaren Zuständigkeiten, Zeitplänen und entsprechend untermauerten Ressourcen sorgt dafür, dass das CO2-Budget bis 2050 nicht überstiegen wird. UMSTEUERN: KLIMAVERTRÄGLICHE UND SOZIAL GERECHTE STEUERUMSCHICHTUNG Klimaschonendes Verhalten muss sich lohnen – für Unternehmen und für jede/n Einzelne/n. Das Steuer- und Abgaben- system wird bei der grünen ökosozialen Steuerreform schrittweise so umgebaut, dass Arbeit weniger, Schadstoffe und Ressourcenverschwendung stärker besteuert werden. Als Teil eines umfassenden Gesamtkonzeptes schafft die Einfüh- rung eines ansteigenden CO2-Mindestpreises Fairness und berücksichtigt die Kosten von Umweltschäden mit. Diese Reform ist aufkommensneutral: Einnahmen werden für die Entlastung des Faktors Arbeit für Unternehmen sowie für einen Öko-Bonus verwendet, der allen BürgerInnen direkt zugutekommt. Beim Umsteuerungsvolumen von 8 Milliarden Euro wird dieser Bonus bei jährlich rund 500 Euro pro Person liegen. Idealerweise muss ein funktionierendes CO2-Preissystem auf internationaler Ebene eingeführt werden, doch sind wir nun an einem Punkt angelangt, an welchem es gilt, keine Zeit mehr zu verlieren. Österreich muss zu den voranschreitenden Ländern wie Schweden, Dänemark und der Schweiz aufschließen und im na- tionalen Rahmen aktiv werden. Um den Re-Import von CO2-Emissionen durch Einfuhren aus anderen Staaten zu vermei- den, sollen beispielsweise Mindestzölle für CO2-intensive Produkte an den EU-Außengrenzen etabliert werden. Zudem brauchen wir hohe Produktstandards und Transparenz, die auch über eine entsprechende Handelspolitik international vorangetrieben werden. KLIMASCHUTZ BRAUCHT EINEN GESETZLICHEN RAHMEN, KLARE VERANTWORTLICHKEITEN UND EINBINDUNG Der Weg zur Klimaneutralität ist ein politisches Projekt, das über Jahrzehnte laufen wird und daher entsprechend gut gesetzlich und strukturell zu verankern ist. Die Treibhausgas-Reduktionsziele, der Pfad zur Zielerreichung im Sinne eines „CO2-Budgets“ sowie die Maßnahmen sind in einen klaren gesetzlichen Rahmen zu gießen und müssen verbindlich sein. Klimaschutz ist Querschnittsmaterie und betrifft alle Lebensbereiche. Eine sektorübergreifende Verankerung sowie eine klare kompetenzrechtliche Zuordnung zwischen den Gebietskörper- schaften schaffen wichtige strukturelle Voraussetzungen in klimapolitischen Entscheidungsprozessen. Bund, Länder und Gemeinden haben koordiniert und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Zivilgesellschaft und Wissenschaft müs- sen in Entscheidungsfindungsprozesse eingebunden und dies muss auch entsprechend verankert werden. Der jährliche Klimabericht dient als laufende Evaluierung des Fotschritts in Bezug auf das Erreichen der Klimaziele und wird breit mit Forschung und Zivilgesellschaft diskutiert. 10
KLIMACHECK FÜR ALLE GESETZLICHEN VORHABEN UND INVESTITIONEN Um die Entscheidungsfindung auf eine solide Basis zu stellen, müssen jedes neue Gesetz, jede neue Verordnung, jede staatliche Investition und auch jedes neue Infrastrukturvorhaben verpflichtend einer nachvollziehbaren Klimafolgenab- schätzung unterzogen werden. Klimaschutz muss bei jeder Weichenstellung dieser Republik zentrales Entscheidungskri- terium sein! DIE ÖFFENTLICHE HAND KÖNNTE ZEIGEN, WIE‘S GEHT! Die öffentliche Hand hat eine Führungsrolle beim Klimaschutz in Österreich und in der Steiermark zu übernehmen – sei es im eigenen Gebäudebestand, bei Unternehmen in öffentlichem Eigentum oder mit Einfluss der öffentlichen Hand in der öffentlichen Beschaffung oder bei der Mobilität. Ob mit Dekarbonisierungsstrategien für Unternehmen in öffent- licher Hand, durch Umstellung der Fuhrparks oder mit der regionalen, biologischen und gesunden Verpflegung von Schulen oder Krankenhäusern: Wir wollen, dass sich die öffentliche Hand ihrer Klima-Vorbildwirkung bewusst wird und diese konsequent wahrnimmt. ANPASSUNGSMASSNAHMEN: DIE KLIMAVERÄNDERUNG HAT SCHON BEGONNEN Die Klimaveränderung hinterlässt bereits deutliche Spuren. Schon jetzt sind zahlreiche Anpassungsmaßnahmen not- wendig. Der Gesundheitsbereich kann hier genauso angeführt werden wie Land- und Forstwirtschaft oder Kühlungs- maßnahmen im Stadtgebiet. Im Jahr 2018 waren in Österreich 766 Hitzetote zu beklagen, die wirtschaftlichen Schäden betrugen allein in der heimischen Landwirtschaft 230 Millionen Euro, der Borkenkäfer verwüstet weiterhin ganze Wälder. Zu den dringend benötigten Anpassungsmaßnahmen zählen etwa die Schaffung von Grünflächen im Stadtgebiet zur Abkühlung der Luft, gesundheitsfördernde Präventivmaßnahmen sowie ein ökologischer Boden- und Hochwasser- schutz: Ein bundesweites Investitionsprogramm gibt den Flüssen wieder mehr Raum und hilft, Katastrophen zu vermei- den. In der Landwirtschaft erhält Bodenschutz Priorität, denn humusreiche Böden speichern schließlich auch deutlich mehr Wasser und tragen dazu bei, Dürreausfälle zu minimieren. KONSEQUENTER EINSATZ FÜR DEN AUSSTIEG AUS DER ATOMKRAFT Atomkraft ist in den letzten Jahrzehnten von der rasanten Entwicklung der erneuerbaren Energien an den Rand gedrängt worden. Der Neubau von Atomkraftwerken ist zu teuer und nicht wettbewerbsfähig. Nur mit staatlichen För- derungen jener Länder, die unter großem politischen Einfluss der Atomindustrie stehen, können Atomkraftwerke als teu- erste Energieerzeugung durchgesetzt werden. Unter Anbetracht der gesamten Abbaukette – von der Urangewinnung bis zur ungelösten dauerhaften Endlagerung des hochradioaktiven Mülls – ist Atomkraft keineswegs CO2-arm. Daher ist Atomkraft auch keine Alternative im Kampf gegen die Klimakrise und sollte auch international keinesfalls als nachhaltige Energieform für Investitionen klassifiziert werden. Wir kämpfen gegen alle Formen der Förderungen von Atomkraft auf EU-Ebene und setzen uns konsequent mit rechtlichen und politischen Mitteln gegen die Errichtung bzw. Laufzeitver- längerung von Atomkraftwerken (Stichwort Krsko) ein, ebenso wie gegen die Errichtung grenznaher Atommüll-Lager. Die Auflösung des EURATOM-Vertrags zur Förderung der Atomenergie ist ein weiteres Ziel. Atomkraft ist eine Hoch- risikotechnologie, die nie vollkommen beherrschbar sein wird. Deswegen fordern wir die sofortige Abschaltung aller Höchstrisiko-Reaktoren in Europa und einen konsequenten europaweiten und globalen Atomausstieg. Ein entschlosse- ner Ausbau und faire Rahmenbedingungen für erneuerbare Energieträger gelten hierzulande als die effektivsten Mittel gegen Atomkraft, denn dadurch können Atomstromimporte nach Österreich verhindert werden. 11
2 INTAKTE UMWELT: DIE ÖKOLOGISCHEN GRENZEN RESPEKTIEREN HERAUSFORDERUNG Die Klimakrise steht im Mittelpunkt der Umweltpolitik, sie ist jedoch nicht die einzige Umweltfrage, die unser Leben auf dem Planeten bedroht. Sie ist Teil einer ökologischen Krise, die sich unter anderem auch im Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten, der Flächenversiegelung, der Luft- und Wasserverschmutzung und der Zerstörung von Naturräumen äußert. Aber: Gute Luft, sauberes Trinkwasser, Artenvielfalt und Klimaschutz sind Grundlagen für ein gutes Leben. Österreich und die Steiermark genießen das Privileg einer vielfältigen und wunderschönen Natur.Unser Land ist reich an trinkbarem Wasser, Flüssen und Seen. Aber auch unsere heimische Umwelt ist bedroht: Über 60 Prozent der heimi- schen Fließgewässer befinden sich in keinem guten ökologischen Zustand. Entsprechende EU-Vorgaben zum Schutz der Flüsse wurden bisher nicht umgesetzt. Saubere, lebendige und intakte Flusslandschaften sind nicht nur aus ökologischer Sicht unverzichtbar, sondern auch Voraussetzung für einen vorsorgenden Hochwasserschutz. Schlechte Luftqualität ist (mit-)verantwortlich für zahlreiche Erkrankungen. Schadstoffe wie Stickstoffdioxid, Ozon oder Feinstaub sind gesundheitsschädlich und führen zu Atemwegserkrankungen, Lungenschäden, Herz-Kreislauf-Er- krankungen. Bis heute ist Graz Österreichs Feinstaub-Hauptstadt. Die Hauptverursacher der Luftverschmutzung sind insbesondere der Verkehr, die Industrie, veraltete Heizungen sowie die Landwirtschaft. Lärm ist im Zusammenhang da- mit ein Umweltproblem, das Menschen im Alltag am meisten belästigt und stört: Verkehrslärm, vor allem Straßen- und Fluglärm, wird als besonders belastend empfunden. Unsere heutige Wirtschaft basiert darauf, der Natur Ressourcen zu entziehen, übermäßig neue Produkte herzustellen, diese kurzzeitig zu nutzen und anschließend wieder zu entsorgen. Dieses lineare Modell muss durch eine Kreislaufwirt- schaft ersetzt werden, die einen höheren Wert schafft und weniger Ressourcen verbraucht. Das gilt auch für den Um- gang mit Abfällen: Wenn wir jetzt nicht umsteuern, wird es im Jahr 2050 mehr Plastik als Fische im Meer geben. Immer mehr Tiere verenden bereits jetzt qualvoll aufgrund des Vermüllens ihres Lebensraumes durch Plastik – etwa, weil sie mit vollen Mägen verhungern, weil deren Inhalt zum Großteil aus Plastikteilen besteht. Inzwischen findet sich Mikroplas- tik aber nicht nur im Meer, sondern längst auch in der Antarktis und im Gletschereis. Sowohl im städtischen Raum als auch am Land bestimmen Siedlungsstrukturen wesentlich die Rahmenbedingungen für Wohnen, Arbeit und Wirtschaft, aber auch den Umgang mit Ressourcen. Die hierzulande viele Jahre fehlgeleite- te Raumordnungspolitik hat zersiedelte Strukturen inklusive hoher Flächenversiegelung geschaffen, deren externe Kosten zumeist von der Allgemeinheit getragen werden. Einkaufszentren am Stadtrand und Einfamilienhaussiedlungen im Speckgürtel, samt der dafür gebauten Verkehrsflächen, tragen das Ihre zum Flächenfraß bei. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre wurden in Österreich jeden Tag rund 30 Fußballfelder (20 Hektar) verbaut. Wir sind damit im europäischen Vergleich der größte Zubetonierer von Landflächen. Der fortschreitende Bodenverbrauch hat wirtschaft- lich als auch ökologisch negative Folgen. Denn auch die Artenvielfalt schwindet dadurch, der Mensch gefährdet damit seine Lebensgrundlagen. Immer mehr Insekten sterben, der Bestand an Wildbienen, Schmetterlingen und Vögeln geht immer stärker zurück – weltweit, aber auch bei uns in Österreich. Der Einsatz von Pestiziden, das Ausräumen der Landschaften und damit der Verlust an Fut- terbereichen, ebenso wie die zunehmende Bodenversiegelung tragen massiv dazu bei. Unter Türkis-Blau gab es gleich mehrere Angriffe auf wichtige Umweltrechte, um Konzerninteressen gegen betroffene Menschen und Naturschutzbedenken besser durchsetzen zu können. Mit dem beschlossenen Standortentwicklungsge- setz können Großprojekte, wie Schnellstraßen oder Mülldeponien, automatisch nach 12 Monaten genehmigt werden. Mit der UVP-Novelle wollte die türkis-blaue Regierung UmweltschützerInnen einschüchtern und mit einem Staatsziel Wirt- schaftswachstum das bestehende Staatsziel Umweltschutz aushebeln. Auch wenn diese Angriffe teilweise abgewehrt werden konnten, so kam es in wichtigen Bereichen zu deutlichen Verschlechterungen. 12
ZWILLINGSKRISEN KLIMA & ARTENSTERBEN – ES BRAUCHT MEHR GRÜN UND MEHR VIELFALT Der kürzlich erschienene Bericht des Weltbiodiversitätsrats macht deutlich: Unser ökologisches Sicherheitsnetz wird löchrig. Die Erde steuert auf einen ökologischen Kollaps zu, wenn wir nichts gegen das Artensterben unternehmen. Die Situation ist höchst kritisch: Eine Million Arten sind in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht, wenn wir keine grundlegenden Veränderungen in der Landnutzung, im Hinblick auf den Umweltschutz und die Eindämmung der Klimakrise einleiten. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir Menschen als Verursacher*innen des sechsten Massensterbens in die Geschichte eingehen. Klimaveränderung und Artensterben hängen eng zusammen, begünstigen und beschleunigen einander: Höhere Temperaturen treiben das Artensterben voran, da viele Tiere und Pflanzen nur in einem bestimmten Temperaturbereich überleben können. So ist bereits rund die Hälfte aller Korallenriffe verschwunden, die heimischen Bienenpopulationen sind gefährdet und der Verlust von immer mehr Bestäuberinsekten bedroht unsere Nahrungsproduktion. Gleichzeitig bedeutet der Verlust von ökologischer Vielfalt ein System, das seine Stabilität verliert. Durch das Artensterben verschlimmert sich die Klimakrise noch weiter. Klimaschutz bedeutet also gleichsam auch Schutz unserer Lebensgrundlagen. Darum müssen wir aufhören, Wald ohne nachhaltige Bewirtschaftung abzuholzen, die Weltmeere zu überfischen und unseren Müll überall abzuladen. Wir brauchen geschützte Naturräume, Grünflächen und Schutz der Wildnis. Grüne Politik kann dafür auf politischer Ebene den Rahmen setzen und beispielsweise den Flächenfraß stoppen. Aber auch auf lokaler Ebene oder im eigenen Garten kann jede und jeder etwas beitragen, wenn z.B. Bäume, Hecken, Sträucher und Wiesen ihren Platz behalten und mehr Wildnis auch im eigenen Grün gefördert wird. UNSERE VISION Jeder verantwortungsbewusste Mensch will seinen Kindern bzw. nachfolgenden Generationen eine lebenswerte, bes- sere Welt hinterlassen. Dafür ist ein Kurswechsel notwendig, insbesondere in der Art, wie wir wirtschaften. Eine intakte Umwelt und Natur sind keine Luxusgüter, sondern unsere Lebensgrundlage. Durch ambitionierte Umweltpolitik sichern wir Lebensqualität und ermöglichen damit Gesundheit, gute Ernährung sowie Wohlstand und schützen unsere Natur vor zerstörerischen Eingriffen. Um unsere wertvolle Natur zu erhalten, wollen wir die Schutzgebiete deutlich ausbauen. Wir wollen sicherstellen, dass sie wichtige Ökosysteme abdecken und garantieren, dass dieser Schutz auch tatsächlich wirksam ist. Der Schutz von Wasser, Boden und Luftqualität wird zur Priorität. Anstatt ständig mehr Ressourcen zu verbrauchen, müssen wir intelli- genter produzieren und konsumieren. Produkte sollen länger funktionstüchtig und deren Reparatur erleichtert werden, indem sie entsprechend hergestellt werden und die Dauer der Garantien verlängert wird. Unser Ziel ist eine Welt, die nicht im Plastikmüll untergeht, sondern eine Welt mit sauberen Meeren, einem reichhaltigen Fischbestand und einer intakten Natur. Wir wollen den Systemwechsel hin zu einer Kreislaufwirtschaft schaffen. Umweltschutz muss grund- sätzlich jenen hohen Stellenwert erhalten, den sich die SteirerInnen erwarten. Dazu gehört eine deutliche Reduktion der Treibhausgase und gefährlicher Schadstoffe wie Feinstaub, ein Umlenken von der Wegwerfgesellschaft zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft sowie der Schutz unserer Natur und damit einhergehend der Erhalt der Artenvielfalt ebenso wie die Weiterentwicklung von Umweltrechten. 13
UNSER ZUKUNFTSPLAN 2.1. ARTENVIELFALT ERHALTEN – NATUR SCHÜTZEN AKTIONSPLAN FÜR MEHR ARTENVIELFALT UND NATURSCHUTZ Der Schutz der Artenvielfalt braucht höhere Priorität, ein umfassender Aktionsplan soll dafür Strategien und konkrete Maßnahmen ausarbeiten, wie etwa die Schaffung eines Biotop-Verbundes und die Sicherung und den weiteren Ausbau des Natura-2000-Netzwerks. Österreich muss seine entsprechenden internationalen Verpflichtungen engagierter um- zusetzen. Dafür müssen beispielsweise naturnahe und besonders wertvolle Lebensräume erhalten oder neu geschaffen werden, insbesondere in landwirtschaftlich genützten Gebieten. Vor allem die Landnutzung muss auf allen Ebenen nachhaltiger werden – Flächenversiegelung muss eingedämmt, die Ausbringung von Umweltgiften wie Pestiziden schrittweise reduziert und die Artenvielfalt im Grünland gefördert werden. Das bedeutet: Düngemitteleinsatz wird nur gewährt, wo unbedingt notwendig, und auch dann lediglich in Mengen, welche die Pflanzen auch aufnehmen können. Ein bundesweit einheitliches Monitoring von Lebensräumen und Arten, die umfassende Finanzierung von Forschung im angewandten Naturschutz sowie verstärkte Bildungsarbeit betreffend der Artenvielfalt sind weitere wichtige Ziele. INSEKTENSCHUTZ: ERHÖHUNG DES ANTEILS AN NATURSCHUTZFLÄCHEN UND MEHR NATUR IN SIEDLUNGSRÄUMEN Wir wollen den gezielten Ankauf von Flächen, die aus Naturschutzperspektive als besonders wertvoll und schützenswert erachtet werden – als Überlebensinseln für die Vielfalt, wenn deren Erhalt durch die EigentümerInnen nicht gewährleis- tet werden kann. Zudem müssen wir naturnahe Gewässer und ihre Auen als Lebensraum von unter anderem Insekten erhalten und wiederherstellen. Aber auch der Siedlungsraum hat großes Potenzial zur Förderung der bestäubenden Insektenwelt: Strukturreiche Privatgärten und Parks mit heimischen Wildblumen und Kräutern aber auch Gewerbe- und Industriebrachen sind attraktive Lebensräume für Insekten. Die Ausbringung von Pestiziden für nicht-berufliche AnwenderInnen soll daher nicht mehr möglich sein. Der Pestizidverzicht auf öffentlichen Flächen und die Reduktion von Lichtverschmutzung durch insektenfreundliche Leuchtmittel sind weitere wichtige Schritte. Die öffentliche Hand kann auch hierbei eine Vorbildfunktion übernehmen und gezielt Unterstützung bieten, damit Privatgärten und Balkone zu Hotspots der Vielfalt werden. UNSERE FLÜSSE WIEDERBELEBEN UND IN GUTEN ZUSTAND BRINGEN Durch gezielte finanzielle Förderungen sollen Ufer und Auen naturnäher gestaltet, Fischaufstiegshilfen errichtet und Flüsse nach Möglichkeit wieder in ihren ursprünglichen Zustand gebracht werden. Derartige Förderungen wurden im Jahr 2015 eingestellt, obwohl Österreich durch die Wasser-Rahmenrichtlinie (WRRL) der EU verpflichtet ist, für den guten Gewässerzustand zu sorgen. Strategische Planungen sind wichtig, um langfristig festzulegen, wo in Zukunft noch Kraftwerke gebaut werden können bzw. welche Flüsse geschützt werden müssen. Ausgewählte natürliche und naturna- he Flüsse und Bäche müssen bundesweit unter Schutz gestellt werden. Dies hilft, letzte Naturparadiese für die Zukunft zu sichern. Wir kämpfen weiterhin für die Rettung der Schwarzen Sulm und gegen andere Projekte, die Naturjuwele zu zerstören drohen, wie etwa die Errichtung einer elf Meter hohen Staumauer in der Kleinen Raabklamm. UNSER WASSER SCHÜTZEN – GEGEN VERSCHMUTZUNG UND AUSVERKAUF Wasser ist unser Lebensmittel Nummer Eins. Bei uns ist das Grundwasser die mit Abstand wichtigste Quelle für die Trinkwassergewinnung. Dem Schutz der Wasserökosysteme und -kreisläufe soll somit höchste Priorität gelten. Insbe- sondere Schadstoffeinträge wie Nitrate und Pestizide aus der Landwirtschaft sowie Verunreinigungen durch Industrie und Verkehr sind zu verhindern. Wir stellen uns Bestrebungen entgegen, die öffentliche Wasserversorgung zum Inves- titionsobjekt für internationale Unternehmen zu machen und setzen allen Privatisierungsinitiativen ein STOPP-Schild entgegen. Außerdem wollen wir den Antibiotikaeinsatz, die Gülleüberproduktion und den Einsatz gefährlicher Pestizide in der Landwirtschaft weiter reduzieren. AKTIVER BODENSCHUTZ STATT FLÄCHENVERSIEGELUNG Der Boden erfüllt wichtige Funktionen für Natur und Mensch. Er dient Millionen Mikroorganismen als Lebensraum und bildet die Grundlage unserer Nahrungsproduktion und unseres Rohstoffbedarfs. Zudem ist ein gesunder Boden ein wichtiger CO2-, Nährstoff- und Wasser-Speicher bzw. -Filter. Er trägt damit entscheidend zur Reinhaltung des Grund- und Trinkwassers, zum Schutz vor Hochwasser und zur Stabilisierung des Klimas bei. Aktiver Bodenschutz gewährleistet die Lebensmittelsicherheit, ist ein wichtiger Beitrag zur Artenvielfalt, ermöglicht eine biologische Landwirtschaft und mindert die Folgen der Klimakrise. Wichtigstes Ziel ist daher die Reduktion der Flächenversiegelung durch Maßnahmen im Verkehrs- und Raumordnungsbereich, aber auch durch neue Anreize, um Ortskerne wiederzubeleben oder bereits bebaute Brachflächen zu nutzen. Auch die aktive Flächenentsiegelung und der Wiederaufbau von Humus als Lebens- raum und Kohlenstoffspeicher sind notwendige Maßnahmen. 14
2.2. KREISLAUFWIRTSCHAFT FÖRDERN UND ABFALLPOLITIK GESTALTEN FÖRDERUNG VON MEHRWEGVERPACKUNGEN Wurden Mitte der 1990er-Jahre noch fast alle Mineralwasserflaschen sowie mehr als die Hälfte aller Limonaden in Mehr- weg-Pfandflaschen verkauft, so sind die Mehrweganteile seither immer weiter gesunken – mit dramatischen Folgen für die Umwelt durch achtlos weggeworfene Flaschen und einen steigenden Ressourcenverbrauch. Insbesondere bei Ge- tränkeverpackungen muss der Mehrweganteil daher in Kombination mit der Einführung eines flächendeckenden Pfand- systems rasch erhöht werden. Auch für die Erfüllung der EU-Recyclingquoten wird dies notwendig sein. Die Einführung einer gesetzlich geschützten Mindestmehrwegquote, steuerliche Begünstigungen für Mehrwegverpackungen sowie eine verpflichtende Kennzeichnung von Mehrwegflaschen sind wirksame Maßnahmen. MASSNAHMEN ZUR VERRINGERUNG VON LEBENSMITTELABFÄLLEN Ziel ist die Halbierung der Menge weggeworfener Lebensmittelabfälle bis 2025 durch Bewusstseinsbildung und konkre- te politische Maßnahmen. Österreich braucht verbindliche Maßnahmenpakete und Reduktionsziele für alle betroffenen Akteur*innen entlang der gesamten Wertschöpfungskette („vom Feld bis zum Teller“) sowie eine Evaluierung bestehen- der Gesetze und Fördersysteme. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, den Lebensmitteleinzelhandel sowie die Lebensmittel verarbeitende Industrie nach französischem Vorbild gesetzlich zu verpflichten, unverkaufte Lebensmittel an karitative Einrichtungen weiterzugeben. RESSOURCENEFFIZIENZ UND KREISLAUFWIRTSCHAFT FÖRDERN – GEPLANTE OBSOLESZENZ BEKÄMPFEN Ressourceneffizienz, die mehrfache Nutzung von Produkten und zirkuläre Stoffströme sind wesentliche Elemente einer künftigen nachhaltigen Entwicklung. Als Voraussetzung dafür gilt es, bestehende Methoden und Werkzeuge wie öko- nomisch-ökologische Bewertungen des Gesamtlebenszyklus in der wirtschaftlichen Praxis umzusetzen. So können wir gemeinsame Standards für ein ressourcenschonendes Produktdesign auf EU-Ebene schaffen. Ziel ist es unter anderem, die Reparaturfähigkeit und Langlebigkeit von Produkten durch verpflichtende Vorgaben im Rahmen der EU-Ökode- sign-Richtlinie zu stärken und Transparenz über bedenkliche Stoffe in Produkten und Abfallströmen zu schaffen. Indem der Gesamtverbrauch von Rohstoffen in der Wirtschaft mit messbaren Zielen überprüft wird, soll sichergestellt werden, dass die Maßnahmen zur Kreislaufwirtschaft auch tatsächlich zu einer Verringerung des Gesamtverbrauchs an Res- sourcen beitragen. In Österreich wollen wir die Rahmenbedingungen für unabhängige Reparaturbetriebe stärken, etwa durch steuerliche Entlastung bei der Reparatur sowie beim Verkauf reparierter Produkte oder einen leichteren Zugang zu Ersatzteilen, Software und Servicedokumentation. AKTIONSPLAN GEGEN MIKROPLASTIK Jede Minute landet eine LKW-Ladung Plastik in den Weltmeeren. Dieses wird dort natürlich nicht biologisch abgebaut, sondern in immer kleinere Teile zersetzt. Mikroplastik gelangt aber durchwegs auch zum Teil direkt über das Abwasser in die Flüsse und somit in die Ozeane. Entweder weil es Bestandteil von Wasch- und Pflegeprodukten ist, oder (und vor allem) weil es aus Polyesterkleidung ausgewaschen wird. Ziel ist es, hier bestehende Wissenslücken zu schließen und wirksame Maßnahmen gegen die Mikroplastikverschmutzung durch gezielte Forschung und Entwicklung zu setzen: ÒÒ Ausstattung von Waschmaschinen und Trocknern mit Mikrofiltern sowie gezielte Förderung von Innovationen in diesem Bereich ÒÒ Geförderte Nachrüstung von Kläranlagen sowie Reportingverpflichtungen für KläranlagenbetreiberInnen ÒÒ Gesetzliche Grenzwerte für Industrieanlagen für die Einleitung von Mikroplastik in Kanäle und Flüsse ÒÒ Bundesweites Verbot für das Aufbringen von (mikroplastikhältigem) Klärschlämmen KUNSTSTOFFVERPACKUNGEN: MINDESTPREIS FÜR PLASTIKSACKERL & CO Wir wollen eine gesetzliche Verankerung des von der letzten Bundesregierung ausgerufenen Ziels, Plastikverpackungen um 25 Prozent zu reduzieren. Es gilt auch, den Ressourcenaufwand für nicht vermeidbare Verpackungen zu minimieren und ihre Kreislaufführung zu forcieren. Wo immer dies möglich und ökologisch vorteilhaft ist, muss die Mehrfachnut- zung und das werkstoffliche Recycling von Kunststoffverpackungen durch geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen, wie Pfandsysteme, gefördert werden. Ein gesetzlicher Mindestpreis für alle Wegwerf-Tragetaschen soll den Umstieg auf nicht minder ressourcenintensive Einweg-Produkte aus anderen Materialien verhindern. Wenn alle 380 Millionen Taschen für Obst, die in Österreich pro Jahr verwendet werden, lediglich mit Wegwerf-Angeboten aus anderen Materialien er- setzt werden, wird dies keine Veränderung bewirken. Wiederverwendung ist hier das einzig wirksame Mittel. 15
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