Wettbewerb - Der Treiber für die Gigabit-Gesellschaft - VATM-Jahrbuch 2017 Telekommunikation und Mehrwertdienste in Deutschland - KONZEPTUM
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VATM-Jahrbuch 2017 Telekommunikation und Mehrwertdienste in Deutschland Wettbewerb – Der Treiber für die Gigabit-Gesellschaft Mit freundlicher Unterstützung von
2 VATM-Themen 2017 schnellste Netz für Generalsekretär der CDU Dr. Peter Tauber MdB Wir wollen das Deutschland. Gigabitfähige Infrastrukturen sind nur über einen Technologie- mix zu erreichen, der technologie- und anbieterneutral ist. Dr. Katarina Barley, MdB, Generalsekretärin der SPD Würden die Investitionen … so lange in die Zukunft verschoben, bis die Nachfrage und Zahlungsbereitschaft in ausreichendem Umfang vorhanden sind, würde bis zur Bereitstellung der Anschlüsse das Kostbarste aufs Spiel gesetzt, was es im Zeitalter der Digitalisierung gibt, nämlich Zeit. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur Die Digitalisierung eines Unternehmens ist eine zutiefst DIENSTE Nicola Beer, Generalsekretärin FDP Technologiegetriebene strategische Aufgabe. Digitalisierung muss interdiszipli- Germany“ ist das Ziel. när gedacht werden. Jürgen Hermann, Vorstandsvorsitzender der QSC AG Innovation „Made in Die Öffnung der Glasfasernetze schafft eine Win-Win-Situation und wird zum Enabler für die Gigabit- Gesellschaft. Valentina Daiber, Director Corporate Affairs der Telefónica Germany GmbH & Co. OHG Trotz neuer Wege wird die klassi- Zugangsregulierung auch in Zukunft hinreichendes Wettbewerbsniveau sche auf Marktmacht basierende nötig sein, um auf absehbare Zeit ein Die Digitalisierung bindet hidden cham- Dr. Christoph Clément, Mitglied der Geschäftsleitung Legal, Regulatory & Corporate Security der Vodafone GmbH pions an den größten Markt der Welt an. Andreas Scheuer, MdB, Generalsekretär der CSU 5G Deutschland muss das Ausbautem- po erhöhen, um nicht den Anschluss zu gewährleisten. zu verlieren. Uwe Nickl, Geschäftsführer Deutsche Glasfaser Holding GmbH Aus volkswirtschaftlicher Sicht struktur-unabhängige Wettbe- GLASFASER unbedingt erforderlich: infra- werb stärken und schützen. Rickman von Platen, Geschäftsführer Nur ein Fünftel der mittelständischen Unter- nehmen in Deutschland hat mit der digitalen mobilcom-debitel GmbH Vernetzung von Produkten und Dienstleistun- gen begonnen. Süleyman Karaman, Geschäftsführer Colt Technology Services GmbH
3 Wichtige Kennzahlen der Wettbewerbsunternehmen 2015 2016 Veränderung Umsätze 31,0 Mrd. € 32,0 Mrd. € + 04,87 % Investitionen 4,2 Mrd. € 4,2 Mrd. € 0,00 % Anzahl DSL-Anschlüsse (ohne Reseller) 10,5 Mio. 11,1 Mio. + 05,71 % Mit FTTB/H versorgbare Haushalte 2.100.000 2.690.000 + 28,10 % • Anschlüsse nachfragender Haushalte 510.000 791.000 + 55,10 % • Anteil der nachfragenden Haushalte 24,3 % 29,4 % + 20,99 % Anteil der Wettbewerber an mit FTTB/H 87,6 % 89,4 % + 01,80 % versorgten Haushalten Anteil der Telekom an mit FTTB/H 12,4 % 10,6 % – 01,80 % versorgten Haushalten Gesamtvolumen Breitband-Internet-Verkehr (Festnetz) 11,5 Mrd. GB 13,9 Mrd. GB + 20,87 % Gesamtvolumen Datenverkehr (Mobilfunk) 510 Mio. GB 774 Mio. GB + 51,76 % Nutzung geographischer Rufnummern 2,2 Mio. Min./Tag 2,4 Mio. Min./Tag + 09,10 % von Telekom-Wettbewerbern Anteil dieser geographischen 44,1 % 48,0 % + 08,84 % Rufnummern an Servicerufnummern gesamt Inhalt Vorwort, Martin Witt, Präsident des VATM, Vorstandsvorsitzender 1&1 Telecommunication SE . ............................................ 6 Ausblick, Jürgen Grützner, Geschäftsführer VATM .................................................................................................................................... 8 Politische Weichenstellung 2017: Zukunft der Gigabit-Gesellschaft Gastbeitrag Dr. Peter Tauber, MdB, Generalsekretär der CDU...............................................................................................................12 Gastbeitrag Dr. Katarina Barley, MdB, Generalsekretärin der SPD.......................................................................................................13 Gastbeitrag Andreas Scheuer, MdB, Generalsekretär der CSU...............................................................................................................14 Gastbeitrag Nicola Beer, Generalsekretärin der FDP.................................................................................................................................15 Statement Solveig Orlowski, Leiterin des VATM-Büros Berlin............................................................................................................... 16 Im Gespräch Interview „Gigabit-Gesellschaft: Möglichkeiten und Herausforderungen“, Prof. Dr. Thomas Fetzer, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Regulierungsrecht, Steuerrecht der Universität Mannheim und Martin Witt, Präsident des VATM, Vorstandsvorsitzender 1&1 Telecommunication SE ................................................................18 Interview „Die Zeit ist reif für Kooperationen“, Johannes Pruchnow, Vorstandsbeauftragter für Breitbandkooperation bei der Telekom, und David Zimmer, Vizepräsident des VATM, persönlich haftender Gesellschafter inexio Informationstechnologie und Telekommunikation KGaA..................................................................................................................... 22 European Electronic Communications Code: Europas Weg in die digitale Zukunft Gastbeitrag Constanze Krehl, MdEP, telekommunikationspolitische Sprecherin der SPD im Europäischen Parlament..............................................................................................................................................................26 Gastbeitrag Dr. Iris Henseler-Unger, Geschäftsführerin WIK GmbH und WIK-Consult GmbH.................................................28 Bericht aus Brüssel Carolin Proft, Leiterin des VATM-Büros Brüssel.....................................................................................................30 Statement Dr. Christoph Clément, Mitglied der Geschäftsleitung Legal, Regulatory & Corporate Security Vodafone GmbH...................................................................................................................................31 Entwicklung auf dem US-amerikanischen Markt Statement Dr. Axel Spies, Rechtsanwalt Morgan, Lewis & Bockius, Washington DC, VATM-„Washington-Office“ ........32
4 Regulierung für Gigabit-Strukturen Gastbeitrag Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.......................................................................................................34 Statement Dr. Frederic Ufer, Leiter Recht und Regulierung des VATM................................................................................................36 Digitale Weichenstellung für Mittelstand, Industrie und Gesellschaft Gastbeitrag Christian Klose, Chief Digital Officer (CDO) AOK Nordost.............................................................................................38 Gastbeitrag Dr. Peter Pascher, Leiter Fachbereich Betriebswirtschaft und Ländlicher Raum, Deutscher Bauernverband . ...........................................................................................................................................39 Gastbeitrag Dr. Klaus Schartel, Leiter des Bereichs Mergers und Acquisitions / Kooperationen in der Rechtsabteilung Daimler AG..................................................................................................................................40 Statement Jürgen Hermann, Vorstandsvorsitzender QSC AG................................................................................................................41 Wegweiser Gigabit-Netze -> Gigabit-Infrastrukturen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Politik Statement Uwe Nickl, Geschäftsführer Deutsche Glasfaser Holding GmbH..................................................................................42 Statement Thorsten Scholz, Projektleiter Netzausbau DNS:NET Internet Service GmbH, und Andreas Kluge, Verbandsgeschäftsführer, Zweckverband Breitband Altmark...............................................................................44 -> Richtig investieren, zielgenau fördern, flächendeckend ausbauen Statement Thorsten Klein und David Zimmer, persönlich haftende Gesellschafter inexio KGaA................................................45 -> Stabile Regulierungsrahmen als Voraussetzung für Netzausbau und innovative Dienste Statement Norbert Westfal, Sprecher Geschäftsführung EWE TEL GmbH und EWE Vertrieb GmbH........................................46 -> Geschäftskundenmarkt treibt Glasfaserausbau Statement Dr. Jürgen Hernichel, Vorsitzender der Geschäftsführung 1&1 Versatel.......................................................................48 Statement Dr. Stefan Winghardt, Geschäftsführer Recht & Regulierung BT (Germany) GmbH & Co. oHG.......................49 Statement Süleyman Karaman, Geschäftsführer Colt Technology Services GmbH.....................................................................50 -> Intelligenter Netzausbau und digitaler Service Statement Sun Jie, Geschäftsführer ZTE Deutschland GmbH ..............................................................................................................51 -> Satellitentechnologie: Chancen nutzen Statement Udo Neukirchen, Geschäftsführer Skylogic Germany GmbH......................................................................................... 52 Hochleistungsfähige mobile Kommunikation wird Standard: Möglichkeiten des mobilen Datenverkehrs Statement Dr. Marc Schütze, Vorstand Drillisch Netz AG....................................................................................................................... 54 Statement Rickmann von Platen, Geschäftsführer mobilcom-debitel GmbH............................................................................... 55 Statement Valentina Daiber, Director Corporate Affairs Telefónica Germany GmbH & Co. OHG.............................................56 Dialog- und Servicedienste: innovationstreibend und verbraucherfreundlich Statement Christian Plätke, Geschäftsführer IN-telegence GmbH.....................................................................................................58 Statement Lars Heucke, Geschäftsführer nexnet GmbH.........................................................................................................................59 Statement Dirk Moysich, Geschäftsführer net services GmbH & Co. KG........................................................................................... 60
5 Symphony: Digitaler Marktplatz Gastbeitrag: Online-Plattform für IP-basierte IKT-Dienste.................................................................................................................... 61 Themen, die den Markt bewegen Statement Andreas Gaber, Gesellschafter und Geschäftsführer alladin-IT.....................................................................................62 Statement Hans Kühberger, CEO Ocilion IPTV Technologies GmbH...................................................................................................63 Statement Dr. Hubert Jäger, CTO Uniscon GmbH.....................................................................................................................................64 -> All-IP: Technologiewandel der Telekommunikationsnetze Statement Oliver Jansen, Direktor Marketing & Productmanagement ecotel communication ag......................................65 -> S/PRI: Mit der Glasfaserschnittstelle auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft Statement Alexander Kaczmarek, Geschäftsführer, und Jörg Wiesner, Sales & Business Development Manager KONZEPTUM GmbH............................................................................... 66 Statement Elmar Körner, Geschäftsführer XConnect GmbH................................................................................................................67 Datenschutz und -sicherheit für die digitale Gesellschaft Statement Roland Martinez, Geschäftsführer Cedros Gesellschaft für Datenverarbeitung mbH.............................................68 Statement Dr. Eric Heitzer, Partner der Anwalts- und Steuerberatungsgesellschaft DH&K..................................................... 69 Statement Guido Hermanowski, Mitglied der Geschäftsführung tekit Consult Bonn GmbH, und Jana Braun, Leiterin Fachbereich ISO 27001 TÜV Saarland....................................................................................................................70 Markt, Meinung und Entwicklung Statement Dr. Lutz Reingen, Head of Key Account Management coeo Inkasso GmbH . ........................................................... 72 Statement Dr. Karl Lichtblau, Geschäftsführer Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH.............................. 73 Statement Florian Pagenkemper, Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter bei KSP Kanzlei Dr. Seegers, Dr. Frankenheim Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ............................................................................. 74 Statement Lars Overdiek, Geschäftsführer meliorate GmbH ...............................................................................................................75 Statement Betissa Philuk, Head of HR & Legal Nash direct GmbH . ................................................................................................. 76 Statement Stephan Meintrup, Managing Partner SCI Service Communication International GmbH .................................77 Kommunikation Corinna Keim, Leiterin Kommunikation und Presse des VATM............................................................................................................. 78 Der VATM Der Verband stellt sich vor . ...............................................................................................................................................................................80 Das Präsidium des VATM ....................................................................................................................................................................................82 Das erweiterte Präsidium des VATM . ............................................................................................................................................................86 Geschäftsstelle und Ansprechpartner . ........................................................................................................................................................ 90 Die Mitgliedsunternehmen des VATM ..........................................................................................................................................................92
6 Vorwort Zukunft gestalten – den Weg für die Gigabit-Gesellschaft 2025 bereiten! Wir müssen uns endlich auf den Weg machen so auch den Wettbewerb. Und beides können – auf den Weg zum erfolgreichen Glasfaseraus- wir – ja, müssen wir – gewährleisten, wenn der Martin Witt bau und der dringend erforderlichen Schaffung Wandel zur Gigabit-Gesellschaft gelingen soll. Präsident des VATM und von Gigabit-Netzen bis 2025. Neben dem En- Vorstandsvorsitzender der gagement der Wirtschaft sind dafür dringend Investitionsanreize zu setzen, ohne den Wett- 1&1 Telecommunication SE verbindliche politische Weichenstellungen er- bewerb zu verlieren, muss unser gemeinsames forderlich. Ziel sein, auch wenn es etwas komplizierter sein wird als Regulierungsabbau und neue Monopo- Oberstes Ziel bei der Setzung von neuen Rah- le. Dafür wird es aber auch zum Erfolg führen. menbedingungen muss sein, dass wir neben Den richtigen Ausgleich zu finden, ist die Auf- der Investitionssicherheit für alle Marktteilneh- gabe, die sich gerade stellt. Derzeit beschäftigen mer weiterhin fairen Wettbewerb sicherstellen, wir uns daher intensiv mit dem europäischen damit die darauf fußende Anbietervielfalt die Rechtsrahmen für elektronische Kommunika- mannigfaltigen Anforderungen von Wirtschaft tion (EECC), den regulatorischen Rahmenbe- und Verbrauchern erfüllen kann. Den Ausbau dingungen für einen beschleunigten Glasfa- von Glasfasernetzen um den Preis von neuen serausbau und den politischen Ideen aus der Monopolen darf es nicht geben! Ziel von Li- „Zukunftsoffensive Gigabit-Deutschland“ und beralisierung und Regulierung waren nie nur dem „Weißbuch Digitale Plattformen“. Sie mar- billige Preise, sondern stets Innovation und kieren Diskussionsprozesse, an denen sich der bessere Dienste. Eine breite Palette von Anbie- VATM gewohnt konstruktiv mit Lösungswegen tern versorgt heute die deutsche Wirtschaft und einbringen wird. Haushalte mit leistungsfähigen, spezialisierten Produkten, die ein einzelner Marktführer allein Von diesen Herausforderungen und Chancen niemals anbieten kann und anbieten wird. zeugt das vorliegende Jahrbuch. In guter Tra- dition bietet es eine umfassende Bilanz und Regulierung schafft in einem Markt den es- einen Ausblick für Telekommunikation und sentiellen Wettbewerb, der aufgrund eines Dienste in Deutschland. Besondere inhaltli- Monopols oder einer Marktbeherrschung nicht che Schwerpunkte bilden in dieser Ausgabe existieren könnte. Regulierung ist keine Strafe, Gastbeiträge mit Blick auf die Bundestags- sondern ein Regulativ, ohne das Wettbewerb wahl und aus Brüssel zum EECC. Wie immer zugunsten der Verbraucher und Unternehmen soll und wird das Jahrbuch auch zum weiteren nicht existieren kann. Dieses zentrale Regula- Diskurs und konstruktiven Dialog anregen. tiv zu opfern, damit gerade das marktbeherr- schende Unternehmen davon ablässt, seine Ich wünsche Ihnen eine spannende und inter- veralteten Kupfernetze weiter zu nutzen und essante Lektüre. endlich in moderne echte Glasfaseranschlüsse Ihr zu investieren, stellt die Welt auf den Kopf und wird nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Es ist wichtig, sich stets zu vergegenwärtigen, dass Bürger und Wirtschaft natürlich eine leis- tungsfähige Infrastruktur brauchen, aber eben- Martin Witt
8 Ausblick Deutschland schnellstens auf Digitalisierungskurs bringen Bürger und Unternehmen werden echte Giga- 07.03.2017 im Rahmen der Netzallianz Digita- bitanschlüsse und neue Dienste gleicherma- les Deutschland). Jürgen Grützner ßen brauchen. Aber über den Weg dorthin wird Geschäftsführer des VATM trefflich gestritten. Natürlich ist es wichtig, Eine einfache Lösung für Deutschland oder gar 50 oder gar 100 Mbit/s relativ flächendeckend eine, die für ganz Europa passt, wird es nicht verfügbar zu machen, statt bei 16 Mbit/s oder so schnell geben. Und ohne eine saubere und vielfach noch weniger zu verharren. Aber vor allem ehrliche Faktenanalyse werden wir wie und vor allem wie schnell es dann nach uns in Deutschland weiterhin schwerer tun 100 Mbit/s weitergeht zum Gigabit-Olymp als andere EU-Länder oder weltweite Wirt- und wie stark sich dann Vectoring-Monopole schaftszentren. Glasfaserkilometer zu zählen als Hemmschuh erweisen werden, wird eher statt Glasfaseranschlüsse, soll unseren inter- wegdiskutiert. „Wir stehen gut da“, lautet ein nationalen Rückstand ebenso kaschieren wie häufiges Argument. die Bezeichnung von bloßen Kupfer-VDSL-An- schlüssen als Glasfaseranschlüsse – Letzteres Derweil bauen aber andere in Europa die besse- findet man in der Telekom-Bilanz. ren Netze – und werden die besseren Bandbrei- ten und Angebote an die Wirtschaft machen In Brüssel schaut man deshalb nicht mehr können. Sicherlich ist unbestritten, dass dort auf Deutschland, sondern auf Spanien, Portu- FTTB/H deutlich langsamer ausgerollt werden gal und Frankreich. Dort hat eine geschickte kann als in Deutschland FTTC, d.h. die Glasfa- Regulierung und die Öffnung der passiven ser wird nur bis zum Kabelverzweiger statt di- Infrastruktur Wettbewerb ermöglicht und rekt ins Haus verlegt. Aber nach einem kurzen gleichzeitig den Ex-Monopolisten zum Han- Zwischenhype wird sich die Wahrheit nicht deln und Ausbauen gezwungen. In Deutsch- verleugnen lassen: Der eigentlich notwendige land bieten die Wettbewerber der Telekom und zukunftsfähige per FTTB/H oder HFC FTTB/H Ausbau wird „Insgesamt stellen die Wettbewerber (TV-Breitbandkabel) sich in Deutschland 90 Prozent aller genutzten schon bei 70 Prozent immer weiter nach aller Anschlüsse weit hinten verschieben. FTTB/H-Anschlüsse.“ höhere Bandbreiten Dieser Glasfaserausbau braucht realistisch als VDSL/Vectoring an. Insgesamt stellen die gesehen zehn Jahre – aber jeder Tag, an dem Wettbewerber 90 Prozent aller genutzten wir nur ein Zwischenziel und kein klares Giga- FTTB/H-Anschlüsse. bitziel verfolgen, verlängert diesen Zeitraum. Unerklärlich, dass es trotz aller Mahnungen Nicht Regulierungsverzicht, sondern harter und zahlreicher Schreiben aus der Wirtschaft Wettbewerb bringt neue Glasfaseranschlüsse. nur gelingt, dass das Bundesministerium für Das neue quasi Vectoring-Monopol im HVT- Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ein Nahbereich zugunsten der Telekom dient al- „konvergentes Netz“ bis 2025 verspricht und lein der längstmöglichen Nutzung des für den eine „Infrastruktur für die Gigabit-Gesellschaft Ex-Monopolisten höchst lukrativen Kupferan- entsprechend den Bedürfnissen und Anwen- schlusses und wird den Glasfaserausbau so dungen der jeweiligen Nutzer“ („Zukunftsof- lange wie möglich verhindern. Kupfer ist und fensive Gigabit-Deutschland“ des BMVI vom bleibt – auch bei Regulierungsabbau – das Gold
Zum zweiten Mal hatte der VATM gemeinsam mit den Branchenverbänden ANGA, BREKO und BUGLAS 9 sowie dem FTTH Council Europe im September 2016 zu einem großen Breitbandsymposium nach Berlin geladen. Kritisch beleuchteten die führenden deutschen TK-Verbände die Breitbandpolitik in Deutschland und forderten eine Gesamtstrategie der Bundesregierung für die Gigabit-Gesellschaft. der Telekom. Wer Investoren, Wettbewerbsun- ternehmen, aber auch der Telekom helfen will, gemeinsame Gigabit-Ziele zu erreichen, der muss auf weit wirkungsvollere Anreizmecha- nismen setzen. Die konsequente Öffnung der Telekom-Infra- struktur statt Deregulierung, klare Ausschrei- bungsziele und Förderung von ausschließlich echten Gigabitanschlüssen, stärkere Planungs- Ein klares Plädoyer für gigabitfähige Netze für die digitale Zukunft und gegen Re-Monopolisierung veralteter Kupferkabel-Leitungen hielt FDP-Chef Christian Lindner in seiner Keynote auf dem VATM-Sommerfest 2016 in Berlin. „Wir brauchen Glasfaser überall, langfristig sogar bis zu jedem Bauernhof.“ Das war das klare Statement von René Obermann, Partner der Investmentgesellschaft Warburg Pincus und Ex-Telekom-Chef, beim VATM-Tele- Kompass im März 2017 in Berlin. Unter dem Titel „Wahl- Check – Der richtige Weg zu Gigabit-Netzen“ diskutier- ten mehr als 100 Gäste aus Politik und Verbänden. sicherheit für neue Investoren und bereits in FTTB/H investierende Unternehmen müssen im Fokus der Politik stehen ebenso wie das Verhindern von strategischem Überbau von besten FTTH-Netzen mit schlechterem VDSL/ Vectoring. Eigenwirtschaftlicher Ausbau darf nicht länger durch Förderung und Förderver- fahren ausgebremst werden. Neue Förderung muss da ansetzen, wo bislang keine Förderung erfolgt ist. Bis heute wird mit der Branche nicht über eine – auf FTTB/H ausgerichtete – Förder- kulisse gesprochen, die eigenwirtschaftlichen Ausbau soweit wie möglich anreizt und Dop- pelförderung vermeidet.
10 Wichtigster Punkt ist aber eine gesamtwirt- nalisierung von Regulierung, neue Monopole schaftliche Sichtweise für unser Land. statt Wettbewerb, Übergangsziele ohne klare langfristige Strategien verschlechtern unsere Geschäfts- und Privatkunden ist es gleich, wer nationale Situation, statt endlich den Aufbruch gräbt und wer die Kabel im Boden verschwin- zu schaffen. den lässt, die erstaunlicherweise aus purem Glas bestehen sollen. Vom Kunden gekauft Der Weg zu einem flächendeckenden Gigabit- wird vielmehr der Dienst, nicht ein Kabel – ob Anschlussnetz mit 5G-Versorgung ist äußerst nur als Internetzugang oder aber hochkomplex komplex und daher ungemein anfällig für mit besonderer Sicherheitstechnik, Hosting, einfache Scheinlösungen. Dennoch können Qualität oder gekoppelten Inhouseservices für und müssen jetzt die politischen Eckpfeiler so stark spezialisierte Unternehmen. Nicht allein gesetzt werden, dass der größtmögliche ge- die Glasfaser selbst, sondern die netzübergrei- samtwirtschaftliche Nutzen erreicht werden fende Verfügbarkeit dieser Dienste wird ent- kann. Parallel dazu sollten die guten Gespräche scheidend sein, ob unsere Wirtschaft auf dem mit den Ressorts in den zuständigen Ministe- Weg in die Gigabit- rien und der Bundes- Gesellschaft sein wird „Die Wirtschaft braucht beides, netzagentur deutlich und wir auf dem Land intensiviert werden. Giga-schnelle Netze und die digitale Spaltung Dann müssen aber verhindern können. hochqualifizierte Dienste. “ auch Entscheidungen Für die vielen euro- getroffen werden – in pa- und weltweit operierenden Unternehmen, Verantwortung für die Gesamtwirtschaft und aber auch für deutsche Handelsketten, Geld- nicht an den verständlichen Interessen ein- institute oder Versicherungen mit zigfachen zelner Marktteilnehmer orientiert oder unter Regionalvertretungen, ist es auch in Zukunft Rücksichtnahme auf Bundesbeteiligungen. unverzichtbar, einen Anbieter bundesweit auswählen zu können, der die gewünschten Die Politik muss diejenigen Kräfte unterstüt- Dienste von Telefonie über virtuelle Netzwerke zen, die bereit sind, uns so schnell wie möglich und Daten-Hosting aus einer Hand anbietet. auf Digitalisierungskurs zu bringen. Der so aus- Für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Un- gelöste Wettbewerb ist der einzige verlässliche ternehmen wären Verschlechterungen gegen- Treiber, mit dem wir langfristig wettbewerbs- über dem Status quo – als drohende Folgen ei- fähig bleiben. Lassen Sie uns den Schlüssel ner falschen Deregulierungspolitik – fatal. Die umdrehen und jetzt durchstarten. Wirtschaft braucht beides, Giga-schnelle Netze und hochqualifizierte Dienste. Digitalisierung ist die Chance für unser Land, die wir nicht verspielen dürfen. Glasfaseran- schlüsse, der zukünftige 5G-Mobilfunkstan- dard und die Aufrüstung der HFC-Netze sind der Schlüssel dazu. Deregulierung ohne das richtige Augenmaß, eine kleinteilige Regio-
11 Jährliches Highlight am Rande der CeBIT: Zum VATM CeBIT-Abend trifft sich seit Jahren die Branche in entspannter Atmo- sphäre zum Networken und zum Dialog mit Politikern und Journalisten. Intensive Diskussion um die Zukunft der Regulierung in Deutschland standen im Mittelpunkt des ersten „Diskurs im Kranhaus“ im November 2016 von VATM und BUGLAS. Gemeinsam eröffneten die beiden Präsidenten Martin Witt, VATM (li.), und Theo Weirich, BUGLAS, die Diskussionsrunden. Als zuständiger EU-Kommissar für Digitale Gesellschaft und Wirtschaft sprach Günther Oettinger (Bildmitte) mit dem Präsidium des VATM auf der ANGA COM 2016. Fotos: Frank Ossenbrink
12 Politische Weichenstellung 2017: Zukunft der Gigabit-Gesellschaft Gastbeitrag Das schnellste Netz für Deutschland Deutschland gehört heute zu den wirtschaft- Vorteile nutzen können. Durch die Verknüp- lich leistungsfähigsten Ländern der Welt. Wir fung von Informationen können allerdings Dr. Peter Tauber, MdB genießen im internationalen Vergleich einen tiefe Einblicke in das Leben von Bürgern er- Generalsekretär der CDU Deutschlands hohen Lebensstandard und großen Wohl- langt werden. Viele Bürger machen sich zwar (Foto: Tobias Koch) stand. Diese Erfolge sind insbesondere mit der Sorgen um ihre Privatsphäre, aber sie agieren Politik der CDU verknüpft. Beim Status quo ohne Schutz im Netz, weil ihnen Maßnahmen können und wollen wir aber nicht stehenblei- zum Datenschutz und zur Datensicherheit ben, denn unsere Gesellschaft verändert sich. nicht bekannt sind oder zu umständlich er- Die Wirtschaft wird immer globaler und die scheinen. Wir setzen uns dafür ein, dass all- Digitalisierung aller Lebensbereiche ist schon tagstaugliche Konzepte für den Selbstdaten- weitgehend Wirklichkeit. schutz entwickelt werden. Die Digitalisierung wird immer entscheiden- Voraussetzung zur Nutzung der digitalen der, wenn es darum geht, Städte lebenswert Techniken ist ein leistungsstarkes und schnel- zu gestalten und ländlichen Räumen mehr les Internet. Die Eisenbahn war der Kata- Zukunftsperspektiven zu geben. Deshalb wol- lysator der ersten industriellen Revolution, len wir Smart Cities entwickeln und ländliche diese Rolle nehmen heute schnelle Internet- Regionen zu Smart Areas machen. Beispiele anschlüsse für die Digitale Revolution ein. Die dafür sind intelligente Straßen, Strom- und Industrieunternehmen können Innovationen Wärmenetze, Elektromobilität und WLAN- und neue Geschäftsfelder nur dann anstoßen Netze. So gehört die Ausstattung des ÖPNV und erschließen, wenn sie an eine moderne mit freiem WLAN zu einem attraktiven Mo- und sichere funk- und festnetzbasierte Breit- bilitätsangebot. bandinfrastruktur angeschlossen sind. Sie ist die Basis für die Arbeitsplätze der Zukunft. Vernetzte, intelligente und ganzheitliche Lö- sungen eröffnen Chancen für ein neues Zu- Wir wollen das schnellste Netz für Deutsch- sammenführen von Arbeiten, Wohnen und Le- land. Um eine hochbandbreitige Versorgung ben durch Telearbeit. Zugleich entstehen neue sicherzustellen, investieren wir bereits bis wirtschaftliche Chancen in Gewerbe, Dienst- 2020 vier Milliarden Euro in eine flächende- leistungen, Landwirtschaft und Tourismus ckende moderne funk- und festnetzbasierte vor Ort. Patienten können mit Telemedizin Breitbandinfrastruktur aus einem Technolo- optimal betreut, die Energie in Städten und gie-Mix von VDSL, Kabel, Satellit, Mobilfunk Gemeinden effizient eingesetzt, der Verkehr und Glasfaser. Die CDU fordert eine Anbin- in Ballungsgebieten reibungslos gesteuert dung auch dünn besiedelter ländlicher Ge- werden. Wir werden auch das E-Government biete, da Breitband-Verbindungen zu den voranbringen, da es die Menschen unabhän- elementaren Dingen der Daseinsvorsorge ge- gig macht von Öffnungszeiten und die Er- hören. Wo die Wirtschaftlichkeit nicht gege- reichbarkeit der Behörden verbessert. ben ist, gibt es das Breitbandförderprogramm des Bundes. Dieses erfolgreiche Programm SmartCars, SmartHomes und Smartphones wollen wir finanziell weiter ausbauen und machen unser Leben angenehmer und si- verstetigen. Bis 2020 soll zudem der Mobil- cherer. Wir wollen, dass die Verbraucher die funkstandard 5G sichergestellt werden.
13 Gastbeitrag Schnelles Internet überall – die Gigabit-Gesellschaft ist unsere Zukunft Der Ausbau schnellen Internets ist eine Zu- in der Regierungszeit von CDU/CSU und FDP kunftsaufgabe für unser Land. Hohe Bandbrei- geschah, war eindeutig zu wenig. Erst 2013 hat ten und ein hoher Digitalisierungsgrad sind für das Thema auf Initiative der SPD richtig Fahrt Dr. Katarina Barley, MdB Generalsekretärin der unsere Gesellschaft und die Zukunftsfähigkeit aufgenommen. Mit dem Breitbandförderge- Sozialdemokratischen Partei Deutschlands unseres Wirtschaftsstandorts von zentraler setz haben wir die richtigen Weichen gestellt. (Foto: Susie Knoll) Bedeutung. Die Zukunft liegt in der Gigabit- Die Anforderungen der Zukunft mit mehreren Gesellschaft. Mbit/s sind aber nur über ein Glasfaser-Giga- bitnetz zu verwirklichen. Die SPD hat klare Vorstellungen vom Ziel und vom Weg dahin. Alle Menschen sollen Zugang Die Digitalisierung verändert unsere Gesell- zu schnellem Internet haben. Unabhängig vom schaft. Die Gigabit-Gesellschaft hat neben Wohnort. Privathaushalte ebenso wie Unter- der technischen Seite für uns auch eine sozi- nehmen. Ein Zugang zu schnellem Internet ist ale und gesellschaftspolitische Komponente. für viele Tätigkeiten des Alltags bereits heute Veränderung erzeugt bei manchen Menschen Grundvoraussetzung. Für unsere Kommunika- Ängste. Manche fürchten um ihren Arbeits- tion, das Arbeiten oder die unternehmerische platz. Manche sind wegen des neuen hohen Tätigkeit ist das Highspeed-Internet häufig Tempos überfordert und andere fühlen sich be- ebenso Voraussetzung wie für das Einkaufen droht von der digitalen Datensammelwut. Für im Netz, Unterhaltung oder andere Annehm- die SPD gilt deshalb: Wir wollen die Chancen lichkeiten. Deshalb wollen wir für alle einen der Digitalisierung nutzen, ohne die Risiken zu Rechtsanspruch auf schnelles Internet. Es ent- ignorieren. Wir wollen die Gigabit-Gesellschaft scheidet nicht nur über die Innovationsfähig- im Sinne unserer Werte Freiheit, Gerechtigkeit keit unseres Landes und den Wirtschaftsstand- und Solidarität gestalten. Wir müssen die Men- ort Deutschland, sondern auch über unseren schen dazu in die Lage versetzen, sich in der künftigen Wohlstand. digitalen Welt beruflich und privat bewegen und souverän über die eigenen Daten verfügen Die Gigabit-Gesellschaft wird nur mit der dafür zu können. Dazu gehören nicht zuletzt gute notwendigen Infrastruktur zu erreichen sein. Arbeitsbedingungen, neue Arbeitszeitmodelle Wir wollen den Ausbau des Gigabitnetzes. und Angebote beruflicher Qualifizierung und Dieser muss flankiert werden durch die Wei- Weiterbildung. Das ist unser Anspruch an gute terentwicklung und Förderung des 5G-Mobil- Arbeit in der Gigabit-Gesellschaft. funkstandards. Gigabitfähige Infrastrukturen sind nur über einen Technologiemix zu errei- Wenn wir den technischen Ausbau des Net- chen, der technologie- und anbieterneutral ist. zes in diesem Sinne politisch begleiten, dann Das ist die gemeinsame Aufgabe von Politik können wir die Chancen der Digitalisierung für und Wirtschaft. Wir benötigen bis 2025 private unsere Gesellschaft nutzen. und öffentliche Mittel in Höhe von 100 Milliar- den Euro. Der Staat wird sich mit 10 Milliarden Euro beteiligen. Der Staat sorgt also für einen Teil der Finanzierung, reguliert und setzt An- reize. Die Wirtschaft übernimmt den anderen Teil der Finanzierung. Was in diesem Bereich
14 Politische Weichenstellung 2017: Zukunft der Gigabit-Gesellschaft Gastbeitrag Aufbruch in die Gigabit-Gesellschaft – für die Wertschöpfung von morgen Wir führen Deutschland ins Gigabit-Zeitalter! ten wir an einem neuen Fonds, der kreativen Die Digitalisierung schafft neue Chancen für Unternehmensgründern helfen soll, schneller Andreas Scheuer, MdB Wirtschaft und Gesellschaft – wir werden zu wachsen. Ziel ist, die Wagnisfinanzierung Generalsekretär der diese Chancen nutzen, die richtigen Weichen deutlich zu stärken. Christlich-Sozialen Union stellen und der Gigabit-Gesellschaft weiter Leben einhauchen. Wir fördern Innovatio- Wir schaffen gemeinsam mit der Wirtschaft nen, sorgen gemeinsam mit der Wirtschaft Datenautobahnen für die Wertschöpfung von für schnelle Datenautobahnen und schaffen morgen. Das bayerische Breitband-Förderpro- so den digitalen Aufbruch. gramm ergänzt die starken Initiativen des Bundes. Bayernweit sind in rund 500 Gemein- Unser Weg zur Gigabit-Gesellschaft steht: den erste Ausbauprojekte bereits abgeschlos- Wir machen Bayern zum ersten Gigabit- sen – in über 1.000 Gemeinden laufen aktuell Bundesland und setzen Impulse für die Digi- Baumaßnahmen. Allein bei diesen Projekten talisierung Deutschlands. Mit einem neuen werden über 26.000 km Glasfaserleitungen Strategieprozess stellen wir die zentralen Wei- neu verlegt. Die schnellen Datenautobahnen chen: Alle Vorschläge, sind die Lebensadern der Maßnahmen und Pro- „... mit dem Einsatz von Gigabit-Gesellschaft. Nur jekte werden in einem 17,5 Mio. Euro haben wir so können wir die Chancen, Masterplan gebündelt, die etwa in Big Data liegen, um der Digitalisierung bereits rund 127 Mio. Euro an nutzen. Daten sind die zen- einen neuen Schub zu Investitionen mobilisiert.“ tralen Rohstoffe des 21. Jahr- geben. Die Anwendung hunderts und verändern die reicht dabei vom autonomen Fahren über das Wertschöpfung fundamental. Diesen Wandel mobile Internet der Dinge, den Einsatz intelli- werden wir gestalten und den Wirtschafts- genter Roboter bis hin zur digitalen Medizin standort ins digitale Zeitalter führen. und der Cybersicherheit. Die Digitalisierung ist eine Revolution und Die Gigabit-Gesellschaft braucht Innovati- schafft umfänglich neue Chancen für Unter- onskraft. Diese Kraft wollen wir stärken und nehmen, Gründer wie auch für das Privatle- Räume für Innovation und Neues schaffen. ben der Menschen. Sie eröffnet besonders Hierzu zählen etwa die Digitalen Gründer- dem ländlichen Raum neue Chancen und bin- zentren in Bayern: Wir fördern Zentren für det hidden champions an den größten Markt digitale Start-ups in jedem Regierungsbezirk der Welt an. Sie ermöglicht flexiblere Arbeits- und bringen so die Infrastruktur für Innova- zeiten und kann Arbeit zu den Menschen brin- tionen, Impulse und die Wertschöpfung von gen und nicht umgekehrt. Alle sollen von die- morgen in alle Landesteile! Durch eine Verbes- sem umfassenden Wandel profitieren, das ist serung der Gründerfinanzierung stärken wir unser Anspruch als werteorientierte Volkspar- das Gründergeschehen: Der Wachstumsfonds tei. Wir schaffen heute die Grundlagen für die Bayern hat eine starke Hebelwirkung – mit Gigabit-Gesellschaft von morgen und sichern dem Einsatz von 17,5 Millionen Euro haben wir so die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes bereits rund 127 Millionen Euro an Investitio- im 21. Jahrhundert! nen mobilisiert. Auch auf Bundesebene arbei-
15 Gastbeitrag Sieben Schritte in eine digitale Zukunft Digitalisierung ist die Zukunftstechnologie 4. Arbeit 4.0: Künftig wird der Wechsel zwi- schlechthin. Keine innovative Technologie hat schen verschiedenen Berufen, zwischen ver- sich je so rasant entwickelt. 60 Prozent der schiedenen Arbeitgebern sowie zwischen Nicola Beer Generalsekretärin der Freien neu eingeschulten Kinder werden in Berufen Selbstständigkeit und Angestelltenverhältnis Demokratischen Partei (FDP) arbeiten, die wir heute noch nicht kennen. die Regel. Deshalb muss auch die Altersvorsor- Doch Deutschland tut bisher zu wenig. Die ge modularer werden; unterschiedliche Vorsor- Freien Demokraten wollen, dass Deutschland geelemente aus dem gesamten Leben müssen international Vorreiter wird, indem es seine in- miteinander kombiniert und mitgenommen dustrielle Stärke mit den neuen digitalen Mög- werden können – inklusive privater Vorsorge. lichkeiten verbindet. Technologiegetriebene In- novation „Made in Germany“ ist das Ziel, statt 5. Forschungsförderung: Unternehmen sollten nur Zulieferer zu sein für E-Commerce-Plattfor- einen bestimmten Prozentsatz ihrer Personal- men ausländischer Konzerne wie Amazon. Wir aufwendungen für Forschung und Entwick- Freien Demokraten fordern deshalb ein neues lung als Steuergutschrift (Forschungsprämie) Bundesministerium für Digitales, das verant- erhalten. Für digitale Anlagegüter wollen wir wortlich die Fäden zusammenführt, um von einheitliche und verkürzte Abschreibungsfris- E-Government über E-Mobility und E-Health ten von höchstens drei Jahren. bis E-Security unser Land nach vorn zu bringen. Für uns sind sieben Schritte relevant, um 6. Verkehrsoffensive: Ob auf der Straße, Schie- Deutschland in die digitale Zukunft zu führen: ne, über Wasser oder in der Luft – intelligente Verkehrssysteme und Mobilität 4.0 mit voll- 1. Flächendeckender Netzausbau: Hier hinkt automatisiertem und autonomem Fahren Deutschland sträflich den Bedürfnissen hinter- sorgen für mehr Sicherheit und mehr Effizienz her. Die Zukunft eines leistungsfähigen digita- hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Zeit, Umwelt- len Netzes liegt im Gigabit-Bereich – und damit schutz und Infrastrukturnutzung. Deshalb in Glasfaser- und der 5G-Mobilfunk-Technolo- wollen wir Freiräume für die unbürokratische gie. Hier muss verstärkt investiert werden. Entwicklung von kreativen und innovativen Angeboten schaffen, ohne dabei Datenschutz 2. Digitale Kompetenz in der Bildung: Kinder und Privatsphäre zu gefährden. müssen frühzeitig lernen, mit Digitalisierung umzugehen – und Lehrer müssen fit gemacht 7. Datensicherheit: Die erfolgreiche Nutzung werden, damit sie das entsprechende Wissen digitaler Möglichkeiten setzt eine umfassende vermitteln können. Digitale Kompetenz ist er- Sicherheitsstrategie voraus. Nationale Lösun- folgsrelevant für unsere Volkswirtschaft. gen können aber langfristig alleine nicht beste- hen. Wir fordern, die europäischen Fähigkeiten 3. Gründeroffensive: Wir wollen ein bürokratie- zu bündeln. freies Jahr für Start-ups und Erleichterungen für nebenberufliche Gründungen sowie für Diese Schritte sind unerlässlich, um Deutsch- Crowdfunding. Wir brauchen ein Venture- lands wirtschaftliche Stärke auch in Zukunft zu Capital-Gesetz. In den ersten drei Jahren nach sichern. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Unternehmensgründung wollen wir den Frei- betrag bei der Gewerbesteuer verdoppeln.
16 Politische Weichenstellung 2017: Zukunft der Gigabit-Gesellschaft Bericht aus Berlin Weiterentwicklung der Breitbandstrategie des Bundes über 2018 hinaus ist überfällig Die 18. Legislaturperiode neigt sich dem Ende muss es uns gelingen, den vor uns liegenden zu und die politische Diskussion in Berlin im Strukturwandel zu nutzen und in zukunftssi- Solveig Orlowski Frühjahr 2017 ist naturgemäß immer stärker cheren Bereichen zahlreiche neue Arbeitsplät- Leiterin des VATM-Büros Berlin vom Bundestagswahlkampf geprägt. Trotzdem ze zu generieren. Die Erfahrung der letzten sind sich das CSU-geführte Bundesministeri- Monate zeigt, dass der Breitbandmarkt ange- um für Verkehr und digitale Infrastruktur und botsseitig funktioniert. Sobald deutlich höhere das Bundeswirtschaftsministerium unter der Bandbreiten verfügbar sind, werden diese auch Sozialdemokratin Brigitte Zypries darüber ei- immer stärker nachgefragt und genutzt – vor- nig, dass das 50-Mbit/s-Ziel längst nicht aus- her gar nicht absehbare neue und innovative reicht, um Deutschland im Digitalisierungs- Anwendungen werden so entstehen. wettlauf erfolgreich voranzubringen. Der Faktor Zeit spielt auch im internationa- So hat sich die von Bundesverkehrsminister len Wettbewerb die entscheidende Rolle. Nur Alexander Dobrindt initiierte Netzallianz wenn wir jetzt beginnen, die Netze zu bauen, kürzlich in ihrer „Zukunftsoffensive Gigabit- die wir spätestens in zehn Jahren zweifelsfrei Deutschland“ dafür ausgesprochen, bis zum benötigen, haben wir eine Chance, diese riesi- Jahr 2025 eine konvergente gigabitfähige In- ge Infrastrukturausbauaufgabe fristgerecht zu frastruktur zu errichten. Parallel dazu hat das lösen. Daher brauchen wir Ziele und konkrete Bundeswirtschaftsministerium das Weißbuch Leitlinien, die genau dies sicherstellen, und „Digitale Plattformen“ erarbeitet, in dem auch nicht – wie zurzeit – allein auf die Erreichung Aussagen zu zukunftssicheren Breitbandnet- eines nicht zukunftsfähigen Zwischenziels zen enthalten sind. So sollen innerhalb der ausgerichtet sind. Nur dann kann es gelingen, nächsten zehn Jahre flächendeckend giga- sinnvolle technische Zwischenschritte und För- bitfähige Infrastrukturen errichtet werden. dermaßnahmen von solchen zu unterscheiden, Dies ersetzt jedoch nicht ein klares politisches die das Erreichen bereits mittel- und langfristi- Bekenntnis der Bundesregierung zum Ausbau ger Ziele verzögern oder verteuern. von Gigabit-Netzen bis zum Bürger und zum Unternehmen. Insofern sehen wir die Weiter- Auch Regulierungsziele müssen konsequent entwicklung der Breitbandstrategie des Bun- neuen zukunftsweisenden politischen Vorga- des über 2018 hinaus als längst überfällig an. ben folgen. Insofern begrüßen wir grundsätz- Sie sollte so schnellstmöglich an die schon heu- lich auch die jüngst eingeleitete Konsultation te absehbaren, zukünftig deutlich höheren Be- der Bundesnetzagentur zur künftigen Regulie- dürfnisse der Wirtschaft und der Gesellschaft rung von Glasfaseranschlussnetzen. Wichtig angepasst werden. scheint uns jedoch, hier den Fokus gleicherma- ßen auf einen schnellen Infrastrukturausbau Sowohl im Bereich der Privatkunden als auch und auf die Beibehaltung funktionsfähigen in der Wirtschaft werden Datenmengen und Wettbewerbs zu legen. Für eine erfolgreiche Qualitätsanforderungen in den nächsten Jah- Digitalisierung der Wirtschaft im internationa- ren derart anwachsen, dass wir gigabitfähige len Standortwettbewerb brauchen wir sowohl Netze durchgängig als echte Anschlussnetze gigabitfähige Anschlussnetze als auch die Di- benötigen werden. Nur so bleibt die deutsche gitalisierung treibenden Dienste auf diesen Wirtschaft wettbewerbsfähig. Vor allem aber Netzen.
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18 Interview Gigabit-Gesellschaft: Möglichkeiten und Herausforderungen Bei der Digitalisierung von Gesellschaft und Martin Witt: Unsere Erfahrungen bei der Ent- Wirtschaft sind hochleistungsfähige digitale wicklung von Angebot und Nachfrage zeigen: Prof. Dr. Thomas Fetzer Infrastrukturen der entscheidende Standort- Ist erst einmal das Angebot da, entwickelt Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, faktor. Sie sind Voraussetzung für internationa- sich auch die Nachfrage sehr schnell. So zum Regulierungsrecht und Steuerrecht der le Wettbewerbsfähigkeit, für die Entwicklung Beispiel in VDSL-Ausbaugebieten, wo sich eine Universität Mannheim von Innovationen und die Schaffung neuer hohe Nutzungsquote von Anschlüssen mit ho- Arbeitsplätze in Deutschland und Europa. hen Bandbreiten entwickelt. Es tut sich sowohl Doch verzeichnen andere europäische Län- auf der Angebots- als auch Nachfrageseite der wie Spanien, Portugal, Frankreich und etwas. Neben dem voranschreitenden Glasfa- Skandinavien einen massiven Ausbau der serausbau unseres Tochterunternehmens 1&1 Gigabit-Strukturen, während in Deutschland Versatel, haben wir bei 1&1 daher auch eine diese Gigabit-Geschwindigkeiten noch wenig eigene Open-Access-Plattform entwickelt, die nachgefragt werden. Über Möglichkeiten der regionale Glasfaser-Netze verknüpft und uns Gigabit-Gesellschaft und Herausforderungen als bundesweit tätigem Anbieter erlaubt, An- an Wirtschaft, Politik und Regulierung sprach schlüsse zu vermarkten. der VATM mit dem Prof. Dr. Thomas Fetzer, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Re- Aber die Branche muss noch stärker aufs Gas- gulierungsrecht und Steuerrecht der Univer- pedal drücken. Die Telekom hat sich angesichts sität Mannheim, und Martin Witt, Präsident ihrer Festlegung auf eine FTTC/Vectoring-Stra- des VATM und Vorstandsvorsitzender der 1&1 tegie gerade als FTTB/H-Investor verabschie- Telecommunication SE. det. Also müssen die vielen Wettbewerber gemeinsam das Steuer übernehmen und die Martin Witt Gibt eine schwache Nachfrage in Deutschland Infrastruktur der Zukunft ausrollen. Präsident des VATM und Vorstandsvorsitzender der nicht gerade denjenigen Recht, die beim Glasfa- 1&1 Telecommunication SE serausbau im Bremserhäuschen sitzen? Welche Dienste, welche Entwicklungen sind aus Sicht der Telekommunikationsbranche/ Thomas Fetzer: Wir führen diese „Henne-Ei- aus Sicht der Wissenschaft die entscheidenden Diskussion“, ob zuerst neue innovative Dienste Treiber für mehr Nachfrage nach Glasfaserge- und Anwendung die Massennachfrage nach schwindigkeit? flächendeckenden Breitbandinfrastrukturen stimulieren müssen oder ob eine flächende- Witt: Fakt ist: Die Nachfrage nach bandbrei- ckende Netzinfrastruktur Voraussetzung für tenintensiven Diensten wird in Zukunft so im- das Entstehen dieser Dienste ist, jetzt schon mens schnell ansteigen, dass sie sich mit der seit einigen Jahren. Damit verlieren wir aber herkömmlichen Kupferdrahttechnologie schon wichtige Zeit beim Breitbandausbau. Da für bald nicht mehr bewältigen lassen wird. Strea- mich außer Frage steht, dass auf Sicht von 5 men in HD-Qualität, hochauflösendes TV, M2M, bis 10 Jahren eine flächendeckende Versor- IoT, neue Anwendungen in den Bereichen E- gung mit Gigabitnetzzugängen unabdingbar Health, smart Grid, E-Learning – fast täglich sein wird, ist ein weiteres Zuwarten keine zu- kommen neue digitale Anwendungen dazu, kunftsfähige Strategie. Selbst wenn wir heute die das Leben einfacher und komfortabler ma- für eine Avantgarde bauen sollten, wird dies chen. Hinzu kommt, dass die Kombination der künftig allen zugutekommen. verschiedenen Anwendungen den Ausschlag
19 für die leistungsfähigste Infrastruktur gibt. keine akzeptablen Zeiten. Hierfür brauchen Denn in der Regel werden mehrere Dienste wir Gigabit-Infrastruktur. Oder denken Sie an zur selben Zeit und in den meisten Fällen von E-Mobility oder robotergestützte Operationen mehreren Personen gleichzeitig genutzt. – hierbei darf es nicht zu Zeitverzögerungen kommen, die Reaktionszeit spielt in diesen Be- Fetzer: Schon heute wird von vielen Menschen reichen die entscheidende Rolle. ein schneller Internetzugang als so essentiell empfunden, dass sie bei einem Wohnortwech- Fetzer: Sehr richtig. Deshalb ist es wichtig, sel darauf achten. Will man das Leben in länd- die Diskussion um den Breitbandausbau weg lichen Gebieten attraktiv gestalten, muss es von reinen Downloadgeschwindigkeiten zu auch dort Hochgeschwindigkeitsnetze geben. lenken. Für unternehmerische Anwender ist Ein erheblicher Teil unserer Wirtschaftsleistung der Upload mindestens ebenso wichtig. Hinzu geht auf mittelständische Unternehmen zu- kommt, dass insbesondere Echtzeitanwendun- rück, die gerade nicht in Ballungsgebieten mit gen wie Smarthome mitunter nicht sonderlich exzellenter Breitbandversorgung angesiedelt bandbreitenintensiv sind, sondern andere Qua- sind. Diese Unternehmen werden künftig exis- litätsanforderungen etwa im Hinblick auf Jit- tentiell auf hochleistungsfähige Netze ange- ter, Latenz oder Packet Loss viel wichtiger sind. wiesen sein, um wettbewerbsfähig bleiben zu An diesen Anforderungen muss sich auch der können. Wir müssen daher einen flächende- Netzausbau orientieren. ckenden Ausbau mit Hochgeschwindigkeits- netzen anstreben. Dort, wo feststeht, dass sich Wo sind die Weichen aktuell noch falsch gestellt, private Investitionen nicht lohnen, müssen Ver- wo sind wir bereits auf dem richtigen Weg? sorgungslücken durch staatliche Fördermaß- nahmen oder kommunale Ausbauinitiativen Fetzer: Ich habe den Eindruck, dass wir aktu- geschlossen werden. ell eine ganze Menge von richtigen Weichen- stellungen beobachten können: Die Kosten- Welche neuen Anforderungen an die Qualität senkungsrichtlinie und das sie umsetzende gehen mit den zu erwartenden gewaltigen Da- DigiNetzG dienen der Reduzierung der Netz- tenströmen der Zukunft einher? ausbaukosten. Der neue Kodexentwurf der Europäischen Kommission gibt ein Konnek- Witt: Verschiedene Anwendungen haben ver- tivitätsziel vor, das auf Netze ausgerichtet ist, schiedene Anforderungen an die Infrastruktur. die über FTTH-/FTTB-Leistungscharakteristika TV in hochauflösender 4K- oder 8K-Qualität verfügen. Die Bundesnetzagentur will ver- erfordert zum Beispiel eine hohe Download- stärkt Investitionsanreize in hochleistungsfä- geschwindigkeit. Das Verlagern von Daten und hige Breitbandnetze setzen, und im Weißbuch Geschäftsprozessen in die Cloud, Smart-Home- „Digitale Plattformen“ des Bundeswirtschafts- Systeme oder Anwendungen im E-Health- ministeriums findet sich ein entsprechendes Bereich wiederum benötigen eine stabile und Bekenntnis, notfalls auch den Rechtsrahmen leistungsfähige Uploadgeschwindigkeit. Eine entsprechend anzupassen. einzelne MRT-Aufnahme ist bis zu 5GB groß und braucht beim Versand über einen VDSL- Aber natürlich gibt es auch noch Stellschrau- 50-Anschluss länger als eine Stunde. Das sind ben für Verbesserungen: Die Breitbandförde-
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