WirKommunalen - BEZAHLBARES WOHNEN IN DER STADT 2/18

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WirKommunalen - BEZAHLBARES WOHNEN IN DER STADT 2/18
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WirKommunalen
Praxismagazin für Politik in Stadt und Land   2/18

BEZAHLBARES WOHNEN
IN DER STADT
WirKommunalen - BEZAHLBARES WOHNEN IN DER STADT 2/18
WIR
        MACHEN’S
        EINFACH.

einundzwanzig.de
WirKommunalen - BEZAHLBARES WOHNEN IN DER STADT 2/18
EDITORIAL

                   Liebe Leserin, lieber Leser,
                   in den vergangenen Jahren sind die Wohnkosten vielerorts stark gestiegen. Gerade
                   in den Ballungsräumen fehlt es nicht nur an bezahlbaren Wohnungen, es fehlt
                   auch an Bauland. Wohnen ist die neue soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Ein
                   Patent­rezept, um das Wohnungsproblem schnell zu lindern oder gar zu lösen gibt
                   es nicht. Der Wohngipfel im Kanzleramt am 21. September war ein Auftakt, um
                   Lösungsansätze zu diskutieren. Geschraubt werden muss an verschiedenen Stel-
                   len: mehr Neubau – vor allem preiswerter Wohnraum –, außerdem serielles Bauen,
                   Deregulierung und eine Reform des Bodenrechts. Im Koalitionsvertrag haben SPD
                   und Union eine große Wohnoffensive vereinbart. Dafür ist eine verzahnte Bau- und
                   Wohnungsmarktpolitik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene notwendig.
                   1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime sollen entstehen.

                   Die Kommunen wissen, dass die Wohnungsfrage zu komplex und zu wichtig
                   für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist, als dass man sie dem freien Markt
                   überlassen könnte. Mit kommunalen Wohnungsunternehmen haben wir starke
                   Akteure, die bezahlbaren Wohnraum dauerhaft bereitstellen. Das gilt es zu
                   sichern und auszubauen. Nur so sind die Kommunen wieder in der Lage, lokale
                   Wohnraumversorgung und Stadtentwicklung zu steuern. Im Wohnungssektor der
                   Zukunft muss wieder mehr Gemeinnutz herrschen. Ein solcher Wandel auf dem
                   Wohnungsmarkt könnte durch kommunale und zivilgesellschaftliche Träger wie
                   Genossenschaften oder Stiftungen vorangebracht werden.

                   Es geht jetzt darum, die soziale Wohnungspolitik zu einer Erfolgsgeschichte
                   zu machen. Scheitert sie, hat das fatale Folgen. Auf dem Spiel steht nicht nur die
                   ­soziale Ausgewogenheit der Städte, sondern auch der soziale Zusammenhalt in der
                    Gesellschaft.

                   In der aktuellen Ausgabe geht Prof. Carsten Kühl, Leiter des Deutschen Instituts
                   für Urbanistik, der Frage nach, ob der Markt wirklich bezahlbaren Wohnraum
                   schaffen kann (Seiten 4 und 5). Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit seriel-
                   lem Bauen (Seite 6), mit Baulandmobilisierung und Bodenpolitik (Seite 13) und
Foto: Ines Meier

                   wir gehen der Frage nach, ob „Tiny Houses“ ein Zukunftstrend sind (Seite 8).
                   Abgerundet wird das Heft durch gelungene Beispiele aus der kommunalen Praxis
                   ­(Seiten 9, 10 und 12).

                   Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

                   Henning Witzel

                                                                              IMPRESSUM
                                        PROJEKTLEITUNG UND VISDP: HENNING WITZEL ASK BERLIN, BÜLOWSTRASSE 66, 10783 BERLIN
                                           REDAKTION: GERO FISCHER, BIRGIT GÜLL ANZEIGEN: KERSTIN BÖHM, SIMONE ROCH
                                                     LAYOUT: JANA SCHULZE TI­TELBILD: HURCA/STOCK.ADOBE.COM
                                DRUCK: DRUCKEREI VETTERS GUTENBERGSTRASSE 2, 01471 RADEBURG ERSCHEINUNGSTERMIN: NOVEMBER 2018

                                                                                                                    WirKommunalen 2/18 3
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PLANEN | BAUEN | WOHNEN

Wer bezahlbaren Wohnraum schaffen will, muss die Baukosten im Auge behalten.

SCHAFFT DER MARKT
BEZAHLBAREN WOHNRAUM?
CARSTEN KÜHL

E
     igentlich scheint es ganz einfach. Wenn             des Wirtschaftsministeriums machen eine       nen an einem bestimmten Ort nicht mehr
     die Präferenzen zukünftiger Gene-                   solche Analyse zum Ausgangspunkt ihres        leisten kann, der könnte sich theoretisch
     rationen eingepreist sind, wenn der                 Gutachtens und kommen mit Blick auf die       räumlich verändern, praktisch aber in
Marktprozess frei von Regulierung ist,                   gängigen Instrumente sozialer Wohnungs-       den meisten Fällen nicht. Das hängt mit
wenn öffentliche nicht in Konkurrenz zu                  politik zu klaren Empfehlungen: Abschaf-      Arbeitsplätzen, familiärer Einbindung in
privaten Unternehmen treten und wenn der                 fung von Regulierungen im Mietrecht,          bestehende Sozialstrukturen oder auch
Mensch und nicht das Objekt gefördert wer-               insbesondere der sogenannten Mietpreis-       nur mit Transaktionskosten (Umzugskos-
den, dann entsteht nachhaltiger und sozial               bremse. Keine öffentlichen Wohnungs-          ten) zusammen. Im weitesten Sinne emo-
gerechter Wohnraum.                                      baugesellschaften und keine Fortführung       tionale und nur schwer prognostizierbare
    So in etwa lautet die Conclusio des im               der sozialen Wohnraumförderung. Ein           Gründe für die Wohnortwahl, wie z.B.
Juni veröffentlichten Gutachtens „Soziale                In­strument will der Beirat beibehalten und   der verstärkte Wunsch geburtenschwacher
Wohnungspolitik“ des Wissenschaftli-                     gleichzeitig reformieren sowie ausbauen,      Jahrgänge, mit ihresgleichen in den soge-
chen Beirats beim Bundesministerium für                  nämlich die Zahlung von Wohngeld an ein-      nannten Schwarmstädten zu leben, mögen
Wirtschaft und Energie. Es ist eine gän-                 kommensschwache Haushalte.                    mikroökonomisch störend sein. Aufgabe
gige wissenschaftliche Methode neoklas-                                                                von Gesellschaftspolitik ist es aber nicht,
sisch geprägter Ökonomen, die Realität                          Wohnungsmärkte sind keine              die Bürgerinnen und Bürger für die ökono-
zunächst auf wenige Determinanten zu                                 Gütermärkte                       mischen Modelle kompatibel zu machen.
reduzieren, um sich Wirkungszusammen-                    In der vereinfachten Welt der Ceteris-Pari-   Aufgabe von Politik ist es, für gesellschaft-
hänge zu verdeutlichen. Sogenannte Cete-                 bus-Analysen mögen solche Empfehlungen        liche Entwicklungen Lösungen anzubieten.
ris-Paribus-Analysen blenden „störende“                  Bestand haben, in der realen Welt greifen         Städte sind nicht nur Wohnorte. Städte
Einflüsse aus und tun vereinfachend so,                  sie zu kurz. Wohnungsmärkte sind keine        sind Lebensorte. Integrative Stadtentwick-
als gäbe es sie in der Realität nicht. Das               Gütermärkte. Wohnen hat den Charak-           lung und nachhaltiges Bauen sind eine
                                                                                                                                                       Foto: Calado/stock.adobe.com

ist zunächst methodisch in Ordnung, wird                 ter eines Grundrechts – oder ökonomisch       notwendige Voraussetzung, um solche
aber immer dann zum Problem, wenn man                    formuliert – eines meritorischen Gutes,       Lebensräume zu schaffen. Dabei entsteht
daraus Handlungsempfehlungen ableitet,                   das staatliche Intervention grundsätzlich     aber bezahlbarer Wohnraum nicht von
ohne die „störende“ Realität zuvor wieder                rechtfertigt. Jeder muss wohnen, und zwar     alleine über den Markt. Lediglich Transfer-
angemessen einzublenden. Die Professoren                 möglichst angemessen. Wer sich das Woh-       zahlungen in Form von Wohngeld gewähr-

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leisten nicht, dass teurer Wohnraum auch               dass die neuen Mieter sich auf die Aus-                                  Wer bezahlbaren Wohnraum schaffen
             bezahlbar wird. Wenn die Nachfrage sehr                kunft ihrer Vermieter verlassen müssen,                                  will, muss – wie der Wissenschaftliche
             hoch und das Angebot gering ist, wird es               ohne diese überprüfen zu können.                                         Beirat zu Recht anmahnt – die Baukosten
             den Anbietern von Wohnraum problemlos                                                                                           im Auge behalten. Der Beirat zielt dabei
             gelingen, die durch Wohngeldzahlungen                                Aus Fehlern lernen                                         vor allem auf Deregulierung, Senkung von
             gestiegene Kaufkraft der Nachfrager über               Ähnliches gilt für den sozialen Wohnungs-                                Umweltstandards und Steuersenkung ab.
             höhere Mietforderungen abzuschöpfen.                   bau. Natürlich gab es Fehler in der Vergan-                              Die Bodenfrage als einer der derzeit wich-
             Anders gewendet: Mit dem Sozialtransfer                genheit: falsche Bevölkerungs- und Wan-                                  tigsten Kostentreiber und Engpassfaktoren
             Wohngeld würde dann der Vermieter sub-                 derungsprognosen, zu wenig Geld für die                                  kommt zu kurz. Das Difu hat gemeinsam
             ventioniert und nicht der Mieter entlastet.            soziale Wohnraumförderung, wechselnde                                    mit dem vhw und weiteren Expertinnen
                 Das Beispiel zeigt, dass eine reine Sub-           Finanzierungs- und Gestaltungsverant-                                    und Experten eine bodenpolitische Agenda
             jektförderung, auch wenn das Wohngeld                  wortung zwischen Bund und Ländern, zu                                    (www.difu.de/11556)      entwickelt,   die
             – wie von den Wirtschaftsprofessoren zu                geringe Sozialbindungsquoten bei der Aus-                                zahlreiche Wege für eine wirksame Bau-
             Recht gefordert – großzügiger und konsis-              weisung von Baugebieten, zu wenig Augen-                                 landmobilisierung aufzeigt. Eine Ausein-
             tenter ausgestaltet würde, alleine bezahlba-           merk für sozial ausgewogene Quartiere                                    andersetzung mit den dort formulierten
             ren Wohnraum nicht gewährleisten kann.                 oder nicht sanktionierte Fehlbelegungen.                                 Vorschlägen hätte dem Gutachten des Bei-
                 So ist die Mietpreisbremse kein untaug-            Auch wurde mit Blick auf andere Länder                                   rats gut getan.
             liches Instrument. Sie ist in ihrer gegenwär-          kritisiert, dass es ein Fehler gewesen sei,
             tigen Ausgestaltung aber ein unwirksames               Sozialbindungen zu befristen.
             Instrument. Das liegt vor allem daran,                     Wie dem im Einzelnen auch sei. Es geht
             dass Vermieter nicht verpflichtet sind, den            beim sozialen Wohnungsbau – ebenso wie                                                         Carsten Kühl, wissenschaftlicher
             neuen Mietern offenzulegen, wie hoch die               beim Mietrecht – darum, die Instrumente                                                        Leiter und Geschäftsführer des
             Miete der Vormieter war. Da die bisherige              neu zu justieren und aus Fehlern der Ver-                                                      Deutschen Instituts für Urbanistik
             Miete aber der zentrale Parameter für die              gangenheit zu lernen. Sie einfach abzu-                                                        (Difu)
             Feststellung der Zulässigkeit der neuen                schaffen und auf den Markt zu vertrauen,
Foto: Difu

             Miete ist, entsteht die absurde Situation,             ist Ideologie.

                                                                                                                                                                                                          ANZEIGE

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         „GRÜN IN DIE STADT“ IST EINE INITIATIVE DES BUNDESVERBANDES GARTEN-, LANDSCHAFTS- UND SPORTPLATZBAU E. V.                                   UNTERSTÜTZT VON
                                                                                                                                                                               WirKommunalen 2/18 5
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PLANEN | BAUEN | WOHNEN

                                                                                               Mit modularem Bauen
                                                                                               lassen sich optisch
                                                                                               ansprechende Gebäude in
                                                                                               kurzer Bauzeit realisieren.

SCHNELLER, EINFACHER,
KOSTENGÜNSTIGER
Wohnungsbau mit serieller und modularer Fertigung voranbringen
DIETER BABIEL

D
     ie Wohnungssituation in Deutschland        unternehmen mit vielen Gestaltungsmög-         kungskommission sind viele Ansatzpunkte
     bleibt angespannt. Insbesondere in         lichkeiten können wir gleichzeitig eine hohe   aufgezeigt worden, die zum großen Teil
     den Ballungszentren kann sogar von         architektonische Qualität sicherstellen. So    noch auf ihre Umsetzung warten. Dazu
akuter Wohnungsnot gesprochen werden.           ist der serielle Wohnungsbau auch aus städ-    zählen die Maßnahmen zur Mobilisierung
Ausdruck findet diese Situation in Woh-         tebaulicher Sicht kein „Hemmschuh“.            von günstigem Bauland und erweiterte pla-
nungsbesichtigungen vor Ort mit teilweise           Damit die Potenziale des seriellen         nerische Gestaltungsspielräume der Kom-
über 200 Interessenten und nicht zuletzt in     und modularen Wohnungsbaus nutzbar             munen im Bauplanungsrecht genauso wie
immer weiter steigenden Mieten. Die Poli-       gemacht werden können, hat die Woh-            die Lockerung der Stellplatzpflicht und
tik hat sich deshalb zur Aufgabe gemacht,       nungswirtschaft kürzlich nach einem            ein vorsichtigerer Umgang mit den Anfor-
1,5 Mio. Wohnungen in der laufenden             Wettbewerb eine Rahmenvereinbarung             derungen an Energieeffizienz, Lärmschutz
Legislaturperiode bauen zu wollen, das          über den Neubau von mehrgeschossigen           und Barrierefreiheit. Gleichzeitig sind die
wären immerhin 375.000 Wohnungen pro            Wohngebäuden in serieller und modularer        Länder aufgerufen, sich auf bundesweit
Jahr. Mit der Fertigstellung von 285.000        Bauweise vergeben. Die Wohnungsunter-          gültige Typengenehmigungen zu verständi-
Wohneinheiten im vergangenen Jahr sind          nehmen in ganz Deutschland haben nun           gen, damit ein einmal geplantes Typenge-
wir aber noch weit von dieser politischen       die Möglichkeit, ausschreibungsfrei auf die    bäude ohne weitere Änderungen bundes-
Zielmarke entfernt.                             insgesamt neun Siegerkonzepte zurückzu-        weit gebaut und die Genehmigungszeiten
                                                greifen. Da Teile der Projektausschreibung     spürbar verkürzt werden können.
           Potenziale nutzbar                   und -vergabe sowie der Planung durch diese         Wir sind der Überzeugung, dass wir mit
                machen                          Rahmenvereinbarung        vorweggenommen       dem seriellen und modularen Wohnungs-
Der Handlungsdruck ist also enorm hoch.         wurden, können Wohnungsneubauprojekte          bau am Ende zu einer Entspannung am
Genau deshalb gilt es jetzt, alle Möglich-      schneller, einfacher und auch kostengünsti-    Wohnungsmarkt beitragen können. Mehr
                                                                                                                                                       Fotos: Firmengruppe Max Bögl; Henning Kreft

keiten auszuloten, Wohnungen in großer          ger realisiert werden.                         noch: Durch diesen neuen Ansatz kom-
Stückzahl und in angemessener architekto-                                                      men sogar zusätzliche Kapazitäten auf der
nischer Qualität in kurzer Zeit zu errichten.    Entspannung am Wohnungsmarkt                  Bauseite „on top“, d.h. zusätzlich, an den
Gelingen kann dies insbesondere durch den                  ist möglich                         Markt. Dies belegen die erheblichen Inves-
sogenannten seriellen und modularen Woh-        Für den langfristigen Erfolg müssen aber       titionen der Bauunternehmen in diesem
nungsbau, bei dem an Stelle teurer Unikate      auch die politischen Rahmenbedingun-           Bereich. Somit sind wir zuversichtlich, dass
Prototypen geplant und deutschlandweit in       gen richtig gesetzt werden. Insbesondere       wir auf diesem Weg noch mehr Menschen
Serie umgesetzt werden. Hierdurch lassen        die Regelungen des Bauordnungs- und des        zu kostengünstigem Wohnraum verhelfen
sich die Beschleunigungs- und Kostensen-        Baunebenrechts, die Bauordnungen der           können.
kungseffekte erzielen, die wir brauchen,        Länder wie auch die kommunalen Satzun-
um überhaupt Wohnraum in einem für              gen sollten auf kostentreibende Standards
Bürgerinnen und Bürger noch bezahlbaren         durchforstet werden. Und auch in der von       Dieter Babiel, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands
Segment anbieten zu können. Durch die           der damaligen Bundesbauministerin Bar-         der Deutschen Bauindustrie
unterschiedlichen Produktansätze der Bau-       bara Hendricks eingesetzten Baukostensen-

6 WirKommunalen 2/18
WirKommunalen - BEZAHLBARES WOHNEN IN DER STADT 2/18
GUTES BAUKLIMA                                                                                   keine Wohnungsnot. Davon zu sprechen, ist
                                                                                                             unverantwortlich und spielt mit den Sorgen
                                                                                                             und Ängsten der Menschen. Außerdem ver-

            ANSTATT PAROLEN                                                                                  höhnt es all diejenigen, die im Nachkriegs-
                                                                                                             deutschland eine echte Wohnungsnot erlebt
                                                                                                             haben.
            Ein Mietenstopp würde vor allem Wohnungsunternehmen treffen,                                        Ich warne daher die Landes- und Bun-
                                                                                                             despolitiker davor, beim Thema Wohnen
            die schon heute bezahlbare Mieten anbieten                                                       mit den Sorgen und Ängsten der Menschen
                                                                                                             zu spielen. Ich erwarte stattdessen von den
            ANDREAS BREITNER                                                                                 Verantwortlichen im Norden, dass sie mit
                                                                                                             kühlem Kopf und ohne dass Populismus
                                                                                                             weiter den Verstand frisst, sich der echten

            D
                  er aus Deutschland stammende Physi- Spitze Realität werden. Das ist einfache               Probleme des Wohnungsmarktes annehmen.
                  ker Albert Einstein hat einmal gesagt: Mathematik. Wenn künftig das Maß von                Wir brauchen Grundstücke, niedrigere Bau-
                  „Probleme kann man niemals mit der- Mieterhöhungen an die Inflationsrate                   kosten und schnellere Baugenehmigungsver-
            selben Denkweise lösen, durch die sie ent- gekoppelt wird, haben Vermieter mit einer             fahren. Da hat die Politik ausreichend Sach-
            standen sind.“ Der jüngste Vorschlag, durch durchschnittlichen Kaltmiete pro Quadrat-            arbeit zu leisten. Also los!
            einen „Mietenstopp“ in angespannten Woh- meter von 6,44 Euro am Ende noch deutlich
            nungsmärkten für fünf Jahre alle Mietstei- weniger in der Kasse als jene, die 13 oder
            gerungen auf die Höhe der Inflationsrate zu mehr Euro nehmen. Es trifft vor allem jene,                         Andreas Breitner, Direktor
            begrenzen, ist das Denken, das in den ver- die bereits jetzt den gesetzlichen Spielraum                         des Verbands norddeutscher
            gangenen Jahren zu den Mietsteigerungen für Mieterhöhungen nicht ausschöpfen.                                   Wohnungsunternehmen (VNW)
            geführt hat: Anstatt die wirklichen Pro-             Für diese Unternehmen würde es bei

                                                        „
            bleme auf dem Wohnungsmarkt anzugehen, einer „Kappungsgrenze Null“ schwieriger,
            präsentiert man eine, leider                                     unverzichtbare Instandhal-
            nur auf den ersten Blick, ein-                                   tung und sinnvolle Moder-
            fache Lösung.                                                    nisierungen umzusetzen. Die
               Der Verband norddeut-                                         Schaffung von Barrierefrei-                                             ANZEIGE
            scher Wohnungsunterneh-             Wir brauchen                 heit, energetische Verbesse-
            men vertritt in Hamburg,
            Mecklenburg-Vorpommern
                                                ­Grundstücke,                rungen oder die Installation
                                                                             von Smart-home-Technik,            Rahmenvertragspartner der GDW
            und Schleswig-Holstein 341              n­ iedrigere             die dafür sorgt, dass ältere
            Wohnungsgenossenschaf-                                           Menschen möglichst bis zu
            ten und -gesellschaften. In           B­ aukosten                ihrem Lebensende in ihrer
            Hamburg gehörten von den           und schnellere                Wohnung bleiben können
            insgesamt rund 930.000                                           – für all das würde künftig
            Wohnungen etwa 260.000           Baugenehmigungs­                das Geld fehlen.
            den     VNW-Unternehmen.                verfahren.                   Einem Investor, der kurz-
            Mit anderen Worten: Gut                                          fristig auf eine hohe Rendite
            jede dritte Hamburgerin und            Andreas Breitner          aus ist, mag das egal sein.
            gut jeder dritte Hambur-                                         Einer Wohnungsgenossen-
            ger leben in einer dieser Wohnungen, deren schaft oder einem kommunalen Wohnungs-
            durchschnittliche Nettokaltmiete pro Qua- unternehmen hingegen ist es nicht egal,
            dratmeter bei 6,44 Euro liegt – also zwei wenn Mieterinnen und Mieter am Ende die
            Euro unter dem Durchschnitt des Hambur- Entscheidungen populistischer Politiker aus-
            ger Mietspiegel. Wir sind der Anwalt des baden müssen. Warum ausgerechnet jene                      ■   Gebäude aus Smartbeton –
            bezahlbaren Wohnens. Wir vertreten die Unternehmen geschwächt werden sollen, die                        klimafreundlich und bezahlbar
            einkommensschwachen Mieterinnen und bezahlbaren Wohnraum anbieten, dürfte das
                                                                                                                ■   Ideal für den langfristigen Einsatz,
            Mieter.                                          Geheimnis dieser Volksvertreter bleiben.
                                                                                                                    als Lückenbebauung oder zur inner-
               Wer in einer Wohnung eines VNW-                   Was wir auf dem Wohnungsmarkt im                   städtischen Nachverdichtung
            Unternehmens lebt, muss sich nicht sor- Norden brauchen, sind keine Parolen, son-
                                                                                                                ■   Kurze Bauzeit auf der Baustelle
            gen, vertrieben zu werden. Eine Kündigung dern mehr bezahlbare Wohnungen – rund
            wegen Eigenbedarf gibt es bei Wohnungs- 30.000 im Jahr. Diese werden in erster Linie                ■   Planungssicherheit
            genossenschaften und kommunalen Woh- von genossenschaftlichen und kommunalen                        ■   Wartungsarme Technik
            nungsgesellschaften nicht, weil sie Woh- Investoren errichtet. Dafür bedarf es eines
            nungen bauen, um diese über Jahrzehnte guten Bauklimas mit verlässlichen Rahmen-
            zu behalten und zu vermieten. Unsere bedingungen. Welches Unternehmen inves-                       Meine Erfahrungen
            Mitgliedsunternehmen sind sogenannte tiert auch nur einen Euro, wenn es fürchten                   der letzten 35 Jahre im
            Bestandshalter, die in langen Zeiträumen muss, dass in den kommenden Jahren poli-                  Bereich Betonfertigbau,
            denken und Wohnungen nicht gewinnbrin- tische Entscheidungen eine Refinanzierung                   sorgen für ein rundum
                                                                                                               nachhaltiges Ergebnis.
            gend an den Meistbietenden verhökern. verhindern? Niemand!
            Namen wie Schiffszimmerer- oder Buchdru-             Auch wenn, wie z.B. in Schleswig-
                                                                                                               Hermann Stegink
            ckergenossenschaft belegen das.                  Holstein, Politiker sich über eine steigende      Entwickler
               Diese Unternehmen aber, die mit bezahl- „Wohnungsnot“ beklagen, ist niemandem
            baren Mieten den sozialen Frieden in den geholfen. Ja, im nördlichsten Bundesland
                                                                                                               Bült 54 48619 Heek T. 0 25 68 / 388 124
Foto: VNW

            Quartieren sichern, wären am stärksten und in Hamburg gibt es regionale Engpässe.
                                                                                                                  info@solid-box.de www.solid-box.de
            betroffen, sollte der Vorschlag der SPD- Aber beide Bundesländer haben vieles, nur

                                                                                                                                   WirKommunalen 11.09.18
                                                                                                       Anzeige_WirKommunalen_57x136mm.indd 1      2/18 7 08:48
WirKommunalen - BEZAHLBARES WOHNEN IN DER STADT 2/18
PLANEN | BAUEN | WOHNEN

MINIMALISMUS LEBEN
„Tiny Houses“ sind mitunter wahre Raumwunder und gelten als ökologische Wohnform der Zukunft
HENNING WITZEL

                                                                                                      Auch der Kaffeeröster Tchibo hatte im
                                                                                                      Frühsommer voll ausgestattete Kleinst-
                                                                                                      häuser mit Bad, Küche und Schlafstelle im
                                                                                                      Sortiment. Die Tiny Houses hatten eine
                                                                                                      Wohnfläche zwischen 10 und 16 Quadrat-
                                                                                                      metern und kosteten ab 40.000 Euro auf-
                                                                                                      wärts.

                                                                                                              Knappe Güter besser nutzen
                                                                                                      „Manchmal können kleine Ideen helfen,
                                                                                                      die ganz großen Fragen zu beantworten“,
                                                                                                      sagt Architekt Van Bo Le-Mentzel, Kura-
                                                                                                      tor des Bauhaus Campus Berlin, „zum
                                                                                                      Beispiel die Wohnungsfrage“. Herkömmli-
                                                                                                      che Häuser nehmen oft viel Platz weg und
                                                                                                      belasten durch den Bau mit konventionel-
                                                                                                      len Materialien die Umwelt. Lebensraum in
                                                                                                      Städten ist zudem knapper geworden, was
                                                                                                      auch daran liegt, dass immer mehr Men-
                                                                                                      schen allein wohnen und die Metropolen
                                                                                                      immer weiter wachsen. Auch ständig stei-
                                                                                                      gende Wohnungsmieten, Grundstücks- und
                                                                                                      Immobilienpreise forcieren den Trend zum
                                                                                                      minimalistischen Wohnen. Und das ist nur
                                                                                                      logisch, scheinen die winzigen Häuschen
                                                                                                      eine Lösung für viele dieser Probleme zu
                                                                                                      bieten: Sie benötigen wenig Platz, der Res-
                                                                                                      sourcenverbrauch ist gering, die Investiti-
                                                                                                      onskosten sind überschaubar und sie sind
                                                                                                      flexibel und mobil.
                                                                                                          Auch rechtliche Anforderungen spielen
Bezahlbarer Wohnraum: Die kleinen Häuser bieten Lösungen für viele damit zusammenhängende Probleme    eine große Rolle. Wo kann ich mein Tiny
                                                                                                      House abstellen? Was muss ich beachten,
                                                                                                      damit mein Kleinstdomizil den baurecht-

P
     eter Lustig, der „Löwenzahn“-Mode-                Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung.          lichen Bestimmungen entspricht? Einfach
     rator mit der Latzhose, hat schon vor             Er bestand aus selbstgebauten Tiny Houses      das Haus ans Auto hängen und am Wald-
     40 Jahren vorgemacht, wie es sich                 und war sowohl künstlerisches Experiment       rand oder am Fluss wohnen – so geht es
ganz entspannt in einem winzigen Bau-                  als auch Plattform für neue Wege in der Bil-   leider nicht. Für das mobile Tiny House
wagen wohnen lässt. Doch so wohnten                    dungs- und Baukultur. Es wurde studiert,       gelten dieselben Zulassungs- und Versiche-
damals allenfalls Aussteiger, Freaks – oder            gebaut und über neue Formen des Miteinan-      rungspflichten wie bei einem Campingwa-
eben Moderatoren von Kindersendungen.                  ders geforscht. Die Themen: gerechte Stadt,    gen. Als Standort kommt aber neben dem
   Seit mehr als zehn Jahren sagen Trend­              Grundlagen für den Städtebau von morgen        Campingplatz auch das eigene Grund-
scouts eine Minihausmode am Wohnungs-                  und die Wohnungen der Zukunft. Es wur-         stück in Frage. Dafür muss das Minihaus
markt vorher und haben den Begriff „Tiny               den Workshops, Vorlesungen und öffentliche     aber genauso genehmigt werden, wie jedes
House“ aus den USA importiert. Dort                    Diskurse initiiert. Vorbild war das histori-   normale Wohnhaus auch. Eine Lösungs-
gelten seit den 1990ern die kleinen, mobi-             sche Bauhaus. Auf der Tiny House Summer        möglichkeit für die Zukunft wären Tiny-
                                                                                                                                                                      Foto: lowphoto/stock.adobe.com

len Häuser als sparsame und umweltscho-                School lernten Laien, mit nur 4.000 Euro       House-Siedlungen, von denen erste gerade
nende Form des Wohnens, ein Gegenent-                  Materialeinsatz und zwei Wochenendkursen       entstehen. Für Architekt ­L e-Mentzel erst
wurf zu den häufig überdimensionierten                 ihr Eigenheim auf Rädern zu bauen.             der Anfang: „Mein Traum ist es, tem-
Häusern. Auch hierzulande versuchen                        In Karlsruhe fand im Juni diesen Jah-      poräre Tiny House Nachbarschaften
Architekten und Designer Tiny Houses an                res mit „New Housing“ erstmals ein Tiny        in brachliegende Innenstadtflächen zu
europäische Verhältnisse anzupassen.                   House Festival statt. Der Zuspruch war so      bauen, weil alle Menschen Recht auf Stadt
                                                       groß, dass ein zweites folgen wird, vom 24.    haben.“
             Der Markt wächst                          bis zum 26. Mai 2019. Inzwischen gibt es
Jetzt mehren sich die Anzeichen, dass die              deutschlandweit zahlreiche gewerbliche
Minihäuser mehr als ein kurzlebiger Trend              Anbieter, die einen wachsenden Markt           Tinyhouse University e.V. (i. Gr.), Yorckstr. 3, 10965 Berlin
sind. Vom Sommer 2017 bis Frühjahr 2018                bedienen. Die Palette reicht vom winzigen
etwa stand der „Bauhaus Campus Berlin“                 Haus von der Stange über den Bausatz bis       www.bauhauscampus.org/#tinyu
als temporäres Dorf mitten in der Haupt-               zum exklusiven Miniaturheim aus der            www.tinyhousefestival.de
stadt, auf dem Parkplatz und im Hof des                Manufaktur.

8 WirKommunalen 2/18
WirKommunalen - BEZAHLBARES WOHNEN IN DER STADT 2/18
Im Innenstadtbereich buddeln derweil
                                                                                                                                             die Bagger für ein anderes hochwertiges
                                                                                                                                             Wohngebiet: das „Wohnquartier Mitte“.
                                                                                                                                             Rund 60.000 Quadratmeter Fläche direkt
                                                                                                                                             neben der DSW21-Hauptverwaltung wer-
                                                                                                                                             den von der eigenen Immobilienentwick-
                                                                                                                                             lungsabteilung dafür baureif gemacht.
                                                                                                                                             Voraussichtlich 2021 werden die ersten
                                                                                                                                             Bewohner einziehen können.

                                                                                                                                                           Bezahlbare Mieten
                                                                                                                                             Dass die DSW21-Gruppe auch Mieter stets
                                                                                                                                             im Blick hat, wird etwa am PHOENIX See
                       Das neue Wohngebiet Hohenbuschei, eingebunden in den Stadtteil Brackel, liegt direkt am Naturschutzgebiet Buschei.
                                                                                                                                             deutlich. Das 24 Hektar große Gewässer,
                       Die Nachbarn sind ein Golfclub und der BVB.
                                                                                                                                             das auf einer ehemaligen Stahlwerksfläche
                                                                                                                                             entstand, ist zweifelsohne das schillerndste

                        KEINE ANGST VOR
                                                                                                                                             Stadtentwicklungsprojekt der vergange-
                                                                                                                                             nen Jahrzehnte. DSW21 entwickelte neben
                                                                                                                                             Hafenbecken und Grünflächen auch eine

                       ­G ROSSPROJEKTEN                                                                                                      hochwertige Wohn- und Gewerbefläche.
                                                                                                                                             Tochterunternehmen DOGEWO21 kom-
                                                                                                                                             plettiert derzeit das dortige Immobilien-
                       Wie die Dortmunder DSW21-Gruppe hochwertigen                                                                          angebot mit 46 barrierefreien, öffentlich
                                                                                                                                             geförderten Wohnungen. „Der Bau von
                       und bezahlbaren Wohnraum schafft                                                                                      öffentlich geförderten Wohnungen ist eine
                                                                                                                                             echte Herausforderung“, sagt DOGEWO21-
                       MARC WIEGAND                                                                                                          Geschäftsführer Klaus Graniki. Mit mehr
                                                                                                                                             als 16.400 Wohnungen, in denen rund
                                                                                                                                             40.000 Menschen leben, zählt sein Unter-

                       M
                               it über 600.000 Einwohnern ist                    ßung eines Neubaugebiets. Am Ende ste-                      nehmen zu den größten Akteuren in Dort-
                               Dortmund eine der größten Metro-                  hen Häuslebauern 700 neue Einfamilien­                      mund. In Zeiten explodierender Mietpreise
                               polen in Deutschland und als                      hausgrundstücke und 320 Wohnungen zur                       versteht sich DOGEWO21 als zuverlässiger
                       typische Ruhrgebietsstadt nachhaltig vom                  Verfügung. „Die Anwohner profitieren                        Stabilisator, bei dem wirtschaftlicher Erfolg,
                       Strukturwandel geprägt. Die eins­tige Hoch-               von gewachsenen Grünstrukturen, guter                       ökologisches Bewusstsein und soziale Ver-
                       burg der Schwerindustrie hat sich zu einem                Luft und einem hohen Freizeitwert“, so                      antwortung Hand in Hand gehen. Allein
                       modernen Wirtschaftsstandort gewandelt,                   Silke Seidel, Geschäftsführerin der Hohen-                  im südlichen Stadtteil Löttringhausen inves-
                       der tausende Arbeitsplätze in zukunftswei-                buschei GmbH.                                               tierte DOGEWO21 zuletzt rund 22 Millio-
                       senden Branchen wie dem Dienstleistungs-                                                                              nen Euro in die umfassende Modernisierung
                       sektor beheimatet. Und natürlich benötigt                            Hochwertiges Wohnen                              ihrer 720 Wohnungen. Dennoch liegen die
                       eine aufstrebende Metropole ausreichend                   Ähnlich verlief es im Bereich der Stadt-                    Mietpreise nach wie vor im Durchschnitt bei
                       Wohnraum für ihre Arbeitskräfte.                          krone Ost: Die gleichnamige Entwick-                        günstigen 4,97 Euro pro Quadratmeter.
                           Als Infrastrukturunternehmen ist die                  lungsgesellschaft – ebenfalls ein DSW21-
                       DSW21-Gruppe ein wichtiger Bestandteil                    Tochterunternehmen – erwarb 1995 die
                       Dortmunds. Mit Dienstleistungen in den                    etwa 70 Hektar große ehemalige Kaser-                       Weitere Infos
                       Geschäftsfeldern Mobilität, Logistik und                  nenanlage und formte daraus einen moder-                    www.hohenbuschei.de
                       Telekommunikation sowie Strom, Gas und                    nen IT- und Dienstleistungsstandort. Der                    www.stadtkrone-ost.de
                       Wasser trägt sie maßgeblich zur kommu-                    angrenzende Wohnpark „Am Rosenplätz-                        www.dogewo21.de
                       nalen Daseinsvorsorge bei. Auch wenn es                   chen“ bietet zudem attraktive Einfamilien-                  www.einundzwanzig.de
                       um nachhaltige Stadtentwicklung und die                   häuser und Eigentumswohnungen.
                       Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum
                       geht, ist die DSW21-Gruppe ein unver-
                       zichtbarer Faktor und ein verlässlicher Sta-
                       bilisator auf dem lokalen Wohnungsmarkt.
                       „Für unsere Stadt und ihre Bürger stem-
                       men wir Projekte, an die sich andere nicht
                       herantrauen“, sagt Guntram Pehlke, Vor-
                       standsvorsitzender von DSW21, dazu.
                           Den Fokus auf größere Brachflächen zu
                       legen, hat sich als eine vielversprechende
                       Strategie zur Wohnraum-Neugewinnung
                       herausgestellt. Dies zeigt etwa der Fall
                       Hohenbuschei: Nach dem Abzug der briti-
                       schen Rheinarmee 1996 gründete DSW21
                       2005 gemeinsam mit einer Privatfirma die
Fotos: Jörg Schimmel

                       Hohenbuschei GmbH und erwarb vom
                       Bund das 84 Hektar große Areal. Mehr als
                       100 Millionen Euro flossen in ein neues                   Im Bereich des Konversionsprojektes Stadtkrone Ost sind in den letzten Jahren sehr attraktive Einfamilienhäuser sowie
                       BVB-Trainingsgelände und die Erschlie-                    Eigentumswohnungen entstanden.

                                                                                                                                                                       WirKommunalen 2/18 9
WirKommunalen - BEZAHLBARES WOHNEN IN DER STADT 2/18
PLANEN | BAUEN | WOHNEN

                                                                                 GEFÖRDERTER
                                                                                 WOHNRAUM
                                                                                 FÜR ALLE
                                                                                 Preisgünstigen Wohnraum
                                                                                 zu schaffen und zu erhalten,
                                                                                 stellt zahlreiche Kommunen
                                                                                 vor große Herausforderungen
                                                                                 DIETRICH SUHLRIE

I
   nsbesondere          Wachstumsregionen    Beitrag, um gute Wohnungsqualitäten und        geschichte des inklusiven Wohnens ist die
   benötigen Wohnraum für Menschen           ein attraktives Wohnumfeld zu erreichen.       Kombination mit zehn öffentlich geförder-
   mit     geringen     Einkommen,     die                                                  ten, barrierefreien Familienwohnungen.
Nachfrage nach barrierefreien Woh-                       Inklusives Wohnen                  Somit ist ein gemeinsames Wohnen von
nungen       steigt    und    leerstehende                   in Bielefeld                   Familien mit und ohne Behinderung mög-
oder vernachlässigte Wohnungsbestände        Viele Kommunen sind in den vergangenen         lich.
müssen aufgewertet werden.                   Jahren aktiv geworden und haben unter-             4,37 Millionen Euro kostete der vier-
   Nordrhein-Westfalen wächst seit Jah-      schiedliche Projekte für zukunftsweisenden     geschossige Neubau, von denen die NRW.
ren. 2017 lebten hierzulande rund 17,9       und bezahlbaren Wohnraum angestoßen.           BANK mit 2,5 Millionen Euro Fördervo-
Millionen Menschen. Die Wohnungs-            Zum Beispiel die Stadt Bielefeld. Sie reali-   lumen den größten Anteil finanzierte. Seit
märkte entwickeln sich dabei ganz unter-     sierte gemeinsam mit der BGW Bielefelder       Januar 2017 sind alle Wohnungen vermie-
schiedlich. Viele Städte wachsen weiterhin   Gesellschaft für Wohnen und Immobili-          tet und alle 24 Wohnheimplätze belegt. In
stark durch Zuwanderung aus NRW und          endienstleistungen und dem diakonischen        fünf Wohnungen zogen Familien aus der
dem Ausland. Die Folge: Der Markt wird       Träger Bethel regional ein herausragen-        direkten Nachbarschaft ein. Sie alle nut-
enger, die Mieten steigen. Gleichzeitig      des Inklusionsprojekt. Gebaut wurden           zen die gemeinsamen Spielplätze und Spiel­
benötigen mehr Haushalte preisgünstigen      24 geförderte Wohnheimplätze mit einem         angebote, es entstehen neue Kontakte und
Wohnraum. In anderen Regionen, etwa im       stationären Clearingangebot für Eltern         ein selbstverständliches Miteinander von
Sauerland oder Ostwestfalen, ist die Ein-    mit geistiger oder psychischer Behinde-        Menschen mit und ohne Behinderung im
wohnerzahl rückläufig. Hier stehen andere    rung und ihre nicht behinderten Kinder         Quartier.
Aspekte im Fokus: Das Angebot an gene-       im Bielefelder Süden. Clearing ist ein Ver-
rationengerechtem Wohnraum reicht meist      fahren, in welchem Hilfsbedarfe erkannt
nicht aus und viele Bestände entsprechen     und bedarfsgerechte Betreuungsleistungen       Dietrich Suhlrie, Vorstandsmitglied der NRW.BANK
etwa vom energetischen Zustand oder vom      vermittelt werden. Innovativ in der Bau-
Raumzuschnitt her nicht mehr heutigen
Anforderungen.
   Die Städte müssen für die Vielzahl
an Herausforderungen Lösungen entwi-
ckeln. Hierzu gehören vor allem der Neu-
bau geförderter Mietwohnungen und der                Die Bielefelder
Erhalt günstiger Bestandswohnungen,
                                                                                                                                               Fotos: sewcream/stock.adobe.com; Christian Lord Otto

                                                    Gemeinnützige
um die Versorgung mit preisgünstigem          Wohnungsgesellschaft
Wohnraum sicherzustellen. Im Rahmen              mbH sammelt seit
des Wohnraumförderungsprogramms des                 rund 20 Jahren
Landes bietet die NRW.BANK eine große                  Erfahrungen
Bandbreite an Förderangeboten, mit denen            mit inklusivem
Wohnungsunternehmen und private Inves-            Wohnen und den
toren bei Neubau und Modernisierung             dafür notwendigen
unterstützt werden. Daneben leistet die       Mindeststandards von
Wohnraumförderung einen wesentlichen              Mietwohnungen.

10 WirKommunalen 2/18
Als die
Zukunft
gebaut
wurde.
Die Nachkriegsarchitektur im
Europäischen Kulturerbejahr 2018

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PLANEN | BAUEN | WOHNEN

NEUE LEBENSQUALITÄT
                                                                                            gewesen“, berichtete Hans-Peter Blank. Die
                                                                                            neuen Fenster tragen neben den hochwär-
                                                                                            medämmenden Fassaden dazu bei, dass

IM „WABENQUARTIER“                                                                          die Energieeinsparung (KfW 85 Standard)
                                                                                            nach Abschluss der Baumaßnahmen beson-
                                                                                            ders hoch sein wird. „Dies hat zur Folge,
Die Wohnungsgenossenschaft Duisburg-Mitte achtete bei der                                   dass der Anstieg der Mieten in etwa analog
                                                                                            zu den jeweils eingesparten Energiekosten
Sanierung einer Wohnanlage auch auf die Umwelt                                              der Bewohner verläuft“, betont Architekt
                                                                                            Stell.
ANDREAS ARNOLD
                                                                                                        Weiterer Pluspunkt
                                                                                                       für die Umweltbilanz

W
        ie die Waben eines Bienenstocks      Die Architekten setzten dabei besonders an     Ein weiterer Pluspunkt für die Umweltbi-
        mutet der Grundriss der Wohn-        den Gebäudefassaden auffällige optische        lanz des Wabenquartiers ergibt sich aus
        anlage im Duisburger Stadtteil       Akzente: Die insgesamt 164 Balkone mit         der Entsorgung der großen Menge an PVC-
Neudorf an. Die auffällige Architektur       Schiebeläden, die in unterschiedlichen Farb-   Altfenstern. Diese werden im bundesweiten
verlieh dem in den 1970er Jahren errich-     tönen gestaltet sind, sorgen im Quartier für   Rewindo-Recyclingsystem         werkstofflich
teten Gebäudekomplex seinen Namen            ein abwechslungsreiches Gesamtbild. Über       recycelt und wiederverwertet. Die Biotrans
„Wabenquartier“. Inzwischen waren die        10.000 Quadratmeter an Vorhangfassaden         GmbH aus Schwerte sammelt die ausge-
neun Häuser mit insgesamt 173 Woh-           wurden verbaut, ferner 3.000 Quadratmeter      dienten Bauelemente an der Baustelle ein
nungen allerdings in die Jahre gekommen.     Wärmedämmverbundsysteme, 3.000 Qua-            und sorgt für eine erste Aufbereitung des
Der Bauherr, die Wohnungsgenossenschaft      dratmeter Flachdachflächen sowie 1.300         Materials. Dabei werden nach der Entgla-
Duisburg-Mitte e.G., entschloss sich zur     laufende Meter an Balkonbrüstungen. „Wir       sung zunächst Metalle und weitere Stoffe
umfassenden Sanierung der Wohnhäuser.        können hier ohne Übertreibung von einem        vom Kunststoff getrennt. Das vorkonfek-
Sie wird in drei Bauabschnitten bis Herbst   ‚Leuchtturmprojekt‘ für den zentrumsnahen      tionierte PVC-Material geht anschließend
2018 abgeschlossen sein. Etwa 12 Millio-     Duisburger Stadtteil Neudorf sprechen“, so     an den Recyclingpartnerbetrieb VEKA
nen Euro werden dafür investiert.            Architekt Hans-Ludwig Stell. Der Bauherr       Umwelttechnik GmbH in Thüringen, der
   Die Maßnahmen beinhalten die Wär-         habe bei der Sanierungsplanung langfristig     auf den Bereich PVC-Altfensterrecycling
medämmung der Fassaden und Flachdä-          und zukunftsorientiert gedacht und neben       spezialisiert ist. Die sortenrein getrennten
cher, begrünte Dachterrassen sowie den       ökologischen und ökonomischen Aspek-           PVC-Bestandteile werden weiter zerklei-
Einbau von Kunststofffenstern mit Drei-      ten auch die soziale Komponente im Auge        nert und schließlich am Ende des Recyc-
fachverglasung. Zusätzlich werden die        gehabt.                                        lingprozesses erhitzt und durch einen Filter
vorhandenen Loggien zurückgebaut und                                                        gepresst, um letzte Fremdpartikel auszu-
so zusätzliche Wohnfläche geschaffen.                    Besonders hohe                     sondern. Das dabei zurückgewonnene reine
Über barrierefreie bodentiefe Schiebe-                  Energieeinsparung                   PVC-Granulat ist dann der Ausgangsstoff
türelemente sind die neuen vorgestellten     Vom      Duisburger    Fensterbauunterneh-     für neue Kunststofffenster mit Recyclat-
großzügigen Balkone erreichbar. Zudem        men Tischlerei Blank wurden über 1.100         kern.
schaffen mechanisch bedienbare Schiebe-      Altfenster aus PVC ausgebaut und gegen            „Auf diese Weise entsteht ein funkti-
läden Wind- und Sonnenschutz. Im Innen-      moderne, energiesparende Kunststoff-           onierender Materialkreislauf für Kunst-
bereich erhalten die Gebäude verglaste       fenster ausgetauscht, die auch schon soge-     stofffenster“, erklärte Rewindo-Geschäfts-
Aufzüge und neue Wohnungstüren. Darü-        nannte Recyclat-Anteile, also PVC aus          führer Michael Vetter. Das bedeutet: „Die
ber hinaus wurden die Immobilien barrie-     recycelten Altfenstern, enthalten. „Die        Altfenster aus Duisburg haben ihr Leben
rearm ausgestattet und mit neuem Sicher-     alten Fenster der Marke Schnicks wurden        nicht etwa bereits hinter sich, sondern an
heitskonzept versehen. Nach Abschluss        bei der Errichtung der Wohngebäude von         einem anderen Ort noch ein langes Leben
der Gebäudearbeiten werden die Außen-        meinem Vater eingebaut. Auf diese Weise        vor sich“. Besonders interessant aus öko-
anlagen umfangreich überarbeitet und neu     sind nun gleich zwei Generationen unseres      logischer Sicht: Durch die Recyclingfähig-
gestaltet.                                   Familienbetriebs beim Wabenquartier tätig      keit von PVC könnten die Fenster sogar
                                                                                            noch Jahrhunderte weiter ihren Dienst
                                                                                            tun. Denn Versuche ergaben, dass Kunst-
                                                                                            stofffenster, deren Lebensdauer wenigstens
                                                                                            30-40 Jahre beträgt, ohne bauphysikali-
                                                                                            schen Qualitätsverlust mindestens sieben-
                                                                                            mal recycelt und wiederverwertet werden
                                                                                            können.

                                                                                            Weitere Infos
                                                                                            www.wgd-mitte.de
                                                                                            www.rewindo.de
                                                                                                                                            Foto: Jochen Helle

                                                                                            Im Wabenquartier wurden über
                                                                                            1.100 Altfenster durch moderne
                                                                                            Kunststofffenster ersetzt.

12 WirKommunalen 2/18
mehr qualifiziertes Personal in Bau- und
                                                                                                                                                      Stadtplanungsämtern sowie durch die
                                                                                                                                                      Nutzung professioneller Dienstleister, um
                                                                                                                                                      eine beschleunigte Baulandmobilisierung
                                                                                                                                                      sicherzustellen.
                                                                                                                                                          Auch die Gründung öffentlich-priva-
                                                                                                                                                      ter Entwicklungsgesellschaften kann die
                                                                                                                                                      jeweiligen Stärken privater und öffentlicher
                                                                                                                                                      Akteure zur Baulandentwicklung zusam-
                                                                                                                                                      menbringen.
                                                                                                                                                          Das Potenzial regionaler Strategien
                                                                                                                                                      sollte ausgeschöpft werden, um alle Mög-
                                                                                                                                                      lichkeiten interkommunaler Kooperation
                                                                                                                                                      zur Lösung der Baulandengpässe zu nut-
                                                                                                                                                      zen.

                                                                                                                                                           Kooperative Baulandmodelle
                                                                                                                                                                     nutzen!
                                                                                                                                                      Hier werden durch einen Dienstleister im
                                                                                                                                                      Auftrag der Kommunen, Baugebiete ent-
                                                                                                                                                      wickelt und die Grundstücke unter Beach-
                                                                                                                                                      tung einer Sozialquote von z.B. 30 Prozent
                                                                                                                                                      für den öffentlich geförderten Wohnungs-
                                                                                                                                                      bau an den Markt gebracht.
                                                                                                                                                          Steuerliche Anreize durch Einführung
                                                                                                                                                      einer degressiven Abschreibung und Opti-
                                                                                                                                                      mierung von Grund- und Grunderwerbs-
                                                                                                                                                      steuer stehen auf der Agenda.
                                                                                                                                                          Eine optimierte Grundsteuer sollte die

                                                              BAULAND­                                                                                Spekulation mit unbebauten Grundstücken
                                                                                                                                                      unattraktiv machen. Die Grunderwerbs-

                                                              MOBILISIERUNG:
                                                                                                                                                      steuer sollte grundsätzlich gesenkt werden
                                                                                                                                                      oder geeignete Ausnahmetatbestände defi-
                                                                                                                                                      nieren: z.B. Steuerbefreiung für Kommu-

                                                              ALLE SIND
                                                                                                                                                      nen für den kommunalen Zwischenerwerb
                                                                                                                                                      oder befristete Grunderwerbssteuersenkun-
                                                                                                                                                      gen für Familien mit Kindern respektive

                                                             ­G EFORDERT                                                                              bestimmte Einkommensgrenzen.
                                                                                                                                                          Auch das beschleunigte Verfahren im
                                                                                                                                                      Außenbereich nach § 13b BauGB sollte ver-
                                                                                                                                                      längert werden, um in integrierten Lagen
                                                                                                                                                      am Siedlungsrand arrondierten Wohnungs-
                                                                                                                                                      bau umsetzen zu können. Die Umsetzung
                                                           Steigende Baulandpreise sind einer der stärksten                                           einer Innenentwicklungsmaßnahme kann
                                                                                                                                                      einen Weg aufzeigen, Bauland konsequen-
                                                           Kostentreiber beim Wohnungsbau                                                             ter zu mobilisieren.

                                                           MARTIN RIEDISSER                                                                                  Qualität durch integrierte
                                                                                                                                                            ­Stadtentwicklung sichern!
                                                                                                                                                      Trotz der aktuell auf den Wohnraumman-

                                                           D
                                                                 ie Bundesregierung will bis 2021 1,5   Das besondere Städtebaurecht sollte gezielt   gel fokussierten Politik sollte eine vorraus-
                                                                 Millionen Wohnungen schaffen und       genutzt werden: Städtebauliche Entwick-       schauende antizyklische Bodenvorratspoli-
                                                                 hat dafür u.a. eine Expertenkommis-    lungsmaßnahmen, Umlegungen, Nutzung           tik auf Wohn-, Gewerbe und Grünflächen
                                                           sion „Nachhaltige Baulandmobilisierung       des kommunalen Vorkaufsrechts, aber           ausgerichtet sein. Strategisch wichtige
                                                           und Bodenpolitik“ eingesetzt, die bereits    auch das Instrument Erbbaupacht, Bebau-       Grün- und Freiflächen sind für eine inte-
                                                           im nächsten Jahr Ergebnisse vorlegen soll.   ungspläne nach §13a oder §13b BauGB.          grierte nachhaltige Stadtentwicklung zu
                                                           Denn Bauland ist der zentrale Engpass-       Die Vergabe von Bauland sollte möglichst      sichern. Auch dafür sind alle Akteure
                                                           faktor bei der Bereitstellung von ausrei-    durch Konzeptvergaben mit Blick auf die       gefordert.
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                                                           chendem bezahlbarem Wohnraum.                Wirksamkeit für den Wohnungsmarkt
                                                              Grundsätzlich liegt der Schlüssel zur     erfolgen.
                                                           Baulandmobilisierung in der Hand der
                                                           Kommunen und ist nur durch einen Mix                Stärkung kommunaler                                 Martin Riedißer, GF LBBW Immobilien
                                                           an Maßnahmen zu erreichen. Die Kom-             ­Handlungsfähigkeit notwendig!                          Kommunalentwicklung GmbH und
                                                           munen sollten eine vorausschauende nach-     Wir stellen aber vielfach fest, dass die                   Vertreter der STADTENTWICKLER.­
                                                           haltige Bodenvorratspolitik betreiben, und   Kommunen für diese Aufgaben nicht gut                      BUNDESVERBAND e.V. in der Experten-
                                                           dafür zunächst ein Brach- und Potenzial-     aufgestellt sind. Hier sollte die Hand-                    kommission „Nachhaltige Baulandmobili-
                                                           flächenkataster führen und alle planungs-    lungsfähigkeit der Kommunen dringend                       sierung und Bodenpolitik“ des Bundes
                                                           rechtlich bebaubaren Flächen erfassen.       gestärkt werden, sei es personell durch

                                                                                                                                                                          WirKommunalen 2/18 13
PLANEN | BAUEN | WOHNEN

Beeinflusst Neid die Architektur von Flüchtlingsunterkünften?

VISUELLE NEIDABWEHR
Rezension „Architektur als Ausdruck politischer Kommunikation“
CARL-FRIEDRICH HÖCK

W
        ie beeinflussen Architektur und                                                                         anderes eine Rolle: die öffentliche Mei-
        städtebauliche Maßnahmen die Inte-                                                                      nung. „Vor allem Neid konnte als entschei-
        gration von Geflüchteten? Das hat                                                                       dende Kraft bei der Gestaltung der Unter-
Franziska Küster untersucht und zahlreiche                                                                      künfte identifiziert werden“, schreibt die
Experten befragt. Ihr Fazit: Die öffentliche                                                                    Autorin. „Zudem wurde der gesellschaft-
Meinung hat einen Einfluss darauf, wie die                                                                      liche Widerstand als eine Ursache für das
Unterkünfte gestaltet werden.                                                                                   oftmals temporär erscheinende Äußere der
   So viele Geflüchtete wie im Jahr 2015                                                                        Unterkünfte ausgemacht.“ Anders gesagt:
sind in der Geschichte der Bundesrepublik                                                                       Die Optik der Einrichtungen sei „ein
zuvor nie ins Land gekommen. Die Folge:                                                                         In­strument zur visuellen Neidabwehr“.
Der Staat musste improvisieren. Überall                                                                         Somit erklärt sich auch ihr Buchtitel, der
im Land wurden eiligst Notunterkünfte                                                                           Architektur als einen Ausdruck politischer
errichtet. Einige sind mittlerweile wieder                                                                      Kommunikation bewertet.
verschwunden. Doch auch heute noch ste-
hen Leichtbauhallen oder Containerdörfer                                                                                  Erschwerte Nachnutzung
in vielen Kommunen. Anderswo sind güns-                         Franziska Küster                                Die Autorin verweist darauf, dass sie auf
tige Modulbauten entstanden, mit denen der                      ARCHITEKTUR ALS AUSDRUCK POLITISCHER            Basis ihrer Interview-Methode keine wis-
Staat dauerhaft Wohnraum für Geflüchtete                        KOMMUNIKATION                                   senschaftlich belegten Thesen liefern könne.
und Alt-Einheimische schaffen will.                             Zur Unterbringungssituation von Geflüchteten    Vielmehr gehe es ihr darum, auf bisher
                                                                in Deutschland                                  übersehene Aspekte aufmerksam zu werden
        Die Unterkunft beeinflusst                              Büchner-Verlag, 2018, 2010 Seiten, 19,00 Euro   und neue Hypothesen (also Annahmen) zu
             die Integration                                    ISBN 978-3-96317-108-6                          entwickeln. Sollte sich Küsters Neid-Ver-
Die Soziologin und Kommunikationswis-                                                                           dacht allerdings als zutreffend herausstellen,
senschaftlerin Franziska Küster schreibt:                                                                       wirft das Fragen auf. Etwa diese: Welche
„Je mehr Themen wie die Wohnsituation                                                                           Folgen haben bewusst „ärmlich” gestal-
und Integration von Geflüchteten in den                     schen in Kontakt kommen. Die Architektur            tete Unterkünfte für den Ruf und damit
Fokus der Öffentlichkeit rücken, desto                      wirkt sich darauf aus, ob die Migranten             die Entwicklung eines Quartiers? Verfestigt
dringlicher ist die Frage, wie dieser Auf-                  sich im Zufluchtsland wohl- und damit gut           die Architektur eine Zwei-Klassen-Gesell-
                                                                                                                                                                 Foto: WS-Design/stock.adobe.com

gabe nicht nur gesellschaftlich und poli-                   aufgenommen fühlen. Zugleich schränkt               schaft? Und was bedeutet all das für die
tisch, sondern auch architektonisch und                     Küster ein: Noch bedeutender für die Inte-          Nachnutzung der Flüchtlingsunterkünfte,
städtebaulich begegnet werden kann.“ Was                    gration seien die Menschen, mit denen die           beispielsweise als Wohnraum für Studie-
fördert Integration und was hemmt sie?                      Geflüchteten in Kontakt kommen – etwa               rende oder andere finanzschwache Bevöl-
Das wollte Küster herausfinden. Deshalb                     das Personal in den Unterkünften und                kerungsgruppen? Es könnte sich lohnen,
hat sie für eine Studie zahlreiche Exper-                   andere Mittler zwischen Alteingesessenen            diesen Fragen in weiteren Studien nachzu-
ten interviewt, die mit dem Thema befasst                   und neuen Ortsbewohnern.                            gehen.
sind: Architekten, Politologen, Stadtplaner.                    Aufgrund der Interviews kommt Küs-
Küster stellt fest: Die Unterkünfte haben                   ter ein beklemmender Verdacht. Bei der
einen entscheidenden Einfluss auf die Inte-                 Gestaltung der Unterkünfte spiele neben             Dieser Artikel ist zuerst am 21. August 2018
gration. Der Standort entscheidet mit darü-                 rechtlichen, ökonomischen und pragma-               auf demo-online.de erschienen.
ber, ob die neu Zugezogenen mit den Deut-                   tischen Rahmenbedingungen noch etwas

14 WirKommunalen 2/18
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                                                 Praxismagazin für Politik in Stadt und Land
                                                       2/16                                                 ommu 316-61
                                                                                                           azin für Politik na
   irKagazoinmfür Pomlitikuin nStadat und Land
                                                                                                  Tel.   030/7407
                                                                                                  Praxismag                          len
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                                                                                                                   nd
                                                                                                                           in Stadt und
                                                                                                                                        La
Praxism                                                                                                                                      1/18

                                                 DEMOGRAFISCHER
                                                 WANDEL                                        KO M MUN A
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                                                                                                        L ANDSCHA
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           GLOB IERT                                  Möglichkeiten, eine lebenswerte und zukunftsfähige Kommune für kommende
              G
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                                                      Generationen zu gestalten. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt unter-
                                                AG

                                                      stützt Landkreise, Städte und Gemeinden auf diesem Weg.
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