Immobilien aktuell Schwerpunkt Investoren bauen an der Nachfrage vorbei Bessere Verdichtung dank Mehrwertabgabe - ZKB
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Immobilien aktuell Ausgabe März 2019 Schwerpunkt Investoren bauen an der Nachfrage vorbei Bessere Verdichtung dank Mehrwertabgabe
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Die Diskussion um eine haushälterische Nutzung des knappen Bodens wurde im Zuge der Zersiedelungsinitiative jüngst intensiv geführt. Im Grundsatz waren sich Befürworter und Gegner der Initiative einig, wie wichtig die Entwicklung der Siedlungen nach innen ist. Die derzeitige Bautätigkeit zeigt jedoch in die andere Richtung. Im Zeitalter des Anlagenotstands wird die Schmerz- grenze der Investoren hinsichtlich Leerständen hoch bleiben, sodass an vielen peripheren Lagen weiterhin rege gebaut wird. Umso wichtiger ist es, Anreize zur inneren Verdichtung zu setzen. Wir sehen in der Mehrwertabgabe ein geeignetes raumplanerisches Instrument dafür und zeigen, wie die Zürcher Kantonalbank in einem realen Beispiel den Mehrwert bestimmt hat. Und: Hochhäuser stehen geradezu beispielhaft für die innere Verdichtung, dennoch lohnt sich ein kritischer Blick auf den Boom. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre. Ursina Kubli Zürcher Kantonalbank, Immobilienresearch Schwerpunkt Renditeliegenschaften 06 Mietwohnungsbau 14 «Für komplizierte Fälle 03 Meinung und Prognose Investoren bremsen nicht, werden nach wie vor Problematik der leeren wo sie sollten Bewertungen nötig sein» Mietwohnungen bleibt 08 Hochhausfieber Schweiz 16 Mehrheitsfähig durch 04 Konjunktur und Zinsen Wie viele Etagen verträgt Mehr wertabgabe Binnenkräfte dämpfen der Markt? Konjunkturabschwächung 17 Büromarkt Zürich 12 Mehrwertabgabe als Büroneubau – Fluch oder 10 Welche Gemeinde Verdichtungsinstrument Segen? passt zu mir? ZKB Gemeindebericht Impressum Herausgeberin Analytics Immobilien, Zürcher Kantonalbank Redaktion Othmar Köchle Gestaltung JoosWolfangel, Winterthur Druck Druckerei Mattenbach, Winterthur Titelbild Gian-Reto Hassler, Immobilienbewerter der Zürcher Kantonalbank, auf dem aufgezonten Areal in Effretikon Bilder Titelbild, S. 14 – 15 © Zeljko Gataric, Zürich; Editorial, © Meinrad Schade, Zürich Auflage 37’225 Expl. Erscheint ½-jährlich Kontakt medien@zkb.ch Abonnement www.zkb.ch / immobilienpublikationen oder 0844 843 823 Dieses Dokument dient ausschliesslich Informationszwecken. Alle Informationen und Daten in diesem Dokument stammen aus Quellen, welche die Zürcher Kantonalbank zum Zeit- punkt der Erstellung dieses Dokuments für zuverlässig hielt. Alle Berechnungen wurden mit grösster Sorgfalt erstellt. Trotzdem kann keine Gewähr für deren Richtigkeit, Genauigkeit, Vollständigkeit und Angemessenheit übernommen werden – weder ausdrücklich noch stillschweigend. Die Zürcher Kantonalbank lehnt diesbezüglich jegliche Haftungsansprüche ab. 2 Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank
Meinung und Prognose Problematik der leeren Mietwohnungen bleibt Zwar wird sich die Bautätigkeit in der Schweiz ab 2020 etwas beruhigen. Das Niveau bleibt jedoch hoch, und der Wohnraum entsteht nicht immer dort, wo die Nachfrage am grössten ist. Die Leerstandsproblematik wird sich in gewissen Regionen noch verschärfen. Während die Mieten insgesamt stabiler sind als häufig gedacht, dürfte das Preiswachstum bei Eigenheimen weiter anhalten. Von Ursina Kubli, Leiterin Analytics Immobilien Neben Wahlplakaten prägen Mietwohnungsplakate 2018 gesunken sind, dürfte das Vermögen im enttäu- am Strassenrand immer mehr das Bild in ländlichen schenden Anlegerjahr ebenfalls gelitten haben. Die Regionen. Damit wird schon von blossem Auge Tragbarkeit ist folglich erneut gesunken und erschwert erkennbar, wie harzig die Mietersuche auf dem Land die Finanzierung eines Eigenheims. Wird die Luft für oftmals ist. Obwohl die Problematik der Leerstände die Eigenheimpreise nicht langsam dünn? längst erkannt ist, bremsen die Investoren nicht immer da, wo sie sollten. Ausgerechnet in den Städten, die Die Gründe für die noch immer robuste Preisdynamik von der Leerstandsproblematik verschont sind, wurden bei Eigenheimen sind angebotsseitig zu finden. Die 2018 weniger Baubewilligungen erteilt als im Vorjahr. Bautätigkeit fristete im Eigenheimsegment in den ver- Da Wohnraum auch in Zukunft nicht unbedingt da gangenen Jahren immer mehr ein Schattendasein, weil entstehen wird, wo die grösste Nachfrage ist, dürften sie sich aus Renditeüberlegungen vornehmlich auf den die Leerstände weiter steigen. Dies gilt selbst dann, Mietwohnungsbereich konzentrierte. Im Kanton Zürich wenn sich die Bautätigkeit in der Schweiz ab 2020 schlägt sich die geringere Neuproduktion von Eigen- etwas beruhigt und die Zuwanderung wieder leicht heimen inzwischen auch in den Freihandtransaktionen anzieht. nieder. Während es in den vergangenen Jahren bei Stockwerkeigentumswohnungen im Mittel 1100 Bis anhin haben die Mieten nur marginal auf die Leer- Kaufabschlüsse pro Quartal gab, sind es aktuell mit stände reagiert. Schweizweit erwarten wir auch in durchschnittlich 900 Freihandtransaktionen pro Quar- Zukunft trotz steigender Leerstände nur einen gerin- tal deutlich weniger. Die Angebotsverknappung kom- gen Rückgang der Angebotsmieten. Im Kanton Zürich biniert mit den tiefen Zinsen dürfte bei Eigenheimen ist das Minus ganz aus unseren Prognosen verschwun- weiterhin für ein solides Preiswachstum sorgen. Im den. Hier erwarten wir stagnierende Angebotsmieten Kanton Zürich sogar noch etwas stärker als in der rest- in diesem Jahr und ein leichtes Plus im nächsten Jahr. lichen Schweiz. Rund die Hälfte aller Mietwohnungen des Kantons befinden sich in den drei grössten Städten Zürich, Winterhur und Uster, wo die Mietwohnungsnachfrage sehr gross ist. Prognosen Wohnungsmarkt 2017 2018 2019* 2020* Während die Renditeliegenschaften die Diskussionen Bautätigkeit Wohnungen CH 1 50’300 53’900* 52’600 50’400 Bautätigkeit Wohnungen ZH1 8’100 9’000* 10’100 9’700 zum Schweizer Immobilienmarkt in letzter Zeit domi- Leere Mietwohnungen CH 52’700 59’700 65’900 71’800 nierten, erhielten die Entwicklungen im Eigenheim- Leere Mietwohnungen ZH 5’500 6’300 7’000 7’600 markt weniger Beachtung. Die Eigenheimpreise blei- Angebotsmieten CH – 0,1 % – 0,4 % – 0,5 % – 0,5 % ben währenddessen ihrem Aufwärtstrend treu und Angebotsmieten ZH 0,3 % 0,6 % 0,0 % 0,5 % stiegen im Kanton Zürich im vergangenen Jahr um Preise Wohneigentum CH 2 0,9 % 2,8 % 2,0 % 1,5 % 3,7 %. An kontinuierliche Preissteigerungen hat man Preise Wohneigentum ZH 4,9 % 3,7 % 3,0 % 2,5 % sich gewöhnt. Die letzte Erfahrung mit sinkenden Referenzzinssatz 1,50 % 1,50 % 1,50 % 1,50 % Preisen geht bis ins Jahr 2004 zurück. Bemerkenswert * Prognose Zürcher Kantonalbank 1 Starke Veränderung aufgrund einer Änderung der Datengrundlage sind die steigenden Eigenheimpreise jedoch, wenn 2 Änderung von Wüest Partner Angebotsindex auf Transaktionspreisindex man sie im Kontext der Entwicklungen von Einkom- (Mischindex STW und EFH) men und Vermögen sieht. Während die Reallöhne Quelle: Thomson Reuters Datastream, Zürcher Kantonalbank Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank 3
Konjunktur und Zinsen Binnenkräfte dämpfen Konjunkturabschwächung Der stabile Arbeitsmarkt wird zur Stütze der Schweizer Wirtschaft. Indes sprechen rückläufige Konjunktur- und Inflationserwartungen weiterhin für niedrige Zinsen. Die Effekte des aktuell zur Disposition stehenden Rahmenabkommens auf Zinsen und Immobilien bleiben vorerst bescheiden. Von David Marmet, Chefökonom Schweiz Im Herbst 2018 war das Konjunkturbild strahlend hell. Konjunkturelle Vorlaufindikatoren im Sturzflug Nun deuten die konjunkturellen Vorlaufindikatoren es 70 115 an: Die Schweizer Wirtschaft kann das Wachstum aus dem vergangenen Jahr nicht halten. 2019 wird sich die 65 Wachstumsrate gegenüber 2018 beinahe halbieren. Wir 60 105 rechnen nur gerade mit einem BIP-Wachstum von 1,3 %. Was ist schiefgelaufen? Zwar war die konjunktu- 55 relle Abflachung für 2019 bei den Konjunkturauguren 50 95 auf dem Radarschirm, die Geschwindigkeit des Stim- mungsumschwungs vermag aber 45 1,3% dennoch zu überraschen. Ausgelöst 40 85 wurde der Umschwung mit den ent- 2012 2014 2016 2018 täuschenden Wachstumszahlen in Einkaufsmanagerindex PMI KOF-Barometer (rechte Skala) der Eurozone, die zuerst auf Sonder- Quelle: Thomson Reuters, Zürcher Kantonalbank BIP-Wachstum 19 faktoren zurückgeführt wurden (z.B. Emissionstests in der Automobil- Zinswende Schweiz lässt auf sich warten industrie, Haushaltsstreit in Italien). In der Zwischenzeit Zweifelsohne war der Erdölpreis der Haupttreiber für hat sich ein breitflächiger Wachstumspessimismus ausge- den Rückgang der Inflation. Dieser rohstoffbedingte breitet. 2018 gingen 52 % aller Schweizer Warenexporte Druck auf die Inflation läuft in den nächsten Monaten in die EU, und gar über 70 % aller Schweizer Importe aus. Indes liefern andere Gütergruppen zurzeit kaum stammten aus der Europäischen Union – es erstaunt Hinweise für eine in naher Zukunft merklich anziehende also nicht, dass die Schweizer Wirtschaft vom Negativsog Inflationsrate. Die Preisstabilität ist also gewährleistet, in der EU mitgerissen wird. Schlittert die Schweiz nun und die Schweizerische National- –0,75 % geradewegs in eine Rezession? Wohl kaum. bank (SNB) hat keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, an ihrer aktuellen Zum einen dämpft der Gütermix der Schweizer Waren- geldpolitischen Ausrichtung etwas zu exporte. So sind weit über 50 % der Exporte entweder ändern. Zumal sich die Europäische dem Pharmasektor oder medizinischen Instrumenten Zentralbank (EZB) mit der Frage kon- Geldmarktsatz 19 und Apparaten zuzuordnen, also Gütern, die nicht kon- frontiert sieht, ob der Eurozone ein junktursensitiv sind. Zum anderen stützt die Binnenwirt- sogenanntes japanisches Szenario bevorsteht: niedriges schaft. Die Arbeitslosenrate notiert Wachstum, niedrige Inflation und folglich niedrige Zin- 0,5% aktuell auf einem 15-Jahre-Tief, und sen. Die EZB wird also in den kommenden Quartalen die Mehrheit der Unternehmen nicht in der Lage sein, ihren Leitzins anzuheben, ohne beabsichtigt immer noch, ihren Per- Diskussionen über eine erneute Euroschuldenkrise zu sonalbestand zu erhöhen. Zudem entfachen. Dadurch sind auch der SNB die Hände länger Reallohnwachstum 19 können die Lohnbezüger mit einem gebunden, als ihr lieb ist. Die Schweizer Zinswende lässt positiven Reallohn rechnen, obwohl somit noch lange auf sich warten. Auch bei den Lang- die Nominallöhne gemäss den Herbst-Umfragen in die- fristzinsen zeichnet sich keine Wende ab. Gedämpfte sem Jahr nur gerade um 1 % steigen werden. Mit dem Konjunktur- und Inflationserwartungen sowie Über- Inflationsrückgang der letzten Monate resultiert jedoch schüsse im schweizerischen Bundeshaushalt sorgen für eine positive Kaufkraft – notabene die erste seit 2016. niedrige «Eidgenossen»-Renditen. 4 Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank
Inflation folgt den rückläufigen Energiepreisen (Inflation in %, Beiträge in Prozentpunkten) 1,5 1,0 0,5 0,0 – 0,5 – 1,0 – 1,5 2012 2014 2016 2018 Inländische Güter Erdölprodukte Ausländische Güter exkl. Erdölprodukte Konsumentenpreisindex Quelle: Thomson Reuters, Zürcher Kantonalbank InstA-Effekt auf Zinsen und Immobilien Schweiz, also das strukturell niedrige Zinsniveau in der Die SNB kann die Zinsen zeitlich vor der EZB anhe- Schweiz, würde beim «Swiss Finish» kleiner werden. ben, falls die Inflationserwartungen in der Schweiz Der Nichtabschluss neuer bilateraler Abkommen würde markant steigen sollten. Die wichtigste Quelle der hingegen das Wachstum im Aussenhandel bremsen Inflation wäre eine robuste, kompetitive Wirtschafts- und so den Inflationseffekt wieder neutralisieren. lage, die merkliche Lohnpreissteigerungen zulassen Sowohl die Inflation als auch das Zinsniveau werden würde. Eine andere Quelle wäre eine De-Internationali- durch das Rahmenabkommen somit kaum spür- und sierung der Schweizer Wirtschaft. So stellt sich die messbar tangiert – sofern der Schweizer Franken wei- Frage, ob bei einem Nichtzustandekommen des zurzeit terhin seine Funktion als sicherer Hafen innehat. in der Schweiz mittels Konsultationen intensiv diskutier- ten institutionellen Abkommens mit der EU (InstA, Wie stark der Immobilienmarkt vom Entscheid des Rahmenabkommen) das Schmiermittel «ungehinderter Rahmenabkommens betroffen ist, hängt in erster Linie Zugang zum EU-Binnenmarkt» zur Disposition stünde von der Frage nach der Weiterführung des Personen- und sich dadurch höhere Zinsen rechtfertigen. freizügigkeitsabkommens (FZA) ab. Sollte sich eine Aufkündigung des FZA abzeichnen, ist mit «Vorzieh- Bei einem Nein zum Rahmenabkommen würde Mitte effekten» zu rechnen. Die Netto-Zuwanderung aus 2019 die Äquivalenz der Schweizer Börsenregulierung den EU/EFTA-Staaten, die in den beiden letzten Jahren wegfallen. Gleichzeitig träte die Schweizer Verordnung bei knapp 31’000 Personen pro Jahr lag, dürfte kurz- über die Anerkennung ausländischer Handelsplätze in fristig anziehen. Bei einer dannzumal eigenständig Kraft, was den negativen Effekt auf die Schweizer gesteuerten Einwanderungspolitik ist indes mit einer Wirtschaft zumindest dämpfen würde. Anschliessend niedrigen Zuwanderung zu rechnen. Insbesondere der wäre die Weiterentwicklung des Abkommens über Familiennachzug, der 2018 mit rund 30 % der zweit- technische Handelshemmnisse (MRA) in der Schwebe. wichtigste Zuwanderungsgrund war, dürfte beim FZA- Solange die Schweiz den autonomen Nachvollzug Wegfall deutlich niedriger ausfallen. In den 1990er- solch neuer Regelungen gewährleistet, dürften die Jahren, also vor Inkrafttreten des FZA, lag die Zuwan- unmittelbaren Kosten überschaubar bleiben, werden derung im Durchschnitt um 20’000 Personen tiefer als doch 92 % aller Schweizer Warenexporte von Unter- heute. Wird diese Periode als Massstab herangezogen, nehmen abgewickelt, die Teil einer Gruppe sind und würde sich die Nachfrage nach Wohnraum reduzieren bei denen somit die Vertrautheit mit EU-Regelungen und – je nach Region – einen negativen Einfluss auf die als gegeben angesehen werden kann. Erst ein «Swiss Immobilienpreise zeitigen. Sollte trotz eines Nichtzu- Finish» würde die Produktionskosten rasch ansteigen standekommens des Rahmenabkommens das FZA wei- lassen. Handelshemmnisse führen typischerweise zu terhin Bestand haben, bleiben die Effekte auf Zinsen einer höheren inländischen Inflation. Der Zinsbonus und Immobilien insgesamt recht bescheiden. Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank 5
Mietwohnungsbau Investoren bremsen nicht, wo sie sollten Den Rückgang der Baubewilligungen sollte man nicht als gesunde Vorsicht der Investoren interpretieren. In vielen ländlichen Regionen, die mit Leerständen kämpfen, sind die Baubewilligungen anhaltend hoch. Ausgerechnet in den Städten, die von der Leerstandsproblematik verschont sind, wurden weniger Mietwohnungen bewilligt. Nachdem die tief hängenden Früchte in den städtischen Regionen geerntet wurden, sind die Projektmöglichkeiten beschränkt. Von Ursina Kubli, Leiterin Analytics Immobilien Die Zahl der Baubewilligungen ist in der Schweiz in der tiert ist. Bestimmt wissen das auch die Investoren, hat zweiten Jahreshälfte 2018 kräftig gefallen. Daraus sich die alte Immobilienweisheit «Lage, Lage, Lage» könnte man schliessen, dass die vielen leer stehenden doch tief in deren DNA verankert. Mietwohnungen ihre Spuren bei den Investoren hinter- lassen. Doch treten die Investoren an den richtigen Die Zurückhaltung der Investoren dürfte damit zusam- Orten auf die Bremse? Unsere Analysen der neu bewil- menhängen, dass die Möglichkeiten, neue Grosspro- ligten Mietwohnungsprojekte sprechen dagegen. jekte umzusetzen, in städtischen Gebieten begrenzt sind. Der Anlagenotstand besteht nun bereits seit Schweizer Mietwohnungsbau schwächt sich ab mehreren Jahren. Damit drängt schon seit längerer Zeit Die Mietwohnungsleerstände sind im vergangenen sehr viel Kapital in den Immobilienmarkt. Bauland- Jahr in den Fokus der Diskussionen zum Schweizer reserven wurden in den Städten vielfach genutzt, und Immobilienmarkt gerückt. Die Hauptsorge ist, dass die einfach zu realisierende Umnutzungen wurden voll- Investoren die steigenden Leerstände ignorieren und zogen. Neue Mietwohnungsprojekte sind nur mit immer aufgrund mangelnder Anlagealternativen unbeirrt wei- grösserem Aufwand zu realisieren. Die tief hängenden terbauen. Diesbezüglich war der Rückgang der Baube- Früchte sind in den Städten bereits geerntet. willigungen für Mietwohnungen, der sich im dritten und vierten Quartal 2018 in der Schweiz abzeichnete, Investoren weichen noch immer sehr zu begrüssen. Ab dem Jahr 2020 dürfte die in die Peripherie aus Anzahl neu ersteller Mietwohnungen nicht mehr ganz Finden die Investoren keine geeigneten Projekte in den so hoch sein wie noch in den Vorjahren. zentralen Lagen, weichen sie noch immer in die Peri- pherie aus. Häufig wurden in Regionen, in denen Grösster Rückgang in den Städten schon viele Mietwohnungen vergeblich auf ihre Mieter Der Blick auf die nationale Entwicklung täuscht jedoch warten, 2018 sogar noch mehr Wohnungen zum Bau über die regionalen Unterschiede hinweg. Wir gingen genehmigt als im Vorjahr. Nun kann es teilweise gute deshalb der Frage nach, ob die Investoren auch wirk- Gründe geben, warum Investoren trotz hoher Leer- lich in jenen Regionen auf die Bremse treten, die mit stände nicht auf die Bremse treten. Namentlich dann, einem Leerstandsrisiko zu kämpfen haben. Dazu haben wenn grössere Infrastrukturprojekte einen erheblichen wir die Entwicklung der baubewilligten Mietwohnun- Einfluss auf die räumliche Entwicklung einer Region gen im Jahr 2018 der aktuellen Mietwohnungsleer- haben. So zum Beispiel in den Regionen Bellinzona standsquote gegenübergestellt. Unsere Analysen zei- und Locarno im Kanton Tessin. Mit der Ende 2020 gen, dass der Rückgang der Baubewilligungen vorwie- geplanten Eröffnung des Ceneri-Basistunnels halbiert gend von den Städten ausging. In Zürich, Basel, Genf sich die Fahrzeit in das wirtschaftliche Zentrum und Lausanne war es jeweils ein Minus im zweistelli- Lugano. Damit dürfte es für in Lugano Beschäftigte gen Prozentbereich. Paradoxerweise wird ausgerech- attraktiver werden, in Bellinzona oder Locarno zu woh- net da gebremst, wo die Leerstände gar kein Problem nen, wo die Mieten derzeit noch um über zwanzig darstellen. In den meisten Städten ist das Verhältnis Prozent günstiger sind. Weichen immer mehr Mieter in von Arbeitsplätzen zum Wohnraum derart gross, dass die günstigeren Regionen aus, dürfte die Mietersuche die Mietwohnungsnachfrage auch in Zukunft garan- in Lugano hingegen noch schwieriger werden, als sie 6 Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank
In vielen Städten bekamen 2018 weniger Mietwohnungen grünes Licht zum Bau Entwicklung Baubewilligungen Lesebeispiel: In der Stadt 33% Zürich wurden 2018 trotz – 44% 55% niedriger Leer stände –20% 36 % weniger Miet- – 36% Basel !–19% 30% 37% ! -10% Winterthur wohnungen zum Bau Zürich 59% 108% –1% 675% ! – 57% 13% –10% –16% St. St.Gallen Gallen bewilligt als im Vorjahr. – 57% Aarau – 63% – 36% ! ! – 12% ! – 36% 68% Anzahl baubewilligter 158% ! Zürich 8% 800% Olten – 35% – 17% 0% 52% 68% Mietwohnungen gegen- 6% 30% – 63% über Vorjahr – 5% 30% – 29% 18% 89% Biel 172% – 25% 2% 478% ! 5% – 43% – 91% --83% 83% % 73% – 63% – 88% – 85% – 82% ! 43% – 31% 43% Luzern – 50% –100% 333% ! 200% 0% – 57% Bern 463% Chur 84% ! 0% 744% – 31% 0% 12% –15% – 30% – 76% 97% 87% – 32% – 29% – 82% – 100% – 50% 195% 879% –100% – 100% 100% – 23% – 78% ! Lausanne – 14% 100% – 100% 0% 250% 219% 254% 0% 250% 64% – 64% 35% – 74% – 61% 0% 37% –80% 1% ! 610% – 67% !Genf Sion 35% 47% 230% 9% Lugano ! 107% Leerwohnungsziffer tiefe mittelhohe hohe Leerstände Leerstände Leerstände Quelle: Bundesamt für Statistik, Schweizerisches Baublatt, Swisstopo.ch, Zürcher Kantonalbank ohnehin schon ist. In Lugano lässt sich somit nicht in dynamisch wachsenden Regionen wie zum Beispiel erklären, weshalb 2018 so viele Baubewilligungen dem Aargau dürfte sich die Leerstandsproblematik durchgewunken wurden. Auch in vielen anderen Regi- folglich in den nächsten Jahren etwas entspannen. Die onen gibt es keine offensichtlichen Gründe, weshalb erhoffte Entspannung am Schweizer Mietwohnungs- immer noch mehr Bauprojekte geplant sind. In diesen markt könnte somit regional ganz unterschiedlich aus- Regionen dominiert wohl noch immer der Grund fallen. «Anlagenotstand». So sind zum Beispiel im Unterwallis und im Jura die baubewilligten Mietwohnungen Gesunde Vorsicht? erneut in die Höhe geschnellt, obwohl bereits sehr Vielleicht ist es etwas verfrüht, den Rückgang der Bau- viele Mietwohnungen verfügbar sind und die Bevölke- bewilligungen als gesunde Vorsicht der Investoren zu rung in der Vergangenheit kaum gewachsen ist oder interpretieren. Solange die Zinsen auf dem tiefen sogar rückläufig war. Dasselbe gilt in Olten, Solothurn Niveau verharren, wird die Schmerzgrenze der Investo- und Grenchen, wo sich die Spannungen am Mietwoh- ren bezüglich Leerständen hoch bleiben. Wie auch bei nungsmarkt nicht so rasch legen werden. allen anderen Finanzanlagen müssen Investoren im heutigen Zinsumfeld viel mehr Risiken eingehen, um In gewissen Regionen mit hohen Leerziffern wurden eine positive Rendite zu erwirtschaften. Wir erwarten 2018 weniger Mietwohnungen baubewilligt als im Jahr deshalb, dass auch in der Zukunft nicht da am meisten zuvor. Dazu gehören die im Zusammenhang mit der Wohnraum ensteht, wo die meisten Personen wohnen Leerstandsproblematik viel zitierten Regionen Aargau möchten. Insgesamt ist in Lugano und im Unterwallis, und Oberaargau. Auch in den Regionen St. Gallen, im Jura sowie in Olten und Solothurn eine gewisse Linthgebiet und Glarnerland sowie in den meisten Vorsicht angebracht. In den Städten und damit auch Regionen im Oberwallis bekamen deutlich weniger den grössten Mietermärkten werden hohe Leerstände Mietwohnungsprojekte grünes Licht zum Bau. Gerade weiterhin ein Fremdwort bleiben. Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank 7
Hochhausfieber Schweiz Wie viele Etagen verträgt der Markt? Die Schweiz erlebt gerade einen Hochhausboom sondergleichen. Im ganzen Land wird fleissig in die Höhe gebaut. Die mit einem Hochhausbau anfallenden Mehrkosten werden dabei auf die Mieter abgewälzt – ein riskantes Unterfangen in einem angespannten Mietwohnungsmarkt. Von Emanuel Roos, Analytics Immobilien Die Schweiz ist im Hochhausfieber. In der ganzen die die Planung verzögern. Ist der Bau dann genehmigt, Schweiz ragen die imposanten Bauten immer höher in warten bereits die nächsten Stolpersteine. Lokale Bau- die Lüfte. Neben Bürohochhäusern wie beispielsweise unternehmer verfügen oft nicht über die notwendige dem Roche-Turm 2 in Basel (50 Etagen) entstehen ver- Erfahrung im Hochhausbau. Hinzu kommen spezielle mehrt auch Hochhäuser mit reiner oder vorwiegender Baugeräte und -verfahren, eine aufwendige Baukonst- Wohnnutzung wie der Bäre-Tower in Bern (32 Etagen), ruktion sowie teure Aufzugsanlagen und strengere das Gartenhochhaus Aglaya in Rotkreuz (21 Etagen) Anforderungen an den Brandschutz, die die Kosten in oder der Jabee-Tower im Norden Zürichs (27 Etagen). die Höhe schiessen lassen. Schliesslich ist auch im Mit dem neuen Vorschlag zur Flexibilisierung der Schat- Betrieb und im Unterhalt mit Mehrkosten zu rechnen. tenwurfregelung hat jüngst auch die Politik auf diesen Aussenfassaden sind deutlich teurer zu reinigen, Auf- Trend reagiert. Im Kanton Zürich soll es in Zukunft noch züge müssen aufgrund der regen Nutzung vermehrt einfacher werden, in die Höhe zu bauen. In Zeiten, in gewartet werden, um nur zwei Beispiele zu nennen. denen Bauland knapper wird, sind Hochhäuser 1 als Laut Expertenschätzungen summieren sich diese Instrument zur inneren Verdichtung geradezu prädesti- zusätzlichen Kosten auf 15 bis 25 % im Vergleich zu niert. Für Investoren scheinen Wolkenkratzer auf den einem konventionellen Bau. ersten Blick ebenfalls lukrativ. Denn durch den Bau in die Höhe können auf derselben Parzelle mehr Wohnun- Spannungsfeld für Investoren gen erstellt werden, was den Ertrag pro Parzelle steigert. Damit eine ansprechende Rendite erzielt wird, müssen Doch ist das wirklich so einfach? Mit welchen Risiken ist diese zusätzlichen Kosten auf der Ertragsseite wieder beim Bau von Wohnhochhäusern zu rechnen? kompensiert werden. Entsprechend sollten Mietwoh- nungen in Hochhäusern deutlich teurer angeboten Kostspielige Angelegenheit werden als herkömmliche Wohnungen. Dies geschieht Eigentlich liegt es auf der Hand. Wird der Boden knapp, üblicherweise über einen Mietaufschlag, der mit baut man in die Höhe. Wie begrenzt der Boden bereits zunehmender Etage ansteigt (Stockwerkprämie). Wie geworden ist, lässt sich mithilfe der kantonalen Boden- hoch diese Prämie ausfällt, lässt sich mithilfe von preisstatistik erahnen. Seit den 70er-Jahren sind die Onlineinseraten berechnen. Bei neueren Hochhäusern Bodenpreise im Kanton Zürich um über 400 % gestie- ist in den ersten 6 Etagen kaum eine Stockwerkprämie gen, in der Stadt Zürich sogar um über 700 %. Wird pro festzustellen. Erst ab der 7. Etage nehmen die Auf- Quadratmeter Land mehr Wohnraum erstellt, fällt der schläge graduell zu. Zwischen der 10. und der 18. Landanteil bei den Gesamtkosten weniger stark ins Etage bewegen sich die Stockwerkaufschläge zwi- Gewicht, wodurch die Wirtschaftlichkeit optimiert wird. schen 10 und 15 %. Eine Ausnahme bildet die Doch so einfach ist diese Milchbüchleinrechnung nicht. 13. Etage, in der der Aufschlag unerwartet tief ausfällt. Denn die Erstellung eines Hochhauses ist kostspielig. Ob dies Zufall ist oder der Aberglaube bei der Ver- Das fängt bereits bei der Vorbereitung an. Je nach marktung mitspielt, lassen wir an dieser Stelle offen. Zonenregelung und planungsrechtlichen Vorgaben kann Erst ab der 19. Etage entwickeln sich die Prämien stei- sich die Planungsphase als aufwendig und langwierig ler nach oben. Gegenüber dem Erdgeschoss betragen erweisen. Im Vergleich zu einem konventionellen Bau ist die Aufpreise in diesen luftigen Höhen 20 % und auch eher mit Einsprachen durch Anrainer zu rechnen, mehr. Aus der Analyse wird deutlich, dass Hochhäuser erst ab etwa 14 bis 16 Etagen rentieren. Hochhäuser 1 Das Zürcher Planungs- und Baugesetz definiert Hochhäuser als Gebäude mit einer Höhe von mehr als 25 Metern. Diese Definition kann je nach Kanton unterschiedlich ausfallen. unter dieser Grenze unterliegen bereits allen strenge- Für unsere Analyse definieren wir Hochhäuser als Gebäude mit 10 und mehr Etagen. ren technischen und regulatorischen Anforderungen, 8 Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank
Stockwerkprämie schmilzt schnell dahin Stockwerkaufschlag gegenüber Erdgeschoss Lesebeispiel: Im Vergleich zu einer Etage Wohnung im Erdgeschoss beträgt der Mietaufschlag in einem neuen 25 + 38 % Hochhaus im 18. Stockwerk 12 %. 25 24 24 24 24 24 23 23 23 23 23 22 22 22 22 22 21 21 21 21 21 20 20 20 20 20 19 19 19 19 19 18 +12 % +9% 18 18 17 17 17 16 16 16 15 15 15 15 14 14 14 15 14 13 +6% +2% 14 13 12 12 13 12 11 11 Hochhaus- 11 10 10 10 + grenze 10 9 + 10 % 0% +6% 9 8 8 8 9 8 7 7 7 8 7 6 6 6 7 6 5 5 5 5 4 0% – 2% 50 % 4 3 3 3 3 2 2 2 3 2 1 1 1 2 1 0 0 1 0 Neues Hochhaus Altes Hochhaus Konventionelles (bis 10 Jahre alt) (10 Jahre und älter) Gebäude Quelle: homegate.ch, Bundesamt für Statistik, Zürcher Kantonalbank können auf der anderen Seite aber nur bedingt höhere bei älteren Objekten sehr schnell dahin. In den ersten Mieterträge generieren. Vor allem in den unteren Eta- 10 Etagen lassen sich kaum höhere Mieten durch- gen lassen sich kaum höhere Mieten durchsetzen. Der setzen. Auch in den oberen Etagen bewegen sich die Investor befindet sich somit in einem Spannungsfeld. Aufschläge lediglich zwischen 3 und 9 %. Dieser Wird das Hochhaus zu klein dimensioniert, reichen die Einbruch der Stockwerkprämie bereits nach wenigen Mehrerträge nicht aus, um die zusätzlichen Baukosten Jahren ist beeindruckend. Das Zeitfenster für die zu decken. Andererseits steigert ein zu hoch geplantes Generierung des Mehrertrags, der die hohen Bau- Hochhaus mit zunehmender Investitionssumme das kosten decken muss, ist also sehr klein. Ein träger Ver- Risiko, bei einer allfälligen Veräusserung keinen geeig- marktungsprozess oder eine hohe Mieterfluktuation neten Käufer zu finden. Ausserdem wächst mit der beeinträchtigen dementsprechend die langfristige Höhe natürlich auch die Anzahl Wohnungen, die frisch Rentabilität eines Hochhausprojekts. auf den Markt kommen. Als Bau der Extreme kann ein Hochhaus das Wohnungsangebot kleinräumig schlag- Wie unsere Analyse zeigt, ist der Wohnhochhausbau artig anschwellen lassen. Ob alle Wohnungen rasch ein riskantes Unterfangen. Nur wenn das aktuelle lokale einen Abnehmer finden, hängt stark von der lokalen Marktumfeld richtig eingeschätzt und das Projekt ent- Marktsituation ab. Fehlt die Nachfrage, lassen sich die sprechend dimensioniert wird, lässt sich eine anspre- teilweise hohen Stockwerkprämien nicht abschöpfen, chende Rendite erwirtschaften. Zudem lohnt es sich es drohen höhere Leerstände. durchaus, frühzeitig in eine intensive Vermarktung zu investieren, um die Leerstände in den ersten Jahren tief Prämie schmilzt schnell dahin zu halten. Insbesondere im aktuellen Marktumfeld, das Gerade bei Hochhäusern ist es entscheidend, dass die durch rekordhohe Leerstände geprägt ist, sind stichhal- Vermarktung zügig voranschreitet und die Leerstände – tige Argumente bzw. ein ausgezeichnetes Alleinstellungs- vor allem in den ersten Jahren – tief bleiben. Typischer- merkmal gefragt, um eine Stockwerkprämie von 20 % weise lassen sich die Stockwerkprämien nur innerhalb und mehr zu realisieren. Ob die freie Sicht auf die der ersten 10 Jahre nach Erstellung abschöpfen. Wie Schweizer Alpen da ausreicht, bleibt fraglich, vor allem unsere Analyse zeigt, schmilzt die Stockwerkprämie dann, wenn der Hochhausboom so weitergeht. Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank 9
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Mehrwertausgleich Mehrwertabgabe als Verdichtungsinstrument Für die im Kanton Zürich nötige Regelung des Mehrtwertausgleichs fand sich in der vorgesehenen Frist kein Konsens. Gemeinden dürfen deshalb ab dem 1. Mai 2019 Bauzonen nicht mehr ausweiten. Das ist wieder einmal eine Aufforderung, Siedlungsräume nach innen zu verdichten. Ein passendes Werkzeug dafür ist die indirekte Mehrwertabgabe. Von Robert Kuert, Analytics Immobilien Der Kanton Zürich verhängt ein Einzonungsmorato- (Auszonungen), oder für andere Massnahmen zur bes- rium. Die vom Raumplanungsgesetz vorgegebene Frist seren Nutzung bestehender Bauzonen verwendet. von fünf Jahren verstrich wegen fehlendem Konsens ohne den Erlass der nötigen Regelung zur Mehrwert- Im Kanton Zürich führte das revidierte Raumplanungs- abgabe. Grund waren insbesondere Differenzen zwi- recht zu zwei Entwicklungen. Einerseits etablierten schen Kanton und Gemeinden betreffend Höhe und Gemeinden eine eigene Kompensationspraxis. Verbrei- Verteilung der Abgabe. Ein entsprechendes Mehrwert- tet sind Regelungen durch Verträge zwischen Eigen- abgabegesetz (MAG) liegt im Entwurf vor, weiterhin tümern und dem Gemeinwesen. Die Abgabesätze vari- hängig sind Lesungen im Kantonsrat, Abwarten der ieren innerhalb der Schranken des Bundesrechts. Sie Referendumsfrist und Inkraftsetzung. Bis dahin darf betragen teilweise bis zu 50 % (Stadt Zürich). Anderer- kein neues Bauland eingezont werden. Die diskutierte seits resultierte im Kanton der Entwurf zum MAG. Die- Mehrwertabgabe ist in der Praxis jedoch bereits Reali- ser sieht vor, dass nebst Einzonungen auch die im Kon- tät. Gemeinden erlauben regelmässig Mehrausnützung text der Verdichtung wichtiger werdenden Um- und im Gegenzug für indirekte Abgaben zum Beispiel in Aufzonungen mit 20 % abgeschöpft werden. Auch bei Form von Infrastrukturbeiträgen. diesen verlangten Gemeinden regelmässig Abgaben, wobei häufiger Unklarheiten bei der Bemessungs- Mehrwertabgabe wird Pflicht – grundlage auftauchten. Das Bundesrecht gibt nämlich neu ist sie nicht nicht vor, ob der tatsächlich realisierte Mehrwert, der Vor 50 Jahren wurde die Raumplanung in der Verfassung potenziell mögliche Entwicklungswert oder der reine verankert. Bei den ersten Entwürfen des Raumplanungs- Landwert massgebend ist. gesetzes (RPG) herrschte Uneinigkeit betreffend Rege- lungstiefe des Mehrwertausgleiches. Zuletzt waren sich Mehrwertermittlung: viel Theorie, die eidgenössischen Räte im Grundsatz einig, dass Eigen- wenig Praxis tümer staatlich geschaffene Mehrwerte kompensieren Planungsmehrwerte sind die Differenz zwischen dem sollten. Denn Enteignungen von Grundeigentümern wer- Verkehrswert eines Grundstücks mit und ohne Planungs- den entschädigt. Viele Kantone machten vom damals im massnahme. Der Wortlaut ist einleuchtend, die Wert- Gesetz aufgenommenen Werkzeug im Vollzug aber kei- ermittlung anspruchsvoll. Denn beim Verkehrswert nen Gebrauch. Wer als Eigentümer von Planungsmass- handelt es sich um einen Schätz- bzw. Vergleichswert nahmen profitierte, tat dies in vollem Umfang. und nicht um eine exakt bestimmbare Grösse. Am 1. Mai 2019 wird das verschärfte RPG fünf Jahre in Die Ermittlung des Verkehrswertes basiert auf einem Kraft sein. Die zunehmende Zerstückelung von Kultur- Bewertungsmodell mit einer ökonomischen Logik, in land soll eingedämmt, die Verdichtung vorangebracht dem gewissen Annahmen getroffen werden müssen. werden. Im revidierten RPG erlebte die Mehrwertab- Bei den Annahmen geht es um die Höhe von Indikato- gabe eine Wiederbelebung, diesmal als Instrument zur ren wie den realisierbaren Flächen sowie den erziel- Schaffung von Verdichtungsanreizen. Pflicht zur Abgabe baren Preisen und Leerstandsrisiken. besteht mindestens bei einer Aufnahme von Grund- stücken in die Bauzone (Einzonungen). Sie beträgt für Obwohl Grundstücksbewertungen für Bewerter Routine diese Fälle im Minimum 20 % des Mehrwertes. Die darstellen, können sich bei der Mehrwertermittlung zwei Leistung wird entweder für die Entschädigung von Schwierigkeiten ergeben. Zum einen sind sich die Par- Eigentümern, deren Land der Bauzone entzogen wird teien nicht einig bei den Annahmen. Zum anderen fehlen 12 Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank
Mechanismus der Mehrwertabgabe bei Aufzonungen 1 2 3 4 Öffentliche Infrastrukturen Ausgleichs- (z.B. Anlagen des ÖV, Grünanlagen etc.) fonds Indirekt (Vertrag) Direkt Maximal zulässige Überbauung = Baukosten Marktwert Landwert Mehrwert Mehrwertabgabe Vor Aufzonung Nach Aufzonung (100 %) (20 %) Bei Aufzonungen resultieren Mehrwerte durch Mehrnutzung. Unter der Annahme höchstmöglicher Aus- nutzung werden zwei Marktwerte gerechnet, einer vor Aufzonung [1], einer nach Aufzonung [2]. Von diesen Marktwerten werden die Baukosten abgezogen, um auf die Landwerte zu kommen. Die Differenz dieser Landwerte ist der (Planungs-)Mehrwert [3]. Bei Aufzonungen hat der Eigentümer 20 % abzugeben [4]. Gemeinden stehen 15 %, dem Kanton 5 %* zu. Die Abgabe erfolgt entweder direkt (monetär) oder indirekt. Fälligkeitszeitpunkt ist die Veräusserung oder Überbauung. * Abgabesätze basieren auf der Vorlage des MAG vom Februar 2018 Quelle: Zürcher Kantonalbank tatsächlich realisierte Mehrwerte für Vergleichszwecke. Liegenschaften des Grundeigentümers. Solche positiven Ermittlungen beschränken sich in der Praxis somit auf Externalitäten fallen nicht in den Mehrwert und damit eine theoretische Betrachtung. Viele Gemeinden übten die Mehrwertabgabe, steigern die Qualität der Liegen- auch deshalb Zurückhaltung beim Einfordern von Abga- schaft oder des Areals jedoch nachhaltig. ben über den Einzonungstatbestand hinaus. Die Bemes- sung des Mehrwertes beschränkt sich in der Praxis auf Frühzeitig verhandeln und profitieren den Landwert. Offen bleibt, in welcher Form die Gemein- Planungen im Baubereich werden anspruchsvoller. den ihren Anteil am Mehrwert sichern. An Bedeutung Energetisch höhere Auflagen sind inzwischen Standard, gewinnen dürfte die indirekte Mehrwertabschöpfung. und die angestrebte Verdichtung erzwingt mehr Bauen im Bestand. Genau deshalb lohnt es sich, frühzeitig in Chancen der indirekten Abgabe Vertragsverhandlungen einzusteigen. Bauherren tendieren dazu, die Mehrwertabgabe als Kostenfaktor abzutun. Allerdings zeigt die Vielfalt an Bauherren gelangen zu einer besseren Verhandlungs- städtebaulichen Verträgen im Kanton Zürich die Vor- position, indem sie bereits in einer frühen Projektphase teile, die durch Zusammenarbeit entstehen. Im Sinne den baulichen Kontext und die Mehranforderungen an einer gesamtheitlichen Betrachtung scheint eine unmit- die öffentliche Infrastruktur miteinbeziehen. Ferner telbare Beteiligung an öffentlichen Infrastrukturen weit- können Kosten für qualitätsfördernde Verfahren dieser aus sinnvoller als ein rein monetärer Ausgleich. Beispiele Phase, namentlich für Studienaufträge oder Wettbe- reichen hier von der Beteiligung an Trottoirsegmenten, werbe, von der Mehrwertabgabe abgezogen werden. über Grünflächen bis hin zu Busbahnhöfen oder Schu- Daraus resultieren dürften somit nicht nur ausgereif- len. Investitionen in öffentliche Infrastrukturen in unmit- tere Planungen, sondern mehrheitsfähigere Projekte telbarer Nähe haben vorteilhafte Auswirkungen auf die (siehe Fallbeispiel Seite 16). Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank 13
Mehrwertausgleich «Für komplizierte Fälle werden nach wie vor Bewertungen nötig sein.» Eine Schwierigkeit und Konfliktzone bei der Inkraftsetzung des kantonalen Mehrwert- abgabegesetzes (MAG) ist die Berechnung von Planungsmehrwerten. Gion-Reto Hassler kennt als erfahrener Immobilienbewerter der Zürcher Kantonalbank die Tücken und Unsicherheiten, aber auch die Chancen aus der Praxis. Interview: Robert Kuert, Othmar Köchle; Bilder: Zeljko Gataric Gion-Reto Hassler, Mehrwertabgaben werden nicht angemessen. Wie entsprechende Fälle letztendlich heute schon von den Gemeinden erhoben. Wie abgehandelt werden, ist noch nicht absehbar. ist die aktuelle Praxis? Aktuell sind Zahlungen, aber auch indirekte Abgaben in Eine weitere Unsicherheit ist die Frage, ob das Grund- Form von Infrastrukturbeiträgen möglich, die wertmäs- stück mit Renditeobjekten oder Stockwerkeigentum sig einer Mehrwertabgabe entsprechen. Die Gemeinden überbaut wird. Auch dies hat einen Einfluss auf den setzen die Mehrwertabgaben in erster Linie für die Landwert und damit den Mehrwert. Finanzierung raumplanerischer Massnahmen ein. Der Masterplan Illnau-Effretikon Bahnhof West Wo liegen die Herausforderungen bei der Mehr- (siehe S. 16) bietet viel Anschauungsmaterial zur wertermittlung? Praxis bei Aufzonungen. Was haben Sie daraus Ein Mehrwert kann nicht direkt berechnet werden. Wir gelernt? bewerten die Grundstücke je einmal ohne und mit Pla- Es ist wichtig, die Rolle des Bewerters zu definieren. Die nungsmassnahme. Bei der Differenz dieser Bewertun- Zürcher Kantonalbank nimmt keine Parteirolle ein. Wir gen handelt es sich um den rechnerischen Mehrwert. arbeiten stets im Auftrag beider Parteien, d.h. der Die grösste Herausforderung besteht im Fehlen von Ver- Gemeinde und des Eigentümers. Idealerweise einigen gleichsdaten für beide Szenarien. Ein Grundstück wird sich die Parteien auf die Bewertungsgrundlagen, zum entweder vor oder nach der Planungsmassnahme Beispiel auf eine schematische Berechnung oder die gehandelt. Nur selten jedoch dasselbe Grundstück in Berechnung auf Basis eines konkreten Bauprojekts. beiden Situationen, wodurch der Mehrwert mit Trans- Wichtig ist dabei, dass man immer Äpfel mit Äpfeln ver- aktionsdaten überprüft werden könnte. gleicht. Das heisst, einem bestimmten Projekt eines Eigentümers muss man für die Vergleichsrechnung ein Zudem können Bewerter keine Marktprognosen machen, dazu passendes Projekt gegenüberstellen, um den wir sind keine Hellseher. Wir setzen einen objektabhängi- Mehrwert realistisch abbilden zu können. Das Beispiel gen Risikozuschlag ein, um die Unschärfen betreffend Illnau-Effretikon hat gezeigt, dass die Abgabe in Form Baukosten und Verfahrensdauer abzubilden. einer vertraglichen Vereinbarung über Infrastrukturbei- träge vielfach auf beiden Seiten Vorteile bringt. Können Sie Fälle von Unsicherheiten im Umgang mit der Mehrwertabgabe schildern? Wie genau funktioniert dieser Ansatz? Die Mehrwertberechnungen basieren auf der Annahme, Der Mehrwert sowie die entsprechende Abgabe wer- dass Bauland neu überbaut wird. Auf- und Umzonungen den im städtebaulichen Vertrag festgehalten. Sie erfolgt können jedoch auch erfolgen, wenn ein Grundstück in Form von Zahlung oder indirekter Abgabe. Klassische bereits bebaut ist. In Fällen, in denen der Marktwert Beispiele hierzu sind die Beteiligung an den Kosten der eines aktuell überbauten Grundstücks höher liegt als der Infrastruktur wie eines öffentlichen Platzes oder der Landwert vor Aufzonung, kann ein zu hoher Mehrwert Erstellung von kostengünstigem Wohnraum. Ein Investor ausgewiesen werden. Aus Bewerteroptik scheint mir dies ist eher bereit, die Mehrwertabgabe zu leisten, wenn 14 Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank
Gion-Reto Hassler (40) trat im Juli 2013 als Bewertungs- experte Senior in die Zürcher Kantonalbank ein und ist seit April 2014 Teamleiter Immobili- enbewertung. Vorher arbeitete er während acht Jahren als Lei- ter Lärmentschädigungen bei der Flughafen Zürich AG, wo er sich nicht mit Mehrwerten, sondern mit lärmbedingten Minderwerten befasste. Er lebt mit seiner Familie in Kloten. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit der Familie in den Bündner Bergen. eine Bushaltestelle nebenan erstellt wird, als wenn die Viele fürchten, dass Landpreise steigen könnten. Abgabe in einen allgemeinen Topf für raumplanerische Was denken Sie? Massnahmen fliesst. Flächendeckend sind Angebot und Nachfrage durch die Mehrwertabgabe kaum tangiert, und somit sind Wie beurteilen Sie die Rolle der Gemeinden? keine Preissteigerungen zu erwarten. Aufgrund der Die Gemeinden haben in den Verfahren eine vielfältige Verdichtungsanreize ist in Zentren häufiger mit Auf- und herausfordernde Rolle. Einerseits legen sie Auf- zonungen zu rechnen, wodurch die Bodenpreise lokal und Umzonungen und damit zusammenhängende steigen können. Infolge solcher Aufzonungen wird sich Auflagen fest, andererseits nehmen sie bei konkreten das Angebot an Wohnraum ausweiten. Dadurch könn- Bauprojekten die Rolle als Bewilligungsbehörde ein. ten Wohnungsmieten und -preise an zentralen Lagen Schliesslich sind sie Partei bei Mehrwertabschöpfungen. sogar sinken. Durch städtebauliche Verträge existiert ein Instrument, das hilft, früh in den Dialog zu treten und gute Lösun- Welche Auswirkungen auf die konkreten Mehr- gen zu erarbeiten. wertermittlungen sind zu erwarten? Ich gehe davon aus, dass die Höhe der Mehrwertab- Welche ökonomischen Konsequenzen sind nach gabe je länger, je mehr berechenbar wird, sobald die der Inkraftsetzung des MAG zu erwarten? entsprechende Verordnung veröffentlicht wird und Ein Vorteil ist sicherlich, dass die Differenzen bezüglich erste Fälle abgewickelt sein werden. Eine schemati- der konkreten Ausgestaltung des MAG wegfallen wer- sche Berechnung kann zur Gleichbehandlung von ein- den. Die aktuelle Praxis kann von der vorgesehenen fachen Fällen sinnvoll sein. Ich gehe jedoch davon Regelung im MAG abweichen. aus, dass für komplizierte Fälle nach wie vor Bewer- tungen nötig sind. Einen weiteren Vorteil sehe ich darin, dass der soziale Widerstand gegenüber der inneren Verdichtung wahr- scheinlich abnimmt. Einerseits kann insbesondere bei Immobiliendienstleistungen Zürcher Kantonalbank städtebaulichen Verträgen qualitativ hochwertige Ver- Die Zürcher Kantonalbank bewertet Immobilien sowohl im Auf- dichtung entstehen. Andererseits wird die gesetzlich trag der Gemeinden als auch für Private. Durch die breite Exper- verbindliche Mehrwertabgabe als fairer wahrgenom- tise auch in den Bereichen Bautreuhand, Verkauf und Ökologie men. Die innere Verdichtung dürfte aufgrund dieser können dabei alle Dimensionen eines Projekts seriös geprüft und Anreize insgesamt schneller voranschreiten. Wenn die in die Berechnungen miteinbezogen werden. Gemeinden die Mehrwertabgabe nicht mehr als Inst- Kontaktieren Sie uns rument zum Standortwettbewerb verwenden können, Support Bewertung 044 292 59 59 wird das den haushälterischen Umgang mit dem Support Verkauf / Bautreuhand 044 292 59 50 begrenzten Bodenangebot zusätzlich fördern. In immobilienbewertung@zkb.ch Zukunft dürfte vermehrt dort verdichtet werden, wo die Nachfrage am grössten ist. Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank 15
Mehrwertausgleich Mehrheitsfähig durch Mehrwertabgabe Die Stadt Illnau-Effretikon plant umfassende Aufzonungen in ihren Masterplänen. Durch die ortsgebundenen Investitionsbeiträge ist mit höherer Akzeptanz zu rechnen. Bei der Mehrwertermittlung bot die Zürcher Kantonalbank Hand. Von Robert Kuert, Analytics Immobilien, und Gion-Reto Hassler, Immobilienbewertung Wer in Effretikon am Bahnhof steht, ahnt noch nichts ren realistisch. Beim Masterplan wird zudem das höhere von den ambitionierten Verdichtungsvorhaben der Risiko einer fehlenden Vollvermietung (Leerstandsrisiko) Stadt. In zwei Masterplänen werden die Voraussetzun- berücksichtigt. gen für die Zentrumsentwicklung geschaffen. Westlich des Bahnhofs kommen sechs, östlich zehn Baufelder Mehrwertermittlung im Fall Illnau-Effretikon mit höheren Ausnützungen zu liegen. Vor Aufzonung Nach Aufzonung Einheit (Masterplan) Vorgestelltes Baufeld des Masterplans Bahnhof West Zulässige Hauptnutzfläche Gewerbe 390 1’050 m2 Wohnen 1’570 1’950 m2 Marktwert 13’350’000 20’150’000 CHF nach Erstellung Baukosten – 8’860’000 – 13’950’000 CHF Marktwert 4’490’000 6’200’000 CHF abzügl. Baukosten Quelle: Stadt Illnau-Effretikon, Zürcher Kantonalbank Diskontierung – 390’000 – 900’000 CHF (Perioden) (3 Jahre) (5 Jahre) Im Gegenzug für die höheren Ausnützungsmöglichkeiten Leerstandsrisiko – 200’000 CHF im Vergleich zu heute wird eine Mehrwertabgabe an das Resultierender 4’100’000 CHF Gemeinwesen fällig. Die Stadt Illnau-Effretikon wendet Landwert gemäss Übergangsregelung zum Mehrwertausgleich Mehrwert 1’000’000 CHF einen Abgabesatz von 20 % an. Im vorgestellten Baufeld Mehrwertabgabe 20 % 200’000 CHF am Nordrand des Areals erfolgt eine Aufzonung mit er- Quelle: Zürcher Kantonalbank, Stadt Illnau-Effretikon laubter Mehrausnützung von 50 %. Die Zürcher Kantonal- bank wurde mit der Mehrwertermittlung beauftragt. Im Das Berechnungsbeispiel verdeutlicht, dass sich die Folgenden wird diese in vereinfachter Form vorgestellt. Mehrausnützung von rund 50 % nicht eins zu eins auf den Landwert übertragen lässt. Der höhere Anteil Für das Baufeld sind ausschliesslich Renditeobjekte vor- Gewerbeflächen, die höheren ökologischen Anforde- gesehen. Der Marktwert nach Erstellung basiert deshalb rungen an die Bauweise sowie höheres Risiko reduzie- auf einer Ertragswertberechnung mit der Annahme ren den Mehrwert der möglichen Mehrausnützung. Die maximaler Ausnützung. Die geschätzten Marktwerte lie- Entwicklung ist für den Eigentümer jedoch weiterhin gen bei 13,35 Mio. Franken vor der Aufzonung bzw. bei rentabel und genügt nach der Aufzonung höheren 20,15 Mio. Franken nach der Aufzonung. Im nächsten Qualitätsansprüchen als vor der Aufzonung. Im konkre- Schritt der Rechnung werden die Baukosten abgezogen. ten Fall beträgt der Mehrwert rund 1 Mio. Franken und Diese reduzieren sich im Masterplan aufgrund des Ska- die Mehrwertabgabe folglich 200’000 Franken. Davon leneffekts und verteuern sich aufgrund der höheren stehen gemäss Entwurf des MAG 150’000 Franken der Anforderungen an eine ökologische Bauweise. Es resul- Gemeinde zu. Fällig wird die Abgabe hier als ortsgebun- tieren insgesamt leicht höhere Baukosten pro m2 Nutz- dener Investitionsbeitrag in die öffentliche Infrastruktur. fläche gleicher Art. Hier einberechnet sind auch Risiken Die Masterplanung sieht eine überdachte Bike’n’Ride- im Zusammenhang mit längeren Verfahren. Abzüglich Anlage vor. Mit der resultierenden Beteiligung lassen der Baukosten ergeben sich Marktwerte von 4,49 und sich rund 150 gedeckte Veloabstellplätze realisieren. Es 6,20 Mio. Franken. Diese Werte werden noch auf den ist zu erwarten, dass davon sowohl die Grundeigentümer Zeitpunkt der Bewertung diskontiert. Vor der Aufzonung wie auch Pendler in Illnau-Effretikon profitieren. Dies ist eine Realisierung in drei, beim Masterplan in fünf Jah- steigert die Akzeptanz für das Projekt signifikant. 16 Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank
Büromarkt Zürich Büroneubau – Fluch oder Segen? In den letzten Jahren rückte mangels Alternativen das Betongold in den Vordergrund. Auch am Büromarkt, denn Neubauten sind angesichts sich rasch wandelnder Ansprüche an Immobilien gefragt. Das Büroangebot übertrifft die Nachfrage jedoch inzwischen bei weitem. Für gewisse Anbieter wird sich die Situation noch verschärfen. Von Jörn Schellenberg und Ingrid Rappl, Analytics Immobilien Der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft brachte Für Investoren erwiesen sich Büroimmobilien zuneh- neue Chancen für den Immobilienmarkt. In den 50er- mend als solides Anlageinstrument mit attraktiver Jahren setzte im Kanton Zürich ein regelrechter Bau- Rendite. Dies gilt mangels Alternativen unter den boom bei Büroimmobilien ein, der in den 90er-Jahren aktuell historisch tiefen Zinsen umso mehr. Da sich die seinen Höhepunkt fand. 41 % des Bürobestandes ist Ansprüche an das Büro mit den wandelnden Kommuni- heute weniger als 30 Jahre alt (s. Grafik unten links). kations- und Gebäudetechnologien sehr schnell Keimzelle des Bürobaus war das traditionelle Verwal- verändern, ist zukunftsorientierter Büroneubau sehr tungs- und Geschäftszentrum der Stadt Zürich (CBD, gefragt. Doch die rege Bautätigkeit hat die Risiken am blau). Die repräsentativen Lagen sind verkehrlich her- Büromarkt deutlich akzentuiert. Das Flächenangebot vorragend erschlossen und weisen hohe Passantenfre- übertrifft die Nachfrage inzwischen deutlich. quenzen auf. Mit diesen idealen Voraussetzungen dominierte das Zürcher Stadtzentrum noch bis Ende Angebotsüberhang am Büromarkt der 50er-Jahre die Bürolandschaft des Kantons. Nut- Auf dem Immobilienportal homegate.ch schoss die zur zungskonkurrenzen (Detailhandel, Gastgewerbe etc.) Vermietung ausgeschriebene Bürofläche im Kanton machten die beschränkte Fläche rasch zu einem knap- Zürich in den letzten Jahren förmlich in die Höhe pen Gut. Bereits ab den 60er-Jahren gewannen daher (s. Grafik unten rechts). Zwar hat sich das Angebot preisgünstigere Standorte ausserhalb der Innenstadt dank der guten Wirtschaftslage 2018 unerwartet an Bedeutung (gelb). Ausgangs der 80er-Jahre schos- stark – um 20 % – abgebaut, gleichwohl ist der Leer- sen dann überwiegend jenseits der Stadtgrenzen Büro- stand weiterhin auf hohem Niveau. Noch immer war- neubauten wie Pilze aus der grünen Wiese (pink). ten etwa 750’000 m² Bürofläche auf neue Mieter. Bürobauboom Starkes Wachstum der zur Vermietung ausgeschriebenen Aktuell bestehende Bürofläche nach Baujahr und Lage Bürofläche Eine Auswertung des Immobilienportals homegate.ch 100 % 900 Büroflächenangebot (in 1000 Quadratmeter) 90 % 800 80 % 700 Anteil am Büroflächenbestand 70 % 600 41 % 30 Jahre oder jünger 60 % 500 59 % Altbau 50 % 400 40 % 300 30 % 200 20 % 10 % 100 0% 0 2008 2008 2009 1948 1888 1908 1868 1968 1988 1898 1998 1858 1958 1878 1938 1978 1928 2010 2018 2016 2018 2014 2019 2015 2012 2013 2017 1918 2011 CBD Zürich CBD Altbau Stadt Altbau Kt Altbau Stadt Zürich CBD 10 – 30 Jahre Stadt 10 – 30 Jahre Kt 10 – 30 Jahre Kanton Zürich CBD Neubau Stadt Neubau Kt Neubau Quelle: Statistisches Amt Kanton Zürich, Zürcher Kantonalbank Quelle: homegate.ch, Zürcher Kantonalbank Immobilien aktuell März 2019 | Zürcher Kantonalbank 17
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