WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de

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WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
WOHNUNGS-
BEDARFS-
PROGNOSE
DER STADT ERFURT
JANUAR 2022
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
IM AUFTRAG DER STADT ERFURT
AMT FÜR STADTENTWICKLUNG UND STADTPLANUNG

         BEARBEITUNG:     Beatrice Diez
                          Tobias Jacobs

     Karl-Liebknecht-Str. 141, 04275 Leipzig
               Tel: 0341/92610550
            E-Mail: info@timourou.de

               www.timourou.de
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
INHALT

EINLEITUNG ______________________________________________________________________________ 2
1   BEVÖLKERUNGSPROGNOSE DER STADT ERFURT ___________________________________ 4
2   HAUSHALTSPROGNOSE DER STADT ERFURT _______________________________________ 8
3   WOHNUNGSBEDARFSPROGNOSE DER STADT ERFURT ___________________________ 11
    3.1     WIE VIELE WOHNUNGEN WERDEN ZUKÜNFTIG BENÖTIGT? _______________________________ 12

    3.2     WOHNUNGEN IN EIN- UND ZWEIFAMILIENHÄUSERN ______________________________________ 13

    3.2.1   BISHERIGE ENTWICKLUNGEN ______________________________________________________________ 13

    3.2.2   WIE VIELE WOHNUNGEN IN EIN- UND ZWEIFAMILIENHÄUSERN WERDEN NACHGEFRAGT? 17

    3.2.3   WELCHE WOHNUNGEN IN EIN- UND ZWEIFAMILIENHÄUSERN WERDEN NACHGEFRAGT? 18

    3.3     GESCHOSSWOHNUNGEN __________________________________________________________________ 19

    3.3.1   WIE VIELE GESCHOSSWOHNUNGEN WERDEN NACHGEFRAGT? ___________________________ 19

    3.3.2   WELCHE GESCHOSSWOHNUNGEN WERDEN NACHGEFRAGT? ____________________________ 20

    3.4     EIN VERGLEICH MIT DEM ISEK ERFURT 2030 _______________________________________________ 23

    3.5     EXKURS: AUSWIRKUNGEN DER ERWEITERUNG DES ERFURTER KREUZES __________________ 27

4   WOHNBAUFLÄCHENBILANZ _______________________________________________________ 31
    4.1     NEUBAUPOTENZIALE IN ERFURT ___________________________________________________________ 31

    4.2     QUANTITATIVE BILANZ INSGESAMT ________________________________________________________ 32

    4.3     QUALITATIVE BILANZ INSGESAMT __________________________________________________________ 33

    4.4     QUALITATIVE BILANZ NACH TEILMÄRKTEN _________________________________________________ 34

    4.5     QUALITATIVE NACHFRAGE NACH ZEITRÄUMEN ____________________________________________ 35

5   STRATEGISCHE ANSÄTZE DER WOHNBAUFLÄCHENENTWICKLUNG ______________ 38
ANHANG _______________________________________________________________________________ 41

                                                                                                         -1-
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
Einleitung
EINLEITUNG

Erfurt als das Zentrum von Thüringen ist ein at-                     Haushaltsverkleinerungsprozess, der zu einer Zu-
traktiver Wohnstandort, stellt zahlreichen Men-                      nahme der Nachfrage auch bei gleichbleibender
schen vielfältige Arbeitsplätze zur Verfügung, bie-                  Einwohnerzahl führt, berücksichtigt werden. Wei-
tet verschiedenen Nachfragergruppen unter-                           terhin gilt es wohnungspolitische Ziele zu diskutie-
schiedliche Angebote zur Bildung, gesundheitli-                      ren, zum Beispiel in welchem Umfang der nach
chen Versorgung, Freizeitgestaltung etc. Über                        wie vor angespannte Wohnungsmarkt von Erfurt
Thüringen hinaus ist die Bedeutung von Erfurt je-                    entspannt werden soll. Eine Entspannung tritt ein,
doch geringer, was sich unter anderem in ver-                        wenn mehr neue Wohnungen entstehend als
gleichsweise geringeren Wanderungsverflechtun-                       neue Haushalte hinzukommen.
gen gegenüber Westdeutschland oder dem Aus-
land widerspiegelt.                                                  Bei all diesen Untersuchungen und Überlegungen
                                                                     ist handlungsleitend, dass im Stadtgebiet Erfurt
Wie auch viele andere deutsche Großstädte steht                      eine Vielfalt an Wohnformen für alle unterschiedli-
Erfurt einem zunehmenden Sterbeüberschuss                            chen Nachfragergruppen – welche von einkom-
aufgrund der weiteren Alterung der Gesellschaft                      mensschwächeren bis hin zu vermögenden Haus-
gegenüber. Gleichzeitig nimmt das Zuzugsvolu-                        halten reichen – erhalten und geschaffen werden
men ab und die Suburbanisierung ins Umland zu.                       soll. Dabei rückt zunehmend die Frage nach den
Folglich verringerte sich das Einwohnerwachstum                      richtigen Qualitäten der Wohnungsangebote in
in den letzten Jahren. Aufgrund der Covid-19-Pan-                    den Fokus der Betrachtung.
demie verzeichneten sogar einige Großstädte
erstmals seit vielen Jahren wieder einen (leichten)                  Für die Aktualisierung der Haushalts- und insbe-
Einwohnerrückgang. So auch Erfurt. Dort ging die                     sondere Wohnungsbedarfsprognose ergeben
Einwohnerzahl im Jahr 2020 um 243 im Vergleich                       sich daraus folgende Arbeitsschritte: Basierend
zum Vorjahr zurück.1                                                 auf der neuen kommunalen Bevölkerungsprog-
                                                                     nose von 2021 wird eine Haushaltsprognose be-
Nicht zuletzt für den möglichen Fall, dass sich aus                  rechnet, um die voraussichtliche Entwicklung der
diesem neuerlichen Bevölkerungsrückgang in den                       Nachfrage am Wohnungsmarkt abbilden zu kön-
kommenden Jahren ein Trend entwickeln könnte,                        nen. Anschließend wird zwei Fragen nachgegan-
wäre angesichts der derzeit vielschichtigen ge-                      gen:
planten und in Umsetzung befindlichen Bauvor-
haben die weitere "Richtigkeit" der Haushalts- und                   •   Wie viele Wohnungen werden zukünftig benö-
Wohnungsbedarfsprognose aus dem Jahr 2018                                tigt (quantitative Aspekte)?
zu überprüfen sowie auch die Ausweisung weite-                       •   Welche Wohnungen werden zukünftig benö-
rer Bauflächen.                                                          tigt (qualitative Aspekte)?

Aus diesem Grund gilt es, die aktuellen Woh-                         Damit die Qualitäten beurteilt und bewertet wer-
nungsmarktentwicklungen hinsichtlich ihrer mög-                      den können, wird eine nachfrageorientierte Sicht-
lichen Auswirkungen auf die prognostizierte zu-                      weise eingenommen. Wesentlich dabei ist eine
künftige Nachfrageentwicklung zu überprüfen                          Unterscheidung zwischen Wohnungen in Ein- und
und Schlüsse für eine aktualisierte Wohnungsbe-                      Zweifamilienhäusern sowie Geschosswohnungen.
darfsprognose zu ziehen. Dabei sollen zum einen                      Dieser voraussichtlichen Nachfrageentwicklung
die Ursachen der verringerten Bevölkerungszu-                        werden derzeit bekannte Neubaupotenziale ge-
nahme – wie zum Beispiel den verminderten Zu-                        genübergestellt und anhand dieser Wohnbauflä-
zug oder die Suburbanisierung – näher unter-                         chenbilanz lassen sich strategische Ansätze für
sucht werden. Zum anderen müssen aber auch                           die zukünftige Wohnbauflächenentwicklung in Er-
generelle Trends, wie zum Beispiel der                               furt ableiten und diskutieren.

_________________________________________________________________________________________________________________________

1   Nach Angaben der Abteilung Statistik und Wahlen der Stadtverwaltung Erfurt.

                                                                                                                            -2-
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
HINWEISE ZUR INTERPRETATION UND DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE

Bei der Erstellung der Wohnungsbedarfsprognose       weiteren Berechnungen, Summenbildungen etc.
für die Stadt Erfurt wurden Daten teilweise unter-   kann es jedoch zu erheblichen Unstimmigkeiten

                                                                                                           ALLGEMEINE HINWEISE
schiedlicher Stichtage und Quellen ausgewertet,      kommen und die Nachvollziehbarkeit von Berech-
verschiedene Annahmen getroffen, Schätzverfah-       nungen erschweren. Deswegen werden hier
ren eingeführt und zahlreiche Rechenschritte         exakte Werte angegeben, die jedoch eher als
durchgeführt. Im Ergebnis werden rechnerisch er-     Größenordnungen aufzufassen sind.
mittelte exakte Werte angegeben.
                                                     Da generell bei einer Erstellung von Prognosen
Die Realität wird von diesen Berechnungen mög-       stets Annahmen getroffen werden, geben Progno-
licherweise abweichen. Beispielsweise könnte         sen teilweise mehr Aufschluss über die Zeit, in der
eine Wohnbaufläche weniger dicht bebaut wer-         sie erstellt wurden, als über das, was in der Zu-
den als angenommen, womit tatsächlich das Neu-       kunft erwartet wird. Nichtsdestotrotz wurden mit
baupotenzial etwas geringer ausfallen würde. Er-     dieser Wohnungsbedarfsprognose eine bestmög-
fahrungsgemäß gleichen sich in der Summe die         liche Objektivität angestrebt und sofern möglich
einzelnen Abweichungen jedoch weitgehend aus,        die getroffenen Annahmen fundiert abgeleitet.
sodass die berechneten Werte ein realistisches
Mengengerüst abbilden, das aber nicht ganz           Zuletzt folgt an dieser Stelle ein kurzer Lesehin-
den exakten Werten entspricht.                       weis: In der Regel beziehen sich die getroffenen
                                                     Aussagen auf die Jahre von 2020 bis 2040. Dabei
Um nicht den Eindruck von Scheingenauigkeiten        werden rechnerisch die Daten vom Dezember
zu erwecken, könnte man die Ergebnisse auch          2019 und Dezember 2040 zueinander in Bezie-
runden oder Spannen angeben. Dies wäre für ei-       hung gesetzt.
nen einzelnen Wert unproblematisch, bei

                                                                                                               -3-
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
Kapitel 1
1      BEVÖLKERUNGSPROGNOSE DER STADT ERFURT

In den letzten Jahren nahm die Einwohnerzahl in                        •    Die Lebenserwartung der Männer steigt bis
Erfurt stetig zu und Ende 2019 waren                                        2040 um 3,1 Jahre und die der Frauen um 2,2
214.417 Einwohner mit Hauptwohnsitz in der                                  Jahre.4
Landeshauptstadt gemeldet. Damit jetzt Entschei-                       •    Bis 2040 steigen die Außenwanderungsge-
dungen zu zukünftigen Infrastrukturmaßnahmen                                winne stetig, denn insbesondere gegenüber
und Fachplanungen getroffen werden können, ist                              dem Umland, Mittelthüringen und Ost-
eine Bevölkerungsprognose wichtig.                                          Deutschland verringern sich die Verluste, und
                                                                            gegenüber dem EU-Ausland steigen die Ge-
Von der Stadt Erfurt wurde eine neue Bevölke-                               winne.
rungsprognose für den Prognosezeitraum von                             •    In der Prognose mitberücksichtigt wurde ein
2019 bis 2040 berechnet.2 Kern einer Prognose                               potenzieller Neubau von insgesamt
ist die Setzung von inhaltlichen Annahmen, die                              7.754 Wohnungen bis 2040. Dieser Neubau
dann rechnerisch in die Zukunft projiziert werden.                          führt zu veränderten Umzügen zwischen den
                                                                            Prognosegebieten, jedoch nicht zu mehr Zu-
ANNAHMEN                                                                    zügen von außerhalb ( siehe Abb. 1).5

Um Annahmen zur zukünftigen Entwicklung der                            Die Summe der Ergebnisse auf der Ebene der
natürlichen und räumlichen Bevölkerungsbewe-                           Prognosegebiete ergibt das gesamtstädtische Er-
gung ableiten zu können, wurden die Entwicklun-                        gebnis für Erfurt.
gen der letzten Jahre vertiefend analysiert. Als
räumliche Gliederung dafür wurden zuvor sieben                         Da Geburten und Sterbefälle im Gegensatz zu
sogenannte Prognosegebiete gebildet ( siehe An-                        den Zu- und Wegzügen weniger Schwankungen
hang Abb. 38). Bei der Basisvariante wurden auf                        unterliegen, lassen sich diese relativ verlässlich
dieser räumlichen Ebene folgende Annahmen ge-                          vorausberechnen. Im Hinblick auf die Wande-
troffen:                                                               rungsbewegungen sind jedoch unterschiedliche
                                                                       Szenarien denkbar. Um eine positivere Wande-
•    Die Geburtenrate je Frau bleibt bis 2040 kon-                     rungsbewegung aufgrund von mehr Zuzügen ab-
     stant und als Ausgangswert wurde der Mittel-                      bilden zu können, wurde die obere Prognoseva-
     wert von 2016 bis 2019 verwendet.3                                riante berechnet.

_________________________________________________________________________________________________________________________

2
    Stadtverwaltung Erfurt, Kommunalstatistische Hefte, Heft 113 - Erfurter Statistik, Bevölkerungsprognose bis 2040
3
    In den Großwohnsiedlungen wurden 2016 oder/und 2017 überdurchschnittlich viele Kinder geboren, was im Wesentlichen mit dem
    vorherigen Zuzug von Geflüchteten zusammenhängt. Somit handelte es sich dabei um einen Sondereffekt, weshalb dort die zukünf-
    tigen Geburtenraten normativ festgelegt wurden.
4
    Die Lebenserwartung hängt von vielen Faktoren ab, wie Lebensstandard, Ernährung, Einkommen und Bildung. Aus diesen Gründen
    liegt die Lebenserwartung beispielsweise in den Großwohnsiedlungen unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt von Erfurt.
5
    Die Anzahl der neu gebauten Wohneinheiten ergibt sich aus einer Auflistung aller bekannten Bauvorhaben im Bauleitplanverfahren
    sowie nach § 34 BauGB (Planung und Bau mit Stand: November 2020).

                                                                                                                                     -4-
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
ABB. 1

ANGENOMMENE AUSWIRKUNGEN DER NEUBAUVORHABEN IN DER AKTUELLEN BEVÖLKERUNGSPROG-
NOSE VON ERFURT

          Einwohner in neugebauten Wohnungen
4.000

3.500

3.000

2.500

2.000

1.500

1.000

  500

     0

Datengrundlage: Stadt Erfurt
Darstellung: Timourou

ERGEBNISSE STADT ERFURT                                               ab und in der oberen Prognosevariante um
                                                                      + 4.788 Personen zu. Mit einem Plus von
Im Ergebnis der getroffenen Annahmen nimmt                            2.000 Einwohnern liegt die 2. regionalisierte Be-
die Einwohnerzahl in den Jahren von 2020 bis                          völkerungsvorausberechnung des Thüringer Lan-
2040 in der Basisvariante um - 436 Personen                           desamtes für Statistik dazwischen ( siehe Abb. 2).

ABB. 2

TATSÄCHLICHE UND VORAUSBERECHNETE EINWOHNERENTWICKLUNG IN ERFURT

                                                              Ist-Werte Stadt                   2. rBv
            Einwohner mit Hauptwohnsitz
250.000                                                       Basisvariante                     obere Prognosevariante

240.000

230.000
                                                                                 218.605         219.032         219.318
                                       214.417                    216.832
220.000

210.000
                                                                  213.961        213.964         213.870         213.835
200.000
     202.270
190.000

180.000

170.000

160.000

150.000

Datengrundlage: Stadt Erfurt, Thüringer Landesamt für Statistik
Berechnungen/Darstellung: Timourou

                                                                                                                           -5-
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
ABB. 3

VORAUSBERECHNETE ENTWICKLUNG DER EINWOHNER NACH ALTERSGRUPPEN IN ERFURT
- Basisvariante

             Einwohner mit Hauptwohnsitz                                               in den Jahren von
60.000                                                                                   2020 bis 2040
                                                                                 45 bis
                                                                                             -2.939
                                                                                 unter 65
50.000
                                                                                 30 bis
                                                                                             -5.213
                                                                                 unter 45
40.000
                                                                                 65 bis
                                                                                             +2.662
                                                                                 unter 80
30.000                                                                           18 bis      +1.032
                                                                                 unter 30

20.000                                                                           6 bis
                                                                                              +55
                                                                                 unter 18
                                                                                 über 80     +5.154
10.000

                                                                                 0 bis
         0                                                                       unter 6     -1.186

Datengrundlage: Stadt Erfurt
Berechnungen/Darstellung: Timourou

Neben der Einwohnerentwicklung ist für zukünf-         Großwohnsiedlung Süd/Ost (- 201 Personen bzw.
tige Fachplanungen die voraussichtliche Entwick-       - 1 %) zu. Obwohl der natürliche Saldo in der In-
lung nach Altersgruppen ebenso relevant. Den Er-       nenstadt Nord relativ ausgeglichen ist, verursa-
gebnissen der Basisvariante nach setzt sich zu-        chen die Binnenwanderungsverluste einen Rück-
künftig der Alterungsprozess fort, was an der          gang um - 796 Personen bzw. - 3 %. Ein entgegen-
deutlichen Zunahme an Senioren im Alter von 65         gesetzter Prozess kann im dörflichen Prognosege-
Jahren und mehr erkennbar ist ( siehe Abb. 3). Wei-    biet beobachtet werden. Dort können zwar Bin-
terhin auffällig ist ein Rückgang der Kinder unter     nenwanderungsgewinne verzeichnet werden;
6 Jahren, welcher trotz einer konstanten Gebur-        diese können aber die Außenwanderungsverluste
tenrate durch den Rückgang der Frauen im gebär-        und den Sterbeüberschuss nicht ausgleichen. Im
fähigen Alter verursacht wird (Echoeffekt der ge-      Ergebnis nimmt die Einwohnerzahl um
burtenschwachen Jahrgänge der 1990er-Jahre).           - 1.212 Personen bzw. - 3 % ab.

ERGEBNISSE PROGNOSEGEBIETE                             Allein die beiden Prognosegebiete Innenstadt
                                                       Mitte/West (+ 2.015 Personen bzw. + 6 %) und In-
Der vorausberechnete Rückgang in der Basisvari-        nenstadt Ost (+ 2.983 Personen bzw. + 12 %) ver-
ante in den Jahren von 2020 bis 2040 um                zeichnen Einwohnergewinne, wenn auch aus un-
- 436 Personen führt in fünf von sieben Prognose-      terschiedlichen Gründen. Ausschlaggebend für
gebieten ebenfalls zu einer rückläufigen Einwoh-       die Innenstadt Mitte/West sind die hohen Binnen-
nerzahl.                                               und Außenwanderungsgewinne, welche deutlich
                                                       höher als der leicht negative natürlichen Saldo
Die Großwohnsiedlung Nord ist sowohl absolut           ausfallen. In der Innenstadt Ost hingegen wird mit
(- 2.423 Personen) als auch relativ (- 8 %) am         2.619 Wohnungen der meiste Neubau angenom-
stärksten vom Rückgang betroffen ( siehe Abb. 4).      men, was die Wanderungsbewegungen begüns-
Verursacht wird dies durch einen hohen Sterbe-         tigt. Trotzdem verliert die Innenstadt Ost Einwoh-
überschuss, welcher trotz Außen- und Binnen-           ner an andere Prognosegebiete, auch wenn die
wanderungsgewinnen nicht ausgeglichen werden           Außenwanderungsgewinne und der Geburten-
kann. Diese Konstellation trifft auch auf die Innen-   überschuss dies kompensieren können.
stadt Süd (- 787 Personen bzw. - 3 %) sowie

                                                                                                            -6-
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
ABB. 4

VORAUSBERECHNETE ENTWICKLUNG DER EINWOHNER NACH PROGNOSEGEBIETEN IN ERFURT
- Basisvariante

             Einwohner mit Hauptwohnsitz                                  in den Jahren
50.000                                                                    2020 bis 2040
                                                       dörflich              - 1.212
45.000

40.000                                                 Innenstadt
                                                                             + 2.015
                                                       Mitte/West
35.000
                                                       Großwohnsiedlung
30.000                                                 Nord                  - 2.423

25.000                                                 Innenstadt Nord        - 796
20.000
                                                       Innenstadt Ost        + 2.983
15.000

10.000                                                 Innenstadt Süd         - 787

  5.000
                                                       Großwohnsiedlung
         0                                             Süd/Ost                - 201

Datengrundlage: Stadt Erfurt
Darstellung: Timourou

                                                                                          -7-
WOHNUNGS-BEDARFS- PROGNOSE - Erfurt.de
Kapitel 2
2        HAUSHALTSPROGNOSE DER STADT ERFURT

Für die Vorausberechnung der Wohnungsnach-               Grundlage der Ergebnisse der Basisvariante um
frage sind weniger die Einwohner als vielmehr die        + 3.830 Haushalte zu und auf Grundlage der Er-
Haushalte ausschlaggebend. Aus diesem Grund              gebnisse der oberen Prognosevariante um
wurde von Timourou basierend auf der aktuellen           + 6.900 Haushalte (         siehe Kasten „Wie wurde die Haus-
Bevölkerungsprognose der Stadt Erfurt eine               haltsprognose berechnet?“ und Abb. 5).
                                                                                      Im Vergleich zur
Haushaltsprognose berechnet. Ziel dabei war es,          Bevölkerungsprognose bewirkt demzufolge der
die Entwicklung der zukünftigen Haushaltszahlen          Haushaltsverkleinerungsprozess unabhängig von
als auch der Haushaltsstrukturen abzubilden.             der Variante einen Anstieg der Wohnraumnach-
                                                         frage.
Den Berechnungen nach nimmt die Anzahl der
Haushalte in den Jahren von 2020 bis 2040 auf

ABB. 5

VORAUSBERECHNETE ENTWICKLUNG DER ZAHL DER HAUSHALTE IN ERFURT

             statistische Privathaushalte        Ist-Werte Stadt                        Basisvariante
                                                 obere Prognosevariante
140.000
                                                                      119.715             121.205           122.557
                                      115.583        118.008
120.000
      102.422
                                                     116.354          117.042             118.212           119.351
100.000

    80.000

    60.000

    40.000

    20.000

         0

Datengrundlage: Stadt Erfurt
Berechnungen/Darstellung: Timourou

WIE WURDE DIE HAUSHALTSPROGNOSE BERECHNET?
                                                                                                                         INFORMATION

Haushalte werden statistisch nicht erfasst, son-         Bei der Berechnung der Haushaltsprognose flos-
dern müssen anhand der Einwohnermeldedatei               sen entsprechend der aktuellen kommunalen Be-
ermittelt („generiert“) werden. Die Abteilung Sta-       völkerungsprognose die vorausgeschätzte Anzahl
tistik und Wahlen der Stadtverwaltung Erfurt führt       der Einwohner und die Entwicklung der Alters-
entsprechend mithilfe eines Rechenprogramms              struktur ein sowie die aktuellen Haushaltsstruktu-
(HHGen) jährlich eine Haushaltsgenerierung               ren nach HHGen. Hinsichtlich der zukünftigen
durch. Auf Basis der wohnberechtigten Bevölke-           Veränderung der Verteilung nach Haushaltsgröße
rung (Haupt- und Nebenwohnsitz, ohne Heime)              wurden Annahmen getroffen, die den demogra-
werden die Anzahl der statistischen Privathaus-          phischen Effekt (z. B. mehr Senioren und weniger
halte sowie die Verteilung nach Haushaltsgrößen          Familien) und den Verhaltenseffekt (Trend zum
generiert.                                               längeren Alleine-Leben) berücksichtigen.

                                                                                                                            -8-
ABB. 6

VORAUSBERECHNETE ENTWICKLUNG DER HAUSHALTE NACH HAUSHALTSGRÖßE IN ERFURT
- Basisvariante

          Anteil in %                                                  Haushaltsgröße
120%            1,83                                                                       2,00
                              1,82            1,81           1,79            1,77
                                                                                           1,80          5 und mehr
               2,5%           2,4%            2,4%       2,3%                2,3%                        Personen
100%
               6,3%           6,3%            6,2%       6,1%                6,0%          1,60
                                                                                                         4 Personen
               11,3%         11,2%           11,1%       10,9%              10,7%          1,40
    80%
                                                                                           1,20          3 Personen
                             29,5%           29,1%       28,2%              27,2%
               30,4%
    60%                                                                                    1,00
                                                                                                         2 Personen
                                                                                           0,80
    40%
                                                                                           0,60
                                                                                                         1 Person
               49,4%         50,6%           51,2%       52,5%              53,8%          0,40
    20%
                                                                                           0,20          Haushalts-
                                                                                                         größe
    0%                                                                                     0,00
               2019           2025            2030       2035                2040

Datengrundlage: Stadt Erfurt
Berechnungen/Darstellung: Timourou                                     Hinweis: Anzahl der Heime und Anstalten konstant

Angesichts einer älter werdenden Bevölkerung                   Haushalten führt. Allerdings wird in der Innen-
und dem anhaltenden Trend zum längeren Al-                     stadt Ost der Haushaltsverkleinerungsprozess
leine-Leben steigt den Ergebnissen der Haus-                   etwas gedämpft, da gleichzeitig die Anzahl an
haltsprognose nach der Anteil an 1-Personen-                   Familien überdurchschnittlich stark steigt.
Haushalten bis 2040 auf 53,8 % ( siehe Abb. 6). Da       •     In der Innenstadt Süd, der Großwohnsiedlung
dies vor allem zulasten der 2-Personen-Haushalte               Süd/Ost und in den dörflich geprägten Gebie-
geschieht, sinkt dort der Anteil auf 27,2 %. Zudem             ten führt der Haushaltsverkleinerungsprozess
führt insbesondere der Rückgang an Kindern und                 trotz sinkender Einwohnerzahl zu einer Zu-
Jugendlichen zu einem abnehmenden Anteil an                    nahme an Haushalten. In allen drei Prognose-
größeren Haushalten mit 3 und mehr Personen.                   gebieten werden ein weiterer Alterungspro-
In der Folge sinkt die durchschnittliche Haushalts-            zess und ein anhaltender Trend zum längeren
größe bis 2040 auf 1,77.                                       Alleine-Leben erwartet. Der Haushaltsverklei-
                                                               nerungsprozess in den dörflich geprägten Ge-
In den Prognosegebieten verlaufen die Einwohne-                bieten ist etwas stärker ausgeprägt, da dort
rentwicklung, der Alterungsprozess und der Haus-               die Anzahl an Familien etwas stärker abnimmt.
haltsverkleinerungsprozess in unterschiedlicher          •     In der Innenstadt Nord und der Großwohn-
Art und Weise. In allen Prognosegebieten wird                  siedlung Nord ist eine rückläufige Haushalts-
sich aber grundsätzlich ein gewisser Haushalts-                zahl zu verzeichnen. Ausschlaggebend ist der
verkleinerungsprozess fortsetzen, sodass überall               Einwohnerrückgang, welcher vor allem die
die zukünftige Entwicklung der Haushaltszahlen                 Großwohnsiedlung Nord betrifft. Weiterhin
günstiger ausfällt als die der Einwohnerzahlen.                wird in beiden Prognosegebieten ein geringe-
                                                               rer Haushaltsverkleinerungsprozess erwartet,
•    In den Jahren von 2020 bis 2040 steigt die                da sich die Altersstruktur weniger stark verän-
     Wohnraumnachfrage in der Innenstadt Ost                   dert.
     und in der Innenstadt Mitte/West am stärks-
     ten ( siehe Abb. 7). Im Wesentlichen ist dies auf   Insbesondere im Prognosegebiet Nord fällt der
     die deutlich steigende Einwohnerzahl zurück-        zukünftige Haushaltsverkleinerungsprozess ge-
     zuführen. Weiterhin wird ein überdurch-             ring aus, da dort die Haushaltsgröße bereits jetzt
     schnittlich starker Anstieg bei den Senioren er-    auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau liegt.
     wartet, was letztendlich zu mehr 1-Personen-

                                                                                                                          -9-
ABB. 7

VORAUSBERECHNETE ENTWICKLUNG DER HAUSHALTE NACH PROGNOSEGEBIETEN IN ERFURT
- Basisvariante

             statistische Privathaushalte                                                                         in den Jahren
25.000                                                                                                            2020 bis 2040

                                                                                               dörflich              + 679

20.000                                                                                         Innenstadt            + 1.784
                                                                                               Mitte/West
                                                                                               Großwohnsiedlung
15.000                                                                                                                - 961
                                                                                               Nord
                                                                                               Innenstadt Nord        - 150

10.000
                                                                                               Innenstadt Ost        + 2.022

                                                                                               Großwohnsiedlung
    5.000                                                                                                            + 261
                                                                                               Süd/Ost
                                                                                               Innenstadt Süd        + 198

         0

Datengrundlage: Stadt Erfurt
Berechnungen/Darstellung: Timourou

Da in die Berechnungen der aktuellen Bevölke-                            •    weitere Neubaupotenziale, die sich künftig
rungsprognose bereits die tatsächliche und ge-                                durch konkrete Planungen innerhalb der se-
plante Wohnungsneubautätigkeit der kommen-                                    parat analysierten Suchräume für den Woh-
den Jahre (Stand November 2020) eingeflossen                                  nungsbau6 ergeben können.
ist, sind die durch diese Bautätigkeit ausgelösten
Wanderungsbewegungen ebenfalls in der Haus-                              Hierbei handelt es sich um Reaktionen des Woh-
haltsprognose enthalten.                                                 nungsmarktes – genauer der Angebotsseite – die
                                                                         zu veränderten Wanderungsbewegungen führen
In der Haushaltsprognose nicht enthalten sind                            können. Sie hängen aber stark vom Handeln der
hingegen                                                                 Eigentümer ab und können zu einem Abweichen
                                                                         der tatsächlichen von der prognostizierten Ent-
•    veränderte Wanderungsbewegungen durch                               wicklung in den einzelnen Prognosegebieten füh-
     einen Generationswechsel (betrifft insbeson-                        ren. Dies ist nur bedingt prognostizierbar. Es ist
     dere die Innenstadt Süd und das dörfliche                           daher sinnvoller, diese Aspekte der Bestandsent-
     Prognosegebiet),                                                    wicklung als strategische Handlungsmöglichkeiten
•    Bestandsanpassungen und dadurch ausge-                              zu diskutieren.
     löste (Binnen)Wanderungen sowie

_________________________________________________________________________________________________________________________

6
    Stadtverwaltung Erfurt, Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) Erfurt 2030, Teil 2

                                                                                                                                  - 10 -
Kapitel 3
3        WOHNUNGSBEDARFSPROGNOSE DER STADT ERFURT

Der zukünftige Wohnungsbedarf in der Stadt Er-          Weiterhin besteht die Möglichkeit, mit besonde-
furt setzt sich aus drei verschiedenen Elementen        ren Wohnungsangeboten die Nachfrage zu beein-
zusammen, die zu berücksichtigen sind ( siehe Abb.      flussen (angebotsorientierte Strategie). Beispiels-
8).Als erstes hängt der Wohnungsbedarf von der          weise kann durch die Schaffung von weiteren An-
absoluten Entwicklung der Haushalte ab, denn zu-        geboten entweder die Nachfrage im Stadtgebiet
sätzliche Haushalte ergeben eine zusätzliche            besser gehalten oder eine Marktentspannung als
Nachfrage nach Wohnungen, weniger Haushalte             Folge einer zunehmenden Bestandsausweitung
bedeuten Leerstand. Das Ergebnis der Haushalts-         erzeugt werden.
prognose entspricht somit der quantitativen
Nachfrage. Die zusätzliche Nachfrage bedeutet           Dies wird als strategisches Zusatzangebot be-
nicht automatisch Neubau, denn es können auch           zeichnet. Damit verbunden sein kann auch das
Wohnungen durch Umnutzungen oder Maßnah-                strategische Ziel, den Wohnungsmarkt zu ent-
men im Bestand hinzukommen. Des Weiteren ist            spannen, indem mehr Wohnungen gebaut wer-
zu berücksichtigen, dass es im Zeitverlauf auch zu      den als neue Haushalte. Bei einer ausreichenden
Wohnungsabgängen durch Zusammenlegung, Rü-              strategischen Reserve von ca. 2 bis 3 % ist der
ckbau etc. kommen kann. Diese Zahl muss                 Wohnungsmarkt entspannt, es kommt nicht mehr
dann durch neue Wohnungen ausgeglichen wer-             zu Knappheitspreisen und das Angebot preiswer-
den. Entscheidend ist, dass die Summe der quan-         ter Wohnungen nimmt nicht mehr ab ( siehe Kasten
titativen Nachfrage passt.                              „Erhalt und Sicherung des preiswerten Wohnungsbestandes“ in
                                                        Kapitel 3.3.2).

Unabhängig davon gibt es aber auch eine Nach-
frage nach neuen Wohnqualitäten und -formen             Im Fall der Stadt Erfurt wird entsprechend den Er-
(moderne Grundrisse und Ausstattung, altersge-          gebnissen der Haushaltsprognose zukünftig ein
rechtes Wohnen, ökologische Bauweise, beson-            Nachfrageanstieg erwartet. Demzufolge wird
dere Wohnlagen, preiswerte Geschosswohnun-              der Neubau bereits aus quantitativen Gründen
gen etc.) bzw. Wohnformen, die es nicht oder            notwendig sein. Mit diesen neuen Wohnungen
nicht ausreichend im derzeitigen Wohnungsbe-            kann die qualitative Nachfrage bedient werden,
stand gibt und diese sich auch nicht in jedem Fall      indem passende Wohnungen gebaut werden. Mit
durch Umbau und Modernisierung im Bestand               Blick auf den gesamten zukünftigen Neubaubar-
schaffen lassen. Dazu zählen der Eigenheimbau           darf sind diesbezüglich zwei Varianten möglich:
( siehe Kapitel 3.2) und der Geschosswohnungsbau
( siehe Kapitel 3.3). Dies wird als qualitative Nach-
frage bezeichnet.

ABB. 8

ELEMENTE DES ZUKÜNFTIGEN WOHNUNGSBEDARFS

                                                                                                                      - 11 -
•     Die quantitative Nachfrage fällt größer                       •    Die quantitative Nachfrage fällt kleiner
    aus als die qualitative Nachfrage: Durch                             aus als die qualitative Nachfrage: In die-
    die Zunahme der Haushalte werden bei dieser                          sem Fall werden aus Sicht der Nachfrager
    Variante aus qualitativen Gründen keine zu-                          mehr neue Wohnungen benötigt als aus quan-
    sätzlichen Wohnungen benötigt. Dies gilt aller-                      titativen Gründen. Folglich entspricht der zu-
    dings nur dann, wenn der Neubau, welcher                             künftige Neubaubedarf dem Niveau der quali-
    aus quantitativen Gründen notwendig ist,                             tativen Nachfrage. Mit dem Schaffen von
    auch den Nachfragerwünschen entspricht und                           neuen Wohnqualitäten und -formen wird so-
    die qualitativen Bedürfnisse befriedigt. Folglich                    mit das Wohnungsangebot zusätzlich ausge-
    entspricht der zukünftige Neubaubedarf dem                           weitet. Im Ergebnis nimmt das Wohnungsan-
    Niveau der quantitativen Nachfrage ( siehe Abb.                      gebot stärker zu als die Anzahl der Haushalte.
    9). Darüber hinaus kann das Angebot aus stra-                        Dies trägt zu einer Marktentspannung bei. Um
    tegischen Gründen ausgeweitet werden, um                             beispielsweise eine stärkere Marktentspan-
    beispielsweise eine Marktanspannung zu erzie-                        nung zu erzielen, kann darüber hinaus das An-
    len.                                                                 gebot aus strategischen Gründen zusätzlich
                                                                         ausgeweitet werden.

Abb. 9

BERECHNUNG DES ZUKÜNFTIGEN WOHNUNGSBEDARFS IN EINER WACHSENDEN GEMEINDE

3.1      WIE VIELE WOHNUNGEN WERDEN ZUKÜNFTIG BENÖTIGT?

Die quantitative Wohnungsnachfrage basiert auf                      unabhängig von der Variante zuerst höher ausfällt
der Veränderung der Anzahl an Haushalten, wie                       und im Laufe der Zeit abnimmt ( siehe Abb. 10).
sie im Rahmen der Haushaltsprognose ermittelt                       Demnach werden in den ersten Prognosejahren
wurde ( siehe Kapitel 2). Demzufolge bewegt sich                    mehr Wohnungen benötigt und der Bedarf an
der zusätzliche Wohnungsbedarf in der Band-                         neuen Wohnungen nimmt im Zeitverlauf ab. Mög-
breite von + 3.830 bis + 6.900 Wohnungen in                         liche Wohnungsabgänge durch Zusammenlegung,
den Jahren von 2020 bis 2040.7 Mit Blick auf die                    Umnutzung oder Rückbau sind entsprechend zu
Zeiträume ist markant, dass der Nachfrageanstieg                    kompensieren.

_________________________________________________________________________________________________________________________

7
    Die quantitative Nachfrage von + 3.830 Wohnungen entspricht dem Anstieg der Haushaltszahl in der Basisvariante und die Nach-
    frage von + 6.900 Wohnungen die der oberen Prognosevariante.

                                                                                                                                   - 12 -
ABB. 10

QUANTITATIVE NACHFRAGE NACH ZUSÄTZLICHEN WOHNUNGEN IN ERFURT

          statistische Privathaushalte               Basisvariante         obere Prognosevariante
8.000

7.000

6.000

5.000

4.000
                                                                                                            6.900
3.000

2.000                                                                                               3.830

1.000                 2.350
                                             1.710                 1.490
            830                                        1.170                   1.140       1.350
                                     690
      0
            2020 bis 2025            2026 bis 2030      2031 bis 2035            2036 bis 2040      2020 bis 2040

Datengrundlage: Stadt Erfurt
Berechnungen/Darstellung: Timourou

3.2       WOHNUNGEN IN EIN- UND ZWEIFAMILIENHÄUSERN

Die Nachfrage nach einem Eigenheim wird als                    der Altersgruppe der 30- bis unter 45-Jährigen, da
eine qualitative Nachfrage interpretiert, weil es              dies in den meisten Fällen das Alter ist, in wel-
sich dabei um besondere Wohnwünsche sowie                      chem ein bestehender Eigenheimwunsch reali-
Anforderungen an den Wohnraum handelt, wel-                    siert wird. Bevor die zukünftige Nachfrageentwick-
che im Bestand nicht ausreichend erfüllt werden                lung in Erfurt abgeschätzt wird, erfolgt eine Ana-
können. Ausschlaggebend für den Umfang der                     lyse des bisherigen Bauvolumens.
Nachfrage ist die Entwicklung der Einwohner in

3.2.1 BISHERIGE ENTWICKLUNGEN

Die Suburbanisierung hat in den letzten Jahren                 Demzufolge entwickelten sich die Neubauquoten
spürbar zugenommen und die Neubautätigkeit in                  in der Landeshauptstadt entgegen dem allgemei-
Erfurt liegt derzeit auf einem relativ niedrigen Ni-           nen Trend in Ostdeutschland ( siehe Kasten „Neubau-
veau. Eine Auswertung des bisherigen Neubauvo-                 quoten in ostdeutschen Kreisen“).
                                                                                          Wesentliche Ursache
lumens von 2011 bis 2012 sowie von 2017 bis                    für die gestiegene Suburbanisierung wird neben
2018 ergab, dass                                               der reinen Verfügbarkeit von Wohnbauflächen in
                                                               Erfurt auch das im Vergleich zur Stadt niedrigere
•   in Erfurt die Neubauquote von 4,4 auf 3,5                  Preisniveau im Umland sein. Im Jahr 2019 lagen
    Wohnungen je 1.000 Einwohner im Alter von                  für ein Grundstück zum individuellen Wohnungs-
    30- bis unter 45-Jährigen gesunken ist, wäh-               bau die Kaufpreise in Erfurt bei durchschnittlich
    rend                                                       250 €/m² und in Sömmerda bei 50 €/m² oder im
•   im ersten und zweiten Umlandring die Quote
    von 7,1 auf 7,9 Wohnungen leicht gestiegen ist
    ( siehe Abb. 11 und Abb. 12).

                                                                                                                     - 13 -
Weimarer Land bei 59 €/m².8 Die Gegenüberstel-                       führten die aufgezeigten Entwicklungen dazu,
lung von 250 und 60 €/m² ergibt beispielsweise                       dass in Erfurt die Anzahl der neugebauten Woh-
für ein 500 m² großes Grundstück eine Differenz                      nungen in Ein- und Zweifamilienhäusern seit 2008
von fast 100.000 €, welche ausschlaggebend für                       tendenziell abgenommen haben (          siehe Abb. 13).
den Wegzug sein können. Absolut betrachtet

ABB. 11

NEUBAUQUOTEN IN AUSGEWÄHLTEN GEMEINDEN VON THÜRINGEN VON 2011 BIS 2012

Datengrundlage: Thüringer Landesamt für Statistik
Berechnungen/Darstellung: Timourou

ABB. 12

NEUBAUQUOTEN IN AUSGEWÄHLTEN GEMEINDEN VON THÜRINGEN VON 2017 BIS 2018

Datengrundlage: Thüringer Landesamt für Statistik
Berechnungen/Darstellung: Timourou
_________________________________________________________________________________________________________________________

8
    Siehe Immobilienmarktbericht 2020 für Thüringen, wobei davon auszugehen ist, dass an Erfurt angrenzende Gemeinden höhere
    Grundstückspreise aufrufen als weiter weg entfernte Gemeinden.

                                                                                                                               - 14 -
ABB. 13

NEUBAU VON WOHNUNGEN IN EIN- UND ZWEIFAMILIENHÄUSERN IN ERFURT SEIT 2008

          fertiggestellte Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern
250

200

150

           225                                      236                            229
100                             212
                                                                                                       200
                     162                                      165        164

    50                                    106                                                105                  101
                                                                                                                             80

    0
           2008      2009      2010      2011       2012      2013       2014     2015       2016      2017      2018      2019

Datengrundlage: Thüringer Landesamt für Statistik
Berechnungen/Darstellung: Timourou

NEUBAUQUOTEN IM EIGENHEIMBEREICH IN OSTDEUTSCHEN BUNDESLÄNDERN

Das Neubauvolumen in kreisfreien Städten und                         auch vom Wohnungsangebot ab, was mithilfe
Landkreisen unterliegt teilweise großen Schwan-                      zweier Merkmale abgebildet wird:
kungen, wobei gewisse Muster erkennbar sind.
Für eine systematische Herausarbeitung dieser                        •    Wohnungsmarkttyp:9 Am Wohnungsmarkt ver-

                                                                                                                                    INFORMATION
Muster und für die Identifikation einflussnehmen-                         fügbare Flächenpotenziale fallen tendenziell in
der Indikatoren wurden für unterschiedliche Zeit-                         gering dynamischen Märkten größer aus als in
räume die Neubauquoten aller ostdeutschen                                 dynamischen Märkten, wo Nutzungskonflikte
Landkreise und kreisfreien Städte analysiert. Die                         häufiger auftreten.
Jahre von 2008 bis 2010 stehen dabei für einen                       •    Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern am
wirtschaftlich schwachen Zeitraum nach der Fi-                            Wohnungsbestand: Je größer der Anteil und
nanzkrise, während die wirtschaftlichen Entwick-                          damit das Angebot ist, desto mehr kann die
lungen von 2015 bis 2017 positiv verliefen. Die                           Nachfrage durch Bestandsangebote befriedigt
ökonomische Situation schlägt sich in den ost-                            werden.
deutschen Bundesländern auch auf das Bauvolu-
men nieder, was mit günstigeren Beschäftigungs-                      Im Ergebnis ist nicht nur erkennbar, dass 2008 bis
verhältnissen, einem höheren Lohnniveau und ei-                      2010 die Neubauquoten niedriger als 2015 bis
ner optimistischen Zukunftsaussicht zusammen-                        2017 lagen, sondern auch, dass charakteristische
hängt. Folglich lagen 2015 bis 2017 die Neubau-                      Spannen an Neubauquoten für die verschiedenen
quoten im Mittel höher als 2008 bis 2010 ( siehe                     Wohnungsmarkttypen abnehmen.
Abb. 14 und Abb. 15).   Gleichzeitig hängt die Nachfrage

_________________________________________________________________________________________________________________________

9    Basierend auf umfassenden Analysen aller kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland schrieb Timourou 2017 in Zusammen-
     arbeit mit dem BBSR eine Wohnungsmarkttypologie fort. Dafür wurden sieben Indikatoren herangezogen: Einwohnerentwicklung,
     Wanderungssaldo, Seniorenanteil, Neubautätigkeitsrate, Angebotsmieten, Kaufkraftindex und Anteil der Leistungsbezieher nach
     SGB II. Im Ergebnis bringt die Typisierung unterschiedliche Strukturen und Entwicklungsdynamiken deutscher Wohnungsmärkte
     zum Ausdruck. Weitere Informationen siehe „Lücken in der Leerstandsforschung – Wie Leerstände besser erhoben werden kön-
     nen“ in BBSR-Bericht Kompakt 02/2017.

                                                                                                                                     - 15 -
Erfurt als ein dynamisch, städtisch geprägter                  hohe Neubauquoten im Eigenheimbereich. Wahr-
Wohnungsmarkt hat trotz der rückläufigen Bau-                  scheinlich stehen demzufolge auch andere Ge-
fertigstellungszahlen – was wiederum auch in den               biete dieses Typus vor der Herausforderung einer
anderen Gebieten dieses Wohnungsmarkttypus                     zunehmenden Suburbanisierung. Gleichzeitig
beobachtet werden konnte – vergleichsweise                     muss an dieser Stelle auch auf die relativ kleine
                                                               Fallzahl hingewiesen werden.

ABB. 14

NEUBAUQUOTEN IM EIGENHEIMBEREICH NACH WOHNUNGSMARKTTYPEN 2008 BIS 2010

     Neubauquote (Wohnungen je 1.000 Einwohner im Alter von 30 bis unter 45 Jahren)
25
      Mittelwert: 3,3                                                  Wohnungsmarkttyp
      untere Spanne: 3,0                                                 dynamisch
20    obere Spanne: 4,9
                                                                           dynamisch,
                                                                           städtisch geprägt
15                  Erfurt                                                 dynamisch,
                     4,9                                                   ländlich geprägt

10                                                                         gering dynamisch,
                                                                           städtisch geprägt
                                                                           gering dynamisch,

                                                                                                                   INFORMATION
 5                                                                         ländlich geprägt
                                                                           sehr gering
                                                                           dynamisch
 0
     0%         20%           40%           60%          80%        100%
                    Anteil Ein- und Zweifamilienhäuser
                           am Wohnungsbestand

Datengrundlage: Statistische Ämter des Bundes und der Länder
Berechnungen/Darstellung: Timourou

ABB. 15

NEUBAUQUOTEN IM EIGENHEIMBEREICH NACH WOHNUNGSMARKTTYPEN 2015 BIS 2017

     Neubauquote (Wohnungen je 1.000 Einwohner im Alter von 30 bis unter 45 Jahren)
25                                                                     Wohnungsmarkttyp
      Mittelwert: 2,9
      untere Spanne: 2,6                                                   dynamisch
      obere Spanne: 3,9
20
                                                                           dynamisch,
                                                                           städtisch geprägt
15                                                                         dynamisch,
                    Erfurt
                                                                           ländlich geprägt
                     4,3
10                                                                         gering dynamisch,
                                                                           städtisch geprägt
                                                                           gering dynamisch,
 5                                                                         ländlich geprägt
                                                                           sehr gering
                                                                           dynamisch
 0
     0%         20%           40%          60%           80%        100%
                   Anteil Ein- und Zweifamilienhäuser
                          am Wohnungsbestand

Datengrundlage: Statistische Ämter des Bundes und der Länder
Berechnungen/Darstellung: Timourou

                                                                                                                    - 16 -
3.2.2 WIE VIELE WOHNUNGEN IN EIN- UND ZWEIFAMILIENHÄUSERN WERDEN NACHGEFRAGT?

Wie viele Wohnungen im Eigenheimbereich in Er-                     der 30- bis unter 45-Jährigen wie vorausberech-
furt zukünftig gebaut werden, hängt im Wesentli-                   net entwickelt, umfasst die Nachfrage in den Jah-
chen von den drei folgenden Faktoren ab:                           ren von 2020 bis 2040 dann 2.454 Wohnungen
                                                                   ( siehe Abb. 17 und Anhang Abb. 39). Mit Blick auf den
•   von der Anzahl der 30- bis unter 45-Jährigen,                  Zeitverlauf ist eine abnehmende Nachfrageent-
•   von der Entwicklung der Neubauquoten und                       wicklung erkennbar.
•   von dem verfügbaren Wohnbauflächenpoten-
    zial.                                                          Darüber hinaus wäre eine höhere Neubautätig-
                                                                   keit in Erfurt und eine Abnahme der Suburba-
Die voraussichtliche Entwicklung der Personen im                   nisierung möglich, wenn im ausreichenden Um-
Alter von 30 bis unter 45 Jahren wurde in der ak-                  fang passende Wohnbauflächen zur Verfügung
tuellen Bevölkerungsprognose berechnet. Den Er-                    stehen würden. Um eine Größenordnung für die-
gebnissen nach nimmt in der Basisvariante die                      sen strategischen Ansatz zu erhalten, wird in der
Anzahl bis 2040 um 5.213 Personen ab ( siehe                       Variante 2 (Anstieg) kurzfristig die Neubau-
Abb. 3). Diese Abnahme findet relativ kontinuierlich               quote ausgehend von 2,8 auf 4,3 Wohnungen er-
im Zeitraum bis 2035 statt und anschließend                        höht. Diese Quote entspricht dem Erfurter Mittel-
bleibt die Anzahl relativ konstant.                                wert in wirtschaftlich günstigen Jahren von 2015
                                                                   bis 2017 ( siehe Kasten „Neubauquote in ostdeutschen Krei-
Bei der Berechnung der Bevölkerungsprognose                        sen“). Im Ergebnis umfasst die Nachfrage im ge-
wurde der Durchschnitt der jüngsten Neubauakti-                    samten Prognosezeitraum 3.649 Wohnungen.
vitäten fortgeschrieben. Demzufolge unterliegt die                 Da die Anzahl an 30- bis unter 45-Jährigen ab-
Prognose der Annahme, dass das Niveau der Sub-                     nimmt, sinkt auch die Nachfrage nach Wohnun-
urbanisierung, wie es in den letzten Jahren beo-                   gen in Ein- und Zweifamilienhäusern im Zeitver-
bachtet werden konnte, zukünftig konstant bleibt.                  lauf. Sollte eine Verringerung der Suburbanisie-
Aus diesem Grund wird als Neubauquote in der                       rung von Erfurt in Zukunft gelingen, würde dies zu
Variante 1 (Trend) der Mittelwert von 2016 bis                     einer positiveren Bevölkerungs- und Haushalts-
2019 mit 2,8 Wohnungen ebenfalls konstant ge-                      entwicklung als vorausberechnet beitragen.
lassen (     siehe Abb. 16).   Sofern sich die Altersgruppe

ABB. 16

ANNAHMEN ZUR ZUKÜNFTIGEN ENTWICKLUNG DER NEUBAUQUOTEN IN ERFURT

       Neubauquote (Wohnungen je 1.000 Einwohner im Alter von 30 bis unter 45 Jahren)
7,00
            5,9
6,00                 5,6

5,00                           4,6
                                                                      4,3
                                                                                                                 Variante 2
4,00                                                                                                             (Anstieg)
              4,1 4,1
                                                                                                                 Variante 1
3,00                                                                                                             (Trend)
   2,7                               2,3
                           2,5                                        2,8                                        Ist-Werte
2,00
                                     1,8
1,00

0,00

Datengrundlage: Stadt Erfurt, Thüringer Landesamt für Statistik
Berechnungen/Darstellung: Timourou

                                                                                                                                - 17 -
ABB. 17

ERGEBNISSE DER VORAUSBERECHNETEN QUALITATIVEN NACHFRAGE NACH WOHNUNGEN IN EIN- UND
ZWEIFAMILIENHÄUSERN IN ERFURT

                    20 bis

                                          20 bis

                                                             20 bis

                                                                                     20 bis

                                                                                                           20 bis
                       20

                       25

                                             26

                                             30

                                                                31

                                                                35

                                                                                        36

                                                                                        40

                                                                                                              20

                                                                                                              40
                    20

                                          20

                                                             20

                                                                                     20

                                                                                                           20
                   pro                   pro                pro                     pro                   pro
                  Jahr    insgesamt      Jahr   insgesamt   Jahr     insgesamt      Jahr   insgesamt      Jahr    insgesamt
  Variante 1
                  125           748      118         590    112             561     111           554     117          2.454
  (Trend)
  Variante 2
                  169         1.017      182         911    173             866     171           855     174          3.649
  (Anstieg)

Berechnungen/Darstellung: Timourou

3.2.3 WELCHE WOHNUNGEN IN EIN- UND ZWEIFAMILIENHÄUSERN WERDEN NACHGEFRAGT?

Mit den bisherigen Berechnungen wurde das                         Nachfrage nicht ins Umland zieht, um dort mit ei-
Mengengerüst der zukünftigen Nachfrageentwick-                    nem größeren ökologischen Fußabdruck und zu-
lung im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser                   sätzlichem Pendlerverkehr ein Eigenheim zu
abgeschätzt. Der Großteil der Nachfrager wird ein                 bauen, ist der verstärkte Bau des „Erfurter Hau-
klassisches frei stehendes Einfamilienhaus auf ei-                ses“ denkbar. Wesentliche Merkmale sind auf der
nem ungefähr 500 bis 600 m² großen Grundstück                     einen Seite das Beibehalten der Charakteristika
schwerpunktmäßig in dörflichen Wohnlagen                          „Eigentum, Individualität und Selbstbestimmung“
bauen wollen. Das Siedlungswohnen entspricht                      und auf der anderen Seite eine dichtere Bauweise
dem typischen Bild der bisherigen Bauweise.                       auf kleineren Grundstücken mit ca. 250 bis
                                                                  350 m² in Form von Reihen- und Doppelhäusern
ABB. 18                                                           zu entwickeln. Solch ein kompakter Eigenheimbau
SIEDLUNGSWOHNEN IN ERFURT                                         sollte individuell gestaltet sein sowie eine hohe
                                                                  städtebauliche und nachbarschaftliche Qualität in
                                                                  zentralen/innerstädtischen und ruhigen Wohnla-
                                                                  gen bieten. Da bisher das Angebot in Erfurt durch
                                                                  das Siedlungswohnen dominiert wird, muss die
                                                                  Akzeptanz der Nachfrager für das Erfurter Haus
                                                                  erst geschaffen werden. Um das Erfurter Haus am
                                                                  Markt etablieren zu können, sind positive gebaute
                                                                  Beispiele ausschlaggebend. Denkbar ist auch eine
                                                                  Mischung von Ein- und Zweifamilienhäusern in
Darstellung: Büro für urbane Projekte und Timourou
                                                                  kompakter Bauweise sowie Mehrfamilienhäusern.

                                                                  ABB. 19
Die angebotenen Grundstücke für das Siedlungs-
wohnen stehen in Konkurrenz zu den Angeboten                      „ERFURTER HAUS“
im Umland, welche zwar weiter entfernt, aber da-
für günstiger sind. Weiterhin wird beim klassi-
schen frei stehenden Einfamilienhaus im Ver-
gleich zu Reihen- und Doppelhäusern mehr Flä-
che beansprucht. Mit dem erhöhten Flächenver-
brauch entstehen zahlreiche Ziel- und Interes-
senskonflikte, darunter vor allem gegenüber dem
nachhaltigen Bauen und Klimaschutz sowie der
Energieeffizienz. Damit trotzdem ausreichend An-
gebote für die eigenen vier Wände im Stadtgebiet                  Darstellung: Büro für urbane Projekte und Timourou
von Erfurt zur Verfügung stehen und die

                                                                                                                               - 18 -
3.3       GESCHOSSWOHNUNGEN

Die qualitative Nachfrage nach Geschosswohnun-            wie gemeinschaftliches Wohnen. Insofern sind so-
gen geht von Haushalten aus, die bereits in der           gar bei Wohnungsmärkten mit Leerständen neue,
Stadt wohnen, die aber andere Wohnformen                  durch Neubau oder Umnutzung entstehende,
wünschen, als sie bisher nutzen und die derzeit           Wohnungen erforderlich, um die Nachfragerwün-
am Wohnungsmarkt nicht oder nicht ausreichend             sche zu befriedigen.
vorhanden sind bzw. sich auch nicht in jedem Fall
durch Umbau und Modernisierung im Bestand                 Mit diesem Gutachten wird ein Kompromiss ange-
schaffen lassen. Dazu gehören zum Beispiel spezi-         strebt, bei dem die qualitativen Nachfragerwün-
fische Wohnungsqualitäten wie Barrierefreiheit,           sche bedient, aber gleichzeitig auch die Bestands-
hohe energetische Standards, moderne Grund-               ausweitung auf das erforderliche Maß begrenzt
risse und Ausstattungen, besondere Wohnlagen              werden sollte.
oder die Eigentumsbildung sowie neue Formen

3.3.1 WIE VIELE GESCHOSSWOHNUNGEN WERDEN NACHGEFRAGT?

Die Größenordnung der qualitativen Nachfrage              größeren, kleineren, günstigeren oder besseren
hängt von einer Reihe nicht exakt berechenbarer           Wohnung. Im Fall von Erfurt wird angenommen,
Faktoren ab, wie den Qualitäten des vorhandenen           dass fast 2,3 % der jährlichen Umzüge im Mehrfa-
Bestandes, der Größe des Leerstandes, den Ein-            milienhausbereich neue Wohnungen im Sinne der
kommen der Haushalte oder dem Anteil an-                  qualitativen Nachfrage nachfragen.
spruchsvoller und kommunikativer Haushalte als
den wesentlichen Trendsettern für neue Wohn-              Im Ergebnis kann für Erfurt von einer qualitativen
formen. Um diese Größenordnung abbilden zu                Nachfrage in den Jahren von 2020 bis 2040 von
können, wird ein Schätzverfahren angewendet.              rd. 4.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
Dieses basiert auf anteiligen Umzugsquoten, da            ausgegangen werden. Diese Nachfrage nimmt im
Umzüge innerhalb einer Stadt zu einem großen              Zeitverlauf von 185 Wohnungen im Jahr 2020 auf
Teil wohnungsmarktbedingt sind, das heißt, An-            192 Wohnungen im Jahr 2040 etwas zu (     siehe Abb.
lass für einen Umzug ist die Suche nach einer             20).

ABB. 20

VORAUSBERECHNETE ENTWICKLUNG DER QUALITATIVEN NACHFRAGE NACH GESCHOSSWOHNUNGEN
IN ERFURT

          Wohnungen
200

180                                                                                                   192
                                187                 188                       190
       185
160

140

120

100

 80

 60

 40

 20

   0

Berechnungen/Darstellung: Timourou

                                                                                                                 - 19 -
3.3.2 WELCHE GESCHOSSWOHNUNGEN WERDEN NACHGEFRAGT?

Bei der Schaffung zusätzlicher Wohnungen              geschaffen werden kann. Aus diesem Grund soll-
– unabhängig davon, ob im Bestand oder Neu-           ten neugebaute Wohnungen immer altersgerecht
bau – sind bestimmte Objekt- und Lagequalitäten       sein, zumal auch von jüngeren Haushalten bei-
ausschlaggebend.                                      spielsweise schwellenfreie Wohnungen nachge-
                                                      fragt werden.
Unter Objektqualitäten zählen im Wesentlichen
moderne Grundrisse, passende Wohnungsgrö-             Diese Objektqualitäten können den qualitativen
ßen sowie durchschnittliche oder gehobene Aus-        Bedarf aber erst dann decken, wenn auch die La-
stattungsmerkmale (insbesondere im Bad und in         gequalitäten stimmen. Aus Sicht der Nachfrager
der Küche sowie von Balkonen und Terrassen).          bieten sich zentrale bzw. integrierte und gleichzei-
                                                      tig möglichst ruhige Wohnlagen der Kernstadt an.
Schwerpunktmäßig werden 2- und 3-Raum-Woh-
nungen für Singles und Paare benötigt sowie er-       Ergänzend zum frei finanzierten Wohnungsbau ist
gänzend 4- und 5-Raum-Wohnungen für Familien.         der geförderte Neubau unter bestimmten Voraus-
Diese Aussage stützt sich auf Ergebnissen der         setzungen sinnvoll ( siehe Kasten „Erhalt und Sicherung
Haushaltsprognose:                                    des preiswerten Wohnungsbestandes“).

•   Singles und Paare oder 1- und 2-Personen-         An dieser Stelle sei auch auf ein aktuell virulentes
    Haushalte dominieren nach wie vor die Nach-       Problem hingewiesen, nämlich dem Auseinan-
    frage am Wohnungsmarkt. Folglich werden vor       derdriften von Wohnungsmarkt und Immo-
    allem 2- und 3-Raum-Wohnungen benötigt.           bilienmarkt. Angesichts des weiter anhaltenden
    Ein Anstieg der 1-Personen-Haushalte bedeu-       Null-Zins-Umfeldes gelten Immobilien als attrak-
    tet nicht, dass mehr 1-Raum-Wohnungen be-         tive Kapitalanlage, entsprechend stark ist der Ka-
    nötigt werden, denn auch Singles bevorzugen       pitalzufluss, der Bau und Verkauf von Immobilien
    in der Regel ein zweites Zimmer zum Schlafen.     ist lukrativ. Viele Projektentwickler bauen derzeit
•   Im Vergleich dazu fällt die Nachfrage nach grö-   mit Blick auf einen renditestarken Verkauf, nicht
    ßeren Wohnungen zwar deutlich geringer aus,       jedoch auf eine langfristige, an der Wohnungs-
    allerdings ist auch das Angebot an 4- und 5-      nachfrage orientierte Bestandspolitik. Damit be-
    Raum-Wohnungen knapper. Angesichts der            steht die Gefahr, dass auch Wohnungen gebaut
    aktuellen Neubaupreise sind die größeren          werden, die nicht der qualitativen Nachfrage – wie
    Wohnungen teurer. Daher sollte es sich dabei      zum Beispiel Mikroappartements – entsprechen.
    um eine Angebotserweiterung im begrenzten         Nicht jedes gerade angedachte Immobilienprojekt
    Maße handeln.                                     ist aus Sicht der Nachfrager am Erfurter Woh-
                                                      nungsmarktes langfristig auch sinnvoll.
Wichtige Nachfragergruppen sind Senioren, da
barrierefreier Wohnraum im Bestand nur bedingt

                                                                                                                - 20 -
ERHALT UND SICHERUNG DES PREISWERTEN WOHNUNGSBESTANDES

Für den Erfurter Wohnungsmarkt ist aufgrund der              Einkommensausfälle nicht vom Einkommen ande-
geringen Leerstandsquote ein knappes Woh-                    rer Haushaltsmitglieder abgefedert werden kön-
nungsangebot charakteristisch. Damit einher ge-              nen. Folglich fällt die Mietbelastungsquote bei Sin-
hen Knappheitspreise und steigende Mieten, die               gles höher aus, gefolgt von Alleinerziehenden.
vor allem die Versorgung einkommensschwacher                 Um eine breitere soziale Mischung zu erhalten,
Haushalte mit Wohnraum erschweren.                           kann der geförderte Wohnungsbau in zentra-
                                                             len/innerstädtischen Lagen sinnvoll sein.
In Erfurt wird zukünftig die Wohnraumnachfrage

                                                                                                                    INFORMATION
weiter zunehmen. Je nach Variante der Haushalts-             Wie viele geförderte Wohnungen in Erfurt zukünf-
prognose werden allein aus quantitativen Grün-               tig benötigt werden, hängt im Wesentlichen davon
den + 3.830 bis + 6.900 zusätzliche Wohnungen                ab, wie sich die Mietpreise im Bestand und das
benötigt. Damit zukünftig die Knappheitspreise               Einkommen der Haushalte entwickeln werden.
verringert werden können, müsste die Angebots-               Angesichts der corona-bedingten Wirtschaftskrise
ausweitung über diesem Niveau liegen. Damit in               ist kurzfristig nicht von einem weiteren Einkom-
Verbindung steht wiederum die Frage: Wie hoch                mensanstieg, wie er in den letzten Jahren be-
darf der Leerstand in Erfurt sein? (          siehe Kasten   obachtet werden konnte, auszugehen.
„Wohnungsleerstand in Erfurt in Kapitel 5“)
                                                             Wichtiger als die Schaffung von neuen preiswer-
Angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen –                 ten Wohnungen ist der Erhalt von preiswerten
und darunter insbesondere die steigenden Bau-                Wohnungen im Bestand, da dort die größten
kosten – kann beim frei finanzierten Neubau kein             Mengeneffekte erzielt werden können. Besonders
preiswerter Wohnraum geschaffen werden. Miet-                wichtig ist ein nur moderater Mietpreisanstieg
preis- und belegungsgebundene Wohnungen                      nach der Modernisierung, welcher durch eine För-
durch den sozialen Wohnungsbau sind daher                    derung von Bestandsinvestitionen wie der ener-
eine wichtige Ergänzung am Wohnungsmarkt.                    getischen Sanierung erreicht werden kann. Ergän-
Dieser sollte sich schwerpunktmäßig mit 2- und 3-            zend dazu kann die mittelbare Belegung ein sinn-
Raum-Wohnungen an 1- und 2-Personen-Haus-                    volles Instrument – vor allem für Genossenschaf-
halte richten: Erfahrungsgemäß handelt es sich               ten – sein. Eine wichtige Rolle würden dabei die
bei einkommensschwächeren Haushalten vorran-                 Großwohnsiedlungen spielen.
gig um 1-Personen-Haushalte, weil zum Beispiel

                                                                                                                     - 21 -
ALTERSGERECHTES WOHNEN

Ein besonderer Zusatzbedarf besteht im Bereich          Wesentlich bei der Betrachtung ist, dass ab
des altersgerechten Wohnens aufgrund der wei-           ca. 80 Jahren auch die Pflegebedürftigkeit deutlich
teren Alterung der Erfurter Bevölkerung. Die Zu-        ansteigt, womit der Verbleib in der bisherigen
nahme an 80-Jährigen und älter verläuft im Prog-        Wohnung in einigen Fällen nicht mehr möglich ist.
nosezeitraum nicht gleichmäßig, sondern in de-          Um eine Größenordnung für diesen Effekt zu er-
mographischen Wellen ( siehe Abb. 21): Die starken      halten, wurde überschlägig die zukünftige Entwick-
Jahrgänge der 1930er-Jahre sind jetzt über              lung der stationär zu versorgenden Pflegebedürfti-
80 Jahre alt, was zu dem aktuellen Anstieg der Se-      gen berechnet. Hierfür wurden die Pflegequoten
nioren führt. Danach kommen die schwächeren             in stationären Einrichtungen nach Altersgruppen
Jahrgänge der 1940er-Jahre und anschließend             von Thüringen von 2017 auf Erfurt übertragen
wieder stärkere der 1950er-Jahre. Im Ergebnis           und bis 2040 konstant gelassen ( siehe Anhang Abb.
nimmt die Zahl der 80-Jährigen und älter in den         40). Im Ergebnis dieser Überschlagsrechnung
Jahren von 2020 bis 2040 um rd. 5.000 Senioren          nimmt die Nachfrage nach Plätzen in Alten-und
zu. Mit diesem Anstieg steigt auch die Nachfrage        Pflegeheimen in den Jahren von 2020 bis
nach altersgerechten Wohnungen, das heißt,              2040 um 884 zu ( siehe Abb. 22). Nicht alle stationär
Wohnungen, in denen ambulante Pflege möglich            zu versorgenden Pflegebedürftigen haben ihre
ist.                                                    Wohnung aufgegeben, weil sie eventuell nur vo-
                                                        rübergehend auf eine stationäre Versorgung an-
Der Großteil der Senioren wird in einer „norma-         gewiesen sind. Aus diesem Grund wurde die zu-

                                                                                                                INFORMATION
len“ Wohnung alt. Aus diesem Grund sind Be-             sätzliche Anzahl an stationär zu versorgenden
standsanpassungen – wie die Schwellenfreiheit,          Pflegebedürftigen in Dauerpflege berechnet. Die
der Einbau einer ebenerdigen Dusche etc. – be-          Anzahl an zusätzlich 763 Pflegebedürftigen
sonders wichtig. Weitere Wohnformen wie Wohn-           zeigt für den gesamten Prognosezeitraum eine
gemeinschaften/Wohnprojekte und das betreute            Obergrenze an frei werdenden Wohnungen
Wohnen stellen Sonderwohnformen bzw. Ni-                an. Um diese Zahl verringert sich der quantitativ
schenprodukte dar.                                      notwendige Wohnungsbedarf.

ABB. 21

VORAUSBERECHNETE ENTWICKLUNG DER 80-JÄHRIGEN UND ÄLTER IN ERFURT
- Basisvariante

                                         Anteil an allen Einwohnern
          absolut                                                                          Anteil in %
20.000                                   Anzahl insgesamt                                                12%

18.000
                                                                                                         10%
16.000

14.000                                        rd. + 5.000 Senioren
                                                                                                         8%
12.000

10.000                                                                                                   6%

  8.000
                                                                                                         4%
  6.000                                      + 2,3 Prozentpunkte

  4.000
                                                                                                         2%
  2.000

      0                                                                                                  0%

Datengrundlage: Stadt Erfurt
Berechnungen/Darstellung: Timourou

                                                                                                                 - 22 -
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