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    Die Corona-Pandemie und Xi Jinping: vier
    Herausforderungen für den mächtigsten Mann
    Chinas
    Stanzel, Angela

    Veröffentlichungsversion / Published Version
    Arbeitspapier / working paper

    Zur Verfügung gestellt in Kooperation mit / provided in cooperation with:
    Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)

Empfohlene Zitierung / Suggested Citation:
Stanzel, A. (2020). Die Corona-Pandemie und Xi Jinping: vier Herausforderungen für den mächtigsten Mann Chinas.
(SWP-Aktuell, 26/2020). Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik
und Sicherheit. https://doi.org/10.18449/2020A26

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NR. 26 APRIL 2020                        Einleitung

Die Corona-Pandemie und Xi Jinping
Vier Herausforderungen für den mächtigsten Mann Chinas
Angela Stanzel

In China hat die Ausbreitung des Coronavirus die Kommunistische Partei (KP) und
Staats- und Parteichef Xi Jinping vor große Herausforderungen gestellt. Anders als bei
den Tiananmen-Protesten, der SARS-Epidemie 2003 oder der globalen Finanzkrise
2008 geht es heute nicht nur um den Machterhalt der KP, sondern auch um den des
Mannes an ihrer Spitze: Xi Jinping ist der erste Parteichef seit der Zeit Mao Zedongs,
der alle Fäden der Politik in China in einer Hand hält. Bislang scheint die Corona-
Pandemie Xis Machtposition nicht zu beeinträchtigen oder gar zu gefährden. Als
Xis Achillesferse könnte sich jedoch die Wirtschaft erweisen, sollte es hier zu einer
massiven Verschlechterung der Lage kommen.

Ihre besondere Dramatik erhält die Covid-     Vier Herausforderungen für
19-Pandemie daraus, dass sich ein höchst-     Xi Jinping und die KP
ansteckender Virus in einer Welt verbreiten
kann, die durch einen bis dato unbekann-      Die KP und Xi stehen vor vier unterschied-
ten Grad an Vernetztheit gekennzeichnet       lich gelagerten Herausforderungen.
ist. Die Globalisierung hat aber zugleich
auch neuartige technologische Möglich-        Die medizinische und gesund-
keiten verfügbar gemacht, um derartige        heitspolitische Herausforderung
Herausforderungen zu bewältigen. Staats-
und Parteichef Xi Jinping hat gezeigt, wie    Nach dem Ausbruch der Pandemie stand
eine erfahrene Führung in einem Ein-          für die KP das Bestreben im Vordergrund,
parteienstaat eine solche Gesundheits-        den Virus einzudämmen. Deshalb musste
notlage managen kann. Im Fokus der fol-       schnell gehandelt werden. Die Partei sprach
genden Analyse stehen die Implikationen       bald sogar von einem »Volkskrieg«. Dieser
der Covid-19-Pandemie für die Macht-          hatte drastische Konsequenzen: Die Mobili-
position von Xi. Daher werden gesund-         tät im ganzen Land wurde durch Isolations-
heitspolitische Aspekte dieser Krise oder     maßnahmen eingeschränkt. Beim Stand
daran anknüpfende Diskurse wie der über       von offiziell rund 400 Infizierten wurden
einen Systemwettbewerb zwischen China         am 23. Januar umgehend 60 Millionen
und insbesondere den USA nicht ein-           Menschen in der Provinz Hubei abgeriegelt.
gehender behandelt.                           In Metropolen wie Peking wurden die alten
»Nachbarschaftskomitees« wiederbelebt,          öffentlich bekannt. Aus einer Rede Xis am
                 etwa um Straßenblockaden durchzusetzen.         3. Februar geht hervor, dass er bereits am
                 Infizierte Personen wurden mit moderner         7. Januar auf einer Politbüro-Sitzung Anwei-
                 Überwachungstechnologie getrackt. Telefon-      sungen zum Kampf gegen den neuartigen
                 gesellschaften wie China Mobile, App-An-        Virus gab. Die große Lücke zwischen den
                 bieter wie Alibaba und das engmaschige          beiden Daten (7.–20.1.) ist ein Indiz dafür,
                 Netz von Kameras mit Gesichtserkennungs-        für wie gefährlich die Krise für das Image
                 technologie lieferten den Behörden Massen       des Staats- und Parteichefs eingestuft wurde.
                 von Daten, die sie zur Eindämmung der           Um zu vermeiden, mit falschen Äußerun-
                 Pandemie nutzten. Nach jetzigem Kenntnis-       gen Hoffnung zu verbreiten, wo es vielleicht
                 stand müssen diese Maßnahmen als effek-         keine gab, oder umgekehrt gar unnötig zu
                 tiv bewertet werden. Am 18. März meldeten       warnen, ging Xi auf Nummer sicher und
                 die chinesischen Behörden erstmals, nach-       äußerte sich zu der Infektionswelle gar
                 dem sie offiziell mit der Zählung der In-       nicht öffentlich. Das zeigt, von welcher Un-
                 fizierten begonnen hatten (Ende Dezember),      sicherheit die chinesische Informationspoli-
                 dass es in Wuhan keine Neuinfektionen           tik zunächst geprägt und wie sehr Xi darauf
                 gebe. Die wenigen neuen Fälle seither (in       bedacht war, seine Autorität zu wahren.
                 Wuhan und im Rest des Landes) betreffen            In einem zweiten Schritt gab Xi die Ver-
                 Menschen, die sich nach Angaben der chine-      antwortung für das Krisenmanagement an
                 sischen Gesundheitsbehörde im Ausland           Premierminister Li Keqiang ab, den er Ende
                 infiziert haben sollen. Wie belastbar solche    Januar zum Leiter einer neu gegründeten,
                 Aussagen sind, muss angesichts der erwie-       mit der Kampagne zur Eindämmung der
                 senen Falschdarstellung mancher Ereignisse      Corona-Epidemie beauftragten »zentralen
                 in der Krise durch die chinesischen Behör-      Arbeitsgruppe« berufen hatte. Die Ernen-
                 den und mit Blick auf die Zweifelhaftigkeit     nung von Li ist insofern außergewöhnlich,
                 der von ihnen veröffentlichten Statistiken      als Xi alle anderen derartigen Gruppen per-
                 offenbleiben.                                   sönlich führt. Hier ging es darum, den Par-
                                                                 teichef davor zu schützen, im Falle einer
                 Die politische Herausforderung                  Eskalation der Epidemie die Verantwortung
                                                                 übernehmen zu müssen. Im Einklang mit
                 Bei der Eindämmung des Virus ging es der        dieser Prioritätensetzung wurden die loka-
                 KP auch darum, das Image einer unfehl-          len Entscheidungsträger in Wuhan Anfang
                 baren Staatsmacht – und als deren ersten        Februar abgesetzt. Die Botschaft war unmiss-
                 Repräsentanten das des verlässlichen Füh-       verständlich: Xi verzeiht keine Fehltritte.
                 rers Xi Jinping – zu erhalten. Investigative    Nachdem sie zuerst auf Geheimhaltung
                 Nachforschungen wie die des Magazins            gesetzt hatte, ging die KP nun in die Offen-
                 Caixin haben ergeben, dass sowohl die loka-     sive. Anfang März verschob sie als Zeichen
                 len (Hubei) als auch die nationalen Gesund-     der Ernsthaftigkeit ihres Covid-19-Abwehr-
                 heitskommissionen zunächst versucht hat-        kampfs den Nationalen Volkskongress, der
                 ten, den Informationsfluss zu unterdrücken.     für den 5. März geplant war – erstmals seit
                 In seiner ersten öffentlichen Äußerung zu       dem Ende der Kulturrevolution.
                 der Pandemie machte Xi am 20. Januar               In dem Bemühen, das Image Xis und der
                 klar, dass es sich um einen Erreger handele,    Partei zu schützen, begann die KP in einem
                 der von Mensch zu Mensch übertragbar ist.       dritten Schritt den »Kampf gegen den Virus«
                 Chinesische Behörden bestätigten dies kurz      zu ideologisieren und ein Narrativ zu eta-
                 darauf öffentlich. Zu welchem Zeitpunkt         blieren. Der achtköpfigen Arbeitsgruppe
                 Xi persönlich informiert wurde, ist nicht be-   unter der Leitung von Li Keqiang wurde
                 kannt. Aber ein Beleg für die anfänglichen      auch Wang Huning, Propagandachef im
                 Vertuschungsbestrebungen ist auch, dass Xi      Politbüro, zugeteilt. Diese Entscheidung
                 erwiesenermaßen erheblich früher über die       zeigt, welch großen Wert die KP auf die
                 Ausbreitung des Virus Bescheid wusste als       öffentliche Berichterstattung über die

SWP-Aktuell 26
April 2020

2
Gesundheitskrise legte. 300 Reporter der       men abgesehen – um die Parteikader, die
Parteimedien wurden früh nach Wuhan            vor Ort die Verantwortung trugen. Die Zen-
geschickt, um positiv über die Bekämpfung      tralregierung hat in den Augen der Bürger
der Epidemie zu berichten. Im Verlauf der      dagegen bewiesen, dass sie auf das Miss-
letzten Wochen nahm das Narrativ der Re-       management der lokalen Organe in der
gierung Gestalt an und die KP fand zurück      Krise zu reagieren wusste. Zu dieser posi-
zu jenem selbstbewussten Diskurs, den          tiven Bewertung trägt wohl auch das Ge-
Beobachter Chinas aus den letzten Jahren       fühl in der Bevölkerung bei, mit in das
gewohnt waren. Anfang Februar hatte der        Krisenmanagement eingebunden worden
Ständige Ausschuss des Politbüros noch         zu sein. Die Nachbarschaftskomitees sind
eingeräumt, dass man Lehren aus der Krise      ein Relikt aus der Zeit Mao Zedongs. Aber
ziehen müsse. Inzwischen lautet der Tenor      zu ihren Eigenschaften gehört, dass durch
der chinesischen Medien: »Chinas Sieg (über    die Mitwirkung in ihnen auch ein ansons-
den Virus) ist nahe«. Zudem wird suggeriert,   ten machtloser Bürger hoheitliche Befug-
dass andere Staaten nicht so effektiv wie      nisse erhalten kann, etwa die zu entschei-
China auf die Krise reagiert hätten. Ende      den, wer ein Wohnviertel betreten darf
Februar äußerte der chinesische Atemwegs-      und wer nicht, und damit Teil einer engen
experte Zhong Nanshan, dass der Virus          Gemeinschaft wird.
nicht notwendig aus China stammen müsse.
Seither wird diese Information gezielt in      Die wirtschaftspolitischen
Umlauf gebracht. Unbestritten ist allerdings   Herausforderungen
(noch), dass der Virus sich von Wuhan aus
verbreitete. Die Aussage Zhongs kann als       Die vielleicht größte Herausforderung für
Versuch der KP gewertet werden, das Nar-       Xi ist es, die wirtschaftliche Entwicklung
rativ von der heroischen Pandemiebekämp-       wieder in Gang zu bringen. Den Zahlen zu-
fung an das immer wieder konstruierte Bild     folge, die die chinesische Statistikbehörde
Chinas als Opfer des Westens, insbesondere     Mitte März veröffentlichte, brach die Indus-
der USA, anzupassen: Demnach müsse die         trieproduktion in China im Januar und
Welt China dankbar sein, weil es bei der       Februar um 13,5 Prozent ein. Zwar lockerte
Eindämmung des Virus große Opfer gebracht      die Zentralregierung ab Mitte/Ende März die
und enorme wirtschaftliche Kosten getra-       Beschränkungen für Unternehmen und ge-
gen habe. Entsprechende Statements haben       stattete ihnen, ihre Produktion wiederaufzu-
zu einem rhetorischen Schlagabtausch           nehmen. Das wird jedoch voraussichtlich
zwischen Washington und Peking geführt.        nicht ausreichen, ein Wirtschaftswachstum
   In diesen drei Etappen– Vertuschen, Ab-     von 6 Prozent zu erzielen, wie es ursprüng-
geben der Verantwortung und Entwickeln         lich für dieses Jahr angesetzt war. Denn
eines für die KP günstigen Narrativs – hat     China ist in hohem Maße von der globalen
Xi die politische Herausforderung, die von     ökonomischen Entwicklung abhängig. Xi
der Corona-Pandemie ausging, bislang er-       hat also nur begrenzt Einfluss darauf, ob
folgreich bewältigt.                           vor allem die Konsum- und Dienstleistungs-
                                               sektoren sich rasch genug erholen und ob
Die zivilgesellschaftliche                     die transnationalen Lieferketten noch län-
Herausforderung                                ger unterbrochen bleiben. Letzteres könnte
                                               aber durchaus die Folge der weltweiten Aus-
Mit der Ankündigung Ende Januar, die           breitung des Coronavirus sein. Wenn die
Stadt Wuhan unter Quarantäne zu stellen,       ganze Welt in eine Rezession rutscht, würde
mehrte sich in den sozialen Medien die         es in China großflächig zu Insolvenzen
Kritik der Bevölkerung an den Behörden.        kommen, vor allem im Mittelstand, und zu
Die Klagen richteten sich zumeist gegen die    millionenfacher Arbeitslosigkeit. Eine wirt-
lokalen Autoritäten und nicht gegen Peking.    schaftliche Krise würde die Bevölkerung
Es ging also – von einigen wenigen Stim-       schwerer treffen als die Corona-Krise. In

                                                                                              SWP-Aktuell 26
                                                                                                 April 2020

                                                                                                          3
einem solchen Fall würden die Bürger mög-                      Langfristige Folgen für Xi Jinping
                               licherweise doch wieder nachdrücklicher
                               nach dem Verantwortlichen fragen. Dies                         Die KP hat bislang vehement an zwei Fron-
                               könnte für Xi in der Tat eine Gefahr darstel-                  ten gleichzeitig gekämpft: Eindämmung der
                               len. Denn die Herrschaftslegitimation der                      Epidemie und Kontrolle des Informations-
                               KP und Xi fußt auf deren Versprechen an                        flusses. Der Rückgang der Infiziertenzahl ist
                               die Gesellschaft, Wohlstand und soziale                        ein Erfolg der Zentralregierung und damit
                               Stabilität zu gewährleisten.                                   Xi Jinpings. Die KP hat bewiesen, dass das
                                                                                              von ihr geschaffene Herrschaftssystem nach
                                                                                              ihren Kriterien erfolgreich arbeitet. Die
© Stiftung Wissenschaft        Mögliche Auswirkungen auf die                                  eigentliche Schwachstelle dieses Systems ist
und Politik, 2020              Stellung Xi Jinpings                                           indes die wirtschaftliche Entwicklung. Soll-
Alle Rechte vorbehalten                                                                       te die Wirtschaft in diesem Jahr einen Ein-
                               Auch wenn die Krise noch nicht überstan-                       bruch erleben – Experten vermuten sogar
Das Aktuell gibt die Auf-
                               den ist, zeichnet sich bereits heute ab, wel-                  den größten seit Beginn der Reform- und
fassung der Autorin wieder.
                               che Folgen die Epidemie für die Autorität Xi                   Öffnungspolitik 1979 –, dann könnte eine
In der Online-Version dieser   Jinpings hat bzw. nicht hat. Es deutet sich                    solche Rezession vor dem Hintergrund der
Publikation sind Verweise      immer stärker an, dass Xi auch für den Um-                     Niederlagen, die Peking im letzten Halbjahr
auf SWP-Schriften und          gang mit der Corona-Notlage die Verantwor-                     erlitten hat (Handelskrieg mit den USA,
wichtige Quellen anklickbar.
                               tung übernehmen wird, nicht nur für sozia-                     Hongkong-Krise, Wahl einer chinakritischen
SWP-Aktuells werden intern
                               le oder wirtschaftliche Verwerfungen. Die                      Regierung in Taiwan), Xi entscheidend
einem Begutachtungsverfah-     Machtstellung Xis scheint so robust zu sein,                   schwächen. Vorläufig ist jedoch eine Stär-
ren, einem Faktencheck und     dass sie von solchen Anfechtungen nicht                        kung der Stellung Xis zu erwarten. Er hat
einem Lektorat unterzogen.     beeinträchtigt wird. Xi, so erweist sich jetzt,                die Krise mit den traditionellen Mitteln der
Weitere Informationen          hat ein Herrschaftssystem errichtet, das                       chinesischen Kommunistischen Partei
zur Qualitätssicherung der
                               nicht nur die gegenwärtige Herausforde-                        gemanagt und damit vielleicht sogar die
SWP finden Sie auf der SWP-
Website unter https://www.     rung meistern, sondern diese sogar noch                        genannten Rückschläge des letzten Halb-
swp-berlin.org/ueber-uns/      für eigene Zwecke nutzbar machen konnte.                       jahrs einstweilen vergessen gemacht.
qualitaetssicherung/           Xi hat die Krise als Chance begriffen. Er hat
                               es verstanden, seine Macht zu stärken, und
SWP
                               wird derzeit überall im Land als Held por-                     Schlussfolgerungen für die
Stiftung Wissenschaft und
Politik
                               trätiert. Der Staatsrat wird demnächst ein                     deutsche und europäische Politik
Deutsches Institut für         Buch auf den nationalen und den inter-
Internationale Politik und     nationalen Markt bringen, in dem Xis                           Für die deutsche und europäische China-
Sicherheit                     »außergewöhnliche Führungsstärke als                           politik verheißen beide Szenarien – Stär-
                               Lenker einer Großmacht« dargestellt wird.                      kung oder Schwächung Xis – nichts Gutes.
Ludwigkirchplatz 3–4
                               Als Höhepunkt dieser Erzählung gilt sein                       Ersteres hieße, dass Deutschland und die EU
10719 Berlin
Telefon +49 30 880 07-0        erster Wuhan-Besuch am 10. März: Sein                          es mit einem noch selbstbewussteren China
Fax +49 30 880 07-100          Auftritt sollte ein klares Signal senden, dass                 zu tun hätten. Das dürfte wichtige Gesprä-
www.swp-berlin.org             sich das Blatt nun gewendet und China den                      che erschweren, wie das der EU mit Peking
swp@swp-berlin.org             Virus besiegt hat. Zudem hat Xi bewiesen,                      über ein Investitionsschutzabkommen. Eine
                               dass seine Krisenstrategie erfolgreich war.                    Schwächung Xis wäre jedoch ebenso eine
ISSN 1611-6364
doi: 10.18449/2020A26
                               Leitprinzip seines Handelns war, dass jeder                    schlechte Nachricht. Nicht wegen des Macht-
                               Schritt im Krisenmanagement dem Macht-                         verlusts Xis, sondern weil es die Konsequenz
                               erhalt der Partei und seiner selbst unter-                     einer Wirtschaftskrise in China wäre, dem
                               zuordnen ist. Das schließt ein, dass es mit-                   wichtigsten außereuropäischen Handels-
                               unter zu einer Diskrepanz kommt zwischen                       partner Deutschlands. Die deutsche und
                               der Rhetorik der KP und den tatsächlichen                      die europäische Wirtschaft würden davon
                               Ereignissen.                                                   massiv in Mitleidenschaft gezogen.

                               Dr. Angela Stanzel ist Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Asien.

      SWP-Aktuell 26
      April 2020

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