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WZB – discussion paper Christiana Weber CORPORATE VENTURE CAPITAL ALS BEITRAG ZUM WISSENSMANAGEMENT – EINE VERGLEICHENDE LANGZEITSTUDIE IN DEUTSCHLAND* SP III 2005-107 Christiana.Weber@t-online.de * An dieser Stelle soll ausdrücklich Bent Reichardt mein großer Dank ausgesprochen werden, der im Rahmen seiner Dissertation maßgeblich an der Erhebung der Folgestudie in 2003/2004 beteiligt war, der die Daten aufbereitet und die Analysen vorgenommen hat.
ZITIERWEISE/CITATION: Christiana Weber Corporate Venture Capital als Beitrag zum Wissensmanagement – eine vergleichende Langzeitstudie in Deutschland Discussion Paper SP III 2005-107 Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (2005) Forschungsschwerpunkt: Research Area: Organisationen und Organizations and Wissen Knowledge Abteilung: Research Unit: Innovation und Innovation and Organisation Organization Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH (WZB) Reichpietschufer 50, D-10785 Berlin Telefon: +49 30 25491-201, Fax: +49 30 25491-209 www.wz-berlin.de/ow/inno
Zusammenfassung Das vorliegende Papier ist mit seiner Vollerhebung des deutschen Corporate Venture Capital- Marktes als eine Art Industrie- oder Branchenreport der CVC-Branche in Deutschland zu betrachten. Sein Ziel ist, einen Überblick über den deutschen CVC-Markt in 2003 zu geben sowie dessen Veränderungen über die Zeit zu beschreiben. Auf Basis zweier Datensätze von 2000/2001 und 2003/2004 wird anhand ausgesuchter Dimensionen – Zielsetzungen und deren Erreichungsgrad, strategische Aufhängung, Fondsstruktur, Entscheidungskompetenzen, Ver- gütungs- und Anreizstrukturen sowie Kriterien und Prioritäten im Investitionsprozess – der Aspekt der Veränderung bzw. des Wandels dieser Branche nach dem New Economy Einbruch und dem Schließen des Neuen Marktes besonders hervorgehoben. In den Ergebnissen wird deutlich, dass sich die Branche und ihre Teilnehmer in einigen Bereichen stark verändert haben, dass sie gelernt haben. Insbesondere die Ziele, die sie mit ihrem CVC-Programm ver- folgen, haben sich die CVCs seit 2000/2001 deutlich den neuen, verschlechterten Rahmen- bedingungen angepasst. Abstract This paper presents a survey of the entire German CVC-market. As such, it can be considered as an industry report of the CVC-industry in Germany. The goal is, to give an overview of the CVC-market in 2003 and to describe its transformation over time. Based on two datasets from 2000/2001 and 2003/2004, the aspects of change and alteration after the New Economy bust as well as the brake down of the Neuer Markt are particularly accentuated. This is done by focusing on dimensions like strategic goals and their achievement, organizational structures, fund structures, decision making competencies, salary- and incentive structures as well as investment criteria and priorities. The results show that the industry as well as its members/ participants have changed tremendously in some respects, and that they have learned. Particu- larly the strategic goals, which the parent companies pursue with their CVC-programme, have been adopted significantly under the new, and worsened environmental conditions since 2000/2001.
EINLEITUNG Organisationen streben ständig nach Innovationen, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen bzw. aufrecht zu erhalten oder auszubauen. Innovationen können dabei inkrementeller oder radikaler Natur sein (Hauschildt, 2004; Salomo, 2003), in jedem Fall bedeuten sie, dass neues Wissen in die Organisation gelangt oder dass vorhandenes Wissen innerhalb der Organisation neu aufbereitet und verarbeitet wird. Eine Form neues Wissen in die Organisation zu bringen ist, interorganisationale Beziehungen mit jungen meist technologieorientierten und -basierten Unternehmen einzugehen. Auf diese Weise kann zum einen deren externes Wissen akquiriert und transferiert werden und im Sinne exploitativer sowie explorativer Innovationsprozesse genutzt werden (Keil, 2000). Zum anderen kann im besten Fall gemeinsam mit diesem jungen Unternehmen gänzlich neues Wissen kreiert werden, da „new knowledge emerges through the direct interaction of research partners“ (McFadyen & Cannella, 2004, 737). Während das Maß an transferierbarem Wissen in derartigen interorganisationalen Beziehungen in gewisser Weise durch die jeweils vorhandenen Wissensbasen limitiert ist, scheint dies für den Prozess der Wissensgenerierung nicht der Fall, da zahlreiche neue Kombinationen der beiden vorhan- denen Wissensbasen denkbar sind (McFadyen & Cannella, 2004). Corporate Venture Capital (CVC-)Einheiten von Großunternehmen, die in New Ventures investieren, stellen eine mögliche Form von interorganisationaler Beziehung dar, in der sowohl Wissenstransfer als auch Wissenskreation machbar sind. Corporate Venture Capital, d.h. Venture Capital (VC) Finanzierung von innovativen Jungunternehmen durch große Industrieunternehmen, stellt damit nicht nur eine spezielle Form von VC Finanzierung dar, sondern geht angesichts der diversen strategischen Ziele, die das Industrieunternehmen mit dem Erwerb von Anteilen an den innovativen Jungunternehmen verbindet, deutlich darüber hinaus. Über die Frage, wie ein solches CVC-Programm gestaltet sein sollte, um erfolgreich zu sein, wurde in den letzten Jahren bereits in der Literatur diskutiert (Maula, Autio & Murray, 2005; Chesborough, 2002; Birkinshaw et al., 2002; Witt und Brachtendorf, 2002; Ernst, Witt & Brachtendorf, 2005), eine abschließende, eindeutige Handlungsempfehlung zeichnet sich nicht zuletzt angesichts der unterschiedlichen strategischen Zielsetzungen sowie der unter- schiedlichen Gewichtung von strategischen und finanziellen Zielen, bisher nicht ab. Deutlich wurde bisher, dass unterschiedliche Ziele von CVC-Prorammen unterschiedliche Strukturen und Prozesse nach sich ziehen (Chesborough, 2002; Birkinshaw et al., 2002; Weber & Weber, 2005). Um diese Problematik, die Wissenstransfer und -kreation und damit die Wettbewerbsfähigkeit großer Industrieunternehmen durchaus beeinflusst, besser zu verstehen und Antworten voran- zutreiben, wurde eine von Weber und Dierkes (2002) im WZB in 2000/2001 gestartete Studie über CVC-Programme in Deutschland in eine Langzeitstudie überführt, indem zum Jahres- wechsel 2003/2004 neue Daten erhoben wurden. Mit der ersten Erhebung von Weber und 5
Dierkes (2002) zum Jahreswechsel 2000/2001 wurden erstmalig in Deutschland alle Corpo- rate Venture Capital Einheiten zu ihren Organisationsstrukturen, -prozessen, Investitionszie- len und -kriterien sowie ihrem Selbstverständnis als Investoren befragt. Damals hatte der all- gemeine Venture Capital Markt seinen absoluten Höhepunkt erreicht und begann aufgrund der „platzenden New Economy-Blase“ zu kippen. Im Januar 2002 wurden die CVCs, die sich an der Fragebogenaktion beteiligt hatten, erneut telefonisch zu ihren Zielen (finanziell und strategisch) sowie ihrer Zielerreichung, ihrer Fondsstruktur und den Entscheidungsprozessen befragt. Zum Jahreswechsel 2003/2004 wurden abermals diese und darüber hinausgehende Variablen des deutschen CVC-Marktes erhoben. Ziel war es, zu verstehen, wie sich der Markt über die Jahre verändert hat, welche CVC-Pro- gramme noch im Markt aktiv sind und welche eingestellt wurden. Eine der sich anschließen- den Fragen war: Welche Faktoren waren die entscheidenden, die zu einem Verbleib im oder Ausscheiden aus dem Markt geführt haben? D.h. lassen sich Merkmale erkennen, in denen sich die „überlebenden“ CVC-Einheiten von den ausgeschiedenen unterscheiden? Welche Rolle spielen insbesondere Wissenstransfer und Wissenskreation innerhalb der Beziehung zwischen Industrieunternehmen und Jungunternehmen für das Überleben sowie den Erfolg der CVC-Programme? Das vorliegende Papier, das in seiner Datenfülle für Deutschland bisher einmalig ist, ist zum einen als eine Art Industrie- oder Branchenreport der CVC-Branche in Deutschland über die Zeit zu betrachten. Zum anderen soll es der zuletzt aufgeworfenen Frage nach Wissenstransfer und Wissenskreation in der beschriebenen Dyade auf Basis erster, überwiegend deskriptiver Analysen nachgehen. Nach einer Erläuterung der Datenbasis sowie der Methode, wird zunächst der deutsche CVC-Markt skizziert, dazu werden die wesentlichen deskriptiven Ergebnisse der Erhebung von 2003/2004 vorgestellt. Dort, wo es möglich und sinnvoll erscheint, werden diese Ergebnisse dann mit denen von 2000/2001 verglichen und erste Inter- pretationen, die auf Wissenstransfer sowie Wissenskreation in der interorganisationalen Beziehung von Industrieunternehmen und Jungunternehmen über die Zeit hindeuten, vorge- stellt. Das Papier richtet sich damit sowohl an einen theoretisch als auch an einen praktisch interes- sierten Leserkreis. Über das Thema Wissenstransfer und -kreation wird seit langem diskutiert (Nonaka & Takeuchi, 1995; March, 1991; Huber, 1991, Hedberg, 1981; Argyris & Schön, 1978), jedoch erlangt es im Bereich Entrepreneurship erst seit kürzerem auf den einschlägigen Konferenzen zunehmend Aufmerksamkeit. Das vorliegende Papier soll einen Beitrag zur Erforschung von Wissenstransfer und -kreation im Bereich Entrepreneurship leisten, indem es aktuelle und vergleichende CVC-Daten für Deutschland liefert und erste Antworten auf einige der zahlreichen offenen Fragen in diesem Feld liefert. Die praktischen Implikationen, die sich aus diesem Thema ergeben sind vielfältig, wenn auch noch nicht abschließend in Form von Handlungsanweisungen formulierbar. Die Tatsache, dass dem Faktor Wissen in den vergan- genen Jahren eine herausragende und eigenständige Position zugesprochen wurde und dies 6
sogar in einem eigenständigen Ansatz, dem Knowledge-based view (Grant, 1996), seinen Niederschlag fand, hat bereits in vielen Organisationen in der Weise Eingang gefunden, dass Knowledge-Management und Organisationales Lernen als zwingende Bestandteile organisa- tionaler Prozesse betrachtet werden. Dieses Papier kann für den Praktiker eines Industrieun- ternehmens, das entweder heute bereits im CVC-Geschäft engagiert ist oder diesen Schritt plant, hilfreiche Einsichten liefern. Aus der deskriptiven Analyse des deutschen CVC-Marktes lassen sich erste Rückschlüsse darüber ziehen, welche strategischen Ziele im Allgemeinen und welche konkreten Ziele im Bereich von Wissenstransfer und -kreation bestimmte organi- sationale Strukturen und Prozesse nahe legen. DATEN UND METHODE Dieses Papier basiert auf zwei Interviewläufen, die auf dem gleichen Vorgehen beruhen: einige explorative Interviews im Vorfeld, die dann von einem standardisierten, per Post bzw. per E-mail versendeten Fragebogen gefolgt wurden. Diese Studie ist auf die zu dem jeweili- gen Zeitpunkt aktiven CVC-Einheiten in Deutschland limitiert, wodurch länderspezifische Faktoren im institutionellen Umfeld, wie kulturelle oder rechtliche Faktoren, kontrolliert wer- den konnten. Es wurden exzeptionelle Rücklaufquoten von 79% in 2000/2001 und 100% in 2003/2004 erreicht. Die explorativen Interviews dienten unter anderem dazu, den Fragebogen zu entwickeln, vorab zu testen und gegebenenfalls anzupassen. Die Daten beider Erhebungs- zeitpunkte wurden kombiniert und um zusätzliche Daten über die jeweiligen Muttergesell- schaften mit Hilfe der Geschäftsberichte ergänzt. Obwohl die absolute Stichprobengröße relativ klein ist, ist die extrem hohe Rücklaufquote ein Garant dafür, dass die deskriptive Sta- tistik eingesetzt/verwendet werden kann, um Populationscharakteristiken ableiten zu können. Zusätzlich wurden non-parametrische Verfahren eingesetzt, um Untergruppen zu analysieren. Bevor nun die beiden Stichproben vergleichend gegenüber gestellt und erste Veränderungen aufgezeigt werden, sollen zunächst einige Aussagen zu den Charakteristika der Population selbst gemacht werden. Befragt wurde das CVC-Management. Inhalt der Untersuchung waren neben Fragen zu Fondsstruktur, Portfolioeigenschaften und Investitionsverhalten, Fragen zu organisationalen Strukturen und Prozessen im allgemeinen sowie Wissenstransfer und -kreation im speziellen innerhalb der CVC-Einheiten bzw. im Verhältnis zu ihren Muttergesellschaften. Schließlich wurden die übergeordneten Zielsetzungen sowie der finanzielle und strategische Erfolg der CVC-Einheiten abgefragt. Alle Daten wurden – wie bereits 2000/2001 – primär durch die subjektive Einschätzung seitens der CVC-Manager ermittelt. Dabei wurde sichergestellt, dass die Informanten ausreichend Verständnis und Überblick über die CVC-Einheiten haben und dass kein Common Method Bias vorliegt. 7
DER DEUTSCHE CVC MARKT IM JAHR 2003 UND IM VERGLEICH ZUM JAHR 2000 Das Ziel dieses Papers ist, zum einen einen Überblick über den deutschen CVC-Markt in 2003/2004 zu geben sowie dessen Veränderungen über die Zeit (2000-2003) zu beschreiben. Zum anderen werden anhand ausgesuchter Dimensionen die Aspekte des Wissenstransfers sowie der -kreation und damit zusammenhängend der Veränderung bzw. des Wandels beson- ders hervorgehoben. ALLGEMEINE STRUKTURDATEN ZUR STICHPROBE Gründung der CVC-Einheiten Wie Abbildung 1 zeigt, lag der Peak der CVC-Gründungen in den Jahren 1999 bis 2001. Die Gründungswelle bis einschließlich zum Jahr 2001 ist konsistent mit dem Boom in den Aktien und Venture Capital Märkten. Allerdings wurden auch in den Jahren danach noch vereinzelt CVC-Einheiten gegründet. Abbildung 1: Gründungsjahre der teilnehmenden CVC-Einheiten 8 7 6 5 4 3 2 1 0 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Altersstruktur der CVCs Tabelle 1 fasst die Altersstruktur der CVC-Einheiten zusammen. Während 57,9% aller im Jahre 2000 aktiven CVC-Einheiten nicht älter als zwei Jahre waren, waren dies im Jahr 2003 lediglich 13,2%. Entsprechend lag das durchschnittliche Alter der CVC-Einheiten in 2000 bei 3,11 und im Jahre 2003 bei 4,39 Jahren. 8
Tabelle 1: Gründungsjahre der in 2000 bzw. 2003 aktiven CVC-Einheiten 2000 2003 Gründungsjahr n % Σ% n % Σ% 2003 - - - 1 4,4 100,0 2002 - - - 2 8,7 95,6 2001 - - - 7 30,4 86,8 2000 6 31,6 100,0 5 21,7 56,4 1999 5 26,3 68,4 2 8,7 34,7 1998 2 10,5 42,1 3 13,0 26,0 1997 3 15,8 31,6 2 8,7 13,0 1996 1 5,3 15,8 0 0 4,4 ... 1991 2 10,5 10,5 1 4,4 4,4 19 100,0 23 100,0 Graphisch ergibt sich im Vergleich der beiden Jahre folgendes Bild: Abbildung 2: Altersstruktur der in 2000 und 2003 aktiven CVC-Einheiten Altersstruktur 2000 Altersstruktur 2003 6 6 4 Anzahl Anzahl 4 2 2 6 5 2 3 1 2 1 2 7 5 2 3 2 1 0 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Markteintritte und -austritte Auf Basis der beiden Beobachtungszeitpunkte 2000 und 2003 lassen sich die insgesamt unter- suchten CVC Einheiten in drei Gruppen einteilen: (A): solche, die 2000 und 2003 bestanden, (B): solche, die seit 2000 den Markt verlassen haben, (C): solche, die seit 2000 neu entstanden sind. Abbildung 3 illustriert die Gruppenaufteilung der befragten CVC-Einheiten graphisch. Es wird deutlich, dass seit 2000 fast die Hälfte der befragten CVC-Einheiten den Betrieb ein- 9
gestellt hat, gleichzeitig ist eine etwas größere Gruppe neu in den Markt eingetreten. 11 CVC- Einheiten waren fortwährend aktiv. Abbildung 3: Lebenszeit deutscher CVC-Programme 2000 2003 N=21 N=23 Gruppen n=19 n=23 Gruppe A (N=13, n=11) Gruppe B (N=8, n=8) Gruppe C (N=10, n=10) Erhebungszeitpunkte Industriesektoren der Mutterunternehmen Corporate Venture Capital ist, wie Tabelle 2 zeigt, kein auf bestimmte Branchen beschränktes Phänomen. Während im Jahr 2000 die Bereiche Medien (26%), IT Hardware und Kommuni- kation (21%) sowie Unternehmensberatungen (16%) die Branchenstruktur der Mutterunter- nehmen dominierten, hat zum Ende des Jahres 2003 der Anteil der Technologieunternehmen (hier Automobil, Chemie/Pharma, Energie/Umwelt, IT Soft- und Hardware sowie Kommuni- kation) von 42% auf 69% deutlich zugenommen – ein Trend, den Chesbrough (2003) für den amerikanischen Markt voraussagte. 10
Tabelle 2: Industriesektoren der Mutterunternehmen 2000 2003 Anteil in Anteil in Industrien Häufigkeit Prozent Häufigkeit Prozent Automobil 1 5,3 3 13,0 Chemie/Pharma 2 10,5 4 17,4 Energie/Umwelt - - 3 13,0 Handel/Logistik 1 5,3 1 4,3 Medien 5 26,3 3 13,0 IT Software 1 5,3 1 4,3 IT Hardware/Kommunikation 4 22,0 5 21,7 Konsumgüter - - 3 13,0 Unternehmensberatung 3 15,8 - - Sonstiges 2 10,5 - - Gesamt 19 100,0 23 100,0 Abbildung 4: Verteilung der primären Industrien der Mutterunternehmen, 2000 Automobil Sonstiges 5% Chemie und Pharma 11% 11% Unternehmens- Handel und Logistik beratungen 5% 16% Medien IT Hardware und 26% Kommunikation IT Software 22% 5% Im Jahr 2003 kamen die Mutterunternehmen vorwiegend aus den Bereichen IT Hardware und Kommunikation (22%) sowie Chemie (17%). Zu gleichen Teilen mit jeweils 13% waren 2003 die Bereiche Automobil, Energie, Medien und Konsumgüter vertreten. Die 2000 noch sehr präsenten Unternehmensberatungen waren 2003 nicht mehr im Venture Capital Geschäft zu finden (Abb. 5). Dies ist vermutlich mit ihrer unterschiedlichen Zielsetzung zu erklären, die von üblichen CVC-Zielen abweichte. Für die führenden Unternehmensberatungen stellte der 11
Gründungsboom die Gefahr einer extrem erhöhten Personalfluktuation dar, da viele ihrer Mitglieder von dem Boom der New Economy inhaltlich wie auch materiell profitieren woll- ten. Als die „Blase“ geplatzt war und die Mitarbeiter zum Teil sogar zu den Beratungen zurückgekommen waren, war die Notwendigkeit für die Beratungen obsolet, eigenständige CVC-Programme zu unterhalten, die überwiegend das Ziel verfolgten, die eigenen Mitarbeiter zu binden (Weber und Dierkes 2002). Auch das Engagement von Medienunternehmen im CVC-Geschäft ist deutlich zurückgegangen. Neu ins Venture Capital Geschäft eingestiegen sind insbesondere Firmen aus den Bereichen Energie und Umwelt sowie Konsumgüter. Wie Interviews in den jeweiligen Firmen vermuten lassen, richten sich diese Unternehmen auf eine stärkere Technologisierung des Wettbewerbs aus. Abbildung 5: Verteilung der primären Industrien der Mutterunternehmen, 2003 Konsumgüter Automobil 13% 13% IT Hardware und Chemie und Pharma Kommunikation 17% 23% IT Software Energie 4% 13% Medien Handel und Logistik 13% 4% Umsatz Die Umsätze1 der Mutterunternehmen der im Jahr 2003 aktiven CVC-Einheiten bewegten sich im Jahr 2000 zwischen 1,2 Mrd. € und 93,2 Mrd. €, im Jahr 2003 zwischen 1,7 und 86,9 Mrd. € (siehe Tabelle 3). Alle hier erhobenen Unternehmen gehören in ihrer jeweiligen Industrie zu den größten und sind auch relativ zur Volkswirtschaft der Bundesrepublik unter den 100 größten Unternehmen in Deutschland. Die große Spannbreite der Umsatzwerte spie- 1 Die Umsätze wurden aus öffentlich zugänglichen Geschäftsberichten der Unternehmen zusammengestellt, bzw. ergänzt um von den Investor Relations Abteilungen erteilte Auskünfte. In der Regel wurde der Gesamtumsatz des Mutterunternehmens zugrunde gelegt. In zwei Fällen wurde von dieser Grundregel abgewichen: Sony Venture Capital ist Teil von Sony Europe, hier wurde der Umsatz von Sony Europe zugrunde gelegt. Sony hat drei weitere Venture Capital Einheiten die für andere geographische Regionen und Konzernbereiche zuständig sind. Ähnliches gilt für Siemens. Hier wurden sowohl Siemens Venture Capital (SVC) als auch Siemens Mobile Acceleration (SMAC) erfasst und befragt. Während SVC im Auftrag des Gesamtkonzerns investiert, tut SMAC dies ausschließlich und unabhängig im Mobiltelekommunikationsbereich, entsprechend liegt SMAC nur der im Geschäftbericht ausgewiesene Umsatz der Mobil-Division von Siemens zugrunde. 12
gelt auch industriespezifisch unterschiedliche Größenordnungen wider. So haben beispiels- weise produzierende Unternehmen tendenziell geringere Umsätze als Handelsunternehmen mit demselben absoluten Gewinnvolumen. Tabelle 3: Umsatz der Mutterunternehmen der 2003 aktiven CVC-Einheiten in den Jahren 2000 und 2002 in Milliarden Euro 2000 2002 n 19 23 Min. 1,2 1,7 Max. 93,2 86,9 x 27,8 26,1 s(x) 28,2 26,2 a a Mrd. € % n % n ≥ 80 10,5 2 8,7 2 60 - 80 5,3 1 4,4 1 20 - 40 26,3 5 26,1 6 40 - 60 15,8 3 8,7 2 ≤ 20 63,2 12 52,2 12 a Durch Rundung Σ=100,1% Die Entwicklung des durchschnittlichen Umsatzes zeigt einen geringen Rückgang von 27,8 Mrd. € im Jahr 2000 auf 26,1 Mrd. € im Jahr 2002, das entspricht -0,9%. Darin spiegeln sich u. a. das in dem Zeitraum verlangsamte Wirtschaftswachstum, der Börsensturz und die Ter- roranschläge des 11. September 2001 wider. Während 12 der Unternehmen Umsatzrückgänge in dem betrachteten Zeitraum verkraften mussten, weisen 11 Firmen zum Teil beachtliche Umsatzsteigerungen bis zu 19% auf. Bei 47,8% ist der Umsatz weitestgehend unverändert und schwankt die Umsatzentwicklung zwischen -0,5 und +0,5%. Forschung und Entwicklung als Ausdruck der Innovationstätigkeit Von 23 untersuchten Unternehmen verfügen 19 über eine eigene F+E Abteilung2. Im Geschäftsbericht weisen 20 ein separates F+E Budget aus. Der F+E-Aufwand schwankte innerhalb der betrachteten Firmen im Jahr 2002 zwischen 5.6 Mio. € und 5.8 Mrd. €. Die durchschnittlichen F+E-Ausgaben betragen im Jahr 2002 1,4114 Mrd. € und liegen damit 0,14% unter dem Wert des Jahres 2000 (Tabelle 4). Die Bandbreite der Werte ist erneut ein Ausdruck der unterschiedlichen Größenverhältnisse, hat aber auch industrie- und firmenspezi- fische Ursachen. 2 Die Medienunternehmen haben beispielsweise keine F+E-Abteilungen. 13
Tabelle 4: Forschungsausgaben der Muttergesellschaften in Milliarden Euro n Min. Max. x s(x) Forschungsaufwand 2000 19 0,002 5,59 1,41 1,57 Forschungsaufwand 2002 19 0,006 5,82 1,41 1,64 Quelle: Geschäftsberichte Die F+E-Intensität, das Verhältnis des F+E-Aufwandes zum Jahresumsatz, ist ein wichtiger Indikator für die Innovationsintensität eines Unternehmens. Sie lag im Jahr 2002 bei durch- schnittlich 5,8%, im Jahr 2000 bei 5,7% (vgl. Tabelle 5). Tabelle 5: F+E-Intensität der Mutterunternehmen in Prozent n Min. Max. x s(x) Forschungsintensität 2000 19 0,2 16,9 5,7 4,7 Forschungsintensität 2002 19 0,3 20,4 5,8 5,2 Quelle: Geschäftsberichte Die Frage, ob ihr Mutterunternehmen ein systematisches Innovationsmanagement betreibt, wurde von den CVC-Unternehmen auf einer Skala von 1 (trifft nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu) im Durchschnitt mit 3,6 bewertet. Über 60% der Unternehmen benoteten diese Frage – und damit ihren eigenen Konzern – mit der Note 4 bzw. 5. Lediglich 2 der 23 befragten Unternehmen gaben an, dass ihr Mutterunternehmen kein systematisches Innovationsmanage- ment betreibe. Somit kann die Durchschnittsnote 3,6 zwar durchaus als Bejahung der Frage interpretiert werden, d.h. systematisches Innovationsmanagement ist danach bei den meisten Mutterunternehmen ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie. Was die einzelnen Organisationen konkret unter systematischem Innovationsmanagement verstehen, zeichnet sich in weiter unten ausführlicher diskutierten Variablen präziser ab. Deutlich wird in jedem Fall, dass das Managen von Innovation und damit das Transferieren, Kreieren und Managen von neuem Wissen heute als stark die Wettbewerbsfähigkeit der Organisation beeinflussender Faktor im Bewusstsein der Organisationen verankert ist. Dennoch ist hier anzumerken, dass diese Frage grundsätzlich anfällig ist für einen so genannten Self-report bias (Lamnek, 1995). BASIS DER INVESTITIONSTÄTIGKEIT UND AUSRICHTUNG DES PORTFOLIOS Im folgenden wird ein Überblick darüber verschafft, welche finanziellen Mittel den von uns befragten CVC-Einheiten in Deutschland in welcher Form zur Verfügung stehen und in wel- che Branchen und Investitionsphasen sie dieses Kapital investieren. Fondsstruktur Der überwiegende Teil der in Deutschland eingerichteten CVC-Einheiten sind 100%ige Tochterunternehmen eines Industrieunternehmens, lediglich 13% beteiligen andere Kapital- 14
geber (Industrieunternehmen und Finanzinvestoren) an ihrem Investitionsbudget. Der geringe Anteil mit anderen zusammen aufgelegter Fonds spiegelt damit den strategischen Charakter der in Deutschland tätigen CVC-Einheiten wider. Die Struktur der zur Verfügung stehenden Finanzmittel kann unterschiedliche Ausprägungen haben. CVC-Einheiten können ihre Investitionsmittel als festen Fonds, als definiertes Jahres- budget oder investitionsspezifisch ad hoc im Rahmen der üblichen Konzern-Investitions- genehmigungsverfahren erhalten. Die Ähnlichkeit zu den Freiheitsgraden einer unabhängigen VC-Gesellschaft nimmt in dieser Reihenfolge ab. In 2000 gaben lediglich sieben CVCs an (37%), über einen fest definierten Fonds vergleich- bar einer unabhängigen VC-Gesellschaft zu verfügen, weitere fünf erklärten, über eine vorab festgelegte Summe zu verfügen (26%), die nicht einem möglicherweise Schwankungen unterworfenen Jahresbudget unterliegt. Über relativ sichere Investitionsmittel verfügten dem- nach 63% der CVC-Einheiten in 2000. In 2003 geben 13 der 23 CVC-Einheiten (57%) an, aus einem fest definierten Fonds zu investieren, weitere 26% der 2003 tätigen CVCs investieren aus einem in der Höhe jedes Jahr neu definierten Budget, 17% müssen sich auf einer rollier- enden Basis ad hoc ein Budget für jede Investitionen genehmigen lassen (siehe Abb. 6). Damit stiegen der relative Anteil fester Fonds seit 2000 von 37% auf 57% und der Anteil relativ sicherer Investitionsmittel von 63% auf 83%, was bemerkenswert ist. CVC-Einheiten, die über einen festen Fonds verfügen, sind weniger abhängig vom aktuellen Geschäftsgang ihres Mutterunternehmens. An dieser Entwicklung zeigt sich, dass ein Umdenken oder Lernen innerhalb der Muttergesellschaften stattgefunden haben muss, dass zu der Erkenntnis geführt hat, dass diese finanzielle Unabhängigkeit ihrer CVC-Einheiten wichtig und für ein erfolgrei- ches Gelingen der Investitionstätigkeiten notwendig ist. Die Tatsache, dass unter den CVC- Einheiten des Jahres 2000, die bis zum Jahr 2003 Bestand hatten (Gruppe C), der Anteil der- jenigen, die über einen in der Höhe definierten festen Fonds verfügen, höher ist, als unter jenen, die frühzeitig ausgeschieden sind, stützt diese Annahme. Neben dem relativen Anstieg der CVC-Einheiten mit festem Fonds seit 2000, der als Indiz für Nachhaltigkeit und Commitment hinsichtlich des CVC-Programms gewertet werden kann, gaben von den 13 Einheiten im Jahr 2003 fünf an, mehrere Fonds gleichzeitig zu managen. Diese gleichzeitige Verwaltung mehrerer Fonds ist ein Indiz für eine unabhängigen VCs ver- gleichbare Fondsstruktur. Das Auflegen mehrerer simultaner Fonds deutet zusätzlich auf eine langfristige Perspektive der Mutterunternehmung in Bezug auf ihre CVC-Aktivitäten hin. Die Analysen bestätigen dies: Alle CVC-Einheiten, die mehrere Fonds managen, bewerten das langfristige Commitment des Mutterunternehmens zu ihrem CVC-Programm auf einer Skala von 1 bis 5 mit 4 oder 5. 15
Abbildung 6: Struktur der Investitionsmittel – 2003 Ad Hoc Bugets 17,4% Definierte Fonds ohne externe Investoren Weitere 43,5% 56,5% Definierte Fonds mit Definierte Jahresbudgets externe Investoren 26,1% 13,0% Investitionsvolumen/-mittel Diejenigen CVCs, die aus einem fest definierten Investitionsbudget oder einem Fond inves- tierten, verfügten im Jahr 2003 über Investitionsmittel von im Durchschnitt 153 Mio. €. Von diesen Investitionsmitteln waren durchschnittlich 74 Mio. €. investiert. Ein Vergleich mit den Zahlen aus 2000 ist problematisch, weil zum einen die Antwortquote zu der Frage der Inves- titionsmittel bei 40% lag und zum anderen ein Ausreißer den sich rechnerisch ergebenden Durchschnitt nach oben extrem verzerrt. Würde man dennoch eine Berechnung auf der gerin- gen Basis und ohne den Ausreißer vornehmen, ergäben sich für das Jahr 2000 zur Verfügung stehende Investitionsmittel von im Durchschnitt 148 Mio. €, was denen von 2003 sehr nahe liegt. Die leichte Erhöhung des zur Verfügung stehenden Fondskapitals ist weniger auf eine Erhöhung bestehender Fonds zurückzuführen, sondern vermutlich auf den Markteintritt zusätzlicher Fonds mit Volumina über Euro 100 Mio. Das investierte Kapital hat von 41 Mio. € seit 2000 deutlich zugenommen, sowohl gesamthaft als auch pro aktiver Einheit (vgl. Tabelle 6). Dieses Ergebnis ist insgesamt schlüssig, da es sich um eine kumulative Betrachtung handelt, bei der für die nach wie vor aktiven CVCs von 2000 in 2003 zumeist der gleiche Fonds Antwortgrundlage war wie bereits in 2000 und damit zum Jahreswechsel 2003/2004 zu großen Teilen ausgegeben war. Neben dem kumulativen Effekt des investierten Kapitals spiegelt sich auch die nicht Veräußerung schon länger gehal- tener Beteiligungen aufgrund der unattraktiven Lage am Markt für Neu- und Erstemissionen (IPOs) in diesen Zahlen wider. 16
Tabelle 6: Verteilung des Investierten Kapitals – Vergleich nach Jahren Mio. € 2000 (n=13) 2003 (n=18) ≥ 250 1 8% 1 6% 101 - 250 1 8% 3 17% 51- 100 2 15% 0 0% 26 - 50 2 15% 6 33% ≤ 25 7 54% 8 44% x 41 Mio. € 74 Mio. € Höhe des Dealflows Um ein ausgewogenes und qualitativ herausragendes Portfolio zusammenstellen zu können, ist der sogenannte Dealflow für die CVC-Einheiten von großer Bedeutung, da sich mit stei- gendem Dealflow die Wahrscheinlichkeit erhöht, wirklich die mit Blick auf die jeweils gesetzten strategischen Ziele besten Investitionsoptionen auswählen zu können. Sind also Wissenstransfer und -kreation erklärte und mit dem CVC-Programm verfolgte strategische Ziele, so sind nur solche Investitionen sinnvoll, die über die jeweils benötigten, komplementä- ren Wissensbasen verfügen. Herausragende Jungunternehmen mit einem Wissen, das in kei- ner oder kaum einer Weise anschlussfähig an das des Industrieunternehmens ist, stellt damit keine sinnvolle Investition dar. Ein konstant hoher Fluss von Geschäftsplänen stellt darüber hinaus das sog. „Window on Technology“ sicher, d.h. dass die CVC-Einheit Wissen über die aktuellen technologischen Trends und marktlichen Entwicklungen sammelt und aktuell informiert ist. 71% der befragten CVC-Einheiten gaben an, pro Jahr mehr als 200 potentielle Investitionen zu prüfen, keine erhält pro Jahr weniger als 50 Vorschläge (siehe Tabelle 7). Tabelle 7: Verteilung der Anzahl jährlich geprüfter Investitionsmöglichkeiten („Dealflow“) - 2003 ≤ 20 21-50 51-100 101- 200 ≥ 200 Dealflow p.a. 0,0 (0) 0,0 (0) 14,3 (3) 14,3 (3) 71,4 (15) 100,0 (21) % (n) Die Anzahl an zu bewertenden Investitionsmöglichkeiten sagt allerdings noch wenig über die Qualität der Vorschläge aus. Die hohe Zahl an gemeinsamen Investitionen mit unabhängigen VCs sowie Aussagen unserer Interviewpartner lassen vermuten, dass CVC-Einheiten gegen- über unabhängigen VCs hinsichtlich der Qualität der ihnen vorgelegten Vorschläge i.d.R. nicht benachteiligt sind. Eine geringe Investitionstätigkeit wie im Jahr 2003 – 63,6% aller CVC-Einheiten hielten weniger als 12 Portfoliounternehmen – geht also nicht zwangsläufig auf eine zu geringe Auswahl zurück, sondern ist wohl eher mit der wahrgenommenen Qualität 17
bzw. der in Bezug auf die gesetzten strategischen Ziele geringen Eignung der sich gebotenen Investitionsoptionen zu erklären. Quelle der Investitionen: intern oder extern Die CVC-Einheiten investierten im Jahr 2003 zu 78% ausschließlich in Gründungsunterneh- men, die nicht aus dem Konzernverbund des Mutterunternehmens stammten (vgl. Abbildung 7). Damit erschlossen sie ein hohes Potential an externen Ressourcen und fokussierten nur zu geringem Teil auf Geschäftsideen aus dem eigenen Hause. Dennoch ist der Anteil an CVC- Einheiten, die auch in Ventures investierten, deren Gründer aus dem Mutterunternehmen kamen, bemerkenswert hoch. Zum einen zeigt dies, dass die Mitarbeiter der betroffenen Groß- unternehmen ihre Ideen über konzernverbundene CVC-Einheiten fördern lassen und so auch in der Selbständigkeit mit dem Mutterunternehmen verbunden bleiben, zum anderen spricht diese hohe Zahl auch dafür, dass es den CVC-Einheiten gelingt, ihre besondere Stellung in Richtung Mutterunternehmen zu nutzen und ein Potenzial an förderungswürdigen Geschäftsideen zu erschließen, das sich exklusiv nur ihnen eröffnet. Ob sich die Qualität interner und externer Geschäftsideen unterscheidet, lässt sich noch nicht beurteilen. Eine noch ausstehende vertiefende Analyse der Daten wird dies zeigen. Bereits jetzt lässt sich sagen, dass der Anteil externer Geschäftsideen hochsignifikant positiv (Pearson 0,6, 1%-Sig., 2-sei- tig) mit dem Anteil an Co-Investitionen mit unabhängigen Venture Capital-Investitionen und hochsignifikant negativ (Pearson -0,5, 5%-Sig., 2-seitig) mit dem Anteil an Co-Investitionen mit Geschäftseinheiten des Mutterunternehmens korreliert ist. Die Bereitschaft externer Investoren zur Co-Investition ist folglich höher, wenn die Investitionsobjekte nicht aus der Mutterunternehmung der CVC-Einheit stammen. Externe Investitionen lassen möglicherweise vermuten, dass die CVC-Einheit eher im Sinne eines externen Investors wird handeln können. Auf der anderen Seite bedeutet die Herkunft der Geschäftsidee aus dem Unternehmen einen höheren Grad der Vertrautheit mit der Materie, aber auch mit den potentiellen Partnern (Coleman, 1988), was im Sinne des meist angestrebten Wissenstransfers sowie zusätzlicher Wissenskreation positiv zu bewerten ist (Weber & Weber, under revision). Abbildung 7: Interner oder externer Investitionsfokus – 2003 4 18 1 1 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Nur intern Extern und intern Nur extern 18
Syndizierung mit Partnern In welchem Umfang syndizieren die CVC-Einheiten ihre Investitionen, d.h. in welchem Umfang investieren sie gemeinsam mit anderen Partnern in dasselbe Beteiligungsunterneh- men? Dabei interessiert, in welchem Umfang (i) gemeinsam mit unabhängigen VC-Gesell- schaften (12ab = VC-SYND) und (ii) gemeinsam mit Geschäftseinheiten des Mutterunter- nehmens (12aa = BU-SYND) investiert wird. Um die Größenordnung der Co-Investitionen insgesamt einzuordnen, wurde zusätzlich der Gesamtprozentsatz der Investitionen mit Dritten erhoben (12b). Keine der CVC-Einheiten investiert ausschließlich allein. Derjenige CVC, der im geringsten Maße syndizierte, investierte in 20% aller Fälle mit anderen Partnern zusammen, seien dies nun unabhängige VCs, Business Units des Mutterunternehmens oder andere (12b). Wie Abbildung 8 zeigt, investieren 95% der CVC-Einheiten in 75% bis 100% der Fälle mit ande- ren gemeinsam. Der Anteil der Co-Investitionen an den Gesamtinvestitionen wird durch die graue Ellipse im Verhältnis zum weißen Rechteck in Abbildung 8 symbolisiert. Die Boxplots lassen vermuten, dass den Großteil der Syndizierung Co-Investitionen mit unabhängigen Venture Capital Gesellschaften (12ab, hellgrauer Kreis in der Abbildung) ausmachen. In bei- den Fällen liegt der Median gleichauf bei 90%. Ferner beginnt das 2. Quartil der gesamten Co-Investitionen bei 75%, das der Co-Investitionen mit unabhängigen VCs bei 69%. Zwei- Drittel aller CVC-Einheiten investieren also in mehr als 69% der Investitionen gemeinsam mit VCs. Neun der untersuchten CVC-Einheiten tätigen alle ihre Investitionen gemeinsam mit VCs, zwei nie. Abbildung 8: Syndizierung von Investitionen 12aa 12ab 12b 1,0 Investitionen - Co-Investitionen ,8 Mit BU Mit VC ,6 BU + 12aa VC 12ab ,4 4. Quartil 3. Quartil ,2 12b Median 2. Quartil 1. Quartil 0,0 Co-Inv. m. BU des MU Co-Inv. Gesamtanteil Co-Inv. m. unabh. V C In welchem Umfang binden nun die CVC-Einheiten die Geschäftseinheiten des Mutterunter- nehmens in die Investitionen ein? Im Mittel investieren die CVCs in 10% der Fälle gemein- sam mit Geschäftseinheiten, allerdings in zwei Drittel der Fälle in weniger als 11% (3. Quar- til), das Maximum liegt bei einem Anteil von 80% der Investitionen, die gemeinsam mit 19
Geschäftseinheiten des Mutterunternehmens getätigt werden. Der Median liegt bei 0%, ein Viertel der CVCs investiert zusammen mit Geschäftseinheiten der Mutter (symbolisiert durch den weißen Kreis in der Abbildung). Typische Investitionsgröße Die einem Beteiligungsunternehmen im Mittel zur Verfügung gestellte Investitionssumme beträgt 3,763 Mio. € (siehe Tabelle 8). 50% aller Investitionen liegen zwischen 2,5 und 5 Mio. €. Tendenziell investieren größere CVC-Einheiten auch größere Durchschnittsbeträge wie die Korrelation mit den vorhandenen Investitionsmitteln zeigt. Während die durch- schnittliche Investitionsgröße und die Programmkapitalisierung korreliert sind, ist sie es nicht mit der präferierten Investitionsphase der CVC-Einheit und ebenfalls nicht mit dem durch- schnittlich gehaltenen Kapitalanteil. Dieses letzte Faktum lässt sich dahingehend interpretie- ren, dass bei CVC-Investitionen auch strategische Kriterien eine Rolle spielen, die über die Berechnung einer bestimmten Volumen-Anteils-Kombination hinausgehen. Unabhängige VC-Einheiten investieren tendenziell in späteren Finanzierungsphasen höhere Beträge. CVC- Einheiten stellen auch schon in frühen Investitionsphasen hohe Kapitalbeträge zur Verfügung. Tabelle 8: Typische Investitionsbeträge (in Mio. Euro) 2003 (n=16) x 3,76 s(x) 2,06 Min. 0,49 Max. 8,33 Typische Investitionsphasen Zum Jahr 2003 haben sich die Anteile weg von der Seed-Phase hin zu späteren Phasen ver- schoben. Flossen 2000 noch 37,3% in Seed-Finanzierungsrunden, waren dies drei Jahre später nur noch 16,7%. Stattdessen fließt der größte Teil von 45,8% nunmehr in Start-up-Finanzie- rungsphasen und 38,6% in Expansionsphasen. 2% der Investitionsmittel flossen auch in Later-Stage Finanzierungen, dabei handelte es sich vor allem um Bridge-Finanzierungen (vgl. Abbildung 9). 20
Abbildung 9: Verteilung der Investitionsmittel auf die Investitionsphasen 2000 37,3% 31,3% 31,0% 0,3% Jahr 2003 16,7% 45,8% 38,6% 2,1% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Durchschnittlicher Investitionsanteil Seed Start-Up Expansion Andere Drei Interpretationen, die diesen Wandel in den Investitionstätigkeiten erklären, sind denkbar. Zum einen entspricht der Fokus weg vom Seed-Capital dem Trend des gesamten VC-Sektors. Dies liegt unter anderem daran, dass die Risikotoleranz gesunken ist und daher frühere, Risiko-intensivere Anteile am Portfolio reduziert werden. Über Unternehmen in späteren Pha- sen liegen bereits mehr Informationen vor, ihre Wissensbasen und damit ihr potentieller stra- tegischer Nutzen sind bereits deutlicher ausgeprägt und sie sind in der Entwicklung ihres Geschäftsbetriebes weiter fortgeschritten. Daher sind mit Investitionen in eine spätere Inves- titionsphase zum einen geringere finanzielle, aber auch geringere immaterielle, strategische Risiken verbunden. Eine weitere Erklärung besteht darin, dass aufgrund der reduzierten Möglichkeiten, über die Börse Kapital zur Wachstumsfinanzierung zu erhalten, Gründungsunternehmen im allgemei- nen länger und mehr Venture Capital benötigen als vor drei Jahren. Die regelmäßigen BVK- Statistiken sowie der vierteljährliche VC-Report von Mackewitcz & Partner zeigen, dass VC- wie CVC-Einheiten auch weiterhin in die eigenen Beteiligungsunternehmen investieren, in deren frühe Seed-Phase sie bereits investiert hatten. Was die CVC-Einheiten betrifft, wäre dies konsistent mit den über die finanzielle Motivation hinausgehenden strategischen Überle- gungen, die Förderung nicht gleich einzustellen, wenn sich das Ziel der Erhöhung der Kapi- talrendite fragwürdig darstellt. Mit diesem Gedankengang ist ebenfalls konsistent, dass der Anteil der Expansionsphasenfinanzierung entgegen der Entwicklung im gesamten VC-Sektor bei CVCs zugenommen hat. Letztlich bedeuten Seed-Investitionen einen deutlich höheren Aufwand bei der Auswahl und der späteren Management-Unterstützung der Portfolio-Einheiten. Dies zeigen auch die Kor- relationen der Investitionsphasen mit der Zeitallokation im CVC-Prozess (Pearson 0,7, 5%- Sig., zweiseitig). Hingegen gestalten sich Investitionen in spätere Phasen weniger aufwändig in der Auswahl und der Management-Unterstützung, erfordern jedoch mehr Zeit und Energie, um Kooperationen mit der Mutter zu initiieren und die entsprechende Zusammenarbeit mit 21
dem Ziel der Wissensvermittlung sowie -kreation zu organisieren.3 Auch die Zeitallokation auf die Abstimmung mit dem Mutterunternehmen deutet darauf hin, dass die späteren Inves- titionsphasen bereits eindeutigere Bedeutung für die Mutterunternehmung haben.4 Typische Investitionsschwerpunkte nach Branchen Eine Betrachtung der Investitionsschwerpunkte der einzelnen Unternehmen zeigt, dass die einzelnen CVC-Firmen sich jeweils auf einige wenige Investitionsbranchen beschränken (siehe Abb. 10). Die Investitionssummen flossen im Jahr 2003 insbesondere in die Bereiche IT Software (20,19 Mio. €) und Kommunikationstechnologie (17,78 Mio. €). Mit großem Abstand folgen dann die Branchen Chemie/Werkstoffe (2,92 Mio. €), Biotechnologie (2,77 Mio. €), Handel/E-commerce (2,72 Mio. €), Energie und Umwelt (1,66 Mio. €), Medizintech- nik (1,5 Mio. €), IT Hardware (0,91 Mio. €), Pharma (0,27 Mio. €), Automobil (0,23 Mio. €) sowie Maschinen- und Anlagenbau (0,22 Mio. €). Abbildung 10: Anteilige Investitionsschwerpunkte – 2003 Biotechnologie Automobil Chemie/Werkstoffe Pharma Energie & Umw elt Medizintechnik Andere Finanzdienstl. Maschinen- /Anlagenbau Handel/E-commerce Konsumgüter Kommunikationstechn ologie IT Softw are IT Hardw are Ein Vergleich der durchschnittlichen Investitionsanteile der CVC-Firmen in den Jahren 2003 und 2000 zeigt Rückgänge der Investitionsanteile in den Bereichen Biotechnologie, Finanz- dienstleistungen, IT Hard- und Software, Kommunikationstechnologie sowie Medien/Inter- 3 T-UNTERST und der Anteil der Seed-Phasen-Investitionen korrelieren mit 0,8 (5%-Sig., zweiseitig), sowie mit dem Anteil an Later-Stage-Investitionen mit –0,9 (5%-Sig., einseitig). 4 T-ABSTIMM und der Anteil der Seed-Phasen-Investitionen korrelieren mit -0,4 (10%-Sig., einseitig), sowie mit dem Anteil an Expansion-Stage-Investitionen mit 0,5 (10%-Sig., einseitig). 22
net/Multimedia (siehe Abb. 11). Der Rückzug aus den beiden letztgenannten Bereichen ist nicht zuletzt auch mit dem Ausscheiden von CVC-Programmen aus dem Medienbereich zu erklären, die in diesem Bereich besonders aktiv waren. Im Vergleich zu 2000 sind in 2003 die Investitionsanteile in den Bereichen Automobil, Chemie und Werkstoffe, Energie und Umwelt, Handel/E-Commerce, Medizintechnik/Diagnostik und Pharma angestiegen, was ebenfalls die Branchen der Mutterkonzerne in 2003 spiegelt. Abbildung 11: Anteilige Investitionsschwerpunkte – 2000 Automobil 0,2 Biotechnologie 2,8 0,3 Pharma Andere 8,9 Chemie/Werkstoffe 2,9 Energie & Umwelt 1,7 1,5 Medizintechnik Handel/e-commerce 2,7 Maschinen-/Anlagenbau 0,2 Kommunikations- technologie 17, 8 IT Software 20,2 IT Hardware 0,9 Quelle: Weber & Dierkes (2002) Größe des Portfolios Nach Darstellung des Dealflows sowie der Investitionsschwerpunkte, wird nun das sich dar- aus ergebende Portfolio beleuchtet, das als Grundlage der strategischen Zielerreichung und damit des Wissenstransfers sowie der Wissensgenerierung dienen soll. Die durchschnittliche Portfoliogröße von 46 im Jahr 2000 ist auf 33 im Jahr 2003 zurückgegangen (siehe Tabelle 9). Ein näherer Blick auf die Daten zeigt jedoch, dass diese hohen Werte von einzelnen großen Unternehmen geprägt sind: Im Jahr 2000 wurden 550, im Jahr 2003 400 Beteiligungsunter- nehmen jeweils von einer einzelnen CVC-Einheit gehalten. Aussagekräftigere Durchschnitts- werte ergeben sich entsprechend ohne die Ausreißer. Für 2000 ergibt sich hiermit ein Wert von 15 Portfoliounternehmen, für 2003 ein Wert von 16 (siehe Tabelle 9 jeweils der Durch- schnittswert in Klammern), was immer noch erstaunlich hoch ist, bedenkt man die zahl- reichen Portfoliobereinigungen der Investoren in den Jahren zwischen 2000 und 2003. 23
63,6% aller CVC-Einheiten hatten im Jahr 2003 weniger als 12 Portfoliounternehmen, im Jahr 2000 betrug dieser Anteil 53,0%. Weiterhin dominiert der Anteil der CVCs, die maximal 24 Portfolio-Unternehmen halten: waren es im Jahr 2000 76,5%, so sind es 2003 noch 72,7%. In beiden Jahren lag der Median bei acht Portfoliounternehmen, d.h. 50% aller CVCs hatten in beiden Jahren maximal acht Portfoliounternehmen. Dabei ist die Anzahl der Portfoliounter- nehmen eng mit der Höhe des verwalteten und des investierten Kapitals korreliert (Korrela- tionskoeffizienten, sämtlich größer als 0,8.5 Auch verfügen ältere CVC-Einheiten tendenziell über größere Portfolios und mehr Investitionskapital (die Korrelationskoeffizienten liegen hier ebenfalls über 0,8). Tabelle 9: Anzahl der Portfoliounternehmen 2000 (n=16) 2003 (n=22) x 46,4 (bzw. 15) 33,3 (bzw. 16) s(x) 130,9 83,7 Min. 1 0 Max. 550,0 400,0 Anzahl % n % n ≥ 48 17,6 3 13,6 3 37 - 48 0,0 0 4,5 1 25 - 36 5,9 1 9,1 2 12 - 24 23,5 4 9,1 2 ≤ 12 53,0 9 63,6 14 Quelle: Fr.1.e, Weber & Dierkes (2002) Mitarbeiterzahl CVC-Einheiten verwalten im Jahr 2003 im Durchschnitt 153 Mio. €, dennoch sind sie kleine Organisationen. 56,5% der CVC-Einheiten haben 2003 weniger als 6 so genannte Professio- nals, dazu zählen das Führungsteam (General Partner, etc.) und die sonstigen Betreuer der Beteiligungsunternehmen (Associates, Investmentmanager, etc.), nicht aber die Unterstüt- zungsfunktionen wie Sekretariate, EDV-Administratoren oder die Buchhaltung. Tabelle 10 macht die Verteilung deutlich. Im Vergleich hat sich der Durchschnittswert der Mitarbeiter pro Einheit seit 2000 von 12,5 auf 7,3 stark reduziert. Dies ist zum einen auf die geringeren Mitarbeiterzahlen der neu eingetretenen CVCs als auch auf einen Rückgang der Mitarbeiter- zahlen in der Mehrheit der überlebenden CVC-Einheiten zurückzuführen. So hat sich bei- spielsweise die Mitarbeiterzahl in der damals größten CVC-Einheit nach eigenen Angaben von damals 65 auf später 14 Mitarbeiter reduziert. In diesem Wandel wird deutlich, dass die CVC-Einheiten über die Zeit verstärkt auf Effizienz und Kostenbewusstsein geachtet haben, 5 Alle in diesem Abschnitt berichteten Pearson-Korrelationskoefizienten sind ausnahmslos mindestens auf dem 5%-Niveau bei einem zweiseitigen Test signifikant. 24
denn ihr Dealflow und ihr Betreuungsaufwand haben sich im gleichen Zeitraum nicht um den gleichen Faktor reduziert. Tabelle 10: Anzahl Mitarbeiter im Vergleich: 2000 und 2003 2000 (n=18) 2003 (n=23) x 12,5 7,3 s(x) 15,5 4,9 Min. 2 3 Max. 65 20 Betreuungsverhältnis Das durchschnittliche Betreuungsverhältnis – also die Anzahl der Portfoliounternehmen, die von einem Investmentmanager betreut werden – stieg von 1,8 im Jahr 2000 auf 2,55 im Jahr 2003 (vgl. Tabelle 11). Dem liegen die Entwicklungen der Mitarbeiterzahl sowie der Größe der Portfolios zugrunde: der Durchschnitt der Mitarbeiterzahl der überlebenden CVC-Einhei- ten hat sich – wie oben erläutert – gegenüber 2000 deutlich reduziert und die neu eingetrete- nen CVCs sind eher kleine Organisationen. Gleichzeitig hat sich der Durchschnitt der Portfo- liogrößen leicht erhöht, wird jedoch durch die geringe Größe der Portfolios der neu eingetre- tenen CVCs, die tendenziell noch wenige Investitionen getätigt haben, aufgewogen bzw. nach unten gezogen. Zwei Ausreißer mit einem Betreuungsverhältnis von 11, respektive 13 ziehen den Durchschnitt des Jahres 2003 nach oben. Ersteres lag bereits im Jahr 2000 bei einem ver- gleichbar hohen Betreuungsverhältnis von 8,3, das andere ist neu eingetreten. Die Betreuungsverhältnisse der CVC-Einheiten liegen damit für beide Messzeitpunkte in der Mehrheit der Fälle deutlich unter den typischen Werten unabhängiger VC-Gesellschaften. Für die späten achtziger Jahre geben Gorman und Sahlman (1987: 4) einen Durchschnitt von 10,7 betreuten Unternehmen pro Investmentmanager an (mit einem Minimum von 6 und einem Maximum von 35). Da das Betreuungsverhältnis letztlich die Zeit bestimmt, die ein Investmentmanager mit den Portfoliounternehmen verbringen kann, bedeuten großzahlige Betreuungsverhältnisse, dass die Investmentmanager häufig hinter der Industriekenntnis und dem Technologieverständnis der jeweiligen Unternehmer zurückhinken (Zider, 1998). Das erklärte strategische Ziel der meisten CVCs ist es jedoch, eben dieses Technologiewissen und das spezifische neue Indust- riewissen in ihre Organisation zu transferieren. In sofern liegt in dem geringeren Betreuungs- verhältnis eine Stärke von CVC-Einheiten und die Chance auf eine intensivere Zusammenar- beit sowie Wissensgenerierung mit den Gründungsunternehmen. Selbstverständlich nur in dem Maße, in dem das geringere Betreuungsverhältnis nicht Ausdruck von durch zusätzliche Aufgabenbereiche oder zusätzliche Bürokratie verursachter Ineffizienz ist. 25
Tabelle 11: Betreuungsverhältnis im Vergleich 2000 (n=17) 2003 (n=22) x 1,8 2,55 s(x) 2,2 3,3 Min. 0,1 0 Max. 8,3 13,3 Grad der Verwandtschaft von Beteiligungsunternehmen und Mutterunternehmen Klassische Venture Capital Gesellschaften investieren in jene Industrien, die die höchste Wertsteigerung versprechen. CVC-Einheiten berücksichtigen mit Blick auf möglichen Wis- senstransfer sowie gemeinsame Wissensgenerierung dabei meistens auch die Nähe der Port- foliounternehmen zum Geschäft des Mutterunternehmens. Denn an eben dieser Stelle wird der potentielle, die finanziellen Ziele übersteigende Mehrwert für das Mutterunternehmen geschaffen. Eine gewisse Nähe bzw. Verwandtschaft von Industrieunternehmen und Portfo- liounternehmen kann die wechselseitige Nutzung von Ressourcen erleichtern und somit Syn- ergien und Lernpotentiale eröffnen, auf der anderen Seite kann eine zu große Nähe auch die Möglichkeit zu explorativen Innovationen einschränken, d.h. in neue, dem Unternehmen bis dahin fremde Geschäftsbereiche vorzudringen (Lane & Lubatkin, 1998; Lubatkin, M., Florin, J. & Lane, P., 2001; Keil, 2002). Wie nah waren nun die Beteiligungsunternehmen im Jahr 2003 am operativen Geschäft des Mutterunternehmens? Die Befragten bewerteten, in welchem Umfang die Märkte, Produkte, Ressourcen und Patente von Portfoliounternehmen und Muttergesellschaft miteinander ver- wandt sind (vgl. Abb. 12). Demnach wurden Investitionen durch die CVC-Einheit überwie- gend in solche Unternehmen getätigt, deren Märkte denen des Mutterunternehmens verwandt waren, der Durchschnitt lag bei einer Bewertung von 3,9 (von 5), in 50% der CVC-Einheiten lag dieses Verhältnis bei 4 oder 5 (14b). Die Verwandtschaft der Produkte liegt mit 3,4 in geringerem Maße im Mittel, wobei hier der Median der Bewertungen mit 3 „neutral“ ist. Gleiches gilt für die Verwandtschaft der Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen, die ebenfalls einen Median von 3 aufweist. Allerdings liegen im letzteren Fall 50% der Bewer- tungen unter 3. Ob sich Patente der Portfoliounternehmen und der Mutter ergänzen, beurteilen die Befragten skeptischer. 47% bewerten dies mit 1 oder 2. Dieses Ergebnis ist vermutlich nicht zuletzt auch darin begründet, dass die meisten Gründungsunternehmen in frühen Stadien noch keine Patente besitzen, bzw. dass Patente nur in ausgewählten Industrien wie Chemie, Pharma und Hochtechnologie eine Rolle spielen, nicht aber in anderen wie Transport, Dienstleistungen oder Medien. Hier zeigt sich, dass das in einigen Studien verwandte Maß der „Ergänzung von Patenten“ als Maß für Ressourcenaustausch und -nähe nur eingeschränkt anwendbar ist (vgl. Kortum & Lerner, 1998; Maula, Keil & Zahra, 2003). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass CVC-Einheiten in der Regel in Gründungsunternehmen investieren, 26
deren Märkte, Produkte und Ressourcen mit denen des Mutterunternehmens ausreichend ver- wandt sind, um potentiellen Wissenstransfer sowie gemeinsame Wissensgenerierung zu ermöglichen. Gleichzeitig scheint die Andersartigkeit in den Wissensbasen ausreichend groß genug, um von dem jeweils anderen Partner entsprechend profitieren und lernen zu können. Abbildung 12: Verwandtschaft von Märkten, Produkten, Ressourcen und Patenten 5 3,9 4 3,4 3,1 2,7 3 2 1 0 Grad der Verwandts chaft in Grad der Verwandts chaft in Grad der Verwandts chaft in P atent e der Bezug auf die Märkte Bezug auf die P ro dukte und Bezug auf die R es s o urcen, P ortfo lio unt ernehmen Diens t leis tungen F ähigkeiten und Ko mpet enz ergänzen die der Mutt erunt ernehmen CVC-PROGRAMMCHARAKTER Im folgenden Abschnitt werden wesentliche Dimensionen des Programmcharakters, wie Auf- hängung der CVC-Einheit im Mutterkonzern, Entscheidungskompetenzen innerhalb der CVC-Einheit, sowie Vergütungs-, und Anreizstrukturen zur Kooperation innerhalb der CVC- Einheit und innerhalb des Mutterkonzerns in Deutschland beschrieben. Diese Dimensionen haben ebenfalls Einfluss darauf, inwieweit das Wissen der Portfoliounternehmen überhaupt in das Industrieunternehmen transferiert werden kann bzw. inwieweit eine gemeinsame Wis- senskreation zwischen den zunächst ungleich erscheinenden Partnern realisierbar ist. Strukturelle Komponenten Berichtsstruktur Der primäre Berichtsadressat und Mentor der CVC-Einheit beeinflusst deren Überleben im Allgemeinen und deren Handlungsspielraum im Besonderen. In der Praxis finden sich drei unterschiedliche Modelle der organisatorischen Aufhängung. (1) Die Aufhängung am Vor- standsvorsitzenden oder einem Vorstandsmitglied, (2) die Aufhängung an einem Bereichsvor- stand oder der Leitung einer Zentralfunktion, (3) die Aufhängung an einer Fachfunktion (Controlling, Business Development, etc.). Die überwiegende Mehrheit von 56,5% der CVC- Einheiten berichtet an die erste Führungsebene also Mitglieder von Vorstand oder Geschäfts- leitung, weitere 39,1% berichten – bezogen auf den Gesamtkonzern – an die zweite Füh- 27
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