Zukunft der Kirchenmusik - Das grosse Sommerinterview: Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
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Nummer 13 30. Juni bis 20. Juli 2019 3 Wochen Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau Das grosse Sommerinterview: Zukunft der Kirchenmusik
Sommerinterview Editorial «Musik muss aus dem Herz Man muss kein Prophet sein, um fest- Ein Gespräch über Kirchenmusik zustellen, dass sich die Kirche in einer elementaren Krise befindet: Die Zahl ihrer Mitglieder schwindet seit Jahrzehnten, Ein Gottesdienst ohne Musik ist farblos. Harry Bruno Greis, ebenso die Zahl des kirchlichen Perso- Musik berührt die Herzen der Gläubigen, 76 Jahre, gebürtiger nals. Es gibt Forderungen, die ebenso hilft beten. Darüber hinaus erreicht sie Schaffhauser, Organist lange diskutiert werden (Gleichstellung Menschen, die sich schon lange von der in verschiedenen der Frau, Pflichtzölibat…). Und nun noch Kirche verabschiedet haben. forumKirche Schweizer Kirchen, der Verlust der Glaubwürdigkeit durch die sprach mit drei Experten darüber, wie unter anderem 20 Missbrauchsskandale. Viele rufen nach Kirchenmusik heute attraktiv angeboten Jahre lang im Kloster grossen Entscheidungen der Kirchen- werden kann, um Menschen neu für den Einsiedeln, studierte leitung. Doch wären damit die Probleme Glauben zu begeistern. Komposition am Konser- wirklich gelöst? vatorium Schaffhausen, war Ich bin der Überzeugung, dass es einen Johannes Lienhart, in den 80er-Jahren Leader und breit angelegten Dialog in unserer Kirche 29 Jahre, aufgewachsen Keyboarder der Hardrockgruppe «Black braucht, nicht nur einen zwischen ein in Villingen-Schwen- Angels». Heute Organist in Ramsen. paar Visionären und der Kirchenleitung, ningen, studierte sondern einen, der im ganzen Kirchenvolk Diplomkirchenmusik Können Sie folgenden Satz er- geführt wird. Denn der Riss verläuft ja in Rottenburg und gänzen: Musik ist für den Gottes- nicht nur zwischen «oben» und «unten», machte seinen Mas- dienst wie… sondern quer durch die Kirche. Die- ter in Stuttgart. Bis Greis: …ein Gebet. Man versucht, die jenigen, die sich für eine Weiterentwick- 2018 absolvierte er ein Kirchengänger damit in eine bestimmte lung der Kirche einsetzen, müssten ins ergänzendes Studium der Stimmung zu versetzen. Gespräch kommen mit denen, die an Orgel-Improvisation in Berlin. Seit Borner: …Begleitung. Bewährtem festhalten wollen. Wie eine 2019 Organist und Dirigent im Pastoral- Greis: Ja, genau. Die Begleitung zum Lied grosse Familie, die sich zu einer Krisen- raum Neuhausen-Hallau. und die Führung durch dieses. Unsere Auf- sitzung versammelt. Es ist wichtig, dass gabe als Organisten ist es, die Menschen Argumente, Erfahrungen, Vorbehalte, Nicolas Borner, 29 Jahre, mit unserer Musik so zu lenken, dass sie Titelbild: forumKirche-Redaktorin Sarah Stutte im Gespräch mit drei Kirchenmusikern auf der Insel Werd. Bild: Detlef Kissner Ängste und Hoffnungen untereinander in Konstanz geboren. gerne mitsingen. ausgetauscht werden, dass man sie offen Studierte in Zürich Borner: Bei der Begleitung einzelner aussprechen kann und dass sie wohl- (ZHdK) Kirchenmusik, Strophen muss man überlegen, wie wollend gehört werden. So könnten Vor- zudem Aufbau- man diese interpretieren will. Um urteile abgebaut werden, Verständnis studium in Musik- was geht es im Text? Sind die würde wachsen. management, Ton- Passagen ruhig oder kräftig? Beim Der Dialog war von Anfang an eine Stärke technik und Gesang. solistischen Spiel, beispielsweise bei der Kirche: Durch das Zusammensein Nach seinem Masterab- einer Kommunion oder beim Ein- oder und den Austausch in der Jüngerschaft ist schluss 2015 Kantor in ver- Auszug der Messe, müssen wir uns viel die Kirche entstanden, durch die frühen schiedenen Gemeinden rund um mehr Gedanken darüber machen, was wir Konzilien hat sie sich ihre Gestalt gege- den Bodensee. Seit 2018 Chorleiter und damit erreichen wollen. An einem Karfrei- ben. Auf diese Stärke sollte sie sich wie- Organist in Kreuzlingen, Kirche St. Stefan. tag spiele ich nicht dasselbe wie an Weih- der zurückbesinnen. Wir können darauf nachten. Es geht immer auch darum, eine vertrauen, dass Gespräche, auch wenn Stimmung zu transportieren. sie mühselig sind, zu einem guten Er- gebnis führen. Wenn dies gelänge, könn- Inhalt Lienhart: Für mich ist es das Salz in der Suppe. Musik ist für den Gottesdienst eine ten Christen mit diesem Weg zu einem Neue Serie 6/7 wahnsinnige Bereicherung und wie eine Vorbild für die Gesellschaft werden, die in Reformen in der Kirche zweite Gebetsebene. Sie bewegt auf ganz naher Zukunft ebenfalls grosse Probleme Über die Notwendigkeit, Werte auszuhandeln andere Weise die Herzen der Menschen. zu lösen hat. Greis: Stimmt. Wir gestalten mit der Kir- Dieses Heft möchte Mut machen zum Dichte Worte 9 chenmusik einen Gottesdienst aktiv mit Dialog: mit Beiträgen zu den Themen Mutter Erde wird es heiss/Heisses Pflaster und spielen nicht irgendwas im Hinter- «Ehe für alle», «Gleichwertigkeit der Ge- grund. Oftmals, denke ich, ist das einigen Schaffhausen 13 schlechter» und «künstliche Befruchtung», Gottesdienstbesuchern oder selbst Pfar- Den Schätzen im Boden Sorge tragen mit dem Beginn einer Serie, die auf «Re- rern zu wenig bewusst. Ausstellung über Rohstoffe formen der Kirche» zurückblickt, und nicht zuletzt mit einer sommerlichen Kurse · Tagungen · Buchtipp 14 Und wie erleben Sie die musikalische Gesprächsrunde über die Inspiration der Gestaltung von Gottesdiensten an Ihren Musik in unseren Kirchen. Gottesdienste an den Wochenenden 15 Einsatzorten? Lienhart: Ich spiele für fünf sehr unter- Kalenderblatt · Zum Schluss 16 schiedliche Gemeinden, die alle ein ande- res Liedgut haben. Das ist für mich in der 2 forumKirche | 13-2019
Sommerinterview zen kommen» News Priesterweihe von Pascal Eng Am 16. Juni wurde der 31-jährige Nieder- gösger Pascal Eng von Bischof Felix Gmür täglichen Arbeit herausfordernd und inter- Aber bei «Grosser Gott, wir loben dich» in der St.-Ursen-Kathedrale in Solothurn essant. Bevor ich meine Stelle antrat, habe machen dann alle mit. Man muss also zum Priester geweiht. Er habe an die Ver- ich mich gefragt, wie offen die Menschen immer abwägen, was überhaupt funktio- wandten und Freunde in der Kathedrale hier neuen Ideen gegenüber sind und war niert. und an Verstorbene gedacht, die ihm dann positiv überrascht über ihre Aufge- Greis: Viele singen auch nur mit dem Kopf. nahe standen. «Es war ein sehr dichter schlossenheit. Sie singen die Noten, die dort stehen, aber Moment», erzählte er gegenüber der Borner: Ich erlebe das ähnlich. Einerseits sie fühlen die Musik nicht. Gerade bei Spiri- «Schweiz am Sonntag». Eng ist der einzige gibt es die klassische Messe und dann tuals oder Gospels muss die Musik aber junge Mann, der dieses Jahr im Bistum andere Formen wie Familien- oder Jugend- aus dem Herzen und der Seele kommen. Basel Priester wird. gottesdienste, in die ich moderne Pop- oder Lienhart: Ich versuche, die bekannten Rocklieder einbauen kann. Momentan Lieder zu pflegen und gleichzeitig neue Unterstützung für Syrien und den Irak gestalte ich für meine Kirchgemeinde ein einzuführen, die ich für gut befinde. Wenn Das katholische Hilfswerk «Kirche in Not» aktuelles Liederbuch. Dieses schliesst das man diese neuen Lieder dann jeden fünften hat im letzten Jahr rund 124 Millionen klassische Gesangbuch mit ein, lässt aber oder sechsten Sonntag wieder spielt, Franken an Spenden eingenommen. auch Platz für Neues und kann so fortlau- werden sie mit der Zeit auch bekannt und Davon seien am meisten nach Syrien und fend erweitert werden. Viele Gemeinde- die Kirchgänger machen mit. in den Irak geflossen, teilte das Schweizer mitglieder haben mir im Vorfeld Vorschläge Büro des Hilfswerks mit. Mit dem Geld dafür geschickt. Die Menschen sind sehr Und was sind gute, neue Lieder? wurden hauptsächlich Auf- oder Wieder- offen, bereit für Veränderungen und wollen Lienhart: Sie müssen musikalisch über- aufbauten von Wohnhäusern, Kapellen, auch aktiv an der Musikgestaltung teil- zeugen. Also gut komponiert sein, textlich Kirchen, Konventen, Seminaren und haben. passen und im liturgischen Kontext oder Pastoralzentren realisiert. Greis: Das ökumenische Kirchengesang- Kirchenjahr Sinn machen und Platz finden. buch «rise up» geht ja auch in diese moder- Borner: Zudem gut singbar sein, nicht zu Online-Petition gegen Ausgrenzung ne Richtung mit einer Mischung aus medi- schwierig und ohne komplizierte Rhythmen. Zahlreiche prominente Politiker und tativen Liedern, Lobpreis – und Popsongs. Theologen, darunter auch der Schweizer Lienhart: …das haben wir in Neuhausen. Welche Impulse braucht es, um junge Theologe Pierre Stutz, haben eine Online- Greis: Das ist auch gut und recht. Ich denke Menschen oder Fernstehende neu für Petition gegen die Diskriminierung von aber, dass nicht immer alles, was neu ist, Kirchenmusik und darüber hinaus für Schwulen, Lesben und Bisexuellen in der auch gleichzeitig besser ist. In Ramsen Gottesdienste zu begeistern? katholischen Kirche unterzeichnet. «Eine wurden erst alte Lieder aus dem allgemei- Lienhart: Das gelingt nicht über das Lied- Ablehnung von Homosexualität im heuti- nen blauen Gesangbuch herausgenommen repertoire alleine. Deshalb versuche ich gen Verständnis findet in der Bibel kein und dann später wieder als Anhang hinein- das über zwei andere Ebenen. Einmal über Argument», heisst es in dem Schreiben, geklebt, weil es teilweise Gassenhauer den Kinderchor, den ich neu gründen möch- das an die Deutsche, Schweizer und waren, wie beispielsweise Johann Baptist te. Dann versuche ich natürlich über Kon- Österreichische Bischofskonferenz sowie Hilbers «Es singen die Engel». zerte, wie dem Stummfilmkonzert mit an den Heiligen Stuhl gerichtet ist. Orgelimprovisation (forumKirche berichtete Also sind die Kirchenliedtexte für Sie nach in Ausgabe 6/19), Menschen für Unkonven- Papst fordert mehr Islamkenntnis wie vor aktuell? tionelles mit geistigem Inhalt zu begeis- Papst Franziskus hat mehr jüdische und Greis: Das ist unterschiedlich. Einige Lieder tern. Wenn nur einige von ihnen einen islamische Elemente im katholischen sind sehr schön, mit anderen kann ich schönen Abend hatten und bei anderer Ge- Theologiestudium gefordert. Studierende nicht so viel anfangen. Die ökumenische legenheit wiederkommen oder gemerkt ha- müssten zum Dialog mit den anderen Ausrichtung finde ich gut, denn früher gab ben, dass die Orgel auch anders klingen Religionen erzogen werden, um eine Ge- es unterschiedliche Interpretationen von kann, dann hat man schon gewonnen. Im sellschaft aufbauen zu können, die Ver- katholischen und reformierten Liedern. September habe ich für die Museumsnacht schiedenheit wertschätze, sagte er auf ei- Doch ich bin entschieden gegen Textände- Hegau-Schaffhausen einen Abend mit Im- ner Tagung der Päpstlichen Theologischen rungen der alten Stücke. Ich finde, die provisation und Licht geplant. Fakultät für Süditalien. Vor allem in den Texte passen stilistisch genauso in die Borner: So mache ich das auch. Alle zwei Muslimen gelte es «Partner für den Auf- heutige Zeit, wie in die damalige. Es ist Wochen biete ich – ganz bewusst nach ei- bau eines friedlichen Zusammenlebens» zwar eine schöne Idee, für «Stille Nacht, ner Messe – einen «Orgel z'Nacht» an, ein zu sehen. heilige Nacht» drei neue Strophen von Silja kurzes, halbstündiges Orgelkonzert, in dem Walter aufzunehmen. Doch die Kirchgänger Film- und Rockmusik vorkommt. Zudem kath.ch/Red. singen sie nicht. Sie wollen das, was sie können sich die Anwesenden auch selbst kennen und können. Weil sie diese Lieder Musik wünschen und lernen dabei, die schon in ihrer Kindheit so gesungen haben. Orgel auch aus einer anderen Perspektive Borner: Viele moderne Poplieder sind rhyth- kennenzulernen und nicht als das misch so kompliziert, dass die Kirchen- traurige… besucher sie gar nicht mitsingen können. (Fortsetzung nächste Seite) forumKirche | 13-2019 3
Sommerinterview Bilder: Sarah Stutte (Fortsetzung von Seite 3) Lienhart: …Dracula-Instrument… Borner: …das ein paar altbackene Sachen spielt. Ich wollte Menschen anders an die- ses Instrument heranführen. Tatsächlich sind dort Leute aufgetaucht, die ich noch nie vorher in einem Gottesdienst gesehen habe. Ausserdem habe ich ein Vokalen- semble gegründet, das auch einmal Moder- neres im Gottesdienst singt, so dass die Mitfeiernden nach und nach an die neuen Möglichkeiten herangeführt werden, die wir Drei Kirchenmusiker – viel Gesprächsstoff: Harry Greis, Nicolas Borner und Johannes Lienhart haben. auf der Insel Werd (v. l. n. r.). Herr Greis, wie haben Sie mit Ihren Mitteln versucht, neue Impulse zu geben? kreativ arbeitet, kann man aus allem etwas Das passiert automatisch, bis heute. Wenn Greis: 1969 habe ich die Jungwachtkantate machen. ich an der Orgel improvisiere, fliessen ganz komponiert, ein Gesangs-Musikwerk für ei- Lienhart: Ich versuche, mit den Menschen viele Harmonien mit ein, der melodiöse Ge- nen Jungenchor, Solisten, eine Rhythmus- zu sprechen und gebe Empfehlungen ab. danke, die Idee von Strophe und Refrain. gruppe, verschiedene Blasinstrumente, Dann sind die abstrusesten Wünsche Umgekehrt ist es noch extremer: Wenn ich Trommeln sowie E-Gitarren. In der Deutsch- meist sowieso schnell wieder vom Tisch. heute etwas für Heavy Metal komponiere, schweiz kam das sehr gut an, in der West- Greis: Ich hatte mal jemanden, der für eine dann kommt da ein Sinfonieorchester mit- schweiz bekamen wir damit Probleme. Weit Hochzeit nach dem Trauungsakt «In the hinein. Das prägt auch die Musik – weg und breit waren wir die Ersten, die in den Ghetto» von Elvis Presley gespielt haben vom Drei-Akkord-Geschraddel hin zu kom- dortigen Kirchen Spirituals, heute sagt man wollte. Ich fand den Text einfach von der plexeren Harmonien. Der Witz ist: es funk- Gospels, mit Schlagzeug, E-Gitarre und Stimmung her ziemlich unpassend. Irgend- tioniert. Man kann die beiden Pole zu- Orgel in die Gottesdienste brachten. Das wann habe ich dann aufgehört, auf Hoch- sammenbringen. gab einen Riesenaufruhr. Die Presse mobi- zeiten zu spielen. Ich wollte nicht mehr der Greis: Bei unseren Rockkonzerten in Eng- lisierte den Bischof, der uns aber eine Barpianist für alles sein. Für moderne land haben wir immer mit der Toccata von solche Jazzmesse mit deutschen Texten Stücke wie Filmthemen benötigt man Bach angefangen und am Schluss liessen erlaubte, einmal im Monat und immer in meiner Meinung nach ein Orchester. Das wir eine Kassette mit dem Halleluja von einer anderen Kirche. Später, als Organist funktioniert mit einer Orgel nicht. Händel laufen. Wir hatten nie Reklama- in Schaffhausen, habe ich dieses Konzept Borner: Da bin ich anderer Meinung, es tionen. dort auch eingeführt, weil es damals vor kommt sehr auf das Instrument an. Mit Ort noch keine Gospelchöre gab. meiner Orgel kann ich Orchestermusik Wovon träumen Sie, wenn Sie an Musik in spielen, das klingt toll in der Kirche und der Kirche denken? Wie gehen Sie bei kirchlichen Feiern mit begeistert mich genauso wie die Besucher. Greis: Dass es «dort oben» auch mal eine besonderen musikalischen Wünschen um? grosse Orgel gibt… (lacht) Greis: Mir sagte man einmal, ich solle an Herr Greis, Sie haben einen spannenden, Lienhart: Dass die Menschen wieder den einer Beerdigung ja nicht Bach spielen. musikalischen Weg beschritten und neben Weg in die Kirche finden, dass sie Freude Bach hat einen speziellen barocken Swing. der Kirchenmusik noch in einer Hardrock- an der Musik und auch am Glauben er- Wenn man diesen nicht spürt, ist Bach nur Band gespielt. Wie hat sich das gegenseitig leben. Das ist auch unsere Aufgabe als trist und damit bekommt dann natürlich beeinflusst? Musiker. auch die Orgel etwas ganz und gar Tristes. Greis: Mit der Musik war das kein Problem. Borner: Es ist im Prinzip Aufbauarbeit, die Lienhart: Aber Beerdigungen sind speziell, Ich habe Kirchenmusik gemacht und am wir leisten. Ich träume davon, dass diese in weil viele Angehörige gerade diese Stim- Wochenende haben wir Hardrock gespielt ein schönes Ergebnis mündet, in ein gros- mung auch beanspruchen. im Stil von Deep Purple. Die Leute haben ses Konzert mit allen zusammen – Kirchen- Greis: Stimmt. Doch auch an Beerdigungen natürlich gespottet, als ich mit Lederhose chor, Vokalensemble und Instrumentalis- gilt, dass man mit dem Herzen Musik ma- in die Kirche kam. ten. Dass solche Angebote zur festen chen muss. Man kann dort genauso etwas Institution in der Gemeinde werden. Dann Sanftes machen mit einer guten Improvisa- Haben Sie anders gespielt? plane ich, eine CD mit Soundtracks aus tion. Doch viele Organistenkollegen gehen Greis: Nein, ich habe die Lieder nicht ver- Filmen zu produzieren. Schliesslich vermis- darauf gar nicht ein. rockt. Die Rockmusik floss höchstens in se ich auch das Musikmachen in der Band. Borner: Menschen wünschen sich an Beer- Improvisationen ein. Ich möchte wieder eine ins Leben rufen, die digungen und Hochzeiten alles Mögliche Borner: Ich habe früher auch Heavy-Metal dann in zwei bis drei Jahren mit dem Vokal- und man sollte offen dafür sein. Ich finde gemacht und hatte zehn Jahre lang eine ensemble zusammen Konzerte gibt. es schwierig, wenn Kollegen abwinken und Band. Bei mir hat sich die Kirchen- und sagen, nein, mache ich nicht. Wenn man Rockmusik gegenseitig extrem beeinflusst. Interview: Sarah Stutte und Detlef Kissner 4 forumKirche | 13-2019
Kirche Schweiz Reaktionen auf die «Ehe für alle» Schweizer Bischöfe mahnen zur Vorsicht Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) mit dem Recht des Kindes: Die Unkenntnis Zivilstand bekannt geben. Sie fordern den will nicht Stellung beziehen zur Öffnung über den eigenen biologischen Ursprung Nationalrat auf, eine Lösung zu finden, die der (zivilen) «Ehe für alle», wie sie die verursache Leiden und erschwere die per- die Gleichheit der LGBT+ beim Bürgerrecht Rechtskommission des Nationalrats in sönliche Entwicklung des Kindes. Die SBK und den Sozialversicherungen anerkennt, einem Vorentwurf vorschlägt. Dennoch kritisiert das Ziel dieser Vorlage, «möglichst gleichzeitig aber eine «nützliche Unterschei- warnt sie vor einem überstürzten Vor- rasch allen Paaren Zugang zur Ehe zu dung» aufrechterhalte. Damit könnten gehen, das die Folgen einer Einführung gewähren». Das ist der Kommission tat- sowohl eine bestehende Vielfalt und die der Ehe auch für gleichgeschlechtliche sächlich ein Anliegen, wie aus ihrem erläu- Rechte des Kindes berücksichtigt werden, Paare ausser Acht lässt. ternden Bericht hervorgeht. Die Bischofs- schreibt die SBK in ihrer Eingabe. konferenz verlangt hingegen, dass alle Die Kommission für Rechtsfragen des wichtigen Folgen berücksichtigt werden, Reformierte zeigen sich offen Nationalrates hat am 14. März einen Vor- insbesondere was die künftigen Kinder Die Delegierten des Schweizerischen entwurf zur parlamentarischen Initiative betreffe. Evangelischen Kirchenbundes (SEK) be- 13.468 in die Vernehmlassung geschickt. Die Bischöfe sind zudem der Ansicht, für schäftigten sich auf ihrer Abgeordneten- Die Kernvorlage beinhaltet die wesentlichs- die anvisierte Öffnung der Zivilehe müsste versammlung Mitte Juni ebenfalls mit dem ten Elemente zur Öffnung der Ehe im Zivil- Artikel 14 der Bundesverfassung geändert Thema «Ehe für alle». Sie kritisierten an der recht. Eine zusätzliche Variante ergänzt die werden, wodurch sich Volk und Stände Position des Rates vor allem die Gegen- Kernvorlage mit dem Zugang zur Samen- äussern könnten. Dies würde eine «gesell- überstellung von «Wir und die andern, die spende für gleichgeschlechtliche weibliche schaftliche Debatte» ermöglichen. In dieser Homosexuellen». So wurden weite Teile der Ehepaare. Bestimmung ist das Recht auf Ehe und Ratsposition gestrichen und nur ein Absatz Die SBK äussert sich im Rahmen dieses Familie verankert. übernommen, der hervorhebt, dass man Vernehmlassungsverfahrens. Zum Zustän- sich die sexuelle Orientierung nicht aussu- digkeitsbereich der katholischen Kirche ge- Anpassung der bestehenden Gesetzgebung chen könne und dass sie von Gott gewollt höre in erster Linie die sakramentale Ehe- Anstelle einer Einführung der «Ehe für alle» sei. Basierend darauf ist der Rat nun auf- schliessung und die Verbindung von Mann plädieren die Bischöfe für eine Anpassung gefordert, eine Antwort auf die Vernehm- und Frau vor Gott, schreibt die SBK in ihrer des Gesetzes über die eingetragene Part- lassung zur Parlamentarischen Initiative Eingabe zuhanden der Rechtskommission nerschaft, das 2007 in Kraft getreten ist. «Ehe für alle» zu formulieren (siehe auch des Nationalrates, und nicht die Zivilehe. Aus ihrer Sicht ist nicht die Verweigerung www.forumkirche.ch). Aus diesem Grund verzichte sie, dazu der «Ehe für alle» stigmatisierend, sondern Position zu beziehen. Dennoch lässt es dass die Betroffenen ihre sexuelle Orien- kath.ch/Red. sich die SBK nicht nehmen, ihre Bedenken tierung offenlegen müssen, wenn sie ihren zu dem Vorhaben zu äussern. Bild: StockSnap/pixabay.com Folgen im Auge behalten Sie sei sich der «ernsthaften» ethischen Fragen bewusst, die sich im Zusammen- hang mit einer Einführung der «Ehe für alle» stellten, schreibt die SBK in ihrem Begleit- brief vom 13. Juni. Denn es sei «unmög- lich», eine Diskussion darüber zu führen und dabei mögliche Folgen ausser Acht zu lassen, namentlich die Kindschaft und den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin, heisst es in der Eingabe. Genau dies aber würde der Vorentwurf tun, indem er sich auf eine «Kernvorlage» beschränke. Die Kommission hat die Kernvorlage aller- dings mit einer Variante ergänzt, die den Zugang zum fortpflanzungsmedizinischen Verfahren der Insemination mit gespende- ten Samenzellen für weibliche Paare er- möglichen soll. Recht des Kindes beachten Ein solcher Zugang zur Fortpflanzungs- medizin wird jedoch von den Bischöfen abgelehnt. Sie begründen ihre Ablehnung Können sich gleichgeschlechtliche Paare bald zivil trauen lassen? Die SBK äussert Vorbehalte. forumKirche | 13-2019 5
Reformen in der Kirche Ein Zinnteller ist nicht gleich ein Zinnte Über die Notwendigkeit, Werte auszuhandeln Die katholische Kirche ist eine Reli- anderen Vorzeichen als den christlichen Bild: zVg gionsgemeinschaft, die zwei Jahr - anders verlaufen. tausende überdauert hat. Wie ist ihr Insgesamt ist das lange Bestehen nicht das gelungen? Was gehört zu ihrem un- allein mit historischen Faktoren zu be- verwechselbaren Kern und wie muss sie gründen – es bleibt ein unerklärbarer sich ändern, um bestehen zu können? Rest. Religionswissenschaftlich betrach- Markus Ries, Professor für Kirchenge- tet ist die Kirche ein Phänomen der Spät- schichte an der Universität Luzern, gibt antike. Die Frage, wie sie sowohl in der Einblicke in diese Fragestellungen. westlichen als auch in der östlichen Das Interview führt in die neue Serie Kultur den Untergang dieser Epoche über- «Reformen in der Kirche» (s. Kasten) ein. leben konnte, ist schwer zu beantworten. Die katholische Kirche ist eine sehr alte Wieviel Stabilität braucht ein solches religiöse Gemeinschaft. Was hat dazu soziales Gebilde wie die Kirche und geführt, dass sie so lange Bestand hat? wieviel Anpassungsfähigkeit? Die Kirche als endzeitlich ausgerichtete Ihrem Selbstverständnis nach ist die Glaubens- und Handlungsgemeinschaft in Kirche prophetisch, sie hat ihre Berufung der Nachfolge Jesu. Teile dieser Kirche von Christus und soll nicht angepasst hatten immer wieder die Fähigkeit, sich sein. Es geht eher darum, dass sie sich Prof. Dr. Markus Ries lehrt Kirchengeschichte auf unterschiedliche Kontexte einzulas- auf den jeweiligen sozialen Kontext ein- an der Universität Luzern. sen. Der Übergang vom Mittelalter zur lässt. Dies ist in einem hohen Mass ge- Neuzeit zum Beispiel stellte in gesell- fragt. Stabilität hingegen ist ideell gefor- schaftlicher und sozialer Hinsicht einen dert, in Rückbindung an die Berufung, Das betrifft aber viele Bereiche… enormen Strukturwandel dar. Teile der Salz der Erde zu sein, und dies in Vorweg- Ja. Und diese Auseinandersetzung soll Kirche verstanden es, sich davon berüh- nahme der endzeitlichen Sendung prä- immer mit dem Anspruch geschehen, für ren zu lassen, diesen Wandel selber zu sent zu machen. Dieser Verpflichtung die Gesellschaft etwas zu bewirken – gestalten und zu beeinflussen. Das ver- muss die Kirche treu bleiben. In Bezug nicht etwa: andere zu belehren oder zu lief in den einzelnen Epochen ganz unter- auf den Rest hat sie sich dialogisch mit beherrschen. schiedlich. Dabei kam die Kirche nicht der Gesellschaft auseinanderzusetzen; immer gut weg. Der Aufbau der Kolonial- anders geht es nicht. Papst Benedikt XVI. unterschied im Blick herrschaften wäre wahrscheinlich unter auf das Zweite Vatikanische Konzil die «Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruches» von der «Hermeneutik der Re- Bild: pixabay.com form» (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 172). Ist diese Unterscheidung gerechtfertigt? Der Papst wollte hervorheben, dass jene Neuerungen legitim sind, die aus dem Bestehenden herausgewachsen sind und sich als organische Weiterentwicklungen darstellen lassen. Alles Revolutionäre hingegen wäre illegitim. Damit hat er allerdings sehr stark zugunsten seiner eigenen Ideale hinsichtlich Liturgie und Kirchenordnung gesprochen; denn für sie fand er auf diese Weise eine solide Begründung. In einer weiteren Sicht wird deutlich, dass auch organische Entwicklungen Brüche aufweisen. Gerade im Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist das offensichtlich, was etwa im neu ge- wonnenen Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen sichtbar wird. Wenn man die Positionen von 1930 und Wie sollen Entwicklungen in der Kirche aussehen? Dürfen es nur «Triebe» aus dem «Stamm der 1980 miteinander vergleicht, ist das wie Tradition» sein? Oder kann es auch zu Brüchen kommen? schwarz und weiss. Deshalb sollte man 6 forumKirche | 13-2019
Reformen in der Kirche ller meines Erachtens nicht einfach gering Eine Gedenktafel in Bild: OTFW/Wikimedia Commons schätzen, was auf den ersten Blick aus- Berlin-Kreuzberg er- sieht wie ein revolutionärer Bruch. innert an die Mitglieder der «Bekennenden Welche Entwicklungen würden Ihrer Kirche», die sich «gegen Ansicht nach zu einem unverantwortbaren die Vereinnahmung der Bruch führen? Kirche durch den totali- Unverantwortlich wäre ein Verrat an der tären Staat» wehrten. eigenen Sendung und der eigenen Beru- fung. Die Prüfung muss sich auf den Sinn einer Sache richten, nicht auf die vorder- gründige Ausgestaltung. Ein Beispiel: Um einen einfachen Lebensstil zu praktizie- ren, verwendete man im Mittelalter in eini- gen Benediktinerklöstern Zinngeschirr – Porzellan war ein Luxusgut. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Situation ver- ändert; inzwischen gibt es Porzellan als billige Massenware. Der gleiche Zinnteller, der einst Zeichen der Bescheidenheit war, ist dadurch zum Attribut von Fünfstern- hotels geworden. Wer ihn immer noch ver- wendet, handelt damit der Bedeutung nach ganz anders als im Mittelalter, ob- wohl sie oder er noch das gleiche Material benutzt. So kann es sein, dass ein- und dieselbe Handlungsweise sich durch Än- An welchem Punkt steht die katholische aussen. «Schaut doch, wie die Christ- derung der Umweltbedingungen im Laufe Kirche aus Ihrer Sicht heute? Gibt es gläubigen miteinander umgehen und wie der Zeit in ihr Gegenteil verkehrt. einen Reformstau? Was steht an? sie zusammenhalten», sollen in Nord- Die Kirche macht schwere Krisen durch, afrika die ungetauften Leute einst zu- Was begünstigt eine Reform in der Kirche? ohne jede Frage. Das Verdunsten der einander gesagt haben. So jedenfalls Authentische Reform kommt in unserer kirchlichen Praxis, die abnehmende Be- berichtete es der christliche Schriftsteller heutigen Sicht zustande, wenn sie das teiligung der Gläubigen, der Mangel an Tertullian im dritten Jahrhundert. Ein Ergebnis eines fortdauernden Aushand- Berufungen für den kirchlichen Dienst, Muster für die Zukunft! lungsprozesses ist. Der deutsche Philo- die Verständigungsschwierigkeiten in der soph und Soziologe Jürgen Habermas Gesellschaft und vor allem auch die Aus- Interview: Detlef Kissner spricht vom «kommunikativen Handeln». einandersetzung mit den Missbrauchs- Die Verwirklichung dessen, wofür die Verbrechen verlangen entschiedene Kirche von Christus berufen ist, muss im- Reform-Anstrengungen. In den zugehöri- mer wieder am Kontext gemessen wer- gen Aushandlungsprozessen müssen wir den. Es kann sein, dass der gleiche Zinn- die Taktrate um einige Stufen erhöhen. Neue Serie teller eine andere Bedeutung hat. Um Es gab Zeiten, in denen die Kirche der Die katholische Kirche wird als «riesi- dem Ursprung treu zu sein, müssen wir Welt voraus war; die Gesellschaft konnte ger Tanker» wahrgenommen, der sich uns der Veränderung stellen und auf die an ihr Mass nehmen und versuchen, die kaum oder gar nicht bewegt. Blickt man Debatte einlassen. So kann es gesche- kirchlichen Errungenschaften nachzuvoll- aber auf ihre lange Geschichte zurück, hen, dass wir am Ende das Material ziehen. Ein Beispiel war die kirchliche stellt man fest, dass sie immer wieder wechseln müssen. Strafprozessordnung, welche wesentlich auf neue Herausforderungen reagiert Papst Benedikt stimme ich zu, wenn er früher als alles andere in der Welt nach und sich schrittweise gewandelt hat. In vor einer billigen Anpassung und plum- objektiven Regeln organisiert wurde. der Serie «Reformen der Kirche» stellt pem Pragmatismus warnt. Eine propheti- Ähnliches gilt für Management- und Con- forumKirche in den nächsten fünf Aus- sche Heilsgemeinschaft und eine aal- trollingprozesse, welche die Kirche schon gaben solche Wandlungen, ihre Be- glatte Mainstream-Gesellschaft sind ganz im 16. Jahrhundert entwickelte – lange weggründe und Gegenkräfte vor. verschiedene Dinge. So sind wir heute bevor es moderne Wirtschaftsunterneh- Prof. Markus Ries, Professor für dankbar, dass es im 20. Jahrhundert in mungen und durchgestylte öffentliche Kirchengeschichte an der Universität Deutschland eine «Bekennende Kirche» Verwaltungen gab. Luzern, steht dabei als kompetenter gab, welche sich gegen die regimekonfor- Auf dieses Ideal können wir uns ausrich- Gesprächspartner zur Verfügung. men «Deutschen Christen» stellte. ten, es hätte auch eine Wirkung nach forumKirche | 13-2019 7
Inserat · Aus dem Bistum · Thurgau Für Kultur der Gleichwertigkeit Bischof Gmür trifft Initiativgruppe Die Katholische Kirchgemeinde Bei einer ersten Aussprache zwischen dem Bischof von Basel, Aadorf-Tänikon sucht per 1. Oktober 2019 Felix Gmür, und Vertretenden der kirchlichen Initiative «Wir haben oder nach Vereinbarung eine/einen es satt!» sind Vorschläge zu einer Kultur der Gleichwertigkeit der Geschlechter gemacht worden. Sekretärin|Sekretär Zum Gespräch kamen seitens der Initiative «Wir haben es satt!» 50 – 60 % die Theologinnen Monika Hungerbühler, Jacqueline Keune, Angela Details zur Stelle finden Sie unter aadorf-taenikon.kath-tg.ch. Büchel Sladkovic und Elke Kreiselmeyer sowie der Theologe Nico Interessiert? Dann freuen wir uns auf Ihre Bewerbung. Derksen. Empfangen wurden sie vom Basler Bischof Felix Gmür, von Generalvikar Markus Thürig und Bistumssprecher Hanspeter Huber. Durst wonach? Vorstösse führten zum Gespräch Alle seien sich einig gewesen, dass strukturelle Veränderungen Was mich bewegt: ein Beitrag von Felix Gmür notwendig sind, so die Mitteilung der Beteiligten. Gleichzeitig sei allen klar gewesen, dass solche Veränderungen «nicht von heute Sommerzeit ist Wanderzeit. Wie herrlich ist es, nach einer langen auf morgen» realisierbar seien, wie Monika Hungerbühler auf Wanderung in der Sommerhitze unverhofft das Rauschen eines Nachfrage von kath.ch sagte. Die Theologin hat gemeinsam mit Bergbaches zu hören. Was für ein beglückendes Gefühl, wenn man Jacqueline Keune im Dezember den Appell «Für eine Kirche um- seinen Durst mit sprudelndem, glasklaren Wasser stillen kann. fassender Gerechtigkeit» lanciert und im März den Aufruf «Wir Wenn dann noch die müden Beine und Arme von dem kühlen Nass haben es satt!». Aufgrund dieser Vorstösse waren sie von Bischof erfrischt werden, fühlt man sich wie neugeboren. Gmür zum Gespräch eingeladen worden. Jesus kannte das Gefühl von Durst und das Wohlsein, wenn dieser gestillt ist. Als er nach einem längeren Weg an einem Brunnen Strukturelle Forderungen wie die Frauenordination sind laut einer Samariterin begegnet, bittet er sie um Wasser. Im Gespräch Hungerbühler weiterhin «oberstes Ziel» ihrer Initiative. Für deren mit der Frau redet er von einem anderen «Wasser», das er schenkt Behandlung hat Bischof Gmür nach der letzten Vollversammlung und das Durst nicht nur vorübergehend, sondern für immer stillt. der Schweizer Bischofskonferenz eine nationale Arbeitsgruppe in Was für eine bildgewaltige Verheissung muss das für Menschen Aussicht gestellt. Ob darin auch Vertreterinnen von «Wir haben es wie die Samariterin sein, die in einer kargen Wüstenregion leben satt!» Einsitz haben werden, ist unklar. «Wir haben signalisiert, und mit Hitze, Wassermangel und Durst fast tagtäglich konfrontiert dass wir mitarbeiten möchten», sagt Hungerbühler. sind! In der Schweiz haben wir zum Glück genug Wasser. Und dennoch Kultur lässt sich «sofort verändern» haben wir alle Durst: Durst nach Glück, Durst nach Liebe, Durst Sofort verändern lasse sich hingegen die Kultur im Umgang der nach Gemeinschaft, Durst nach Zeit. Nur wer seinen Durst wahr- Geschlechter. «Darum haben wir uns intensiver darüber unter- nimmt, macht sich auf die Suche nach einer Quelle. Die warmen halten», so Hungerbühler. Das Bistum möchte hier ansetzen, Sommertage laden uns dazu ein, innezuhalten, den tiefen Lebens- heisst es in der Mitteilung. Geplant sei, in der Aus- und Weiter- dürsten nachzuspüren und zu ergründen, wie die Frohe Botschaft bildung «einen entsprechenden Prozess in Gang zu bringen». Auch Jesu Christi auch unsere Dürste stillen kann. die Anpassung pastoraler Berufsbezeichnungen gehöre dazu. Ob sie zufrieden ist mit dem Gespräch, geht die Frage an Monika Bild: zVg Hungerbühler. Sie sehe es «gemischt», sagt sie. «Sehr zufrieden» sei sie, dass das Gespräch überhaupt stattgefunden habe. Sie hätten ihre persönlichen Erfahrungen mit Ungleichwertigkeit in der +Felix Gmür, Kirche mitteilen können. Und der Bischof und der Generalvikar Bischof von Basel hätten gut zugehört. «Sie wollten verstehen», so Hungerbühler. «Bischof hütet Ordnung der Liturgie» Gleichzeitig sei auch klar geworden: «Der Bischof hütet die Ord- Kommunikationsstelle vakant nung der Liturgie.» Deshalb seien in diesem Bereich Änderungen nicht schnell möglich. Dass eine Pastoralraumleiterin nicht das Arianna Maineri Luterbacher hat ihre Anstel- Evangelium lesen dürfe, sei erneut klar geworden. «Und damit bin Bild: zVg lung als Kommunikationsverantwortliche ich überhaupt nicht zufrieden.» der katholischen Landeskirche Thurgau auf Ende Juni gekündigt. Seit Juni 2011 übt sie «Unser Text hat etwas ausgelöst; Emotionen vor allem, aber auch diese damals neu geschaffene 30-Prozent- Überlegungen. Und das ist schon mal positiv», sagt Angela Büchel Stelle aus. Sie wird ab Sommer als Kommu- Sladkovic auf Anfrage. Der Bischof zeigte sich vor allem am Arianna Maineri nikationsverantwortliche mit einem 50- Praktischen interessiert und weniger am Utopischen. «Gut möglich, arbeitete acht Jahre Prozent-Pensum für eine grosse soziale dass er da mit anderen auch an etwas dran ist.» als Kommunkations- Institution im Raum Wil SG tätig sein. verantwortliche. Red. Regula Pfeifer/kath.ch/Red. 8 forumKirche | 13-2019
Dichte Worte Bild: shutterstock.com Mutter Erde wird es heiss Wir leben in den sieben fetten Jahren, frönen dem Konsum. Wir können uns vor Gags kaum retten, lieben Partys, Geld und Boom. Wir konsumieren ohne Ende, mögen Luxus und Komfort. Wir leben von der Dividende wie ein Alltags-Matador. Wir produzieren Abfallhügel, kippen unsern Müll ins Meer. Mit kerosingefülltem Flügel holen wir uns Urlaub her. Auf dieser Welt sind wir die Kletten, melken Erd’ und ihren Tank, als ob wir eine zweite hätten, irgendwo im Tiefkühlschrank... CHRISTOPH SUTTER Heisses Pflaster Die Erde ächzt und schwitzt, man macht ihr grad die Hölle heiss. Was die Gemüter aber kaum erhitzt: kein Satan dreht den Teufelskreis, kein Gott hat sich das ausgedacht, kein Schicksal hat es blind gebracht, keine Naturgewalt bricht da herein, wir heizen grade alles selber ein. GABY ZIMMERMANN forumKirche | 13-2019 9
Thurgau · Kirche ohne Grenzen – Polnisch Zusammen gegen Einsamkeit «Ein künstlich g Neuer Treff für Alleinerziehende Die ethische Problematik der k Alleinerziehende Mütter Sabrina Meier* (41) ist eine Juristin, die und Väter sind viel für sich mit dem rechtlichen und ethischen ihre Kinder da. Die Status von menschlichen Embryonen Sehnsucht, Zeit für sich vertieft beschäftigte. Kirche ohne Grenzen zu haben, ist gross. berichtete sie von ihrer persönlichen Erfahrung mit der Fortpflanzungsmedizin, der sie ihr Kind verdankt. 2012, ein Jahr nach der Hochzeit, erhielt Sabrina eine Diagnose: Polyzystisches Ovarialsyndrom – eine Krankheit, die Bild: pixabay.com Schwangerschaftschancen minimiert. Fast gleichzeitig entdeckte man bei ihrem Mann eine Krebserkrankung. Nach erfolgreicher Operation und Radiotherapie mussten die Alleinerziehende Eltern stehen unter mas- Kuchen. Der Anlass endet um 14.30 Uhr. beiden mit ihrem Kinderwunsch aber noch sivem Druck – «Wir haben Arbeits-Stunden Er ist für die Teilnehmenden kostenlos. mindestens ein Jahr warten. Sie suchten wie Manager zu Putzfraueneinkommen», Eingeladen sind alle Eineltern mit oder Hilfe bei mehreren Spezialisten. «Wir beide meint eine Betroffene. Um die Eltern zu ohne Kinder, unabhängig von der Nähe zur stellten unsere Ernährung um, trieben entlasten, werden deshalb im Pastoral- Kirche, einer Konfession oder Religion. Sport, schluckten verschriebene Medika- raum Thurgau Mitte neu Einelterntreffen Jürgen Bucher, Vorsitzender der Fachgruppe mente, probierten Vitamine, Heilkräuter und angeboten. Erwachsenenbildung im Pastoralraum vieles mehr. Dauernd haben wir auch Gott Thurgau Mitte, betont, man wolle mit die- um Hilfe angefleht, uns doch auf natürliche Anna*, Lehrperson mit zwei Kindern, sagt sem Zusammensein Gemeinschaft, Aus- Weise ein Kind zu schenken», berichtet es so: «Meine persönliche Zeit besteht im tausch und Solidarität für Menschen in Sabrina Meier. Hormonelle Behandlungen Wesentlichen darin, mir den notwendigen einer ähnlichen Lebenssituation möglich und Insemination brachten ebenfalls nichts. Schlaf zu gönnen.» Erholung ist Mangel- machen. «Auch können sich die Teilneh- Die biologische Uhr tickte auch gnadenlos ware, Ferien scheitern oft am Budget. Denn menden hier Informationen holen, wo sie schnell. Nach sechs Jahren und vielen er- Familienarbeit, Beruf, Haushalt sowie nicht Hilfe in speziellen Fragen erhalten.» Dies folgslosen Versuchen entschieden sie sich selten juristische Probleme müssen bewäl- kann auch einmal eine Begleitung zu einem schliesslich für die künstliche Befruchtung. tigt werden – und oft sind die Finanzen Behördengang sein. Da die katholische Kirche diese Art der Fort- knapp. Kinder aus Einelternfamilien sind Neue Strukturen wie der Pastoralraum er- pflanzung ablehnt, war das kein leichter doppelt so intensiv und doppelt so häufig möglichen auch neue Chancen für kirchliche Schritt für die zwei Katholiken. wie andere Kinder in der Schweiz von Angebote! Die Mitglieder der Fachgruppe Armut betroffen. Da ist dann schon oft ein Erwachsenenbildung hoffen, dass sich Wann fängt das Leben überhaupt an? Kindergeburtstag oder ein Schulausflug ein möglichst viele Alleinerziehende treffen. Sie Nach Zivilrecht fängt das Leben erst nach Problem, ganz zu schweigen von einem wird auch bald einen Flyer zum Einelterntreff Geburt, im strafrechtlichen Sinne hingegen Kaffee auswärts mit Freundinnen. Dies breit streuen und bittet darum, die Infor- mit Anbruch der Geburt an. Das Ehepaar ist führt bei den alleinerziehenden Eltern oft mation an Betroffene weiterzugeben. mit der katholischen Kirche einig: Leben zu Isolation und Überforderung. Viele füh- beginnt bereits mit Verschmelzung von Ei- len sich allein gelassen. Für sie ist der Christiane Faschon, zelle und Samen. «Ob der Prozess mit soziale Kontakt ausserdem oft schwierig, Fachgruppe Erwachsenenbildung/Red. grösstmöglicher Würde und Respekt zum weil schlicht die Zeit neben all den Ver- Leben durchschritten wird, hängt auch stark * Name geändert pflichtungen dafür fehlt, stellt Anna* fest. von der ärztlichen Moral ab. Unser Behand- lungsort befolgt interne Leitlinien, die unse- Raum für Kontakte Die Einelterntreffen finden an folgenden ren Überzeugungen entsprechen. So wird Im Pastoralraum Thurgau Mitte werden Tagen statt: beispielsweise keine Vorselektion der Em- deshalb neu Einelterntreffs angeboten: Ab • 8. September, Pfarreiheim Sulgen bryos angeboten», lobt Sabrina Meier ihre September wird alle zwei Monate jeweils • 10. November, Pfarreizentr. Weinfelden Klinik. Das neue Präimplantationsdiagnos- am zweiten Sonntag ein Mittagessen für • 12. Januar 2020, Pfarreisaal Berg tikgesetz erlaubt, zwölf Embryos zu produ- alleinerziehende Mütter und Väter mit ihren • 8. März 2020, Pfarreiheim Sulgen zieren, um nur die gesunden aussuchen zu Kindern veranstaltet. Dies reihum in Sul- • 10. Mai 2020, Pfarreizentr. Weinfelden können. «Dies hat den ethischen Status gen, Weinfelden und Berg. Die Kinder wer- Rückfragen und/oder Anmeldung bis vier und rechtlichen Schutz von Embryos sehr den betreut, damit die Eltern sich in Ruhe Tage vor dem Anlass an Jürgen Bucher, beeinträchtigt», sagt die Juristin. Embryos unterhalten und austauschen können. Ab T 071 642 31 68 oder per E-Mail: dürfen seit 2017 auch eingefroren werden. 11.00 Uhr beginnt das Treffen mit einem juergen.bucher@kath-sulgen.ch Im Gegensatz zu Deutschland können hier- Apéro, es folgen Mittagessen, Kaffee und zulande die nach fünf Jahren unbenutzten 10 forumKirche | 13-2019
Kirche ohne Grenzen – Polnisch gezeugtes Kind ist auch ein Wunder Gottes» ünstlichen Befruchtung Bild: zVg Embryos oder Eizellen nicht zur Adoption freigegeben werden, sie werden vernichtet. Das Ehepaar Meier will unbedingt versu- chen, ihren zwei verbliebenen imprägnierten Eizellen ein Leben zu schenken. Die Liebe Einerseits wollten die Meiers die Möglich- keiten der modernen Medizin nutzen, aber wegweisende ethische Aspekte mussten zuerst geklärt werden. Es wurde viel nach- geforscht, überlegt, diskutiert und Experten- rat eingeholt. «Das Leben schätzen wir sehr, es weiterzugeben ist für uns von zentraler Bedeutung», sagt Sabrina Meier und deutet Die glückliche Mutter, Sabrina Meier*, mit ihrem künstlich gezeugten Baby. den gewonnenen Kampf ihres Mannes ge- gen Krebs an. In der Schweiz darf nicht ein- fach jeder mit einem Kinderwunsch auf tenziellen Nachwuchs, versuchten es aber künstliche Fortpflanzungstechniken zurück- noch ein weiteres Mal. Der lange Prozess Monika Freund Schoch (37) Bild: zVg greifen. Um die Embryos zu schützen, müs- voller gemeinsamer Hoffnung und geteilter ist eine auf Internationale sen potenzielle Eltern nach Schweizeri- Schmerzen stärkte ihre Ehe. «Ich spürte un- Beziehungen, Kommunika- schem Recht zuerst ihre Unfruchtbarkeit sere Verbundenheit während der Prozedur. tion und Integrations- ärztlich belegen. Ausserdem muss behörd- Mein Mann schaute mir in die Augen und management spezialisierte lich festgestellt werden, dass sie gemein- küsste meine Hand. Der sexuelle Akt war Soziologin. Im Seelsorgerat des Bistums sam für die Pflege und Erziehung des hypo- uns weniger wichtig als die Liebe und das St. Gallen repräsentiert sie die Polen- thetischen Kinds bis zur seiner Volljährigkeit gemeinsame Ziel», sagt sie. Die Chancen mission und engagiert sich als Pfarreirätin sorgen können. «Eine Reihe von Unter- lagen bei ca. 15 %. Ein Arzt riet ihnen, nicht in Herisau. Seit über 12 Jahren lebt sie mit suchungen bewies, dass unser Gesund- aufzuhören an Wunder zu glauben. «Letztlich ihrer Familie im Appenzellerland. heitszustand und unsere Lebenserwartung bleibt es immer in der Hand Gottes», ist sich den rechtlichen Anforderungen genügen.» die glückliche Mutter sicher. Der erste Transfer von zwei Embryos hat bei den Meiers nicht funktioniert, beim zweiten Text & Übersetzung: Monika Freund Schoch Mal hielt die Schwangerschaft nur kurz. Sie beide nahmen trauernd Abschied vom po- * Name geändert Dar życia jest modlitwy błagalne o naturalne poczęcie nie Zgodnie z prawem, musieli udokumento- zawsze cudem zostały niestety wysłuchane. Zabiegi hor- monalne i inseminacja również nie pomo- wać swoją niepłodność oraz udowodnić, że mogą zapewnić dziecku opiekę do osią- Problemy etyczne sztucznego gły. Zegar biologiczny bezlitośnie tykał, gnięcia jego pełnoletności. Pierwszy trans- zapłodnienia więc ostatecznie po sześciu latach zdecy- fer dwóch zarodków niestety się nie po- dowali się na zapłodnienie pozaustrojowe. wiódł, za drugim razem ciąża trwała jedynie Prawniczka, Sabrina Meier* (41) opowie- przez krótki czas. Oboje w żałobie pożegna- działa Kirche ohne Grenzen o osobistych Jako katolicy nie chcieli sprzeciwiać się li potencjalne potomstwo, ale spróbowali dylematach związanych z medycyną stanowisku Kościoła, choć jednoczśnie ponownie. Długi proces nadziei i bólu reprodukcyjną, której zawdzięczają z pragnęli wykorzystać możliwości nowocze- wzmocnił ich małżeństwo. «Czułam naszą mężem swoje dziecko. snej medycyny. Ponieważ są zgodni z jedność, kiedy mąż patrzył mi w oczy i nauką papieską, że życie zaczyna się już całował moją rękę podczas procedury. Akt U pani Meier rok po ślubie zdiagnozowano po połączeniu komórki jajowej z plemni- seksualny był dla nas mniej ważny niż mi- chorobę minimalizującą prawdopodobień- kiem, zależało im na prosesie szanującym łość i wspólny cel», wspomina szczęśliwa stwo ciąży, a u jej męża złośliwy nowotwór. godność życia poczętego. «Wiele zależy tu matka i dodaje, że szanse były ok. 15 %. Po udanej operacji i radioterapii musieli od osobistej moralności lekarzy», mówi Lekarz radził im jednak, aby nie przestawali czekać z ciążą kolejny rok. Państwo Meier pani Meier i dodaje, że jej klinika ma we- wierzyć w cuda: «Ostateczny rezultat jest stosowali rady wielu specjalistów i próbo- wnętrzne wytyczne, które pokrywają się z zawsze w rękach Boga.» wali różnych sposobów na zwiększenie ich przekonaniami,np. nie ma w ofercie szans prokreacyjnych. Ich nieustające diagnostyki embrionów w celu ich selekcji. *Nazwisko zmienione forumKirche | 13-2019 11
Thurgau Bischof zu Besuch Sitzung der katholischen Synode Thurgau Während der Jahresbericht und die Rech- der Kirchgemeinde zu gross sei und auf der nicht bereit dazu wären. «Natürlich finden nung einstimmig angenommen wurden, anderen Seite jeder Bischof dazu verpflich- solche Veränderungen nicht von heute auf regte vor allem der Besuch von Bischof tet sei, ein Offizialdelikt zu melden. morgen statt. Doch wir können aufstehen Felix Gmür zur Diskussion um die Zukunft und die Stimme erheben», meinte er. der Kirche an. Von den 96 Synodalen Stimme erheben waren 85 in Frauenfeld anwesend. Um die Zahl der Kirchenaustritte einzu- Rechnung und Jahresbericht dämmen sei vor allem in der Missbrauchs- Der Jahresbericht 2018 wurde ebenso Aufgrund der von der Synode am 29. No- thematik eine offene Kommunikation einstimmig angenommen wie die Rech- vember 2018 verabschiedeten Resolution seitens des Bistums erforderlich, sagte nung. Diese präsentierte der Präsident der «Für eine glaubwürdige Kirche», die an Bischof Gmür. In manchen Ländern würde Finanzkommission, Erwin Wagner, mit ei- Diözesanbischof Felix Gmür übergeben wur- aber sowohl dieses Thema, wie auch die nem Ertragsüberschuss von 657‘029 Fran- de, war dieser an der Synode in Frauenfeld Frauenordination oder die Infragestellung ken. Auch der Verwendungszweck wurde zu Gast. Dort berichtete er einerseits über des Zölibats entweder als Tabu verstanden von den Synodalen gutgeheissen. Laut An- die Aushändigung der Resolution an den oder andere Probleme seien vorrangig. In trag des Kirchenrates werden somit bei der Papst in diesem Februar, anlässlich des wieder anderen Staaten bilde die Kirche Gewinnverteilung 105‘000 Franken der Vor- Bischofstreffens in Rom zum Thema Miss- entweder eine Minorität oder hätte eine finanzierung des Landeskirchen-Jubiläums brauch, andererseits stellte er sich den ganz andere staatliche Gesetzgebung. «Es zugewiesen. Hierfür sind zusätzliche Mittel Fragen der Synodalen. So zeigte sich Silvia ist kurzsichtig zu meinen und kulturell über- vonnöten, weil aus dem Lotteriefonds des Carlen (Sirnach) davon bewegt, dass ein griffig, dass weltweit immer der Staat alles Kantons Thurgau anstatt der erwarteten des Missbrauchs beschuldigter Priester richten soll und kann», sagte der Bischof. 250‘000 Franken nur 100‘000 Franken ge- weiterhin eingesetzt würde und Eucharistie Gerade deshalb brauche man universelle währt werden. Ferner soll der nicht verwen- feiern dürfe. Bischof Gmür räumte ein, Standards, doch diese hätten Konsequen- dete Budgetkredit 2018 für die Webseite in dass sich die öffentliche Meinung manch- zen, die ebenfalls Regelungen erforderten. Höhe von 20‘000 Franken in eine Vorfinan- mal nicht mit den Grenzen der sowohl Deshalb solle man Schritt für Schritt gehen zierung der Webseite zurückgelegt werden, staatlichen wie auch kirchlichen Gesetzge- und die Forderung beispielsweise nach damit man allfällige Mehrkosten finanzie- bung decke. «Alle Gläubigen sind zunächst einer Frauenweihe mit der Ausbildung von ren kann. Der Rest des Betrags in Höhe immer noch Menschen», erklärte er. Zum Diakoninnen beginnen, denen man sakra- von 532‘029 Franken wird dem Eigen- jetzigen Zeitpunkt sei es jedoch so, dass mentale Aufgaben übertrage. Daniel Bach- kapital gutgeschrieben. ein solcher Priester nicht mehr eingestellt mann (Fischingen) räumte ein, dass man werden könne, weil einerseits der Druck nicht einfach nichts tun könne, weil andere Legislaturziele und Jubiläum Cyrill Bischof informierte über die dreizehn Legislaturziele des Kirchenrats von 2018 Bild: Ursi Vetter bis 2022. Gefragt wurde nach dem Pla- nungshorizont der KOG-Revision. Die ak- tuelle Prognose geht davon aus, dass das Geschäft im Jahr 2020 abgeschlossen werden kann, laut Synodenpräsident Dominik Diezi vielleicht bereits schon an der ordentlichen Rechnungssitzung am 15. Juni 2020 in Frauenfeld. Ferner infor- mierte Cyrill Bischof über die Vorbereitun- gen zum 150 Jahre Landeskirche-Jubiläum und die verschiedenen öffentlichen Veran- staltungen wie beispielsweise die Buchver- nissage «Denkmalpflege zu Kirchenbauten» am 28. November oder die Preisverleihung des «Prix Diakonie» am 7. Januar 2020. Vortragsabende, Kurse, das Projekt «Lange Nacht der Kirchen» am Freitag, den 5. Juni 2020, oder eine Musicalaufführung runden das vielfältige Programm ab (detaillierte Infos: www.150himmel.ch). Der offizielle Auftakt für Delegierte und geladene Gäste findet am 1. Dezember in der Kartause Ittingen statt. Bischof Felix Gmür stand den Synodalen in Frauenfeld Rede und Antwort. Sarah Stutte 12 forumKirche | 13-2019
Schaffhausen Den Schätzen im Boden Sorge tragen Ausstellung über Rohstoffe in Schaffhausen Noch bis zum 1. Dezember 2019 kann die Bild: Claudia Koch Ausstellung «BodenSchätzeWerte – Unser Umgang mit Rohstoffen» im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen besucht werden. Wie aktuell und brisant das Thema Roh- stoffe, deren Gewinnung, Handel und Verar- beitung ist, erklärt Dr. Urs Weibel, Kurator für Natur im Museum zu Allerheiligen, so: «focusTerra, das erdwissenschaftliche For- schungs- und Informationszentrum der ETH Zürich, hat diese Ausstellung realisiert und vor vier Jahren erstmals gezeigt. Beim The- ma Rohstoffe und unserem Umgang damit hat sich wenig geändert.» Das Gegenteil sei der Fall, sagt Weibel, und verweist auf den Handelskonflikt zwischen Amerika und China, bei dem es auch um die unverzicht- baren Metalle der Seltenen Erden geht. Die- se werden in China abgebaut und sind für die Produktion von Handys nicht mehr weg- zudenken. Und schon sind wir mittendrin Urs Weibel möchte das Bewusstsein im Umgang mit Rohstoffen fördern. im heiklen Thema Rohstoffe, welches nicht selten politisch und gesellschaftlich un- günstige Folgen hat. Umso wichtiger sei der Begehrte Metalle der Seltenen Erden Rund ein Drittel des Erdöls werden hier Aspekt, sich der Bedeutung der Rohstoffe Weiter zeigt die Ausstellung den Abbau der gehandelt und 70 Prozent des Goldes wird im Alltag bewusst zu sein, so Weibel. Rohstoffe. Dort geht es etwa um den Ar- in der Schweiz verarbeitet. Die nächsten beitsplatz Mine, aber auch um den frag- Ausstellungsmodule widmen sich den Pro- Salzhandel via Schaffhausen würdigen Abbau in der Tiefsee, in der Arktis dukten und dem Konsum. Bei einem Ein- Um dieses Bewusstsein zu schärfen, ste- oder gar im All. «Wenn man Rohstoffe ab- kaufskörbli kann mittels Scanner ermittelt hen 42 verschiedene Module in der Aus- baut, greift man in die Erdkruste ein. Dies werden, dass für ein Kilo Fleisch drei Kilo stellung, die den Kreislauf der Rohstoffe hat unterschiedliche Auswirkungen. Was Erdöl verbraucht werden. Beim Design ei- aufzeigen. Zuerst geht es um die Entste- bleibt, sind Wunden in der Landschaft», nes Produktes ist es sinnvoll, dafür mög- hung der mineralischen Rohstoffe sowie sagt Weibel. Hier findet man auch die selte- lichst ein einheitliches Material zu verwen- deren Vorkommen in der Schweiz. Dazu nen Erden, die mittlerweile zu den begehr- den, das sich einfacher rezyklieren lässt. sagt Weibel: «Gerade Schaffhausen hat testen Rohstoffen der Welt zählen. Dabei Am Schluss der Ausstellung widmen sich eine grosse Vergangenheit als Rohstoff- wurden laut Weibel deren Bedeutung und die letzten Module dem Thema «End-of-life». region.» So wurde Salz bis ins 16. Jahr- Verwendung erst in den letzten Jahrzehnten Hier fällt insbesondere ein Würfel auf, in hundert von Osten her über Schaffhausen, erkannt. In Handys etwa werden diese wert- dem man sein ausgedientes Handy werfen als Eingangstor für den Salzhandel, impor- vollen Rohstoffe eingesetzt. Letztere aus kann. Weibel ruft die Besucherinnen und tiert. Auch wurde in der Region in mehreren funktionsuntüchtigen Handys rückzugewin- Besucher – darunter viele Schulklassen – Etappen vom 16. bis Mitte des 19. Jahr- nen, lohnt sich laut Weibel aktuell nicht. auf, sich immer wieder bewusst zu sein, hunderts Bohnerz abgebaut. Kalkstein so- «Das Gold aus dem Handy zu holen, lohnt worin überall Rohstoffe zu finden sind, wo wie andere Gesteinsarten, aber auch Kies sich aber», so Weibel. Gold ist ein idealer und wie diese abgebaut werden und wie und Sand wurden gewonnen. Diese regio- Leiter und wird entsprechend vielseitig ein- sich diese rezyklieren lassen. Darin sieht nalen Besonderheiten werden in separaten gesetzt. Gold ist jedoch auch ein Konflikt- er auch seinen persönlichen Beitrag: Vorträgen ergänzend zur bestehenden Aus- Rohstoff, da es in verschiedenen Regionen Dieses Bewusstsein zu leben und zu för- stellung thematisiert. Deshalb passt die illegal und unter zweifelhaften Bedingungen dern. Deshalb nutzt er sein Handy, bis es Ausstellung laut Weibel gut zu Schaffhau- abgebaut wird. Zudem ist der Handel mit den Geist aufgibt. «Danach gibt es ein sen. «Ausserdem haben wir einen Bildungs- Gold extrem intransparent, womit man sich Fairphone.» auftrag. Die Rohstoffdiskussion ist wichtig beim Thema Handel den nächsten Ausstel- und lehrreich, da sie auch eine grosse lungs-Modulen nähert. Claudia Koch kulturgeschichtliche Dimension aufweist, die wir als Mehrspartenmuseum zeigen Bewusstsein leben und fördern Weitere Informationen unter können», sagt Weibel. Beim Handel mit Rohstoffen spielt die www.allerheiligen.ch Schweiz weltweit eine bedeutende Rolle: forumKirche | 13-2019 13
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