Zukunft Futur Future 1/2019 - Novartis Angestellten Verband
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Inhalt Editorial 4 Éditorial 4 Editorial 5 3 Aus der PV-A De la PV-A From the PV-A INFO MÄRZ 2019 Zusammenfassung der Résumé des améliorations Summary of improvements Verbesserungen zum du plan social 2019-2022 20 to the 2019–2022 social plan 34 Sozialplan 2019–2022 6 Changements au conseil Changes in the board of trustees Änderungen im Stiftungsrat der de fondation des caisses de of pension funds 1 and 2 Novartis Pensionskassen 1 und 2 Novartis pension 1 et 2 Novartis My beginnings in Switzerland 36 Meine Anfänge in der Schweiz 8 Mes débuts en Suisse 22 The Vice-President of the employee Der Vizepräsident Personalvertretung Le vice-président du comité des representative council CBA reports GAV berichtet employées au CCT racconte Taking a step back 37 Rückblende 9 Rétrospective 23 arb – Employees’ Association, arb – Angestelltenvereinigung arb – Association des employés de Basel Region Region Basel la région de Bâle Basel and life sciences: Basel und Life-Sciences: eine Bâle et les sciences de la vie: a common destiny with Schicksalsgemeinschaft mit une destinée commune assortie residual risk 38 Restrisiko 10 d’un risque résiduel 24 Employees Switzerland Angestellte Schweiz Association Employés Suisse The best insurance against Die beste Versicherung La meilleure assurance contre unemployment: employability 40 gegen Arbeitslosigkeit ist die le chômage: l’employabilité 26 Arbeitsmarktfähigkeit 12 Roger Thiriet’s column Chronique de Roger Thiriet Old yet new again – Kolumne von Roger Thiriet Très ancien mais toujours Fasnacht in Basel 42 Uralt und immer wieder neu – renouvelé – le Carnaval de Bâle 28 die Fasnacht in Basel 14 Guest contribution Tribune Surviving witnesses have Gastbeitrag Des témoins racontent 30 their say 44 Zeitzeugen kommen zu Wort 16 Les membres recrutent Members recruit members 47 Mitglieder werben Mitglieder 19 de nouveaux membres 33 Impressum Sämtliche Artikel finden Sie auch unter: www.nav.ch Mitgliedschaften info erscheint dreimal pro Jahr Grafik/Satz Angestellte Schweiz Laufende Nr.: 85/2019 cdesign, Reinach arb – Angestelltenvereinigung Region Basel Auflage: 2500 Expl. Druck Redaktionsteam Redaktionsschluss info 2/2019 Runser Druck & Satz AG, Basel Claudio Campestrin, Susanne Hänni, Davide Lauditi, 27. Mai 2019 Jegliche Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch aus- Roland Hirt und Patric Halbeisen Übersetzungen zugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Kontaktadresse Inter-Translations SA, Bern Redaktion. NAV Novartis Angestellten Verband Lionbridge Switzerland AG, Glattbrugg-Zurich La reproduction/publication d’articles et de photos, ainsi Geschäftsstelle Titelbild que d’extraits d’articles, ne peut se faire sans l’accord Novartis Campus, Forum 1 de.fotolia.com écrit de la rédaction. WSJ-200.P.84/Postfach 4002 Basel The reproduction of this publication and its pictures in Telefon +41 (0)61 697 39 00 any form is forbidden without the expressed written con- E-Mail nav.nav@novartis.com sent of the editorial team.
Editorial Z uallererst wünschen der gesamte Vorstand und ich Ihnen nachträglich ein gutes neues Jahr. Hoffentlich hat es gut angefangen, und möge es so weiterge- hen. Wir haben uns dieses Jahr vorgenommen, bei der Bericht- erstattung fortlaufend und so weit wie möglich das Haupt- augenmerk auf die laufende Restrukturierung zu setzen. Hier- bei ist der neue Sozialplan besonders bemerkenswert, der hof- fentlich die nötige Beachtung finden wird. Insbesondere sind die Massnahmen zur Erhaltung der Arbeitsmarktfähigkeit sehr 4 willkommen und ein absolutes Novum. Dabei kommen mir die lobenden Worte unserer Vorgänger aus dem Jahre 1929 in Erinnerung, Zitat: «… Soweit es die geschäftlichen Interessen zuliessen, wurden unsere Anregungen und vorgebrachten Wünsche in ver- INFO MÄRZ 2019 dankenswerter Weise berücksichtigt …» Was auch bedeuten soll, dass man Novartis dankend anerkennen kann, dass der neue Sozialplan nur mit der Zustimmung der Firma zustande gekommen ist. Wohl ein Nachweis der Ernsthaftigkeit und des Willens, Härtefälle möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen. Auf jeden Fall gebührt der ganzen Verhandlungsdelegation, arbeitnehmer- wie auch arbeitgeberseitig, unser aller Dank für den grossen, ja schon fast immensen Einsatz und für ihr Engagement, das zeit- weise weit über die geschäftlichen Rahmenbedingungen hinausgeht. Wussten Sie, dass Silvia Müller, langjährige Stiftungsrätin und Vorstandsmitglied des NAV, per Ende Jahr vorzeitig in den wohlverdienten Ruhestand getreten ist? Nebst unserem Dank für ihre grossartige und fortwährende Unterstützung mögen sie unsere guten Wünsche begleiten; auf dass sie noch viele entspannte und erlebnisreiche Jahre wird geniessen können. Für sie rückt nun Eliana Mussin in den Kreis der Suppleanten der Pensionskassen 1 und 2 nach. Lesen Sie in Elianas Artikel nach, was sie dazu moti- viert hat, sich in den Dienst des NAV zu stellen und für das Wohl aller Angestellten ein- zusetzen. Auch Felice Bertolami ist es ähnlich wie Eliana ergangen: Er hat bei den letztjährigen Wahlen zur Personalvertretung (PV) GAV kandidiert und amtet seither als Vizepräsident der PV-GAV Basel. Er wird Ihnen einen Einblick in seine vielfältigen Aufgaben erlauben und Sie können sich selber ein Bild machen, welch grosser Einsatz dabei zum Tragen kommt. Selbstverständlich sind auch alle anderen Artikel absolut lesenswert und ich kann Ihnen nur ans Herz legen, dieses Heft vollständig zu lesen – es lohnt sich, sich die Zeit dazu zu nehmen. Nun noch ein bisschen Werbung in eigener Sache: Am Mittwoch, 10.4.2019, findet wieder unsere Mitgliederversammlung statt. Ab 16 Uhr wird der offizielle Teil beginnen und wir sind schon fleissig mit den Vorbereitungen gestartet. Gerne erwartet Sie der gesamte Vorstand zu diesem Anlass, ist doch die Mitgliederversammlung das oberste Organ des NAV. Klar ist, dass es auch einen Gastredner geben soll und dass Sie am anschliessenden Apéro Gelegenheit haben, Gespräche zu vertiefen und auch neue Kontakte zu knüpfen. Alle Informationen hierzu werden Sie rechtzeitig vorher erhalten. Bei Fragen oder für Ergänzungen stehe ich und stehen wir, der gesamte Vorstand, Ihnen gerne zur Verfügung. In diesem Sinne, Ihr NAV Präsident Claudio Campestrin
NAV für Sie aktiv AUS DER PV-A Zusammenfassung der Verbesserungen zum Sozialplan 2019–2022 6 Soziale Verantwortung – Weiterbildung und anschliessend Rekrutierung für «Cell & Gene Therapy» INFO MÄRZ 2019 Die Anspannung und Unruhe der Belegschaft letzten Am 18. Januar 2019 wurden die Vorschläge für die Kon- Herbst war spürbar, vergleichbar mit einem starken sultation NTO und Konsultation NBS (Welle 2–6) der Firma über- Gewitter, das sich langsam nähert. reicht. Zwischenzeitlich hat die Firma die eingereichten IPV Konsultationsvorschläge der Welle 1 gutgeheissen. Einer dieser angenommenen Vorschläge war, der Firma in den nächsten vier Jahren weitere Konsultationsvorschläge zu überreichen. Dies ermöglicht somit der IPV die Zusage der Firma zu überprüfen, ob Davide Lauditi es durch die Restrukturierung zu keinen Qualitäts- oder Vorsitzender PV-A Performance-Problemen sowie zu keiner Arbeitsüberlastung der Vizepräsident NAV nicht betroffenen Mitarbeitenden kommen wird. Wir bitten daher insbesondere diesbezüglich um Ihre Rückmeldung. E s kursierten viele Gerüchte und es wurde spekuliert, denn vieles war zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Bekannt war, dass der bestehen- de Sozialplan Ende Dezember 2018 auslaufen würde. Es liefen bereits Verhandlungen mit der Firma zu dessen Verlängerung. Die Ankündigung vom 25. September 2018 setzte den Spekula- tionen ein Ende und es wurde klar, dass es ein derart grosses Ausmass an Restrukturierung in der ganzen Novartis-Geschichte (der Basler Rheintalwerke) noch nie gegeben hatte. Die Informa- tionsphase der Firma war zeitnah und es wurde allen relativ schnell bewusst, dass nicht nur fundierte Konsultationsvor- schläge ausgearbeitet werden sollten, sondern auch ein massge- schneiderter Sozialplan verhandelt werden musste. Die Konsultation zur Ankündigung vom 25. September 2018 wurde in zwei Wellen aufgeteilt. Die Konsultationsvorschläge für Welle 1 wurden am 7. Dezember 2018 der Firma als «Umbrella»- Vorschlag überreicht. Die Namensgebung rührt daher, dass die Vorschläge nicht nur für betroffene Mitarbeitende der Welle 1 ausgearbeitet wurden, sondern ebenfalls für weitere Wellen bestimmt sind. So lauten denn auch einige Kernvorschläge wie folgt: – Überreichen der Konsultationsvorschläge NTO und NBS (Welle 2–6) – Weitere IPV Konsultationsvorschläge folgen in späteren Wel- len – Optimierungsprozess bei der Personalplanung – Zukünftig betroffene Mitarbeitende zeitnah auf neu geschaf- fene Positionen vorzubereiten – Überprüfung eines Spin-off anstatt Teil-Produktionsschliessung im Werk Schweizerhalle
NAV für Sie aktiv Verbesserungen Sozialplan 2019–2022 auf einen Blick: – Mitarbeitende unter Alter 45 – Mitarbeitende unter Alter 50 – Mitarbeitende im Alter von 50 bis 54: Zeitkauf – Mitarbeitende im Alter von 50 bis 54 mit 25+ Dienstjahren – Mitarbeitende im Alter von 60 bis 61 Mitarbeitende unter Alter 45 Die neue Struktur und die Zusammenarbeit zwischen dem Novartis Career Center (NCC) / Job Broker und Bestplacement wurde massgeblich verbessert. Diese Massnahme erhöht für alle chen Betrag von CHF 70 567 und somit die Möglichkeit, diesen 7 betroffenen Mitarbeitenden die Möglichkeit, intern eine Stelle Zuschlag für den Kauf von bis zu maximal sechs zusätzlichen zu finden. vollen Anstellungsmonaten zu verwenden (sogenannter «Zeit- INFO MÄRZ 2019 kauf»). Mitarbeitende unter Alter 50 Mitarbeitende über 45 Jahre mit mehr als 10 Dienstjahren Mitarbeitende im Alter von 50 bis 54 können neu Anträge zur Unterstützung von Weiterbildung/Um- mit 25+ Dienstjahren schulung bis zu CHF 30 000 stellen (bisher bis zu max. CHF 7500). Falls nach dem «Zeitkauf» immer noch keine neue Stelle an- getreten werden kann, bietet die Firma auf Antrag des Mit- Mitarbeitende im Alter von 50 bis 54: Zeitkauf arbeitenden eine Auffanglösung an. Mitarbeitende müssen Der Grundbetrag wird um einen Zuschlag von 3% pro vollem dafür kumulative Bedingungen erfüllen. Wenn diese erfüllt sind, Dienstjahr erhöht. Ein Mitarbeitender im Alter von 54 Jahren haben die Mitarbeitenden die Möglichkeit, einen befristeten mit 22 Dienstjahren und einem Monatsgehalt von CHF 9000 Arbeitsvertrag bis zum Alter von 54 zu erhalten. Das Jahres- brutto erhielt bisher beispielsweise einen Abfindungsbetrag von grundgehalt beträgt 50% des bisherigen Gehalts (brutto) ohne CHF 106 920. Neu erhält dieser Mitarbeitende einen zusätzli- Bonus, Zulagen, Benefits/Zusatzleistungen und Pauschalen, maxi- mal jedoch CHF 65 000 p.a. bzw. CHF 48 000 p.a. im Minimum (basierend auf einem 100%-Beschäftigungsgrad). Bei Erreichen von Alter 55 kommen die Bestimmungen «Aus- tritt mit Freizügigkeitsleistung» oder «Austritt mit externer Mit- gliedschaft in der PK, Abfindungsleistung und Frühpensionie- rung ab Alter 58» zur Anwendung. Mitarbeitende im Alter von 60 bis 61 Was früher nur bis Alter 59 galt, konnten wir für 60- und 61- jährige Mitarbeitende erweitern. Der Härtefallfonds sieht nun das vereinfachte Verfahren auch für diese Alterskategorie vor (Männer: CHF 0–112 000; Frauen: CHF 0–93 600). Der Betrag reduziert sich von Alter 60 und 61 linear auf CHF 0 beim Erreichen von Alter 62. Soziale Verantwortung Gerne sind wir bereit, zum Thema «Ankündigung vom 25. September 2018 – Restrukturierung» und zu den Verbes- serungen des Sozialplans 2019–2022 mehr zu berichten. Die Personalvertretung bzw. die Delegierten des NAVs bieten bei Bedarf auch persönliche Gespräche für von der Restrukturierung Betroffene an. Sind Veränderungen in einem wirtschaftlichen Umfeld nötig? Ich denke ja, jedoch müssen sie meiner Meinung nach nicht immer mit einer Restrukturierung enden. Mit dem Sozialplan 2019–2022 und all den Massnahmen, die in den nächsten Mo- naten und Jahren getroffen werden, kann ich trotz anfangs star- ker Enttäuschung zu dieser erneuten Restrukturierung sagen: Ja, die Firma Novartis nimmt ihre soziale Verantwortung wahr. Ich nütze hiermit die Gelegenheit, allen ein Dankeschön auszuspre- chen für den konstruktiv und gemeinsam erarbeiteten Sozial- plan.
Aktuell ÄNDERUNGEN IM STIFTUNGSRAT DER PENSIONSKASSEN 1 UND 2 NOVARTIS Meine Anfänge in der Schweiz Gleich nach dem Studium in die Schweiz gezogen, beein- Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat mich von Beginn weg faszi- druckte mich das Schweizer Vorsorgemodell. Da ich nun niert, weshalb ich mich in meinen ersten Berufsjahren darauf als Suppleantin in den Stiftungsrat der Pensionskassen 1 spezialisiert habe und vorwiegend Pensionskassen (PK) verschie- und 2 nachgerückt bin, möchte ich mit diesem Artikel dener Schweizer Unternehmen – bis hin zu Grosskonzernen – Ihnen, werte Leser/-innen, meine Sichtweise diesbezüg- geprüft habe. Entsprechend konnte ich mich in diesem Fach- 8 lich näherbringen. gebiet während neun Jahren spezialisieren und vertieftes Fach- wissen aneignen. Denn als gebürtige Argentinierin bin ich mir bewusst, dass das schweizerische Rentensystem für uns alle ein INFO MÄRZ 2019 Glück ist und wir zusätzlich mit der starken Novartis-Pensions- kasse ein weiteres Privileg auf unserer Seite haben. Aus diesem Eliana Mussin Grunde finde ich es wichtig, dass wir Angestellte unsere Stimme NAV Vorstandsmitglied und Suppleantin aktiv und partnerschaftlich bei der PK einbringen, mitreden und in den Stiftungsräten PK1 und PK2 Lösungen mitgestalten und so zur PK Sorge tragen. Aktuelle Wirtschaftslage I ch bin seit 2000 in der Schweiz tätig Aktuell stehen die PKs vor einigen Herausforderungen und und seit dem 1.1.2019 als Suppleantin Hausaufgaben, die jedoch zu bewältigen sind. Diese stellen sich bei der Pensionskasse 1 und 2 von insbesondere aufgrund der aktuellen finanzwirtschaftlichen Novartis. Entwicklungen (Tiefzinspolitik), dem demografischen Wandel Seit meinem Eintritt in die Schweizer (Überalterung) sowie der steigenden Lebenserwartung. Dafür Arbeitswelt als Wirtschaftsprüferin bin ich sind verschiedene gesetzliche Anpassungen bei den PKs vorgese- von deren Vorsorgekonzept fasziniert. Ins- hen oder werden eingeführt (Anpassung von Pensionierungs- besondere die positiven Auswirkungen alter und Umwandlungssatz), welche uns alle betreffen werden. und Möglichkeiten der Pensionskasse sind Jedoch gilt es die entsprechenden Freiräume zu erkennen, mit ein wesentlicher Beitrag für alle Mitarbei- dem Arbeitgeber abzustimmen und entsprechend zu nutzen. tenden zur Sicherung von deren Lebensstandard nach der Weiter liegt es im Wesen des Themas, dass wir uns darin oft Pensionierung. Dieses partnerschaftliche System zwischen fremd fühlen bzw. nicht alle die notwendige Zeit aufbringen mögen, um sich in dieses Spezialthema zu vertiefen. Denn erstens liegt die Pensio- nierung für die meisten von uns gedank- lich in vermeintlich ferner Zukunft und zweitens können die meisten von uns die notwendige Zeit und das notwendige In- teresse nicht aufbringen, um sich vertieft mit der komplexen Materie des Pensions- kassengesetzes zu befassen. Meine Vision der Tätigkeit im Stiftungsrat der Pensionskasse 1 Novartis Seit meiner Wahl als Nachrückende in den Stiftungsrat hat sich wirtschaftlich noch nicht viel verändert: Die Zinsen sind weiterhin auf sehr niedrigem Niveau, die Börsen sind volatil; auf ein gutes Jahr folgt meistens ein schlechtes, so wie 2018. Das macht die Arbeit des PK-Verantwortlichen nicht einfacher, aber es bleibt spannend. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass die heute auf Ihrem Vorsorgeausweis ver- sprochenen Leistungen für alle bei der Pen- sionierung auch wahr werden.
DER VIZEPRÄSIDENT PERSONALVERTRETUNG GAV BERICHTET NAV, für Sie aktiv Rückblende aber die Zeit hat mir gezeigt, dass ich auf dem Holzweg war. Es ist mir bewusst geworden, je mehr ich mich umschaute und mich auch inte- ressierte, dass dem NAV alle Angestellten sehr wichtig sind und dass er sich für alle 9 gleichermassen einsetzt, ohne Vorurteile, ohne Partei- und Gewerkschaftskämpfe INFO MÄRZ 2019 im Hintergrund. Dank dem Vorsitzenden der Personal- vertreter Angestellte PV-A aus dem NAV, Davide Lauditi, bekam ich die Möglichkeit und die volle Unterstützung, als NAV Mitglied an den vergangenen IPV-Wahlen zu kandidieren. Auch an dieser Stelle möchte ich mich nochmals für die vielen Stimmen und für das mir geschenkte Vertrauen bei all mei- nen Kolleginnen und Kollegen bedanken. Dies, der Stand der Dinge Nach ca. 8 Monaten im Amt als Vize- Im April 1979 bin ich bei der Ciba-Geigy in Schweizerhalle eingetreten. Es präsident PV-GAV muss ich auch allen scheint mir, als wäre es gestern gewesen, und doch sind 40 Jahre an mir vor- IPV-Mitgliedern, sei es PV-A oder PV-GAV beigeflogen. Rückblickend ist mir bewusst, dass es nicht mehr so ist, wie es einen grossen Dank aussprechen für die einmal war. Unterstützung, aber auch für die gute Zusammenarbeit, denn es sind viele neue Aufgaben auf mich zugekommen und es ist halt wirklich so, dass man zusammen stark ist. Wir können vieles bewirken, wenn wir zusammenhal- Felice Bertolami ten; das kann ich nach dieser kurzen Zeit und so vielen Verän- Angehendes Vorstandsmitglied und derungen bestätigen. Ein Beweis dafür sind die Ergebnisse der Vizepräsident PV-GAV Basel Lohnverhandlungen und der neue Sozialplan. Wenn ich jetzt als Personalvertreter zurückschaue, frage ich mich, warum ich nicht früher meinen Beitrag geleistet habe, D ie jetzige Situation mit der Be- denn über Jahrzehnte habe ich eigentlich als Mitarbeiter, ohne kanntmachung vom 25. Septem- etwas zu tun, profitiert von all dem, was unsere IPV vor meiner ber 2018, der Massenentlassung, Zeit erreicht hat. hat eine noch nie da gewesene Vieles, was für uns ganz normal und alltäglich ist, seien es Unsicherheit, Enttäuschung und stetig zunehmende Belastung Rechte, Lohnerhöhungen, Ferientage, Schichtzulagen, Familien- und Stress am Arbeitsplatz verursacht. zulagen, Work-Life-Balance, Jubiläumsgeschenke, Sozialplan und Während man sich früher mit Stolz und Zufriedenheit mit der vieles mehr, ist nur dank dem grossen Einsatz der IPV für uns Firma identifizieren konnte, fällt dies allen Kolleginnen und Kol- erreicht worden. Das alles ist nicht selbstverständlich, denn nichts legen immer schwerer, denn niemand hätte sich vorstellen kön- kommt von nichts, dies ist etwas, das jeden von uns immer nen, dass nach jahrzehntelanger loyaler Firmenzugehörigkeit, nachdenklich stimmen sollte. dies auf einmal keine Bedeutung mehr hat. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdienen ein grosses Ausblick Lob dafür, dass sie sich trotz des Schocks und der starken Ohne eure Unterstützung wäre ich nicht dort, wo ich mich Betroffenheit noch immer voll einsetzen und wirklich ihr Bestes heute befinde, und doch bitte ich euch um einen weiteren geben. Schritt: Dem NAV als Mitglied beizutreten. Die Firma hat genug Als langjähriger Mitarbeiter war meine frühere Überlegung Zeichen gesetzt, lasst uns auch eines setzen; alle zusammen, ein diese: Ich kann zu mir selber schauen und es bringt nichts, das grosses Zeichen. Vertrauen einem Verband oder einer Gewerkschaft zu schenken;
Aktuell 10 INFO MÄRZ 2019 ARB – ANGESTELLTENVEREINIGUNG REGION BASEL Basel und Life-Sciences: eine Schicksalsgemeinschaft mit Restrisiko Der folgende Artikel zeigt die Hintergründe, weshalb bolisch stand Florianne Koechlin für diese Bewegung. Es ging Restrukturierungen im heutigen Umfeld für die Angestell- um die Entsorgung von Abfällen (Sondermüll und Deponien) ten und die Region Basel zu einer immer konkreteren sowie Verschmutzungen der Luft und endete schlussendlich in Gefahr werden. Schon lange ist eine Stelle bei Novartis der Katastrophe von Schweizerhalle. Auf der anderen Seite nicht mehr «die sicherste Stelle der Welt». Der Wind entwickelten und wandelten sich die soliden Basler Chemie- pfeift heftiger und kälter. unternehmen zu chemisch-pharmazeutischen Unternehmen und heute sind es klar «Life-Sciences-Konzerne» geworden. Ohne den permanenten Wandel der Chemie zu pharmazeuti- schen Unternehmen und später zu Life-Sciences-Konzernen Hans Furer würde es die zwei Schwergewichte Roche und Novartis, wel- Geschäftsführer ARB che hundert Milliarden Franken Umsatz generieren, gar nicht geben. Gleichzeitig diskutierte man in den 70er- und 80er- Jahren in der Politik die Frage, ob Basel nicht Alternativen Geschichtlicher Rückblick brauchte, um von den Life-Sciences-Konzernen unabhängiger D Repetieren wir kurz: Die 70er zu werden. und 80er Jahre war Basel ge- prägt durch zwei entgegenge- Fusion Ciba und Sandoz setzte Kräfte: Eine linke Szene, Der Schnitt erfolgte 1996, als die ungläubige Bevölkerung am welche die Umweltverschmutzung der Morgen früh im Radio die Meldung hörte: «Sandoz und Ciba Chemie scharf kritisierte und damit die fusionieren». 14 000 Arbeitsplätze sollten wegfallen. Die Region Wirtschaftselite zur Haltung bewegte: geriet in Panik und auf einmal war man sich bewusst, dass es «Linke sind wirtschaftsfeindlich». Sym- nicht um Umweltfragen und Sondermüll ging, sondern um die
Aktuell Region wirklich in einer Schicksalsgemeinschaft befindet, und sollten die beiden Grosskonzerne einmal eine böse Grippe oder einen bösen Husten erwischen, so hört und spürt das die Region unmittelbar (auch im Portemonnaie). Das ist auch der Grund, Frage, ob Basel seinen wirtschaftlichen Wohlstand weiterhin auf weshalb heute bei Bekanntgabe von Restrukturierungen und Chemie, Pharmazie und Life-Sciences setzen kann. In der Zwi- Arbeitsplatzabbau die Gefahr für die Angestellten höher ist als schenzeit ist diese Frage längstens entschieden: Basel ist von den früher und auch die Kantone aufmerksamer sein müssen (selbst beiden Life-Sciences-Konzernen abhängig (was würde gesche- bei der Finanzplanung). hen, wenn sie von Basel wegzögen?) und die Regierungen bei- der Basel, auch des Kantons Aargau, bemühen sich sehr, mit Schicksalsgemeinschaft akzeptieren guten Beziehungen zu Konzernleitungen und weiteren Ver- Persönlich hoffe ich, dass die Schicksalsgemeinschaft zwischen 11 antwortlichen die Schicksalsgemeinschaft auf einer gegenseitig Region, Life-Sciences-Unternehmen und Mitarbeitenden weiter- wohlwollenden Basis zu pflegen. hin einigermassen stabil bleibt und nicht irgendeine Katastrophe INFO MÄRZ 2019 über uns hereinbricht. Natürlich will ich keine Angst schüren, Hervorragende Sozialpläne aber in der heutigen Zeit sind milliardenschwere Konzerne zwar Für die Angestellten war das Jahr 1996 ein Schock. So etwas stabile Gebilde wie Felsen in der Brandung, aber durch Über- hatte man noch nie erlebt und seit Jahrzehnten ging auch das nahmen, Umstrukturierungen, Aufstückelungen, Probleme mit «Bonmot» um, dass eine Stelle bei Ciba oder Sandoz sicherer neuen Medikamenten in der Pipeline etc. auch ein Herd der Ge- wäre als jede Staatsstelle mit fester Amtsdauer. Zum Glück fahr. Und es ist leider so: Wir können in dieser Region momen- bewahrheiteten sich die Befürchtungen nicht. Statt Stellen abge- tan keine Alternativen entwickeln. Es ist wie mit den Laub- baut, wurden Stellen geschaffen. Und es kam noch besser. Mit bäumen im Wald: Mit ihren Kronen nehmen sie 97% des Lichtes jeder neuen Restrukturierung kam man den Angestellten mit weg und erlauben damit den kleinen Bäumen erst zu wachsen, hervorragenden Rücktrittsbedingungen entgegen, einmal sogar wenn die grossen abgestorben sind. Nun ist es bei den Bäumen in dem Sinne, dass 55-Jährige sich zu überdurchschnittlich guten zum Glück so, dass sie mehrere hundert Jahre alt werden kön- Bedingungen pensionieren lassen konnten. Die so Pensionierten nen und vor allem dies wünsche ich sowohl Novartis wie auch wurden später als Berater (Selbstständigerwerbende) wieder in Roche von Herzen. derselben Firma eingestellt und verdienten zum Teil mehr als zuvor in ihrem Anstellungsverhältnis. Auf diese Weise profitier- ten sehr viele Angestellte der Grosskonzerne von den komfort- ablen Situationen. Unsichere Lage heute Auch heute ist der Sozialplan – vergleicht man ihn mit ande- ren Branchen – auf einem sehr hohen Niveau. Trotzdem haben sich die Bedingungen in den letzten Jahren verändert. Man ist zurückhaltender geworden, die hervorragenden Bedingungen werden auf gute Bedingungen herabgestuft. Auch drohende Entlassungen waren in der Chemie- und Life-Sciences-Branche «berechenbar»: So kam es zunächst zu Ankündigungen, dass die Stelle gefährdet sei, anschliessend wurde versucht, die Mit- arbeitenden intern über einen Stellenpool in andere Geschäfts- bereiche zu vermitteln, und erst ganz am Schluss, wenn wirklich nichts mehr gefunden werden konnte, kam es zu einer Kün- digung. Das geschah fast nie. Und erleichterte den Betroffenen auf vielfältige Weise die Stellensuche. Denn es ist nicht leicht, von einem sehr guten Lohn plötzlich in den «freien» Markt zu wechseln, denn jeder passt sich auch wirtschaftlich seinem Lohn zumindest teilweise im Lebensstil an. Aufmerksamkeit nötig Heute sind wir so weit, dass damit zu rechnen ist, dass sich die Sozialpläne verschlechtern könnten. Dagegen müssen sich der NAV und andere wehren. Und wer von Entlassung bedroht ist, muss auch tatsächlich damit rechnen, dass Entlassungen stattfin- den, Restrukturierungen sind also zu einer tatsächlichen Gefahr für die Angestellten geworden. Es ist nicht mehr wie früher, als viele zu Recht dachten, es werde «nicht so schlimm kommen». Dies hat uns wieder einmal vor Augen geführt, dass sich die
Aktuell ANGESTELLTE SCHWEIZ Die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist die Arbeitsmarktfähigkeit 12 Restrukturierungen sind heute in den Unternehmen an von Weiterbildungen an, wobei die Schwerpunkte einerseits auf der Tagesordnung – bei Novartis läuft aktuell eine grosse. der Ausbildung von Arbeitnehmervertretungen und andererseits INFO MÄRZ 2019 Damit entlassene Angestellte nicht auf der Strasse landen, auf Kursen für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit lie- müssen sie arbeitsmarktfähig sein. Die Angestellten gen. Ebenfalls für das Jubiläumsjahr wurde die Eventreihe «Neue Schweiz setzen sich seit 100 Jahren für die Arbeitsmarkt- Arbeitswelt» erarbeitet, welche die Mitglieder darüber aufklären fähigkeit ihrer Mitglieder ein. will, was in der digitalen Arbeitswelt auf uns zukommt. Gerade in diesen Veranstaltungen erfahren die Teilnehmenden, wie sie fit für den Arbeitsmarkt bleiben können. Auch in ihrem Positionspapier zur Bildung betonen die Ange- stellten Schweiz die essenzielle Rolle der Bildung für die Arbeits- Hansjörg Schmid marktfähigkeit. Der Verband setzt sich auf politischer Ebene dafür ein, dass unser Bildungssystem seine Aufgabe erfüllt und die Bevölkerung adäquat bildet. Wichtig ist den Angestellten D er Arbeitsmarkt war schon Schweiz dabei, dass in der Bildung die Chancengleichheit auf immer einem steten Wandel allen Stufen garantiert wird. Es darf keine Benachteiligungen unterworfen und wurde durch aufgrund von Geschlecht, Alter, Herkunft etc. geben. Nicht nur politische und wirtschaftliche die sowieso schon gut Gebildeten sollen von Weiterbildungen Krisen stets wieder einmal erschüttert. profitieren, sondern auch weniger gebildete oder bildungsfernere Dies zeigt sich deutlich, wenn man in alten Schichten. Die Sozialpartner sollen bei der Gestaltung und der Ausgaben der Verbandszeitschrift der Angestellten Schweiz blät- Steuerung des Bildungssystems mitwirken, fordern die Ange- tert. Heute ist es nicht anders – nur dass sich der Wandel noch stellten Schweiz. Wichtig ist dem Verband auch, dass Absolven- beschleunigt hat. Grosse und auch kleinere Unternehmen sind ten von Schweizer Bildungsgängen auf dem internationalen darum oft permanent am Restrukturieren. Dazu kommt, dass wir Arbeitsmarkt keine Nachteile erfahren. Die Angestellten Schweiz uns aufgrund der Digitalisierung aktuell in einer akuten bekennen sich zum dualen Bildungssystem und verlangen Mass- Umbruchphase befinden. Unsere Arbeit wandelt sich dramatisch nahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Die Behörden, und viele Arbeitsstellen werden sehr unsicher. gerade auch in den Kantonen, müssen die Rahmenbedingungen Das ist aber kein Grund für Angestellte, den Kopf in den Sand schaffen, damit die Aus- und Weiterbildung zugänglich ist und zu stecken und zu resignieren. Denn es gibt zum Glück Möglich- zeitgemäss weiterentwickelt wird. keiten, sich fit für den Arbeitsmarkt zu halten. Arbeitsmarkt- fähigkeit heisst das Zauberwort. Bildungsmassnahmen als wichtige Forderung Die Angestellten Schweiz haben es sich schon immer auf in Sozialplänen die Fahne geschrieben, ihre Mitglieder zu unterstützen, damit Wenn Betriebe restrukturieren, kommt es immer wieder vor, sie arbeitsmarktfähig bleiben. Natürlich genügt es nicht, die dass die Entlassenen Bildungsdefizite haben, also nicht voll Mitglieder einfach nur anzumahnen, selber dafür zu sorgen. arbeitsmarktfähig sind. Es ist darum wichtig, dass Bildungsmass- Der Verband bietet konkrete Leistungen zur Verbesserung der nahmen auch ein zentraler Bestandteil von Sozialplänen sind. Arbeitsmarktfähigkeit an und setzt sich in Wirtschaft und Die Angestellten Schweiz machen sich in den Sozialplanverhand- Politik dafür ein, dass Angestellte entsprechend unterstützt lungen genau dafür stark. werden. Natürlich wäre es besser, wenn die Defizite gar nicht erst ent- stehen würden. Da sind nicht nur die Angestellten in der Pflicht, Bildung als Schlüssel sondern ebenso die Arbeitgeber. Die Arbeitsmarktfähigkeit der für Arbeitsmarktfähigkeit Belegschaft ist ein gemeinsames Interesse und muss darum Es ist offensichtlich, dass die Bildung gemeinsam angegangen werden. Weiterbildung muss darum das wichtigste Instrument ist, um Er- ein fest gesetztes Thema bei den Mitarbeitergesprächen sein. werbstätige arbeitsmarktfähig zu halten. Bildung ist darum bei den Angestellten Halten Sie sich bildungsmässig à jour Schweiz ein zentrales Thema. Der Ver- Natürlich sollen Sie als Angestellte(r) nie warten, bis Sie einer band bietet selber eine grosse Palette Restrukturierung zum Opfer fallen und sich erst dann um Wei-
Aktuell 13 INFO MÄRZ 2019 terbildung kümmern. Es kann sich sehr lohnen, von Zeit zu Zeit abschluss, der auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist. Sie müssen eine Standortbestimmung vorzunehmen. nämlich nur die Module besuchen, die ihnen noch fehlen, vor- Eine Möglichkeit dazu bietet sich mit dem Programm «In- handenes Wissen wird angerechnet. Mitglieder der Angestellten forma», Informationen dazu finden sich auf der Website der Schweiz profitieren von einem vergünstigten Tarif: 1900 statt Angestellten Schweiz (Angebote/Bildungsabschluss updaten). 2400 Franken. Allerdings ist Informa nur für gewisse Berufsfelder möglich. Mit Informa können sich Interessierte beruflich auf den neusten Wer dann wieder arbeitsmarktfähig ist, findet dann bestimmt bei den Stand bringen, ohne einen ganzen langen von Angestellte Schweiz unterstützten Tools Ausbildungsgang zu machen. Sie kom- jobchannel (https://angestellte.ch/angebote/jobsuche-einfach-und-bequem/ men unkompliziert, auf kurzen Wegen stellenangebote/) oder www.good-jobs.ch die neue passende Stelle! und preisgünstig zu einem Bildungs-
Aktuell KOLUMNE Uralt und immer wieder neu – die Fasnacht in Basel Veränderungen gibt es nicht nur in der Wirtschaft. Auch absolvierten zum Beispiel Akkordeon- und Mandolinenorchester in vielen anderen Lebensbereichen ist der Wandel oft in knappen Kostümen und Backenlärvchen den Cortège, was 14 das einzig Beständige. So sind die vermeintlich seit Jahr- heute als arger Bruch der etablierten Fasnachtskonventionen hunderten gewachsenen Traditionen der bevorstehen- gälte und ein «no go» wäre. Und Mitte der 1920er schmuggelte den Basler Fasnacht oft nur einige Jahre alt. sich gar eine Blechmusikformation in den hier «Cortège» ge- INFO MÄRZ 2019 nannten Umzug der Pfeifer und Tambouren, die ihre absichtlich zerbeulten Instrumente absichtlich kreuzfalsch spielte. Diese N « ichts ist so beständig wie der Wandel.» Was der grie- erste «Guggenmusik» begründete eine Tradition, die nach dem chische Philosoph Heraklit für das Leben im Allgemei- 1. Weltkrieg gar nach Luzern exportiert wurde und mittlerweile nen formuliert hat, charakterisiert auch die Fasnacht hier wie dort tragende Säule des fasnächtlichen Treibens ist. der Baslerinnen und Basler. Zwar liegen die Ursprün- ge dieses Brauchtums, welchem die Unesco vor zwei Jahren das Qualitätssiegel «Weltkulturerbe» verliehen hat, im tiefen Mittel- alter. Die heutige, weltberühmte Form entwickelte sich jedoch Roger Thiriet ist Journalist und Autor und erst in den letzten paar Jahren und Jahrzehnten. lebt in Basel. In seiner Kolumne spiegelt er das jeweilige Heftthema an Speziali- Immer gleich: das Datum täten seiner Heimatstadt. Seit den Anfängen unverändert geblieben ist nur das ausser- gewöhnliche Datum. Der «Morgestraich» als Auftakt zu jenen Tagen, welche fasnachtsverrückte Stadtbasler wie Landschäftler rituell als «die drei schönsten» des Jahres bezeichnen, wird näm- lich erst gefeiert, wenn in allen anderen Karnevalshochburgen #MeToo – Frauen an der Fasnacht die Kostüme schon wieder im Schrank hängen. Hinter dieser Auch nicht mehr aus diesem wegzudenken sind die Frauen. kalendarischen Extrawurst vermutete man zeitweise eine Dazu muss man wissen, dass in Basel die Fasnacht noch bis Mitte Provokation der seit 1529 reformierten Basler gegen das «carne des 20. Jahrhunderts ausschliesslich Sache der Männer war; die vale» (Fleisch ade!) der Katholiken, die traditionellerweise vor holde Weiblichkeit war allenfalls an den zahlreichen Masken- dem Beginn der Fastenzeit kulinarisch und alkoholisch nochmals bällen willkommen. Als sich die ersten Pfeiferinnen und Tromm- in die Vollen gingen. Als wahrscheinlicher gilt jedoch die Annah- lerinnen kostümiert ins fasnächtliche Treiben wagten, mussten me, die Ansetzung der Basler Fasnacht habe weniger mit konfes- sie Handschuhe tragen und durften ihre Larven erst zu Hause sioneller Abgrenzung zu tun als mit militärischen Inspektionen wieder ablegen, um nicht «enttarnt» und von den Männern heim- der mittelalterlichen Zünfte. Diese fanden nach Aschermittwoch geschickt zu werden. Nimmt heute eine Clique beim Marschhalt statt und ihre abschliessenden feierlichen Defilées in den Gassen die Larven ab, kommen in der Pfeifergruppe fast ausschliesslich der Stadt verschmolzen allmählich mit dem «Mummenschanz» Frauenköpfe zum Vorschein, und auch in den Reihen der Tam- maskierter Wintervertreiber zu einem karnevalesken Brauch mit bouren sind immer mehr Ladys auszumachen. Waren die gros- Militärmusik-Untermalung. sen Cliquen und Guggen noch bis in die Mitte des 20. Jahr- hunderts strikte dem «starken Geschlecht» vorbehalten, kann Immer neu: Filetstück «Musik» man heute die verbliebenen reinen Männercliquen an den Für diese Variante spricht nicht zuletzt die weltweit einzigarti- Fingern zweier Hände abzählen. So haben die fasnachtsbegeis- ge musikalische Ausprägung der Basler Fasnacht (auch exklusiv terten Baslerinnen «MeToo» auf ihre Art durchgesetzt, bevor baslerisch: ohne «t»!). Trommelschlag und Piccolotöne sind eine man überhaupt wusste, was ein Hashtag ist … Kombination, die sonst nirgends in der Welt mit fasnächtlicher Das sind nur ein paar wenige Beispiele von Veränderungen, Ausgelassenheit und närrischem Treiben in Zusammenhang denen die vermeintlich unverrückte und unverrückbare Tradition gebracht wird. Die beim gemessenen Defilieren in Kostüm und des Weltkulturerbes «Basler Fasnacht» in ihrer langen Geschichte Maske (welche am Rheinknie «Larve» heisst) gespielten Melo- unterworfen war. Die Reihe liesse sich fortsetzen, und fast jeder dien verhehlen denn auch keineswegs ihre militärische Herkunft. ältere Aktive kann davon erzählen, was früher besser, authenti- Traditionelle Fasnachtsmärsche wie der «Arabi» oder die «Alten scher und «fasnächtlicher» gewesen sei als heute. Aber die aus- Schweizermärsche» haben schon britische Grenadiere und eid- wärtigen Besucher wissen ja nicht, dass sie heute eine ganz genössische Söldner in die Schlacht begleitet. Daneben ergänz- andere Fasnacht erleben als ihre Vorgänger vor fünfzig Jahren. ten aber auch immer wieder neue und andere Klänge das fas- Das einzig Beständige ist auch in dieser vermeintlich so konser- nächtliche Klangbild. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert vativen und traditionsverhafteten Stadt der Wandel.
Aktuell 15 Expat’s Guide zu den Highlights der Basler Fasnacht 2019 INFO MÄRZ 2019 Sonntag, 10. März 2019 16.00–22.00 Uhr Laternen-Sonntag Cliquen bringen die verhüllten Laternen zum Abmarschpunkt am Morgestraich Gross- und Kleinbasler Altstadt Montag, 11. März 2019 4.00–7.00 Uhr Auf der Strasse: Morgenstraich Cliquenzüge, ohne vorgegebene Route, mit individuellen Kostümen, Kopflaternen und Laternen Freies Zirkulieren der Cliquen in der Klein- und Grossbasler Altstadt. Keine Guggen, keine Wagen. 13.00–18.00 Uhr Auf der Strasse: Cortège Defilée der Cliquen, Gruppen, Guggenmusiken und Wagen mit den Sujets (Themen) des Jahres Festgelegte Routen aller Fasnachtseinheiten durch die Gross- und Kleinbasler Altstadt 20.00–?? Auf der Strasse: Gässle Cliquen und Gruppen musizierend unterwegs Freie Routenwahl in der Innerstadt Restaurants und Cliquenkeller: Schnitzelbänke Vorträge von Spottversen zu politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten durch die Gruppen ver- schiedener Schnitzelbank-Gesellschaften In Restaurants und Jury-Lokalen (Theater Basel etc., meist ausverkauft) Dienstag, 12. März 2019 14.00–18.00 Uhr Auf der Strasse: Kinderfasnacht Fantasievoll dekorierte Wagen, selbstgemachte Kostüme und Larven der Kinder Freie Zirkulation in der Klein- und Grossbasler Altstadt, Brennpunkt rund um den Marktplatz 19.00–22.00 Uhr Strassen und Plätze: Guggenmusik-Abend Defilée der Guggenmusiken, Platzkonzerte Festgelegte Routen durch die Gross- und Kleinbasler Altstadt Mittwoch, 13. März 2019 13.00–18.00 Uhr Auf der Strasse: Cortège Defilée der Cliquen, Gruppen, Guggenmusiken und Wagen mit den Sujets (Themen) des Jahres Festgelegte Routen aller Fasnachtseinheiten durch die Gross- und Kleinbasler Altstadt 20.00–04.00 Uhr Auf der Strasse: Gässle Cliquen, Gruppen, Guggenmusiken geben noch einmal alles bis zum «Endstreich» um 04.00 Uhr Freie Routenwahl in der Innerstadt Restaurants und Cliquenkeller: Schnitzelbänke Vorträge von Spottversen zu politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten durch die Gruppen verschiedener Schnitzelbank-Gesellschaften In Restaurants und Jury-Lokalen (Theater Basel etc., meist ausverkauft)
Aktuell PROJEKT ORAL HISTORY, CHEMIE UND STADTKULTUR Zeitzeugen kommen zu Wort Von ungefähr 1950 bis 1990 war die Blütezeit der chemi- drei ehemalige Mitarbeitende von CIBA und Geigy. Ziel des schen Industrie in Basel. Seitdem werden Werke ausgela- Vereins ist es, die Geschichte der Arbeit in der chemischen Indus- gert, Gebäude stillgelegt. Damit geht viel Wissen verlo- trie zu dokumentieren. Diese Arbeit prägte Basel ab 1860 und ren. Ein Forschungsprojekt möchte dieses erfassen und verhalf der Region zu ihrem grossen Reichtum. Die Vereins- dem Publikum zugänglich machen. mitglieder arbeiteten unentgeltlich und begannen Materialien zu 16 suchen, zu sichten und zu archivieren. Zunächst gingen sie nachbarschaftlich vor: Sie veranstalteten in Zusammenarbeit mit dem Quartiertreffpunkt Kleinhüningen INFO MÄRZ 2019 und der Fachhochschule Nordwestschweiz acht Erzählcafés zum Nicholas Schaffner Teil in Altersheimen in Kleinhüningen zu verschiedensten The- Kulturwissenschaftler men von früher und heute wie Einkaufen, Arbeit und Gesund- (Gastautor) heit, Lieblingsorte, Waschtag, Vereinsleben. Durch diese biogra- fischen Erzählrunden gelangten sie an Menschen, welche einen Bezug hatten zur chemischen Industrie und zur Arbeitsweise von A ls 1956 der Hochkamin an früher. Der Fokus der Suche wurde wegen des Bezugs zu Klein- der Klybeckstrasse bei der hüningen bald die Farbstoffindustrie, insbesondere alles was mit Ga be lung der Tramlinien dem heute leer stehenden Bau K90 im Klybeckareal und der hochgezogen wurde, inspi- damaligen Arbeit dort zu tun hatte. rierte er die Schreibenden der CIBA-Blätter zu Vergleichen wie Ab 2016 begann der Verein Zeitzeugen zu interviewen. So «Turm zu Babel» und «Nadeln der Cleopatra». Dabei war die konnte der Verein die mündliche Überlieferung ab den 1950er- Höhe des Kamins dem Umstand ge- Jahren fassen. schuldet, dass wegen des Übergan- Beispielsweise konnte mit einem ges von der horizontalen zur vertika- Färberlaboranten das Handwerk des len Produktionsweise die Abgase auf Färbens mit chemischen erzeugten einer Höhe von über 120 Meter abge- Farbstoffen und der damalige Ar- geben werden mussten. So wurde der beitsalltag in den Laboren des Werks Hochkamin zum höchsten Bauwerk Klybeck dokumentiert werden. der Schweiz und Landmarke im Kly- Das Interview mit einem Chemiker beckareal – einem Symbol der Leis- handelte von den 70er-Jahren bis hin tungsfähigkeit der Basler Chemie. zur Schliessung der Farbenproduktion im Gebäude K90 durch Huntsman im Beim geplanten Abriss des Jahr 2011. Neben dem Arbeitsalltag Kamins 2005 gab es von damals kreiste das Gespräch um eine politische Debatte den Druck zu Produktivitätssteigerun- Sollte der Kamin einfach so abge- gen. Die Farbstoffe sollten noch rissen werden? Am Ende setzten sich schneller und in noch grösseren Men- die Abrissbefürwortenden mit dem gen hergestellt werden. Dies ging nur Argument durch, der Kamin könnte durch die Einbindung der Mitarbeiter kontaminiert sein. Dennoch spürten in diese Prozesse mittels flacher manche, dass mit dem Abriss dieser Hierarchien, ein in den 70er-Jahren in Landmarke unwiederbringlich ein Basel noch unbekanntes Gebiet. Stück Basler Chemiegeschichte ver- Die Reorganisation der Produktion loren ging. in den Werken führte schon vor den Fu- 2012 fanden sich Gleichgesinnte sionen zu Spannungen unter dem Per- zum Verein für Industrie- und Migra- Fotograf Hans-Georg Heimann, Eigentum: Renate sonal. tionsgeschichte der Region Basel zu- Köhler Das Gespräch mit einer langjähri- sammen. Gründungsmitglieder waren gen Sekretärin bei Geigy, Ciba-Geigy, Haben Sie etwas zu erzählen aus der Zeit der chemischen Produktion (1950–1990)? Melden Sie sich bei: Nicholas Schaffner +41 786 66 76 23 oder n.schaffner@imgrb.ch.
Aktuell Projekt Oral History, Chemie und Stadtkultur Seit 1. Oktober 2018 führt der Verein mit Unterstützung der Christoph Merian Stiftung ein Forschungsprojekt zur mündlichen Überlieferung durch. In den nächsten zwei Jahren sollen systematisch Interviews geführt und Materia- lien gesammelt werden zum Thema Arbeitsalltag in den che- mischen Werken von Basel. Erstaunlicherweise ist von den Arbeits- und Lebensverhältnissen der Mitarbeitenden aus dieser Zeit wenig bekannt. Das bedeutet viel Arbeit. Leider ist das Budget erst zu 17 knapp der Hälfte finanziert. Wir schlagen deshalb vor, dass Sie bei Ihren nächsten Einzahlungen den Betrag von 5 Fran- INFO MÄRZ 2019 ken auf das Vereinskonto 15-48015-1, Industrie- und Migrationsgeschichte Region Basel, Oetlingerstrasse 74, Der entkernte Bau K90 im März 2017. 4057 Basel überweisen. Vielen Dank! Roche und Novartis zeigte das schwierige Umfeld auf, mit So ist es uns gelungen, Teile der Geschichte der chemischen dem eine allein erziehende Frau damals zu kämpfen hatte, und Produktion in Basel aus der Sicht von Zeitzeugen darzustellen. die internen Bedingungen und Handlungsmöglichkeiten von Dies zeigt eindrücklich das Potenzial, das die Aufarbeitung der Frauen. mündlichen Geschichte mit sich bringt. Heizöl für den Winter 2019 Als NAV Mitglied haben Sie die Möglichkeit, zu Vorzugskonditionen Heizöl zu bestellen. Bestellen Sie direkt bei Migrol unter der Telefonnummer 061 639 9080
AUCH MITGLIEDER DES MANAGEMENTS KÖNNEN VOM NAV VERTRETEN WERDEN NAV, für Sie aktiv 19 n S i e unsere Stärke INFO MÄRZ 2019 d a m i t Ihre und po sition: lu n g s Verhand r de n S ie jetzt We NAV! i ed b e i m Mitgl Mitglieder werben Mitglieder Unsere Aktion läuft weiter. Schon vielen Werbern Mit nur einer Neuwerbung sind Sie bei der konnten wir mit einem schönen Preis eine Freude nächsten Verlosung auch dabei. ✁ bereiten. Jahresbeitrag: Fr. 130.– Beitrittserklärung NAV Ich möchte dem NAV beitreten. Ich möchte im NAV aktiv mitarbeiten. Herr Frau Personal-Nr. Geburtsdatum Name Vorname Standort Tel.-Nr. Privatadresse PLZ/Ort Management EAV GAV Ich wurde geworben durch Name Vorname Standort Tel.-Nr. Anmeldung ausfüllen, unterschreiben und einsenden an: NAV Geschäftsstelle, WSJ-200.P.84 (Forum 1).
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