Zum Verhältnis von Polizei und Bevölkerung - Prof. Dr. Kurt Mühler Universität Leipzig Institut für Soziologie
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Zum Verhältnis von Polizei und Bevölkerung Prof. Dr. Kurt Mühler Universität Leipzig Institut für Soziologie
Alternativen in der Polizeiarbeit und das Verhältnis Bürger - Polizei Bürger Kooperation Community Policing aktiv, interessiert Sicherheitspartnerschaften Restriktion passiv, Zero tolerance normkonform Privatisierung von Sicherheit Auslagerung von Polizeiaufgaben an einkommensstark, private Unternehmen sicherheitsfixiert
Annahmen, wenn Kooperation die bevorzugte Option sein soll: Die Reduzierung polizeilichen Potentials erfordert die Übernahme entstehender Lücken in der Ausübung oder Unterstützung polizeilicher Aufgaben durch die Bevölkerung. Eine solche Übernahme kann jedoch nur im Rahmen geltenden Rechts geschehen, welches das Gewaltmonopol des Staats sichert. Übernommen werden können deshalb nur präventive Aufgaben der Sozialkontrolle. Voraussetzung dafür ist eine Kooperation zwischen Polizei und Bevölkerung. Die entscheidende Grundlage für eine Kooperation ist Vertrauen.
Wandlungen im Verhältnis von Bürger und Polizei Polizei im Altertum und der Mangel an freiwilligen freien Bürgern Der Polizist als Autorität im Kaiserreich Der Polizist als Teil des Alltagslebens Der Polizist als Dienstleister
Bedingungen für die “Entzauberung” der Polizei Zunehmende Arbeitsteilung und demokratische Verfassung einer Gesellschaft bilden die Grundlage für einen verändertes Verhältnis gegenüber Autorität. Die Herausbildung eines demokratischen rechtlichen Rahmens erhöht die Abwehrrechte von Bürgern gegenüber staatlichen und anderen Institutionen und den Schutz der Privatsphäre. Medien schaffen eine weitgehende Transparenz polizeilichen Arbeitens mit oftmals besonderer Schwerpunktsetzung auf einen exklusiven Nachrichtenwert. Gegenstand öffentlicher Diskussionen sind u.a. Fehler in der Berufsausübung auf allen Ebenen. Die polizeiliche Organisiertheit passt sich den Formen anderer Berufsstände an (Gewerkschaft, soziale Programmatik wie z.B. Tarifforderungen, Arbeitsbedingungen).
Folgen dieser “Entzauberung” Es entsteht eine Ambivalenz in der wechselseitigen Wahrnehmung zwischen Bevölkerung und Polizei. Einerseits führt die Verweltlichung zu einem Prestigeverlust der Polizei in der Bevölkerung. Anderseits sind die Ordnungshüter mehr denn je gefragt, weil das allgemeine Potential zur Regelung von zwischenmenschlichen Konflikten gesunken ist. Einerseits bildet das Berufsimage die Grundlage für ein positives und offenes Verhältnis gegenüber der Bevölkerung, weil es mehr oder weniger ein “normaler” Beruf geworden ist. Andererseits führen zunehmende berufliche (Verregelung, Arbeitsbelastung, Arbeitszeiten) und soziale (Familienleben) Stressoren zu einem Rückzug auf autoritäres Verhalten und Handeln nach sozialen Stereotypen.
Polizei als verunsicherte Institution Thomas Ohlemacher; In: Lüdemann/Ohlemacher (2002): Soziologie der Kriminalität, S. 184
Bürgerengagement Zwei Formen des Verhältnisses Bürger - Gesellschaft Soziale Kontrollüberzeugung Nachbarschaftsintegration Vertrauen gegenüber dem Nachbarschaftsverhältnisse Staat und seinen Institutionen Vertrauen in Nachbarschaft, individuelles Verhalten mit kriminalpräventiver Wirkung
Voraussetzung für Kooperation zwischen Bürger und Polizei: Vertrauen in die Arbeit der Polizei Welche Bedeutung hat eine positive soziale Kontrollüberzeugung? Kriminalitätsfurcht: Positive soziale Kontrollüberzeugungen vermindern die Kriminalitätsfurcht, negative steigern diese. Die Intensität der Kriminalitätsfurcht wirkt sich auf das Verhalten aus. In Abhängigkeit der verfügbaren Ressourcen bestehen die Hauptoptionen in Wegzug (steigende Segregation) oder Rückzug (sinkende informelle Sozialkontrolle). Pos. Kontrollüberzeugung – Neg. Kontrollüberzeugung – Kriminalitätsfurcht Kriminalitätsfurcht -,115** ,101** Pearsonkorrelationen Daten aus Sicherheitsbefragung 2007 Anzeigeverhalten: Das Anzeigeverhalten ist eine direkte Voraussetzung der Kooperation zwischen Bevölkerung und Polizei. Es beinhaltet die Respektierung einer Grenzziehung zwischen den Kompetenzen und das Vertrauen in einen Ausgleich des erlittenen Schadens. Pos. Kontrollüberzeugung – Neg. Kontrollüberzeugung – Anzeigeverhalten bei Anzeigeverhalten bei Opferwerdung Opferwerdung ,116* n.s. Pearsonkorrelationen
Soziales Kapital als Grundlage der Beteiligung der Bürger an der Kriminalprävention Soziales Kapital stellt eine Ressource dar, durch die es einem Akteur möglich wird, für sich und die Gruppenmitglieder positive Wirkungen zu erzielen. (Bourdieu 1983) Die Höhe und Wirksamkeit sozialen Kapitals steht in Zusammenhang mit: der sozio-demographischen Struktur des Wohngebiets den Gelegenheitsstrukturen im Wohngebiet den individuellen Ressourcen und Dispositionen. Soziales Kapital kann gemessen werden über die Intensität von Nachbarschaftskontakten, das Vertrauen in die Nachbarn und die Einschätzung der Wirksamkeit der Nachbarschaft.
Soziales Kapital und informelle Sozialkontrolle im Wohnbereich Störung der Rechtsordnung Kriminalitätsbelastung Störungen sittlicher Ordnung physische Incivilities soziale Incivilities Ausmaß informeller Sozialkontrolle und informeller Sozialkontrolle zwischen sozialem Kapital Akteursbezogene Vermittler Mut auf einen Einschätzung soziale Resonanz Vertrauen Mißstand der individuellen individueller gegenüber aufmerksam und kollektiven Sanktion Nachbarn zu machen Wirksamkeit soziales Kapital in einem Wohngebiet
Zusammenfassung Formelle Sozialkontrolle sichert die Einhaltung von Rechtsnormen und Verfolgung von Rechtsbrüchen. Informelle Sozialkontrolle bezeichnet das Wirkungspotential gegenüber der Einhaltung von Sittennormen und unterstützt die Kriminalprävention und Strafverfolgung. Urbane Lebensverhältnisse in modernen Gesellschaften sind durch eine geringe informelle Sozialkontrolle gekennzeichnet. Dadurch entsteht eine Überlastung der formellen Sozialkontrolle. Die Reduzierung von Ressourcen formeller Sozialkontrolle sollte deshalb an der der Rückgewinnung informeller Sozialkontrolle und einer Kooperationsfähigkeit zwischen beiden Formen der Sozialkontrolle orientiert sein. Dies ist ein sehr langfristiger und offener Prozess.
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