ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel

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ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel
ZURCHER
THEATER
SPEKTAKEL
  ––
15.8.
1.9.19
ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel
DANK                                                                            EDITORIAL

Für ihre kontinuierliche grosszügige Unterstützung danken wir ganz besonders    Es ist ein spannendes Jahr. Während demokratiefeindlicher
unseren Hauptpartnern                                                           Populismus vielerorts immer noch Aufwind hat, ist mit
                                                                                ­Fridays for Future die grösste globale Jugendbewegung der
                                                                                 Geschichte entstanden. Wer in den letzten Wochen mit
                                                                                 den Jugendlichen zum Klimastreik auf der Strasse war, weiss,
                                                                                 wie hoffnungsvoll sich demokratisches Engagement anfühlen
                                                                                 kann. «Wenn wir nicht damit beginnen, für unsere Zukunft
dem Medienpartner                                                                einzustehen, wird niemand den Anfang machen. Wir selbst
                                                                                 sind die, auf die wir gewartet haben», heisst es in ihrem
                                                                                 jüngsten Aufruf. Wir wollen daran glauben und haben, Zufall
                                                                                 oder nicht, unter den politischen Produktionen des Festivals
                                                                                 zwei, in denen Jugendliche die Protagonist*innen sind.
sowie den weiteren Partnern     – Direktion für Entwicklung                                Das Theater Spektakel ist entstanden als es Jugend­
                                   und Zusammenarbeit DEZA                       unruhen in Zürich gab. Dieses Jahr wird das Festival vierzig,
                                – Lotteriefonds des Kantons Zürich               und wir haben dazu Anne Teresa De Keersmaeker und
                                – Ernst Göhner Stiftung                          ­William Kentridge wieder eingeladen, die in jungen Jahren
                                – Migros-Kulturprozent                          erstmals am Theater Spektakel waren und heute internationale
                                – Stiftung Denk an mich
                                –G  önnerverein Zürcher Theater Spektakel        Stars sind. Das Jubiläum feiern wir darüber hinaus mit
                                                                                  ­einem grossen Fest und «20 danseurs pour le XXème siecle»
Folgende Institutionen unter­   – Ars Rhenia
                                                                                   des französischen Choreografen Boris Charmatz, das am
stützen das Programm 2019       – Baugarten Stiftung                              ­Eröffnungswochenende mit zwanzig Tanzsolos die Landiwiese
                                – Elisabeth Weber-Stiftung
oder einzelne Auf­führungen     – Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung
                                                                                    verwandelt. Das ist genauso frei zugänglich wie das Warm-
mit grosszügigen Beiträgen:     – Max Kohler Stiftung                              up, das Charmatz (fast) jeden Tag für alle anbietet.
                                – Stiftung für Radio und Kultur Schweiz
                                – D&K DubachKeller-Stiftung                                Teilhabe und Migration sind weiterhin Themen des
                                – S chweizer Kulturstiftung Pro Helvetia           Festivals. Das gilt sowohl im künstlerischen Programm als
                                                                                    auch für die Vorträge und den Stammtisch. Wie letztes Jahr
Folgende Firmen unter­          – KIBAG AG, Zürich                                gibt es wieder Solitickets und partizipative Projekte für ein
stützen das ­Festival mit       – Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft
                                – Ernst Autotransporte, Zürich                     diverseres Zürcher Theater Spektakel. Machen Sie sich mit
grosszügigen materiellen und    – EWZ, Zürich                                      uns warm, für die nächsten vierzig Jahre, und hoffentlich für
logistischen Leistungen:        – Fichtner Tontechnik, Tübingen
                                – Nüssli AG, Hüntwilen                             die Zukunft, auf die wir gewartet haben!
                                – Stagelight Showtechnik, Herisau
                                – Ticketpark
                                – Verkehrsbetriebe Zürich                      Die Festivalleitung
                                                                                Veit Kälin, Delphine Lyner, Matthias von Hartz

2                                                                               3
ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel
TERRAIN | BORIS CHARMATZ                                                   MUSIKPROJEKTE & KONZERTE
6 UN ESSAI À CIEL OUVERT. EIN TANZGRUND FÜR ZÜRICH                         20   NIKKO WEIDEMANN                     Ich seh’ Monster
7                                   20 danseurs pour le XXème siècle       26   SOCALLED & FRIENDS                  Space – The Third Season
8                                   Improvisation                          24   GET WELL SOON BIG BAND              The Horror
8                                   infini                                 24   KOKOKO!
9                                   étrangler le temps & boléro 2          25   EBONY BONES
9                                   Public Warm-up & Workshops             25   COCOROSIE
10                                  A Dancer’s Day                         32   HANIA RANI                          Esja
11                                  Symposium: An Architecture of Bodies   32   PUTS MARIE                          Catching Bad Temper
                                                                           33   HOUSE OF MIXED EMOTIONS             Interzona
THEATER & PERFORMANCE
13    PHIA MÉNARD & CIE. NON NOVA       Saison Sèche                       ZIRKUS & FAMILIENPROGRAMM
15    LA RE-SENTIDA                     Paisajes para no colorear          18   PHIA MÉNARD & CIE. NON NOVA         L’après-midi d’un foehn Version 1
16    CHRYSTÈLE KHODR & WAËL ALI        Titre provisoire                   27   GROUPE ACROBATIQUE DE TANGER        Halka
19    GEUMHYUNG JEONG                   Rehab Training                     35   THE PALESTINIAN CIRCUS              Sarab
21    STEFAN KAEGI / RIMINI PROTOKOLL   Granma. Metales de Cuba            38   KOLYPAN                             Die unendliche Geschichte
23    GENEVIEVE MURPHY                  Something in This Universe         46   ZENTRALPROGRAMM                     Strassenkunst, Konzerte und mehr
34    ROYCE NG                          Queen Zomia
36    ANNA KARASIŃSKA & TR WARSZAWA     Fantasia                           BILDENDE KUNST & INSTALLATIONEN
39    SAMARA HERSCH & LARA THOMS        We All Know What’s Happening       17   DIMITRI DE PERROT                   Unless
40    JAN LAUWERS & NEEDCOMPANY         All the Good                       22   VIRTUELLE PERFORMANCES              Whiteout
44    WILLIAM KENTRIDGE                 Drawing Lesson II / Ursonate       30   HIBA ALANSARI                       The Math Book
                                                                           30   IRA MELKONYAN                       Upstairs Geology
TANZ                                                                       31   SONJA KOCH                          Facettenreich
14    LIA RODRIGUES                     Fúria
37    NORA CHIPAUMIRE                   #PUNK 100% POP *N!GGA              DISKURS
41    NINA SANTES & LA FRONDE           Hymen Hymne                        48   GLORIA WEKKER                       Vortragsreihe «Talking on Water»
42    ALI CHAHROUR                      Layl (Nacht)                       49   SASKIA SASSEN                       Vortragsreihe «Talking on Water»
43    ANNE TERESA DE KEERSMAEKER        Violin Phase                       45   ZENTRAL OBEN                        Zuhören, zuschauen, mitmachen
                                                                           50   PUBLIKUMSGESPRÄCHE
SHORT PIECES                                                               51   STAMMTISCH
 28   THEA REIFLER & PHILIPP BERGMANN   Your Unlikely Friend (Zürich)      52   WATCH & TALK
 28   EUNKYUNG JEONG                    Self Life Drawing
 29   NOMCEBISI MOYIKWA                 NO.HUMANS.INVOLVED.                ZKB PREISE 2019                          SERVICE
 29   HIBA ALANSARI                     The Math Book
                                                                           53 Preise und Nominationen               56 Inklusive Angebote
 30   MCINTOSH JERAHUNI                 L’après-midi d’un faune            54 Jury und Preisverleihung              58 Spielplan
 30   IRA MELKONYAN                     Upstairs Geology 50/50                  Nominiert für die ZKB Preise 2019   61 Vorverkauf und Abendkasse
 31   CALIXTO NETO                      oh!rage                                 Für Kinder und Familien
4                                                                          5
ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel
TERRAIN | BORIS CHARMATZ: UN ESSAI À CIEL OU VERT. EIN TANZGRUND FÜR ZÜRICH
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Der französische Tänzer und Choreograf       von einer Zürcher Pastorenfamilie, die ihn
Boris Charmatz macht einen Versuch unter     während mehrerer Jahre aufnahm. Und ich
freiem Himmel, «un essai à ciel ouvert».     bin in Savoyen zwischen Seen und Bergen
18 Tage lang bespielt er mit «Terrain»       geboren, ich fühle mich besonders wohl,
einen Teil der Landiwiese. Analog zum        wenn ich meine Kunst machen und gleich­
Schwerpunkt von Forced Entertainment         zeitig auf dem Land, in dieser Landschaft
2018, haben wir ihm angeboten, einen         sein kann. (…)
Raum zu wählen und für die Dauer des               Doch wenn man einige Zeit am Fes­
Festivals dort ein Projekt zu realisieren.   tival verbringt, beginnt man sich zu fra­
Boris Charmatz hat sich für einen Nicht­     gen, wie man den Gegensatz zwischen der
raum entschieden: ein Stück Wiese, mar­      Aussenwelt und den temporären Theatern
kiert vom Gerippe des Pavillons, der sonst   aufbrechen könnte. Den Gegensatz zwi­
auf dem Hauptplatz steht. Hier testet er     schen natürlichem Licht, freien Shows,
sein neues Vorhaben: eine Kulturinstitu­     Picknicks und dem See auf der einen Sei­
tion ohne festes Gebäude. Der «Tanzgrund     te und den Blackboxes, den Scheinwer­
für Zürich» ist Schauplatz eines umfang­     fern und den bezahlten Vorstellungen,
reichen Programms mit regelmässigen          der Kunst mit grossem K auf der anderen
öffentlichen Warm-ups, Vorstellungen,        Seite. Ich wollte die freie Natur geniessen,   LANDIWIESE          TANZ & PERFORMANCE
einem Symposium und Workshops. Mehr          ihre Gefahren, das Wetter. Ich wollte mich                         Dauer 3 Std. Eintritt frei Hinweis unter freiem Himmel
dazu auf den nächsten Seiten.                den invasiven Geräuschen der Strassen­                             Public Warm-up 60 Min. vor Beginn Detail­programm
                                             kunst und der schreienden Kinder stellen.                          siehe Programmzeitung und theaterspektakel.ch
ZÜRICH. Notizen von ­                        (…) Ich wollte ein Stück Rasen!
Boris Charmatz                                     In gewisser Weise ist es absurd, ein     Geschichte ist flüchtig, und eine Geschichte des Tanzes ist mit der dop­
«Ich habe letztes Jahr im August eine Wo­    Theater anzubieten, das kein Dach und          pelten Flüchtigkeit von Tanz und Historie konfrontiert. Boris Charmatz
che am Theater Spektakel verbracht. Ich      keine Wände hat, wenn wir direkt neben­        hat Kolleg*innen eingeladen, sich an Solos aus dem letzten Jahrhundert –
kam mit radikalen Ideen der Transforma­      an geschützt auftreten könnten. Aber
                                                                                            zum Teil vergessene, zum Teil noch immer bejubelte – zu erinnern, sie sich
tion und einem grossen Willen zur Ver­       Kunst ist manchmal mehr ein Wildnis­
änderung (…), um das Festival zu modi­       camp als eine Luxusoper. Lasst uns die         anzueignen und aufzuführen. Ein lebendiges Archiv von Solos, die ur­
fizieren, zu bewegen, zu erschüttern. (…)    Architektur von soliden Institutionen          sprünglich von zentralen Figuren der Tanzgeschichte kreiert und getanzt
Doch dann wurde ich weich. Ich ging jeden    durch unsere menschliche Architektur           wurden. Nachdem das Projekt unter anderem in Museen wie dem MoMA
Tag schwimmen, ich sah Aufführungen          ersetzen: Ist nicht genau das, was das         in New York und der Tate Modern in London zu sehen war, hat Charmatz
und spielende Kinder am See, Stand-up-       Spektakel ausmacht? Wir freuen uns da­         eine Version für die Landiwiese entwickelt: Jede Tänzerin, jeder Tänzer
Paddler, Strassenmusiker und Kunst­          rauf, hierher zu kommen und das Licht          vermittelt einen individuellen Aspekt: von der Moderne über die Post­
schaffende aus aller Welt. (…) Für einen     zu geniessen: Wenn die Wetterbedingun­
Moment hatte ich den Eindruck, dass gar      gen gut sind, wird es unvergesslich, wenn
                                                                                            moderne bis zu Hip-Hop und Krump. Es gibt dabei keine richtige Reihen­
nichts geändert werden müsse. Ich fühlte     ein Gewitter kommt, legendär.»                 folge, keine historische Ordnung, das Ganze ist vielmehr angelegt als
mich wohl. Mein Vater wurde vor dem na­                                                     spielerischer Abendspaziergang durch die Geschichte des Tanzes. (mvh)
tionalsozialistischen Wahnsinn gerettet

6                                                                                           7   SA 17. UND SO 18.8.
ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel
TERRAIN | BORIS CHARMATZ: UN ESSAI À CIEL OU VERT. EIN TANZGRUND FÜR ZÜRICH
Improvisation                                   infini                                      étrangler le temps &                         Public Warm-up &
                                                                                            ­boléro 2                                    Workshops

TERRAIN | BORIS CHARMATZ                        TERRAIN | BORIS CHARMATZ                    TERRAIN | BORIS CHARMATZ                     TERRAIN | BORIS CHARMATZ
TANZ & LIVEMUSIK                                TANZ                                        TANZ                                         MITTANZEN
Dauer 60 Min. Eintritt Fr. 30.–/20.–            Dauer 60 Min. Eintritt Fr. 30.–/20.–        Dauer 1:10 Std. Eintritt Fr. 30.–/20.–       Warm-up täglich ausser Mo und Di
Hinweis im Freien, bei jedem Wetter             Hinweis im Freien, bei jedem Wetter         Hinweis im Freien, bei jedem Wetter          ­Dauer 45 Min. Eintritt frei
Public Warm-up 60 Min. vor Beginn               Public Warm-up 18 Uhr                                                                     Workshops siehe theaterspektakel.ch

«Improvisation» bringt zwei zusammen,           «Seit Jahrhunderten zählen Tänzer*innen     Sie tanzen, als gäbe es keine Welt um sie    Für Boris Charmatz ist Tanzen nicht nur
die es können, das Spiel mit dem Unvorher­      auf vier, sechs oder acht und beginnen      herum. Der Abend von Boris Charmatz          Kunst. Es ist auch Ausgelassenheit, Freude
gesehen. Mehr noch: Der Tänzer Boris            dann von vorne. Aber was würde passie­      und Emmanuelle Huynh ist eine Hommage        an der Bewegung und das Ausprobieren
Charmatz und der französische Jazzmu­           ren, wenn sie bis unendlich zählten?» Aus   an die französische Choreografin Odile       neuer Formen von «choreografischen Ver­
siker, Vokalist und Trompeter Médéric           10 000 Gesten kreierte Boris Charmatz       Duboc. Ausgangspunkt ist «boléro 2» aus      sammlungen» im öffentlichen Raum.
Collignon lieben den künstlerischen Seil­       seine letzte Choreografie. Diesmal geht     Dubocs Stück«trois boléros» zur Musik        Dazu gehört, dass jeder Vorstellungsabend
tanz ohne Netz ganz offensichtlich. Sich        es ihm um das Unendliche in all seinen      von Maurice Ravel, das Charmatz und          mit einem öffentlichen Warm-up beginnt.
auf fremdes Terrain wagen und dabei das         Dimensionen, von unendlich klein bis un­    Huynh bereits bei der Uraufführung 1996      Dazu gehören auch drei Workshops – einer
Risiko des Absturzes ebenso wenig scheu­        endlich gross, von unendlich langsam bis    getanzt haben. Inspiriert vom Original,      für professionelle Tanzschaffende, einer
en wie das Chaos und sein Gegenstück, die       unendlich schnell, aber auch um das, was    ist «étrangler le temps» ein Strom von ex­   für tanzfreudige Laien und einer für Kin­
Harmonie. Darin sind die beiden Meister.        jenseits des Zählbaren liegt, um Raum für   trem verlangsamten Bewegungen, der in        der –, die in der dritten Woche von «Un
Ihr Duo ist eine höchst humorvolle Etüde,       Improvisation, zielloses Ausprobieren       spannungsvollem Widerspruch zur Musik        essai à ciel ouvert» stattfinden und in einer
die zeigt, wie viel Tanz in der Musik steckt.   und «grenzenlose Fülle». (esc)              Ravels steht. Versunken in reiner Gegen­     gemeinsamen, öffentlichen Workshop-­
Und umgekehrt. (esc)                                                                        wart, wirkt der Pas de deux wie ein zeit­    Performance gipfeln. Nutzen Sie das An­
                                                                                            vergessener Liebesakt. (esc)                 gebot, tanzen Sie mit! (esc)

8   DO 15. UND FR 16.8.                         MI 21. UND DO 22.8.                         9   SO 1.9.                                  DO 15. BIS SA 31.8.
ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel
TERRAIN | BORIS CHARMATZ: UN ESSAI À CIEL OU VERT. EIN TANZGRUND FÜR ZÜRICH
A Dancer’s Day                                                              An Architecture of Bodies
Warm-up, Workshop, Picknick, Siesta, Aufführung und Dancefloor              Symposium mit Germaine Acogny & Helmut Vogt, Boris Charmatz,
                                                                            Françoise Crémel, Malika Khatir, Boris Ondreička, Richard Sennett
                                                                            und Philip Ursprung sowie einem Beitrag von Tim Etchells

TERRAIN | BORIS    TANZ                                                     TERRAIN | BORIS   SYMPOSIUM
CHARMATZ           Eintritt Fr. 40.–/30.– Hinweis Picknick und bequeme      CHARMATZ          Sprache Englisch, Französisch Eintritt frei, Anmeldung auf
                   Kleidung mitbringen Detailprogramm theaterspektakel.ch                     theaterspektakel.ch Hinweis bei schlechtem ­Wetter im Nord
                   und Programmzeitung

«A Dancer’s Day – Ein Tag im Leben eines Tänzers» ist ein modellhafter      Nach dem Musée de la danse in Rennes hat Boris Charmatz nun «Terrain»
Tag im Leben einer Tänzerin oder eines Tänzers und bietet Laien die         lanciert, um gemeinsam mit langjährigen Wegbegleiter*innen an der
Chance, die Kreation einer Choreografie auf internationalem Niveau zu       Vision eines neuen Kunstortes zu arbeiten: radikal ökologisch und ohne
verfolgen und daran teilzunehmen. Während des viereinhalbstündigen          wirkliches Gebäude. Eine Architektur von Körpern schwebt ihm vor:
Tages mit Warm-up, Workshop, Picknick, Siesta, Aufführung und Dance­        Kunst unter freiem Himmel in einem urbanen Umfeld, eine grüne Wiese
floor wechseln sich partizipative und kontemplative Momente ab, und         in der Stadt für Tanz. Das Theater Spektakel als Festival in temporären
beinahe nebenbei sind zwei Choreografien – eine von Boris Charmatz          Bauten ist das ideale Experimentierfeld für einen ersten Versuch. Gemein­
und eine von Tino Sehgal − zu sehen. Exemplarisch wird an der Ent­          sam mit Boris Charmatz werden Künstler*innen und Expert*innen für
wicklung von Charmatz’ Stück «infini» gearbeitet, in dessen Aufführung      Kunstgeschichte, Landschaftsarchitektur und Soziologie über eine neue
der Tag gipfelt. Selten kommt man so nahe heran an das, ja wird quasi       Institution für Performing Arts im 21. Jahrhundert nachdenken. (mvh)
Teil von dem, was man später auf der Bühne sieht − und das ganz ohne
Vorkenntnisse. Im Kontext des Projekts «Un essai à ciel ouvert» ist
«A Dancer’s Day» auch ein Testtag im Leben eines zukünftigen Tanz­
zentrums unter freiem Himmel. (mvh)
10 SA 24. UND SO 25.8.                                                      11   FR 23.8.
ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel
40. ZÜRCHER                                                                  PHIA MÉNARD, JEAN-LUC BEAUJAULT
THEATER SPEKTAKEL                                                            & CIE. NON NOVA
Ein Fest für alle                                                            Saison Sèche
                                                                             Frankreich

 LANDIWIESE        JUBILÄUMSFEST                                             WERFT                THEATER / PERFORMANCE
                   Eintritt frei Detailprogramm Programmzeitung und                               Sprache ohne Worte Dauer 1:30 Std. Eintritt Fr. 48.–/28.–
                   ­theaterspektakel.ch                                                           Publikumsgespräch Do 15.8., nach der Vorstellung
                                                                                                  ­Hinweis Kinderstück von Phia Ménard, siehe S. 18.

 Bei der Gründung des Theater Spektakels 1980 ging es um einen Gegen­        «Saison Sèche» der vielseitigen französischen Künstlerin Phia Ménard
 entwurf zu den Hochkulturinstitutionen: andere Kultur von anderen           hat letztes Jahr am Festival d’Avignon Furore gemacht. «Phia Ménard
 Künstlerinnen und Künstlern. Es sollte ein zugänglicher Ort sein, wo        sprengt das Patriarchat in die Luft!», hiess es. Die Bühne ist eine Box in
 Begegnung mit internationaler Kunst möglich ist ohne viele Vorausset­       grellem Weiss mit beweglicher Decke. Sie definiert den bedrohlichen,
 zungen. Neben einem Programm auf internationalem Spitzenniveau ist          beengenden Raum, in dem sieben Performerinnen ein kraftvolles, be­
 das ein Merkmal des Festivals geworden: Es ist ein Kunstfest für alle. So   törendes Ritual zur Überwindung der männlichen Vorherrschaft zeleb­
 wollen wir auch das Jubiläum feiern: hochkarätig, international, zugäng­    rieren. Szenen von Unterdrückung, Erniedrigung und sexueller Gewalt
 lich. Neben Gastspielen von Künstlerinnen und Künstlern wie Anne            gehen über in Auflehnung und Widerstand und gipfeln in einer clownes­
 Teresa De Keersmaeker und William Kentridge, die in frühen Jahren auf       ken Parodie der vielfältigen Erscheinungsformen männlicher Macht.
 der Landiwiese gastierten und heute internationale Stars sind, wird es      «Saison Sèche» ist aber mehr als eine bildstarke Kampfansage an das
 ein Fest für alle geben: Boris Charmatz zeigt mit 20 Tänzer*innen 20        Patriarchat, vielmehr geht es Ménard um die Freiheit aller Individuen,
 Tanzsolos des 20. Jahrhunderts auf der Landiwiese. Danach sind alle zu      egal, in welchem Körper sie geboren sind. (kdi)
 einem Social Muscle Club an eine grosse Tafel geladen, bevor …, aber
 das werden Sie ja dann sehen. (mvh)
 12 SA 17.8.                                                                 13 DO 15. BIS SA 17.8.
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LIA RODRIGUES                                                              LA RE-SENTIDA
COMPANHIA DE DANÇAS                                                        Paisajes para
Fúria                                                                      no colorear
Brasilien                                                                  Chile

SEEBÜHNE            TANZ                                                   NORD                 THEATER
                    Dauer 1:10 Std. Eintritt Fr. 43.–/25.–                                      Sprache Spanisch Übertitel Deutsch, Englisch Dauer 1:30 Std.
                    Publikumsgespräch Fr 16.8., nach der Vorstellung                            Alter ab 13 Jahren Eintritt Fr. 43.–/25.– I­ nklusion Angebote
                                                                                                bei Hör- und Sehbehinderungen siehe S. 56/57

«Fúria», das neue Stück der charismatischen brasilianischen Choreo­        Es ist ein starkes Stück. Ein Stück, das an die Nieren geht und doch Hoff­
grafin Lia Rodrigues, ist eine Hymne an das Leben. Eine wilde, rohe,       nung macht. Es geht um die Gewalt, die Mädchen angetan wird, physi­
atemberaubende Feier des nackten Daseins. Es geht darin um Macht           sche Gewalt, psychische Gewalt, strukturelle Gewalt. Basis sind Inter­
und Gewalt, Themen, die in Brasilien seit der Wahl des ultrarechten Jair   views mit über hundert chilenischen Mädchen und jungen Frauen, in
Bolsonaro zum Staatspräsidenten noch brisanter geworden sind. Im           denen sie berichten, wie sie mit Gewalt konfrontiert wurden, sei es als
Maré, einer der härtesten Favelas von Rio de Janeiro, dem Arbeitsmittel­   Zeugin oder als Opfer. Auf der Bühne werden die realen Fälle von neun
punkt von Rodrigues und ihrer Kompanie, ist Gewalt ohnehin Alltag.         Teenagern zwischen 13 und 17 Jahren erzählt, kommentiert und nach­
Hier ist auch «Fúria» entstanden, ein gewaltiges Tableau vivant beschä­    gespielt. Hoch emotional, ausgelassen und empfindsam, dann wieder
digter Menschlichkeit. Szenen von archaischer Wucht wechseln sich ab       distanziert und scheinbar völlig cool, tun sie das in einer Weise, dass
mit Bildern postapokalyptischer Zerstörung. Die nackten, zuweilen mit      man ihnen zuhören muss, auch wenn man den Inhalt eigentlich nicht
bunten Fetzen geschmückten oder mit Farbe beschmierten Körper der          wissen möchte. Und genau das ist es, was La Re-Sentida will: Es geht
Tänzerinnen und Tänzer vereinigen sich zu wilden Horden, feiern Ritu­      nicht darum, Gewalt dokumentarisch auf die Bühne zu bringen, sondern
ale von Triumph und Unterwerfung, böse, verzweifelt – und voller Wut.      sie in theatraler Form zu benennen und das Schweigen zu brechen. Die
Ein grossartiger Tanz am Abgrund. (kdi)                                    neun Mädchen werden sich dabei nicht mehr aufhalten lassen. (esc)
14 DO 15. BIS SO 18.8.                                                     15 DO 15. BIS SA 17.8.
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CHRYSTÈLE KHODR & WAËL ALI                                                       DIMITRI DE PERROT
Titre provisoire                                                                 Unless
Libanon, Syrien                                                                  Schweiz

SÜD                  THEATER                                                     LANDIWIESE,           MUSIKINSTALLATION
                     Sprache Arabisch, Französisch Übertitel Deutsch, Arabisch   HAUPTEINGANG          Dauer 40-minütiger Loop Eintritt frei
                     Dauer 60 Min. Eintritt Fr. 35.–/25.–                                              Geöffnet täglich ab 16 Uhr, Sa/So ab 14 Uhr
                     Inklusion Ton induktiv verstärkt

«Titre provisoire» ist aus einer Zusammenarbeit zwischen der libane­             «Von Rhythmus, Stress und Verausgabung zu klingenden und singenden
sischen Schauspielerin Chrystèle Khodr und dem syrischen, in Frank­              kleinen Pausen», schreibt Dimitri de Perrot in der Ankündigung seiner
reich lebenden Regisseur Waël Ali entstanden. Das leise, melancholi­             neuesten Arbeit «Unless». Was für ein wunderbares Versprechen! Mit­
sche Stück basiert auf einer Tonbandkassette von 1976, die Chrystèle             ten im belebten Eingangsbereich der Landiwiese lädt er ein in seinen
Khodr im Haus ihrer Eltern in Beirut zufällig gefunden hat. Sie stammt           «Zwischenraum», eine Oase des Hier und Jetzt. Der Tontüftler, Musiker
von ihrem Onkel, der während des Krieges im Libanon mit seiner Familie           und Theatermacher versteht es, mit Klängen aller Art auf der Klaviatur
nach Schweden geflüchtet ist. Via Tonband lässt er seine Verwandten              unserer Fantasie zu spielen, unsere Wahrnehmung auf das Gegenwär­
am Leben im fremden Land teilhaben. Das Dokument ist Ausgangspunkt               tige, Alltägliche zu lenken und unsere Sinne für die Poesie der Normali­
für eine behutsame Spurensuche. Erzähltes, Erinnertes und Imaginier­             tät zu schärfen. «Unless» hat er konzipiert als Installation in stark frequen­
tes entwerfen nicht nur das Porträt einer Familie, von der in hundert            tierten öffentlichen Räumen wie Foyers oder Wartehallen. In diesen
Jahren kein einziges Mitglied im selben Land geboren und gestorben ist,          Zonen des Dazwischen, die nie Ziel, sondern immer nur Durchgang sind,
sondern spiegelt auch das Bild einer anhaltend von Krieg und Migration           setzt er mit seiner Klangoase einen überraschenden künstlerischen
geprägten Region. (kdi)                                                          Kontrapunkt, der dafür sorgt, dass wir innehalten, absitzen und für einen
                                                                                 Moment nur noch ganz Ohr sind. (esc)
16 DO 15. BIS SA 17.8.                                                           17   DO 15.8. BIS SO 1.9.
ZURCHER THEATER SPEKTAKEL 15.8.- 1.9.19 - Zürcher Theater Spektakel
PHIA MÉNARD & CIE. NON NOVA                                                      GEUMHYUNG JEONG
L’après-midi d’un foehn Version 1                                                Rehab Training
Frankreich                                                                       Südkorea

WERFT, FOYER        OBJEKTTHEATER                                                ROTE FABRIK,        PERFORMANCE
                    Ohne Sprache Dauer 30 Min. Alter Ab 5 Jahren                 ­SHEDHALLE          Dauer 2:45 Std.
                    Eintritt Fr. 15.–/8.– Hinweis Von Phia Ménard ist auch ein                       Eintritt Fr. 35.–/25.–
                    Stück für Erwachsene im Programm, siehe S. 13

Seit ihren Anfängen im Zirkus ist die Künstlerin Phia Ménard, die im             Nomination         Die Performance-Künstlerin Geumhyung Jeong unter­
Körper eines Mannes geboren wurde, fasziniert vom Spiel mit den Ele­             ZKB Förderpreis    sucht in ihren Arbeiten mit Konsequenz, Eigenstän­
menten und von Prozessen der Wandlung und Verwandlung. Sie hat mit                                  digkeit und analytischer Schärfe die Beziehung zwi­
Wasser jongliert, mit Eiskugeln, die hart und kalt sind, brechen und             schen Mensch und Technik, die unseren Alltag mehr und mehr durch­
schmelzen. Ist es auch möglich, mit Luft zu jonglieren? «L’après-midi            dringt. Als Bühnenpartner wählt sie Dummies, mit denen sie interagiert
d’un foehn» ist ein zartes, verspieltes Spektakel für bunte Plastiktüten,        und in Beziehung tritt. In «Rehab Training» ist es eine lebensgrosse
ein paar Ventilatoren und eine Jongleuse. (kdi)                                  männliche Puppe, wie sie für das Training von Pflegepersonal eingesetzt
                                                                                 wird. In einer fast dreistündigen Parforce-Leistung lässt die exzellente
                                                                                 Performerin der ewig lächelnden Puppe ein ausgeklügeltes Reha-Pro­
                                                                                 gramm angedeihen. Mit grösster Geduld und Sorgfalt kontrolliert sie
                                                                                 die Sequenzen und Übungen. Im Laufe des berührenden Geschehens
                                                                                 verstricken sich die Bewegungsabläufe von Mensch und Maschine im­
                                                                                 mer mehr, und es wird zusehends unklarer, wer hier wen kontrolliert,
                                                                                 wer was übt und wozu. (esc)
18 FR 16. UND SA 17.8.                                                           19 SA 17. BIS MO 19.8.
NIKKO WEIDEMANN                                                              STEFAN KAEGI /
Ich seh’ Monster                                                             RIMINI PROTOKOLL
Deutschland                                                                  Granma. Metales de Cuba
                                                                             Deutschland, Kuba

ROTE FABRIK,       BIOGRAFISCHES KONZERT Koproduktion                        NORD               DOKUMENTAR-THEATER Koproduktion
­CLUBRAUM          Sprache Deutsch Dauer ca. 2 Std., inkl. Pause                                Sprache Spanisch Übertitel Deutsch, Englisch Dauer 2 Std.
                   Eintritt Fr. 30.–/20.–                                                       Eintritt Fr. 43.–/25.– Publikumsgespräch Mo 19.8., nach der
                                                                                                Vorstellung Inklusion Angebote siehe S. 56/57

Gitarren, Drumset, Verstärker, Lautsprecher – die Bühne ist bereit für       Stefan Kaegi ist ein Meister des Dokumentartheaters. Basis seiner Arbeit
eine ganze Band. Auftreten wird aber nur einer, der grossartige Kompo­       sind intensive Recherchen vor Ort zu einem Thema, das er mit Theater­
nist, Arrangeur und Seelensänger Nikko Weidemann, der als eine Art           laien auf die Bühne bringt. Sein neuester Wurf ist eine generationen­
Human Jukebox in einem sehr persönlichen Soloabend die Tonspur               übergreifende Tour d’Horizon durch das Kuba von gestern und das Kuba
seines Lebens spielt. Und die ist ganz schön breit: Sein jüngster Coup ist   von heute, sechzig Jahre nach der Revolution. Die Gegenwart, das sind
das Moka Efti Orchestra aus der Serie «Berlin Babylon». Neben Liedern        vier junge Kubaner*innen: Milagro (24), Geschichtsstudentin, Diana (31),
von Bartók bis Zappa, die ihn musikalisch prägten, gibt es mindestens        Posaunistin, Christian (24), Programmierer, und Daniel (36), Filme­
so viele, denen er seinen Stempel aufgedrückt hat: Rio Reiser, Nena,         macher. Sie bringen nicht nur ihren Alltag im heutigen Kuba auf die Bühne,
Einstürzende Neubauten, Nick Cave sind nur einige von vielen. Zusam­         sondern auch ihre Familiengeschichte: Sie sind Enkel von revolutions­
men mit dem Regisseur Tom Stromberg hat Weidemann einen Abend                treuen Arbeiterinnen, lebenslustigen Orchesterleitern, von Ministern und
konzipiert, der ebenso Konzert wie biografisches Theater ist. Unter fünf­    Angolakämpfern. Raffiniert lässt Kaegi sie in einen Dialog mit den «live»
zig Stücken macht er es dabei nie, manche dauern zehn Sekunden, andere       eingespielten Grossmüttern und Grossvätern treten, verschränkt Politi­
werden komplett durchgespielt. So oder so: Nikko Weidemann haucht            sches mit Privatem zu einem lebendigen Stück Utopiegeschichte, das weit
ihnen allen seine Seele ein. (ron)                                           mehr erzählt als den Wandel Kubas in den vergangenen sechzig Jahren. (esc)
20 SO 18. UND MO 19.8.                                                       21 MO 19. BIS DO 22.8.
HASSABI / FALSNAES / FIATSI                                                     GENEVIEVE MURPHY
Whiteout                                                                        Something in This Universe
USA, Dänemark, Ghana                                                            Grossbritannien, Niederlande

ROEHRS &             AUSSTELLUNG / VIRTUELLE PERFORMANCES                       SÜD                 MUSIKTHEATER
BOETSCH              Geöffnet täglich 16 bis 21 Uhr Eintritt frei                                    Sprache Englisch Dauer 60 Min. Eintritt Fr. 35.–/25.–
                     Ort Bachstrasse 9 (zwischen Werft und Roter Fabrik)                            I­ nklusion Ton induktiv verstärkt

Endlich müssen wir mit Virtual-Reality-Brillen nicht länger Achterbahn          Nomination          Die schottische Künstlerin Genevieve Murphy ist nicht
fahren oder uns durch Räume bewegen, die an Fantasy-Spiele erinnern.            ZKB Förderpreis     nur eine sehr talentierte Komponistin und Musikerin,
«Whiteout» versammelt erstmals Produktionen arrivierter Performance­                                die unter anderem Dudelsack spielt, sondern auch eine
künstler*innen im virtuellen Raum. Die New Yorker Choreografin Maria            hinreissende Performerin. Ihr Solo, zu dem sie auch die Musik geschrie­
Hassabi hat dafür «Staged?», eines ihrer Projekte zwischen Performance          ben hat, ist eine virtuose Etüde über Zwangsstörungen. Das Stück bewegt
und Skulptur, adaptiert. Der dänische bildende Künstler Christian               sich auf dem schmalen Grat zwischen Wille und Wahn, zwischen lust­
­Falsnaes hat in den letzten Jahren viele partizipative Arbeiten entwickelt,    vollem Perfektionismus und quälendem Zwang. Schauplatz von Murphys
 in denen er selbst das Publikum dirigiert. «Studio» ist eine Einladung, vir­   Performance ist eine makellose Küche, die sich in ein brodelndes, klin­
 tuell in die Aufnahmesituation einer Performance einzutauchen. Va-Bene         gendes, überquellendes Universum verwandelt. Es ist faszinierend und
Elikem Fiatsi aus Ghana thematisiert in gewaltvoll physischen Arbeiten          berührend zugleich, der Performerin in ihrem wohlgeordneten Küchen­
 unter anderem Geschlechterstereotypen. Mit «wouNded-wouNd» ist                 reich zuzuschauen, wo die Teebeutel einzeln im Schrank hängen und
 eine dieser geradezu radikal realen Performances im virtuellen, steril         kein Krümel die Oberflächen verunstaltet. Doch während sie dem Pub­
 weissen Raum von «Whiteout» zu sehen. (mvh)                                    likum mit grossen Gesten eine eigenwillige Version der Ikarus-Geschichte
                                                                                erzählt, beginnen die Dinge, aus dem Ruder zu laufen. (kdi)
22 DO 15.8. BIS SO 1.9.                                                         23 MO 19. BIS MI 21.8.
GET WELL SOON                                 EBONY BONES                                     KOKOKO!                                     COCOROSIE
BIG BAND                                      Grossbritannien                                 DR Kongo                                    USA
The Horror
Deutschland

SEEBÜHNE                                      SEEBÜHNE                                        SÜD                                     SEEBÜHNE
KONZERT Alternative Rock, Crossover           KONZERT Afro, Post-Punk, Disco-Pop              KONZERT Afropop, Zagué / Tekno kintueni KONZERT Indie, Folk, ­Electronic
Eintritt Fr. 39.–/29.–                        Eintritt Fr. 39.–/29.–                          Eintritt Fr. 30.–/20.–, inkl. Party danach, Eintritt Fr. 39.–/29.–
                                                                                              im «Sender», Kurzgasse 4

Die Band des Sängers und Multiinstrumen­      Die Singer/Songwriterin ist eine der we­        Am Anfang stand der Protest von Musi­       Was die Schwestern Bianca und Sierra
talisten Konstantin Gropper fährt mit einer   nigen Produzentinnen im Musikbusiness.          kern und Tänzern aus Kinshasa gegen die     Casady auch unternehmen, es ist immer
Horrorshow der besonderen Art auf – die       Die Tochter afro-karibischer Einwande­          Missstände in ihrem Land, daraus ist eine   CocoRosie drin, und das heisst: eine ge­
Songs des neuen Albums handeln von Alb­       rer, in England aufgewachsen, hat aber          radikale, künstlerische Widerstandsbe­      ballte Ladung Politpower. Auf die See­
träumen, Tod und Vergänglichkeit und          nicht nur ihre Musik fest im Griff, sie setzt   wegung entstanden. Mangels käuflichem       bühne kommen die Sängerinnen mit dem
Ohnmacht. Düstere Balladen, kratzige          sich auch mit ganzer künstlerischer Power       Equipment bauen Kokoko! ihre Instru­        typischen Mix: Gänsehaut-Stimmen, klu­
Lyrik, eindringliche Hymnen sind unter­       gegen Zensur, Fremdenhass und Ausbeu­           mente aus Abfall, kombiniert mit Elektro­   ge Texte, begleitet von elektronischen
malt von einem eklektischen Mix aus           tung ein. Auf der Bühne mixt die Sängerin       schrott. In ihrem pulsierenden Zagué ist    Samples und herkömmlichen Instrumen­
­Ennio-Morricone-Zitaten, Tango- und          mit ihrer Band elektronische Club-Beats         der Sound Kinshasas eingefangen: Stim­      ten. Als Rhythmusinstrumente dienen
 Walzerklängen, Gitarrengewittern und         und dumpfen Disco-Bass mit rockigen             men, rollende Rhythmen, viel groovende      Popcornmaschine, Kinderspielzeug oder
 Glockenspiel. Get Well Soon kommen auf       E-Gitarren: Der energiegeladene Sound,          Bässe und hypnotische Melodien. Extrem      Föhn. Das Spektrum der Songs reicht von
 die Seebühne in Big-Band-Formation: Ein      ihr politisches Engagement und ihre ex­         körperlich, explosiv und ekstatisch, hat    Traditionals bis zur Opernarie und die
 starkes theatralisches Live-Erlebnis, voll   zentrischen Kostüme machen jedes ihrer          der Tekno kintueni nicht nur in Kinshasa,   Vocals stehen in reizvollem Kontrast zu den
 von Pathos, Leidenschaft und musikali­       Konzerte zu eigentlichen musikalischen          sondern auch auf den Dancefloors von        politischen, anspielungsreichen Song­
 scher Spielfreude, ist garantiert. (ron)     Performances. (ron)                             Berlin bis Mont­réal eingeschlagen. (ron)   texten. (ron)

24 MO 19.8.                                   FR 23.8.                                        25 SA 24.8.                                 MI 28.8.
SOCALLED & FRIENDS                                                       GROUPE ACROBATIQUE
Space – The Third Season                                                 DE TANGER
feat. Kiran Ahluwalia                                                    Halka
Kanada                                                                   Marokko, Frankreich

SEEBÜHNE           ANARCHISCHES PUPPENMUSICAL Koproduktion               WERFT               ZIRKUS
                   Sprache Englisch Dauer 1:10 Std. Alter ab 12 Jahren                        Dauer 60 Min. Alter ab 10 Jahren Eintritt Fr. 45.–/25.–
                   ­Eintritt Fr. 43.–/25.–                                                   I­ nklusion Ton induktiv verstärkt

«Muppets führen Broadway-Musical im Weltall auf !», so könnte die        Atemberaubende Akrobatik und sich bis in schwindelerregende Höhen
Schlagzeile über den neusten Wurf des kanadischen Multitalents Josh      auftürmende Menschenpyramiden sind die Markenzeichen der Groupe
«Socalled» Dolgin lauten. Mit seinem anarchischen Musical «Space»        Acrobatique de Tanger, die mit «Halka» eine Hommage an die einzig­
über die befreundeten Tiere Biber, Bär, Hase und Ducky hat er für aus­   artige akrobatische Tradition ihrer Heimat zeigt. «Halka» bezeichnet
verkaufte Vorstellungen von Montreal bis Wien gesorgt. Nun reist Bär     in Marokko einen Kreis von Menschen, in dessen Mitte Künstlerinnen
mit seiner halbausserirdischen Tochter Tami auf einen weit entfernten    und Künstler ihr tänzerisches, erzählerisches, musikalisches oder eben
Planeten, um Tamis Mutter Tina zu suchen. Aber dort herrscht nicht       akrobatisches Können zeigen. Zehn Männer und zwei Frauen, begleitet
Friede, Freude, Eierkuchen, sondern eine koloniale Königin, die alle     von zwei Musikern, begeistern mit einer ebenso poetischen wie humor­
Fuzzie-Wesen nach Farben und Singstimmen trennt. Der rasante Plot,       vollen und rasanten Produktion aus Tanz, Gesang und Körperkunst und
gespickt mit unzähligen witzigen Einlagen, ist musikalisch umrahmt von   verbinden mühelos das traditionelle mit dem modernen Marokko. (kdi)
einem wilden Mix von Hip-Hop, Drum’n’Bass über Klezmer bis zu
Broadway-Melodien. Ein fulminantes, höchst vergnügliches Bühnen­
programm: intelligent, humorvoll und ziemlich abgefahren. (ron)

26 MI 21. UND DO 22.8.                                                   27 MI 21. BIS SO 25.8.
REIFLER & BERGMANN EUNKYUNG JEONG                                                          NOMCEBISI MOYIKWA HIBA ALANSARI
Your Unlikely Friend                         Self Life Drawing                             NO.HUMANS.INVOLVED. The Math Book
(Zürich Version)                             Südkorea, Niederlande                         Südafrika                                    To Nour Bazakadi
Schweiz, Deutschland                                                                                                                    Syrien, Deutschland

ROTE FABRIK, WERKSTATT                       ROTE FABRIK, BACKSTEIN                        ROTE FABRIK, AKTIONSHALLE                    ROTE FABRIK, SHEDHALLE
1:1 PERFORMANCE Short Piece                  PERFORM. INSTALLATION Short Piece             PERFORMANCE Short Piece                      PERFORM. INSTALLATION Short Piece
Sprache Englisch, 29.–31.8. auch Deutsch Sprache Koreanisch Übertitel Englisch             Sprache isiXhosa, isiZulu, Englisch,   Performance 45 Min. Eintritt Fr. 13.–
Dauer 20–45 Min. Eintritt Fr. 13.–       Dauer 30 Min. Eintritt Fr. 13.–                   Deutsch Dauer 45 Min. Eintritt Fr.13.– Hinweis ohne Bestuhlung
  Nomination ZKB Anerkennungspreis         Nomination ZKB Anerkennungspreis                  Nomination ZKB Anerkennungspreis       Nomination ZKB Anerkennungspreis

Unser Alltag ist immer mehr bestimmt         «Self Life Drawing» ist eine autobiogra­      Der Titel von Nomcebisi Moyikwas Stück       Ausgangspunkt von «The Math Book» ist
durch Algorithmen, die auswählen, was zu     fisch basierte Reflexion über Identität und   ist Ansage und Referenz zugleich: Mit «No    ein Mathematikbuch, das die Künstlerin
uns passt, Freundinnen, Sexpartner, Reise­   setzt sich mit den stereotypen Frauen­        Humans Involved» klassifizierte in den       und Performerin Hiba Alansari in einem
ziele, Schuhe. «Gleiches mit Gleichem»       bildern des koreanischen Konfuzianis­         USA die Polizei bis vor Kurzem Morde an      zerstörten Haus in Nordsyrien gefunden
heisst das Erfolgsrezept. Das Regieduo       mus und den damit einhergehenden Ein­         Gangmitgliedern, Prostituierten, Dealern     hat. Es hatte der Sechstklässlerin Nour
Thea Reifler und Philipp Bergmann dreht      schränkungen auseinander. Die Mittel,         und farbigen Menschen. «No Humans In­        Bazakadi gehört, die bei einem Raketen­
in seiner 1:1-Performance den Spiess um:     die Eunkyung Jeong dazu benutzt, sind         volved» ist auch ein Essay der Philoso­      angriff ums Leben gekommen ist. Diesem
Die beiden ermöglichen individuelle Be­      Video, Text, Ton und rund 70 Zeichnun­        phin Sylvia Wynter, in dem sie die Stereo­   Dokument zur Seite stellt Alansari ihr
gegnungen mit einem Menschen, «you           gen eines Steins. Mit bildnerischer Kraft     typien bezüglich Hautfarbe und Wahr­         «Rechenbuch»: Bilder von zerstörtem
might not like». Dazu laden sie die Zu­      und Poesie erzählt Jeong die Geschichte       nehmung untersucht. Hier setzt Moyikwa       Besteck, ausgelegt zu Gleichungen, die
schauer*innen ein zu einem Tête-à-Tête       ihres Namens, die Lebensgeschichte ihrer      ein: Inspiriert vom Afrosurrealismus und     alle nicht aufgehen. Erweitert um die Per­
mit jemandem, den sie nie zuvor gesehen      Mutter, erzählt von ihren Erinnerungen        dem Storytelling, bricht sie in ihrer Per­   formance wird «The Math Book» zu einem
haben und nie mehr sehen werden. Was         und Wünschen und verbindet die Elemen­        formance Muster des Sehens, Hörens und       Gesamtkunstwerk, das in verdichteter
aus der Begegnung entsteht, bleibt das       te zu einer berührenden Annäherung an         Verstehens auf, täuscht die Sinne und er­    Form die Allgegenwart von Zerstörung in
Geheimnis der beiden. (esc)                  ihr Selbst. (esc)                             möglicht so neue Erkenntnisse. (esc)         Syrien zeigt. (esc)

28 DO 22. BIS SA 24., DO 29. BIS SA 31.8.    DO 22. BIS SA 24.8.                           29 DO 22. BIS SA 24.8.                       DO 22. BIS SA 24.8.
MCINTOSH JERAHUNI IRA MELKONYAN                                                             CALIXTO NETO                                 SONJA KOCH
L’après-midi d’un faune                        Upstairs Geology 50/50                       oh!rage                                      Facettenreich
Simbabwe                                       Ukraine, Niederlande                         Brasilien                                    Andere Geschichten
                                                                                                                                         Schweiz

ROTE FABRIK, FABRIKTHEATER                     ROTE FABRIK, SHEDHALLE                       ROTE FABRIK, AKTIONSHALLE                    LANDIWIESE, BEIM SCHIFFSSTEG
TANZ Short Piece                               PERFORM. INSTALLATION Short Piece            TANZ Short Piece                             INTERAKTIVE INSTALLATION
Sprache Shona, Englisch Dauer 30 Min. Sprache Englisch Performance 30 Min.                  Dauer 40 Min. Eintritt Fr. 13.–              Sprache Deutsch Alter ab ­Lesealter
Eintritt Fr. 13.–                     Eintritt Fr. 13.–                                       Nomination ZKB Anerkennungspreis           Geöffnet jederzeit zugänglich
  Nomination ZKB Anerkennungspreis      Nomination ZKB Anerkennungspreis                                                                 Eintritt frei

«Why do you hide behind a mask?», ist          Als promovierte Mikrobiologin hat die        «oh!rage» − kein besseres Wortspiel liesse   Seit zwei junge Männer ihr im Zug von
nicht nur ein Schlüsselsatz in der Perfor­     Künstlerin Ira Melkonyan einen natur­        sich finden für das Solo des exzellenten     hinten das Kopftuch weggerissen haben,
mance von McIntosh Jerahuni. Er kann als       wissenschaftlich geprägten Blick auf die     Tänzers Calixto Neto. Das Erstaunen steckt   setzt sich eine Frau nur noch an Plätze,
Leitmotiv über der gesamten Arbeit des         Welt. Hauptakteure in den Kosmen, die        ebenso drin wie die Wut und der Sturm.       wo sie eine Wand im Rücken hat. Eine
Musikers, Tänzers und Choreografen ste­        sie kreiert, sind denn auch nicht Men­       Erstaunen und Wut über die «Unsichtbar­      dunkelhäutige Lernende im Pflegeheim
hen. Kreativer Antrieb ist die Suche nach      schen, sondern Flüssigkeiten mit einem       keit» von Minoritäten sind Ausgangs­         wird von einer Bewohnerin «Negerli» ge­
Identität: der kulturellen und der politi­     faszinierenden Eigenleben. Es tropft und     punkt und roter Faden seiner Arbeit. Raf­    rufen. Erlebnisse wie diese gehören zum
schen Identität Simbabwes, aber auch der       plätschert aus Beuteln, quillt aus Pum­      finiert spielt Neto mit Unsichtbarkeit und   Alltag von Menschen mit Migrationshin­
individuellen sexuellen Identität in einem     pen, es gurgelt in Schläuchen oder schiebt   Repräsentanz, stellt den Körper und das,     tergrund. Sonja Koch hat solche Ge­
Land, das 2006 das Verbot von Homo­            sich zäh wie Lava über schiefe Ebenen.       was er erzählt, infrage. Schwarz? Weiss?     schichten in Gesprächen mit Menschen
sexualität bekräftigt hat. Sein Solo ist ein   Die Flüssigkeiten reagieren auf Licht und    Mann? Frau? Mit subversiver Kraft unter­     unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe
kraftvolles Statement, sich die weisse         Luft und Temperatur, mal langsam, mal        läuft Neto die Wahrnehmung und ihre          und Religion gesammelt. Ihre Installation
Maske vom Gesicht zu reissen, das folk­        sturzbachartig verändern sie sich und die    normierten Kriterien, indem er das Publi­    gibt mit bunten Comics Einblick in Dis­
loristische Gewand abzustreifen und sich       Welt um sie herum. Und der Mensch da­        kum im wahrsten Sinne des Wortes hinters     kriminierungserfahrungen und regt an,
als den zu zeigen, der du bist. (esc)          rin? Nur eine Randerscheinung. (esc)         Licht führt. (esc)                           Vorurteile zu überdenken. (kdi)

30 DO 22. BIS SA 24.8.                         DO 22. BIS SA 24.8.                          31 DO 22. BIS SA 24.8.                       MO 19. BIS SO 25.8.
HANIA RANI                                      PUTS MARIE                                  HOUSE OF MIXED EMOTIONS
Esja                                            Catching Bad Temper                         Interzona
Polen                                           Schweiz                                     Schweiz

NORD                                            SÜD                                         SÜD &             MUSIK-KUNST-PEFORMANCES
SOLO-KONZERT Minimal Music, Jazz,               KONZERT Indie-Rock, Experimental            ROTE FABRIK,      Eintritt Fr. 20.–/15.– (inkl. Afterparty), ab 23 Uhr Fr. 15.–/10.–
Electronica, Fusion                             Eintritt Fr. 30.–/20.–                      ­CLUBRAUM         Details & Programm update theaterspektakel.ch
Eintritt Fr. 35.–/25.–

                                                                                            In der zweiten Ausgabe von «Interzona» präsentiert House of Mixed
Die Vielseitigkeit von Hania Rani ist beein­    Ihre Songs erzählen von Biel, Barcelona     Emotions erneut Künstlerinnen, die ein breites Spektrum performativer
druckend: Sie schreibt Werke für Streich­       und Mexiko und wechseln zwischen schwe­     Praxis zwischen elektronischer Musik und bildender Kunst abbilden.
instrumente, Klavier und Stimme, bewegt         rem Drama, grosser Geste, verliebter Bal­
                                                                                            Lafawndah beweist Vielseitigkeit in mehreren Belangen: Gesang, Sound,
sich aber auch in der Techno- und Electro­      lade und knochenhartem Rock. Die fünf
nica-Szene. Anfang 2019 erschien ihr erstes     Puts Maries aus der Bieler Subkultur er­    Herkunft, Zugehörigkeit – bei dieser Künstlerin ist nichts eindeutig. In
Soloalbum, zu dem sie Reisen zum Berg           zeugen mit den düsteren Themen des          der Arbeit von Mara Oscar Cassiani geht es um gegenwärtige Ikonen:
Esja in Island und in die Karpaten inspiriert   neuen Albums «Catching Bad Temper»          Die italienische Performerin und Choreografin zeigt anhand von kon­
haben. Wenn sie sich ans Klavier setzt,         und ihrer musikalischen Munterkeit eine     struierten Bildern auf, wie Wahrnehmung und Wirklichkeit scheinbar
scheint es, als fliesse die Erinnerung di­      spannungsvolle Diskrepanz und erweisen      inkompatibel sind. Martina Lussi, bildende Künstlerin aus der Schweiz,
rekt in die Tasten: Aus Farben, Landschaf­      sich als unverbraucht wie eh und je. Oder   verarbeitet in ihren Soundproduktionen und Performances Fragen zum
ten und Stimmungen entstehen minima­            wie Leadsänger Max Usata meint: «Laut,
listische Melodiebögen, fliessende Ton­         vulgär und skurril sind unsere Konzerte
                                                                                            Verhältnis von Performer und Publikum sowie zur Gleichwertigkeit
folgen verbinden sich zu mystischen Klang­      nach wie vor.» (ron)                        unterschiedlicher Klänge. Evol schliesslich erhitzt die Ästhetik von Rave
bildern. Und ganz leise winkt aus dem                                                       und insbesondere Acid bis zu deren Verflüssigung. (H.O.M.E.)
Hintergrund der frühe Keith Jarrett. (ron)

32 DO 29.8.                                     SO 1.9.                                     33 FR 23.8.
ROYCE NG                                                                  THE PALESTINIAN CIRCUS
Queen Zomia                                                               Sarab
Hongkong                                                                  Palästina

WERFT, FOYER       MULTIMEDIA PERFORMANCE Koproduktion                    SEEBÜHNE             ZIRKUS
                   Sprache Englisch Übertitel Deutsch Dauer 60 Min.                            Sprache Englisch, Arabisch, auch ohne Sprachkenntnisse
                   Eintritt Fr. 35.–/25.–                                                      verständlich Dauer 60 Min. Alter ab 12 Jahren
                                                                                               Eintritt Fr. 43.–/25.–

Nomination        Im Zentrum der Performance von Royce Ng steht Olive     Nomination         Die Ausstattung der Bühne ist karg: Ein paar hölzerne
ZKB Förderpreis   Yang, Drogenbaronin und ungekrönte Königin von          ZKB Förderpreis    Kuben, die nach Bedarf verschoben, gestemmt oder
                  Zomia, dem Hochland zwischen Myanmar, Laos, Thai­                          gestapelt werden, ein Trapez baumelt in der Luft, eine
land und Vietnam. Yang, die zahlreiche Affären mit Männern und Frauen     Kletterstange kommt zum Einsatz. Der Rest ist Bodenakrobatik, pure,
hatte, in unterschiedlichen Geschlechterrollen auftrat und gegen Ende     intensive Körperlichkeit. «Sarab», zu Deutsch Fata Morgana, ist ein be­
ihres Lebens Nonne wurde, kontrollierte über Jahrzehnte den Opium­        rührendes Zirkustheaterstück über die Not der Flüchtlinge dieser Welt,
handel in Südostasien. Ng kreiert ein labyrinthartiges Geflecht von Er­   für das der britische Regisseur Paul Evans in Zusammenarbeit mit sieben
zählsträngen, indem er die Biografie dieses schillernden, weiblichen      Performerinnen und Performern der Palestinian Circus School starke
Warlords mit historischen Fakten und Recherchen über den Opiuman­         Bilder gefunden hat. Es beschreibt die Suche der Flüchtlinge nach einem
bau im Goldenen Dreieck und eigenen Drogenerfahrungen verknüpft.          sicheren Ort, die immer wieder an Grenzen stösst. Die Hoffnung auf
Angelegt als Dialog zwischen einem Performer und seinem Traum,            Zuflucht bleibt «Sarab», eine Fata Morgana. (kdi)
findet die Performance im Innern einer gläsernen Pyramide statt, wo
sich Erzählung, computergenerierte halluzinatorische 3D-Animationen
und der Soundtrack zu einem rauschartigen Ganzen verbinden. (esc)
34 SA 24. BIS MO 26.8.                                                    35 SO 25. BIS DI 27.8.
ANNA KARASIŃSKA                                                                    NORA CHIPAUMIRE
& TR WARSZAWA                                                                      #PUNK 100% POP *N!GGA
Fantasia                                                                           Simbabwe, USA
Polen

NORD                 THEATER                                                       SÜD                TANZ-MUSIK-PERFORMANCE
                     Sprache Englisch, Polnisch Übertitel Deutsch, Englisch                           Sprache Englisch Dauer 3 × 60 Min., mit zwei Pausen
                     Dauer 60 Min. Eintritt Fr. 43.–/25.– Publikumsgespräch                           Eintritt Fr. 43.–/33.–, Einzelteil Fr. 30.–/20.–
                     Mo 26.8., nach der Vorstellung Inklusion Ton ind. verstärkt                      Hinweis Nur Stehplätze

Die Regisseurin Anna Karasińska ist zweifellos eine der originellsten              Das Schaffen der Choreografin nora chipaumire kreist auch in dieser
Stimmen der jungen polnischen Theaterszene. Mit «Fantasia» beschert                Trilogie um die Frage, wie der Körper gesellschaftliche Stellung und Macht
sie dem Publikum ein ungewöhnliches, erfrischend neues Erlebnis, das               repräsentieren kann: «Der Körper ist für mich und für alle, die ohne
die gängigen Theaterkonventionen auf den Kopf stellt und die Fantasie              Besitz, Namen, Klassenzugehörigkeit geboren wurden, eine Möglichkeit,
der Zuschauerinnen und Zuschauer auf humorvolle Weise herausfor­                   sich selbst zu erfinden und über sich selbst zu bestimmen.» Jeder Teil
dert. Auf einer vollkommen leeren Bühne stehen sechs Schauspielerin­               ist einem Musikstil, einer damit verbundenen Ikone und einer Ideologie
nen und Schauspieler, meist reglos und ohne zu sprechen. Die Regisseu­             gewidmet. In «#PUNK» ist es Patti Smiths Song «Rock’n’Roll Nigger» und
rin, die im Dunkel des Zuschauerraums sitzt, stellt sie vor, nennt ihre            die No-Future-Haltung. Die Disco-Queen Grace Jones steht in «100% POP»
Namen, erzählt Fragmente fiktiver Geschichten. So öffnet sich zwischen             für Selbstbestimmung über den eigenen Körper. «*N!GGA» thematisiert
dem minimalistischen Schauspiel und den live gesprochenen Texten ein               ausgehend vom kongolesischen Rumbastar Rit Nzele die digitalen Mög­
imaginativer Raum, den das Publikum durch die eigene Vorstellungs­                 lichkeiten, Rassismus im Musikbusiness zu überwinden. Intelligent,
kraft füllt. (kdi)                                                                 provokativ und mit starker physischer Präsenz kreiert chipaumire in
                                                                                   jedem Teil einen expressiven Cluster aus Tönen und Bildern, der zeigt,
                                                                                   wie viel Politik im Körper steckt. (ron/esc)
36 SO 25. BIS DI 27.8.                                                             37 MO 26. UND DI 27.8.
KOLYPAN                                                                            SAMARA HERSCH &
Die unendliche Geschichte                                                          LARA THOMS
nach Michael Ende                                                                  We All Know What’s Happening
Schweiz                                                                            Australien

ROTE FABRIK,         KINDERTHEATER Premiere, Koproduktion                          ROTE FABRIK,        THEATER Koproduktion
­FABRIKTHEATER       Sprache Deutsch, Schweizerdeutsch Dauer 1:10 Std.             ­AKTIONSHALLE       Sprache Englisch Übertitel Deutsch, eingesprochen
                     Alter ab 7 Jahren Eintritt Fr. 25.–/13.– Inklusion Sa 31.8.                       Dauer 60 Min. Alter ab 10 Jahren Eintritt Fr. 37.–/27.–
                     und So 1.9. mit Übersetzung in Gebärdensprache                                    Publikums­gespräch Do 29.8. Inklusion Angebote S. 56/57

Die Schweizer Gruppe Kolypan schenkt dem Publikum zum 40. Geburts­                 Nomination        «We All Know What’s Happening» ist eine bittere Mi­
tag des Theater Spektakels «Die unendliche Geschichte». Ein in jeder               ZKB Förderpreis   schung aus Geschichtslektion, Realsatire und Schul­
Hinsicht passendes Geschenk, denn der Roman von Michael Ende ist                                     theater. Das Stück bezieht sich auf Tatsachen, von
genauso alt wie das Festival − und genauso aktuell und inspirierend. Es            denen wir alle wissen: Es sind die beschämenden, menschenverachten­
geht darin um nichts Geringeres als die Rettung der Fantasie vor dem               den Zustände in den Flüchtlingslagern auf der Insel Nauru, die von
alles verschlingenden Nichts. In gewohnt trashig-witziger Manier erzäh­            Australien finanziert werden. Mit sieben Kindern aus Melbourne haben
len Fabienne Hadorn und Gustavo Nanez die Geschichte des schüchter­                die Theatermacherinnen Samara Hersch und Lara Thoms eine Perfor­
nen Jungen Bastian Balthasar Bux, der lesend in ein Buch eintaucht und             mance kreiert, die alle Merkmale einer naiven Schüleraufführung auf­
so nach Phantásien gelangt. Dort trifft er den singenden Glücksdrachen             weist – artige Kinder, hübsche Kostüme, selbstgebastelte Requisiten –,
Fuchur und erhält den Auftrag, die Kindliche Kaiserin und ihr Reich vor            und die dennoch an die Nieren geht. Die Kinder auf der Bühne vertreten
dem sich ausbreitenden Nichts zu retten. Ein musikalisches Erzähl- und             ihre Altersgenossinnen und -genossen auf Nauru, die dort ohne Hoff­
Objekttheaterstück für Kinder und Erwachsene. (kdi)                                nung auf eine Zukunft gefangen gehalten werden, und geben ihnen eine
                                                                                   Stimme. (kdi)

38 MI 28.8. BIS SO 1.9.                                                            39 MI 28. BIS FR 30.8.
JAN LAUWERS & NEEDCOMPANY                                                              NINA SANTES &
All the Good                                                                           LA FRONDE
Belgien                                                                                Hymen Hymne
                                                                                       Frankreich

WERFT               THEATER                                                            SÜD                TANZPERFORMANCE
                    Sprache Flämisch, Französisch, Englisch Übertitel Deutsch,                            Sprache Portugiesisch, Kreolisch, Französisch, Deutsch,
                    Englisch Dauer ca. 2 Std. Eintritt Fr. 48.–/28.– Publikums-                           Englisch Dauer 1:20 Std. Eintritt Fr. 35.–/25.–
                    gespräch Fr 30.8., n.d. Vorstellung Inklusion Ton ind. verstärkt                      Hinweis keine feste Bestuhlung

800 Vasen aus Hebron. Sie wurden von einer der letzten palästinensi­                   Nomination         «Wie eine Liebesbotschaft überbringen», «Wie das
schen Glasbläsereien für das Bühnenbild produziert, das die Arbeits­                   ZKB Förderpreis    Patriarchat verfluchen», «Wie die Erde zum Beben
räume der Needcompany im Brüssler Stadtteil Molenbeek zeigt. Mitten                                       bringen». Mit einem Mantra solcher Fragen kreist die
drin steht Elik, ein ehemaliger israelischer Soldat, der jetzt in Belgien              Choreografin Nina Santes das Terrain ein, auf dem sich ihre Perfor­
als Tänzer arbeitet. Damit bringt Regisseur Jan Lauwers gleichsam die                  mance entwickelt. Für ihre jüngste Arbeit hat sie sich intensiv mit der
Konstellation eines der grossen Konflikte der Gegenwart auf die Bühne.                 Hexe als sozialer Konstruktion auseinandergesetzt. Dabei interessierte
Zwischen dem Alltag seiner Familie und seiner Company in Molenbeek                     sie insbesondere das hybride Wesen, das die marginalisierte und gleich­
und der Biografie des Israeli Elik entwickelt Lauwers eine Geschichte                  zeitig machtvolle Figur verkörpert. An der Schnittstelle von dokumen­
über die Unmöglichkeit radikaler politischer Kunst heute. Wie immer                    tarischer Arbeit und magischem Ritual loten in «Hymen Hymne» fünf
werden die virtuosen Performerinnen und Performer der Needcompany,                     Performer*innen sprechend, tanzend und singend das schillernde Po­
zu der auch Lauwers Frau Grace Ellen Barkey, Tochter Romy und Sohn                     tenzial der Hexenfigur aus, das gerade in seiner Gegensätzlichkeit fas­
Victor gehören, diese Geschichte tanzend, singend und spielend mit                     ziniert. Licht und Dunkel, Nähe und Distanz, Körperlichkeit und Magie,
einer Leichtigkeit erzählen, die das Gewicht des Inhalts fast vergessen                fordernde Kraft und zartes Mitgefühl sind Elemente der geheimnisvol­
macht. (mvh)                                                                           len Performance, die das Publikum direkt einbezieht. (esc)
40 DO 29. BIS SA 31.8.                                                                 41 DO 29. UND FR 30.8.
ALI CHAHROUR                                                                 ANNE TERESA DE KEERSMAEKER
Layl (Nacht)                                                                 & ROSAS
Libanon                                                                      Violin Phase
                                                                             Belgien

SEEBÜHNE           TANZ Koproduktion                                         LANDIWIESE,         TANZ
                   Sprache Arabisch Übertitel Deutsch, Englisch, Liedtexte   ­SAFFAINSEL         Dauer 15 Min. Eintritt frei
                   werden abgegeben Dauer 1:10 Std. Eintritt Fr. 43.–/25.–                       Gespräch Anne Teresa De Keersmaeker und
                   Publikumsgespräch Fr 30.8., nach der Vorstellung                              Boris Charmatz, Süd, So 1.9. 14 Uhr

Nomination       «Für mich ist Tanz keine internationale Sprache. Was        «Violin Phase», 1981 von der jungen Tanzstudentin Anne Teresa De
ZKB Förderpreis  mich interessiert, sind die politischen, religiösen und     Keersmaeker zum gleichnamigen Stück des Minimal-Music-Pioniers
                 sozialen Bezüge von Gesten», sagt Ali Chahrour. Seine       Steve Reich kreiert, ist ein choreografisches Kleinod, das seine Strahl­
Arbeiten sind denn auch tief verankert in der Kultur seiner Heimat, des      kraft nicht eingebüsst hat. Das Zusammenspiel der einfachen, vom auf­
Nahen Ostens. «Layl», Teil eins einer Trilogie über Liebe, ist inspiriert    rechten Körper ausgehenden, mehr und mehr raumgreifenden Bewe­
von arabischen Geschichten, Legenden und Gedichten rund um die Liebe.        gungen mit den minimalistischen Geigenklängen, ist in seiner Schlicht­
Chahrour interessiert dabei jene Liebe, welche die Grenzen von Reli­         heit und Konsequenz von atemberaubender Schönheit. Ausgeführt auf
gion, Geschlecht und Herkunft überschreitet und oft im Tod endet. Für        einer sandbestreuten Fläche, schreiben sich die repetitiven, sich in
die Umsetzung hat der 30-Jährige herausragende Künstlerinnen und             kleinsten Phasen verschiebenden Formen und Muster nach und nach in
Künstler gefunden: Das Zusammenspiel von Bewegung, Gestik, Schau­            den Boden ein und machen Zeit und Bewegung sichtbar. Im Rahmen des
spiel, Gesang, Perkussion und Gitarrenmusik macht «Layl» zu einem            40. Theater Spektakels ist das Stück erneut in Zürich zu sehen. Yuika
betörenden choreografischen Konzert, das die Liebe in ihrer ganzen           Hashimoto, Mitglied von Keersmaekers Company Rosas, wird das Solo
emotionalen Wucht zeigt: von der zerstörerischen Leidenschaft über die       unter freiem Himmel auf der Saffa-Insel zeigen: ein wunderbares Setting
schwelgerische Sehnsucht bis zum schweigenden Abschied. (esc)                für ein wunderbares Stück. (esc)
42 FR 30. UND SA 31.8.                                                       43 SA 31.8. UND SO 1.9.
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