Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022

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Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz
Bericht 2022
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
Im Fokus

                        Einige im Kulturland brütende Arten
                        profitieren von Massnahmen zur Bio­
                        diversitätsförderung und konnten 2021
                        deutlich zulegen. Allerdings erleiden
                        andere wegen der intensiven Landwirt­
                        schaft nach wie vor Einbussen.  Seite 6

Auf Armeearealen sind Vogelarten
überdurchschnittlich gut vertreten,
die offene Habitate, Feuchtbiotope,
Hecken oder extensiv bewirtschaftetes
Kulturland bevorzugen.  Seite 8

                       Viele Arten kommen am Südufer des
                       Neuenburgersees in national bedeu­
                       tenden Beständen vor. Für die Bestands­
                       überwachung und die Pflege des Gebiets
                       ist die Association de la Grande Cariçaie
                       zuständig.  Seite 12

Das Monitoring Häufige Brutvögel (MHB)
zeigt den grossflächigen Rückgang des
Grünfinken gut. Grund für den Sinkflug
ist ein einzelliger Parasit, der den Ver­
dauungstrakt befällt.  Seite 14

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Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
Die Rötelschwalbe dehnt ihr Areal in
Europa nach Norden aus. In der Schweiz
wird sie seit 2000 fast jedes Jahr ge­
sehen. Im Frühjahr 2021 wurde der bisher
stärkste Einflug registriert.  Seite 20

                                                            Im Januar 2022 wurden in der Schweiz
                                                            430 000 Wasservögel gezählt, so wenige
                                                            wie letztmals um 1970. Die Winter­
                                                            bestände von häufigen Arten wie
                                                            Reiherente, Tafelente und Stockente
                                                            sinken.  Seite 26

Im mitteleuropäischen Vergleich fällt
die positive Bestandsentwicklung der
Schweizer Waldvögel seit 1990 auf.
Viele Kulturlandarten haben aber ihre
grössten Verluste bei uns bereits vor
1990 erlitten.  Seite 32

 Inhaltsverzeichnis
 Editorial ......................................................................................... 4
 Brutvögel ....................................................................................... 6
 Methodisches .............................................................................. 18
 Durchzügler ................................................................................. 20
 Wintergäste ................................................................................. 26        Weitere Informationen
                                                                                                         Weitere Informationen inklusive Bestands-
 Internationales ............................................................................ 32
                                                                                                         entwicklung der Brutvogelarten und zusätz-
 Dank ............................................................................................. 34   lichen Analysen finden Sie online:
                                                                                                         www.vogelwarte.ch/zustand
 Impressum.....................................................................................35

                                                                                                                                                      3
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
EDITORIAL

Langfristiges Monitoring zentral
Als ich mich in meiner Jugend für die
Vogelkunde zu interessieren begann,
war der Grünfink «überall» zu finden,
Feldlerche, Baumpieper und Waldlaub-
sänger kamen noch relativ verbreitet
vor, während der Mittelspecht selten
war. Wer sich heute mit der Vogel-
welt zu beschäftigen beginnt, wird die
aktuelle Situation dieser Arten anders
wahrnehmen. Ältere und jüngere
Vogelbegeisterte weisen unterschied-
liche Bezugspunkte oder «baselines»
bezüglich Verbreitung und Häufigkeit
von Vögeln auf, je nachdem wann sie
sich mit der Vogelwelt auseinander
zu setzen begannen. Aufgrund dieser
«shifting baselines» nehmen wir Ver-
änderungen über die Zeit unterschied-
lich wahr und beurteilen diese je             Die Grauammer ist im Mittelmeerraum sehr häufig. In der Schweiz wurde eine Aus-
nach unseren Erfahrungswerten auch            breitungswelle regional bis in die 1970er-Jahre registriert. Ab etwa den 1980er-Jahren
                                              brach der Bestand dramatisch ein. Mittlerweile gilt die Art als vom Aussterben bedroht.
verschieden.
   Um nicht solchen subjektiven Ein-
schätzungen ausgeliefert zu sein,
braucht es langfristig erhobene Daten-     Frühlinge in Europa und Nordamerika              Anpassungen in Datenbanken und
reihen. Genau solche liefern die ver-      seit 1996 bezüglich Vogelgesang                  bringen Herausforderungen für die
schiedenen Monitoringprojekte, welche      leiser und weniger abwechslungsreich             Datenspeicherung und die Datenana-
die Schweizerische Vogelwarte in enger     geworden.                                        lyse mit sich.
Zusammenarbeit mit über 2000 ehren-            Die Verknüpfung von Daten der                   Das Shifting-Baseline-Syndrom
amtlichen Mitarbeiterinnen und Mit-        Vogelmonitoringprogramme mit jenen               wird nicht verschwinden – aber dank
arbeitern seit den 1960er-Jahren durch-    aus anderen langfristigen Umwelt-                langfristig angelegten Monitoring-
führt. Nur dank dieser auf Kontinuität     beobachtungsprogrammen             kann          programmen können wir und künftige
ausgerichteten Monitoringprojekte          helfen, Bestandsveränderungen besser             Generationen besser damit umgehen.
wissen wir, dass sich der Bestand des      zu verstehen. Das hier bestehende
Grünfinks unterhalb von 1000 m in          grosse Potenzial lässt sich heute dank                            PD Dr. Gilberto Pasinelli
den letzten zehn Jahre beinahe halbiert    der inzwischen langjährigen Daten-                                Wissenschaftlicher Leiter
hat, während der Mittelspecht derzeit      reihen und der grossen Fortschritte in
ein seit Beginn der systematischen Er-     der statistischen Analyse, zu denen
fassungen beispielloses Hoch durchläuft.   auch die Monitoringdaten der Vogel-
    Dass Monitoringprogramme solche        warte beitragen haben, ausschöpfen,
Erkenntnisse liefern, wird «erwartet».     beispielsweise im Zusammenhang mit
Wie bei anderen Langzeitstudien liegt      klimatischen Veränderungen.
ein weiterer Wert von langfristigen            Für den Wert von Monitoring-
Überwachungsprogrammen aber auch           programmen ist die Kontinuität der
darin, dass sie Erkenntnisse liefern       Datenerfassung entscheidend. Gleich-
können, die ursprünglich nicht im Fokus    zeitig bedarf es aber auch laufend Er-
lagen. Ein schönes Beispiel dafür sind     gänzungen bei den überwachten Arten,
die Veränderungen in den örtlichen         wenn sich Arten in der Schweiz aus-
Gesangskulissen über die Zeit. Dank        breiten, wie das derzeit etwa beim
der langfristigen Monitoringprojekte       Weissrückenspecht oder bei Exoten
liessen sich die an verschiedenen          wie der Nilgans der Fall ist. Die weiter-
Orten vorkommenden Arten und so            hin erfreulich zunehmende Zahl von
auch die dortigen «Gesangswelten»          Meldungen über ornitho.ch oder die
(re-)konstruieren. Demnach sind die        NaturaList-App bedingen strukturelle

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Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
Der Bestand des Schwarzspechts in der
Schweiz hat sich seit 2000 verdoppelt.
Mittlerweile ist er zwischen 400 und
1700 m weit verbreitet. Das war nicht
immer so: So gab es in den 1950er-
Jahren mehrere Lücken im Mittelland
auch in gut untersuchten Gebieten, und
seit 1993–1996 wurden das Mendrisiotto
TI und einige Gebiete im Genfersee-
becken neu besiedelt.
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
Land unter im Juli 2021 im Fanel und Chablais de Cudrefin. Nicht davon betroffen waren jene Brutvögel, deren Nachwuchs zu diesem Zeitpunkt
bereits flügge war.

Die Situation der Brutvögel
Insgesamt zeigte sich die Bestands-             dennoch vergleichsweise hoch und                 markanten Unterschieden. Unglücklich
situation der Brutvögel 2021 in einem           wären bei milderem Wetter womöglich              traf es hingegen die Alpensegler. Sie be-
recht erfreulichen Licht. Die guten             noch leicht höher ausgefallen.                   nötigen für die Jungenaufzucht fast zwei
Brutbedingungen im Vorjahr dürften                                                               Monate. Das nasskalte Wetter Ende Juli/
massgeblich zu dieser positiven Bilanz          Auswirkungen auf den Bruterfolg                  Anfang August führte beispielsweise in
beigetragen haben, Frühjahr und                 Für viele Vogelarten wird es eine                den Kolonien von Burgdorf, Biel und
Sommer 2020 waren überdurchschnitt-             schwierige Brutsaison gewesen sein.              Solothurn zum Tod von rund der Hälfte
lich warm und niederschlagsarm. Der             Besonders eindrücklich zeigte sich dies          der fast flüggen Nestlinge.
folgende Winter 2020/21 blieb in den            bei den Seglern. So konnten die Mauer-               Niederschlagsmengen im Juni und
Niederungen grösstenteils freundlich,           segler mit einem Verzug von gut drei             Juli, die z.T. mehr als doppelt so hoch
lediglich im Januar lag über längere Zeit       Wochen, erst spät im Mai, mit der Ei-            waren wie üblich, liessen die Wasser-
eine geschlossene Schneedecke. Auf              ablage beginnen. Sie hatten insofern             stände von Flüssen und Seen zur Brut-
den eher milden Winter folgte ein kalter,       Glück, als ihnen für die Jungenauf-              zeit sprunghaft ansteigen. Dies führte
nasser Frühling 2021. Dies dürfte sich          zucht ein Zeitfenster zur Verfügung              zu überdurchschnittlich vielen Brut-
auf die Gesangsaktivität verschiedener          stand, das passable Bedingungen bot.             verlusten. So fiel die Zahl gefundener
Arten ausgewirkt haben. Die aus den             So resultierte am Schluss ein nur leicht         Familien bei Kolben- und Reiherente
MHB-Kartierungen resultierenden Be-             unterdurchschnittlicher Bruterfolg – bei         sehr gering aus, ebenso beim Hauben-
standszahlen vieler Singvögel waren             allerdings von Kolonie zu Kolonie sehr           taucher. Auch viele typische Bewohner

        140                     –
        120                 +   ~
        100
                                                                        Der Bestandsindex der Prioritätsarten Artenförderung (blau) stieg in
         80                                                             den letzten Jahren deutlich. Zu- und abnehmende Arten halten sich in
Index

                                                                        etwa die Waage, doch sind auch etliche Arten ganz verschwunden.
         60
                                                                        Berechnet für alle Brutvogelarten (rot) zeigt sich eine positive Ent-
         40                                          +                  wicklung. Die bunten Segmente in den Kuchendiagrammen zeigen
                                                             –          den Anteil Arten mit positiven (grün), negativen (rot) und neutralen
         20                                              ~              respektive fluktuierenden Entwicklungen (blau). Die grauen respektive
          0                                                             schwarzen Segmente repräsentieren die seit 1990 neu aufgetretenen
              1990   1995   2000    2005    2010     2015        2020   bzw. verschwundenen Brutvogelarten.

   6
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
BRUTVÖGEL

        3,5

         3
                                                                       Wendehals
        2,5                                                            Grauspecht
                                                                       Grünspecht
         2
                                                                       Schwarzspecht
Index

        1,5                                                            Buntspecht
                                                                       Mittelspecht
         1                                                             Kleinspecht
                                                                       Dreizehenspecht
        0,5

         0
              2000   2003   2006   2009   2012   2015   2018   2021
Sämtliche Spechte ausser dem Grauspecht nahmen seit 2000 deutlich zu. Letzterer steht im                             Für den Bau seiner Höhle ist der Kleinspecht
Zentrum eines aktuellen Forschungsprojekts der Vogelwarte. Für den Weissrückenspecht                                 wie einige andere Spechtarten auch auf
fehlen Daten zur Bestandsentwicklung.                                                                                Morsch- und Totholz angewiesen.

von Flüssen wie der Eisvogel oder der             zulegen, zum Beispiel Schwarzkehl-                                 äusserst sensibel auf möglicherweise
Schilfgebiete wie Rohrsänger und Rohr-            chen, Dorngrasmücke oder Heidelerche                               bevorstehende Veränderungen reagieren
ammer dürften massive Brutverluste                – möglicherweise eine Folge der trocken-                           können. So ist die positive Entwicklung
verzeichnet haben. Im Juni suchten zu-            warmen Sommer der Vorjahre.                                        vieler Waldarten an die in den letzten
dem mehrfach Hagelstürme grosse Teile                 Ihre bisherigen erfreulichen Trends                            Jahren eher extensive Waldbewirt-
unseres Landes heim. Hagel mit Korn-              fortgesetzt haben verschiedene vor-                                schaftung geknüpft. Der aktuelle An-
grössen von bis zu 7 cm dürfte viele              wiegend im Wald brütende Arten,                                    stieg der Holzpreise, die Zunahme des
Arten betroffen haben, doch sind die              darunter Rotkehlchen und Blaumeise.                                Bedarfs an Energieholz und der gleich-
Auswirkungen nicht zu beziffern. Opfer            Ebenso weisen sämtliche Spechte ausser                             zeitige klimabedingte Rückgang der
gab es u.a. unter den Weissstörchen,              dem Grauspecht positive Trends auf.                                Produktivität vieler Wälder könnten
Kormoranen und Mittelmeermöwen.                   Gute Bestände der «Zimmermänner des                                den aktuell erfreulichen Bestandsent-
                                                  Waldes» werden auch anderen Höhlen-                                wicklungen vieler Arten ein jähes Ende
Eitel Sonnenschein …                              brütern zugutekommen. Scheinbar un-                                setzen. Dies gilt insbesondere für die
Etliche Arten erreichten 2021 neue                gebremst positive Trends zeigen schliess-                          gut erschlossenen Wälder in tiefen und
Höchststände. So macht sich die Arten-            lich die Bestände des Weissstorchs,                                mittleren Lagen.
förderung bemerkbar. Die positive Be-             während sich bei der Mittelmeermöwe
standsentwicklung der letzten Jahre von           aktuell eine Trendumkehr abzeichnet.
Turmfalke, Wendehals oder Wiedehopf
darf auch als Erfolg der Artenförderung          … oder dunkle Wolken am Horizont?                                            Weitere Informationen
gewertet werden. Einige im Kulturland            Trotz erfreulicher Tendenzen darf nicht                                      www.vogelwarte.ch/zustand/brut
brütende Arten konnten ebenfalls stark           vergessen werden, dass viele Arten

                                                                                               2,60

                                                                                               2,40

                                                                                               2,20
                                                                       Anzahl Junge pro Brut

                                                                                               2,00

                                                                                               1,80

                                                                                               1,60

                                                                                               1,40
                                                                                                             Alpensegler                  Mauersegler
                                                                                               1,20

                                                                                               1,00
                                                                                                      1987    1993         1999    2005       2011      2017   2021
Diese jungen Weissstörche hatten Glück im Unglück. Nachdem sie bei        In meteorologisch schwierigen Jahren wie 2021 ziehen Alpensegler (rot)
einem Hagelsturm im Sommer 2021 verletzt worden waren, konnten            pro Brut deutlich weniger Junge auf als Mauersegler (blau). Die Mauer-
sie nach einem Aufenthalt in der Pflegestation der Vogelwarte wieder      segler erzielten einen nur leicht unterdurchschnittlichen Erfolg. Angaben
in die Freiheit entlassen werden.                                         basierend auf 12 610 bzw. 26 422 Bruten im Zeitraum 1987–2021.

                                                                                                                                                                7
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
BRUTVÖGEL

Das weitläufige Panzerübungsgelände des Waffenplatzes Thun umfasst auch Tümpel, Weiher, Gebüschgruppen und Ödland. Diese bilden
attraktive Lebensräume für Brut- und Zugvögel, aber auch für Amphibien, Reptilien, Insekten und eine reichhaltige Flora.

Zehn Jahre Brutvogel-Erhebungen
auf Armeearealen
armasuisse Immobilien ist eine der            Breite Vielfalt von Habitaten                 Nicht artenreicher, aber ...
grössten Landbesitzerinnen in der             Die Areale von armasuisse sind über           Die Ergebnisse zeigen, dass sich die
Schweiz. Armeeareale sind keine               die ganze Schweiz verteilt. Des-              mittlere Zahl der Brutvogelarten auf
reine Idylle, und es gibt selbstver-          halb sind die Lebensräume vielfältig          Armeearealen kaum von jener in der
ständlich auch hier Zielkonflikte.            und reichen vom eher kahlen Flug-             Normallandschaft unterscheidet. Einzel-
Doch armasuisse verfügt auf seinen            hafenareal im Mittelland über reich           ne Quadrate schwingen zwar mit 50 und
Arealen über einen überdurchschnitt-          strukturierte Waffenplätze im Jura            mehr Brutvogelarten, verteilt auf bis zu
lich hohen Anteil an schützenswerten          bis hin zu hochgelegenen Schiess-             460 Reviere, obenaus. Andere sind jedoch
Lebensräumen und betreibt ein aktives         plätzen in abgeschiedenen Neben-              wenig spektakulär und drücken auf den
Umweltmanagement. Im Vergleich                tälern in den Alpen. Entsprechend             Schnitt. Doch die Qualität macht den
zum schweizerischen Durchschnitt              vielfältig ist die Vegetation und             Unterschied. Armeeareale ziehen mehr
gibt es auf Armeearealen gegenwärtig          ebenso unterschiedlich präsentiert            Brutvogelarten an, die offene trockene
mindestens dreimal so viel Fläche an          sich die Zusammensetzung der Brut-            Habitate oder Feuchtbiotope bevor-
schützenswerten Lebensräumen.                 vögel. So wurden allein in der Auf-           zugen, die Pionierstandorte schätzen
    Das Biodiversitätsmonitoring des          nahmeperiode 2020/21 122 Brut-                oder die Hecken und Gebüschgruppen
VBS (Eidgenössisches Departement für          vogelarten in den 34 Kilometerqua­            in eher extensiv bewirtschaftetem Kultur-
Verteidigung, Bevölkerungsschutz und          draten registriert. Das vom Ökobüro           land besiedeln. Solche Lebensräume
Sport) dokumentiert seit 2012 für die 26      Hintermann & Weber AG koordinierte            sind in der Normallandschaft Mangel-
grössten Waffen-, Schiess- und Militär-       Überwachungsprojekt stützt sich bei           ware. Entsprechend stehen viele ihrer Be-
flugplätze unseres Landes die Vor-            der Beurteilung der Artenzusammen-            wohner auf der Roten Liste. Die Erfolgs-
kommen von Brutvögeln und Gefäss-             setzung und der Entwicklungen denn            kontrolle belegt denn auch, dass auf
pflanzen. Die Vogelwarte organisiert          auch auf Vergleichsdaten, die dank            Armeearealen im Vergleich zur Normal-
dabei die Brutvogelaufnahmen. Diese           des Biodiversitätsmonitorings Schweiz         landschaft deutlich mehr Arten vor-
finden im Zweijahresrhythmus in               (BDM) in der «Normallandschaft» ge-           kommen, die auf der Roten Liste und auf
34 Kilometerquadraten statt.                  wonnen werden.                                der Liste «Umweltziele Landwirtschaft»

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Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
BRUTVÖGEL

Auf Waffenplatzarealen besonders wohl fühlen sich Bewohner von offenen, wenig intensiv genutzten Graslandschaften wie die Heidelerche
(links). Überdurchschnittlich häufig sind auch Arten wie die Nachtigall (rechts), die Hecken und Gebüschkomplexe schätzen.

stehen. Und nicht nur das: Wo sie vor-            Dosierte Nutzung und gezielte                   des Landschaftskonzepts Schweiz zu
kommen, ist oft auch ihre Revierzahl              Pflege sind wichtig                             einem besonders achtsamen Umgang
deutlich höher. Die Erhebungen 2020/21            Die Unterschiede kommen nicht von un-           mit dem Naturerbe geführt. Die von
auf den 34 Kilometerquadraten ergaben             gefähr: Über alle 25 untersuchten VBS-          der Armee genutzten Areale stehen
mit 10,8 % einen bemerkenswerten An-              Areale der Periode 2015–2020 betrachtet         bereits heute – wie vom Aktionsplan
teil bei den Revieren von Arten, die als          ist dort der Anteil der Flächen mit schutz-     Biodiversität gefordert – im gesamt-
«stark gefährdet» (7 Reviere), «verletz-          würdiger Grünland-Vegetation markant            schweizerischen Vergleich vorbildlich
lich» (204) oder «potenziell gefährdet»           höher als in der übrigen Schweiz (32,6 vs.      da. Es bedeutet für armasuisse eine
(711) gelten. In der Vergleichsstichprobe         8,9 %). So liegt der Anteil Halbtrocken-        grosse Herausforderung, dieses hohe
für die Normallandschaft fand sich nur            rasen mit rund 9,6 % besonders deutlich         Niveau auch unter der aktuellen Ver-
ein solcher von 7,9 %.                            über dem Schweizer Durchschnitt von             dichtung der militärischen Nutzung auf
    Zu den Arten, die von VBS-Arealen             etwa 2,4 %. Dasselbe gilt für die Flach-        weniger Arealen halten zu können. Ge-
besonders profitieren, gehören Offen-             moore, Sumpfdotterblumenwiesen und              mäss neuem Umweltleitbild sollen dem
landarten wie Feld- und Heidelerche,              Rostseggenhalden. Talfettwiesen sind            VBS künftig Aktionspläne helfen, diese
Braun- und Schwarzkehlchen, dann der              mit 32,6 % aber auch auf VBS-Arealen            Herausforderungen zu meistern.
Kuckuck und Bewohner von Gebüsch-                 der häufigste Lebensraumtyp innerhalb
gruppen und Ruderalstandorten wie                 des Grünlandes.
Dorn-, Garten- und Klappergrasmücke,                  Das Naturschutzengagement der
Sumpfrohrsänger, Fitis, Neuntöter und             Armee hat seit Annahme der Rothen-
Goldammer.                                        thurm-Initiative und der Verabschiedung

                                                                          Schwarzkehlchen                                     VBS-Areale
                                                                                                                              Normallandschaft
                                                                                 Nachtigall

                                                                                  Kuckuck

                                                                               Heidelerche

                                                                               Bluthänfling

                                                                          Gartengrasmücke

                                                                                 Feldlerche

                                                                           Dorngrasmücke
                                                                                              0   10       20     30     40       50     60      70
                                                                                                       Anteil der Kilometerquadrate (%)
Seit 2012 finden auf 26 VBS-Arealen Erhebungen der Brutvögel und         Anteil der Kilometerquadrate mit Vorkommen ausgewählter Arten.
Gefässpflanzen statt. Hier dargestellt sind die 34 Kilometerquadrate,    Vergleich zwischen VBS-Arealen (n = 34) und MHB/BDM-Quadraten in
in denen Brutvögel kartiert werden (rot). Die blauen Quadrate aus        der Normallandschaft (n = 165), Zeitraum 2016–2020.
dem MHB- und BDM-Netz bilden das Vergleichsset, bestehend aus
Flächen mit ähnlichen Lebensräumen und Höhenlagen.

                                                                                                                                                 9
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz Bericht 2022
Die Zahl der pro Jahr gefundenen Reviere des Rotsternigen Blaukehlchens stieg seit dem ersten Brutnachweis 1980 auf heute etwa acht Reviere.
   Mindestens ein Teil der Zunahme dürfte auf die erhöhte Beobachtungsintensität zurückgehen.

   Auf der Spur seltener Brutvögel

  Für viele Arten lassen sich die Brut-                                           Monitoringprogramme für verlässliche                                 Dabei ist gerade in Feuchtgebieten
  bestände und deren Entwicklungen                                                Aussagen nicht aus.                                               wie der Grande Cariçaie die Zusammen-
  mit dem Monitoring Häufige Brut-                                                    Bei den Vogelarten des Monitorings                            arbeit mit lokalen Organisationen
  vögel (MHB) oder dem Monitoring                                                 Ausgewählter Arten (MAA) wird jähr-                               sowie Ornithologinnen und Ornitho-
  Brutvögel in Feuchtgebieten (MF)                                                lich anhand verschiedener Datenquellen                            logen für die Erhebung der Brut-
  gut dokumentieren. Doch für etwa                                                der Brutbestand pro Gebiet abgeschätzt.                           bestände zentral. Bei Koloniebrütern
  die Hälfte der rund 210 Brutvogel-                                              Aufsummiert erhält man so für viele                               sind lokale Kolonieüberwachende
  arten, namentlich in Kolonien                                                   Arten den Schweizer Bestand. Abhängig                             für die Bestandserhebung essenziell.
  nistende, selten brütende oder aus                                              vom Verhalten der Art wird jeweils die                            Eine wichtige Datengrundlage bilden
  Gefangenschaft stammende bzw. ein-                                              Zahl der Reviere, der Paare mit Brutver-                          auch die auf ornitho.ch erfassten Be-
  geführte Arten, reichen diese zwei                                              such oder der Brutnachweise ermittelt.                            obachtungen, beispielsweise zu neu

                  16                                                                                                             30

                  14
                                                                                                                                 25
                  12
                                                                                                                                 20
                                                                                                                  Anzahl Paare
Anzahl Familien

                  10

                   8                                                                                                             15

                   6
                                                                                                                                 10
                   4
                                                                                                                                  5
                   2

                   0                                                                                                              0
                                                                                                                                                              2005
                                                                                                                                      1990

                                                                                                                                             1995

                                                                                                                                                      2000

                                                                                                                                                                     2010

                                                                                                                                                                             2015

                                                                                                                                                                                     2020
                       1959

                              1964

                                     1969

                                            1974

                                                   1979

                                                          1984

                                                                 1989

                                                                        1994

                                                                               1999

                                                                                      2004

                                                                                             2009

                                                                                                    2014

                                                                                                           2019

  Von der Schnatterente werden seit 1983 jedes Jahr wenige Familien                                                Die Wiederansiedlung des Bartgeiers in der Schweiz ist eine Erfolgs-
  entdeckt. Die langfristig positive Entwicklung der Anzahl Brutpaare                                              geschichte und zeigt, wie wichtig ein langer Atem ist, denn erste
  auf niedrigem Niveau geht einher mit einer deutlichen Zunahme der                                                Auswilderungen erfolgten in der Schweiz bereits 1991. Daten der
  überwinternden Schnatterenten seit 1967 und besonders nach 1990.                                                 Stiftung Pro Bartgeier.

         10
BRUTVÖGEL

  gegründeten Kolonien oder seltenen                                                der ornitho-App NaturaList geschaffen.                                     abspeichert, wurde in den letzten drei
  Brutvogelarten ausserhalb von                                                     So können heute die Daten für die                                          Jahren modernisiert. Ein neues Daten-
  Feuchtgebieten.                                                                   Überwachungsprojekte von Saat-                                             banksystem vereinfacht räumliche Aus-
                                                                                    krähe, Dohle, Uferschwalbe und Wald-                                       wertungen sowohl bei der Analyse
Immer mehr Erfassungen direkt                                                       schnepfe direkt im Feld erfasst werden.                                    der Beobachtungsdaten als auch bei
im Feld möglich                                                                     Zudem lassen sich Alpenschneehuhn-                                         Abfragen.
Bei der Erfassung der Daten gab                                                     und Birkhuhnzählungen seit längerem
es in den letzten Jahren grössere                                                   via ornitho.ch melden. Die Datenein-
Modernisierungsschritte: Für einen                                                  gabe via NaturaList und ornitho.ch wird
Teil der Arten, die mit speziellen                                                  in den nächsten Jahren auf weitere
Monitoringprojekten        abgedeckt                                                Arten ausgedehnt.                                                                      Weitere Informationen
werden, wurden Möglichkeiten zur                                                       Auch die Datenbank, welche die                                                      www.vogelwarte.ch/zustand/brut
digitalen Erfassung direkt im Feld mit                                              Brutbestände der verschiedenen Arten

                 8                                                                                                                18

                 7                                                                                                                16

                                                                                                                                  14
                 6
                                                                                                                 Anzahl Reviere

                                                                                                                                  12
                 5
Anzahl Reviere

                                                                                                                                  10
                 4
                                                                                                                                   8
                 3
                                                                                                                                   6
                 2                                                                                                                 4
                 1                                                                                                                 2

                 0                                                                                                                 0
                     1958

                            1963

                                   1968

                                          1973

                                                 1978

                                                        1983

                                                               1988

                                                                      1993

                                                                             1998

                                                                                     2003

                                                                                            2008

                                                                                                   2013

                                                                                                          2018

                                                                                                                                       1952

                                                                                                                                              1957

                                                                                                                                                     1962

                                                                                                                                                            1967

                                                                                                                                                                   1972

                                                                                                                                                                          1977

                                                                                                                                                                                 1982

                                                                                                                                                                                        1987

                                                                                                                                                                                               1992

                                                                                                                                                                                                      1997

                                                                                                                                                                                                             2002

                                                                                                                                                                                                                    2007

                                                                                                                                                                                                                           2012

                                                                                                                                                                                                                                  2017
  Nach dem ersten Brutnachweis des Brachpiepers in der Schweiz im                                                 Der erste Brutnachweis der Sperbergrasmücke in der Schweiz stammt
  Jahr 1958 blieb das Vorkommen zuerst unstet. Ab den 1980er-Jahren                                               aus dem Jahr 1952. Nach einem Höhepunkt Anfang der 1990er-Jahre
  wurden regelmässiger Reviere gefunden, in den letzten Jahren im                                                 ist die Zahl der Reviere wieder deutlich gesunken. Dieser Rückgang
  Mittel 3–4.                                                                                                     deckt sich mit der Entwicklung in Gesamteuropa, wo die Bestände in
                                                                                                                  den 1990er-Jahren ebenfalls stark abnahmen.

                                                                                                                                                               Seit der ersten Brut 2003 hat sich die bei uns
                                                                                                                                                               nicht heimische, afrikanische Nilgans stark
                                                                                                                                                               ausgebreitet. In den letzten Jahren wurden
                                                                                                                                                               regelmässig über 25 Bruten nachgewiesen.

                                                                                                                                                                                                                                  11
BRUTVÖGEL

  Die Grande Cariçaie – das grösste
  Feuchtgebiet der Schweiz
                                                                                                                 Neuenburgersees wurde damals um
                                                                                                                 fast drei Meter abgesenkt. Das brachte
                                                                                                                 an seinem Südufer einen stellenweise
                                                                                                                 mehr als einen Kilometer breiten Sand-
                                                                                                                 streifen zum Vorschein, der als neuer
                                                                                                                 Lebensraum nach und nach von der
                                                                                                                 Feuchtgebietsflora und -fauna in Besitz
                                                                                                                 genommen wurde. Die Grande Cariçaie
                                                                                                                 ist also eine unfreiwillige Kompensations-
                                                                                                                 fläche für die früheren, mittlerweile ver-
                                                                                                                 schwundenen weitläufigen Moorland-
                                                                                                                 schaften des Dreiseenlandes, auch
                                                                                                                 wenn sie bei weitem nicht deren Aus-
                                                                                                                 dehnung erreicht.
                                                                                                                     Die Zweite Juragewässerkorrektion
                                                                                                                 der 1960er- und 1970er-Jahre hatte
  Die Grande Cariçaie zeichnet sich durch ein Mosaik mit verschiedenen feuchten Lebens-                          eine starke Reduktion der Wasserstands-
  räumen wie Auenwälder, Feuchtwiesen, Teiche und Schilfgürtel aus.                                              schwankungen zur Folge und damit eine
                                                                                                                 geringere Überschwemmungshäufigkeit
                                                                                                                 der ufernahen Sumpfgebiete. Zusammen
 Seit 1850 wurden in der Schweiz                    Ein junges, pflegebedürftiges Juwel                          mit der Erosionskraft von Wellen und
 mindestens 90 % der Feuchtgebiete                  Die Grande Cariçaie besteht noch nicht                       Strömungen führte dies in der Grande
 zerstört. Die verbliebenen Reste spielen           lange, denn sie ist bei der Ersten Jura-                     Cariçaie zu einem kontinuierlichen Verlust
 deshalb für die Erhaltung zahlreicher              gewässerkorrektion in den 1870er-                            des Feuchtgebietsareals zugunsten von
 sumpfbewohnender Arten eine ent-                   Jahren entstanden. Mit diesem Gross-                         See- und Waldflächen. Diese Entwicklung
 scheidende Rolle, allen voran die                  projekt war es möglich, die über-                            in den Sumpfflächen, welche die meisten
 Grande Cariçaie am Südostufer des                  schwemmungsgefährdeten Ebenen im                             Prioritätsarten beherbergen, machte ein
 Neuenburgersees. Es ist die grösste an             Dreiseenland zu «sanieren» und die ört-                      umfangreiches Programm von Unter-
 ein Seeufer grenzende Verlandungs-                 liche Bevölkerung vor den Aare-Hoch-                         haltsarbeiten notwendig, das seit 1982
 zone der Schweiz.                                  wassern zu schützen. Der Pegel des                           umgesetzt wird. Im Lauf der Zeit kamen

                 120                                                                         180

                                                                                             160
                 100
                                                                                             140

                  80                                                                         120
Anzahl Reviere

                                                                            Anzahl Reviere

                                                                                             100
                  60
                                                                                              80

                  40                                                                          60

                                                                                              40
                  20
                                                                                              20

                   0                                                                           0
                       2003

                              2006

                                     2009

                                            2012

                                                   2015

                                                            2018

                                                                     2021

                                                                                                   2003

                                                                                                          2006

                                                                                                                     2009

                                                                                                                             2012

                                                                                                                                      2015

                                                                                                                                               2018

                                                                                                                                                       2021

  Ein Drittel des schweizerischen Bestands des Drosselrohrsängers ist am      Die Revierzahlen des Fitis am Südufer des Neuenburgersees scheinen
  Südufer des Neuenburgersees ansässig. Der Trend ist hier wie im Rest        sich nach einem Rückgang zu Beginn der 2000er-Jahre wieder zu
  des Landes positiv.                                                         stabilisieren.

        12
BRUTVÖGEL

 viele weitere Aufgaben dazu, darunter
 der rechtliche Schutz des Gebiets, der                    Gut überwachte Vogelwelt
 Aufbau von Infrastrukturanlagen zum                       Ein so bedeutendes Gebiet muss auch sorgfältig überwacht werden. Seit 1982 ist dies Sache
 Empfang und zur Information der Be-                       der Association de la Grande Cariçaie, die dafür zurzeit mehr als zehn Angestellte einsetzt.
                                                           Die Überwachung der Vögel ist sehr umfangreich und einige Monitorings laufen schon seit
 völkerung sowie die Bestandsüber-
                                                           über 70 Jahren. Dazu gehören die Bestandserhebungen in Brutkolonien von Enten, Möwen
 wachung von Prioritätsarten. Heute ist                    und Seeschwalben durch Freiwillige von Nos Oiseaux bzw. der Ala sowie die winterlichen
 die Association de la Grande Cariçaie für                 Wasservogelzählungen. Das zuletzt genannte Projekt hat schon spannende Entwicklungen
 alle Arbeiten im Gebiet zuständig.                        aufgezeigt, etwa im Zusammenhang mit Jagdverboten, mit der Einwanderung der Wander-
                                                           muschel oder mit der verbesserten Wasserqualität.
                                                             Seit den 1980er-Jahren werden in drei Sektoren der Grande Cariçaie auch die häufigeren
 Bedeutender Artenreichtum                                 Feuchtgebietsarten auf Rasterflächen kartiert, um die Auswirkungen der Pflegearbeiten zu
 Die einzigartige biologische Vielfalt der                 verfolgen und das Management zu optimieren. Dabei zeigte sich zum Beispiel, dass die
 Grande Cariçaie umfasst nicht weniger                     maximale Vogeldichte 4–6 Jahre nach einer Mahd erreicht wird. Im Lauf der Zeit sind weitere
                                                           ergänzende Überwachungsprojekte dazugekommen.
 als einen Viertel der Schweizer Flora
 und Fauna. 16 der 20 einheimischen
                                                                 Winter
 Amphibienarten sind hier beobachtet
                                                                 Winter und Brutperiode
 worden, und bei den Vögeln sind                                 Brutperiode
 340 Arten nachgewiesen! Besonders
 wertvoll ist allerdings der hier ansässige                      1 Wasservogelzählung/Jahr
 Anteil des Schweizer Brutbestands ge-                                             8 Wasservogelzählungen/Jahr
 wisser Arten; bei Haubentaucher, Rohr-
                                                                                              12 Wasservogelzählungen/Jahr
 schwirl, Bartmeise und verschiedenen
 Möwenarten beträgt dieser mehr als                          Bestandserhebungen von Koloniebrütern
 einen Drittel des Schweizer Bestands.
 Von den national prioritären Vogelarten                         8 Kartierungen/Jahr auf 3 Rasterflächen
 kommen 13 in der Grande Cariçaie vor,
                                                                                   10 Kartierungen/Jahr im gesamten Gebiet
 und dies in ansehnlichen Beständen.
 Dank erfolgreichen Lebensraumschutz-                                                                7 Beringungsperioden/Jahr in Champ-Pittet
 massnahmen sind ihre Bestände in den
 letzten Jahrzehnten im Durchschnitt                      1950        1960        1970        1980         1990        2000       2010           2020 2022
 konstant geblieben.                                      Geschichte der systematischen Vogelerhebungen in der Grande Cariçaie.

                 120

                 100

                  80
Anzahl Reviere

                  60

                  40

                  20

                   0
                       2003

                              2006

                                     2009

                                            2012

                                                   2015

                                                              2018

                                                                         2021

  Der Bestand des Pirols am Südufer des Neuenburgersees ist bemerkens-                                             Weitere Informationen
  wert stabil.                                                                                                     www.vogelwarte.ch/zustand/brut

                                                                                                                                                       13
BRUTVÖGEL

Aktuelle Trends aus dem MHB:
Der Grünfink wird zum Sorgenkind

                                                                                                             Ein kleiner Einzeller als
                                                                                                             tödliche Gefahr
                                                                                                             Als Grund für die Baisse bei den Grün-
                                                                                                             finken wurde Trichomonas gallinae
                                                                                                             eruiert. Es handelt sich dabei um
                                                                                                             einen Einzeller, der vorab den oberen
                                                                                                             Verdauungstrakt der Vögel befällt.
                                                                                                             Massensterben von Grün- und Buch-
                                                                                                             finken wurden erstmals 2005 in Gross-
                                                                                                             britannien vermeldet. Von dort breitete
                                                                                                             sich das Phänomen rasch auf weite
                                                                                                             Teile Europas aus. Während die übrigen
                                                                                                             Finken kaum Rückgänge zeigten,
                                                                                                             brachen die Grünfinkenbestände in
                                                                                                             vielen Ländern ein. In Finnland und
                                                                                                             Grossbritannien gingen sie um bis zu
                                                                                                             zwei Drittel zurück, lediglich in den
                                                                                                             Niederlanden blieben die Bestände
Bis vor zehn Jahren war der Grünfink häufig. Seither gingen seine Bestände stark zurück.                     wider Erwarten hoch. Die Gründe für
                                                                                                             diese unterschiedlichen Bestandsent-
                                                                                                             wicklungen und die offenbar höhere
Bis vor wenigen Jahren war der Grün-             Monitoring Häufige Brutvögel (MHB)                          Anfälligkeit des Grünfinken im Ver-
fink überall in den Niederungen ein              ist die Entwicklung gut dokumentiert.                       gleich zu anderen Finkenarten sind
häufiger Brutvogel. Im Winter sah                    Der grossflächige Rückgang zeigt                        derzeit unklar. Die Entwicklung über
man ihn an fast jeder Futterstelle               sich in den tieferen Lagen beid-                            die letzten Jahre lässt keine baldige Er-
und zur Brutzeit war er aus vielen               seits der Alpen und betrifft somit                          holung der Bestände erwarten.
Gärten, Parkanlagen, Obstgärten,                 das Hauptverbreitungsgebiet dieser
Rebbergen und Waldrändern kaum                   Art in der Schweiz. Unterhalb von                           Dämpfer für die Felsenschwalbe
wegzudenken. Ab 2012 erfolgte ein                1000 m hat sich die Population über                         Im Brutvogelatlas 2013–2016 wurde
plötzlicher Einbruch um rund 40 %,               die letzten zehn Jahre fast halbiert.                       die langfristige Expansion der Felsen-
von dem sich die Art bislang nicht               Günstiger ist die Situation in Lagen                        schwalbe gut dokumentiert. Mittler-
erholt hat. Aufgrund dieses un-                  über 1000 m, wo die Art zwar viel                           weile hat sich die Art in vielen Alpen-
erwarteten Rückganges musste die                 spärlicher ist, ihren Bestand aber                          tälern und stellenweise auch am
Art neu als «potenziell gefährdet»               mehr oder weniger hat halten                                Alpenrand und im Mittelland zum
(NT) eingestuft werden. Dank dem                 können.                                                     Kulturfolger gemausert. Das MHB

                                                                                  4

                                                                                 3,5

                                                                                  3

                                                                                 2,5

                                                                                  2
                                                                         Index

                                                                                 1,5

                                                                                  1

                                                                                 0,5

                                                                                  0
                                                                                       1999

                                                                                              2001

                                                                                                     2003

                                                                                                            2005

                                                                                                                   2007

                                                                                                                          2009

                                                                                                                                 2011

                                                                                                                                        2013

                                                                                                                                               2015

                                                                                                                                                      2017

                                                                                                                                                             2019

                                                                                                                                                                    2021

Diese in Tarragona an der spanischen Mittelmeerküste aufgefundenen Felsenschwalben (links) waren aufgrund der Kälte verhungert. Der Index
(rechts) zeigt einen Rückgang von 2020 auf 2021 um rund die Hälfte.

 14
BRUTVÖGEL

         2                                                                                                              1,2
                     > 1000 m ü.M.                                                                                                                                                                 Mittelland
        1,8
                     < 1000 m ü.M.                                                                                            1                                                                    Jura
        1,6                                                                                                                                                                                        Alpennordflanke
                                                                                                                        0,8
        1,4

                                                                                                               Index
Index

        1,2                                                                                                             0,6

         1
                                                                                                                        0,4
        0,8
                                                                                                                        0,2
        0,6

         0                                                                                                                    0
              1999

                     2001

                            2003

                                   2005

                                          2007

                                                 2009

                                                        2011

                                                               2013

                                                                        2015

                                                                                 2017

                                                                                           2019

                                                                                                     2021

                                                                                                                                  1999

                                                                                                                                          2001

                                                                                                                                                  2003

                                                                                                                                                          2005

                                                                                                                                                                  2007

                                                                                                                                                                          2009

                                                                                                                                                                                  2011

                                                                                                                                                                                          2013

                                                                                                                                                                                                  2015

                                                                                                                                                                                                          2017

                                                                                                                                                                                                                 2019

                                                                                                                                                                                                                         2021
Der Bestand des Grünfinken unterhalb von 1000 m hat sich seit 2012                                                 Die Feldlerchenbestände im Mittelland und Jura sinken stetig. Einzig
halbiert. Darüber konnte er sich halten. Allerdings lebt nur rund ein                                              die kleine Population in den Alpen kann sich nach einem starken
Zehntel der Schweizer Grünfinken oberhalb von 1000 m.                                                              Rückgang bis etwa 2009 vorläufig halten.

zeigte, dass die Zunahme weiter-                                      Situation in Regionen, in denen haupt-                                               gekoppelt. Weil dieser sich aufgrund
ging. Der Winter 2020/21 bewirkte                                     sächlich Viehzucht betrieben wird. So                                                der Klimaerwärmung vorverschiebt,
nun einen erheblichen Rückschritt.                                    hat sich die Zahl der Reviere im Jura seit                                           würden die zu spät eintreffenden Zug-
Ein kräftiger Wintereinbruch an der                                   1999 mehr als halbiert.                                                              vögel diese kurze optimale Periode ver-
spanischen Mittelmeerküste forderte                                                                                                                        passen. Gemäss einer neuen britischen
viele Opfer – darunter dürften sich                                   Trauerschnäpper:                                                                     Studie vermögen die Vögel dieser Falle
auch zahlreiche Vögel aus der Schweiz                                 besser als befürchtet                                                                zumindest teilweise zu entgehen. Auch
befunden haben. Das MHB belegt                                        Schon vor etlichen Jahren warnten                                                    in der Schweiz schlagen sich die Trauer-
einen Rückgang auf rund die Hälfte                                    Studien aus verschiedenen Ländern,                                                   schnäpper bislang erfolgreich. Der Be-
des Bestands von 2020. In vielen Fällen                               dass die Situation für den Trauer-                                                   stand hat sich bei starken jährlichen
zeigten Kurzstreckenzieher in den                                     schnäpper schwieriger werden dürfte.                                                 Schwankungen in Lagen oberhalb von
letzten Jahren deutlich positivere Ent-                               Man weiss von dieser gut untersuchten                                                1000 m seit 1999 um rund 50 % er-
wicklungen als ihre südlich der Sahara                                Art, dass ihr Bruterfolg stark vom                                                   höht. Im Hauptverbreitungsgebiet, d.h.
überwinternden Verwandten. So sind                                    richtigen «Timing» abhängig ist. Die für                                             in Lagen unterhalb von 1000 m, hat er
bei Zilpzalp und Fitis die gegenläufigen                              die Jungenaufzucht benötigte Insekten-                                               sich sogar verdoppelt.
Trends offensichtlich. Der Einbruch der                               nahrung ist mit dem Laub­     aus­trieb
Felsenschwalbe illustriert jedoch, dass
auch Arten, die ganzjährig in Europa
ausharren, erheblichen Risiken aus-                                              2,5
gesetzt sind.                                                                                     > 1000 m ü.M.
                                                                                   2              < 1000 m ü.M.
Vogel des Jahres
im steten Niedergang                                                             1,5

BirdLife Schweiz hat die Feldlerche
                                                                         Index

                                                                                   1
zum Vogel des Jahres ernannt. Auf-
merksamkeit hat diese bedrohte Vogel-
                                                                                 0,5
art denn auch tatsächlich nötig. Zwar
scheint sich der eher kleine Bestand in
                                                                                   0
den Alpen einigermassen zu halten.
                                                                                        1999

                                                                                                  2001

                                                                                                            2003

                                                                                                                       2005

                                                                                                                                   2007

                                                                                                                                           2009

                                                                                                                                                   2011

                                                                                                                                                           2013

                                                                                                                                                                   2015

                                                                                                                                                                           2017

                                                                                                                                                                                   2019

                                                                                                                                                                                           2021

Doch im Mittelland, am Alpennordrand
und im Jura weisen die Trends aus dem                                     Der Trauerschnäpper hat sein Hauptareal in den tieferen Lagen der
MHB einen praktisch ungebrochenen                                         Deutschschweiz. Die Bestände schwanken erheblich und variieren
Rückgang aus. Besonders trist ist die                                     regional, halten sich aber insgesamt gut.

                                                                                                                                                                                                                        15
BRUTVÖGEL

Brutvögel der Schweiz
Bestandsentwicklung von 176 regelmässigen Brutvogelarten1 der Schweiz im vollständigen Untersuchungszeitraum (1990–
2021) und in den letzten zehn Jahren (2012–2021). Ein Trend +++ bzw. – – – bedeutet eine Veränderung um mehr als Faktor
5, ein Trend ++ bzw. – – eine Veränderung zwischen Faktor 2 und 5 und ein Trend + bzw. – eine Veränderung um weniger als
Faktor 2. Das Zeichen • zeigt, dass keine statistisch signifikante Veränderung festgestellt wurde, was bei schwankenden oder
stabilen Beständen sowie bei sehr schwacher Datengrundlage der Fall ist. Die Farben in den letzten beiden Spalten zeigen
den Status auf der Roten Liste (RL) der Schweiz: rot = CR – vom Aussterben bedroht (Critically Endangered), hellrot = EN –
stark gefährdet (Endangered), gelb = VU – verletzlich (Vulnerable), hellgrün = NT – potenziell gefährdet (Near Threatened),
grün = LC – nicht gefährdet (Least Concern).

 Art                      Trend     Trend      RL      RL       Art                       Trend     Trend      RL     RL
                        1990–2021 2012–2021   2010    2021                              1990–2021 2012–2021   2010   2021

 Wachtel                     •         •       LC     VU        Mittelmeermöwe             +++         •       LC     LC
 Steinhuhn                   •        ++       NT     VU        Flussseeschwalbe            ++        +        NT     NT
 Rebhuhn                    –––       –––      CR      CR       Schleiereule                 –        +        NT     NT
 Haselhuhn                   •         •       NT      NT       Sperlingskauz               •          •       LC     LC
 Alpenschneehuhn4            –         •       NT      NT       Steinkauz                   ++        +        EN     EN
 Auerhuhn                    –         •       EN      EN       Raufusskauz                  –         •       LC     NT
 Birkhuhn                    +         •       NT      NT       Zwergohreule                ++        ++       EN     EN
 Eiderente                   •         •       VU      EN       Waldohreule³                •          •       NT     LC
 Gänsesäger                 ++         +       VU      NT       Waldkauz²                             +        LC     LC
 Kolbenente                +++         •       NT      NT       Uhu                         •         +        EN     VU
 Tafelente                   •         •       EN      EN       Wespenbussard               +          •       NT     NT
 Reiherente                  +         •       VU     VU        Bartgeier                  +++        ++       CR     CR
 Schnatterente              ++         •       EN     VU        Steinadler                  +         +        VU     NT
 Stockente                   +         •       LC      LC       Sperber                     •          •       LC     LC
 Zwergtaucher                •         •       VU      NT       Habicht                     +          •       LC     NT
 Haubentaucher               –         –       LC      NT       Rotmilan                   +++        +        LC     LC
 Schwarzhalstaucher          •         •       VU     VU        Schwarzmilan²                          •       LC     LC
 Hohltaube                  ++        ++       LC      LC       Mäusebussard                +          •       LC     LC
 Ringeltaube                ++         +       LC      LC       Wiedehopf                   +          •       VU     VU
 Turteltaube                ––         –       NT      EN       Bienenfresser              +++       +++       EN     VU
 Türkentaube                 +         +       LC      LC       Eisvogel                    +          •       VU     VU
 Ziegenmelker                –         •       EN      EN       Wendehals                   •         +        NT     NT
 Alpensegler                ++         +       NT      NT       Grauspecht                  ––         –       VU     EN
 Fahlsegler                 ++         •       VU     VU        Grünspecht³                 +         +        LC     LC
 Mauersegler²                          •       NT      NT       Schwarzspecht               ++        +        LC     LC
 Kuckuck                     +         +       NT      NT       Dreizehenspecht             •         +        LC     LC
 Wasserralle                 •         +       LC      LC       Mittelspecht                ++        +        NT     NT
 Wachtelkönig                •         •       CR      CR       Kleinspecht                 +         +        LC     LC
 Tüpfelsumpfhuhn            ++         •       VU     VU        Buntspecht                  ++         •       LC     LC
 Kleines Sumpfhuhn         +++         •       VU     VU        Turmfalke                   ++        +        NT     NT
 Teichhuhn                   +         +       LC      LC       Baumfalke                   +         +        NT     NT
 Blässhuhn                   +         •       LC      LC       Wanderfalke                 +          –       NT     VU
 Weissstorch                ++        ++       VU      NT       Pirol                       +         +        LC     LC
 Zwergdommel                 +         •       EN      EN       Neuntöter                    –        +        LC     NT
 Graureiher                  +         +       LC      LC       Rotkopfwürger               –––        •       CR     CR
 Purpurreiher              +++         •       CR      CR       Alpenkrähe                  ++        +        EN     EN
 Kormoran                  +++        ++       LC      LC       Alpendohle²                            •       LC     LC
 Flussregenpfeifer           •         •       EN      EN       Eichelhäher                 +          •       LC     LC
 Kiebitz                     •         +       CR      EN       Elster                      ++        +        LC     LC
 Grosser Brachvogel         –––        •       CR      CR       Tannenhäher                 •          •       LC     LC
 Waldschnepfe                –         •       VU     VU        Dohle                       +          •       VU     NT
 Bekassine                  –––        •       CR      CR       Saatkrähe                  +++        ++       LC     LC
 Flussuferläufer             •         +       EN      EN       Kolkrabe                    +          •       LC     LC
 Lachmöwe                   ––         –       EN      EN       Rabenkrähe                  ++         •       LC     LC
 Schwarzkopfmöwe             •         •       VU     VU        Tannenmeise²                           •       LC     LC
 Sturmmöwe                   •         •       EN     VU        Haubenmeise                 +          •       LC     LC

 16
BRUTVÖGEL

    Art                            Trend     Trend            RL        RL           Art                       Trend     Trend              RL        RL
                                 1990–2021 2012–2021         2010      2021                                  1990–2021 2012–2021           2010      2021

    Sumpfmeise                        +             •          LC        LC          Blaukehlchen                 ++             •          VU         VU
    Mönchsmeise²                                   +           LC        LC          Nachtigall                    +             •          NT         LC
    Blaumeise                        ++             •          LC        LC          Trauerschnäpper²                            •          LC         LC
    Kohlmeise                         +             •          LC        LC          Hausrotschwanz                +             +          LC         LC
    Heidelerche                       +            ++         VU        VU           Gartenrotschwanz              •             •          NT         NT
    Feldlerche                        –             •         NT        VU           Steinrötel                    –             •          LC         LC
    Bartmeise                         +             •         VU        VU           Blaumerle                     •             •          EN         EN
    Orpheusspötter                    +            +          NT         NT          Braunkehlchen                 –             +          VU         VU
    Gelbspötter                      –––            •         VU         EN          Schwarzkehlchen              ++             +          NT         NT
    Sumpfrohrsänger                   •             •          LC        LC          Steinschmätzer                +             +          LC         LC
    Teichrohrsänger                   •            +           LC        LC          Wintergoldhähnchen            +             •          LC         LC
    Drosselrohrsänger                ++            +          NT         NT          Sommergoldhähnchen            •             •          LC         LC
    Rohrschwirl                       +            +          NT         NT          Alpenbraunelle                –             •          LC         LC
    Feldschwirl                       +             •         NT         NT          Heckenbraunelle               +             •          LC         LC
    Mehlschwalbe                      –             •         NT         NT          Haussperling                  +             +          LC         LC
    Rauchschwalbe                     •            +           LC        NT          Feldsperling                  +             •          LC         LC
    Felsenschwalbe                   ++            +           LC        LC          Schneesperling                –             •          LC         NT
    Uferschwalbe                      –            ++         VU         EN          Baumpieper                    –             •          LC         NT
    Berglaubsänger                   ++            +           LC        LC          Wiesenpieper                 ––             •          VU         VU
    Waldlaubsänger                    ––           ––         VU        VU           Bergpieper                    +             +          LC         LC
    Fitis                             ––            –         VU        VU           Brachpieper                   •             •          EN         EN
    Zilpzalp                          +            +           LC        LC          Schafstelze                   •             •          NT         VU
    Schwanzmeise                      +             •          LC        LC          Gebirgsstelze                 •             •          LC         LC
    Mönchsgrasmücke                   +            +           LC        LC          Bachstelze                    –             •          LC         LC
    Gartengrasmücke                   –             –         NT        VU           Buchfink                      +             •          LC         LC
    Sperbergrasmücke                 –––          –––         VU        VU           Kernbeisser                   +             •          LC         LC
    Klappergrasmücke                  +            +           LC        LC          Karmingimpel                  +             •          VU         EN
    Dorngrasmücke                     +            +          NT         NT          Gimpel                        –             •          LC         LC
    Gartenbaumläufer                  +            +           LC        LC          Grünfink                      –             –          LC         NT
    Waldbaumläufer                   ++             •          LC        LC          Bluthänfling                  +             +          NT         LC
    Kleiber                           –             –          LC        LC          Birkenzeisig                  •            ––          LC         LC
    Mauerläufer                       •             •          LC        LC          Fichtenkreuzschnabel²                       •          LC         LC
    Zaunkönig                         +             •          LC        LC          Stieglitz                     •             +          LC         LC
    Wasseramsel                       +             •          LC        LC          Zitronenzeisig                –             •          LC         NT
    Star                              +            +           LC        LC          Girlitz                       •             +          LC         LC
    Misteldrossel                     +            +           LC        LC          Erlenzeisig²                                •          LC         LC
    Singdrossel                       +             •          LC        LC          Grauammer                    ––            ––          VU         CR
    Amsel                             +             •          LC        LC          Zippammer                     +             •          LC         LC
    Wacholderdrossel                  ––            –         VU         LC          Ortolan                      –––           –––         CR         CR
    Ringdrossel                       –             •         VU         NT          Zaunammer                     +            ++          NT         NT
    Grauschnäpper                     –             •          LC        NT          Goldammer                     •             –          LC         LC
    Rotkehlchen                       +            +           LC        LC          Rohrammer                     –             +          VU         NT

1
  Eingeschlossen sind jene Arten, die seit 1990 mindestens einmal zu den regelmässigen Brutvögeln ge-
zählt haben (d.h. sie haben in 9 von 10 aufeinanderfolgenden Jahren gebrütet), und für die wir die nö-           Weitere Informationen
tigen Datengrundlagen haben. Ohne eingeführte Arten (z.B. Höckerschwan, Rostgans, Jagdfasan) sind                www.vogelwarte.ch/zustand/brut
dies 179 Arten. Für Weissrückenspecht, Halsbandschnäpper und Italiensperling kann wegen fehlender
Daten keine Einschätzung vorgenommen werden.
2
  Untersuchungszeitraum 1999–2021                                                                            Literaturhinweise
3
  Untersuchungszeitraum 1996–2021
                                                                                                             Müller, C. (2022): Seltene und bemerkens-
4
  Untersuchungszeitraum 1995–2021
                                                                                                             werte Brutvögel 2021 in der Schweiz.
                                                                                                             Ornithol. Beob. 118 (im Druck).
                                                                                                             Knaus, P., S. Antoniazza, V. Keller, T. Sattler,
Unregelmässig und ausnahmsweise brütende Arten                                                               H. Schmid & N. Strebel (2021): Rote Liste der
                                                                                                             Brutvögel. Gefährdete Arten der Schweiz.
Seit 2000 haben weitere 26 Arten unregelmässig oder nur ausnahmsweise in
                                                                                                             Umwelt-Vollzug Nr. 2124. Bundesamt für
der Schweiz gebrütet. Deren Brutvorkommen werden möglichst lückenlos do-                                     Umwelt (BAFU), Bern, und Schweizerische
kumentiert (Tabelle im Internet unter «Weiterführende Analysen» verfügbar).                                  Vogelwarte, Sempach.

                                                                                                                                                         17
METHODISCHES

Abnehmende akustische Vielfalt
Eines der Hauptmerkmale der Vögel ist                                                0,2                                                                         0,2
ihr vielfältiger Gesang. Wenn viele Ge-

                                                  Index für akustische Diversität

                                                                                                                              Index für akustische Diversität
sänge zusammen ertönen, kreieren sie
                                                                                     0,1                                                                         0,1
eine eigene Klangwelt («Soundscape»).
Mit sich verändernden Vogelpopula­
tionen über die Zeit wandeln sich auch                                                0                                                                            0
die Klangwelten. Doch wie misst man
Gesangskulissen, sind allgemeine Trends
                                                                                    –0,1                                                                        –0,1
über die Zeit und einen grösseren Raum
erkennbar? Eine internationale Studie
unter Mitwirkung der Vogelwarte hat                                                 –0,2                                                                        –0,2
diese Fragen untersucht.                                                                   1996   2001   2006   2011   2016                                            1998   2003     2008      2013     2018

                                                      Entwicklung der rekonstruierten Gesangskulisse in Nordamerika (links) und Europa (rechts)
Rekonstruierte Gesangskulissen                        über den betrachteten Zeitraum von 20 Jahren.
Die Studie basiert auf Daten aus lang-
fristigen Monitoringprojekten aus
Europa und Nordamerika, die von                In Europa verringerte sie sich vor allem                                       Wohlbefinden von Menschen haben.
Freiwilligen erhoben werden. Aus               im Westen und Nordwesten, während                                              Das Schreckensszenario von Rachel
der Schweiz wurden die Ergebnisse              sie im Süden und Nordosten des                                                 Carsons Buch von 1962 eines gänzlich
des Monitorings Häufiger Brutvögel             Kontinents teilweise auch anstieg.                                             «Stummen Frühlings» wird in abseh-
(MHB) verwendet. In Kombination                                                                                               barer Zeit zum Glück nicht eintreffen.
mit Gesangsaufnahmen von der Platt-            Vogelgesang für bessere Erholung                                               Die abnehmende akustische Vielfalt hat
form xeno-canto.org wurden für jeden           Die Veränderungen der Vogelgemein-                                             aber schon jetzt subtile Auswirkungen
Monitoringstandort Gesangskulissen bis         schaften der letzten Jahrzehnte führen                                         auf die Erlebniswelt der Menschen.
zurück in die 1990er-Jahre rekonstruiert.      also auch zu verarmenden Gesangs-
Auf diese Weise entstanden Gesangs-            kulissen. Zu den Arten, die in der
kulissen für mehr als 200 000 Orte in          Schweiz seit den 1990er-Jahren zurück-                                                                               Weitere Informationen
Europa und Nordamerika, die dann               gegangen sind, gehören Feldlerche,                                                                                   www.vogelwarte.ch/zustand/brut
bezüglich akustischer Vielfalt analysiert      Braunkehlchen und Baumpieper.
wurden. Dabei wurden nicht nur die                Vielfältiger Vogelgesang ist nicht
vorkommenden Arten, sondern auch               nur ein Erlebnis für Beobachterinnen
ihre Häufigkeit und Gesangsfreudigkeit         und Beobachter. Er führt für die Be-
berücksichtigt.                                völkerung auch zu einer besseren Er-                                                                             Literaturhinweis
                                                                                                                                                                Morrison, C. A. et al. (2021): Bird population
    Demnach ging die akustische Viel-          holung im Freien. Der schleichende Ver-
                                                                                                                                                                declines and species turnover are changing
falt der Vogelstimmen in Europa seit           lust der akustischen Vielfalt kann somit                                                                         the acoustic properties of spring soundscapes.
1996 stärker zurück als in Nordamerika.        Auswirkungen auf das psychische                                                                                  Nature Communications 12: 6217.

Wandel in der Landschaft führen zu anderen Vogelgemeinschaften, was auch die Klangwelten im Frühling verändert. Bereits nach 15 Jahren
(2005 links, 2020 rechts) sind in diesem Ausschnitt etliche Veränderungen wahrnehmbar.

 18
Die Feldlerche mit ihrem charakteristischen
Singflug ist leider vielerorts verschwunden
oder selten geworden. Dies führt zu einem
grossen Verlust für die entsprechende
Gesangskulisse.
Zwischen den über Seen und Flüssen fliegenden Schwalben ist die Rötelschwalbe an ihrem rostroten Bürzel einfach zu erkennen.

Wetterkapriolen beim Heimzug
Praktisch in jedem Frühjahr gibt es            Nordbalkan weiter nach Norden vor. Seit                    selten. Dass sich im Mai 2021 zwei
Schlechtwettertage, die Durchzügler in         2000 wird sie fast jedes Frühjahr auch                     Rötelschwalben im Neeracherried ZH
grosser Zahl zur Rast zwingen. 2021 war        in der Schweiz gesichtet, wobei trotz                      über sechs aufeinanderfolgende Tage
das ganz ausgeprägt der Fall, denn der         periodisch grosser Schwankungen ein all-                   hinweg feststellen liessen, ist deshalb
April war der kühlste der letzten 20 Jahre     gemeiner Aufwärtstrend zu verzeichnen                      sehr ungewöhnlich.
und der Mai sogar der kälteste und             ist. Im Frühling 2021 wurde der bisher
nasseste seit Messbeginn 1864. Unter           stärkste Einflug registriert: Zwischen                     Weitere Rekorde
den Schwalben, die sich unter diesen           dem 11. April und dem 5. Juni wurden                       Auch bei anderen Zugvogelarten er-
Umständen in grosser Zahl über Seen            Rötelschwalben aus mehr als 30 Kilo-                       reichten die Zahlen auf dem Früh-
und Flüssen versammeln, sind ab und            meterquadraten gemeldet; das Mittel der                    jahrszug Werte, die seit 1990 nicht
zu auch einzelne Rötelschwalben zu ent-        letzten fünf Jahre liegt bei 16 Quadraten.                 mehr registriert worden sind. So lag
decken. Diese Art hat ab den 1960er-           Abgesehen von den Tallagen im Wallis                       der Auftretensindex der Schwarzkopf-
Jahren Frankreich und Italien besiedelt        und Tessin, wo die Vögel oft mehrere                       möwe 2,5-mal so hoch wie der Durch-
und dringt seither auf der Iberischen          Tage lang verweilen, sind Beobachtungen                    schnitt der letzten zehn Jahre. Im Fanel
Halbinsel, in Südfrankreich und im             vom selben Ort über mehr als zwei Tage                     BE und in Prévérenges VD wurden

                                                                                              März    April            Mai               Juni      Juli

                                                                                                                                     2021
                                                                                                                                     Ø 2011–2020
                                                                                         8
                                                                       Auftretensindex

                                                                                         6

                                                                              %          4

                                                                                         2

                                                                                         0
                                                                                             15      20         25              30          35            40
                                                                                                                     Pentaden
Rötelschwalben werden bei uns am ehesten an Seen und Flüssen ent-         Zwar konzentrierten sich die Rötelschwalbenbeobachtungen auch
deckt, wie die Karte mit den Beobachtungsorten von 2021 (rot) und         2021 auf die Monate April und Mai, der Auftretensindex lag in diesem
aus den Jahren zuvor (gelb) zeigt.                                        Jahr (rot) aber viel höher als im Mittel der Jahre 2011–2020 (blau).

 20
DURCHZÜGLER

                               März          April              Mai
                  80
                             2021
                             Ø 2011–2020
                  60
Auftretensindex

                  40

                  20

                   0
                        10      15          20            25          30        35        40

                                                     Pentaden
   In der Schweiz werden Rotkehlpieper hauptsächlich auf dem Früh-                             Rotkehlpieper werden vor allem im Mittelland beobachtet. Die Karte
   jahrszug festgestellt, der um den Monatswechsel April/Mai kulminiert.                       zeigt den Höchstwert der Vögel pro Kilometerquadrat im Frühling
   Der Auftretensindex 2021 (rot) ist viel höher als der Mittelwert der                        2021 zwischen dem 11. April und dem 17. Mai: gelb = 1–3 Ind.,
   letzten zehn Jahre (blau).                                                                  orange = 4–10 Ind., rot = 11–14 Ind.; weiss sind Orte mit Frühjahrs-
                                                                                               beobachtungen aus früheren Jahren dargestellt.

 Schwarzkopfmöwen im April und Mai                                     2011–2020. Der erste Schweizer Nach-             Während von 2001 bis 2020 aus dieser
 praktisch täglich beobachtet, maximal                                 weis des Rotkehlpiepers stammt aus dem           Periode durchschnittlich nur 7 Arten vom
 waren es 18 bzw. 17 Vögel. Der Höchst-                                Jahr 1951; seit Mitte der 1960er-Jahre           Sempachersee gemeldet wurden, waren
 wert des Frühjahrs wurde mit 33 Vögeln                                wird er bei uns im Frühling und Herbst           es 2021 nicht weniger als 19! Noch ein-
 am 26. April bei Yverdon VD erreicht. Im                              regelmässig beobachtet.                          drücklicher war die Summe der Tages-
 Herbst kommen so grosse Trupps recht                                                                                   maxima der Limikolen zwischen Juli und
 regelmässig vor, im Frühling sind sie da-                             Denkwürdige Überschwemmungen                     September: 2021 lag dieser Wert bei
 gegen viel seltener: Vor 2021 waren nur                               Als Folge der Hochwasser des Sommers             3829, im Mittel der Jahre 2001–2020
 vier Meldungen von Frühjahrstrupps mit                                2021 wurden manche überflutete                   jedoch nur bei 61. Auch wenn es sich
 mehr als 15 Individuen bekannt.                                       Uferbereiche für gewisse Durchzügler             um eine aussergewöhnliche und gebiets-
    Auch beim Rotkehlpieper war der                                    wie Watvögel zu willkommenen Rast-               weise dramatische Wettersituation ge-
 Frühjahrszug 2021 der stärkste seit                                   habitaten. Das geschah etwa am                   handelt hat, zeigt dieses Beispiel, dass als
 1990; die Zahl der Beobachtungsorte lag                               Sempachersee LU, wo sich zwischen                Rastplatz geeignete Lebensräume, selbst
 doppelt, der Auftretensindex sogar vier-                              Juli und September Limikolen in un-              wenn sie nur kurze Zeit bestehen, von
 mal so hoch wie der Mittelwert der Jahre                              gewohnt grosser Zahl versammelten.               Zugvögeln sofort genutzt werden.

                              März         April          Mai

                             2021
                  60         Ø 2011–2020
Auftretensindex

                  50

                  40

                  30

                  20

                  10

                  0
                       10      15      20            25          30        35        40
                                                     Pentaden
   Gemäss dem Auftretensindex war der Heimzug der Schwarzkopf-                                 Limikolen wie Sandregenpfeifer, Alpen- und Zwergstrandläufer sowie
   möwe 2021 (rot) im Vergleich zum Mittel der Jahre 2011–2020 (blau)                          Krick-, Knäk- und anderen Schwimmenten fanden am Sempachersee
   vor allem Anfang Mai besonders stark.                                                       im Herbst 2021 optimale Rastmöglichkeiten.

                                                                                                                                                                 21
DURCHZÜGLER

     Je nach den Wetterbedingungen im Winter schwanken die Bestände des Eisvogels von Jahr zu Jahr. Verluste werden aber normalerweise in
     wenigen Jahren wettgemacht.

    Alle Meldungen sind wichtig
     Die Erfassung ornithologischer Daten                                         akustisch wahrgenommenen, sondern            und ermöglichen Vergleiche zwischen
     auf vollständigen Beobachtungslisten                                         auch zu den nicht entdeckten Arten.          unterschiedlichen Jahren oder mit lang-
     hat viele Vorteile. Konkret geht man                                         Ein weiterer Vorteil ist, dass sich die      jährigen Mittelwerten.
     dabei so vor, dass man auf einer Ex-                                         steigende Zahl von Beobachterinnen
     kursion alle festgestellten Arten notiert,                                   und Beobachtern nicht auf diese              Das Juwel unserer Gewässer
     selbst häufige Arten wie die Raben-                                          Zahlen auswirkt. Vollständige Listen         Nutzt man vollständige Beobachtungs-
     krähe. Dadurch erlauben diese Listen                                         illustrieren deshalb die jahreszeitliche     listen zur Beschreibung der Phänologie
     nicht nur Aussagen zu den optisch oder                                       Präsenz der Vögel auf realistische Weise     des Eisvogels, zeigt sich ab Juli eine
                                    45                                                                                         steigende Häufigkeit dieser Art. Zu-
                                                                                                                               erst sind dies Jungvögel, welche die
                                    40      2021
Anteil auf Beobachtungslisten (%)

                                                                                                                               elterlichen Reviere verlassen, später
                                    35      Ø 2011–2020
                                                                                                                               folgen Durchzügler, deren Häufig-
                                    30                                                                                         keit im September kulminiert. Ein
                                    25                                                                                         zweiter Höhepunkt im November
                                    20
                                                                                                                               markiert möglicherweise die Ankunft
             %                                                                                                                 der Wintergäste. Anschliessend sinkt
                                    15
                                                                                                                               die Frequenz langsam, was auf die
                                    10                                                                                         steigende Wintersterblichkeit und ab
                                     5                                                                                         Februar auf die Abwanderung in die
                                     0                                                                                         Brutgebiete hinweisen könnte. Ver-
                                         Jan.   Feb.   März   Apr.   Mai   Juni     Juli   Aug.   Sept.   Okt.   Nov.   Dez.   gleicht man die Grafik von 2021 mit
    Phänologie des Eisvogels aufgrund von Daten aus vollständigen Beobachtungslisten. Die                                      dem zehnjährigen Mittelwert, fällt im
    Werte geben den Prozentanteil der vollständigen Beobachtungslisten an, auf denen die Art                                   Februar 2021 eine geringe Häufig-
    notiert worden ist.                                                                                                        keit auf, was möglicherweise mit dem

                   22
DURCHZÜGLER

                         60                                                                                                                           30
                                                                                         2021                                                                                                                   2021
                                                                                         langjähriges Mittel                                                                                                    langjähriges Mittel
                         50                                                                                                                           25

                                                                                                                             Präsenz auf Listen (%)
Präsenz auf Listen (%)

                         40                                                                                                                           20

                         30                                                                                                                           15

                         20                                                                                                                           10

                         10                                                                                                                            5

                          0                                                                                                                            0
                                  J       F        M       A       M    J        J   A       S       O      N       D                                          J     F    M   A    M       J        J       A       S     O        N   D

  Aufgrund der auf ornitho.ch erfassten vollständigen Beobachtungslisten zeigen diese Grafiken den Prozentanteil der Listen, auf denen Sing-
  drossel (links) bzw. Neuntöter (rechts) im Jahresverlauf notiert worden sind.

  kurzen, kräftigen Wintereinbruch in                                                     die vielleicht mit dem ungewöhnlich                                                 der Rohrweihe ist diese Tendenz noch
  jener sonst sehr milden Periode zu-                                                     milden Februar zusammenhängt. Die                                                   deutlicher; insbesondere wird sie seit
  sammenhängt. Auch im Zeitraum                                                           ersten Neuntöter sind Ende April 2021                                               2012 im Spätherbst und im Frühwinter
  August bis Dezember ist das Auftreten                                                   mit leichter Verspätung zurückgekehrt.                                              bei uns viel häufiger registriert, und
  unterdurchschnittlich, eventuell als                                                    Im Mai wurde diese Art dagegen weit                                                 Winterbeobachtungen gelingen seit
  Folge des schlechten Bruterfolgs im                                                     überdurchschnittlich nachgewiesen:                                                  2015 fast alljährlich. Auch beim Stieglitz
  wettermässig schwierigen Frühling und                                                   Sie figurierte in diesem Zeitraum auf                                               steigt die winterliche Beobachtungs-
  Sommer 2021.                                                                            fast jeder vierten Beobachtungsliste,                                               frequenz im Verlauf der Jahre an.
                                                                                          während sie sonst im Schnitt nur auf                                                   Dank dieser in Echtzeit aktualisierten
 Ein Schatz an Informationen                                                              jeder fünften erscheint. Grund für                                                  Grafiken kann man sich über viele
 Seit kurzem sind auf ornitho.ch ver-                                                     diese Häufigkeit war vermutlich ein                                                 Aspekte des Lebens der Vögel in der
 schiedene Karten und Grafiken zu den                                                     schlechtwetterbedingter Zugstau.                                                    Schweiz informieren, z.B. anhand des
 Arten der Schweiz einsehbar. Dazu                                                           Ein weiterer Abbildungstyp er-                                                   Verlaufs der aktuellen Rückkehr der
 gehören Diagramme zum räumlichen                                                         laubt es, die Häufigkeiten nicht nur                                                Zugvögel im Vergleich zu langjährigen
 und zeitlichen Auftreten, zur Trupp-                                                     von Woche zu Woche, sondern auch                                                    Mittelwerten.
 grösse und zur Höhenverbreitung.                                                         von Jahr zu Jahr zu vergleichen. Ge-
 Diese Illustrationen basieren auf den                                                    mäss diesen Diagrammen erscheinen
 vollständigen Beobachtungslisten. Bei                                                    Rauchschwalben im Frühjahr neuer-                                                             Weitere Informationen
 der Singdrossel ist zu Beginn des Jahres                                                 dings etwas früher, wohingegen sie                                                            www.vogelwarte.ch/zustand/zug
 2021 eine frühe Rückkehr zu erkennen,                                                    im Herbst eher später wegziehen. Bei

                                                   Rauchschwalbe                                                        Rohrweihe                                                                       Stieglitz

                              J   F M A M              J       J   A    S   O N D                J   F M A M             J                J           A    S       O N D       J   F M A M              J       J   A    S    O N D
   2020
   2018
   2016
   2014
   2012
   2010
   2008

                                  4           32       44          51       59       67              1          2        4                            8        13        20        12          20       29          37        43       52
                                      Anteil auf Beobachtungslisten (%)                                  Anteil auf Beobachtungslisten (%)                                          Anteil auf Beobachtungslisten (%)

  Bei diesem Diagrammtyp ist die relative Artfrequenz, also der Prozentanteil der vollständigen Beobachtungslisten, auf der die betreffende Art vor-
  kommt, mit einem grünen Rechteck dargestellt; die Dunkelheit der Farbe nimmt mit steigender Frequenz zu. Jedes Rechteck zeigt die berechnete
  Frequenz für eine Woche. Wochen ohne Meldungen der Art auf den vollständigen Beobachtungslisten sind grau dargestellt.

                                                                                                                                                                                                                                       23
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