Sicherheitspolitische Information - Der F-35A für die Schweiz - die relevanten Fakten im richtigen Kontext - Swiss-F35.ch
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Mühlebachstrasse 25, 8008 Zürich Februar 2022 Der F-35A für die Schweiz – die relevanten Fakten im richtigen Kontext Sicherheitspolitische Information Herausgeber: Verein Sicherheitspolitik und Wehrwissenschaft (VSWW) Mühlebachstr. 25, 8008 Zürich (Postkonto 80-500-4) Präsident: Dr. Günter Heuberger, Oberst i Gst Redaktion: Markus Gygax, Korpskommandant a.D. (ehemaliger Kdt Luftwaffe); Eric Steinhauser, Oberst i Gst; Dr. Ralph Wyss, Oberst
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 Inhalt Vorwort3 Filterblase 1: Die Schweiz ist eine «Insel der Sicherheit» 5 Filterblase 2: Der F-35A sendet Daten an die USA 6 Filterblase 3: Sogar ein General der US-Luftwaffe stellt den F-35 in Frage 7 Filterblase 4: Der Luftpolizeidienst kann auch mit billigeren Jets betrieben werden 8 Filterblase 5: Der Kampf der Zukunft findet nicht mit Kampfjets statt 9 Filterblase 6: Die Bewertungsmethodik der armasuisse ist nicht öffentlich zugänglich 10 Filterblase 7: Der F-35 stürzt die Schweiz in eine Kostenfalle 11 Filterblase 8: Der Hersteller der F-35 garantiert keine Kompensationsgeschäfte 13 Filterblase 9: Der F-35 hat über 800 bekannte Mängel 14 Filterblase 10: Der F-35 ist klimafeindlich und laut 14 Filterblase 11: Ein Tarnkappenbomber ist ungeeignet für den Alpenraum 15 Filterblase 12: Die Erdkampffähigkeit wird durch die Hintertür eingeführt 17 Schlussgedanken 19 2
Vorwort qualifiziert und 2020 wurde der angebliche «Milli- arden-Blankocheck für Luxus-Kampfjets» den Sehr geehrte Damen und Herren unbestrittenen und völlig unabhängig finanzierten Bedürfnissen des Gesundheitswesens und des Vor rund 60 Jahren kam es in der Beschaffung Klimawandels gegenübergestellt. Das Volk hat be- neuer Kampfflugzeuge aufgrund massiver Kosten- kanntlich den Kredit trotzdem genehmigt. überschreitungen zu einem Skandal, der unter Bundesrätin Viola Amherd, Chefin VBS, hat poli- dem Namen «Mirage-Affäre» auch zu einer politi- tisch geschickt und mit hoher Transparenz auf die- schen Affäre in der Schweiz heranwuchs. Eine aus se Herausforderungen reagiert. VBS-unabhängige lediglich drei Personen bestehende Arbeitsgruppe Experten haben verschiedene Szenarien überprüft. wurde damals mit dem Evaluationsverfahren be- Klare Evaluationsprozesse wurden definiert und auftragt. Schweizerische Anpassungswünsche veröffentlicht. Die armasuisse konnte ohne äusse- («Swiss Finish») und absichtlich zu tief angesetzte ren Druck mit Ruhe und Sorgfalt den richtigen Kreditanträge führten schliesslich dazu, dass von Typen evaluieren. Mit ihrem Beschaffungsprozess geplanten 100 Flugzeugen nur 57 beschafft wer- für das neue Kampfflugzeug wurde die armasuisse den konnten, und auch diese nur mit Nachtrags- sogar zur Finalistin eines internationalen Projekt- krediten in der Höhe von rund 50% des ursprüng- management-Wettbewerbs erkoren. Auf Basis die- lich beantragten Kreditvolumens. Die politischen ser ausgezeichneten Grundlagen hat der Bundes- Folgen waren erheblich. Der verantwortliche Bun- rat sich schliesslich für den F-35A entschieden. desrat sowie der Generalstabschef mussten zu- Erneut akzeptieren die Armeegegner diesen Ent- rücktreten und der Fliegerchef wurde entlassen. scheid jedoch nicht. Mit einer Verfassungsinitiative Die Beschaffung wurde aus der Verteidigung in die soll dem Bundesrat untersagt werden, den F-35A heutige armasuisse ausgegliedert und die Prozes- zu kaufen. Gleichzeitig soll auch der vom Volk erst se wurden grundlegend angepasst. Zum ersten kürzlich genehmigte Kredit wieder gestrichen und Mal in der Geschichte der Schweiz wurde darauf- damit der Kauf eines neuen Kampfflugzeugs bis hin eine parlamentarische Untersuchungskommis- ins Jahr 2040(!) verunmöglicht werden. Die vorder- sion eingesetzt. Die Massnahmen zeigten Wirkung. gründige Besorgnis selbsternannter Rüstungsex- Sowohl die Einführung der 110 Tiger F5 E/F (USA) perten bezüglich einer angeblich falschen Typen- als auch die der 34 F/A-18 C/D (USA) wurden in- wahl und amerikanischer Einflussnahme wird damit nerhalb des geplanten Budgetrahmens getätigt als pure Scheinheiligkeit entlarvt. Die Initianten oder – im Fall des F/A-18 – sogar um CHF 400 Mio. sorgen sich nicht um die Wahl des richtigen unterschritten. Dennoch ist sowohl in Teilen der Kampfflugzeugs. Vielmehr wollen sie überhaupt Politik als auch der Bevölkerung weiterhin ein ge- kein Kampfflugzeug beschaffen und so ihrem ei- wisses Misstrauen gegenüber Kampfflugzeugbe- gentlichen Ziel, der Abschaffung der Armee, einen schaffungen spürbar. Die Mirage-Affäre wirkt an- grossen Schritt näherkommen. scheinend bis heute nach. Sämtliche Nachbarstaaten haben in den letzten Gewisse politische Kräfte, die sich grundsätzlich Jahren ihr Militärbudget erhöht, weil erkannt gegen jegliche Rüstungsvorhaben einsetzen und wurde, dass 1–2% des BIP (Bruttoinlandprodukt) dabei nach wie vor unsere Armee abschaffen nicht für eine ausreichend starke Erneuerung der möchten, bewirtschaften dieses Misstrauen syste- Armee ausreichen. Und die Schweiz? Auch mit matisch. Die Wahl der Begründung wirkt dabei den Kosten des neuen Kampfflugzeugkaufes wer- jeweils recht opportunistisch. Im Jahr 1993 ging den gerade einmal 0.7% des BIP für die Armee es angeblich um «AHV statt F/A 18», 2014 wurde aufgewendet. Und dies in einem Land, das sich der Gripen kurzerhand zum «Papier-Flieger» dis- der unbedingten Neutralität verschrieben hat und 3
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 daher in keinem Verteidigungsbündnis Mitglied ist. gefährlicher Bruch mit unserer bewährten Politik Mit der aktuellen Initiative der Armeegegner soll der bewaffneten Neutralität. dieses Budget nun noch weiter reduziert und die Für die Publikationen des VSWW reichen leider Luftwaffe praktisch mittellos werden. die Mitgliederbeiträge nicht vollständig, deswegen Die Initianten gehen in ihrer Argumentation ge- ist der Verein auf externe Beiträge angewiesen – schickt vor. Sie suchen sich punktuelle Fakten, jeder Franken ist wichtig. In diesem Sinne danken welche aus dem Kontext gerissen werden und für wir Ihnen herzlichst für jegliche Unterstützung. sich allein betrachtet den Anschein erwecken, der Bundesrat habe einen Fehlentscheid gefällt. Mit dieser sogenannten «Filterblase» wollen sie die Mit freundlichen Grüssen Bürgerinnen und Bürger verunsichern. Die vorlie- gende Ausgabe der «Sicherheitspolitischen Infor- VEREIN SICHERHEITSPOLITIK mationen» stellt den gefilterten «Fakten» der Initi- UND WEHRWISSENSCHAFT anten die vollständigen Informationen entgegen und bringt die Filterblase damit zum Platzen. Dies soll allen Leserinnen und Lesern die Grundlage für eine solide Argumentationsbasis in der anstehen- Dr. Günter Heuberger, Präsident den politischen Diskussion geben. Seien wir uns bewusst: Es geht um viel mehr als nur um die Frage: F-35A ja oder nein. Unsere Ar- mee braucht eine glaubwürdige, schlagkräftige Luftwaffe. Eine weitere Verzögerung der Erneue- rung unserer Luftwaffe um rund 20 Jahre wäre im Licht der zunehmend aggressiven Weltpolitik ein 4
Filterblase 1: Die Schweiz ist eine «Insel der Sicherheit» Die Schweiz ist umgeben von Ländern, die sowohl wirtschaftlich (EU) als auch militärisch (NATO) eine enge Zusammenarbeit bzw. Verbindungen pflegen. Wieso soll die Schweiz in der Sicherheitspolitik nicht einfach als Trittbrettfahrerin agieren und sich auf den Schutz durch ihre Nachbarn verlassen, wie dies in der Konzeption «Sicherheit und Verteidigung der Schweiz» von Pierre-Alain Fridez (2020) vorgeschlagen wird Die vollständigen Fakten sehen anders aus: zwingend Teil des europäischen Sicherheitsraumes. Es ist aus heutiger Sicht glücklicherweise unwahrschein- Unsere Nachbarn erwarten von uns, dass wir ebenfalls lich, dass die Schweiz auf absehbare Zeit zum Ziel eines unseren Teil zur Sicherheit beitragen, damit nicht mit- militärischen Angriffs wird. Die Ausrüstung und Ausbil- ten in Europa ein Sicherheits-Vakuum entsteht. Es ist dung unserer Armee muss aber auf einen Zeithorizont deshalb unumgänglich, dass die Schweiz zuverlässig von 20–30 Jahren ausgerichtet werden. Niemand kann und wirksam für den Schutz ihres eigenen Hoheitsge- heute sagen, wie es dann in Europa aussieht. Vor 30 bietes und insbesondere auch des Luftraums sorgt. Die Jahren ist die Berliner Mauer gefallen und Europa war Rolle als sicherheitspolitische Trittbrettfahrerin ist keine zuversichtlich, dass nun eine Zeit des grossen Friedens glaubwürdige Option für die neutrale Schweiz. zwischen West und Ost anbrechen werde. Regierungen kümmern sich in der Krise in erster Priori- Wenn wir heute die zunehmenden Spannungen zwi- tät um die Herausforderungen in ihrem eigenen Land, schen den Grossmächten USA, Russland und China wie das Beispiel der unterbrochenen Lieferketten in der betrachten, ist diese Zuversicht einer Ernüchterung ge- COVID-19 Pandemie gezeigt hat. Wenn es in Europa zu wichen. Statt weltweitem Freihandel sprechen wir heute einer militärischen Krisensituation kommt, können wir von der Disruption von Versorgungsketten, vom Balti- nicht auf Nachbarschaftshilfe zählen, sondern sind in kum und der Ukraine als strategischem Vorgelände zwi- erster Linie selbst für unseren Schutz verantwortlich. schen NATO und Russland und fragen uns, ob die Ver- Wenn wir für die nächsten 20 Jahre keine glaubwürdige sorgung mit wichtigen Rohstoffen in den nächsten Luftverteidigung mehr haben, wie das die Initiative vor- Jahren weiterhin gewährleistet bleibt. Aus Sicht des Al- schreibt, dann werden wir zum militärstrategischen penlandes Schweiz stellt sich mit der Klimaerwärmung Freiraum, der in der Krise von beliebigen Akteuren zum ausserdem die Frage, wann die Versorgung Europas Schutz ihres eigenen Raumes besetzt werden kann. mit Süsswasser zum geopolitischen Thema unserer Nachbarstaaten wird. Und des Weiteren kann die Ver- Die Diskussionen innerhalb der NATO über die notwen- schuldung unserer europäischen Nachbarn aus Sicht dige Aufstockung der Verteidigungsbudgets (mindes- der nach wie vor solide finanzierten Schweiz mittel- bis tens 2% des BIP) und die Nadelstiche der EU nach langfristig zu ernsthaften Spannungen führen. Wir wol- dem Abbruch des Rahmenabkommens zeigen so- len nicht schwarzmalen, aber als wirtschaftlich erfolg- dann, dass eine schweizerische Sicherheitslücke im reiches Land mit erheblichen Ressourcen an Süsswas- Vertrauen auf den Schutz durch die Nachbarn kaum ser mitten in Europa, dürfen wir uns auch nicht einem auf Verständnis bei diesen stossen wird und auch wirt- blauäugigen Friedensoptimismus hingeben. schaftliche Konsequenzen für die Schweiz haben kann. Auch eine Bedrohung Europas von aussen betrifft uns. Die Schweiz ist zwar nicht Mitglied der EU und der NATO, aber sie ist aufgrund ihrer geografischen Lage 5
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 Filterblase 2: Der F-35A sendet Daten an die USA Der F-35A wird von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, Vertreterin der Initiative, an der Pressekonferenz zur Lancierung der Initiative (31.8.21) als «Datenstaubsauger» bezeichnet, der umfassende Informationen an den Hersteller liefert. Die US-Geheimdienste würden quasi im Cockpit mitfliegen und die Schweizer Luftwaffe wäre unter Kontrolle der USA. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: verzichten wollen, so kann die Schweiz dies jederzeit Die neutrale Schweiz strebt eine möglichst grosse Un- tun, jedoch mit entsprechenden Leistungseinbussen. abhängigkeit an. Ein vollständig autarker Betrieb und Die Leistungsfähigkeit der Sensoren und der Waffen damit vollständige Unabhängigkeit vom Herstellerun- blieben aber trotzdem erhalten, und die Behauptung, ternehmen und seinem Domizilstaat ist beim Betrieb dass in diesem Fall die «US-Geheimdienste im Cockpit eines Kampfflugzeuges in einer globalisierten Welt aber mitfliegen» würden, ist schlichtweg falsch. tatsächlich nicht möglich. Der Aufbau des ganzen Know-how und die Beschaffung aller Ersatzteile, damit Bei logistischen Parametern hat die Schweiz ein gros- die Schweiz auf Dauer das Flugzeug und seine Bewaff- ses Interesse daran, diese mit dem Hersteller auszu- nung völlig selbständig betreiben könnte, wären viel zu tauschen, um eine möglichst effiziente Logistik zu er- teuer und ineffizient. reichen. So können wir von Erkenntnissen anderer Nutzer profitieren und schlussendlich die Instandhal- Die Schweiz entscheidet jedoch jederzeit völlig auto- tungskosten nicht nur optimieren, sondern auch die nom über den Betrieb und Einsatz des F-35A. Sie ent- Flugzeugverfügbarkeit steigern. scheidet zum Beispiel ob und wann das Flugzeug mit scharfen Waffen beladen wird und wie und wo diese Betrieb und Unterhalt des F-35A inklusive dem Trieb- zum Einsatz kommen. werkunterhalt erfolgen in der Schweiz durch die Luft- waffe und RUAG Schweiz. Es entsteht aber eine Ab- Beim F-35A bestimmt die Schweiz selbst, welche Daten hängigkeit im Bereich Komponenteninstandhaltung. sie über Datenlinkverbindungen mit anderen Luftwaffen Die Schweiz verfügt jedoch über ein Logistikpaket, austauscht oder welche logistischen Daten an den Her- welches im Minimum einen halbjährigen Betrieb bei steller zurückgemeldet werden. Die interoperabilitätsbe- vollständig geschlossenen Grenzen und damit ohne zogenen Fähigkeiten wie IFF (Freund-Feind-Erkennung), den Bezug von Ersatzteilen ermöglicht. Daten-Link, Secure-Voice (verschlüsselter Funk) und mi- litärische Navigation (GPS) werden der Schweiz auf der Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass Basis von verbindlichen Verträgen mit den USA zur Ver- zwar eine gewisse Abhängigkeit von den USA besteht, fügung gestellt. Diese Fähigkeiten ermöglichen den Sys- diese sich aber nur beschränkt auf die Einsatzfähigkeit temen der Luftwaffe eine Leistungssteigerung in den der Schweizer Luftwaffe auswirken würde. Bereichen Navigation, Kommunikation, Identifikation und Lagedarstellung, welche die Schweiz nicht selb- Vergleichbare Verbindungen zu den USA bestehen in ständig auf diesem Niveau erzielen kann. jedem NATO-Mitgliedstaat, oder mit anderen Worten bei jedem anderen Herstellerland, dessen Flugzeug am Sollte die Schweiz in besonderen und ausserordentli- Ende zur Auswahl stand. Aufgrund der geopolitischen chen Situationen (z. B. bei einer Krise oder bei einem Einbettung der Schweiz im Herzen Europas ist dies Verteidigungsfall) auf die Nutzung dieser Fähigkeiten letztlich unvermeidbar und dürfte uns in den meisten 6
Bedrohungsszenarien sogar entgegenkommen. Ob wir dabei gar nichts Neues erfahren würden. Die USA als Her- es im unwahrscheinlichen Fall von kriegerischen Aus- stellerland kennt ja die Einsatzfähigkeiten des F-35 selbst einandersetzungen in Europa tatsächlich bereuen wür- bestens. Strategische Einsatzgrundsätze und -planung den, dass wir Systeme der USA im Einsatz haben, darf der Schweizer Armee, und somit die wichtigen eigenen zu mit Blick auf die europäische Geschichte der letzten 80 schützenden Informationen, werden so oder so nicht über Jahre ebenfalls bezweifelt werden. die Systeme eines Kampfflugzeuges verbreitet. Übrigens ist die These vom «Mitfliegen der US-Geheim- dienste» im Cockpit des F-35 unglaubwürdig, weil diese Filterblase 3: Sogar ein General der US-Luftwaffe stellt den F-35 in Frage Der Generalstabschef der US-Luftwaffe, Gen. Charles Brown, stellt in seiner Analyse (Februar 2021) die Fähig- keiten von Flugzeugen der 5. Generation in Frage und gibt den Flugzeugen der 4. Generation ein höheres Gewicht in der Beschaffung. Die Schweiz braucht also kein solches Flugzeug. Es handelt sich um einen un- nötigen «Ferrari der Lüfte». Die vollständigen Fakten sehen anders aus: Der F-35A ist ein Mehrzweckkampfflugzeug und somit Die Bedeutung von Kampfflugzeugen der 5. Generation für alle Einsatzrollen geeignet. Dies gilt insbesondere für und damit des F-35 ist bei den amerikanischen Streit- den Luftpolizeidienst: Seine Flugleistungen und Flugei- kräften unbestritten. Dies zeigt ein Blick in den öffent- genschaften, zusammen mit dem grossen internen Treib- lich einsehbaren Budgetentwurf des amerikanischen stoffvorrat, ermöglichen den wirkungsvollen Einsatz im Verteidigungsministeriums für das Fiskaljahr 2022. In Luftpolizeidienst in allen Operationen, sei es ab Alarm- den einleitenden Kapiteln wird dargelegt, dass die In- start oder mittels Bereitschaft in der Luft. Zu seiner Wirk- vestitionen des US-Verteidigungsministeriums und der samkeit trägt auch die ausgezeichnete Nachtsichtaus- US Air Force auf Mittel mit zukunftsorientierter Techno- rüstung und Sensorik bei. Der F-35 wird bereits heute logie auszurichten sind, und der F-35 in Zukunft das durch europäische Luftwaffen in der Luftpolizeidienstrol- Rückgrat der amerikanischen Luftstreitkräfte bilden le eingesetzt. Im letzten Jahr wurde durch die italienische wird. Luftwaffe der F-35 in der NATO-Mission Luftraumüber- wachung über Estland eingesetzt. Bereits früher kam der Die USA setzen nicht stärker auf «low end» Technolo- F-35 durch Italien und Norwegen im Luftpolizeidienst gien, sondern sind im Gegenteil bestrebt, ihren weltwei- über Island zum Einsatz. Im April und Mai dieses Jahres ten technologischen Vorsprung zu halten. Die Bedeu- plant die holländische Luftwaffe ebenfalls im NATO-Rah- tung von Kampfflugzeugen der 5. Generation ist nicht men die Entsendung von zwei F-35A nach Bulgarien. nur bei den amerikanischen Streitkräften unbestritten. In Europa haben sich Stand Ende 2021 Belgien, Däne- Die Schweiz beschafft ein neues Kampfflugzeug aber mark, Finnland, Grossbritannien, Italien, Niederlande, nicht nur für den Luftpolizeidienst, sondern um die Be- Norwegen und Polen für die Beschaffung des F-35 ent- völkerung in allen Lagen zu schützen. Der F-35A hat schieden und weltweit sind es insgesamt 14 Länder. auch in der Luftverteidigung grosse Vorteile gegenüber 7
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 Chengdu J-20 oder in Russland mit dem Suchoi SU-57. Auch in Europa wollen Deutschland und Frankreich mit dem Projekt "Future Combat Air System" (FCAS) sowie Grossbritannien mit der "BAE Tempest" mindestens gleichziehen. Italien, Schweden und Spanien arbeiten mit ihren bedeu- tenden Flugzeugindustrien als weitere Partnernationen mit. Darüber hinaus gibt es auf der ganzen Welt weitere entsprechende nationale Vorhaben. Bei der Beschaffung des F-35A kann die Schweiz davon ausgehen, ein Kampfflugzeug zu erwerben, dessen Fähigkeiten für die kommenden Jahr- zehnte hochrelevant sein werden. kleine Schweizer Luftwaffe ein grosser Vorteil ist. Kampf- flugzeuge der fünften Generation werden in den nächs- ten Jahrzehnten bestimmend sein. Die entsprechenden Konzepte wurden auch in anderen Ländern, die eigene Kampfflugzeuge der fünften Generation entwickeln können als hochrelevant erkannt, wie zum Beispiel in China mit dem Chengdu J-20 oder in Russland mit dem Suchoi SU-57. Auch in Europa wollen Deutschland und Frankreich mit dem Projekt «Future Combat Air System» (FCAS) sowie Grossbritannien mit der «BAE Tempest» mindestens gleichziehen. Italien, Schweden und Spani- en arbeiten mit ihren bedeutenden Flugzeugindustrien als weitere Partnernationen mit. Darüber hinaus gibt es F-35A, Copyright «VBS/DDPS» (Bild 1: F-35A, Copyright "VBS/DDPS") auf der ganzen Welt weitere entsprechende nationale Vorhaben. Bei der Beschaffung des F-35A kann die Kampfflugzeugen der 4. Generation. Dazu trägt die tiefe Schweiz davon ausgehen, ein Kampfflugzeug zu erwer- Filterblase 4: Der Luftpolizeidienst kann auch mit billigeren Jets betrieben werden. Erfassbarkeit («stealth») und die damit verbundene Über- ben, dessen Fähigkeiten für die kommenden Jahrzehn- Der Einsatz der Schweizer Kampfjets erfolgt ausschliesslich im Luftpolizeidienst. Dafür brauchen lebensfähigkeit bei, was gerade für die vergleichsweise te hochrelevant sein werden. wir kein High-End-Flugzeug der 5. Generation. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: Entsprechend den Anforderungen des VBS soll die Schweiz ein Kampfflugzeug beschaffen, wel- ches befähigt ist, sowohl den Luftpolizeidienst rund um die Uhr zu leisten als auch im Falle erhöhter Filterblase 4: Der Luftpolizeidienst kann auch mit billigeren Spannungen oder in der Verteidigung, die Wahrung der Lufthoheit und Luftverteidigung sicher zu- stellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Schweiz Opfer eines direkten Angriffs mit militärischen Mitteln wird, ist zwar weiterhin tief. Weil ein solcher Angriff gravierende Folgen hätte, darf er trotz- Jets betrieben werden dem nicht vernachlässigt werden. Der F-35A eignet sich in der Tat sehr gut für den Luftpolizeidienst und den Konferenzschutz: Er kombiniert eine sehr gute Steigleistung und Beschleunigungsfähigkeit mit einem grossen Treibstoff- vorrat. Er ist mit modernsten Sensoren für das Erfassen und Identifizieren von anderen Flugzeugen Der Einsatz der Schweizer Kampfjets erfolgt ausschliesslich im Luftpolizeidienst. Dafür brauchen wir kein www.vsww.ch 7 High-End-Flugzeug der 5. Generation. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: higkeit mit einem grossen Treibstoffvorrat. Er ist mit Entsprechend den Anforderungen des VBS soll die modernsten Sensoren für das Erfassen und Identifizie- Schweiz ein Kampfflugzeug beschaffen, welches befä- ren von anderen Flugzeugen ausgestattet und ver- higt ist, sowohl den Luftpolizeidienst rund um die Uhr schafft unserer Luftwaffe so die Fähigkeit, unerlaubte zu leisten als auch im Falle erhöhter Spannungen oder Flugbewegungen in unserem Luftraum auf sehr grosse in der Verteidigung, die Wahrung der Lufthoheit und Distanz zu erkennen, ohne selbst erkannt zu werden. Luftverteidigung sicher zustellen. Die Wahrscheinlich- Dank seiner hohen Verweildauer in der Luft und den keit, dass die Schweiz Opfer eines direkten Angriffs mit fliegerischen Eigenschaften ist er bestens für eine ra- militärischen Mitteln wird, ist zwar weiterhin tief. Weil sche Intervention in jedem Landesteil geeignet, ohne ein solcher Angriff gravierende Folgen hätte, darf er dass eine Vielzahl von Flugzeugen im Einsatz stehen trotzdem nicht vernachlässigt werden. müssen. Genau diese Fähigkeiten sind im Luftpolizei- dienst entscheiden. Entsprechend wird er bereits heute Der F-35A eignet sich in der Tat sehr gut für den Luft- in anderen europäischen Luftwaffen für den Luftpolizei- polizeidienst und den Konferenzschutz: Er kombiniert dienst eingesetzt, so zum Beispiel in Italien im Luftpoli- eine sehr gute Steigleistung und Beschleunigungsfä- zeidienst über dem Baltikum. 8
Luftpolizeidienst kann in einer Krise sehr schnell zu können nicht mit Leichtflugzeugen oder gar Drohnen ver- Kampfeinsätzen führen. Demonstrative Luftraumverlet- hindert werden. Nur eine glaubwürdige, robuste Luftwaf- zungen, mit welchen in verschiedenen Regionen der Welt fe kann die Lufthoheit der Schweiz nachhaltig sichern. ein Machtanspruch auf ein Territorium erhoben wird, Filterblase 5: Der Kampf der Zukunft findet nicht mit Kampfjets statt Aktuelle Krisenherde zeigen, dass erfolgreiche Kampfführung in der Luft mittels Drohnen und Raketen statt- findet. Selbst der ehemalige Chef der Armee, Korpskommandant a.D. Blattmann verweist darauf, dass Kampf- jets keine Antwort auf Drohnen und Raketen sind. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: einwirken. Mit dem ausgewählten System der boden- Moderne Kampfflugzeuge sind auch in einem zuneh- gestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite (Pat- mend von «hybrider» Konfliktführung geprägten Umfeld riot) können auch ballistische Boden-Boden-Lenkwaffen für Schutz und Sicherheit von Land und Bevölkerung kurzer und in beschränktem Masse mittlerer Reichweite unverzichtbar. Die Entwicklung der Bedrohungslage detektiert und bekämpft werden. zeichnet sich gerade dadurch aus, dass bewaffnete Konflikte verschiedene Formen annehmen können, wo- Das wachsende Risiko durch Drohnenangriffe, insbe- bei die Übergänge fliessend sind. sondere auch durch Kleinstdrohnen und Drohnen- schwärme, muss im Auge behalten werden. Die Armee Die Armee muss deshalb im ganzen Spektrum hybrider verfolgt diese Entwicklungen genauestens und berück- Bedrohungen und auch bei anhaltenden Spannungen sichtigt sie in ihrer fähigkeitsorientierten Streitkräfteent- im Umfeld in der Lage sein, das Land, die Bevölkerung wicklung. Es handelt sich dabei aber um eine weitere und die Infrastrukturen wirksam zu schützen. Dazu ge- Bedrohungsform, welche die Fähigkeiten der Luftwaffe hört insbesondere auch der Schutz vor und die Abwehr ergänzt, nicht ersetzt. Wir können nicht für die nächs- von Bedrohungen aus dem Luftraum – zumal hybride ten 20 Jahre auf eine schlagkräftige Luftverteidigung Konfliktführung in einen bewaffneten Angriff ausmün- verzichten, nur weil in Zukunft auch Drohnen eine zu- den kann. Mittel der klassischen Luftverteidigung spie- nehmende Bedeutung erlangen dürften. len auch in aktuellen Krisenherden und Kriegen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus modernisieren grössere Es wäre aber erfreulich, wenn sich die heutigen Initian- und kleinere Streitkräfte in der ganzen Welt und auch in ten bei zukünftigen Rüstungsvorhaben im Bereich Droh- Europa laufend ihre Luftverteidigungsmittel, wodurch nen noch an ihre eigenen Warnrufe erinnern würden. sich die vorhandenen Potenziale deutlich vergrössern. Der F-35A kann mit seiner umfassenden und modernen Sensorik taktische Drohnen und Marschflugkörper (Cruise-Missiles) – auch in Bergtälern – erkennen und bekämpfen sowie mit Präzisionsmunition auf die Bo- deninfrastruktur von Drohnen oder Kurzstreckenraketen 9
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 Filterblase 6: Die Bewertungsmethodik der armasuisse ist nicht öffentlich zugänglich Die armasuisse hat das Beschaffungsverfahren nach der AHP-Methode gestaltet. Eine Exponentin der Initian- ten äusserte den Verdacht, dass die Bewertungsalgorithmen von Anfang an so konstruiert worden seien, dass nur der F-35 gewinnen konnte. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: fungsbehörden beschafft und hinreichend erprobt und AHP steht für «Analytic Hierarchy Process» (Hierarchi- validiert wurde. sche Prozessanalyse) und ist eine Methode der Ent- scheidungsunterstützung. Es geht dabei um die analy- Das Vergaberecht stellt damit sicher, dass eine unsach- tische Ermittlung des Gesamtnutzens auf Basis von gemässe Bevorzugung eines Anbieters vor den ande- mathematischen Berechnungen, die hierarchische Or- ren mit entsprechenden Rechtsmitteln angefochten ganisation der Bewertungspunkte anhand eines Ent- werden kann. Hätte die Methodik tatsächlich einen be- scheidungsbaums und die systematische und transpa- stimmten Typen von Anfang an begünstigt, hätten sich rente Herleitung der Resultate. die übrigen Hersteller mit Sicherheit beschwert und nicht mit grossem Aufwand den Bieterprozess durch- Für die Evaluation des Kampfflugzeugs wurden rund 80 laufen. Bewertungspunkte für alle vier Kandidaten verwendet. Daraus wurden 320 Fachberichte aufgrund objektiver Notabene wurde die armasuisse für die Durchführung Messgrössen durch die verschiedenen Expertenteams des Projekts Air 2030 von der renommierten IPMA erstellt. Diese Berichte wurden einem Bewertungsteam (International Project Management Association) zur Fi- präsentiert. Danach erfolgte der Vergleich der Kandida- nalistin im Bereich der Durchführung von Grossprojek- ten selbstständig durch jedes individuelle Mitglied des ten nominiert. Bewertungsteams. Die Konsistenz dieser einzelnen Bewertungen wurde anschliessend durch das AHP- Trotz all dieser externen Plausibilitätsüberprüfungen Tool geprüft und bei Unstimmigkeiten im Team bespro- und Preise bleibt ein gewisses Misstrauen seitens der chen. Erst als keine signifikante Inkonsistenz im Bewer- Gegner wie auch der unterlegenen Anbieter. Die Ge- tungsteam mehr festgestellt werden konnte, galten die schäftsprüfungskommission des Nationalrates über- Bewertungen als endgültig. prüft deshalb verschiedene Punkte des Evaluationsver- fahrens. Dabei soll eine Transparenz bezüglich den Diese Methode wurde in der Schweiz und im Speziellen erwähnten Kritikpunkte geschaffen werden. Die Arbei- in der armasuisse zum ersten Mal angewendet. Sowohl ten dazu beginnen im Februar 2022. Erst zu einem spä- die Methode, die Zuschlagskriterien als auch deren Ge- teren Zeitpunkt wird die Öffentlichkeit über die Resulta- wichtung waren von Anfang an klar und den Anbietern te informiert werden. Gerade weil Bundesrätin Amherd bekannt. Dies wurde nicht nur von hausinternen Juris- eine grosse Transparenz in der Beschaffung erreichen ten, sondern auch von einer externen Plausibilitäts- wollte und vorsorglich bereits verschiedene Abklärun- überprüfung durch die Anwaltskanzlei Homburger be- gen mit Experten ausserhalb des VBS durchführen stätigt. Des Weiteren wurde eine etablierte Software liess, kann davon ausgegangen werden, dass die Über- eingesetzt, welche aufgrund von Marktabklärungen prüfung der GPK Nationalrat keine negativen oder be- und Gesprächen mit anderen, unbeteiligten Beschaf- lastende Punkte hervorbringen wird. 10
Filterblase 7: Der F-35 stürzt die Schweiz in eine Kostenfalle In Ländern, welche den F-35 haben, sind die Kosten für Betrieb und Unterhalt explodiert. Die kanadische Re- gierung rechnet aufgrund einer Studie der KPMG mit einem Faktor 5 der Gesamtkosten im Verhältnis zum Kaufpreis, das norwegische Verteidigungsministerium rechnet mit einem Faktor von 3,75. Bei einem Kaufpreis von CHF 6 Mia. bedeutet das für die Schweiz Gesamtkosten von bis zu CHF 30 Mia., was deutlich über der Schätzung des VBS von CHF 15,5 Mia. liegt. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: temkosten wie die gesamte Bewaffnung und das Lo- Die Gesamtkosten setzen sich aus den Beschaffungs- gistikmaterial enthalten. und den Betriebskosten zusammen. Die Beschaffungs- kosten für die 36 F-35A inklusive Risikobetrag, Teue- Die Kommunikation von Netto- und Bruttozahlen, wel- rung und Mehrwertsteuer werden in der Armeebotschaft che bei oberflächlichem Hinsehen den Anschein erwe- ausgewiesen. Der Verpflichtungskredit stellt dabei das cken könnte, die Anschaffungskosten seien von ur- maximale Finanzvolumen dar und wird den Vorgaben sprünglich CHF 5 Mrd. auf CHF 6 Mrd. angestiegen, des Bundesbeschlusses über die Beschaffung neuer sorgte im November 2021 für kurzfristige Unsicherheit Kampfflugzeuge entsprechen. In diesen Kosten sind und nährte die Befürchtungen einer Kostenfalle. Was neben dem Kaufpreis für die Flugzeuge weitere Sys- war geschehen? Im Sinne der Transparenz wurden Kostenübersicht F-35A, Copyright F-35A, (Bild 2: Kostenübersicht «VBS/DDPS» Copyright "VBS/DDPS") Diese Betriebskosten enthalten auch die Teuerung in den USA während den ersten 10 Nutzungs- 11 jahren, die Mehrwertsteuer sowie die prognostizierten alterungsbedingten Kosten während einer 30-jährigen Nutzung. Dagegen werden die Kosten für allfällige Kampfwertsteigerungs- und Werter- haltungsprojekte sowie Ausserdienststellungskosten nicht berücksichtigt, weil diesbezügliche Vor-
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 zum Zeitpunkt des Typenentscheides nur die offerier- Die Offerte für die Beschaffungs- und die beim Anbieter ten Nettozahlen kommuniziert, welche bei allen Typen entstehenden Betriebskosten für die ersten 10 Jahre ist die Basis für den Kostenvergleich mit dem bewilligten verbindlich. Eine verbindliche Offerte, welche über 10 maximalen Finanzvolumen darstellte. Erst mit der de- Betriebsjahre bzw. über die 2040er Jahre hinausginge, taillierten Vertragsdefinition sowie zeitlichen Ausliefe- wäre unseriös. Deshalb stützt sich das VBS bei den be- rungsplanung konnten die Bruttozahlen (inkl. Teue- rechneten Betriebskosten nicht nur auf die Offerte, rung) berechnet werden. Dabei trägt die amerikanische sondern auch auf eigene Erfahrungen im Betrieb von Regierung das Risiko für die US-Teuerung. Die Brutto- Kampfflugzeugen. So wird beispielsweise die Alterung zahl liegt nun für die 36 F-35A bei CHF 6,035 Mrd. (da- der Systeme berücksichtigt, welche mit den Jahren bei wird ein Wechselkurs von CHF/USD 0.95 zu Grun- entsteht und in der Regel den Instandhaltungsaufwand de gelegt, welcher seit Mitte 2020 nicht mehr erreicht erhöht. wurde. Es kann somit keine Rede sein von einer Kos- tenfalle. Das VBS beschafft die Flugzeuge via «Foreign Military Sales» (FMS) vom Staat USA zu denselben Konditionen, Die berechneten Beschaffungs- und Betriebskosten über die er für sich selbst zur Anwendung bringt. Die USA 30 Jahre betragen beim F-35A rund CHF 15,5 Milliarden wiederum wickeln die Beschaffung über eigene – für Franken. Dabei wurden bereits die Bruttobeschaffungs- das VBS einsehbare – Verträge mit den Firmen ab. In kosten von CHF 6 Mrd. miteingerechnet. Trotz dieser diesen Verträgen sind die Preise und die Vertrags- kurzfristigen medialen Verwirrung zwischen Netto- und konditionen verbindlich festgelegt und werden auch Bruttozahlen bleibt es eine Tatsache, dass die Kosten mit mittels einer strengen Aufsicht eingefordert. Käme es Blick auf die Gesamtlebensdauer des F-35A zwei Milliar- zu Kostenüberschreitungen, so würde also der Staat den Schweizer Franken günstiger sind als diejenigen für USA zu Gunsten der Schweiz beim Hersteller die Ver- das zweitplatzierte Flugzeugangebot. bindlichkeit der Preise einfordern. Über die letzten 40 Jahre hat die Schweiz stets gute Erfahrungen im Be- In den Betriebskosten enthalten sind: reich der Beschaffung via «Foreign Military Sales» ge- • Fliegendes Personal; macht, und es ist zu keinen Kostenüberschreitungen • Bereitstellung und Betrieb; gekommen. • Flugzeuginstandhaltung; • Systembetreuung und Geräteinstandhaltung Die von den Initianten angestellten Berechnungen wer- durch die Industrie inklusive Materialaufwand; den der tatsächlichen finanziellen Komplexität eines • Treibstoff inkl. Mineralölsteuer; solchen Vorhabens nicht gerecht. Es übersteigt die • Nachbeschaffung von Lenkwaffen über die Ambition dieser Schrift, die damaligen Annahmen der Nutzungsdauer. kanadischen und der norwegischen Regierung im De- tail zu analysieren und aufzuzeigen, warum es dort zu Diese Betriebskosten enthalten auch die Teuerung in Mehrkosten über den ursprünglichen Annahmen kam. den USA während den ersten 10 Nutzungsjahren, die Fest steht, dass der armasuisse diese Tatsachen be- Mehrwertsteuer sowie die prognostizierten alterungs- kannt sind. Ihre Berechnungen erfolgten auf Basis von bedingten Kosten während einer 30-jährigen Nutzung. eigenen Erfahrungen, Erfahrungen mit der amerikani- Dagegen werden die Kosten für allfällige Kampfwert- schen FMS sowie den Erkenntnissen aus vergleichba- steigerungs- und Werterhaltungsprojekte sowie Ausser- ren Rüstungsgeschäften anderer Staaten. dienststellungskosten nicht berücksichtigt, weil diesbe- zügliche Vorhersagen mit hohen Unsicherheiten ver- bunden sind. Diese Kosten werden jeweils vom Bun- desrat dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet. 12
Filterblase 8: Der Hersteller der F-35 garantiert keine Kompensationsgeschäfte Beim Flugzeugkauf werden Kompensationsgeschäfte von 60% angestrebt. Anders als die übrigen Anbieter, welche konkrete Zusagen machen, scheint dies beim Hersteller des F-35 nur eine Absichtserklärung zu sein. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: chige Schweiz: 5 Prozent. Wird die Offsetverpflichtung Ausländische Unternehmen, die im Rahmen der Flug- nicht fristgemäss erfüllt, wird eine Konventionalstrafe zeug-Beschaffung Aufträge erhalten, müssen 60 Pro- von mindestens fünf Prozent des nicht erfüllten Anteils zent des Vertragswertes durch die Vergabe von Aufträ- fällig. Die Konventionalstrafe befreit Lockheed Martin gen in der Schweiz (Offsets) kompensieren, nämlich 20 nicht von der vollständigen Erfüllung der Offsetver- Prozent durch direkte Offsets und 40 Prozent durch in- pflichtung. Bisher musste das VBS jedoch noch nie eine direkte Offsets im Bereich der sicherheitsrelevanten Konventionalstrafe aussprechen, da alle Lieferanten Technologie- und Industriebasis (STIB). Der Hersteller ihre Offsetverpflichtungen zeitgerecht erfüllten. geht erst mit der Vertragsunterzeichnung eine rechtliche Verpflichtung zu den Kompensationsgeschäften ein und Eine Endmontage in der Schweiz war keine Anforde- schliesst diese in der Folge ab. Es ist also nicht unge- rung des VBS, wird jedoch auch für den F-35A im Rah- wöhnlich, dass bei der Vertragsunterzeichnung noch men des Offsets nicht ausgeschlossen. Lockheed Mar- nicht abschliessend bestimmt ist, welche Firmen in der tin prüft, ein entsprechendes Projekt via Offset zu Schweiz welche Aufträge des Flugzeugherstellers erhal- verwirklichen. Daneben wäre allenfalls auch möglich, ten. Allerdings sind viele der am direkten Offset beteilig- dass die Schweizer F-35A teilweise in Cameri (Italien) ten Schweizer Firmen als Unterlieferanten des ausländi- endmontiert werden. Die für die Schweiz beste Lösung schen Herstellers Bestandteil seiner Offerte und somit wird mit der US-amerikanischen Regierung und den bei Vertragsunterzeichnung bereits bekannt. beteiligten Partnern diskutiert. Die Offsetverpflichtung von 60 Prozent des Auftrags- werts ist bis spätestens vier Jahre nach der letzten Flug- zeuglieferung restlos zu erfüllen. Dabei ist folgender Verteilschlüssel zu berücksichtigen: Deutschschweiz: 65 Prozent, Westschweiz: 30 Prozent, italienischspra- 13
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 Filterblase 9: Der F-35 hat über 800 bekannte Mängel Laut Berichten aus den USA gibt es eine Liste mit rund 800 bekannten Mängeln des F-35. Fast ein Dutzend davon sind derart gravierend, dass sie zum Absturz des Flugzeugs führen könnten. Die Zielbereitschaft in der US-Luftwaffe liegt daher bei nur 70%, womit von den 36 geplanten Flugzeugen rund 11 am Boden stehen würden. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: Das Vorliegen einer Mängelliste ist daher in erster Linie Die Aufsichtsorgane des amerikanischen Kongresses ein Zeugnis einer funktionierenden Aufsicht. und des amerikanischen Verteidigungsministeriums gewährleisten eine umfassende, unabhängige und Die F-35A ist von den zuständigen Behörden ihrer Be- transparente Aufsicht über das F-35 Programm. Davon treiberländer zum sicheren Flugbetrieb zugelassen. Tau- profitiert auch die Schweiz, welche den F-35A über das chen flugsicherheitsrelevante Mängel auf, müssen diese Foreign Military Sales (FMS) Verfahren direkt von der sofort korrigiert werden, um die Zulassung des F-35A amerikanischen Regierung beschafft. aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus werden alle Einträge auf dieser Liste, unter Führung des F-35 Programmbüros In den veröffentlichten Berichten der Aufsichtsbehörden des amerikanischen Verteidigungsministeriums, durch wird auf eine Mängelliste des F-35 verwiesen. Diese Lis- Lockheed Martin mit hoher Priorität bearbeitet und te liegt dem VBS vor. Das Führen von solchen Listen er- bereinigt. möglicht bei komplexen Systemen deren stetige Ver- besserung. Auch beim Schweizer F/A-18 und bei Der F-35 wird aktuell von einer Vielzahl von Luftwaffen anderen Luftfahrtsystemen werden entsprechende Lis- operationell eingesetzt. Die Leistungsfähigkeit des F- ten und Datenbanken geführt. Damit wird sichergestellt, 35A wird durch die beanstandeten Punkte nicht einge- dass die sich darauf befindenden Mängel lückenlos schränkt, wie sich auch bei der Erprobung im Frühling dokumentiert und systematisch abgearbeitet werden. 2019 in der Schweiz gezeigt hat. Filterblase 10: Der F-35 ist klimafeindlich und laut Der F-35 trägt dem Umweltschutz zu wenig Rechnung. Er ist lauter als der F/A-18 und verbraucht mehr Kerosin. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: 20% weniger Flugstunden als die anderen Anbieter be- Der Verbrauch des F-35A wie auch der anderen euro- nötigt. Dies ist eine Folge der einfacheren Systembe- päischen und amerikanischen Angebote bewegt sich in dienung und der Informationsüberlegenheit des F-35A. ungefähr den gleichen Massstäben wie die heutige Die Anzahl an Simulationsstunden ist bei allen evaluier- F/A-18 Flotte. Pro Flugstunde werden rund 5000 Liter ten Kampfflugzeugen vergleichbar. Mit dem F-35 kön- Kerosin verbraucht. nen aber gegenüber dem heutigen Betrieb der F/A- 18C/D und vor allem der F-5 Flotte deutlich längere Die Auswertung der Evaluation in Bezug auf die Flug- Trainingsmissionen geflogen werden. und Simulationsstunden zeigt, dass der F-35A rund 14
Aufgrund der geringeren Anzahl notwendiger Flugstun- Emmissionen aller in der Schweiz energetisch genutzten den und den durchschnittlich längeren Trainingsmissio- Brenn- und Treibstoffe übrigens lediglich rund 0.3%. nen kann die Anzahl der Starts und Landungen um rund 50% reduziert werden. Das führt zu einem rund Tatsächlich ist der F-35A beim Start im Durchschnitt 25% tieferen Kerosinverbrauch gegenüber dem Be- rund 3 db(A) lauter als der heutige F/A-18C/D. 3 db(A) trieb der heutigen Jetflotte. Zudem ermöglicht der F- sind beim alltäglichen Hintergrundlärm eines Flugplat- 35A gemäss den heutigen gültigen Treibstoffstandards zes ein knapp hörbarer Unterschied. Sie bewirken zwar eine Beimischung von bis zu 50% an Biokraftstoff (syn- theoretisch eine Verdoppelung des Schalldruckes, thetischer Kraftstoff), was zu einer deutlichen Verringe- Lärm wird aber erst bei einem Unterschied von 10 db(A) rung des CO2 Ausstosses führen würde. als doppelt so laut empfunden. Die Detailplanung der Flugbewegungen erfolgt mit der Einführung des Flug- Die F-35A-Flotte wird also im Ergebnis deutlich weniger zeuges. Es ist jedoch absehbar, dass dank der um rund CO2 ausstossen als die heutige F-5 und F/A-18-Flotte. 50% reduzierten Flugbewegungen die Gesamtlärmbe- Bereits heute beträgt der Anteil der Luftwaffe an den CO2- lastung etwa im heutigen Rahmen bleiben wird. Filterblase 11: Ein Tarnkappenbomber ist ungeeignet für den Alpenraum Der F-35 ist fliegerisch ungeeignet für den Schweizer Alpenraum. Er hat schwache Steigleistungen, schwache Beschleunigungswerte und manövriert schwerfällig. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: Der F-35A eignet sich ausgezeichnet für den Luftpolizei- Der F-35 ist ein Mehrzweckkampfflugzeug und auch für dienst, ist aber insbesondere im modernen Luftkampf den Einsatz im Alpenraum bestens geeignet. Moderne einem Flugzeug der 4. Generation hochüberlegen. Das Kampfflugzeuge der fünften Generation sind Plattfor- gilt auch und insbesondere im Alpenraum. Mit einer Ma- men, die leistungsfähige Sensoren und präzise Wirkmit- növrierfähigkeit von 9G erreicht der F-35A die gleichen tel in einem vernetzten Verbund wirkungsvoll zum Ein- Fähigkeiten wie die Konkurrenzflugzeuge. Bei den Sen- satz bringen. Sie sind in der Lage, Daten zu fusionieren soren zeigt aber der F-35A deutlich bessere Ergebnisse. und verfügen über fortschrittliche Technologien zur elek- Gerade der Alpenraum stellt aufgrund des sehr unruhi- tronischen Kriegführung. Ihre elektronischen Systeme gem Bodenbildes (Berge, Hügel, Täler etc.) eine grosse und ihre Zellenkonstruktion führen dazu, dass sie schwer Herausforderung selbst für eine moderne Puls-Doppel- zu detektieren sind, wodurch sie von gegnerischen Sen- radar Technologie dar. Anders als bei einer Wüste oder soren nur erschwert erfasst werden können. Dank mo- dem Flachland, müssen Sensoren aus dem zurückkom- derner Antriebstechnologie haben Kampfflugzeuge der menden Echo viel mehr statisch herausfiltern, um rele- fünften Generation eine grosse Steigleistung und kön- vante Informationen, wie zum Beispiel über ein sich be- nen lange im Luftraum verweilen. Die Manövrierfähigkeit wegendes Objekt, zu erkennen. Bei einem Kampfflugzeug dieser Kampfflugzeuge wurde gegenüber den ersten der vierten Generation liefern die verschiedenen Senso- Flugzeugmustern mit «stealth» Eigenschaften markant ren (Radar, elektromagnetische Bereiche etc.) ihre Daten verbessert (Luftverteidigung der Zukunft, Bericht der Ex- an eine Zentrale. Diese versucht die Daten zu fusionie- pertengruppe Neues Kampfflugzeug, S. 43). ren, auszuwerten und dem Piloten das Resultat anzuzei- 15
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 gen. Dieser muss dann definieren, wo bei den Sensoren anschliessend an die Landesgrenze oder zur Landung Schwergewichte gelegt werden und wie allfällige Aus- begleitet werden, was eine erhebliche Zeit und damit richtungen verändert werden müssen. Beim F-35A als Treibstoff notwendig machen kann. Aus diesem Grund Kampfflugzeug der modernen fünften Generation er- werden die F/A-18 CD der Schweizer Luftwaffe im Luft- kennt jeder Sensor, auch was die anderen Sensoren se- polizeidienst denn auch immer mit einem Aussentank hen und richtet seine Ausrichtung automatisch danach eingesetzt. Vergleicht man herkömmliche Kampfflug- aus. Das funktioniert auch im Verbund mit einem ande- zeuge mit Aussentankkonfigurationen, erreicht der ren F-35A durch einen Breitband-Link. Somit erkennen F-35A vergleichbare Flugleistungen. und verarbeiten die Sensoren sogar die Ergebnisse des Partnerflugzeuges. Der Pilot kann sich vollständig auf Allerdings geben sekundengenaue Vergleiche von Steig- die taktischen Entscheide konzentrieren und erhält so leistungen oder zehntelsgenaue maximale Machzahlen einen grossen zeitlichen Vorsprung. Der technologische sowieso nicht ein vollständiges Bild ab über die Fähig- Unterschied in der Arbeitsweise der Sensoren des keiten im Alarmstart und damit im Luftpolizeidienst. Im F-35A gegenüber einem Kampfflugzeug der vierten Ge- normalen Alltag wird von der Luftwaffe eine Vorgabe von neration ist vergleichbar mit dem Unterschied zwischen 15 Minuten von Alarm bis Start definiert. Bei angespann- einem modernen Smartphone mit Touchscreen gegen- ter Lage kann die beanspruchte Zeit sehr effektiv verrin- über einem alten Mobiltelefon mit kleinem Monochrom- gert werden, wenn der Pilot bereits im Flugzeug sitzt, Bildschirm und Tasten. oder sich wie bei ausserordentlichen oder besonderen Lagen stetig zwei Flugzeuge in der Luft befinden. Das Die Topografie der Schweiz ist für ein Flugzeug nicht Aufstarten der Triebwerke, der Sensoren und anderen nur im Bereich des Radars sehr anspruchsvoll. Auf- Elemente des Flugzeuges haben einen genauso wichti- grund der Berge beim Flugplatz Meiringen sind auch gen Anteil. Zentral ist auch das Training und damit die steile An- und Abflüge notwendig. Gerade bei schlech- Bereitschaft der ganzen Alarmkette, angefangen von der ter Sicht ist das für die Piloten eine grosse Herausfor- Bodencrew am Flugplatz (Flugzeugmechaniker, Pisten- derung, Fehler führen dabei oft zu katastrophalen Fol- verantwortliche, Flugverkehrsleiter) über die Jägerleitof- gen, die beim F/A-18 leider schon zu Abstürzen geführt fiziere, die Piloten bis zum Einsatzleiter. In der Phase haben. Der F-35 verfügt über Kollisionssensoren, wel- vom Alarm bis zum Zeitpunkt in welchem der Pilot im che bei einer kritischen Situation zur automatischen Flugzeug sitzt und alle technischen Elemente bereit Übernahme des Flugzeuges führen, um einen Absturz sind, so dass das Flugzeug starten kann, können rasch oder eine Kollision zu verhindern. Somit erhöht sich die mehr als 10-15 Sekunden verloren werden. Die Steig- Sicherheit des Piloten gegenüber dem F/A-18 und an- und Beschleunigungsleistung sind also nur ein Element, deren Kampfflugzeugen der vierten Generation, die dass für die Einhaltung der zeitlichen Vorgabe wichtig nicht mit solchen Systemen ausgestattet sind. sind. Neben den sehr guten Flugleistungen hat der F-35 weitere Vorteile im Luftpolizeidienst: Dazu gehören die Kritiker behaupten, dass mit dem F-35A im kleinen Luft- guten Langsamflugeigenschaften und die ausgezeich- raum wertvolle Zeit bis zur Interception verloren gehe. nete Nachtsichtausrüstung. Das ist falsch. Der F-35A hat sehr gute Flugleistungen für den Luftpolizeidienst. Beim Vergleich mit herkömm- Was hingegen nicht funktioniert, ist Luftpolizeidienst lichen Kampfflugzeugen geht oft vergessen, dass der mit leichten Kampfflugzeugen. Diesen fehlt je nach Typ F-35A dank seinem grossen internen Treibstoffvorrat die Fähigkeit zu Überschallgeschwindigkeit. Die Steig- keine Aussentanks mitführen muss, um die notwendige leistungen oder das Beschleunigungsvermögen sind Missionsdauer abzudecken. Ein Luftpolizeidienst-Ein- nicht mit Kampfflugzeugen vergleichbar, sodass Ziel- satz ist nämlich nicht beendet nach dem erfolgreichen flugzeuge je nach Höhe und Geschwindigkeit gar nicht Abfangen eines verdächtigen Flugzeuges. Dieses muss erreicht werden können. Darüber hinaus fehlt diesen 16
die Fähigkeit, allwettertaugliche Luft-Luft-Lenkwaffen die fliegerischen Herausforderungen des Alpenraums mitzuführen, und so auch bei schlechten Sichtverhält- wie kaum eine andere Luftwaffe, wie Erfahrungsberich- nissen - in der Wolkendecke oder bei Nacht – falls not- te aus Austauschprogrammen mit anderen Luftwaffen wendig Waffen einzusetzen. zeigen. Unsere Piloten haben den F-35A als tauglich bezeichnet. Es wirkt denn auch wenig glaubwürdig, Unsere Luftwaffe hatte die Gelegenheit, sämtliche Flug- wenn die Initianten einerseits behaupten, der F-35A sei zeuge ausführlichen fliegerischen Tests zu unterziehen, für den Luftkampf im Alpenraum zu schwerfällig, gleich- und dazu gehörte auch eine Mission mit Alarmstart und zeitig aber argumentieren, er sei ein «Ferrari der Lüfte» Interception im Überschallflug. Unsere Piloten kennen und ein unnötiges Spielzeug für unsere Piloten. Filterblase 12: Die Erdkampffähigkeit wird durch die Hintertür eingeführt Nach der Mitteilung des US-Verteidigungsdepartements an den Kongress, dass die Schweiz als Zubehör zum F-35A auch Geschosse des Typs Mk-82 zum Erdkampf erhält, zeigten sich die Gegner der Flugzeugbeschaf- fung in den Medien empört. Der Bundesrat habe diese Absicht verschwiegen und die Bevölkerung vor der Abstimmung absichtlich in die Irre geführt. Die vollständigen Fakten sehen anders aus: und den Bombardierungen aus dem zweiten Weltkrieg Das VBS hat seit den ersten Berichten (Bericht Luftver- wurden in der Öffentlichkeit Ängste geschürt und as- teidigung der Zukunft, Mai 2017) sowohl die politischen soziiert, dass die Schweiz mit der Fähigkeit zum Erd- Organe als auch die Öffentlichkeit vollumfänglich darü- kampf unschuldige Opfer in der Zivilbevölkerung und ber informiert, dass die seit den 90er Jahren bestehende andere Kollateralschäden toleriere. Die beabsichtigte Fähigkeitslücke im Bereich Erdkampf geschlossen wer- Schliessung der Fähigkeitslücke hat aber nichts mit den muss. In den Anforderungen an die Beschaffung ei- Flächenbombardements zu tun. Erdkampf ist vielmehr nes neuen Kampfflugzeuges (NKF) vom März 2018 wur- ein Sammelbegriff für verschiedene Einsatzformen. de ebenfalls aufgeführt, dass die Gesamtflotte befähigt Bei der direkten Feuerunterstützung der Bodentrup- sein sollte, die Armee mit operativem Feuer ausserhalb pen (Fähigkeit der Armee 61 mit den Hunter Flugzeu- der Reichweite der Artillerie und mit Luftaufklärung zu gen) spricht man heute von Close Air Support. Dieser unterstützen. Dies wurde dann auch noch im Juni 2019 kann mit Kampfflugzeugen wie z.Bsp der A-10 Thun- in der Botschaft zum Planungsbeschluss über die Be- derbolt II oder Kampfhelikoptern erbracht werden. Bei schaffung neuer Kampfflugzeuge dargestellt. der zweiten Einsatzform übernimmt die Luftwaffe das operative Feuer in der Tiefe des Raumes (Air Interdic- Mit den Tatsachen konfrontiert, musste die Nationalrä- tion). Auch aufgrund der fehlenden Mittel der Boden- tin und Sicherheitsexpertin der SP auf Anfrage der NZZ truppen schweres Feuer mehr als 20 km weit zu trans- (7.10.2020) zugeben, dass die ersten Aussagen zum portieren, fokussiert die Luftwaffe mit dem neuen Erdkampf etwas überspitzt formuliert waren. Kampfflugzeug auf diese Einsatzform. Dabei kommen ausschliesslich Waffen mit hoher Präzision gegen aus- Mit irreführenden Begriffen wie «Erdkampf mit Freifall- gewählte Schlüsselziele zum Einsatz, wie zum Beispiel bomben» oder Bildern von Vietnam, dem Kalten Krieg Abschussvorrichtungen für Lenkwaffen. 17
Sicherheitspolitische Information, Februar 2022 Der Aufbau dieser Fähigkeit ist für die Schweizer Ar- Komitee vom Roten Kreuz, eine Diskussion über den mee im Verteidigungsfall von zentraler Bedeutung. Da- Einsatz von Explosivwaffen in bevölkertem Gebiet füh- mit können weitreichende taktische Radarstellungen re. Sie verkennen dabei, dass eine Waffe immer nur so oder Bodenlenkwaffensysteme zerstört werden, um so gefährlich ist, wie derjenige, der sie einsetzt. Die ge- die Zivilbevölkerung vor Lenkwaffenangriffen zu schüt- planten Anschaffungen der Typen «GBU-54 JDAM» zen und die Bewegungsfreiheit der eigenen Bodentrup- und «GBU-53 Storm Breaker» verfügen sowohl über pen zu unterstützen. Zudem wird dadurch auch eine GPS wie auch Lasersuchkopf bzw. Laserlenkung und abhaltende Wirkung gegen grenznahe bodengestützte können sehr präzise ins Ziel geführt werden. Bereits bei Luftverteidigungssysteme mit grosser Reichweite des der Planung von Einsätzen wird die Auswirkung der Ex- Gegners erreicht. Das Stationieren solcher Systeme plosion genau berechnet, um zivile Opfer zu vermei- durch die Gegenseite würde es der Schweizer Luftwaf- den. Diese lasergelenkten Waffen können jederzeit um- fe verunmöglichen, den notwendigen Schutz des Luft- gelenkt werden, wenn Kollateralschäden erwartet raumes sicherzustellen. werden müssten. Des Weiteren handelt es sich bei den von der Schweiz gewählten Modelle um Munition mit Exponenten der Initianten sehen im Einsatz solcher einer geringen Gewichtsklasse. In der Erarbeitung der Waffen eine inakzeptable Handlung der Schweiz als Grundlagen für diese Fähigkeit hat das VBS die Konfor- Depositar-Staat der Genfer Konvention, welche Zivilis- mität der Munitionstypen mit dem Kriegsvölkerrecht ten in bewaffneten Konflikten schützt. Die grosse Split- sorgfältig überprüft. Die Schweizer Armee wird dieses ter- und Druckwirkung von Bomben gefährde zivile Zie- Mittel mit der gebührenden Sorgfalt einsetzen, wie sie le, weshalb die UNO, angestossen vom Internationalen dies mit allen anderen Waffensystemen auch tut. 18
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