Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement

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Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
Zwischen
Konjunktur­programm
und ­Europäischem Green Deal
Perspektiven für das unternehmerische
Nachhaltigkeitsmanagement
Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Impressum

Herausgeber

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)
Referat G I 4 Umwelt und Wirtschaft, nachhaltige Unternehmensführung · 11055 Berlin
E-Mail: GI4@bmu.bund.de · Internet: www.bmu.de

Redaktion

BMU: Referat G I 4, Umwelt und Wirtschaft, nachhaltige Unternehmensführung:
Annette Schmidt-Räntsch, Sascha Klapproth
adelphi consult GmbH: Daniel Weiß
Geschäftsstelle des Umweltgutachterausschusses: Frank Kermann
Europäische Kommission, Generaldirektion Umwelt: Friederike Detry

Text / Fachliche Bearbeitung

Daniel Weiß (adelphi), Frank Kermann (Geschäftsstelle des Umweltgutachterausschusses)
pertext, Berlin

Stand

Dezember 2020

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www.bmu.de, EMAS; www.emas.de/25 (Film zur Konferenz)
Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
Inhalt

Programm der virtuellen Konferenz am 29.09.2020                                   4

Einleitung                                                                        7

Ergebnisse der Konferenz                                                          8
 → Begrüßung von Florian Pronold, Parlamentarischer Staatssekretär im
     Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit            8
	
 → Keynote-Vortrag von Kęstutis Sadauskas, Direktor der Abteilung
     Kreislaufwirtschaft und Grünes Wachstum der Generaldirektion
     Umwelt der Europäischen Kommission                                          10
 → Panel: Potenziale und Herausforderungen des nachhaltigen Wirtschaftens als
     Motor zur aktuellen Krisenbewältigung und Transformation der Wirtschaft     12
 → Panel: Klimamanagement und Klimaneutralität – Unternehmen zwischen
     Anspruch und Realität                                                       16
 → Panel: Umweltbezogene und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten zur
     Stärkung einer nachhaltigen Lieferkette                                     20
 → Panel: Anforderungen an ein krisenfestes Nachhaltigkeitsmanagement           24
 → Einordnung der Ergebnisse aus Sicht des Bundesumweltministeriums
     und der Europäischen Kommission und Ausblick                                27

Workshops des Umweltgutachterausschusses zum Umweltmanagement                    28
   → Hintergrund                                                                29
   → Workshop: [Lebensmittel-] Einzelhandel – Vorreiter oder Nachsitzer bei
       Klima- und Umweltschutz?                                                  30
   → Workshop: Klimarisiken im Unternehmen identifizieren und managen           34

Auszeichnung von langjährigen EMAS-Teilnehmern und Vorreitern                    38
   → Auswahl und Auszeichnung                                                   38
   → Liste der ausgezeichneten Organisationen                                   40

Social Media-Aktion #ecoflagship #EMAS                                           50

Abkürzungsverzeichnis                                                            54

                                                                                   3
Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Programm der virtuellen
­Konferenz am 29.09.2020

Moderation: Dr. Tanja Busse                      Professor Tom Krebs
                                                 PhD, Professur für VWL, Makroökonomik und
09:30 – 09:45                                    Wirtschaftspolitik, Universität Mannheim
Begrüßung
                                                 Bernhard Schwager
Florian Pronold                                  Vorstandsmitglied, Bundesdeutscher
Parlamentarischer Staatssekretär im Bundes-      ­Arbeitskreis für Umweltbewusstes Manage-
ministerium für Umwelt, Naturschutz und          ment (B.A.U.M.) e.V.; Geschäftsführer von
nukleare Sicherheit (BMU)                        OmniCert Consulting

                                                 Gabriele Wende
09:45 – 10:00                                    Director Responsibility, UPM-Kymmene
Keynote                                          Corporation

Kęstutis Sadauskas
Direktor der Abteilung Kreislaufwirtschaft und   11:15 – 11:30
Grünes Wachstum (ENV.B) der Generaldirek-        Kaffeepause
tion Umwelt der Europäischen Kommission

                                                 11:30 – 12:30
10:00 – 11:15                                    Klimamanagement und Klimaneut-
Potenziale und Herausforderungen                 ralität – Unternehmen zwischen
des nachhaltigen Wirtschaftens als               Anspruch und Realität
Motor zur aktuellen Krisenbewälti-
gung und Transformation der Wirt-                Hilke Patzwall
schaft                                           Senior Managerin Sustainability & CSR,
                                                 VAUDE
Nadine-Lan Hönighaus
Geschäftsführerin, econsense – Forum Nach-       Christoph Zeiss
haltige Entwicklung der Deutschen Wirt-          Senior Researcher Zukünftige Energie- und
schaft e.V.                                      Industriesysteme, Wuppertal Institut

4
Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
Christoph Töpfer                               14:45 – 15:15
wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fachgebiet I   Kaffeepause
1.4 Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche
Umweltfragen, nachhaltiger Konsum, Um-
weltbundesamt (UBA)                            15:15 – 16:15
                                               Anforderungen an ein krisenfestes
Michael Hub                                    ­Nachhaltigkeitsmanagement
Umweltgutachter, ValueCert Hub & Partner
mbB                                            Yvonne Zwick
                                               Leiterin Büro Deutscher Nachhaltigkeitsko-
                                               dex, Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE)
12:30 – 13:30
Mittagspause                                   Professor Dr. Frank Ebinger
                                               Forschungsprofessur für Nachhaltigkeits-
                                               orientiertes Innovations- und Transforma-
13:30 – 14:45                                  tionsmanagement, Technische Hochschule
Umweltbezogene und menschen-                   Nürnberg
rechtliche Sorgfaltspflichten zur
Stärkung einer nachhaltigen Liefer-            Monika Brom
kette                                          Stellvertretende Teamleitung, Nachhaltige
                                               Entwicklung, Umweltbundesamt Österreich
Delara Burkhardt
Mitglied des Europäischen Parlaments,          Dr. Ralf Utermöhlen
Mitglied des Umweltausschusses und der         Umweltgutachter, AGIMUS GmbH
sozialdemokratischen Fraktion im Europäi-
schen Parlament
                                               16:15 – 16:30
Lia Polotzek                                   Einordnung der Ergebnisse aus
Leitung Wirtschaft und Finanzen, Bund für      Sicht des Bundesumweltministe-
Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.        riums und der Europäischen
(BUND)                                         ­Kommission und Ausblick

Dr. Marina Beermann                            Annette Schmidt-Räntsch
Leitung EDEKA-Partnerschaft, World Wide        Referentin im Referat Umwelt und Wirtschaft
Fund For Nature (WWF)                          im Bundesministerium für Umwelt, Natur-
                                               schutz und nukleare Sicherheit (BMU)
Dr. Heinz Herzog
Umweltmanagementbeauftragter, CWS-             Kęstutis Sadauskas
Lackfabrik GmbH & Co. KG                       Direktor der Abteilung Kreislaufwirtschaft
                                               und Grünes Wachstum (ENV.B) der General-
                                               direktion Umwelt der Europäischen
                                               ­Kommission

                                                                                            5
Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

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Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
Einleitung

U    mweltschutz und Nachhaltigkeit kom-
     men immer stärker in der Mitte der
Gesellschaft und der Wirtschaft an. Die Er-
                                                Das freiwillige Umweltmanagementinstru-
                                                ment Eco-Management and Audit Scheme
                                                (EMAS) ist seit 25 Jahren für jene Unterneh-
wartungen an Unternehmen sind hoch –            men, die die kontinuierliche Verbesserung
und immer mehr Unternehmen begeben              ihrer Umweltleistung und transparente
sich auf den Weg des nachhaltigen Wirt-         Umweltberichterstattung zur Priorität ge-
schaftens. Unternehmen sind gefordert, sich     macht haben, die erste Wahl.
zu den Pariser Klimazielen zu bekennen, in
ihren Lieferketten Nachhaltigkeitsstandards     Zum Anlass des 25-jährigen Bestehens von
zu verankern und transparent über ihre          EMAS fand am 29. September 2020 eine vir-
Umwelt- und Nachhaltigkeitsleistung zu be-      tuelle Veranstaltung des Bundesministeri-
richten.                                        ums für Umwelt, Naturschutz und nukleare
                                                Sicherheit (BMU) statt. Die Veranstaltung
Grundlage für das nachhaltige Wirtschaften      zielte darauf ab,
sind klare politische Rahmenbedingungen.
Der Europäische Green Deal, der unter an-       • ü ber die Potenziale und Herausforderun-
derem vorsieht, Europa bis 2050 klimaneut-         gen des nachhaltigen Wirtschaftens als
ral zu machen, soll im Zentrum des Wieder-         Motor zur aktuellen Krisenbewältigung
aufbaus der Wirtschaft stehen und genutzt          und Transformation der Wirtschaft zu
werden, um den mittel- bis langfristigen           sprechen und
Aufbau einer nachhaltigen europäischen          • Handlungspfade für ein krisenfestes und
Wirtschaft zu fördern. Auch bei Konjunk-           zukunftsfähiges Umwelt- und Nachhal-
turprogrammen in diversen EU-Mitglied-             tigkeitsmanagement von Unternehmen
staaten, die gegenwärtig zur Abfederung der        zu diskutieren.
Corona-Pandemie aufgesetzt werden, wird
verstärkt darauf gedrungen, dass die Mittel-    Diese und weitere damit verbundene The-
vergabe ökologisch verträglich und sozial       men wurden auf der Jubiläumskonferenz
gerecht ausgestaltet wird. Unternehmen, die     von zahlreichen Expertinnen und Experten
Nachhaltigkeitsbelange systematisch mana-       aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft vor
gen, sind klar im Vorteil, politische und ge-   etwa 230 Teilnehmerinnen und Teilneh-
sellschaftliche Anforderungen zu erfüllen       mern aus Deutschland und Europa, die die
und neue Geschäftschancen zu erschließen.       Konferenz per Video-Livestream verfolgten,
                                                diskutiert.

                                                                                          7
Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Ergebnisse der
Konferenz

Begrüßung von Florian Pronold, Parlamentarischer
­Staatssekretär im Bundesministerium für ­Umwelt,
 Naturschutz und nukleare Sicherheit

Kernbotschaften

∙ 25 Jahre EMAS bedeuten 25 Jahre        ∙ Mit einem Umweltmanagementsys-
  verantwortungsvolle Unterneh-            tem nach EMAS ist der Grundstock
  mensführung. EMAS ist aktueller          für nachhaltiges, glaubhaftes und
  denn je.                                 transparentes Wirtschaften und
                                           krisenfeste Lieferketten gelegt.
∙ Nachhaltigkeit in der Wirtschaft
  beginnt im Unternehmen. EMAS
  leistet einen Beitrag zu der notwen-
  digen Transformation der Wirtschaft.

8
Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
D    ie Konferenz wurde von Florian Pro-
     nold, Parlamentarischer Staats­sekretär
im BMU, eröffnet. In seiner Begrüßungsrede
betonte er, dass Wirtschaft und Nachhaltig-
keit kein Gegensatzpaar mehr sei, sondern
dass diejenigen Unternehmen besser am
Markt bestehen könnten, die Aspekte der
Nachhaltigkeit in ihre Aktivitäten einbezö-
gen. Seiner Einschätzung zufolge zeige die      „Wir brauchen Unternehmen, die nachhal-
Nutzung des Umweltmanagementsystem             tige Geschäftsmodelle aufsetzen. Dazu war
EMAS, dass Unternehmen ihre Auswirkun-         EMAS die letzten 25 Jahre eine gute Grund-
gen auf die Umwelt, sowie soziale Themen       lage. Unter den Bewusstseinsveränderun-
ernst nähmen. Genau das werde heute ge-        gen, die derzeit stattfinden, wird EMAS auch
braucht, denn um den Green Deal und des-       in Zukunft ein guter Baustein sein, Schritt
sen Umsetzung auf Unternehmensebene            für Schritt Nachhaltigkeitsziele in Unter-
voranzubringen, brauche es mehr echte          nehmenspolitiken zu integrieren“, resü-
Nachhaltigkeit anstelle von Greenwashing.      mierte er zum Abschluss seiner Rede.

                                                                                         9
Zwischen Konjunktur programm und Europäischem Green Deal Perspektiven für das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Keynote-Vortrag von Kęstutis Sadauskas,
Direktor der Abteilung Kreislaufwirtschaft und
Grünes Wachstum der Generaldirektion Umwelt
der Europäischen Kommission

Kernbotschaften
∙ Umweltmanagementinstrumente                      ∙ EMAS kann eine wichtige Rolle bei
  wie EMAS werden angesichts großer                  der Umsetzung zentraler Politikini-
  Herausforderungen durch den Klima­                 tiativen wie dem Europäischen
  wandel und der Art, wie Ressourcen                 Green Deal und dem Aktionsplan
  genutzt werden, heute mehr denn je                 Kreislaufwirtschaft spielen.
  benötigt.
                                                   ∙ Um die Anzahl der EMAS-Nutzerin-
                                                     nen und -nutzern zu erhöhen, sind
                                                     weitere Anreiz­instrumente zur För-
                                                     derung von EMAS und eine bessere
                                                     Integration in bestehende Politikini-
                                                     tiativen und -instrumente nötig.

K     ęstutis Sadauskas, Direktor der Abtei-
      lung Kreislaufwirtschaft und Grünes
Wachstum bei der Europäischen Kommissi-            „­ grüne Transformation“ einsetzen und dazu
on, betonte die Bedeutung von EMAS für die          beitragen, dass der Kontinent bis 2050 klima-
europäische Umwelt- und Nachhaltigkeits-            neutral wird. Mit 25 Jahren Erfahrung sei
politik. EMAS leiste einen wichtigen Beitrag        EMAS ein etabliertes Instrument zur Unter-
für das Gelingen zentraler europäischer poli-       stützung dieses anspruchsvollen und ambiti-
tischer Initiativen. Mit Blick auf aktuelle Her-    onierten Prozesses. Auch beim Thema „Kreis-
ausforderungen sei das Instrument insbe-            laufwirtschaft“ seien EMAS-registrierte
sondere aufgrund seiner Anforderungen an            Unternehmen nach Ansicht von Kęstutis
die kontinuierliche Verbesserung der Um-            Sadauskas gut aufgestellt und anderen Un-
weltleistung und die glaubwürdige Bericht-          ternehmen einen Schritt voraus. Ähnliches
erstattung aktueller denn je. Er wies darauf        gelte beim Thema „Green Claims“ im Rah-
hin, dass der Europäische Green Deal und der        men des Aktionsplans Kreislaufwirtschaft.
Aktionsplan Kreislaufwirtschaft von Unter-          EMAS-registrierte Organisationen lieferten
nehmen verlangen, dass sie sich für eine            zuverlässige und vergleichbare Informatio-

10
Finanzrahmen, spiele der Klimaschutz eine
                                                 größere Rolle. Davon könnten EMAS-regis-
                                                 trierte Organisationen profitieren.
nen in ihren Umwelterklärungen. Umwelt-
daten von EMAS-registrierten Organisatio-        Damit EMAS einen substanziellen Beitrag
nen könnten nach Ansicht des Vertreters der      zur europäischen Umwelt- und Nachhaltig-
EU-Kommission darüber hinaus im Rahmen           keitspolitik leisten und ausbauen kann, wies
der EU-Taxonomie genutzt werden. Die Ta-         Kęstutis Sadauskas auf die Notwendigkeit
xonomie liefert eine Grundlage für die Be-       weiterer ordnungsrechtlicher und finanziel-
stimmung nachhaltiger Wirtschaftstätigkei-       ler Anreize hin. Diese würden benötigt, da-
ten. Mit Blick auf die unmittelbare Zukunft      mit mehr Unternehmen und andere Orga-
zeigte sich Kęstutis Sadauskas zuversichtlich,   nisationen EMAS einführen und nutzen.
dass EMAS-registrierte Organisationen auf-       Hier müsse die Politik noch aktiver werden.
grund ihrer strategischen Herangehensweise       Er wies auf das von der EU Kommission ge-
an Umweltherausforderungen gut aufgestellt       förderte Projekt „ENHANCE“ hin, welches
seien, den pandemiebedingten Weg aus der         Anreizinstrumente erarbeitet und die Um-
Krise zu finden. Im europäischen Aufbau-         setzung unterstützt hat.
fonds, in Verbindung mit dem mehrjährigen

                                                                                          11
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Panel: Potenziale und Herausforderungen
des nachhaltigen Wirtschaftens als
Motor zur aktuellen Krisenbewältigung
und Transformation der Wirtschaft

Panelistinnen und Panelisten
Nadine-Lan Hönighaus                  Bernhard Schwager
Geschäftsführerin, econsense –        Vorstandsmitglied, Bundesdeutscher
Forum Nachhaltige Entwicklung der     ­Arbeitskreis für Umweltbewusstes
Deutschen Wirtschaft e.V.              Management (B.A.U.M.) e.V.;
                                       ­Geschäftsführer OmniCert Consulting
Professor Tom Krebs
PhD, Professur für VWL, Makro­        Gabriele Wende
ökonomik und Wirtschaftspolitik,      Director Responsibility,
Universität Mannheim                  ­UPM-Kymmene Corporation

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Zentrale Inhalte und Leitfragen
Auf dem ersten Panel wurde diskutiert, wie die Überwindung der Coro-
na-Krise und die Erreichung zentraler Umwelt- und Nachhaltigkeits­ziele
miteinander vereinbart und wie ein Gegeneinander von Wiederaufbau
und Nachhaltigkeit verhindert werden können. Außerdem wurde disku-
tiert, welche Rolle Managementinstrumente wie EMAS spielen, um die
Transformation auf Unternehmensebene voranzutreiben.

∙ Wie können die Überwindung der Corona-Krise und die Erreichung
  zentraler Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele miteinander verzahnt
  werden?
∙ Wie kann verhindert werden, dass es ein Gegeneinander von Wieder-
  aufbau und Nachhaltigkeit gibt?
∙ Welche Sektoren liegen im Fokus für eine erfolgreiche Transformation,
   welche starken Sektoren gibt es und wo bestehen noch Herausforde-
   rungen?
∙ Welche Handlungsfelder und Maßnahmen (bspw. Finanzsystem, Digi-
  talisierung) sind zentral, damit Unternehmen Umwelt- und Nachhal-
  tigkeitsbelange noch stärker in ihren Produktionsprozessen und ihren
  Produkten berücksichtigen (können)?
∙ Welche Rolle spielen Managementinstrumente wie EMAS, um die
  Transformation auf Unternehmensebene voranzutreiben?

D    en ersten Beitrag zur Beantwortung
     dieser Fragen lieferte Tom Krebs, Pro-
fessor für VWL, Makroökonomik und Wirt-
                                               die sich ohnehin im Umbruch befänden. In
                                               Hinblick darauf, was es braucht, um die Ver-
                                               breitung von Umweltmanagementsystemen
schaftspolitik an der Universität Mannheim,    wie EMAS weiter voranzutreiben, wünscht
demzufolge Nachhaltigkeit und die Erho-        er sich einen klaren politischen Rahmen,
lung von der Corona-Krise zusammengehen        wie beispielsweise Förderprogramme, die
können. Er bezeichnete das Investitionspa-     nur nach einheitlichen ökologischen und
ket der Bundesregierung als ein insgesamt      sozialen Kriterien vergeben werden.
gutes Konjunkturpaket, bei dem er sich le-
diglich mehr transformative Elemente ge-       Die Unternehmen in ihrem Verband be-
wünscht hätte, die dabei helfen würden,        schäftigen sich schon seit langer Zeit mit
die Krise als Chance zu nutzen. Als Beispiel   dem Thema Nachhaltigkeit, erklärte Nadine-
führte er die Umschulung von Kurzarbeite-      Lan Hönighaus, Geschäftsführerin des Wirt-
rinnen und Kurzarbeitern aus Branchen an,      schaftsforums econsense. Daran habe auch

                                                                                        13
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

die Corona-Krise nichts geändert, denn die    Vielzahl an unterschiedlichen Standards im
Mitgliedsunternehmen von econsense be-        Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich dar,
fanden sich schon vorher mitten im Trans-     die Unternehmen zunehmend überfordern
formationsprozess weg von fossilen Brenn-     würden. Hier wünscht sie sich mehr Orien-
stoffen hin zu erneuerbaren Energien und      tierung für Unternehmen und Konnektivi-
einer Kreislaufwirtschaft. So würden mitt-    tät zwischen den einzelnen Standards.
lerweile in der Automobilbranche zum Teil
Expertinnen und Experten für die Kreislauf-   Für Bernhard Schwager, Vorstandsmitglied
wirtschaft in das Design und die Produktion   beim Bundesdeutschen Arbeitskreis für
von Fahrzeugen einbezogen.                    Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.)
                                              e. V., sollten Unternehmen die aktuelle Krise
Nachhaltigkeit müsse heutzutage der Kern      als Chance sehen, um ihre Geschäftsmodelle
einer jeden Unternehmensstrategie sein, da    widerstandsfähiger zu gestalten. Er betrach-
Unternehmen, die ESG-Kriterien (Environ-      tet EMAS als ein wirkungsvolles Instru-
ment Social Governance) nicht erfüllen, in    ment, welches Unternehmen unter ande-
Zukunft Nachteile am Kapitalmarkt erfah-      rem durch die Risiko- und Chancenanalyse
ren würden. Um die großen Ideen praktisch     auf dem Weg dahin begleitet, wünscht sich
und messbar umzusetzen, benötigen Unter-      jedoch auch eine Erweiterung des Manage-
nehmen Werkzeuge wie EMAS, die sie dabei      mentsystems um soziale Belange und Kri-
unterstützen. EMAS biete hierbei eine ge-     terien guter Unternehmensführung. Er
meinsame Sprache auf europäischer Ebene       konstatierte, dass das Umweltmanagement
im Umweltbereich. econsense setzt sich für    im Unternehmen seit der Einführung vor
die Erweiterung von EMAS um soziale As-       25 Jahren einen starken Wandel erfahren
pekte sowie Kriterien guter Unternehmens-     habe und dass die Verantwortlichen für
führung ein. Ein Problem stelle für sie die   Nachhaltigkeitsthemen in Unternehmen
                                              heute eine wichtigere Rolle als je zuvor hät-
                                              ten, die sich auch in einer besseren Position
                                              gegenüber der Geschäftsführung ausdrü-
                                              cke. Die Vielzahl der Standards stellt für ihn
                                              kein Problem dar, schließlich würde so ein
                                              Wettbewerb der Systeme gefördert werden.

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Außerdem sei die Idee von einem einzigen      schaften als einziges Zukunftsmodell. Dabei
und auf alle Organisationen anwendbaren       stelle EMAS einen guten Baustein dar, der
System eine Illusion. Die Beratungsbranche    noch weiterentwickelt werden müsse. So
könne aber Unternehmen jeder Größe dabei      habe UPM in einem Pilotprojekt seine Um-
unterstützen, den für sie passenden Stan-     welterklärung um soziale Aspekte erweitert.
dard zu wählen.
                                              Während der Paneldiskussion herrschte
Aus der Unternehmenspraxis berichtete         unter den Teilnehmenden Einigkeit darü-
Gabriele Wende, Director Responsibility       ber, dass Unternehmen, die Nachhaltigkeit
beim Papierhersteller UPM, der über zahl-     schon seit längerer Zeit in ihre strategischen
reiche EMAS-registrierte Standorte in Euro-   Entscheidungen einbezogen haben, bes-
pa verfügt. Sie erklärte, dass auch bei UPM   ser auf die Corona-Krise vorbereitet waren.
der strukturelle Transformationsprozess       Weiterhin wurde von allen Seiten gefordert,
vom reinen Papierhersteller hin zu einem      ökologische und soziale Kriterien stärker
Bioökonomieunternehmen mit Fokus auf          zusammenzudenken. Zwar gebe es in den
Holz und einer breiten Palette an Produk-     Bereichen Umwelt- und Nachhaltigkeits-
ten schon vor der Pandemie begonnen habe.     management kein System, welches für alle
Der große Erfahrungsschatz im Umgang          Unternehmen passe, jedoch stelle EMAS
mit Prozessen in den Bereichen Umwelt-        ein wichtiges Instrument dar, welches nach
management und Arbeitsschutz habe dem         Einschätzung der Teilnehmenden sinnvoll
Unternehmen auch bei der Bewältigung der      erweitert werden könne, ohne Unterneh-
Corona-Krise bisher genutzt. Durch die Ver-   men zu überfordern.
wendung des Rohstoffes Holz sei das Unter-
nehmen eng mit dem Thema Nachhaltigkeit
verbunden und sehe nachhaltiges Wirt-

                                                                                         15
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Panel: Klimamanagement und Klimaneutralität
– Unternehmen zwischen Anspruch und Realität

Panelistinnen und Panelisten
Hilke Patzwall                           Christoph Töpfer
Senior Managerin Sustainability          wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fachge-
& CSR, VAUDE                             biet I 1.4 Wirtschafts- und sozialwis-
                                         senschaftliche Umwelt­fragen, nachhal-
Christoph Zeiss                          tiger Konsum, ­Umweltbundesamt
Senior Researcher Zukünftige ­Energie-   (UBA)
und Industriesysteme, Wuppertal
Institut                                 Michael Hub
                                         Umweltgutachter, ValueCert Hub
                                         & Partner mbB

16
Zentrale Inhalte und Leitfragen
Das zweite Panel richtete den Blick auf das betriebliche Klimaschutzma-
nagement. Hierbei wurde diskutiert, welche Erwartungen Akteurinnen
und Akteure der Finanz- und Realwirtschaft, der Politik sowie Verbrau-
cherinnen und Verbraucher an den unternehmerischen Klimaschutz
haben und wie die Unternehmen diesen Erwartungen nachkommen
können. Außerdem wurde darüber debattiert, wie EMAS für das Klima-
management und das Erreichen von Klimaneutralität genutzt werden
könne.

∙ W elche Erwartungen haben ­Akteurinnen und Akteure der Finanz- und
   Realwirtschaft, der Politik sowie Verbraucherinnen und Verbraucher an
   den unter­nehmerischen Klimaschutz? Wie können Unternehmen
   diesen Erwartungen nachkommen?
∙ Besteht eine Lücke zwischen dem Anspruch dieser Akteurinnen und
  Akteure und der Wirklichkeit in den Produktionshallen und Büros? Wie
  kann sie geschlossen werden?
∙ Sollte der Staat hierbei vorwiegend auf Freiwilligkeit setzen oder sind
   Regulierungsmaßnahmen auszubauen?
∙ Wären einheitliche Standards für das unternehmerische Klima­
   management und die Klimaneutralität sinnvoll?
∙ Wie kann EMAS für Klimamanagement und Klimaneutralität genutzt
  werden?
∙ Welche Unterstützungsmaßnahmen sind nötig, um ein ambitioniertes
   Klimamanagement in den Unternehmen zu fördern?

C    hristoph Zeiss, Senior Researcher am
     Wuppertal Institut für Klima, Umwelt
und Energie, konstatierte, dass der Klima-
                                               graduelle Verbesserungen, sondern um neue
                                               Zukunftsbilder und darum, wie ein klima-
                                               neutrales Deutschland aussehen könne. Dies
schutz mittlerweile auf allen politischen      werde auch Auswirkungen auf die Wert-
Ebenen angekommen sei und es immer             schöpfungsketten von Unternehmen haben,
mehr Unternehmen gebe, die sich Klima-         die in der Zukunft anders organisiert sein
ziele setzen. Es sei klar, dass Deutschland    würden. Im Rahmen dieser Transformation
und damit auch die Wirtschaft klimaneutral     seien Unternehmen dazu angehalten sich
werden müssten, und nun gehe es darum          zu überlegen, ob ihre Produkte in der neuen
herauszufinden, welche Pfade auf dem Weg       Welt noch wettbewerbsfähig seien.
dahin sinnvoll seien. Es gehe nicht mehr um

                                                                                       17
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

                                               lichkeit bei den Bemühungen um Klima-
                                               neutralität zu erreichen. Zwang führe in die-
                                               sem Zusammenhang nicht unbedingt zur
                                               wirtschaftlichsten und besten Umsetzung.
Alle großen deutschen Konzerne beschäf-
tigten sich mittlerweile mit diesen Themen,    Der deutsche Outdoor-Bekleidungsherstel-
bestätigte der Umweltgutachter Michael         ler VAUDE ist EMAS-registriert und hat vor
Hub. Um klimaneutral zu werden, müssten        einiger Zeit eine Klimabilanz für den Haupt-
Unternehmen zunächst bei sich selbst be-       sitz des Unternehmens in Tettnang erstellen
ginnen, nach einer Verbesserung der eige-      lassen, berichtete Hilke Patzwall, Senior Ma-
nen Effizienz streben und anschließend         nagerin Sustainability & CSR des Unterneh-
auch verstehen, welches die indirekten Um-     mens. „Wir wissen nach zehn Jahren Klima-
weltauswirkungen der eigenen Tätigkeit         bilanzierung, dass wir zwei Drittel unserer
sind. Dabei helfe EMAS, die wesentlichen       Emissionen in der Lieferkette verursachen“,
Umweltauswirkungen         herauszuarbeiten,   konstatierte sie. Außerdem sei im Bereich
die die Unternehmen anschließend syste-        der Scope-3-Emissionen die Mobilität der
matisch angehen können. Seiner Ansicht         Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein nicht
nach ist der Weg hin zu Klimaneutralität ein   zu unterschätzender Faktor, der nur bedingt
Prozess der kontinuierlichen Verbesserung,     im Einflussbereich des Unternehmens liege.
bei dem die Unternehmen Schritt für Schritt    Als wesentliche Stellschrauben des Klima-
ihre Leistung verbessern und sich laufend      schutzmanagements habe das Unterneh-
neue Ziele stecken. Da Unternehmen mitt-       men die Art der Energiequellen bei seinen
lerweile einem großen externen Druck aus-      Lieferantinnen und Lieferanten sowie die
gesetzt seien, eine Dekarbonisierungsstra-     für die Bekleidung verwendeten Materialien
tegie zu entwickeln, sind für ihn politische   identifiziert. Hier wolle das Unternehmen
Anreize der richtige Weg, um mehr Verbind-     bis 2024 für mindestens 90 % aller VAUDE-

18
Produkte einen biobasierten oder recycel-
ten Materialanteil von mehr als 50 % haben.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen
stünden bei der Suche nach nachhaltigen
Materialien vor einer riesigen Herausforde-
rung. Bei den Themen Kreislaufwirtschaft
und Klimaneutralität handele es sich um ge-
sellschaftliche Probleme, die kein Unterneh-
men alleine stemmen könne, weshalb VAU-         risiken für das eigene Unternehmen sowie
DE sich für verbindliche und ambitionierte      eine transparente Berichterstattung. Dabei
Regelungen einsetzt. Die Zeit der Freiwillig-   gelte die Maxime „Vermindern vor vermei-
keit habe schließlich zu nichts geführt – und   den vor kompensieren“. Um Unternehmen
nun bräuchten Unternehmen Verbindlich-          zu motivieren, sich auf den Weg zur Klima-
keit, da sie sonst keine Investitionen planen   neutralität zu machen, hält er einen Mix
könnten.                                        aus verpflichtenden Elementen sowie frei-
                                                willigen Maßnahmen und Anreizen für am
Christoph Töpfer vom Umweltbundesamt            sinnvollsten. Es müsse vermieden werden,
stellte anschließend einen aktuellen For-       dass sich Unternehmen vor den Kopf gesto-
schungsbericht vor, der konkrete Wege zu        ßen fühlen. Dennoch habe sich gezeigt, dass
einem systematischen Klimamanagement            Freiwilligkeit nicht zur Breitenwirkung ge-
aufzeigt, mit dem Unternehmen einen wirk-       führt habe, die für die Erreichung der natio-
samen Beitrag zum Klimaschutz leisten, aber     nalen und internationalen Klimaziele nötig
auch die geschäftsrelevanten Klimarisiken       ist. Auf Unternehmensebene sei EMAS ein
managen können. Der Bericht kommt zu            hervorragendes Werkzeug, um klimaneutral
dem Ergebnis, dass EMAS sich in besonde-        zu wirtschaften.
rem Maße für eine Festschreibung der An-
forderungen an ein glaubwürdiges Klima-         Über die Fragen, wieviel Verbindlichkeit nö-
management eignet. Herr Töpfer erläuterte       tig und welches der richtige Pfad in ein kli-
die wichtigsten Elemente für ein glaubwür-      maneutrales Deutschland sei, konnte unter
diges Klimamanagement: eine langfristige        den Teilnehmenden keine Einigkeit erzielt
Klimastrategie, wissenschaftsbasierte Kli-      werden. Jedoch gab es keine Zweifel daran,
maziele, eine ordentliche Treibhausbilan-       dass ein Umweltmanagementsystem wie
zierung, die Ermittlung wesentlicher Klima-     EMAS auf dem Weg dorthin helfen könne.

                                                                                          19
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Panel: Umweltbezogene und
menschenrechtliche Sorgfaltspflichten
zur Stärkung einer nachhaltigen Lieferkette

Panelistinnen und Panelisten
Delara Burkhardt                         Lia Polotzek
Mitglied des Europäischen ­Parlaments,   Leitung Wirtschaft und Finanzen, Bund
Mitglied des Umweltausschusses und       für Umwelt und Naturschutz Deutsch-
der sozialdemokratischen Fraktion im     land e.V. (BUND)
Europäischen Parlament
                                         Dr. Heinz Herzog
Dr. Marina Beermann                      Umweltmanagementbeauftragter,
Leitung EDEKA-Partnerschaft, World       CWS-Lackfabrik GmbH & Co. KG
Wide Fund For Nature (WWF)

20
Zentrale Inhalte und Leitfragen
Auf dem dritten Panel wurde diskutiert, warum die Verknüpfung von
umwelt- und menschenrechtlichen Sorgfaltsanforderungen so wichtig ist
und wie deren Verknüpfung in der Unternehmenspraxis gelingt. Außer-
dem sollte es darum gehen, ob angesichts des beschleunigten Klimawan-
dels ein stärkeres Eingreifen der Politik notwendig ist.

∙ W
   elche (neuen) Anforderungen menschenrechts- und umweltbezoge-
  ner Sorgfalt ergeben sich für Unternehmen?
∙ Warum ist die Verknüpfung von umwelt- und menschenrechtlichen
  Sorgfaltsanforderungen wichtig?
∙ Wie gelingt Unternehmen die Verknüpfung umwelt- und menschen-
  rechtlicher Sorgfaltsanforderungen in der Praxis?
∙ Wie können Unternehmen mit EMAS Umweltauswirkungen in Be-
  schaffungsprozessen und beim Lieferantinnen- und Lieferantenma-
  nagement berücksichtigen?

E    in Lieferkettengesetz werde in irgend-
     einer Form kommen, erklärte Annette
Schmidt-Räntsch, Referentin im Bundes-
                                              („level playing field“) und jene Unterneh-
                                              men zu fördern, die im Bereich nachhaltiger
                                              Unternehmensführung bereits viel tun. Eine
ministerium für Umwelt, Naturschutz und       gesetzliche Initiative könnte aus Sicht von
nukleare Sicherheit. Delara Burkhard, Abge-   Delara Burkhard letztendlich auch zu einer
ordnete im Europaparlament und Mitglied       Stärkung von EMAS beitragen. Des Weiteren
des Umweltausschusses, griff dies auf und     machte sie sich für Nachhaltigkeitskriterien
verkündete, dass Anfang 2021 der Vorschlag    als Vergabeprinzip bei der öffentlichen Be-
für ein europäisches Lieferkettengesetz ge-   schaffung stark, da es bisher viel zu sehr von
macht werde. Im Gegensatz zum deutschen       einzelnen Akteurinnen und Akteuren vor
Entwurf enthalte der europäische Entwurf      Ort in den Kommunen abhänge, ob die Be-
auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten.       schaffung nachhaltig gestaltet sei.
Diese müssten nach ihrer Ansicht unbe-
dingt schon in den deutschen Entwurf auf-     Ein ambitioniertes Lieferkettengesetz müsse
genommen werden. Ein Lieferkettengesetz       auch Sanktionierungen bei Nichteinhaltung
sei auch sinnvoll, um gleiche Wettbewerbs-    von Standards vorsehen, forderte Lia Polot-
bedingungen für Unternehmen zu schaffen       zek, Referentin für Wirtschaft, Finanzen und

                                                                                         21
Handel beim BUND. Für den BUND stellt ein        Dr. Marina Beermann, Leiterin der Edeka-
wirksames Lieferkettengesetz einen ersten        Partnerschaft beim WWF, berichtete, dass
Baustein dar, um nachhaltigere Handelsbe-        das momentan größte Problem die nicht
ziehungen zu etablieren und die gröbsten         vorhandene Lieferkettentransparenz dar-
umwelt- und menschenrechtlichen Schä-            stelle. Dabei stelle sich die Frage, inwieweit
den zu vermeiden. Eine Problematik bei der       große Unternehmen am Ende der Wert-
Integration von umweltbezogenen Sorg-            schöpfungskette Einfluss auf die wesentli-
faltspflichten sieht sie darin, dass die Frage   chen negativen Folgen auf den tieferen Stu-
nach Standards hier schwieriger sei als im       fen der Lieferkette haben. Je nach Branche
Bereich der Menschenrechte, wo bereits           gebe es eine sehr hohe Volatilität der Liefe-
zahlreiche internationale Abkommen be-           rantinnen- und Lieferantenbasis und selbst
stünden. Insgesamt konstatierte sie, dass sie    Unternehmen mit geringem Portfolio hät-
sich ein stärkeres Eingreifen der Politik zur    ten sehr komplexe Lieferketten. Eigentlich
Unterbindung von nicht-nachhaltigen Ge-          müsse jede Lieferantin und jeder Lieferant
schäftsmodellen und international verbind-       einzeln betrachtet und bewertet werden, was
liche Abkommen für die Lieferkettenregu-         jedoch aus Kapazitätsgründen nicht möglich
lierung wünsche.                                 sei. Deshalb entwickelt der WWF gemein-
                                                 sam mit Edeka Lösungen wie Beschaffungs-
                                                 Risikoanalysen, die die wesentlichen Risiken
für die Beschaffung bestimmter Rohstoffe       Rahmen in Form des Lieferkettengesetzes
aus bestimmten Ländern aufzeigen. Diese        dem Unternehmen auch eine bessere Aus-
Lösungen, vorrangig für die Bereiche Süß-      gangslage bei der Durchsetzung von Nach-
wasser, Klimaschutz und Biodiversität, wür-    haltigkeits- und Transparenzanforderungen
den auch anderen Unternehmen zugänglich        gegenüber seinen Lieferantinnen und Liefe-
gemacht werden.                                ranten verschaffen würde. Gleichzeitig sei es
                                               auch wichtig, im Dialog mit den Lieferantin-
Ebenso wie Delara Burkhard plädierte sie       nen und Lieferanten zu schauen, wie diese
für neue Regelungen in der öffentlichen Be-    ihre Nachhaltigkeitsleistungen verbessern
schaffung wie der gleichrangigen Berück-       können und gegebenenfalls Lieferanten-
sichtigung wirtschaftlicher Kriterien sowie    qualifizierungen durchzuführen. Ähnliches
Kriterien der Nachhaltigkeit, da diese einen   gelte für die Forschung und Entwicklung,
Hebel darstellten, um nachhaltige Produkte     die ebenfalls qualifiziert und sensibilisiert
und Dienstleistungen zu stärken.               werden müsse, damit schon beim Design
                                               der Produkte auf Umweltverträglichkeit etc.
Der Unternehmensvertreter Dr. Heinz Her-       geachtet werden könne. So kam er zu dem
zog, Umweltmanagementbeauftragter bei          Schluss, dass auch relativ kleine Unterneh-
der CWS-Lackfabrik GmbH & Co. KG, be-          men viele Hebel hätten, ihre Umwelt- und
richtete von seinen Erfahrungen aus der Pra-   Menschenrechtsleistungen zu verbessern
xis. Das Unternehmen ist seit über 20 Jahren   und dass es finanzielle Anreize für alle Un-
EMAS-registriert und hat über die Jahre sehr   ternehmen geben solle, die nachvollziehbar
umfassendes Wissen über die wesentlichen       und gut dokumentiert alle Anforderungen,
Problemfelder in seiner Lieferkette erlangt.   die zum Beispiel das Lieferkettengesetz an
Mehr als 450 verschiedene Stoffe fließen in    sie stelle, erfüllten.
die Produkte des Unternehmens ein, wes-
halb das unternehmensinterne Manage-           Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des
mentsystem einen klaren Fokus auf die pro-     Panels stimmten miteinander in ihren Forde-
blematischen Rohstoffe richtet. Er äußerte     rungen nach einer gesetzlichen Regelung von
sich sehr zuversichtlich, dass sein Unter-     umwelt- und menschenrechtlichen Sorg-
nehmen die voraussichtlichen Anforderun-       faltspflichten überein. Am sinnvollsten sei
gen des Lieferkettengesetzes erfüllen könne    eine solche Regelung auf europäischer bzw.
und betonte weiterhin, dass ein gesetzlicher   internationaler Ebene. Die Regelung sollte
                                               gleichzeitig auch einen transformativen Cha-
                                               rakter aufweisen, um nicht-nachhaltige Ge-
                                               schäftsmodelle überflüssig zu machen.

                                                                                         23
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Panel: Anforderungen an ein krisenfestes
Nachhaltigkeitsmanagement

Panelistinnen und Panelisten
Yvonne Zwick                                Professor Dr. Frank Ebinger
Leiterin Büro Deutscher Nachhaltig-         Forschungsprofessur für Nachhaltig-
keitskodex, Rat für Nachhaltige Ent-        keitsorientiertes Innovations- und
wicklung (RNE)                              Transformationsmanagement, Techni-
                                            sche Hochschule Nürnberg
Monika Brom
Stellvertretende Teamleitung, Nachhal-      Dr. Ralf Utermöhlen
tige Entwicklung, Umweltbundesamt           Umweltgutachter, AGIMUS GmbH
Österreich

Zentrale Inhalte und Leitfragen
Das letzte Panel der Konferenz wagte einen Ausblick in die zukünftige
Entwicklung und Ausrichtung des Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanage-
ments. Dabei ging es unter anderem um die Weiterentwicklung von
EMAS und dessen mögliche Verknüpfung mit anderen Instrumenten.

∙ Wie wird nachhaltige Unternehmensführung messbar/überprüfbar?
∙ Was zeichnet eine komprimierte und anwenderfreundliche Bericht-
  erstattung aus?
∙ Wohin entwickelt sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung?
∙ Welche Informationen sind insbesondere für Finanzmarktakteurinnen
  und -akteure relevant?
∙ Welchen Beitrag leistet EMAS zu einer nachhaltigen und krisenfesten
  Unternehmensführung?
∙ Welche Rolle können Umweltgutachterinnen und -gutachter bei der
  Prüfung unternehmerischer Nachhaltigkeit spielen?
∙ Welchen Nutzen können Regierungen aus EMAS für das Erreichen von
  Nachhaltigkeitszielen ziehen?
∙ Wie kann EMAS mit anderen Berichtsstandards kombiniert werden?

24
rinnen und -prüfer zum Einsatz kommen
                                               sollen, um eine Steigerung der Glaubwür-

Y     vonne Zwick, Leiterin des Büros des
      DNK, hob zunächst die Rolle des DNK
hervor, den sie als eine öffentliche Infra-
                                               digkeit der DNK-Erklärungen zu erreichen.

                                               EMAS sei ein wichtiges und erweiterbares
struktur sieht, die zentral Daten über Nach-   Modul im Sinne eines Nachhaltigkeitsma-
haltigkeitsberichte von Unternehmen zur        nagements, das in Verbindung mit dem DNK
Verfügung stellt und in Ergänzung zu ande-     ein sehr großes Potenzial habe, erklärte
ren Berichtsstandards darum bemüht ist, so     Frank Ebinger, Professor an der Technischen
viele Leserinnen und Leser wie möglich zu      Hochschule Nürnberg und Vorstandsmit-
erreichen. Dabei liege der Schwerpunkt des     glied im Umweltgutachterausschuss. Wäh-
DNK als Berichtsstandard auf Transparenz,      rend bei EMAS zuerst eine Bestandsaufnah-
wohingegen bei EMAS durch die Umwelt-          me erfolge, dann ein Managementsystem
gutachterinnen und -gutachter auch die Va-     eingerichtet und erst zum Schluss berichtet
lidität der Daten überprüft werde. Im Rah-     werde, ist es beim DNK genau andersherum.
men einer Studie zu den Schnittstellen         In der Verbindung der beiden Instrumente
zwischen EMAS und dem DNK wurde nun            entstünde eine neue Perspektive und beson-
beschlossen, dass die Umweltgutachterin-       ders die von EMAS geforderte Zielsetzungs-
nen und -gutachter aufgrund ihrer Experti-     systematik sei essenziell zur Verbesserung
se zukünftig auch beim DNK als Drittprüfe-     der Umweltleistungen. Verbesserungswür-

                                                                                       25
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

dig bei EMAS sei, dass momentan zwar
Kernindikatoren vorgegeben seien, die Sys-
temgrenzen anhand der Ergebnisse der We-
sentlichkeitsbeurteilung von den Unterneh-
men aber unterschiedlich gesetzt würden.
Dies berge die Gefahr, dass EMAS als reines      den Einsatz von EMAS zu generieren, wie
Compliance-Instrument angewendet werde           im Rahmen des von Kęstutis Sadauskas ge-
und nicht auf die Art und Weise, wie es ei-      nannten Projekts „ENHANCE“ geschehen.
gentlich beabsichtigt ist.                       Aus ihrer Sicht biete EMAS einen Rahmen, in
                                                 den viele andere Standards und gesetzliche
Dr. Ralf Utermöhlen, Umweltgutachter bei         Anforderungen integriert werden könnten.
der AGIMUS GmbH, bestätigte, dass EMAS           Die wesentliche Stärke von EMAS sei, dass
im vom Unternehmen selbst festgelegten           jedes Unternehmen auf jedem Level einstei-
Wirkungskreis extrem wirkungsstark sei.          gen könne, was unbedingt beibehalten wer-
Um eine Einfallsmöglichkeit für Unterneh-        den müsse. Zusätzliche verpflichtende Kri-
men, die keine nachhaltigen Geschäftsmo-         terien könnten zu einer großen Belastung
delle verfolgen, zu unterbinden, plädierte er    von Unternehmen führen. Darüber hinaus
für eine qualitative Aufwertung von EMAS         sei EMAS ein Instrument auf betrieblicher
im Gegensatz zu anderen Instrumenten wie         Ebene, welches wichtige politische Wei-
ISO 14001 durch den Ausschluss bestimm-          chenstellungen für eine sozial-ökologische
ter Geschäftsmodelle. Er wünschte sich,          Transformation nicht ersetzen könne.
EMAS als Premiumstandard zu etablieren,
der zum Beispiel um die überprüfbare Inte-       Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wa-
gration der Science Based Targets erweitert      ren zwar alle der Meinung, dass EMAS wei-
werden könnte.                                   terentwickelt werden sollte, die Meinungen
                                                 darüber, wie dies geschehen könnte, unter-
Monika Brom vom Umweltbundesamt Ös-              schieden sich jedoch deutlich. Über die Fra-
terreich wandte ein, dass härtere Kriterien      ge, ob es besser sei, mehr Betriebe auf einem
zu einem Rückgang der EMAS-Anwender-             niedrigeren Standard oder weniger auf ei-
innen und -anwender führen könnten. Sie          nem hohen Standard zu haben, konnte kei-
setzte sich dafür ein, stetig neue Anreize für   ne Einigung erzielt werden.

26
Einordnung der Ergebnisse aus Sicht des
Bundesumweltministeriums und der Europäischen
Kommission und Ausblick

M     it EMAS sei man auf der Höhe der po-
      litischen Diskussion, fasste Annette
Schmidt-Räntsch, Referentin im BMU, zu-
                                             EMAS spiele für die sozial-ökologische
                                             Transformation von Unternehmen eine
                                             wichtige Rolle. Es stelle einen wirksamen
sammen. Die inhaltliche Erweiterung von      Ansatz zur kontinuierlichen Verbesserung
EMAS um soziale Aspekte sei ein guter Ge-    der Umweltleistung dar, erklärte Kęstutis
danke, der weiterverfolgt werden müsse. In   Sadauskas, Direktor der Abteilung Kreislauf-
genau diese Richtung ziele auch die letzte   wirtschaft und Grünes Wachstum bei der
EMAS-Novelle. Ihre Vision sei es, dass aus   Europäischen Kommission. Wenn sich Un-
EMAS ein europäisches Nachhaltigkeitsma-     ternehmen ernsthaft um Umweltbelange
nagementsystem werden würde.                 kümmerten, habe dies auch positive Auswir-
                                             kungen auf Soziales und Menschenrechte.
                                             Für mehr Breitenwirkung beim Klimaschutz
                                             bedarf es jedoch eines größeren Anwende-
                                             rinnen- und Anwenderkreises.

                                                                                      27
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Workshops des
Umweltgutachter­
ausschusses zum
Umwelt­management
28
Hintergrund
              Das BMU und der Umweltgutachterausschuss luden am
              28. und 29. September 2020 Unternehmen und Interes-
              sierte aus dem Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement
              zu zwei Workshops ein. Die Workshops fanden im Rah-
              men des 25-jährigen EMAS-Jubiläums zusammen mit der
              Konferenz statt.

              → Der Workshop „[Lebensmittel-] Einzelhandel – Vorrei-
                 ter oder Nachsitzer bei Klima- und Umweltschutz?“
                 stellte Best-Practice-Beispiele und Perspektiven eines
                 vorbildlichen betrieblichen Klima- und Umweltenga-
                 gements im Food- und Non-Food-Bereich in den
                 Mittelpunkt.

              → Der Workshop „Klimarisiken im Unternehmen identi-
                  fizieren und managen“ behandelte die Frage, wie
                  Unternehmen Klimarisiken in ihr strategisches und
                  operatives Geschäft integrieren und dafür Instrumen-
                  te wie EMAS nutzen.

              Weitere Informationen zu den Workshops (u. a. die Programme
              und Übersichten zu den Rednerinnen und Rednern) finden Sie
              auf der Internetseite www.emas.de.

                                                                      29
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Workshop: [Lebensmittel-] Einzelhandel – Vorrei-
ter oder Nachsitzer bei Klima- und Umweltschutz?

Moderation:
Katja Willeke                               Dr. Stefan Müßig
Mittelstandsinitiative Energiewende         BFUB - Bundesverband für Umwelt­
und Klimaschutz                             beratung e.V.

Zielsetzung und Leitfragen
In einem Online-Workshop des Umwelt-        externe Überprüfung“, erklärte Annette
gutachterausschusses am 28. September       Schmidt-Räntsch, Referentin im BMU, in
2020 diskutierten Vertreterinnen und        ihrem Grußwort an die Teilnehmenden.
Vertreter von Unternehmen im Food- und
Non-Food-Bereich über Best-Practice-        Es sollte um Best Practice und Perspekti-
Beispiele und Perspektiven eines vorbild-   ven des Lebensmitteleinzelhandels gehen.
lichen betrieblichen Klima- und Umwelt-     Vertreterinnen und Vertreter der fünf
engagements in ihrer Branche.               Unternehmen HiPP, KONSUM Dresden,
                                            Kornkraft, BODAN und Weleda gaben
Was leisten einzelne Unternehmen der        Impulsbeiträge, um später in eine vertief-
Branche bereits? Viele Programme, Ein-      te fachliche Diskussion einzusteigen.
zelaktivitäten und Kooperationen ver-       Diese drehte sich auch um die Politik: Wo
schiedener Einzelhändlerinnen und Ein-      ist sie gefragt, wenn es um Wertschätzung
zelhändler sowie Einzelhandelsketten        des Engagements von Unternehmen geht,
zeigen die Anstrengungen, sich umwelt-      um die Unterstützung der Branche, oder
bewusst und nachhaltig aufzustellen.        darum, ambitioniertere Klimaziele zu
„Warum sollte man nicht EMAS als Dach-      verfolgen? Diese Kernfrage griffen Teil-
instrument auch im Lebensmitteleinzel-      nehmende sowie Rednerinnen und Red-
handel nutzen? Es verleiht eine besondere   ner während des zweistündigen Online-
Glaubwürdigkeit durch Transparenz und       Workshops immer wieder auf.

30
D     er Babynahrungshersteller HiPP be-
      gann bereits in den 1950er Jahren, seine
Nahrungsmittelproduktion auf eine biolo-
gische Landwirtschaft umzustellen. 1995
führte HIPP als eines der ersten Unterneh-
men das damals von der EU neu entwickelte
EMAS ein. „Ein Standard, gerade wie der von      Aktuelle und zukünftige Heraus­
EMAS, ist extrem wichtig, weil er Orientie-      forderungen der Lebensmittelbranche
rung gibt. Er schafft Vergleichbarkeit und er    bezüglich Umwelt-, Klimaschutz und
hilft, sich mit Themen auseinanderzusetzen,      Nachhaltigkeit
die man in der Detailtiefe nicht immer auf
dem Schirm hat“, erklärte Hubertus Doms,         Hubertus Doms
Geschäftsleiter des HiPP-Werks Georg Hipp.       Geschäftsleitung
Seit nunmehr zehn Jahren arbeite das Werk        HiPP-Werk Georg Hipp OHG
klimaneutral. Die große zukünftige Heraus-
forderung bestehe darin, auch die Lieferket-
te klimaneutral zu gestalten. Dies erfordere
auch ein Umdenken bei der Preisgestaltung.
„Die Erwartungshaltung an die Produkte ist
enorm hoch, die Bereitschaft, dafür einen
adäquateren Preis zu bezahlen, ist es nicht“,
kommentierte Doms den Preiskampf im
Einzelhandel.

 KONSUM Dresden hat als erstes Einzelhan-
 delsunternehmen europaweit in einem Pi-
 lotprojekt alle Standorte nach EMAS vali-
 dieren lassen. „Mit EMAS konnten wir ein        Lebensmitteleinzelhandel – Leucht-
 Audit aufbauen, das uns sehr entgegen-          turm für ökologische Nachhaltigkeit
 kommt und für den Lebensmittelhandel
 praktikabel war“, erklärte Roger Ulke, Vor-     Roger Ulke
 standsprecher des Unternehmens, in einer        Vorstandssprecher
 Videobotschaft an die Teilnehmenden.            KONSUM eG Dresden
­KONSUM Dresden setzt verstärkt auf die re-
gionale Lieferantinnen- und Lieferanten-         Andrea Dietrich
entwicklung. Verbesserungspotenziale im          Umweltmanagementbeauftragte
Lebensmittelhandel sieht Ulke unter ande-        KONSUM eG Dresden
rem in intelligent durchdachten Verpackun-
gen. „Lebensmittelhandel kann Vorreiter
sein und hat viele Möglichkeiten“, so Ulke.

                                                                                       31
ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

                                      Von der Politik wünscht er sich, eine Vielfalt
                                      und regionale Kleinteiligkeit in der Branche
                                      zu erhalten und zu fördern.

                                      Kornkraft ist ein norddeutscher Naturkost-
                                      Großhandel mit eigenen Läden, der sich
                                      schon mit der Gründung 1981 einer um-
Klima- und Umweltengagement in        weltschonenden Wirtschaftsweise ver-
einem mittelständischen Betrieb       schrieben hat. Das Unternehmen arbeitet
                                      biologisch, regional und setzt sich für Res-
Jochen Schritt                        sourcenschutz und CO2-Vermeidung so-
Geschäftsführer                       wohl im Betrieb, als auch auf politischer
Kornkraft Naturkost GmbH              Ebene ein, erläuterte Jochen Schritt, Ge-
                                      schäftsführer des Familienunternehmens.
                                      Durch Nachtkühlung in Lager- und Büro-
                                      räumen konnte Kornkraft mehr als 80
                                      Prozent Energie im Vergleich zur Kompres-
                                      sionskühlung einsparen. „Die Lebensmittel-
                                      branche hat in der aktuellen Klimakrise die
                                      Chance und Aufgabe, sich für einen klima-
                                      gerechten Umbau der Wirtschaft und Land-
                                      wirtschaft einzusetzen, um aktiv zur Klima-
                                      rettung beizutragen“, forderte Schritt.
Logistik und Klimaschutz Hand
in Hand                               BODAN, ein Naturkost-Großhandel in Süd-
                                      deutschland, ist seit 2016 EMAS-validiert.
Jasmin Meyer                          Jasmin Meyer, Nachhaltigkeitsbeauftragte
Qualitäts- und Umweltmanagement       bei BODAN: „Ein eigener Fuhrpark ermög-
BODAN GmbH                            licht uns den direkten Eingriff in eine nach-
                                      haltige Logistik.“ Von 23 Fahrzeugen hat BO-
Silva Schleider                       DAN bereits in sieben Fahrzeuge mit
Unternehmenskommunikation             alternativen emissionsarmen Antrieben in-
BODAN GmbH                            vestiert und ist dabei, seine Fahrzeugflotte
                                      weiter emissionsarm auszubauen. Neben
                                      EMAS engagiert sich BODAN auch in der
                                      Gemeinwohlökonomie und bei quartavista,
                                      einem Innovationsvorhaben des Bundesar-
                                      beitsministeriums. Das Unternehmen setzt
                                      sich für ein weitreichendes Nachhaltigkeits-
                                      management ein, das über den eigenen Be-
                                      trieb hinaus auf gesamtwirtschaftlicher
                                      Ebene eine Lenkungswirkung entfaltet.

32
Weleda, ein nach den EMAS-Anforderungen
wirtschaftender Hersteller von Naturkos-
metik und Arzneimitteln, setzt in seiner
Nachhaltigkeitsstrategie auf tiefergreifende
Zusammenarbeit mit seinen Lieferantinnen
und Lieferanten. In mehr als 50 Projekten
unterstützt Weleda Partnerinnen und Part-
ner, z. B. Landwirtinnen und Landwirte bei
der Umstellung auf biodynamische Land-
wirtschaft. „Es geht nicht nur um technische    Wie gelingt Klimaschutz in Produktion
Lösungen. Die Menschen zu begeistern auf        und Lieferkette?
Unternehmensebene, das ist eigentlich die
Herausforderung.“, erklärte Karlis Kalns,      Karlis Kalns
Nachhaltigkeitsmanager bei Weleda. Im Hin-     Sustainability Manager,
blick auf die drastische Klimaentwicklung      Corporate Sustainability
appelliert Kalns, die unternehmerischen Kli-   Weleda AG
maziele weitergehender zu stecken und die
eigene Komfortzone zu verlassen.
                                               Auch die landwirtschaftliche Produktion in
Eine Kernfrage, welche die Referentinnen       der Klimabilanz zu erfassen, stellt für Unter-
und Referenten im weiteren Verlauf disku-      nehmen eine Herausforderung dar. Ein neu
tierten, war der Umgang mit indirekten         veröffentlichter Bericht des Umweltbun-
Emissionen (Scope 3 nach dem THG-Proto-        desamtes zeigt, wie Klimamanagement im
koll), z. B. durch den Transport von Lebens-   Rahmen von EMAS wirksam umgesetzt
mitteln. Diese haben mitunter einen großen     werden kann.
Anteil an der Klimabilanz von Unterneh-
men. Die Lösungsansätze reichten von ver-      Weitere im Workshop diskutierte Schwer-
schiedenen emissionsarmen Antrieben über       punkte lagen auf den Themen Verpackung
Umstellung der Geschäftsmodelle bis hin zu     und der Bedeutung der Mitarbeiterinnen-
wirksamen Kompensationsleistungen. Jo-         und Mitarbeiterbeteiligung bei der Umset-
chen Schritt plädierte dafür, branchenüber-    zung von Klimazielen und -maßnahmen.
greifend Druck auf die Politik auszuüben,
um erneuerbare Energien noch schneller         Die Biolebensmittelwirtschaft steht intrin-
auszubauen. Antriebsarten wie Elektro und      sisch für eine umweltschonende Wirtschafts-
Wasserstoff würden erst durch Ökostrom         weise. Aber auch große Lebensmittelhandels-
grün werden.                                   ketten verfolgen Initiativen, um Umwelt- und
                                               Klimaschutz stärker in Betrieb und Lieferket-
                                               te zu verankern. Die rege Diskussion zwi-
                                               schen den Teilnehmenden spiegelte den
                                               Wunsch wider, den Austausch zwischen den
                                               verschiedenen Akteurinnen und Akteuren zu
                                               forcieren, um schneller wirksame Lösungen
                                               für mehr Klimaschutz zu entwickeln.

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ZWISCHEN KONJUNKTURPROGAMM UND EUROPÄISCHEM GREEN DEAL

Workshop: Klimarisiken im Unternehmen
identifizieren und managen

Zielsetzung und Leitfragen
In einem Online-Workshop des Umwelt-         Neben den direkten Folgen des Klima-
gutachterausschusses am 28. September        wandels, von denen Unternehmensstand-
2020 diskutierten Vertreterinnen und         orte betroffen sein können, geraten auch
Vertreter von Unternehmen, wie sie           sogenannte transitorische Risiken in den
Klimarisiken in ihr strategisches und        Fokus: Regierungen greifen regulatorisch
operatives Geschäft integrieren und dafür    ein, um den Klimawandel einzudämmen.
Instrumente wie EMAS nutzen.                 Regulierungen wie die Ausweitung des
                                             Emissionshandels oder die CO2-Steuer
Extremwetterereignisse, Brände, Ab-          bergen zusätzliche Risiken für die Wirt-
schmelzen der Polkappen und Gletscher,       schaft insgesamt sowie die Finanzmärkte.
Auftauen der Permafrostböden, Anstieg        Damit Letztere stabil bleiben und Investi-
des Meeresspiegels – das sind nicht nur      tionen nachhaltig angelegt werden, bedarf
Szenarien, sondern zahlreiche reale Ereig-   es mehr Transparenz von Unternehmen
nisse, welche die Folgen des Klimawandels    hinsichtlich des Umgangs mit Klimarisi-
spürbar machen. Unternehmen arbeiten         ken z. B. in der Berichterstattung.
daran, Risiken des Klimawandels in ihre
Unternehmensstrategie zu integrieren, um
für die Zukunft gewappnet zu sein.

                                             I  n den Empfehlungen für eine einheitli-
                                                che Klimaberichterstattung der Exper-
                                             tenkommission Taskforce on Climate rela-
                                             ted Financial Disclosure (TCFD) finden sich
 Klimarisiken – Was verbirgt sich            viele Elemente wieder, die auch bei EMAS
 ­dahinter? Warum sollten Unternehmen        vorkommen. Als vor 25 Jahren mit Umwelt-
  sie berücksichtigen?                       management angefangen wurde, lag der Fo-
                                             kus sehr stark auf dem operativen Manage-
Thomas Loew                                  ment und der Frage, wie die Umwelt vor den
Senior Expert                                Auswirkungen des Unternehmens geschützt
akzente kommunikation und                    wird, erklärte Thomas Loew, Senior Expert
beratung gmbh                                bei akzente, in seinem Einführungsvortrag.
                                             Die heutige Diskussion bei EMAS beziehe

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